Campuls Konstanz - Wintersemester 20/21
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WINTERSEMESTER → 20/21 DAS KONSTANZER STUDI–MAGAZIN VON SEEZEIT
campuls
08
WARUM UNS WELTSCHMERZ
MENSCHLICH MACHT
16
ERASMUS AN DER UNI KONSTANZ
26
IM CORONA–JAHR
DER VEREIN »SAVE ME KONSTANZ« –
INTEGRATION DURCH BEGEGNUG
VON STUDIERENDEN FÜR ALLE → ZUM EINPACKEN, LIEBHABEN, WEITERSAGEN
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RUBRIK → EDITORIAL
Liebe Studis,
ist das nicht ein schönes Gefühl, nicht nur die
Computermaus in der Hand zu halten, sondern auch ein
gedrucktes Magazin auf Papier? Heute scrollt ihr nicht
vor lauter Langeweile auf dem Smartphone herum, bis das
Display ganz verschmiert ist von euren fettigen Chipsfingern,
sondern macht stattdessen echte Kaffee-Flecken
auf die kommenden Seiten! Wir von der Campuls-Redaktion
freuen uns jedenfalls sehr, dass wir euch zum neuen
Jahr 2021 endlich wieder neben unseren Online-Artikeln
ein haptisches Häppchen aus journalistischen Beiträgen
rund um den Uni-Campus und Konstanz präsentieren
können!
2020 wird vielen wohl als Krisenjahr in Erinnerung
bleiben. Auch wir von Campuls sahen uns einigen
Herausforderungen gegenübergestellt. So mussten wir
von zwei Printausgaben pro Semester auf eine umsatteln,
da der Betrieb an Uni und HTWG plötzlich partiell
eingestellt wurde und unsere Leserschaft dadurch schwerer
an Ausgaben herankam. Im Gegenzug dafür haben wir
insbesondere unseren Online-Auftritt auf Facebook und
Instagram verstärkt. Also – da ihr mit Sicherheit euer
Handy gerade eh griffbereit neben euch liegen habt
– folgt uns für noch mehr spannende Artikel auf Facebook
(@Campuls Online) und Instagram (@campus_konstanz)!
Jede Woche Sonntag erscheint hier für euch ein neuer
Artikel, der euch aus dem drögen Zuhause-Sein herausreißt.
Diese Ausgabe zeigt euch außerdem, dass es viele
kreative Menschen gibt, die Lösungswege in so mancher
Krisensituation gefunden haben. Unsere Redakteurin
Julia Liedtke hat mit Erasmus-Studierenden und dem
International Office gesprochen, die trotz Corona spannende
Auslandsaufenthalte geplant und erlebt haben.
Leonie Thiel hat bei dem Verein »Save me Konstanz e.V.«
vorbeigeschaut, der Geflüchtete beim Einleben in
Konstanz unterstützt. Und falls ihr euch selbst engagieren
möchtet, hat Niklas Lemperle Organisationen zusammengetragen,
die immer helfende Hände gebrauchen
können.
Mit dieser Ausgabe habe ich übrigens ein letztes
Mal die Ehre, Campuls als Teil der Chefredaktion leiten
zu dürfen. Da sich mein Studium dem Ende zuneigt, ist
leider auch meine Zeit beim Studi-Magazin demnächst
vorbei. Ich gehe mit einem weinenden und einem lachenden
Auge und danke allen aus der Redaktion und Seezeit
für die spannenden Erfahrungen, die ich als Chefredakteurin
machen durfte. Campuls wird mir sehr fehlen!
Daher von mir and dieser Stelle: Frohes neues Jahr
2021 und ganz viel Spaß beim Stöbern, Schmunzeln und
Kreuzworträtselknobeln!
Eure Charlotte Krause
03
Redaktion & Impressum
CHARLOTTE KRAUSE
Chefredakteurin
LOLA NERGER
Redakteurin
JAMIE-LEE MERKERT
Redakteurin
LENA AUER
Fotografin
HERAUSGEBER
Seezeit
Studierendenwerk
Bodensee
Jochen Mink
LUNA LEVAY
Redakteurin
KONTAKT
Seezeit
Studierendenwerk
Bodensee
Universitätsstraße 10
78464 Konstanz
campuls@seezeit.com
www.seezeit.com/campuls
BELLA KRATZBERG
Chefredakteurin Online
NIKLAS LEMPERLE
Redakteur
MALIN JACHNOW
Fotografin
04
LEONIE THIEL
Redakteurin
JULIA LIEDTKE
Redakteurin
ANTONIA KERN
Redakteurin
LENA LINK
Layouterin
SOCIAL MEDIA
Facebook: Campuls Online
Instagram: @campuls_konstanz
CHEFREDAKTION V.I.S.D.P
Charlotte Krause
ANZEIGEN
Lea Kahl, lea.kahl@seezeit.com
THEMA DIESER AUSGABE
Zusammenhalt
COVER FOTO
Lena Auer
STEFFEN MIERSCH
Redakteur
ANNA KÜBLER
Lektorin
RAMONA SCHÖN
Redakteurin
LARA HELLER
Layouterin
LAYOUT + GRAFIK
Lena Link
Lara Heller
SCHRIFTEN
Prophet Medium
Apoc Light
Karrik Regular
Acumin Pro Medium
Lora Regular
DRUCK
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Inhaltsverzeichnis
03 06
Editorial
CHARLOTTE KRAUSE
08
Warum uns Weltschmerz
menschlich macht
LEONIE THIEL
12
Die Masken-Fallen
Statistik: Das
»grüne« Konstanz
ANTONIA KERN
18
KIM: Mehr als nur
Bibliotheksdienst
JAMIE-LEE MERKERT
07
Einem -ismus auf der
Spur: Radikalismus
JAMIE-LEE MERKERT
10
Soziales Engagement
in Konstanz
NIKLAS LEMPERLE
15 16
STEFFEN MIERSCH Kreuzworträtsel
CHARLOTTE KRAUSE
20
Interview mit
Helmut Baumgartl
STEFFEN MIERSCH
22
Studienfinanzierung
& Corona
RAMONA SCHÖN
24
Frischer Wind hinter
verschlossenen Türen
ANTONIA KERN
30
Vom schlechten
Verfassen guter Vorsätze
CHARLOTTE KRAUSE
Erasmus an der
Uni Konstanz im
Corona-Jahr
JULIA LIEDTKE
26
Der Verein »Save me
Konstanz« – Integration
durch Begegnung
LEONIE THIEL
28
Von Demonstrationen,
Diskussionen & der
Überwindung des Kapitalismus
LUNA LEVAY
lächen31,2 % Verkehrs- und Siedlungsf
TEXT → ANTONIA KERN ILLUSTRATION → LARA HELLER RUBRIK → KUNTERBUNTES
& Waldflächen
Landwirtschafts-
66%
Konstanz, alles im
grünen Bereich?
»fahrradfreundliche«
Kommune bis
2026
Qualität des Bodenseeufers
20% »gut bis noch gut«
46% »hervorragend
bis sehr gut«
Seit Jahrzehnten sorgt das Thema Klimawandel nicht
nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt für erhitzte
Diskussionen. Konstanz hat sich scheinbar auf die Seite »von«
»Fridays for Future« und Co. geschlagen, die Stadt rief im Mai
2019 den Klimanotstand aus. Doch wie ernst nimmt Konstanz
das wirklich? Hier sind einige Daten, die Aufschluss darüber
geben können:
Ein erster Blick auf die Landkarte zeigt schon: An Zugang
zur Natur mangelt es Konstanz nicht. Aber wie steht es
mit dem Verhältnis zwischen bebauter und unbebauter Fläche
innerhalb der Stadtgrenzen? 66% der Gesamtfläche (54,1
qkm) von Konstanz entfallen auf Landwirtschafts- und Waldflächen,
das entspricht 35,8 qkm. Nach einer Statistik von
2018 hingegen machen 31,2% (16,9 qkm) der Gesamtfläche des
Stadtgebiets Verkehrs- und Siedlungsflächen aus. An sich ist
das schon einmal eine gute Bilanz, mit einem Grünflächenanteil
von ca. zwei Dritteln haben die Einwohner_innen von
Konstanz viel Platz für Spaziergänge, Sport und mehr.
Das Bodenseeufer misst insgesamt 273 km und durch
ihre Lage zwischen Ober- und Untersee zählt die Stadt Konstanz
einen vergleichsweise langen Abschnitt, nämlich ca. 31 km,
zu ihrem Stadtgebiet. Davon wurden 46% eine »hervorragende
bis sehr gute« und weiteren 20% eine »gute bis noch gute«
Qualität bescheinigt, das Ufer steht hier also unter Schutz
und auf einen möglichst naturnahen Zustand wird großen
Wert gelegt. Übrig bleiben dann aber noch 34% anscheinend
nicht ganz so gut gepflegte Uferpromenade – da ist also noch
Luft nach oben!
Vor allem, wenn man an die vielen Fahrradtourist_innen
denkt, die bei Touren rund um den Bodensee meist auch in
Konstanz Halt machen. Hier sind die Anstrengungen zu erwähnen,
die die Stadt besonders seit ihrem Eintritt in die
AGFK-BW (»Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen
in Baden-Württemberg«) unternimmt. Bis Ende 2020
wurde das geplante Ziel, 28% Fahrradanteil am Verkehr in
Konstanz zu ermöglichen, trotz großer Fortschritte nicht endgültig
erreicht. Bis 2026 jedoch will die Stadt als »fahrradfreundliche
Kommune« ausgezeichnet werden.
Insgesamt hält die Stadt Konstanz also für ihre Einwohner_innen
einen Lebensraum bereit, der kaum Wünsche
offenlässt und trägt Sorge dafür, dass der Lebensraum der
Tiere darunter so wenig leidet, wie möglich. Trotzdem gibt es
noch viel zu tun, damit das Ausrufen des Klimanotstandes nicht
nur leere Versprechen bleiben. c
06
TEXT → JAMIE-LEE MERKERT ILLUSTRATION → LENA LINK
RUBRIK → KUNTERBUNTES
Einem -ismus auf der Spur:
Radikalismus
Als ich noch zur Schule ging, hat mein Geschichtslehrer
etwas gesagt, was mich zum Nachdenken angeregt
hat: »Alle Worte, die auf -Ismus enden, sind radikal.« Laut
ihm wären somit alle -Ismen Radikalismen. Allein vom Wort
her sind Wörter, die auf -Ismus enden jedoch nicht zwangsläufig
radikal. Trotzdem verstehe ich, was er mit dieser
Verallgemeinerung meinte: der Versuch, gesellschaftliche
oder politische Probleme und Ansichten um jeden Preis zu
lösen. Das wurde von ihm als ›Radikalismus‹ pauschalisiert.
Ein Wort, von dem er dachte, dass es auch andere
auch Ismen beschreibt, wie Feminismus, Rassismus oder
Imperialismus, aber dem eine viel weitreichendere Bedeutungsgeschichte
zugrunde liegt.
Radikalismus wird auf das lateinische Wort »radix«
zurückgeführt, was übersetzt »Wurzel« bedeutet. Per Definition
geht es beim Radikalismus in erster Linie um eine
politische Auffassung, die auch religiös motiviert sein kann
und die grundlegende Veränderungen an einer herrschenden
Gesellschaftsordnung anstrebt. Bei einer radikalen Denkund
Handlungsweise sollen also gesellschaftliche, sowie
politische Verhältnisse von »der Wurzel« an verändert oder
sogar mittels Gewalt bekämpft werden.
Diese in verschiedene Extreme neigende Definition
führt dazu, dass Radikalismus und Extremismus bis heute
als Synonyme verwendet werden. Bis 1973 gab es die
Unterscheidung der beiden Begriffe im Verfassungsschutz
nicht. Als man diese Unterscheidung festlegte, wurde dies
damit begründet, dass ein Radikalismus den Staat mit seiner
Verfassung nicht zwangsläufig beseitigen möchte.
Unter Extremismus hingegen werden Aktivitäten benannt,
die versuchen, die Grundwerte unserer Demokratie zu beseitigen.
Diese Unterscheidung ist deshalb wichtig, weil
radikale politische Auffassungen in unserer pluralistischen
Gesellschaftsordnung rechtmäßig sind, solange diese eben
die Verfassung nicht angreifen und abschaffen wollen.
Auch außerhalb der Politik im alltäglichen Sprachgebrauch
taucht der Begriff Radikalismus immer wieder auf:
In den Nachrichten liest man von radikalen Forderungen den
Klimawandel betreffend oder radikaler Kunst. Im kulturellen
Zusammenhang meint Radikalismus bei solchen Themen
nichts anderes, als eine unkonventionelle Änderung oder
das Einschlagen einer neuen Richtung.
Ob etwas als »radikal« angesehen wird, ist Ansichtssache,
da es benutzt werden kann, um eine Gegenseite zu diffamieren.
So wird »Fridays for Future« tendenziell von liberal-konservativer
Seite als eine Gruppe beschrieben, die »radikale« Forde-
rungen stellt. Die Bewegung hingegen sehen sich nicht
als »radikal«, weil sie das, was im Pariser Klimaabkommen
unterschrieben wurde, nun auch eingehalten werden soll.
Damit seien ihre Forderungen nicht »radikal« sondern »notwendig«.
Was radikal war, ist und sein wird, unterliegt einem
Wandel. Die radikale Kunst oder radikale Forderungen von
heute können morgen schon als Norm angesehen werden.
Heute noch fragen wir uns »Ist das Kunst oder kann das
weg?«
Der Grad zum Radikalismus ist schmal, sowohl politisch
als auch kulturell, und die Möglichkeit, dass dieser zu
einer Gefahr wird, besteht ebenso. Besonders 2020 – das
Jahr, in dem das Wort »Radikalismus« fast täglich in den
Nachrichten zu hören ist. c
07
TEXT → LEONIE THIEL ILLUSTRATION → LENA LINK
RUBRIK → POLITIK
Warum uns
Weltschmerz
menschlich macht
– und vielleicht
gar nicht so
sinnlos ist
Weltweit über eine Million Corona-Tote, die Wirtschaft
bricht ein, ganze Branchen stehen vor dem
Aus und tausende Menschen fürchten um ihre Existenz.
