Das Relativitätsmärchen und die Fakten - Wissenschaft und ...
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Kap. 3: Das Relativitätsmärchen Bestreitet ferner einen Fundamentalsatz der Theorie (S. 890): „The frequently heard statement that relativity has brought about a fusion of space and time has nothing mystical about it and it is not true. It is not mystical because the ‘nature’ of space and time is not involved; all that we are concerned with is the fitting together of measurements made in various ways. The statement is not true because the fusion of space and time, in the only sense in which it exists, was made by Newton when he chose, as a measure of time, the spaces covered by a freely moving body.“ Bei Einstein 1905 kam die Zeit ganz simpel aus der Uhr: Zeit ist, was die Zeiger anzeigen. Mit dem grundsätzlichen Bestreiten einer definitiven Uhrenmessung und der Demontage von Minkowskis schöner Raumzeit übt Dingle eine massive Kritik, obwohl er die Theorie als Ganzes noch anerkennt. In seiner eigenen Position brechen jetzt deutliche Widersprüche auf, aber die Argumentationslinie seiner Kritik erweitert sich bereits erheblich. G. O. Mueller: SRT. 1939 Th. Ziehen: Erkenntnistheorie ZIEHEN, THEODOR: Erkenntnistheorie [Teil 2]: Zeittheorie; Wirklichkeitsproblem; Erkenntnistheorie d. anorgan. Natur; Kausalität. 2., völlig umgearb. Aufl. Jena: G. Fischer 1939. 372 S. S. 152 ff. : Naturphilosophie d. Anorganischen (Physik). - S. 256-302: SRT; ART. 1940, Nov. München: „ Religionsgespräch“ der Physiker Quelle: A. D. Beyerchen: Wissenschaftler unter Hitler. 1982, S. 238-242. Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten hatte sich in der akademischen Physik eine politische Richtung etabliert, die die rassistische Hetze gegen Albert Einstein erweiterte auf nichtjüdische Vertreter der Theorie, gegen die das Hetzwort von den „weißen Juden“ in Umlauf gebracht wurde, und die politisch motivierte Hetze mit der Ablehnung der physikalischen Theorien Albert Einsteins verband: diese Richtung nannte sich „Deutsche Physik“ und erreichte unter den Physikern im Deutschen Reich nur eine geringe Resonanz, so daß sie z. B. im Jahre 1939 nur 6 Professuren für Physik (von 81 insgesamt in Deutschland und Österreich) besetzt hatten. Um die wissenschaftliche Arbeit von den politischen Angriffen zwischen beiden Seiten zu verschonen, wurde vom Dozentenbund am 15.11.1940 in München ein Streitgespräch mit Vertretern beider Seiten abgehalten, dessen Ergebnis in einer Waffenstillstandsformel mit 5 Punkten festgehalten wurde: (1) Theoretische Physik ist Bestandteil der Gesamtphysik. (2) SRT ist fester Bestand der Physik, nur in der Kosmologie noch zu prüfen. (3) Vierdimensionale Darstellung ist brauchbar, bedeutet aber keine neue Raum- und Zeitanschauung. (4) Relativitätstheorie ist nicht mit allgemeinem Relativismus verbunden. (5) Quanten- und Wellenmechanik ist einziges Mittel seiner Art; Deutung ist weiter zu erforschen. Beyerchen beurteilt die Vereinbarung (S. 241): „Die Vertreter der arischen Physik waren gezwungen worden, über Physik und nicht über Politik zu reden, und das Ergebnis war die offizielle Anerkennung der Relativitätstheorie und der Quantenmechanik durch eine Parteistelle.“ Für die Kritiker der Theorien änderte sich durch das „Religionsgespräch“ nichts, da unter ihnen - nach unserer bisherigen Dokumentation - nur derselbe geringe Prozentsatz 326 Textversion 1.2 - 2004
Kap. 3: Das Relativitätsmärchen antisemitische oder arisch-physikalische Propaganda trieb, wie er unter den Professoren der Physik anzutreffen war. Die Relativisten behielten unter den Nationalsozialisten genau die Redefreiheit, die sie selbst, nach dem Triumph ihrer Machtergreifung 1922 in Leipzig, den Kritikern zehn Jahre lang versagt hatten. Die Zahl der kritischen Arbeiten ging in den weiteren Kriegsjahren dramatisch zurück wie andere Aktivitäten auch. Bisher nicht erforscht ist das Schicksal der deutschen jüdischen Autoren unter den Kritikern in der Verfolgung und im Völkermord. 1942 S. Shu: Etudes critiques SHU, SEYUAN: Etudes critiques sur la théorie de la relativité. Lyon: Bose frères & L. Riou 1942. 88 S. 1945 ist eine engl. Fassung in den USA erschienen. [Namensform im Katalog der LOC: Hsü, Ssu-hsüan] Überblick über die Fehler und Widersprüche der SRT, mit genauer Analyse der Begriffe und der Zusammenhänge zwischen den Theorien von Lorentz und Einstein. 