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Ausgabe März / Apr. - Rathaus: Stadtverwaltung Immenstadt

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22<br />

Ausstellung „Abseits der<br />

Schlachtfelder“ des Kriegsfotografen<br />

Till Mayer<br />

im Literaturhaus <strong>Immenstadt</strong><br />

Krieg ist laut. Schüsse, Schreie, Fernsehnachrichten. Die Welt<br />

horcht auf. Irgendwann sind alle Patronen verschossen, die<br />

Schreie verstummt, die Kamerateams abgezogen. Doch der<br />

Krieg geht weiter. Leise. In den Köpfen, in den Träumen, in den<br />

Herzen. Abseits der Schlachtfelder.<br />

„Abseits der Schlachtfelder“ - so heißt<br />

die Rotkreuz-Ausstellung des Fotografen<br />

und Journalisten Till Mayer, die vom<br />

21. Februar bis zum 11. <strong>März</strong> 2011 im<br />

"Literaturhaus Allgäu" zu sehen ist. Zur<br />

Eröffnung am 21.02.2011 um 19:30 Uhr<br />

sind Interessenten willkommen.<br />

Elf Schicksale aus elf Ländern sind in<br />

Fotos und Texten dargestellt. Elf Menschenleben,<br />

die der Krieg für immer verändert<br />

hat. Elf Menschen, die den Krieg<br />

überlebt haben und nun trotzdem mit<br />

ihm weiterleben müssen. Denn Krieg kann man beenden, aber nicht<br />

besiegen. Den Bayernauftakt für das Projekt setzte die Eröffnung der<br />

Ausstellung mit Buchpräsentation im Landtag.<br />

B U C HHAN D LU N G<br />

PAP E TE R I E<br />

24-Stunden-Bestellservice www.lindlbauer.ebuch.de<br />

oder email: peter.lindlbauer@t-online.de<br />

Betrachtet man die schlichten Schwarzweißfotos der Porträtierten, sieht<br />

man: Der Krieg ist in ihnen. In ihren Augen, in ihrem Lächeln.<br />

Von 1996 bis 2010 war der Bamberger Till Mayer als Journalist oder als<br />

Delegierter des Roten Kreuzes in den Kriegs- und Krisengebieten<br />

dieser Welt unterwegs. Er hat Menschen getroffen, die eines verbindet:<br />

Der Krieg hat ihnen etwas genommen. Gliedmaßen, geliebte Menschen,<br />

Literaturhaus I Kultur I <strong>März</strong>/<strong>Apr</strong>il 2011<br />

Hab und Gut. Sichtbar und unsichtbar sind die Wunden, die die Zeit<br />

nicht heilen kann: Sichtbar, wie bei Mau Sauy aus Kambodscha, der<br />

eine Mine das rechte Bein abgerissen hat. Oder wie bei Onufriy Dudok<br />

aus der Ukraine, den eine verblassende Tätowierung auf dem linken<br />

Unterarm an seine Jugend erinnert. Seine Jugend in den Konzentrationslagern<br />

der Nazis. Unsichtbar, wie bei Barry Romo aus den USA,<br />

der im Vietnamkrieg sechs Menschen tötete, deren Schreie ihn bis heute<br />

nicht schlafen lassen. Wie bei Andreas Kerner aus Bad Staffelstein, der<br />

nach über 60 Jahren des Friedens immer noch Tränen in den Augen<br />

hat, wenn er über seinen 1946 in Kriegsgefangenschaft gestorbenen<br />

Vater spricht. 60 Jahre hat er nach dessen Grab gesucht, nach 60<br />

Jahren hat er nun endlich einen Platz zum Trauern.<br />

Till Mayers Reportagen und Bilder sind nicht auf Sensationen aus. Keine<br />

lauten und reißerischen Kriegsberichte, keine Bombendetonationen, kein<br />

Artillerielärm. Die elf Lebensgeschichten erzählt er vorsichtig und<br />

persönlich. Leise. Denn das ist es, was der laute Krieg zurückgelassen<br />

hat: Stille. Wenn das Lachen des eigenen Kindes für immer verstummt,<br />

wie bei Mohamed Barkadle aus Äthiopien und Ammar Yusef aus dem<br />

Irak. Wenn man über das eigene Leben nur noch leise und mit Tränen<br />

in den Augen sprechen kann, wie Sadae Kasaoka, deren ganzes Leben<br />

von einem einzigen Tag geprägt wurde: Vom 6. August 1945, dem Tag<br />

der Atombombe über Hiroshima.<br />

Doch nicht nur von Tränen und Tod berichten die elf Porträtierten.<br />

Truong Thie Thuy, Bäuerin aus Vietnam, spricht über das Glück, das sie<br />

spürt, wenn ihre vier behinderten Kinder – mutmaßliche Agent-Orange-<br />

Opfer – zumindest eine Zeit lang nicht erkranken. Der 13-jährige<br />

Ibrahim Hamdan aus Palästina, der seinen Rollstuhl täglich durch das<br />

Trümmerfeld rund um sein Flüchtigslager manövrieren muss, erzählt,<br />

warum Lächeln für ihn „ein bisschen Frieden ist“.<br />

Doch selbst, wenn die Überlebenden vom Glück und vom Lächeln sprechen,<br />

bleibt beim Betrachter ein bitterer Nachgeschmack zurück. Bitter,<br />

als spüre man Metall von Granatensplittern oder Patronenhülsen auf<br />

der Zunge. Denn wer ihre Bilder betrachtet und von ihrem Schicksal<br />

liest, weiß, dass die elf Menschen zwar weiterleben können. Aber nicht<br />

vergessen.<br />

Wer den Krieg nie erlebt hat, nie seine Folgen zu spüren bekommen hat,<br />

der vergisst ihn nur allzu leicht. Weil Krieg eben leise ist und oft weit<br />

weg. Gegen dieses Vergessen arbeitet Till Mayer.<br />

Zur Ausstellung "Abseits der Schlachtfelder" ist das gleichnamige Buch<br />

im Erich-Weiss-Verlag erschienen. Zu beziehen im Literaturhaus, Buchhandel<br />

und beim Verlag (www.erich-weiss-verlag.de).

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