Ja, diese Pandemie hat die Welt hart getroffen. Und
mich persönlich auch, denn bei mir hat sich Weltschmerz
breitgemacht. Gemäß dem Duden wird dieser deutsche
Begriff, der nicht wirklich übersetzt werden kann und
daher auch in anderen Sprachen so verwendet wird, als
»Leiden an der Welt und ihrer Unzulänglichkeit im Hinblick
auf eigene […] Erwartungen« definiert. Kurz gesagt:
Ich leide, weil ich sehe, wie viel Andere leiden. Es ist
besonders schlimm, wenn mir die Tagesschau abends
alle möglichen Katastrophen auftischt. Doch woher
kommt das Gefühl des Weltschmerzes? Empathie kommt
mir als erstes in den Sinn. Wir Menschen sind soziale Wesen,
die evolutionär darauf angewiesen waren und sind,
in einer Gruppe zu leben. Das hat unseren Fortbestand
gesichert. In der Gruppe war und ist es essenziell,
Mitgefühl für andere zu entwickeln, um so Beziehungen
aufzubauen. Jetzt ist mir dieses Mitgefühl zum Fallstrick
geworden und versaut mir manchmal meine Laune.
Letztlich bin ich dankbar dafür, dass ich kein gefühlsloser
Eiszapfen bin, der nur seine eigenen Interessen
im Kopf hat. Es zeigt, dass es mir nicht egal ist, was mit
und auf dieser Welt passiert. Aber der Weltschmerz
konfrontiert mich eben auch mit unliebsamen Ohnmachtsgefühlen.
Ich bin – zum allergrößten Teil – nicht
in der Lage, die Welt zu verändern. Ich bin, in diesem
Sinne, ohnmächtig. Alleine stimmt das meistens. Doch da
kommt mir ein afrikanisches Sprichwort in den Kopf,
das ich in Berlin an der East Side Gallery gelesen habe:
08
»Viele kleine Leute, die in vielen
kleinen Orten viele kleine
Dinge tun, können das Gesicht
der Welt verändern.«
Klar, das ist super romantisch formuliert und könnte
genauso gut im Gute-Laune-Kalender auf dem Klo
meiner Tante stehen, doch da steckt viel Wahrheit drin.
Ich kann mit kleinsten Veränderungen – Menschen anlächeln,
Recycling-Klopapier kaufen, wählen gehen –
meinen Beitrag leisten. Vielleicht motiviere ich dadurch
andere dazu, es mir gleichzutun. Ich glaube, dass ich
ohne meinen Weltschmerz vieles wegschieben würde.
Er meldet sich bei mir und weist mich auf Ungerechtigkeiten
hin, denen ich Aufmerksamkeit schenken
muss. Damit bin ich nicht allein: Die schiere Anzahl an
GoFundMe-Aktionen und Bürgerrechtsbewegungen,
die auf der ganzen Welt Anklang finden und von Dublin
genauso wie von Sydney unterstützt werden, zeigt
den Einfluss der Menschen. Menschen, die ihren Weltschmerz
nicht ignorieren und in eine dunkle Ecke
ihres Bewusstseins gestopft haben, setzen sich für wichtige
Themen ein. Das ist faszinierend und ermutigend.
Auch wenn man oft das Gefühl hat, das Schlechte regiere
diese Erde, gibt es doch viele positive Entwicklungen,
man muss nur genau hinschauen. Leider sind die Medien
richtige Profis darin geworden, mit Katastrophen und
Krisen Clickbaiting zu betreiben und die dunkle Sensationslust
der Menschen auszunutzen. Meistens lassen
sich schlechte Nachrichten besser verkaufen, als gute.
Doch es hilft schon, immer wieder kurz innezuhalten und
sich darüber bewusst zu werden. Zu hinterfragen, ob
wirklich alles so negativ ist, wie es sich gerade anfühlt.
Das muss ich mir selbst auch oft sagen.
Der Neuropsychologe Prof. Dr. Jens Prüssner der
Uni Konstanz hat mir zum Thema ein paar Fragen beantwortet.
Laut dem Fachmann ist die Problematik Weltschmerz
noch kein Forschungszweig der Psychologie
und auch ich konnte nichts dazu finden. Doch warum ist
das so? Wenn ich mein Umfeld frage, ob sie das fühl Weltschmerz kennen, sagen fast alle ja. Jede Person,
Ge-
die Mitgefühl empfinden kann, kann auch Weltschmerz
empfinden. Aber letztlich geht wohl niemand wegen
der Ausschreitungen in Berg-Karabach oder aufgrund
unerreichter Klimaziele zur Therapie. Irgendwie ist es
dann doch zu weit weg. Ich habe Herrn Prüssner gefragt,
ob er denke, dass Weltschmerz momentan präsenter
als früher sei – er verneint: »Auch ohne Corona sterben
09
seit Jahrzehnten täglich tausende,
vielleicht sogar zehntausende Menschen
an Hunger und Unterernährung.«
Das stimmt. Tatsächlich ist das
Verrückte doch, dass diese Nachrichten
nicht mehr schocken. Bilder
von hungernden Kindern, Flüssen voller
Müll oder durch Hurrikans verwüstete
Landstriche kennen wir schon. Berührt
uns nicht mehr so sehr, oder? Ich denke,
dass Mitgefühl auch damit zusammenhängt,
wie sehr man sich in eine Situation hineinversetzen
kann.
Auch meine – zugebenermaßen steile These
– dass jüngere Menschen mehr mit Weltschmerz
konfrontiert werden als Ältere, lehnt der Psychologe
ab. Vielleicht liegt es daran, dass ich mit meinen
gleichaltrigen Freundinnen und Freunden
fast ausschließlich dieselben politischen und gesellschaftlichen
Werte und Meinungen teile. Vielleicht liegt
es daran, dass die »Baby-Boomer« heutzutage ein wirklich
schlechtes Image haben. Vielleicht liegt es aber auch
daran, dass die meisten über 50, mit denen ich mich
über besagte Themen unterhalten habe, eher in komische
Floskeln und fragwürdigen Humor ausweichen.
Ich weiß es nicht.
Was kann man tun, wenn man mit Weltschmerz
konfrontiert wird?
Dafür hat der Experte keine konkreten Tipps. Auch
er redet von der altbekannten Devise: Annehmen, dass
es Gutes und auch Schlechtes in der Welt
gibt. Und er hat ja Recht damit. Es ist
nur schwierig, auf so ein komplexes
Thema, eine (vermeintlich) so einfache
Antwort zu bekommen. Letztlich
ist das die Krux: Wir schaffen
es oft nicht, die negativen
Gefühle zuzulassen, negative
Nachrichten zu akzeptieren.
Doch auch sie gehören zum
Leben dazu. Das Leben ist dir
nichts schuldig und es kann
auch mal scheiße sein. Kein
sehr ermutigender Ausblick,
ich weiß. Tatsächlich ist es aber
wahnsinnig befreiend, wenn man
es schafft, diese Tatsache anzunehmen. Es ist paradox,
doch das Leben so zu nehmen, wie es ist – mit Weltschmerz
– scheint die Lösung »gegen« Weltschmerz zu
sein.
Und das Schöne daran ist: Wer am Leid der Welt
nicht kaputtgeht, wird vom Weltschmerz vielleicht sogar
beflügelt. Negative Gefühle sind tolle Motivatoren: Sie
bringen uns dazu, Dinge anpacken und verändern
zu wollen. Daher ist es wichtig, dass es Weltschmerz gibt
und wir ihn fühlen können. Es zeigt, dass wir Mitgefühl
haben. Es zeigt, dass wir menschlich sind. c
TEXT → NIKLAS LEMPERLE ILLUSTRATION → LENA LINK RUBRIK → POLITIK
Ein kleiner Kompass zum
passenden Ehrenenamt
Das »Ehrenamt« ist nicht zu verwechseln mit dem vor allem unter Jugendlichen
gebrauchten Begriff »Ehrenmann«. Dennoch könnte eine Person, die
eine ehrenamtliche Tätigkeit ausführt, als »Ehrenmann« oder »Ehrenfrau«
bezeichnet werden. Schließlich wird eine solche Person oft von den Mitmenschen
dafür bewundert, dass sie die eigene Freizeit verwendet, um der Gesellschaft
etwas Gutes zu tun, ohne dafür eine Bezahlung zu verlangen. Die
Motivation zum Ehrenamt ist vielfältig: Vom positiven Gefühl der guten Tat
bis hin zum Wunsch, etwas zu tun, was einem wirklich wichtig erscheint. Zum
Glück, muss man sagen, denn viele Vereine und Einrichtungen leben von engagierten
Menschen und könnten ohne sie gar nicht existieren. Wer sich sozial
engagieren möchte, hat es manchmal aber gar nicht so leicht, die passende
Stelle zu finden. Deshalb haben wir für euch eine kleine Auswahl an möglichen
ehrenamtlichen Tätigkeiten in Konstanz zusammengestellt.
Aufgrund der Corona-Maßnahmen sind die Möglichkeiten, sich sozial zu
engagieren, aktuell leider eingeschränkt. Unter den angegeben Internetadressen
findet ihr die jeweiligen Ansprechpartner_innen der Einrichtungen,
sodass ihr bei Interesse mit diesen zunächst absprechen könnt, ob dort
eine ehrenamtliche Tätigkeit gerade möglich ist.
10
Tagesbetreuung von Bewohner_innen aus Senioren- und
Pflegeheimen
Viele Pflegeeinrichtungen in Konstanz sind stetig auf der
Suche nach Personen, die Lust haben, Zeit mit ihren Bewohner_innen
zu verbringen. Dazu gehört, die hilfsbedürftigen
Personen bei Arztbesuchen, Behördengängen oder sonstigen
Erledigungen zu unterstützen oder ihre Freizeit mit ihnen
zu verbringen, beispielsweise spazieren zu gehen, Spiele
zu spielen, oder den Bewohner_innen vorzulesen. Jede_r
Helfer_in kann selbst bestimmen, wie viel Zeit er oder sie
zur Verfügung stellen möchte. Interessierte sollten mit den
jeweiligen Ansprechpartner_innen der Pflegeeinrichtungen
Kontakt aufnehmen, um eine mögliche Tätigkeit genauer
abzusprechen.
Eine Übersicht aller Senioren- und Pflegeheime in
Konstanz findet ihr unter:
www.wohnen-im-alter.de/einrichtung/pflegeheim/
konstanz
Engagement beim »AFS Interkulturelle
Begegnungen e.V«
Der gemeinnützige Verein »AFS International« versteht sich
als Bildungsorganisation und sorgt deutschlandweit für interkulturelle
Arbeit. Auch in Konstanz existiert eine Regionalgruppe
des AFS, in der sich alle Bürger_innen engagieren
können. Zu den möglichen Tätigkeiten gehören unter anderem
die Aufnahme von Gastschüler_innen aus dem Ausland in
die eigene Familie oder die Begleitung von diesen bei der
Eingewöhnung im Alltag. Außerdem kann man sich beim
»AFS« zum Trainer oder zur Trainerin ausbilden lassen und
Gastfamilien unterstützen oder Jugendliche für ihren Aufenthalt
im Ausland vorbereiten. Auch bei der Freizeitplanung
von Gastfamilien und ihren Gastkindern kann mitgewirkt
werden. Zudem finden lokale »AFS«-Stammtische und Alumni-Treffen
statt.
Genauere Informationen findet ihr unter der
»AFS«-Homepage: www.afs.de
Dort könnt ihr euch auch für die regelmäßig stattfindenden
Online-Infoveranstaltungen anmelden.
Filmvorführungen mitgestalten im Zebra-Kino
Eine Möglichkeit zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit der etwas
anderen Art bietet das Zebra Kino. Hier ist jede_r herzlich
willkommen, der oder die Lust auf Filmarbeit hat. Zu
den möglichen Aufgaben zählen die Mithilfe beim Kassen-
und Thekenbetrieb sowie den Filmvorführungen, die
Teilnahme an den wöchentlichen Sitzungen des Teams,
das Verteilen von Flyern und die Unterstützung beim Aufhängen
von Plakaten in der Stadt, die Betreuung der Internetpräsenz,
das Erstellen von graphischen Arbeiten für
Printmedien, sowie die Mitwirkung beim Open-Air-Kino im
Sommer. Normalerweise können Interessierte ohne Vor-
anmeldung zu einer der wöchentlichen Sitzungen kommen
– immer mittwochs um 20:15 Uhr im Zebra Kino. Aktuell ist
das Kino aber geschlossen und die Sitzungen finden online
statt, sodass man sich vorab mit den Ansprechpartner_innen
in Verbindung setzten sollte.
Die Kontaktdaten findet ihr unter:
www.zebra-kino.de
Begleitung von sozioökonomisch benachteiligten Kindern
und Jugendlichen in Sportvereinen
Das Projekt »bsj – sports junior« der Badischen Sportjugend
Freiburg hat sich zum Ziel gesetzt, Kindern und Jugendlichen
einen Zugang zum Vereinssport ihrer Region zu ermöglichen,
die aufgrund der sozioökonomischen Lage ihrer Familien
oder anderer besonderer Umstände daran gehindert werden.
Die Badische Sportjugend sucht dabei einen passenden
Sportverein für die Kinder und Jugendlichen und hilft ihren
Familien dabei, finanzielle Unterstützung durch das Land
Baden-Württemberg zu erhalten. Auch in Konstanz ist das
Projekt aktiv und sucht engagierte Menschen, die als Tandempartner_innen
für die Kinder und Jugendlichen fungieren
möchten. Die Aufgabe besteht darin, die Kinder und Jugendlichen
in der Anfangszeit zum Training zu begleiten und sie
dabei so zu unterstützen, dass sie nach den ersten zwei
bis drei Einheiten selbstständig daran teilnehmen können.