1945 P. Dive: Interprétations physiques DIVE, PIERRE: Les interprétations physiques de la théorie d’Einstein: avec le fac-simile d’un autographe de Henri Bergson / par Pierre Dive; préf.: Ernest Esclangon. 2. éd., revue et augm. Paris: Dunod 1945. 79 S. 1945 Die Kritik nach NS-Diktatur, Weltkrieg und Völkermord 327 1939 Deutschland Nur sehr wenige Kritiker der physikalischen Theorien Einsteins in Deutschland haben im Dritten Reich schwere Schuld auf sich geladen durch ihre Beteiligung an der antisemitischen Hetze des NS-Regimes. Die Aufdeckung des Völkermords nach 1945 führt in der Öffentlichkeit zur Diskreditierung jeglicher Kritik an den physikalischen Theorien Einsteins. Die Merkwürdig: zwar logisch falsch, mindert aber natürlich nicht im geringsten „Es ist ein merkwürdiger Zufall in der Geschichte des wissenschaftlichen Denkens, daß Einsteins eigene Ableitung der Formel E = mc² , wie er sie in seinem Artikel in den „Annalen der Physik“ publizierte, logisch nicht einwandfrei war. Tatsächlich war das, was der Laie als „die berühmteste mathematische Formel in der Wissenschaft“ kennt, nur das Ergebnis einer „petitio principii“, also einer Schlußfolgerung, die darauf beruht, daß sie die Behauptung bereits als erwiesen annimmt. Diese Feststellung mindert natürlich nicht im geringsten die Bedeutung von Einsteins Beitrag zu dem Problem ...“ M. Jammer: Der Begriff der Masse in der Physik. 1964, S. 190-191. Füsyk-Blyte Nr. 62 Textversion 1.2 - 2004 G. O. Mueller: SRT.
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Kap. 3: <strong>Das</strong> <strong>Relativitätsmärchen</strong><br />
antisemitische oder arisch-physikalische Propaganda trieb, wie er unter den Professoren der<br />
Physik anzutreffen war. Die Relativisten behielten unter den Nationalsozialisten genau <strong>die</strong><br />
Redefreiheit, <strong>die</strong> sie selbst, nach dem Triumph ihrer Machtergreifung 1922 in Leipzig, den<br />
Kritikern zehn Jahre lang versagt hatten. Die Zahl der kritischen Arbeiten ging in den weiteren<br />
Kriegsjahren dramatisch zurück wie andere Aktivitäten auch.<br />
Bisher nicht erforscht ist das Schicksal der deutschen jüdischen Autoren unter den Kritikern<br />
in der Verfolgung <strong>und</strong> im Völkermord.<br />
1942 S. Shu: Etudes critiques<br />
SHU, SEYUAN:<br />
Etudes critiques sur la théorie de la relativité.<br />
Lyon: Bose frères & L. Riou 1942. 88 S.<br />
1945 ist eine engl. Fassung in den USA erschienen.<br />
[Namensform im Katalog der LOC: Hsü, Ssu-hsüan]<br />
Überblick über <strong>die</strong> Fehler <strong>und</strong> Widersprüche der SRT, mit genauer Analyse der Begriffe <strong>und</strong><br />
der Zusammenhänge zwischen den Theorien von Lorentz <strong>und</strong> Einstein.<br />
1945 P. Dive: Interprétations physiques<br />
DIVE, PIERRE:<br />
Les interprétations physiques de la théorie d’Einstein: avec le fac-simile d’un autographe de<br />
Henri Bergson / par Pierre Dive; préf.: Ernest Esclangon. 2. éd., revue et augm.<br />
Paris: Dunod 1945. 79 S.<br />
1945 Die Kritik<br />
nach NS-Diktatur, Weltkrieg <strong>und</strong> Völkermord<br />
327<br />
1939<br />
Deutschland<br />
Nur sehr wenige Kritiker der physikalischen Theorien Einsteins in Deutschland haben im<br />
Dritten Reich schwere Schuld auf sich geladen durch ihre Beteiligung an der antisemitischen<br />
Hetze des NS-Regimes. Die Aufdeckung des Völkermords nach 1945 führt in der Öffentlichkeit<br />
zur Diskreditierung jeglicher Kritik an den physikalischen Theorien Einsteins. Die<br />
Merkwürdig: zwar logisch falsch, mindert aber natürlich nicht im geringsten<br />
„Es ist ein merkwürdiger Zufall in der Geschichte des wissenschaftlichen Denkens,<br />
daß Einsteins eigene Ableitung der Formel E = mc² , wie er sie in seinem<br />
Artikel in den „Annalen der Physik“ publizierte, logisch nicht einwandfrei war.<br />
Tatsächlich war das, was der Laie als „<strong>die</strong> berühmteste mathematische Formel<br />
in der <strong>Wissenschaft</strong>“ kennt, nur das Ergebnis einer „petitio principii“, also einer<br />
Schlußfolgerung, <strong>die</strong> darauf beruht, daß sie <strong>die</strong> Behauptung bereits als erwiesen<br />
annimmt. Diese Feststellung mindert natürlich nicht im geringsten <strong>die</strong><br />
Bedeutung von Einsteins Beitrag zu dem Problem ...“<br />
M. Jammer: Der Begriff der Masse in der Physik. 1964, S. 190-191.<br />
Füsyk-Blyte Nr. 62<br />
Textversion 1.2 - 2004 G. O. Mueller: SRT.