Mind-Mag 140
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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EIN M VON NEBENAN<br />
ABDELLAH LASRI<br />
Ein Opernstar auf dem Weg<br />
zum wahren Glück<br />
Von der Schwierigkeit, einen Lebenstraum<br />
mit der Realität zu versöhnen.<br />
Abdellah Lasri hat sich einen Kindheitstraum erfüllt und als Tenor-Opernsänger Erfolge<br />
gefeiert. Er hat an zahlreichen renommierten Häusern gespielt, war Finalist bei der Operalia,<br />
dem größten Opern-Wettbewerb der Welt und wurde in der Opernszene als „Rising Star“<br />
gehandelt. Eine Bilderbuch-Karriere. Warum er trotzdem unzufrieden war und sich auf die<br />
Suche nach dem wahren Glück begeben hat, erzählte er uns im Interview.<br />
Du bist in Marokko geboren und<br />
aufgewachsen. Wie bist du zur<br />
klassischen Musik und speziell<br />
zum Operngesang gekommen?<br />
Da war schon sehr früh eine innere<br />
Stimme, die mir gesagt hat:<br />
„Abdellah, du endest als Musiker!“<br />
Meine Eltern, insbesondere<br />
mein Vater, wollten, dass<br />
ich studiere, am Besten als Beamter<br />
arbeite. Das war für mich<br />
schwierig, denn in der Schule<br />
lief es nicht gut. Vermutlich lag<br />
das größtenteils an der Hochbegabung,<br />
aber davon habe ich erst<br />
als Erwachsener erfahren. Die<br />
Lehrer hatten, wie mein Vater,<br />
kein Verständnis für mich.<br />
Ich habe mich jedoch nicht beirren<br />
lassen, für mich war klar:<br />
Meine Zukunft lag in den Bereichen<br />
Musik und/oder Informatik.<br />
Der klassische Weg, also Abitur<br />
und Studium, war dafür aber<br />
nicht geeignet, zumal ein Hochschulstudium<br />
in Marokko sehr<br />
teuer ist. Ich habe mich daher<br />
entschieden, die Schule abzubrechen.<br />
Das war eine sehr harte<br />
Entscheidung, aber ich wollte<br />
meine Zeit nicht weiter verplempern,<br />
sondern meine Energie in<br />
meinen Lebenstraum stecken.<br />
Wie haben Deine Eltern<br />
reagiert, als du die Schule<br />
geschmissen hast?<br />
Das war heftig! Mein Vater ist<br />
narzisstisch veranlagt, und das<br />
Verhältnis zu ihm war ohnehin<br />
sehr schwierig. In dieser Situation<br />
hat sich alles zugespitzt. Seine<br />
größte Sorge war es, dass die<br />
Leute sagen, er habe einen arbeitslosen,<br />
faulen Sohn zu Hause.<br />
Er wollte, dass ich studiere<br />
und einer „normalen“ Arbeit<br />
nachgehe.<br />
Das war eine schwere Zeit für<br />
mich. Auf der einen Seite hatte<br />
ich meine Vision von der Zukunft<br />
und wollte losmarschieren.<br />
Auf der anderen Seite war<br />
da mein Vater, der mir meine Vision<br />
kaputt machen wollte, statt<br />
mich zu unterstützen. Ich habe<br />
mich dann eben auf eigene Faust<br />
fortgebildet, insbesondere in<br />
Musiktheorie und nebenbei in<br />
einem Internetcafé gearbeitet.<br />
Du hast dir also viel<br />
autodidaktisch erarbeitet?<br />
Ja, genau. Vor ungefähr einem<br />
Jahr habe ich realisiert, dass ich<br />
Synästhetiker bin. Für mich be-<br />
30 | mind magazin <strong>140</strong>/februar 2021