Weitere Informationen für ein mögliches Engagement
findet ihr unter:
www.bsj-freiburg.de/projektekoope-rationen/bsjsportsjunior
Raum für Begegnungen schaffen beim Café Mondial
Im Sozialgebäude des Palmenhausparks befindet sich das
Café Mondial, ein interkultureller Begegnungsraum für alle
Konstanzer_innen. Besonders der Austausch zwischen Migrantinnen
und Migranten und Geflüchteten und »alteingesessenen«
Bürger_innen liegt den Initiator_innen des
Cafés am Herzen. Wenn das Café nicht gerade aufgrund
der Corona-Maßnahmen geschlossen bleiben muss, können
sich hier jeden Mittwoch, Samstag und Sonntag zwischen
15 und 18 Uhr alle Bewohner_innen und Besucher_innen
von Konstanz austauschen. Neben dem üblichen »Kaffee
und Tee« finden auch immer wieder Veranstaltungen wie
Podiumsdiskussionen mit eingeladenen Gästen, Musik und
Tanz oder gemeinsames Kochen statt. Personen, die sich
ehrenamtlich engagieren wollen, können dies im Café Mondial
vor allem in Form von Unterstützung beim Betrieb des Cafés
oder der Organisation von kulturellen Veranstaltungen tun. c
Eine ausführliche Vorstellung des Vereins sowie dessen
Kontaktdaten findet ihr unter:
www.cafe-mondial.org/mitmachen
11
TEXT → STEFFEN MIERISCH FOTO → STEFFEN MIERISCH RUBRIK → POLITIK
Die Masken-Fallen
Ein Gespräch mit Johannes Pantenburg: Wie er historische Forschung
während einer Corona-Demonstration erlebte und über die Verantwortung der Wissenschaft
12
Der graue Nachmittag lässt kaum
noch Licht in den Gang des F-Gebäudes
der Universität Konstanz fallen. Jetzt,
während des zweiten Lockdowns, herrscht
außerdem fast völlige Ruhe, nur selten
unterbricht ein fernes Geräusch die Stille.
Ein Ort, der das Gegenteil der lauten
Aufregung der Straße verkörpert,
die wenige Wochen zuvor herrschte, als
sogenannte »Querdenker« in der Konstanzer
Innenstadt mit Gegendemonstrant_innen
aufeinandertrafen. Ein Ort,
leise genug, um vielleicht auch das lauteste
Argument zu einem sachlichen Abschnitt
eines Textes werden zu lassen,
der statt auf die Grenzen der Stimmbänder
auf Haupt- und Nebensatzkonstruktion
setzt. Johannes Pantenburg tritt aus
seinem Büro, die Maske sitzt trotz Vollbart
fast gerade vor seinem Gesicht. Er
ist Projektkoordinator einer Gruppe von
Forschenden, in deren Gebiet die »Querdenker«
zu passen scheinen, als hätte
man sie extra für sie erfunden. Sie seien
ihnen in den Schoß gefallen, wird Pantenburg
sagen. Er trägt ein Blatt Papier
mit Notizen mit sich, auf das er später
kaum schauen wird.
Das Team, zu dem außer den Historiker_innen
auch Soziolog_innen,
Ethnolog_innen, Rechts – und Medienwissenschaftler_innen
gehören, beschäftigt
sich mit Wissenspraktiken von
sozialen Bewegungen. Doch schon bei diesem
ersten beschreibenden Satz trennt
sich die Analyse vom Alltagsverständnis:
»Unsere Gruppe unterscheidet sich im
Ansatz etwas von bestehenden Arbeiten,
die einen normativen Wissensbegriff anlegen.
Wir gehen hingegen von einem
breiten, relativistischen Wissensbegriff
aus, der nicht von vornherein unterscheidet,
ob das untersuchte Wissen
wahr oder falsch ist. Stattdessen wollen
wir wissen, wie sich unterschiedliche
Wissensbestände im Kontext sozialer Bewegungen
bewähren und durchsetzen.
Das macht es möglich, solche Verschwörungsmythen
und Bewegungen wie die
»Querdenker« in der Untersuchung der
Wissenspolitik sozialer Bewegungen zu
berücksichtigen,« begründet Pantenburg
seine Ausführungen. Verschwörungsmythen
werden in dieser Forschung als
Wissen nicht sachlich richtig, aber sie
erfassen, was solch ein Mythos in der
Köpfen der Betreffenden ersetzt.
Die Historiker_innen der Gruppe
versuchten durch Interviews mit
Demonstrierenden den Gedankenkonstruktionen,
die bei der Demonstration
kursierten, auf den Grund zu gehen. Die
repräsentative Aufarbeitung übernahmen
andere Forschungsgruppen.
Vieles von dem, wie diese Bewegungen
mit ihrem Wissen umgehen, ist
aktuell noch in der Untersuchung. Der
Wissenschaftler lässt kaum eine Gelegenheit
aus, auf den vorläufigen Stand
der Aussagen zu verweisen und die bloße
Beobachtung zu betonen.
In Johannes Pantenburgs Forschungsbiografie
fand er sich bisher mit
Aussagen konfrontiert, die einem wissenschaftlichen
Charakter weniger entgegenstehen.
Seine Dissertation befasst
sich mit der Friedensbewegung. So beschreibt
er die Rolle von Wissen gern
mit dem Beispiel des Wissens über die
Wirkung nuklearer Strahlung. Das scheint
vielleicht kaum mit angeblich an den Folgen
von Maskentragen sterbenden Kindern
vergleichbar zu sein. Aber grundsätzliche
Aspekte sind es für ihn doch. Er
führt aus: »Dass bestimmtes Wissen bestimmte
politische Handlungen auslöst,
davon kann man ausgehen. Ich benötige
ein bestimmtes Wissen, das dann
Grundlage meiner Handlung ist. Um gesellschaftlichen
Wandel herbeizuführen,
müssen soziale Bewegungen also erstmal
Wissen bereitstellen, warum denn
der Status quo negativ und zu überwinden
sei. Dieses Wissen begründet dann
politische Forderungen.«
Ein anderes Wissen, das er mit
seinen Kolleginnen und Kollegen verfolgt,
ist das Wissen über das Demonstrieren.
Ein Erfahrungsschatz, der von
den verschiedensten Bewegungen aneinander
weitergegeben werden kann.
Wie genau, das würden sie gerne herausfinden.
So die geplante Friedenskette um
den Bodensee: »Das ist etwas, das aus der
Friedensbewegung bekannt war; die haben
sie nicht erfunden.«
Deshalb hält er es für falsch, den
Demonstrierenden in Konstanz eine Ablehnung
von Wissenschaft an sich vorzuhalten.
Vielmehr identifiziert er eine
Bruchkante, die hier zwei unterschiedliche
Lager innerhalb der Querdenker
unterscheidet:
Zum einen gibt es die, die sich
eine wissenschaftliche Haltung aneignen,
so wenig sie auch den Standards
entsprechen mag: »Man beruft sich auf
bestimmte Professorinnen und Professoren
oder verweist auf eigene, kritische
Analysen der Fallzahlen des RKIs.
Ein wissenschaftlicher Gestus und ein
Ideal der Wissenschaftlichkeit ist also
durchaus vorhanden«, führt er aus. Den
akzeptierten Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern wird zwar vehement
widersprochen, aber eben aufgrund von
eigenen Erkenntnissen oder Expert_innen,
die die eigenen Positionen untermauern.
»Es ist schon wichtig, dass Sucharit
Bhakdi Professor war, wenn er auch
pensioniert ist«, ergänzt Pantenburg.
Und dann sind da die anderen,
dem ersten Eindruck nach eher eine Minderheit,
denen solche Analysen zu weit
gehen oder in ihrer Ablehnung eben
nicht weit genug weg sind von der
Wissenschaft, erzählt er: »Mich hat ein
Demonstrant angesprochen, ob wir zur
spirituellen oder zur rationalen Seite
gehören. Bei diesen Menschen waren
durchaus Wissenschaft und rationales
Denken per se das Feindbild. Das waren
aber Einzelne.«
Ob die Reaktionen erfreulich ausfallen
würden, wenn die universitäre Wissenschaft
während der Demo plötzlich
zum Interview bittet, darüber habe es vor
dem Demonstrationswochenende viele
ernsthafte Sorgen gegeben: »Wir hatten
alles unter Vorbehalt geplant. Wenn das
zu aggressiv geworden wäre, hätten wir
immer eine Exit-Strategie gehabt.«
Doch vor Ort blieb die Situation
für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
erstaunlich ruhig. Meist seien
die Angesprochenen fast von alleine in
Sprechlaune gekommen, kaum waren
die Mikrofone gezückt, lacht der Doktorand.
Seiner Meinung nach eine Folge
dessen, um was für Wissenschaftler_innen
es sich bei dem Team genau handelte:
»Wir haben den Vorteil, dass wir nicht
diese Wissenschaft vertreten. Ich glaube,
es wäre etwas anderes, wenn dort
Leute im weißen Kittel klar erkennbar
als Ärzt_innen, Virolog_innen und Epidemiolog_innen
aufgetreten wären. Da
kann ich nur spekulieren. Ich könnte mir
aber vorstellen, das wäre eine andere Reaktion
gewesen.«
Umgekehrt durften sich die Forschenden
von ihren eigenen Positionen
nicht zu einer tendenziösen Gesprächsführung
verleiten lassen, auch wenn es
Pantenburg anzuhören ist, dass ihm und
seinen Kolleginnen und Kollegen das vielfach
schwerfiel. »Man muss sich am Anfang
sehr genau klar machen, was die
eigenen Positionen sind, um zu wissen,
was man dann in dem Interview über-
13
TEXT → STEFFEN MIERISCH FOTO → STEFFEN MIERISCH RUBRIK → POLITIK
haupt ausblendet.« Erst nach solch einer
Reflektion könnten wissenschaftliche
Daten gesammelt werden.
Soll irgendwann das gesamte Phänomen
entschlüsselt sein, muss der einzelne
Überzeugungsversuch zurückgestellt
werden. »Das führt auch zu absurden
Situationen. Man muss da Sachen
unkommentiert lassen, wo sich einem
sich die Haare zu Berge stellen. Wenn
die Maske mit dem Judenstern verglichen
wird oder es nur zwei Sätze braucht, bis
dann nach den Hintermännern der Pandemie
gefragt wird. Man versucht dann
schon, das als bestimmte Wissensbestände
neutral zu identifizieren und zu fragen.
Warum vertreten die das? Also worin
liegt die Funktion von solchen Aussagen?«
Für den Historiker trotzdem eine
schwierige Übung der Selbstkontrolle:
»Dass das ermüdend sein kann, fällt einem
spätestens auf, wenn man ein paar
dieser Interviews geführt hat.«
Trotzdem betont er die Bedeutung
von Faktenchecks und der Arbeit im
Bereich der politischen Bildung. Nur sei
es eben nicht möglich, inhaltlich zu diskutieren
und gleichzeitig unverfälschten
Einblick in fremde Gedankenwelten zu
erlangen.
Pantenburgs Antworten wirken
spontan, dennoch erlangt man den Eindruck,
dass diese Frage nach der Verantwortung
der Wissenschaft die Forschenden
seit längerem begleitet. Es
werde zum Beispiel darauf geachtet, keine
Argumente ungefiltert in den Publikationen
weiterzugeben – sondern immer
eine abstrahierende Distanz zu wahren.
Außerdem sei die distanzierte Haltung
nicht so ungewohnt, wie sie in der
Gesprächssituation wirke: »Ich glaube,
das ist etwas, was einem bei diesen Interviews
besonders deutlich wird, was
man in der wissenschaftlichen, akademischen
Welt aber sowieso stets tut. Wenn
wir uns nicht darauf einlassen, uns mit
fremden und vielleicht auch abstoßenden
Gedankenwelten auseinanderzusetzen,
dann wird es schwierig mit den
Untersuchungsgegenständen.«
Was sich dann während der Demo
in die Mikrofone ergießt, ist der Inhalt
der vielbeschworenen Filterblasen, denn:
»Die Leute hatten das Gefühl, sie sind
Teil des Zeitgeschehens, sie können hier
ihre Sicht der Dinge darlegen. Dies ist
jedoch keinesfalls mit einer Legitimation
oder Bestätigung gleichzusetzen.«
Ungefiltert lassen sich aus den aufgezeichneten
Positionen, die sonst so abstrakten
Probleme, die diese Blasen mit
sich bringen, in konkrete Beobachtungen
übersetzen.
Da wäre zum einen die große Identifikation
der Menschen mit den sie umgebenden
Gedankenwelten: »Es ist faszinierend
zu beobachten, mit was für einem
großen Engagement der Austausch
betrieben wird und auch in Eigeninitiative
aus einzelnen Quellen, Interviews und
Youtube-Videos dann ein Gegenwissen
zusammengebastelt wird«, fasst der Doktorand
zusammen.
Gerade dieses Zusammensetzen
der eigenen Welt machten die sozialen
Medien leicht: »Eine zentrale Funktion
ist die Aufwertung des Selbst als kritischer
Denker, als jemand, der im Gegensatz
zur fehlgeleiteten Masse die Dinge
durchschaut. Es geht um ein positives
Selbstbild«. Dann wird das, was in der
Forschung nun als Wissen verhandelt
wird, zur Falle. Denn wer sein Selbstbild
so stark von einer Außenseiterposition
abhängig macht, wird fortan vermutlich
vor allem nach Bestätigung suchen.
»Da wird Wissen für eine Argumentation
genutzt, das sind aber erstmal Eindrücke«,
bremst Pantenburg auch hier die
letztendliche Interpretation der Ergebnisse
aus. Ein weiterer Punkt ist, dass
Querdenker_innen teilweise schon so
tief in ihrer eigenen Argumentationskette
feststecken, dass sie nicht mehr
Fakten zustimmen können, die ihrem
eigenen Welt- und damit Selbstbild fundamental
widersprechen.
