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TOPFIT Dezember 2020

Bescheid wissen - gesund bleiben Ihr Magazin für Gesundheit, Fitness und Wellness

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Diagnose & Therapie

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macht es Sinn, die Leberwerte bestimmen zu

lassen und, bei einem auffälligen Befund, gegebenenfalls

weitere Untersuchungen einzuleiten.

Zur Abschätzung einer eventuell bestehenden

Leberfibrose kann der »NAFLD-Fibrosis Score«

(NFS) aus den Routineparametern Alter, BMI,

den Leberenzymen AST (Aspartat-Aminotransferase)

und ALT (Alanin-Amino-Transferase)

sowie Thrombozyten, Albumin und Nüchternblutzucker

errechnet werden. Dieser kann eine

fortgeschrittene Fibrose mit guter Vorhersagekraft

ausschließen. Wenn sich hier ein auffälliger

Befund ergibt, sollte gemeinsam mit dem

behandelnden Arzt die Notwendigkeit zur weiteren,

gegebenenfalls fachärztlichen Abklärung

diskutiert werden. Infrage kommt dann z. B.

eine transiente Elastographie, eine spezielle

Form der Ultraschalluntersuchung, mit der der

Anteil an krankhaftem Bindegewebe in der Leber

genau bestimmt werden kann; manchmal ist

auch eine Biopsie der Leber notwendig.

Was sind die Ziele der Behandlung?

PD Dr. Hohenester: Wichtigstes Therapieziel ist

es, ein Fortschreiten der Lebererkrankung zu

verhindern, um so einerseits schwerwiegenden

kardiovaskulären Komplikationen vorzubeugen

und andererseits zu vermeiden, dass die Fettleber

in eine Leberentzündung übergeht. Dieses

Krankheitsbild wird nicht-alkoholische Steatohepatitis

oder NASH genannt. Hierfür ist eine

Änderung des Lebens- und Ernährungsstils die

wichtigste Voraussetzung. Dazu gehört, mehr

Sport zu treiben und den Alkoholkonsum zu

beschränken. Gar kein Alkohol sollte mehr getrunken

werden, wenn die Leber bereits fibrotisch

verändert ist, also sich bereits verstärkt

Bindegewebe in der Leber eingelagert hat. Raucher

sollten mit dem Rauchen aufhören. Leidet

der Betroffene zusätzlich unter Bluthochdruck

oder an Diabetes, ist es wichtig, dass diese Erkrankungen

ebenfalls behandelt werden.

Worauf kommt es bei einer

Ernährungsänderung an?

Nicole Erickson: Bei der Behandlung einer Fettleber

kommt der Ernährungsumstellung eine zentrale

Bedeutung zu. Dabei sollten Patienten mit

Übergewicht (BMI 26 bis 35) eine Reduzierung

des Körpergewichts von mehr als fünf Prozent

ihres Ausgangsgewichts anstreben und Patienten

mit Adipositas (BMI größer als 35) von mehr

als zehn Prozent. So lässt sich ein deutlicher

Rückgang der Fettleber und sogar eine Rückbildung

der Leberfibrose erreichen. Auch der Fruktosekonsum

sollte eingeschränkt werden. Fruktose,

die z. B. in Softdrinks, Fruchtsäften und

fertigen Lebensmitteln wie Ketchup, Fruchtjoghurts

und Fitnessriegeln enthalten ist, ist ein

Einfach-Kohlenhydrat, das von der Leber rasch

verstoffwechselt wird. Dies fördert die Entstehung

einer Fettleber und einer Insulinresistenz.

Wie gelingt eine dauerhafte

Gewichtsreduktion?

Nicole Erickson: Wichtig ist, dass man sich für

eine Methode zur Gewichtsreduktion entscheidet,

die zum Lebensstil passt und die auch langfristig

umgesetzt werden kann. Die Erfahrung

zeigt: Eine schrittweise Umstellung der Ernährung

ohne strenge Verbote führt eher zum langfristigen

Erfolg. Vor allem ist dabei die Gefahr

geringer, in alte Verhaltensmuster zurückzufallen.

