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TOPFIT Dezember 2020

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Diagnose & Therapie

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Das Interview zum Thema

Illustration oben rechts: © yodiyim / 123rf.com

Die Klinik für Urologie im Krankenhaus Barmherzige

Brüder München ist die erste Einrichtung

in München, die das Aquablation®-

Verfahren zur Behandlung einer gutartigen

Prostatavergrößerung anbietet. Im Gespräch

mit TOPFIT erklärt Dr. Florian Fuchs u. a., wie

das neuartige Verfahren abläuft und durch welche

Vorteile es sich auszeichnet.

Herr Dr. Fuchs, wann raten Sie

Ihren Patienten zu einer operativen

Verkleinerung der Prostata?

Dr. Fuchs: Bereitet die Prostatavergrößerung

obstruktive und/oder irritative Beschwerden,

kommt zunächst eine medikamentöse

Behandlung infrage. Wird eine dauerhafte

Einnahme von Medikamenten jedoch nicht

erwünscht, lässt sie mit der Zeit in ihrer

Wirkung nach oder bestehen trotz der

Therapie eine erhebliche Beeinträchtigung

der Lebensqualität und ein hoher Leidensdruck,

ist eine instrumentelle, operative

Therapie meist unumgänglich. Eine gutartige

Prostatavergrößerung kann jedoch auch

ursächlich für schwerwiegende Folgeerkrankungen

verantwortlich sein, allen voran

für häufige und komplizierte Harnwegsinfektionen,

Harnblasensteine, eine komplette

Harnverhaltung oder auch für einen

Rückstau des Urins in die Nieren mit einem

zunehmenden Verlust der Nierenfunktion.

In diesen Fällen ist ebenfalls eine operative

Therapie dringend angezeigt.

Seit Kurzem setzen Sie als erste Klinik in

München eine neue Therapieform namens

Aquablation®-System zur Behandlung einer

gutartigen Prostatahyperplasie ein. Was ist

das Besondere an dem Verfahren?

Dr. Fuchs: Das Aquablation®-System ist das

erste robotergestützte OP-Verfahren zur

Behandlung einer gutartigen Prostatavergrößerung.

Dass die wesentlichen Behandlungsschritte

durch einen Roboter gesteuert

werden und zudem unter permanenter

Sichtkontrolle erfolgen, gewährleistet eine

hohe Präzision bei der Abtragung (Ablation)

des Gewebes und ein hohes Maß

an Sicherheit für den Patienten. Zudem

handelt sich um eine besonders schonende

Methode. Denn das überschüssige

Gewebe wird mithilfe eines feinen

Hochdruck-Wasserstrahls abgetragen

— ganz ohne Hitzeeinwirkung, und ohne

dass umliegende gesunde Strukturen in

Mitleidenschaft gezogen werden. Negative

Auswirkungen, z. B. auf den Schließmuskel,

sind nicht zu befürchten. Ebenso legen erste

Erfahrungen nahe, dass in vielen Fällen

die Sexualfunktion erhalten werden kann,

sowohl, was die Erektionsfähigkeit als auch

was den Erhalt der Ejakulation betrifft.

Woher »weiß« das Aquablation®-

System, wie viel Gewebe entfernt

werden muss?

Dr. Fuchs: Als vollautomatisches System, das

autonom unter Echtzeit-Ultraschallkontrolle

arbeitet, folgt das Aquablation®-Verfahren

bei der Abtragung des überschüssigen

Prostatagewebes einem genau festgelegten

Behandlungsplan. Diesen Plan erstellen

wir an der Planungskonsole mittels

transrektalen Ultraschalls: Die Prostata wird

transrektal (»durch den Enddarm«) dreidimensional

in zwei Ebenen erfasst, sodass

wir nun das abzutragende Gewebe exakt

markieren und die Grenzen des Therapieareals

festlegen können. Diese Grenzen

können während der eigentlichen Ablation

nicht überschritten werden; Schädigungen,

z. B. des Schließmuskels oder des Auslasses

der Harnblase, sind damit praktisch ausgeschlossen.

Wie geht es nach Fertigstellung des

OP-Behandlungsplans weiter?

Dr. Fuchs: Ist die Planung abgeschlossen,

wird im nächsten Schritt automatisch der

Ablationsprozess aktiviert, der über die

Harnröhre erfolgt. Nun kommt der oszillierende

Wasserstrahl zum Einsatz: Unter

Sichtkontrolle wird das definierte Gewebe

vom Wasserstrahl — ohne Hitzeeinwirkung

und gesteuert vom OP-Roboter — rasch

und millimetergenau abgetragen. Der Roboter

arbeitet zwar selbständig, doch wird

er während des gesamten Vorgangs von

uns überwacht.

Wie lange dauert der Eingriff?

Dr. Fuchs: Insgesamt benötigen wir für den

Eingriff, der unter Vollnarkose oder Spinalanästhesie

durchgeführt wird, weniger als

eine Stunde. Bis das Gewebe abgetragen

ist, dauert es jedoch lediglich zwei bis

Zur Person

Prostata

maximal acht Minuten — je nach Größe der

Prostata. Die reine OP-Zeit ist also ausgesprochen

kurz. Anschließend verbringt der

Patient drei bis vier Nächte im Krankenhaus.

Ein Blasenkatheter verbleibt in der

Regel für zwei bis drei Tage und wird vor

der Entlassung entfernt.

Gibt es eine Patientengruppe, die von

der Methode besonders profitiert?

Dr. Fuchs: Das Aquablation®-System ist

eigentlich für alle Patienten eine Therapieoption,

denen man aufgrund ihres Beschwerdebilds

einen operativen Eingriff

empfehlen würde. Besonders interessant

dürfte das Verfahren vor allem für therapiebedürftige

Männer sein, die Wert auf

den vollständigen Erhalt der antegraden

Ejakulation legen, jedoch keine Behandlungsmethoden

wünschen, bei denen der

ablative Effekt — wenn überhaupt — erst

nach einigen Wochen einsetzt. Dies ist ein

weiterer Vorteil der Methode: dass sich

der therapeutische Effekt praktisch sofort

einstellt. Ältere bzw. vorerkrankte Patienten

profitieren von der vergleichsweise kurzen

OP-Zeit.

Dr. Florian Fuchs ist leitender Oberarzt und Leiter der BPH-Therapie an der Klinik für

Urologie (Chefarzt: Prof. Dr. Alexander Karl) im Krankenhaus Barmherzige Brüder

München. Neben der Behandlung von gutartigen Prostataerkrankungen ist die (operative)

Therapie von Prostatakrebs ein weiterer Schwerpunkt der Klinik, zu der auch das

Prostatazentrum Nymphenburg gehört.

Nähere Infos: www.barmherzige-muenchen.de

Bildnachweis Foto Kasten: © Krankenhaus Barmherzige Brüder München (Claudia Rehm)

TOPFIT 4 / 2020

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