Wie tief der Bruch zur tatsächlichen
Wissenschaft sein kann, dafür gab
es in Pantenburgs Beobachtungen ein klares
Symptom, auch wenn er die Aussagekraft
wie stets zurückhaltend formuliert:
»Neben nachvollziehbaren Vorbehalten
gegen die Pandemiemaßnahmen und
Klagen über Einschränkungen fielen häufig
ganz beiläufig in Nebensätzen bestimmte
NS-Analogien, die wirklich an den
Haaren herbeigezogen sind oder Spekulationen
über die Drahtzieher hinter
der Pandemie. So als bedürften diese keiner
weiteren Begründung. Hier zeigte
sich die ganz unterschiedliche Wissensbasis
und die unterschiedlichen Prämissen
von Interviewenden und Interviewten.
Gerade diese Demonstrationsteilnehmenden
verwiesen wiederholt darauf,
sich hauptsächlich in bestimmten Telegram-Gruppen
und Foren zu informieren,
wo grundsätzlich andere Wissensbestände
zu kursieren scheinen.« Deshalb
spricht Pantenburg auch mit großem
Respekt von denen, deren Aufgabe es
sein wird, zu den Menschen inhaltlich
einen Bezug herzustellen: »Diese Dinge
machen es schwierig, wenn man diese
Menschen wieder auf einen gemeinsamen
Boden der Tatsachen bringen will.
Das konnten wir bereits auf der Demo
beobachten: Es waren beispielsweise Vertreterinnen
und Vertreter der Stadt Konstanz
vor Ort, die versucht haben, Diskussionen
mit den Querdenker_innen
zu führen. Die sind mitunter auf heftige
Reaktionen und teils laute Ablehnung gestoßen.«
Während die Menschen auf der
Straße sich scheinbar immer weiter voneinander
entfernen, bekommt man den
Eindruck, dass die Analyse der Differenzen
die Disziplinen eint. So erzählt das
Gespräch mit dem Koordinator in den
Zwischentönen doch auch von einem
Plädoyer für die interdisziplinäre Forschung.
Welche Erkenntnisse die jeweiligen
Wissenschaftsbereiche voneinander
ziehen können, verortet Pantenburg
zwar noch bei den offenen Fragen, die
noch wissenschaftlich haltbar analysiert
werden müssten. Doch mitten im Gespräch
freut er sich doch bereits, wie
gut die wissenschaftlichen Perspektiven
ineinandergreifen. Und an dieser Stelle
lässt er einmal den Vorbehalt des Wissenschaftlers
weg. c
14
EINSENDESCHLUSS → 14. FEBRUAR 2021 AN → CHARLOTTE.KRAUSE@UNI-KONSTANZ.DE
GEWINN → 3 x 10€-GUTSCHEINE FÜR DAS ZEBRAKINO RUBRIK → KUNTERBUNTES
Kreuzworträtsel
₪ ҂ ʘ ± © € ¤ » ¿ × § Ѱ £ π ≥
28
31
1/26 ₪
27 29 30 32
2
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4
5
6
7
©
8
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9
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10 34
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41
12
13 39
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42
17
18
44
33 Ѱ
19 36 38¤ 20/43
π
21
35 ±
37
22
23
24
25
≥
»
WAAGRECHT
1. Vollkommen überlastet in Zeiten von Corona. 2. Peter
Lustigs liebstes Stück. 3. Erzähler in Markus Zusaks Roman
»Die Bücherdiebin«. 4. Krankheit, die erstmals von einem bayerischen
Nervenarzt 1907 beschrieben wurde. 5. 1990, 2017 und
2019 verfilmt. 6. Immer in die Armbeuge! 7. Geistreiche, lustige
Idee. 8. Yangs komplementäres Gegenstück. 9. Anderes Wort
für zusammen in. 10. Ab jetzt (fast) alles erlaubt. 11. Maßeinheit
genormter Schnapsgläser. 12. Zu einem Gebäude(komplex)
gehörender, von Mauern o.ä. umschlossener Platz. 13. »der
Erwachte«. 14. Dieser Stadt widmete Billy Joel einen Song.
15. Deutscher Rapper, dessen letztes Album den Namen eines
fiktiven Ortes trägt, wo man niemals erwachsen wird. 16. Naturkatastrophe.
17. Der »historische« Buddha. 18. Jugendwort
des Jahres 2020. 19. Auch Kabeljau genannt. 20. Seine Frau
ist zur Salzsäule erstarrt. 21. Kann man bei gutem Wetter von
Konstanz aus bewundern. 22. Diese bespitzelte rund 7000
Personen und 1000 Organisationen in den USA, die in Opposition
zum Vietnamkrieg standen oder der Bürgerrechtsbewegung
angehörten. 23. Betriebssystem. 24. Deutsches Modeunternehmen.
25. In diesem deutschen Jugendroman werden
Figuren aus ihren Geschichten mit Zauberzungen entführt.
SENKRECHT
26. Beginn einer jeden Hausarbeit. 27. Diese Künstlerin
kam leider bei einem Flugabsturz 2001 ums Leben. 28. Figürliches
Naturstudium, um die Proportionen der menschlichen
Gestalt kennenzulernen. 29. Schafft kaum ein/-e deutsche/-r
Muttersprachler_in richtig auszusprechen. 30. An keinem Ort.
31. Zierpflanze. 32. In heftiger, wilder Bewegung sein und
dabei ein brausendes, dröhnendes Geräusch hervorbringen.
33. Stadt im Altertum. 34. Einrichtung der Früherziehung und
-bildung. 35. Die Apollo-Astronauten Neil Armstrong und Buzz
Aldrin ließen einen Beutel davon auf dem Mond zurück. 36. Kleine
Schlinge zum Einhängen eines Hakens. 37. Einmalkennwort.
38. War lange Zeit Hauptsäule der Schwerindustrie und Grundlage
für die politische Macht eines Staates. 39. Gericht aus
der indischen und pakistanischen Küche, das überwiegend
aus Hülsenfrüchten besteht. 40. Freud unterteilte dieses in drei
Instanzen. 41. In dieser Stadt spielt der Film »La La Land«.
42. Seit 2003 terroristisch agierende Miliz. 43. Komponierte
die »Liebesträume«. 44. Wir erheben das Glas dazu und schmieren
gerne Butter darauf.
UMLAUTE MÜSSEN AUSGESCHRIEBEN WERDEN
15
TEXT → JULIA LIEDTKE
RUBRIK → HOCHSCHULLEBEN
Erasmus an der Uni K
»Ich wäre nicht die Person, die ich heute bin und hätte nicht so viele neue Dinge über
mich gelernt, wenn ich diese Erfahrung nicht gemacht hätte«, erzählt Ioana Bonaparte.
Die aus Rumänien stammende Austauschstudentin von der University of Essex, die zum
Wintersemester 2019 nach Konstanz kam, blickt auf ein besonderes Erasmusjahr zurück.
Ein Jahr, das geprägt war von der Corona-Pandemie, die das (Zusammen-)Leben
der Menschen stark beeinflusst hat. Umso stolzer sei sie, diese Erfahrung in so schwierigen
Zeiten gemacht zu haben.
Der Ausbruch der Pandemie und der plötzliche Lockdown im vergangenen März traf
viele unvorbereitet und wirbelte das universitäre Leben gehörig durcheinander. Damit kam
auch die Unsicherheit, nicht nur für die einheimischen Studierenden, sondern auch für viele
Austauschstudierenden, die sich im Rahmen ihres Austauschprogrammes noch in Konstanz
befanden. Viele sahen sich der Frage gegenübergestellt: Gehen oder bleiben? Und
wenn bleiben, wie und unter welchen Umständen? »Der Lockdown im März war schon ein
Schock«, berichtet Renate Krüßmann. Als Erasmus+-Koordinatorin im International Office
erlebte sie die Herausforderungen, welche die Pandemie an die Austauschprogramme stellte,
live mit. So auch ihr Kollege Frank Lutzenberger, der die internationalen Austauschstudierenden
betreut. Teilweise seien Studierende innerhalb weniger Tage von ihren Heimatuniversitäten
zurückgerufen worden, andere seien freiwillig gegangen: »Viele haben noch
das kleine Fenster im März genutzt und sind nach Hause gefahren«, erzählt er.
Ähnliches berichtet auch Ioana Bonaparte. Von der Pandemie hörte sie das erste Mal
im vergangenen Februar, nahm aber zunächst an, dass es nicht so schlimm sei ,wie behauptet
wurde. Wie ernst die Situation dann doch war, wurde ihr aber sehr schnell klar, erzählt
sie: »In weniger als einem Monat waren die meisten meiner Freundinnen und Freunde
wieder zu Hause. Manche aus weit entfernten Orten, wie zum Beispiel den USA, mussten
ihren Austausch abbrechen. Auch mir selbst wurde von meiner Heimatuniversität gesagt,
ich solle mein Erasmus-Programm beenden und nach Hause kommen.« Doch darüber habe
sie nur kurz nachgedacht und sich dann entschieden, unter allen Umständen zu bleiben
und ihr Jahr in Konstanz fertig zu studieren.
Mit dem neuen Studienjahr kamen auch neue Austauschstudierende, wenngleich viel
weniger als üblich. Statt der normalerweise rund 260, sind es in diesem Austauschjahr
nur 114 Studierende, was klar der Pandemie geschuldet ist. Damit die »Incomings« sich
trotz allem gut in Konstanz und an der Universität einleben, arbeitete das International
Office den Sommer über daran, so viele Angebote wie möglich ins Internet zu verlagern.
Dennoch musste das Angebot stark reduziert werden. »Alle Events von Exkursionen
bis Willkommensstammtisch haben wir komplett canceln müssen«, berichtet Lutzenberger.
Auch »GO-Konstanz«, der Intensivsprachkurs Deutsch mit Orientierungsprogramm,
16
der immer im September stattfindet und bei Studierenden sehr beliebt ist, musste coronabedingt
ausfallen. Betroffen von Umstrukturierungen war ebenfalls das einwöchige Orientierungsprogramm
»Ori-Pro« im Oktober. Einiges wurde stattdessen als Online-Angebot
umstrukturiert, auch wenn die Umsetzung schwierig war. »Vieles haben wir freiwillig
abgesagt«, so Lutzenberger. Manche Initiativen werden aber weiter angeboten, insbesondere
solche, die den Kontakt von Incomings mit anderen Studierenden fördern. Dazu
gehört das schon seit einigen Jahren existierende Buddy-Programm, bei dem Konstanzer
Studierende den Neuankömmlingen aus dem Ausland als erster Kontakt zur Seite stehen
und ihnen zum Beispiel bei der Schlüsselabholung bei Seezeit helfen. Viele Austauschstudierende
hatten Bedenken, wie es sich mit dem Social Distancing verhalten würde.
Sie wollten konkret wissen, was es für Möglichkeiten gäbe, Anschluss zu anderen Studierenden
zu finden, berichtet Melanie Hochstätter, Erasmuskoordinatorin der Fachbereiche
der Geisteswissenschaftlichen Sektion. Damit das Kontakteknüpfen trotz Online-Semester
etwas leichter fallen würde, wurde neben dem bestehenden Buddy-Programm
die Initiative »Friends in the Faculty« ins Leben gerufen, bei dem Konstanzer Studierende
gefragt wurden, ob sie als Ansprechpartner_innen für Incomings zur Verfügung stehen
würden. Dabei geht es vor allem darum, Kontakte zu deutschen Studierenden zu knüpfen,
berichtet Hochstätter, denn: »Das ist schon ohne Covid schwierig genug.« Die Erasmuskoordinatorin
hatte die Idee zu diesem Angebot und freut sich über den großen Zuspruch
von Seiten der Studierenden. »Wir hatten mehr Konstanzer Studis, als Austausch-
Studis, die sich zurückgemeldet haben«, freut sie sich. So konnten den Neuankömmlingen
jeweils zwei bis drei Kontakte vermittelt werden, mit denen sie sich, immer entsprechend
den geltenden Hygienemaßnahmen, zum gemeinsamen Kochen, Spazierengehen
oder ähnlichem treffen können, um so das Eingewöhnen im neuen Land etwas
zu erleichtern.
onst anz im Corona-Semes t er
Trotz der Pandemie soll es im akademischen Jahr 2021/2022 einen Studierendenaustausch
geben. Jeder und jede muss allerdings für sich selbst und mit Blick in das Gastland
sorgfältig abwägen, ob der Schritt ins Auslandssemester sinnvoll ist oder nicht. Fragen, die
sich Studierende vor einer Ausreise stellen müssen, sind vor allem, ob sie sich den neuen
Herausforderungen gewachsen fühlen: Quarantänewochen im Gastland, erschwerte Reisewege,
kaum Möglichkeiten zur Vernetzung vor Ort. Krüßmann rät: »Bewirb dich – und
entscheide gegebenenfalls kurzfristig, ob es die Lage am Studienort zulässt, dass du dein
Studium im Ausland wie geplant antrittst!« Ähnlich sieht es auch Ioana Bonaparte. Sie
empfiehlt, sich trotz der Pandemie einer solchen Erfahrung zu stellen und blickt selbst gerne
auf ihr Jahr in Konstanz zurück. »Diese Art von Erfahrung fordert einen in vielerlei Hinsicht
heraus, so dass es Monate brauchen wird, um sich an all die neuen Dinge zu erinnern,
die man getan, an die großartigen Freundschaften, die man geschlossen, und an die neuen
Fähigkeiten, die man sich angeeignet hat.« c
17
TEXT → JAMIE-LEE MERKERT FOTOS → MALIN JACHNOW RUBRIK → HOCHSCHULLEBEN
↑ ROLAND FISCHER
↑ MEDIA BOX
KIM: Mehr als nur
Bibliotheksdienst
LECTURE RECORDING IN ZEITEN VON COVID-19
Das Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum,
kurz KIM, ist der zentrale Dienstleister der Universität für
IT- und Bibliotheksdienste. Vom KIM werden diverse, und
auch weniger bekannte Services angeboten. Einer davon
ist »Lecture Recording und Media Production«, kurz »KIM.LR«.