Sehr effektiv unterstützt wird die Ernährungsumstellung

durch regelmäßige Bewegung.

Abraten möchte ich von extremen Diäten. Auch

wenn der Erfolg meist zunächst nicht lange auf

sich warten lässt, ist er in der Regel nicht von

Dauer und mündet sogar oft in einen Jo-Jo-Effekt:

Nicht nur, dass das Gewicht nach Beendigung

der Crash-Diät rasch wieder auf das Ausgangsgewicht

geschnellt ist, sondern nun wiegt

man vielleicht auch noch mehr als vorher. Wir

arbeiten deshalb lieber mit dem Energiedichteprinzip.

Hierfür bedarf es lediglich einiger kleiner

Änderungen der Ernährungsweise.

Was genau ist das Energiedichteprinzip?

Nicole Erickson: Das Energiedichteprinzip beruht

auf der Kalorienmenge pro 100 Gramm Lebensmittel.

Diese Angabe ist auf jedem Lebensmitteletikett

zu finden. In der Regel haben energiearme

Lebensmittel eine niedrige Energiedichte,

nämlich unter 150 Kalorien pro 100 Gramm

Lebensmittel – und eignen sich deshalb gut für

eine Ernährung nach dem Energiedichteprinzip.

Demgegenüber enthalten energiereiche Lebensmittel

mehr als 250 Kalorien pro 100 Gramm

Lebensmittel, bei ihnen ist Vorsicht geboten.

Um diese »Dickmacher« zu umgehen, kann man

z. B. beim Kochen Zutaten durch ähnlich schmeckende

Zutaten ersetzen und auf diese Weise die

Kalorienaufnahme wesentlich beeinflussen.

Nehmen wir das Beispiel »gebratener Lachs auf

Spinatbett mit Bechamelsauce«. Bei diesem Gericht

lassen sich alle kalorienreichen Zutaten gegen

kalorienärmere austauschen: der fettreiche

Lachs gegen den kalorienarmen Seelachs, die

Bandnudeln gegen kalorienärmere Kartoffeln,

die Sahne gegen die kalorienärmere Milch und

PD Dr. Simon

Hohenester

PD Dr. med. Simon Hohenester

Facharzt für Innere Medizin

Ernährungsmediziner (DAEM/DGEM)

Medizinische Klinik und Poliklinik II

LMU Klinikum München

Tel. 089 / 4400-73129

E-Mail: simon.hohenester@med.unimuenchen.de

Kontakt

so fort. Am Ende hat das Gericht genauso gut

geschmeckt, man ist satt – aber man hat fast 500

Kalorien eingespart. Den Körper mit weniger

Energie zu versorgen als er im gleichen Zeitraum

benötigt, nennt man Kaloriendefizit. Empfohlen

wird ein tägliches Kaloriendefizit von 500

bis 600 Kalorien, dies entspricht etwa ein halbes

Kilo pro Woche oder zwei Kilo pro Monat.

Was raten Sie Menschen, die schon mehrfach

erfolglos versucht haben, abzunehmen?

Nicole Erickson: Ihnen würde ich eine persönliche

Beratung empfehlen. Wer im Raum München

wohnt, kann sich z. B. an die Ambulanz des

Interdisziplinären Zentrums für Ernährungsmedizin

(IZDE) des LMU Klinikums wenden.

Eine kontinuierliche ernährungsmedizinische

Betreuung ist auch und gerade für Menschen

mit einer Adipositas empfehlenswert. Ist die

Fettleibigkeit stark ausgeprägt, könnte auch eine

bariatrische Operation Sinn machen.

Nicole

Erickson M. Sc, RD

Nicole Erickson M. Sc, RD

Ernährungswissenschaftliche

Koordinatorin

Krebszentrum – CCC München LMU –

Comprehensive Cancer Center

LMU Klinikum München

Tel. 089 4400-75246

E-Mail: nicole.erickson@med.unimuenchen.de

Fotos unten links: © LMU Klinikum München; Illustration oben: © Sebastian Kaulitzki / 123rf.com

TOPFIT 4 / 2020

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