Covid-19 hat auch KIM.LR vor neue Herausforderungen
gestellt, die gemeistert werden mussten, damit Videokonferenzen
oder Bildschirmaufzeichnungen für Studierende
und Dozierende auch mit wenig Vorerfahrung zugänglich
wurden. So wurde KIM.LR in den vergangenen Monaten
besonders systemrelevant.
Zuständig für das Lecture Recording ist Roland Fischer,
für die Media Production ist Andreas Urra als Gründungsvater
der Vorlesungsaufzeichnung an der Uni Konstanz der
Ansprechpartner.
Campuls traf Roland Fischer, der seit dreieinhalb Jahren
als stellvertretender Leiter für KIM.LR arbeitet.
CAMPULS Wie kommt man dazu, an der Uni Lehrveranstaltungen
zu filmen?
ROLAND FISCHER Ich habe vor mehr als zehn Jahren
in einer Filmproduktionsfirma hier am Bodensee gearbeitet.
Im Anschluss habe ich an der Uni angefangen, praxisnah zu
lehren. Durch Andreas Urra bin ich an diesen Job hier
gekommen. Man fängt an, richtig »gesettelt« zu sein, weil man
morgens aufwacht und feststellt, dass man gestern nicht
feiern war. So ist das, wenn man erwachsen ist (lacht). Ich
wollte etwas Solides, einen Job, der Sicherheit und regelmäßig
Geld gibt und am besten noch vor der Haustür ist.
All das bietet mir KIM.LR und gerade diese Vielfältigkeit
mit Licht- oder Schnittechnik finde ich spannend. Der
digitale Wandel, der momentan innerhalb der Universität und
unserer Gesellschaft stattfindet, ist eine Herausforderung,
aber auch eine Chance.
C Vielfältigkeit ist ein gutes Stichwort, denn es gibt sowohl
»Lecture Recording«, als auch »Media Production«.
Was genau kann man sich darunter alles vorstellen?
RF Das haben wir vor vier Jahren aufgeteilt, weil
Andreas Urra nicht mehr beides machen konnte. Die Abteilung
»Media Production« macht alles, was mit Lehrfilmen zu
tun hat, auch Preisträgerfilme, quasi alles, was ein Drehbuch
braucht. »Lecture Recording« ist primär zuständig für
Vorlesungsaufzeichnungen, aber der Service geht noch darüber
hinaus.
C Viele können »KIM« wenn überhaupt nur der Bibliothek
zuordnen. Was genau gehört alles zu »KIM.LR« und wo sind
Sie zu finden?
18
RF Wir sind eine Serviceeinrichtung, die sowohl
Studierende, als auch Dozierende bei der Lehre und dem
Lernen unterstützen soll. Zu erreichen sind wir je nachdem,
was von uns gebraucht wird. Am besten über E-Mail.
C Sie sprechen viel von »Wir«. Wie viele Leute sind an
der Arbeit vom »KIM.LR« beteiligt?
RF In der Abteilung Lecture Recording gibt es zwei
feste Stellen und viele Hiwis (lacht), deren Arbeit wir auch
sehr schätzen. Es ist in gewisser Weise ein Service, der von
Studierenden für Studierende betreut wird.
C Also das Angebot eignet sich sowohl für Studierende, als
auch für Dozierende?
RF Genau, aber darüber hinaus auch für Sonderveranstaltungen.
Wir machen nicht nur die klassische, regelmäßig
stattfindende Vorlesungsaufzeichnungen. Wir sind auch da,
wenn der Bürgermeister an der Uni eine Ansprache hält, oder
die Verwaltung einen Vortrag gibt.
C All sowas fällt ja momentan weg. Wie findet Lecture
Recording denn zur Zeit statt und was hat sich vergleichsweise
durch Corona verändert, beziehungsweise vor welche
Herausforderungen sind Sie und das Team gestellt worden?
RF Ich bin interessiert daran, was Morgen ist,
beziehungsweise was sein könnte. Deshalb wurden wir nicht
allzu sehr überrascht, denn wir haben schon letztes Jahr
aus technischer Neugierde Live-Streams veranstaltet. Dementsprechend
sind wir dieses Jahr mit den derzeitigen
Begebenheiten gut aufgestellt, obwohl das klassische Losziehen
mit einer Kamera und Stativ zu 95% entfällt.
Im Wintersemester versuche ich, das, was wir
normalerweise vor Ort leisten, ins Homeoffice zu verlegen.
Die HiWis betreuen die Dinge, die mit digitaler Vorlesungsaufzeichnung
zu tun haben.
C Sie sind also auch für die »Conferencing« & »Broadcast
Tools« zuständig?
RF Ja genau, viele Leute wissen gar nicht, für was wir
alles zuständig sind. Dazu gehören seit dem letzten
Semester Zoom, Big Blue Button und Webex sowie OBS, das
ist ein »Broadcast Tool«. Wir haben zu den ganzen Tools
kurze Erklärfilme erstellt, um den Einstieg in die Tools zu
erleichtern. Das ersetzt unsere Beratungs- und Servicefunktion
nicht, aber ergänzt diese.
C Wie schnell waren die geplanten Änderungen umzusetzen?
RF Innerhalb vom letzten Semester recht zeitnah.
Wir hatten den Vorteil, dass wir von der Bittstellerposition
in die Position von systemrelevanten Hauptakteuren gebracht
wurden. Heute müssen wir nicht mehr überzeugen, dass
digitale Lehre wichtig ist, sondern die Leute an die Hand
nehmen und ihnen erklären, dass Digitalisierung der Lehre
eine Chance darstellt und einen Mehrwert generieren kann.
C Die Arbeit umfasst also weitaus mehr, als nur Vorlesungsaufzeichnungen.
Was gehört denn noch zu Ihrem
Arbeitsbereich?
RF Es sind nicht nur Lehrformate, ich sitze in
verschiedenen Gremien, zum Beispiel für E-Learning. Dazu
gehören auch technische Bereiche, beispielsweise, wie in
Ilias etwas eingespielt werden kann.
Wir bieten Services für die Nachbearbeitung von Videos
an. Das wäre das »Video.Lab« im Übergang zwischen BS2
und BG2, auch wenn es zur Zeit wegen Corona geschlossen
ist. Dort gibt es acht speziell konfigurierte Arbeitsplätze. Da
bieten wir normalerweise Videoschnitt- und 3D-Animations-
Kurse an, die digital umgestellt worden sind. Seit letztem
Semester sind diese auch als Schlüsselqualifikation eingetragen,
aber jede/-r, der oder die mit der Universität zu tun
hat – sowohl Studierende, Dozierende als auch Angestellte
– kann daran teilnehmen. Außerdem sind die »Kim.Media-
BOXen« ein Kind des letzten Semesters und jetzt seit vier
Monaten im Einsatz.
C Was ist die »Kim.MediaBOX« und wer kann diese nutzen?
RF Damit kann man, dank Mikrofon, Laptop und kleiner
Handkamera, die meisten Dinge durchführen, die man sich
als Dozierende/-r wünscht.
Geeignet sind die »Kim.MediaBOXen« für Lehrende,
Dozierende – einfach für alle, die einen Vortrag geben wollen.
Es ist nicht primär für Studierende gedacht, aber auch die
können es bei Bedarf für eine Konferenz nutzen, also zum
Beispiel auch die StuVe.
C Auf was dürfen sich Studierende und Dozierende
in Zukunft durch Ihren Service freuen?
RF Man sollte sich »Opencast« merken. In einigen
Hörsälen gibt es diese neue Technik, mit der man als
Dozierende/-r per Knopfdruck eine teilautomatisierte
Vorlesungsaufzeichnung beginnen kann, die man hinterher
nur noch selber schneiden muss.
Ab dem 01.01.2021 wird es einen neuen Multimedia-
Arbeitsplatz in der Bibliothek geben. Gegenüber von der
Mediathek kann man dort alte Datenträger wie VHS-Kassetten
digitalisieren und nachbearbeiten. Das wird auch von
unseren HiWis betreut werden.
Ganz allgemein gesagt: Wir werden, alles was wir
können, auffahren und dank der großen Nachfrage dementsprechend
dem Ganzen begegnen. Für uns bedeutet das
in Zukunft mehr Arbeit, denn hoffentlich ist jetzt in allen
Köpfen angekommen, dass Lehre nicht nur in Präsens
stattfinden muss und Digitalisierung im universitären
Bildungsbereich endlich Einzug erhält. Wir sind immer einen
Schritt voraus, um Neuerungen aufzugreifen und hierbei
Unterstützung zu leisten. c
FÜR WEITERE INFORMATIONEN ODER FRAGEN
streaming.uni-konstanz.de oder Mail an:
recording@uni-konstanz.de
19
TEXT → STEFFEN MIERSCH FOTO → SEEZEIT STUDIERENDENWERK BODENSEE RUBRIK → HOCHSCHULLEBEN
Volles Haus mit
Blockheizkraftwerk
Mit dem Wintersemester 2020/21 begann das zweite
Semester, in dem sich das Studierendenwerk Seezeit mit
seinen Angeboten auf eine sich häufig ändernde Situation
einstellen musste. Wir haben mit dem Seezeit-Geschäftsführer
Helmut Baumgartl gesprochen, ob er sich an diese
Arbeitsgrundlage bereits gewöhnt hat und an welchen
Projekten trotz Corona-Pandemie zurzeit gearbeitet wird.
CAMPULS Haben Sie und Ihr Studierendenwerk sich
mittlerweile an die Unsicherheit gewöhnt?
BAUMGARTL Wir fliegen weiter auf Sicht, aber wir
sind flexibler geworden. Wir können schneller ausweichen
im Nebel. Mit Kurzarbeit und Hygieneanforderungen
haben wir umzugehen gelernt; genau wie auf die wechselnden
Bedürfnisse einzugehen. Wir könnten allerdings
nicht plötzlich wieder alles aufmachen, da müssten wir
beispielsweise schon mal drei Tage länger das Mensaessen
zum Mitnehmen anbieten.
C Wie erleben Sie dieses zweite, erneut von der Pandemie
geprägte, Semester?
B Das macht nicht wirklich Freude. Hinter der Maske
an der Essensausgabe steckt garantiert ein Lächeln,
man sieht es bloß nicht. Auch bei den Studierenden in den
Wohnheimen dürfen wir nicht mehr so locker und ungezwungen
sein. Wenn etwas in einer Wohnung kaputt
geht, müssen wir nach dem Eintreten erst einmal lüften,
die Maske aufsetzen und alles desinfizieren. Das war vorher
alles einfacher. Aber wir jammern auf hohem Niveau,
es gibt Bereiche außerhalb von Seezeit, die schlimmer
dran sind.
C Für ein Online-Semester müssen Studierende nicht
unbedingt in der Stadt ihrer Hochschule sein und Erstis
nicht unbedingt umziehen. Hat das Auswirkungen auf die
Wohnsituation in den Wohnheimen?
B Wir haben eigentlich damit gerechnet, dass
wir weniger Andrang haben. Dem war jedoch nicht so!
In Konstanz kommen über 21 Prozent aller Studierenden
in einer Wohnanlage unter, der Großteil davon bei Seezeit.
Dort wo etwa weniger ausländische Studierende gekommen
sind, haben scheinbar mehr Deutsche ein Studium
aufgenommen. Vermutlich hat das damit zu tun, dass es
für viele Schulabgänger_innen in diesem Jahr nicht möglich
war oder in Frage kam, als Au Pair ins Ausland zu reisen,
Sprachreisen zu unternehmen oder ähnliche Erfahrungen
zu sammeln. Außerdem gibt es sicherlich genügend
Gründe, auch trotz Online-Lehre direkt am Studienort zu
sein, darüber können wir aber ebenfalls nur spekulieren.
20
C Im letzten Interview hatten Sie Krankheitsfälle in den
Wohnheimen befürchtet. Mussten ihre Mitarbeitenden
auf solche Situationen reagieren?
B Wir hatten zum Glück nur einen Corona-Fall in
einer Wohnanlage. In der entsprechenden WG wurde
der Bewohner unter Quarantäne gesetzt, die anderen
mussten ebenfalls in der Wohnung bleiben. Unser Leiter
der Mensa Gießberg hat von sich aus entschieden, diese
Studierenden zu versorgen. Als wir das Geschirr wieder
abgeholt haben, hat diese WG vor Dankbarkeit ihren
Kühlschrank geöffnet und uns ihr letztes Bier gegeben.
C Was muss ein modernes Studierendenwerk Ihrer
Meinung nach eigentlich alles leisten?
B Ich merke im Austausch mit allen 56 anderen
Studierendenwerken in Deutschland, dass ein Wandel
stattgefunden hat. Vor 20 Jahren waren wir eher ein
Amt. In einem Amt könnte ich jedoch nicht arbeiten, ich
komme aus der freien Wirtschaft. Diese quirlige Umgebung
brauche ich, ohne die Ämter jetzt schlechtreden
zu wollen. Hier bei uns sind die Kundinnen und Kunden
das oberste Gut. In unserem Fall sind das die Studierenden.
Neben unserem gesetzlich vorgeschriebenen
Auftrag haben wir das im Blick. Als ich bei Seezeit angefangen
habe, haben die Mitarbeitenden teilweise erzählt,
dass die Studis immer nur meckern würden. Inzwischen
sehe ich dagegen, wie die Kolleginnen und Kollegen
darin aufgehen, unsere Studis zu umsorgen.
C Wie belastet die Corona-Krise Seezeit derzeit finanziell?
B Wir konnten einige befristete Verträge nicht
verlängern. Bisher mussten wir noch keine Welle von Kündigungen
aussprechen und das möchten wir auch nicht.
Wir predigen unseren Mitarbeitenden schon seit Jahren,
dass wir zwar nicht Gehälter wie in der freien Wirtschaft
bezahlen können, aber dafür sichere und sinnhafte Jobs
garantieren. Deshalb sind wir froh, dass wir Kurzarbeit
machen konnten.
C Und wie sieht es mit der Finanzierung der Mensen aus?
B Die Mensen sind zwar ein großer Umsatzgenerator,
aber das ist nichts, was man zur Bank tragen kann.
Wir haben einen Kostendeckungsgrad von 65 bis 68
Prozent. Theoretisch könnten wir uns also freuen, dass
wir jetzt weniger Gäste in den Mensen haben. Aber das
tun wir natürlich trotzdem nicht, weil es unsere Aufgabe
ist, Studis und Universitätsmitglieder zu versorgen.
Wir haben hohe Fixkosten, Miete muss gezahlt und Mitarbeitende
bezahlt werden. Dazu kommen die erhöhten
Hygieneanforderungen. Wir kaufen regionaler ein und
machen unser Lager nicht mehr so voll wie vor der Krise.
Auch Neubauprojekte und große Renovierungsprojekte
mussten wir vorerst zurückstellen.
C Welche anderen Projekte laufen derzeit trotz der andauernden
Pandemie im Hintergrund?
B In der Umgebung der HTWG wohnen tausende
Studis in den Wohnanlagen, die wir versorgen möchten.
Dafür würden wir gerne nächstes Jahr die jetzige Strandbar
abreißen und durch ein neues eigenes freistehendes
Gebäude ersetzen. Dazu kommen zwei mobile Fahrzeuge,
sogenannte Foodtrucks. Je nach Tageszeit bieten diese
dann ein anderes Angebot an. Tagsüber versorgen wir
die Studis mit To-Go-Gerichten. Außerdem besteht auch
Bedarf für ein kleines Abendessen, wenn die eigentliche
Mensa schon zu hat. Zusätzlich wird in den Abendstunden
dann auch das reguläre Barangebot wieder ausgefahren.
Die Philosophie dahinter ist: Wenn die Studis nicht mehr
zu uns kommen dürfen, dann müssen wir eben zu den
Studis gehen. Die neue Strandbar soll zudem winterfest
sein und auch in der dunklen Jahreszeit eingeschränkt
betrieben werden können – insbesondere der Food-Bereich,
welcher eine eigene Küche bekommt. So können wir
auf die mobilen Geräte verzichten und die Qualität und
Anmutung der Speisen erheblich verbessern. Die Sandfläche
mit den Liegestühlen bleibt erhalten. Wir spielen
sogar mit dem Gedanken, im Winter Glühwein anzubieten
und die Sandfläche in eine Eisbahn umzurüsten.
C Wie möchte sich Seezeit langfristig verändern?
B Wir spüren, dass das Thema Nachhaltigkeit
aktueller ist denn je. Wir haben zum Glück Kolleg_innen,
die für das Thema brennen. Ich muss dann eher auf die
Praktikabilität achten; denn ab morgen nur noch Bio-Essen
und vegane Kost in den Mensen anzubieten, könnten wir
nicht bezahlen. Aber engagierte Mitarbeitende kämpfen
für Lösungsansätze. Wir versuchen beispielsweise vegetarische
und vegane Gerichte möglichst attraktiv zuzubereiten.
Es steht uns nicht zu, unsere Gäste zu erziehen.
Stattdessen möchten wir neue Angebote und Alternativen
zum Herkömmlichen schaffen.
C Welche anderen Projekte zum Thema Nachhaltigkeit
bearbeitet Seezeit derzeit?
B Wir haben in unseren Wohnanlagen Blockheizkraftwerke
eingebaut und denken derzeit über Photovoltaik-
Anlagen nach. Das ist aber eine Sache der Statik, das ist
nicht so ohne weiteres möglich. Die neugebauten Wohnanlagen
werden zum Teil mit Geothermie versorgt. Auf
was wir besonders stolz sind: Die Firma „Viessmann“ hat
uns schon im letzten Jahr 18 Brennstoffzellen in den
Betrieb gegeben. Also Gas rein, Strom raus. Die Abwärme
reduziert die Heizkosten. Die Zellen sind so groß wie der
Schrank in meinem Büro. Wir haben auch in unserem
Kinderhaus am Sonnenbühl eine Brennstoffzelle stehen.
Dadurch fallen weniger Stromkosten an und die Waschmaschinen
werden jetzt mit der Abwärme betrieben.
Insgesamt haben wir unseren Co2-Ausstoß in den letzten
acht Jahren daher glatt halbiert! Das hat uns aber erstmal
keine Kosten eingespart, sondern wir mussten für diese
Veränderungen viel investieren. Ich denke jedoch, dass
sich dies mit Blick auf die Zukunft definitiv lohnt. c
21
TEXT → RAMONA SCHÖN
RUBRIK → HOCHSCHULLEBEN
Studienfinanzierung und Corona:
Eine Übersicht
»Ich habe schon vor Corona ziemlich genau kalkulieren
müssen, wie ich ohne Minus durch den Monat komme, da
meine Eltern nicht genug verdienen, um mir das Studium
komplett finanzieren zu können. Jetzt kann ich leider nicht mehr
arbeiten gehen und schaffe es nicht mal, meine Mietkosten
komplett abzudecken. Deswegen habe ich versucht, mich
schlau zu machen über mögliche Studienfinanzierungshilfen
und war schnell überrumpelt von den vielen Informationen.«
- Jan, 21, studiert im dritten Semester.
So geht es nicht nur Jan, sondern auch vielen anderen
Studierenden. Dabei bedarf gerade das Thema Studienfinanzierung
eines übersichtlichen Zugangs. Sowohl Seezeit, als
auch Bund und Länder bieten umfassende Möglichkeiten zur
finanziellen Unterstützung, welche insbesondere hinsichtlich
der Corona-Pandemie noch erweitert und erhöht wurden.
Das Wichtigste bei der Suche nach Hilfe ist: Auch
unabhängig von Corona haben Studierende eine Vielzahl
an Möglichkeiten, finanzielle Unterstützung während des
Studiums zu beantragen. Die bekanntesten Förderungsmittel
sind die BAföG-Gelder, gefolgt von dem KfW-Studienkredit
sowie Härtefondsdarlehen. Auch Stipendien sind eine gute
Alternative.
INFO
BAföG kann beantragt werden, wenn den Eltern die
finanziellen Kapazitäten fehlen, für die gesamten Kosten des
Studiums aufzukommen. Diese Gelder können bei Bedarf die
gesamte Regelstudienzeit abdecken. Einen Antrag stellen
kann jede/-r, ob zu Beginn, oder im Laufe des Studiums.
Wer am Ende eine monatliche Unterstützung bekommt und
wie hoch diese sein wird, ist unter anderem abhängig vom
eigenen Einkommen und Vermögen, von der familiären Situation
und vom Einkommen der Eltern. Der Höchstsatz liegt
momentan bei 861€, der Mindestsatz bei 247€ im Monat.
Allerdings gibt es hier einige Ausnahmen. In Einzelfällen
kann BAföG auch elternunabhängig errechnet werden, wenn
die/der Studierende zuvor schon gearbeitet und sich eine
Zeit lang selbst finanziert hat. Wenn du dir also nicht sicher
bist, ob du Anspruch auf BAföG-Gelder hast, dann probiere
doch den kostenlosen BAföG-Rechner aus (www.bafoegrechner.de/Rechner/)
oder informiere dich hier über deinen
spezifischen Einzelfall: www.xn--bafg-7qa.de/. Dabei kannst
du dir merken: Das BAföG-Amt prüft immer gerne deinen
Anspruch. Einen Antrag zu stellen, ist also in jedem Fall
einen Versuch wert!
Bei all diesen Mitteln müssen die individuellen Situationen
der Betroffenen und die daraus resultierenden Möglichkeiten
mitgedacht werden. Wenn du also mehr Details für deine
Situation benötigst, helfen dir folgende Links:
→ Studienkredite und Darlehen: www.seezeit.com/geld/studienkredite-darlehen/
→ Studienfinanzierungsmittel: www.seezeit.com/geld/finanzierungshilfen/
→ Aktuelle Regelungen bezüglich finanzieller Coronahilfen: www.seezeit.com/coronavirus/sb
bzw. www.seezeit.com/coronavirus/bf
Für individuelle Fragen zum BAföG steht das BAföG-
Team (bafoeg@seezeit.com) von Seezeit gerne zur Verfügung.
Sozialberaterin Marlies Piper (marlies.piper@seezeit.com)
von Seezeit ist für alle anderen finanzbezogenen Fragen
zuständig.
22
Der KfW-Studienkredit beträgt abhängig von Einkommen
und Vermögen zwischen 100€ und 650€ im Monat,
ebenso wird der Zinssatz individuell berechnet. Aufgrund
von Corona übernimmt aktuell das Bundesministerium für
Bildung und Forschung diesen Zinssatz, befristet bis zum
31.12.2021. Um die Förderung mittels des KfW-Studienkredits
zu erhalten, musst du zwischen 18 und 44 Jahren alt sein,
solltest das 10. Fachsemester nicht überschritten haben und
an einer staatlich anerkannten Hochschule studieren (diese
Voraussetzung erfüllt sowohl die Universität Konstanz, als
auch die HTWG). Für die Rückzahlung wird etwa ein halbes
Jahr vor Rückzahlungsbeginn ein Tilgungs-Plan erstellt, der
standardisiert eine regelmäßige monatliche Rückzahlung
auf zehn Jahre vorsieht, bei Bedarf aber individualisiert und
angepasst werden kann.
Eine weitere Möglichkeit ist der Seezeit-Härtefonds,
der ein einmaliges, zinsloses Darlehen von bis zu 2000€
beinhaltet. Dieser ist für Studierende eingerichtet, die ohne
eigenes Verschulden in eine wirtschaftliche Notlage geraten.
Das impliziert beispielsweise den Verlust des lebensnotwendigen
Einkommens aufgrund der aktuellen Krisensituation.
Bei entsprechenden Umständen kannst du dich auch
auf Stipendien bewerben, so beispielsweise für das Deutschlandstipendium,
oder für die Stipendien der Studienstiftung
des deutschen Volkes. Dabei solltest du immer im Hinterkopf
behalten, dass es NICHT nur Stipendien für herausragende
Studienleistungen gibt. Zwar sollte ersichtlich sein, dass
das Studium ernst genommen wird und du ein dementsprechendes
Engagement zeigst. Dennoch werden Stipendien
größtenteils nach individuellen Voraussetzungen und Situationen
vergeben. So gibt es Auslandsstipendien, Stipendien
für werdende Eltern, fachspezifische Stipendien und auch
solche für Studierende aus Nicht-Akademiker-Haushalten.
Ein Blick in eine Datenbank lohnt sich in allen Fällen, da es
deutschlandweit mehr als 3000 verschiedene Stipendien
zu vergeben gibt und in der Regel weniger Bewerbungen
eingehen, als Gelder zur Vergabe bereitstehen.
Die Seezeit-Nothilfe gibt es schon seit sechs Jahren,
wurde angesichts der Pandemie jedoch durch zusätzliche
Spendengelder erweitert. Sie kann einen Förderungshöchstbetrag
von bis zu 900€ bereitstellen, der in drei Monatsraten
in Höhe von 50€ bis 300€ ausgezahlt wird. Sie ist demnach
für akute Notsituationen der Studierenden gedacht, bei denen
andere Finanzierungsmittel wie beispielsweise BAföG kurzfristig
nicht greifen können. Auch diese Hilfe kann von Studierenden
beantragt werden, die ohne Eigenverschulden in eine wirtschaftliche
Notsituation geraten sind. Diese muss beschrieben
und durch Kontoauszüge der letzten drei Monate sowie
Angaben zu den regelmäßigen Ausgaben begründet werden.
Seit dem 20. November 2020 bis März 2021 ist die Überbrückungshilfe
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Studentenwerk
wieder aktiviert. Diese gab es schon im Sommer zu beantragen,
um Studierenden unabhängig von Alter oder Semesterzahl
einen unterstützenden Betrag von mindestens 100€ bis maximal
500€ pro Monat auszuzahlen. Die genaue Betragshöhe
richtet sich nach dem Kontostand des/der Studierenden zum
Zeitpunkt des Antragstellens. Von Juni bis September konnten
rund 520.000€ für Anträge auf die erste Überbrückungshilfe in
Konstanz, Ravensburg, Weingarten und Friedrichshafen ausgezahlt
werden – das sind etwa 67% aller Anträge, die positiv
entschieden wurden. c
23
TEXT → ANTONIA KERN FOTOS → ILJA MESS RUBRIK → KULTUR
Frischer Wind
hinter verschlossenen
Türen
↑ JEDER STIRBT FÜR SICH ALLEIN / THEATER KONSTANZ
Wie das Theater
Konstanz
die Krise meistert
Der Zuschauerraum ist schwach beleuchtet, gedämpfte
Gespräche sind zu hören, hier und da lacht
jemand auf und über dem ganzen Raum liegt eine leicht
gespannte, vorfreudige Atmosphäre. Auf einmal gehen die
Lichter aus, das Gemurmel erstirbt, alle Blicke richten sich
auf die Bühne.
So oder so ähnlich haben bestimmt schon viele den
Beginn einer Theatervorstellung erlebt. Doch die Zeiten
ändern sich. Und daran ist nicht nur die Corona-Pandemie
Schuld. Es weht ein frischer Wind im Theater Konstanz,
und der wurde angefacht von der neuen Intendantin Karin
Becker und ihrem jungen Team. Theater bedeutet hier nicht
mehr ausschließlich die Neuinszenierung alter Werke, auch
wenn das natürlich weiterhin Teil des Programms bleibt.
Die Herangehensweise ist spürbar moderner, als man es von
einem großen Haus wie dem Stadttheater erwarte würde.
24
Ich hatte das Glück, mich mit dem Regieassistenten Julius
Ferstl über diese neue Ausrichtung des Theaters unterhalten
zu können.
Schon seit Kindesbeinen steht er selbst auf der Bühne,
zuerst im Naturtheater Heidenheim, dann auch an anderen
Häusern, wie zum Beispiel dem Theater der Stadt
Aalen. Dort sammelt er erste Erfahrungen im Regieberuf,
später folgt dann ein Studium der Kultur- und Medienbildung.
Er gehört seit Juli 2020 zur Belegschaft des Stadttheaters
Konstanz und beteiligt sich in der Spielzeit 2020/21
an sechs Produktionen, unter anderem bei »Jeder stirbt
für sich allein«, nach einer Buchvorlage von Hans Fallada.
Es besteht im Moment vielerorts die Befürchtung, dass
der Titel dieses Stücks auch für das Theater im wahrsten
Sinne des Wortes Programm werden könnte. Reduzierte
Besuchszahlen oder gar komplett geschlossene Häuser
erschweren die Arbeit in der kulturellen Szene gerade massiv.
Und doch bleibt die Theaterszene in Konstanz aktiv, als
Beispiel ist hier unter anderem das moderne Stück »Generation
Extinction« zu nennen, das im September und
Oktober 2020 auf dem Programm stand: »In Generation
Extinction durchläuft das Publikum einen vorbestimmten
Parcours durch die Stadt und begibt sich sowohl in unterschiedliche
Innenräume, als auch an öffentliche Plätze.
Dabei folgt es verschiedenen Spuren und taucht selbstständig
immer tiefer in eine Geschichte ein.« So beschreibt
die Webseite des Stadttheaters den Klimathriller, den sich
das Publikum nicht nur anschaut – nein, es nimmt direkt
daran teil! »Immersives« Theater nennt man das, erklärt
mir Ferstl. Die Zuschauer_innen werden in Kleingruppen
aufgeteilt und in Konstanz von Station zu Station geschickt,
um eigenhändig Licht in das Dunkel der Geschichte um
die fiktive Aktivistin Miriam zu bringen. Die Schauspieler_innen
werden mit Walkie-Talkies zugeschaltet, es gibt
Videobotschaften und die Teilnehmenden sehen sich der
Frage gegenübergestellt: Was können und müssen wir
gegen den Klimawandel tun?
»Generation Extinction« liefert keine vorgefertigte
Geschichte, sondern eine Gelegenheit, sich selbst ganz
direkt mit dem Thema Klimawandel zu befassen. Das ist
auch der Grund, warum kaum ein/-e Zuschauer_in das
gleiche Theaterstück erlebt: Es eröffnen sich während des
Spiels immer wieder neue Situationen, ganz abhängig davon,
wie das Publikum auf das Stück reagiert. Auf den ersten Blick
ähnelt das vielleicht dem Konzept eines Escape-Rooms,
bei dem es nur eine richtige Lösung gibt. »Generation
Extinction« macht es den Teilnehmer_innen hingegen nicht
so leicht: Sie müssen sich die Geschichte selbst »zusammensammeln«,
es gibt kein richtig oder falsch, keinen klaren
Weg zu einem einzigen Ziel. Das Publikum muss in die
Geschichte eintauchen und nimmt so auch mehr von dem
Stück mit, als das bei einer »normalen« Aufführung der
Fall wäre.
Wo eine so moderne Herangehensweise des Theaters
herrührt, ist leicht erkennbar. Die neue Intendanz öffnet
Tür und Tor für junge Talente: nicht nur im Bereich Dramaturgie,
Assistenz und Schauspielerei, auch experimentelle
Texte und unbekannte Autor_innen finden Einzug ins
Spielprogramm des Stadttheaters Konstanz. Das ist wahrscheinlich
auch der Grund dafür, warum Julius Ferstl so
positive Worte für seine Arbeit findet. Der Anfang sei zwar
nicht leicht gewesen, immerhin war das ganze Team noch
in der Kennenlernphase. Alle Abläufe mussten sich erst
einmal einspielen, jedoch sei ihm da die generelle Offenheit
und Kommunikationsbereitschaft der restlichen Belegschaft
entgegengekommen. Als Dreh- und Angelpunkt
einer Produktion hängt viel von der Regieassistenz ab.
Sie muss Abläufe koordinieren, bei jedem Gespräch dabei
sein und immer genug kreative Energie aufbringen, um
aus einem Theaterstück etwas Besonderes zu machen.
Da könne einem schonmal die Puste ausgehen, sagt Ferstl,
vor allem bei den doch eher ungewöhnlichen Arbeitszeiten:
Die gehen traditionsgemäß im Theaterbetrieb von 9:00
bis 14:00 Uhr und von 19:00 bis 22:00 Uhr.
So geht es auch während des ‚Lockdown Lights‘ im
November 2020 weiter. Die Aufführungen sind vollständig
abgesagt, aber die Endproben für neue Produktionen gehen
weiter: Zwar mit Abstand, Desinfektionsmittel und in
Kleingruppen, aber immerhin. Es ist schwer, etwas zu planen,
normalerweise gibt es für neue Produktionen einen
monatelangen Vorlauf, in dem vieles besprochen und geregelt
werden muss – mal ganz abgesehen von der Zeit,
die die Schauspieler_innen für die Proben benötigen. Zusätzlich
geht es in jeder freien Minute um Corona und um
die existenzielle Angst, die die Kulturszene im Augenblick
in ihrem Bann hält. Er sei aber trotz allem froh, in Konstanz
als Regieassistent zu arbeiten, so Ferstl: »Die Leitung geht
sehr gut mit der Situation um. Alle werden mitgenommen,
es herrscht eine große Offenheit im Haus. Das stärkt den
Zusammenhalt, wir wollen das alles gemeinsam schaffen.«
Dies sei gewiss nicht in jedem Theater in Deutschland der
Fall.
So bleibt dem Publikum also nur gespanntes Warten
und die Hoffnung, dass es bald weitergeht mit den Aufführungen.
Im eingeschränkten Betrieb ist zwar ein gewisser
Teil der Tickets für Abonnent_innen reserviert, einige
sind aber auch immer für Kurzentschlossene verfügbar.
Für Julius Ferstl steht jedenfalls noch einiges auf dem Programm:
»Katharina Blum«, »39 Stufen«, »Black Rider«, …
Also, das Warten lohnt sich! c
↑ JULIUS FERSTL / THEATER KONSTANZ
25
TEXT → LEONIE THIEL ILLUSTRATION → LENA LINK RUBRIK → KULTUR
Integration durch Begegnung
– auf Tuchfühlung mit dem
Verein »Save me Konstanz«
Ich treffe mich mit Tilman Wolf, der seit mehr als eineinhalb Jahren bei dem
ehrenamtlichen Verein »Save me Konstanz« mitarbeitet, um mir ein Bild von
der Idee, den Projekten und von der aktuellen Situation des Vereins zu machen.
Um ins Gespräch zu finden, frage ich, wie es dem Verein in dieser herausfordernden
Zeit geht, denn Corona hat fast alle Veranstaltungen auf Eis gelegt.
Doch Tilman lacht und sagt:
»Die Frage ist doch eigentlich: Wie geht es den Geflüchteten?«
Ich stutze. Er hat Recht – und ich werde nachdenklich. Seitdem die Pandemie
die Welt in Atem hält, sind Nachrichten über Geflüchtete noch mehr in den
Hintergrund getreten. Doch als Moria brannte, war die Flüchtlingsfrage für einige
Wochen wieder Gesprächsthema. Die Problematik ist bis heute nicht gelöst.
Und wie ist die Situation in Konstanz? Nicht optimal. Corona hat Begegnung
mit und Begleitung von Geflüchteten beinahe unmöglich gemacht, die doch
eigentlich unersetzlich sind. Sie sitzen fast vollkommen isoliert in den Geflüchtetenheimen.
Dabei sei jeder Kontakt mit einer Person außerhalb des Heims,
jedes deutsche Wort, das von einer/-m Geflüchteten gehört wird, ein kleiner
Schritt zu mehr Integration und mehr Sprachverständnis, so Tilman. Dieser
Satz bleibt mir im Kopf. Normalerweise – wenn keine Pandemien die Welt
auf den Kopf stellen – bietet »Save me« durch diverse Projekte und Veranstaltungen
Möglichkeiten, die zur sozialen Interaktion mit Geflüchteten einladen.
Unter strikter Einhaltung der Corona-Vorschriften findet weiterhin das
statt, was möglich ist. Normalerweise stehen zum Beispiel gemeinsames Kochen,
Kreativ-Sein, Kaffeetreffs, Musik- oder Sportangebote auf der Agenda,
die momentan jedoch nicht umgesetzt werden können. Ansonsten unterstützt
»Save me« Geflüchtete auch bei der Wohnungssuche oder der Suche
nach einem Ausbildungsplatz.
26
Wo kann ich mich bei „Save me“ einbringen?
Was kann ich beitragen?
Tilman erzählt mir von den Sprach-Patenschaften,
die er eigentlich lieber als »Sprach-Freundschaften«
bezeichnet, weil das weniger verbindlich klingt. Das Prinzip
ist einfach: Wenn ich momentan Lust und Zeit habe,
kann ich mich regelmäßig mit einer/-m Geflüchteten
treffen, um sich auszutauschen, um eine Freundschaft
aufzubauen, und vor allem Deutsch zu sprechen. Dafür
muss ich mich nur bei »Save me« melden und bekomme
anschließend einen Kontakt vermittelt. Alles Weitere
bleibt uns selbst überlassen: wann, wo, wie häufig
und in welchem zeitlichen Rahmen wir uns treffen,
können wir selbst entscheiden. Schön wäre es natürlich,
wenn die Treffen über einen etwas längeren Zeitraum
stattfinden – so fallen Erfolge leichter. Es ist locker
und unverbindlich, eine zwanghafte Verantwortung besteht
zu keiner Zeit. Daher sind solche Sprach-Patenschaften
auch in Zeiten von Lockdowns keine Unmöglichkeit.
Sich warm einpacken und am schönen Rheinufer
entlang spazieren, geht auch im Corona-Winter. So ist
man draußen an der frischen Luft, kann Abstand halten
und zur Sicherheit auch eine Maske aufsetzen. Damit
wird das Risiko einer Ansteckung so gering wie möglich
gehalten.
Ansonsten wird auch jedes weitere Engagement
bei »Save me« mit offenen Armen begrüßt. Egal, ob
man sich in der Hausaufgabenbetreuung oder bei der
Fahrradwerkstatt einbringen möchte. Da Corona jede
verbindliche Aussage über mögliche Veranstaltungen
unmöglich macht, ist es das Einfachste, Rücksprache per
Mail zu halten. Wer sich engagieren möchte, kann sich
unter der E-Mail-Adresse info@save-me-konstanz.de
melden. Bei Fragen zu Tilman und seiner Arbeit kann
man ihm direkt unter oeffentlichkeitsarbeit@saveme-konstanz.de
schreiben. Auf der übersichtlichen Webseite
www.save-me-konstanz.de sind alle wichtigen
Informationen und Neuigkeiten zu finden. Wer momentan
keine Zeit übrig hat, kann den Verein natürlich auch mit
einer Geldspende* unterstützen, denn hier wird jeder
Cent gebraucht. Bei »Save me« arbeiten ausschließlich
ehrenamtliche Mitarbeiter_innen, der Verein finanziert
sich hauptsächlich über Spenden. Nur von der Stadt Konstanz
erhält »Save me« etwas finanzielle Unterstützung,
unter anderem werden momentan die Mietzahlungen
für die Fahrradwerkstatt übernommen.
Corona hat dem Verein in dem Sinne selbst nicht
geschadet, die Helfer_innen sind geblieben – doch
neue sind nur wenige dazugekommen. Daran werde man
nach Covid-19, so Tilman, mit Hochdruck arbeiten.
Neue Menschen zum Mitmachen begeistern – besonders
junge Erwachsene, die mit den Geflüchteten, die meist
selbst Anfang 20 sind, eine Beziehung auf Augenhöhe aufbauen
könnten – das sei das Ziel.
Und wie kann man die Hemmschwelle
überwinden, um mitzumachen?
Bei dieser Frage lacht Tilman wieder. Er meint:
»Jeder und jede, der oder die schon mal mit seinen Eltern
auf einem Campingplatz im Ausland war, weiß, wie einfach
es war, als Kind Freund_innen zum Spielen zu finden
– auch wenn man kein Englisch konnte und sich nur
mit Händen und Füßen verständigen konnte. Warum sollten
das Erwachsene nicht auch hinbekommen?«
Dann erzählt er mir von einer Begegnung durch
»Save me«, an die er sich gern erinnert. Vergangenen
Winter organisierte Tilman ein Projekt, bei dem er zusammen
mit anderen engagierten Flüchtlingskindern beispielweise
deutsche Märchen las. Die Freude, mit denen
die Kinder dieses Angebot in Anspruch nahmen,
spüre ich selbst, als Tilman mir davon erzählt: »Ich war
beeindruckt, wie aufgeweckt und unbeschwert die Kinder
waren, wenn man überlegt, was die erlebt haben«, sagt
der 25-Jährige.
Letztlich wird mir klar: Jeder Beitrag, den man leisten
kann, sei er noch so klein, hinterlässt positive Spuren.
Auch wenn man nur wenig Zeit hat, um sich zu engagieren,
sollte man sich trotzdem melden. Diese Botschaft
ist Tilman sehr wichtig. Auch er habe anfangs gezögert,
in den Verein einzutreten, weil er dachte, er hätte
nicht genug Zeit dafür. Doch auch zwei Monate reichen
schon aus, um im Leben einer geflüchteten Person
etwas zum Positiven zu verändern. c
*Wer Geld spenden möchte, bitte an:
Save me Konstanz e.V.
Sparkasse Bodensee
IBAN DE93 69050001 00 26118810
BIC: SOLADES1KNZ
»Jedes deutsche Wort, das von einer/-m Geflüchteten gehört wurde, ist ein
kleiner Schritt zu mehr Integration und mehr Sprachverständnis.«
27
TEXT → LUNA LEVAY ILLUSTRATION → LARA HELLER RUBRIK → KULTUR
Von
Demonstrationen,
Diskussionen
& der Überwindung
des Kapitalismus
DIE MARXISTISCHE HOCHSCHULGRUPPE IM PORTRAIT
Campuls traf sich für euch mit Elisa Nowak, Teil des
Kerns der Marxistischen Hochschulgruppe der Universität
Konstanz, zum Online-Interview. Elisa Nowak ist 28 Jahre alt
und seit der Gründung der Gruppe dabei.
Die Marxistische Hochschulgruppe gibt es nun seit
einem Jahr. Die Mitglieder treffen sich wöchentlich zu einer
Sitzung, in welcher sich rund um die Themen Kapitalimus,
Sozialismus und Diskriminierung ausgetauscht wird. Die
Gruppe ist Teil von »Der Funke - Marxistische Linke«. Dies
ist eine Organisation, die Teil der »International Marxist
Tendency« ist, welche Marxist_innen in über 40 Ländern
miteinander verbindet. Man kann bei der Hochschulgruppe
kein eingetragenes Mitglied werden, da es keine Mitgliederliste
gibt, doch der »Funke« kann man offiziell beitreten.
Die Marxistische Hochschulgruppe besteht also aus einem
Kernteam von drei bis vier Personen, welche sehr aktiv
sind, und allen Menschen, die dazukommen und mitdiskutieren
wollen.
Eines der Hauptziele der Marxist_innen in dieser
Gruppe ist es, den Kapitalismus zu überwinden. Sie sehen
das wirtschaftliche System, in welchem wir aktuell leben,
als mangelhaft an und wollen den Sozialismus nach
Deutschland bringen.
Sie stehen für die Arbeiterklasse ein und wollen den Unterdrückten
des Systems helfen. Eine klassenlose Gesellschaft
ist das Ziel: »Wir positionieren uns klar gegen jede Form der
Diskriminierung. Ob Rassismus, Sexismus, Antisemitismus
– Wir bekunden unsere Solidarität mit den Betroffenen und
setzen uns dafür ein, dem ein Ende zu setzen«, meint Elisa
Nowak im Gespräch.
FORDERUNGEN IM
UNIVERSITÄREN BEREICH
Hier ein Beispiel für die Haltung der Marxistischen
Hochschulgruppe und deren Blick auf das universitäre System:
Der Leistungsdruck, welcher durch eine Mindestanzahl an
ECTS-Punkten für viele Studierende gegeben ist, wird von den
Marxist_innen kritisch betrachtet. Es wird zwar offiziell
nicht vorgegeben, wie viele ECTS Studierende pro Semester
zu absolvieren haben, doch die maximale Studiendauer
beläuft sich bei den meisten Studiengängen auf die Regelstudienzeit
plus 3 Semester. Vor allem Studierende, welche für
ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen oder Kinder haben,
fallen meist durch das Raster dieses Leistungssystems. Sie
können nicht so viele Kurse belegen wie Vollzeitstudierende
und geraten somit ins Hintertreffen.
Ein weiterer Kritikpunkt der Hochschulgruppe betrifft
das vielen bekannte BAföG. BAföG ist eine Studienbeihilfe,
28
welche von Studierenden beantragt werden kann. Sie bekommen
dadurch monatlich einen festgelegten Geldbetrag,
welcher zur Finanzierung ihres Lebens dienen soll. Die
Bedingung ist jedoch, dass die Studierenden spätestens 5 Jahre
nach ihrer BAföG-Förderhöchstdauer beginnen müssen,
das Geld, welches sie erhalten haben, wieder zurückzuzahlen.
Die Obergrenze der Rückzahlung liegt bei 10.000 Euro.
Wer mehr Geld bezogen hat, muss nicht mehr als das zurückzahlen.
Einen Nachlass an BAföG-Schulden bekommt man
nur, wenn man das gesamte Geld auf einmal einzahlt. Dann
muss nur noch die Hälfte der Schulden beglichen werden.
Dies ist jedoch nicht allen ehemaligen BAföG-Bezieher_innen
möglich. Somit beginnt man schon im Studium damit,
Schulden anzuhäufen, welche man dann Schritt für Schritt
abzahlen muss. Die Marxistische Hochschulgruppe setzt
sich dafür ein, dass BAföG nicht mehr zurückgezahlt werden
muss.
Mit Maßnahmen wie diesen soll das Studium angenehmer
und leistbar für alle werden. Elisa Nowak sagt dazu:
»Studieren soll sich jede/-r leisten können. Es soll ein Teil
der Lebensentwicklung und nicht mit ständigem Druck
verbunden sein.«
EINSATZ & TUN DER
HOCHSCHULGRUPPE
Einmal wöchentlich trifft sich die Marxistische Hochschulgruppe
zu einer Sitzung. Aufgrund der aktuellen
Pandemiesituation finden die Treffen online statt. Zu Beginn
wird ein politisches Referat von einem der Mitglieder
oder einer/-m Gastreferierenden gehalten. Das Thema sucht
sich der/die Referent_in selbst aus. Häufig geht es um die
Arbeiterbewegung, die Überwindung des Kapitalismus,
soziale Ungleichheit in der heutigen Gesellschaft und moderne
Sichten auf Karl Marx´ Theorie. Der Vortrag beinhaltet
eine marxistische Analyse des behandelten Sachverhalts und
im Anschluss daran wird im Plenum darüber diskutiert. Es
geht darum, neues Wissen zu erlangen, die eigene Meinung
äußern zu können, sich mit anderen auszutauschen, auf
Augenhöhe in eine Diskussion zu treten und Ereignisse aus
anderen Perspektiven zu betrachten. Es wird gemeinsam
überlegt, was man tun und wie man als Einzelperson oder
auch in der Gruppe aktiv werden kann. Es sind inspirierende
und aufrüttelnde Gespräche, welche zum Nachdenken
anregen und motivieren, sich zu engagieren.
Ein weiteres Angebot der Marxistischen Hochschulgruppe
ist der Lesekreis, welcher ebenfalls in das Format
eines Online-Meetings übertragen wurde. Vorab werden
bestimmte Texte oder Ausschnitte aus unterschiedlichen
Büchern (Sachbücher, Werke von Marx etc.) gelesen. Zu Beginn
der Veranstaltung werden Verständnisfragen beantwortet
und komplizierte Stellen gemeinsam noch einmal gelesen
und erklärt. Im Anschluss daran wird gemeinsam darüber
diskutiert. Die Textstellen befassen sich nicht ausschließlich
mit marxistischen Themen: Alle Bereiche, welche sich mit
unterschiedlichen Formen der Diskriminierung und Unterdrückung
von einzelnen Menschen und Gruppen befassen,
haben Platz in der Lektüre und der Diskussion.
Auf Kundgebungen, Demonstrationen und anderen
politischen Veranstaltungen ist die Marxistische Hochschulgruppe
häufig anzutreffen. Es ist der Gruppe wichtig,
Solidarität mit der Arbeiterklasse, Studierenden und
Unterdrückten in Deutschland und außerhalb zu zeigen.
Die Lohnforderungen von Arbeitnehmer_innen werden von
ihnen unterstützt, ebenso wie die Umweltschutzbewegung.
Elisa Nowak betont, dass es wichtig sei, zu verstehen,
dass sie Marx' Lehren nicht mechanisch Wort für Wort
übernehmen. Einige gesellschaftspolitische Forderungen von
Karl Marx wurden bereits realisiert, andere sind nicht mehr
relevant. Beispielsweise sorgte die Einführung des Arbeitsschutzgesetzes
dafür, dass die Arbeitnehmer_innen nicht
mehr derart ausgebeutet werden können, »wie es zu Marx'
Lebzeiten im 19. Jahrhundert geschah.«
Die Marxistische Hochschulgruppe setzt sich für die
Etablierung eines Marxismus ein, welcher zu den Bedürfnissen
dieser Zeit passt und die Gesellschaft in eine bessere
Zukunft führen kann. Begonnen wird dabei, wie auch einst
bei Marx, mit dem Wort – geschrieben und gesprochen.
Denn Worte beschreiben Welten, reißen sie ein und können
vielleicht auch eine neue Realität schaffen. c
KONTAKT
marxistische.hsg@uni-konstanz.de
KARL MARX
Lebte von 1818 bis 1883 und war ein
deutscher Philosoph, Protagonist
der Arbeiterbewegung und scharfer
Kritiker des Kapitalismus und der
Religion. Sein Hauptwerk war »Das
Kapital« und die auf ihn zurückgehende
Bewegung, der Marxismus,
beeinflusst bis heute viele gesellschaftspolitische,
wirtschaftliche und
historische Diskurse.
29
TEXT → CHARLOTTE KRAUSE ILLUSTRATION → JANA MICHELS RUBRIK → KULTUR
Vom schlechten
Verfassen
guter Vorsätze
2021 WIRD ALLES BESSER (?)
Ein neues Jahr ist eine neue Chance, die Dinge besser
anzupacken. Von den großen gesellschaftlichen und
politischen Themen möchte ich hierbei nicht sprechen
(den Corona-Impfstoff austesten, Biden in sein neues Amt
einführen, Klimawandel stoppen etc.). Auf das Privatleben
bezogen: Ich glaube, das nennt man »Gute Vorsätze für das
neue Jahr festlegen«. Die Vorstellung, verschiedene Lebensziele
und -projekte auf ein Vision Board zu kritzeln, finde ich
allerdings nicht besonders verlockend, da jene bereits beim
Verfassen zum Scheitern verurteilt sind. Denn gute Vorsätze
werden von angeblichen Defiziten diktiert.
Ich erinnere mich bei dem Thema an die britische
Spielfilmkomödie Bridget Jones’s Diary, die in meiner Familie
besonders zur Weihnachtszeit in VHS-Ästhetik rauf- und
runterläuft. DIE Chance für mich, als jüngstes von drei Kindern
aka Little Lotti, mit den Erwachsenen mitschauen zu dürfen!
Wer den Film nicht kennt: Die liebenswürdige Protagonistin
Bridget Jones sucht mit 32 Jahren ihren »Mr. Right«. Sie hat
genug vom Single-Leben und ihrer eigenen Inkonsequenz:
»Vorsätze für das neue Jahr: Weniger trinken. Und aufhören,
zu rauchen! Oh, und natürlich die guten Vorsätze einhalten!”
Unter Gender-Aspekten sollte man den Film 20 Jahre später
besser nicht betrachten. Denn (Achtung Spoiler!), erst gerät
sie an den Super-Macho und ihren Boss Daniel Cleaver, um
sich nach dieser gescheiterten Beziehung im letzten Drittel
des Films von Mr. Darcy retten zu lassen. Die Selbstgeißelung
im Mantel der »guten Vorsätze« hält natürlich einige kuriose
Situationen und Selbsterkenntnisse parat. Darin besteht der
Witz dieser Komödie.
Zu meinem 12. Geburtstag schenkte mir meine ältere
Schwester zu Weihnachten mein erstes Tagebuch. Wie der
Titel der Komödie erahnen lässt, notiert Bridget Jones ihre
Gedanken ebenfalls in einem Kalender, um – Zitat – endlich
ihr »Leben in den Griff« zu bekommen. Im gleichen Tonfall
begann ich, Listen zu schreiben, was ich mir alles für meine
Zukunft wünsche (entsprechend eines Lebens als Vorpubertierende):
Pickel loswerden, Klassenbeste sein und ja, ein
süßer Freund wie in den Bravo Girl-Fotolovestories wäre
auch nicht schlecht. Die Pickel blieben weitere vier Jahre.
Die erste Beziehung hatte ich erst in Bachelorzeiten (und
das war gar nicht so wie in der Fotolovestory!), aber immerhin
holte ich mir in Hermine-Granger-Manier immer mal
wieder ganz gute Noten ab. Trotzdem: zu viele Vorsätze.
Und was machten sie aus mir? Meine Schulzeit betreffend
eine eher unpolitische, egozentrische und unsichere Person.
Ein Glück bin ich nicht 12 geblieben.
Kann es auch gute Vorsätze geben, die den Blick von
Innen nach Außen wenden? Während des Schreibens dieser
Kolumne und mit Blick auf das Jahr 2021 habe ich vor allem
im Kopf: Masterarbeit schreiben, irgendwie zum Abschluss
bringen, ergo: Mein Zeitmanagement optimieren. Außerdem
nach Jobs recherchieren und Bewerbungen losschicken,
ergo: Lebenslauf aufpolieren. Es geht also wieder viel: nur um
mich. Doch wo verläuft die Grenze zwischen gesundem
Selbstwertgefühl und Ich-Zentriertheit? Vielleicht würden
mir doch ein paar gute Vorsätze helfen: Gütig zu mir selbst
sein und den Druck etwas aus den Reifen nehmen. Empathie
zeigen und über das eigene Ego hinausgehend für andere
da sein. Wie ich außerdem bereits mit 12 Jahren feststellen
musste, entwickeln sich manche Dinge nicht innerhalb von
365 Tagen, sondern sollten als Langzeitprojekte angesehen
werden oder als etwas, dass du sowieso nicht, oder nur
marginal beeinflussen kannst. Und wenn dich etwas so sehr
in deinem eigenen Leben stört, dass du es ändern musst
und möchtest, dann warte damit nicht immer bis zum 31. Dezember.
Bridget Jones’s Diary hält natürlich ein Happy End
bereit. Sie hat nicht nur die Liebe, sondern auch eine große
Portion Gelassenheit gefunden. Ihr Freundeskreis und ihr
Liebster versichern ihr: »Auf Bridget! Wir lieben sie so, wie sie
ist!« Bis diese Erkenntnis bei ihr durchsickerte, musste sie
jedoch erst in einem sexy Bunny-Kostüm auf einer Familienfeier
rumhüpfen, den Job wechseln und sich schlussendlich
ein neues Tagebuch zulegen. Ich wünsche uns allen, dass uns
auf dem Weg zur Selbsterkenntnis zumindest ersteres
erspart bleibt. c
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Seezeit ist auch in Zeiten von
Corona für alle Studierenden mit
Service und Beratung rund ums
Studium da.
Auf der Webseite www.seezeit.com/coronavirus/
erfahrt ihr tagesaktuell, welche Einrichtungen geöffnet sind
und wie und wann ihr die Ansprechpartner_innen bei Seezeit
erreichen könnt. Außerdem findet ihr auf der Seite Antworten
auf häufige Fragen rund um Studium und Corona z. B. zu den
Themen BAföG, Sozialberatung und Wohnen.
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