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Recht & Geld Frühling/Sommer 2019

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ARBEITSRECHT<br />

Expertenrat<br />

Kündigung geplant?<br />

Worauf bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen zu achten ist<br />

Auch wenn Kündigungen von Arbeitsverhältnissen übliches Handlungsinstrumentarium<br />

im Personalwesen sind, wird sehr häufig unterschätzt, dass sich Arbeitsrecht<br />

zu einem ganz wesentlichen Teil als Richterrecht darstellt und sich die<br />

<strong>Recht</strong>swirksamkeit von Kündigungen nur dann sicher einschätzen lässt, wenn die<br />

von der <strong>Recht</strong>sprechung aufgestellten Anforderungen vollständig bekannt sind.<br />

Unabhängig davon sind jedenfalls folgende Aspekte stets zu beachten.<br />

10<br />

Hartmut Buroh<br />

<strong>Recht</strong>sanwalt<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

Spezialisiert auf Beratung mittelständischer<br />

Unternehmen<br />

Die zu den einzelnen<br />

Kündigungsgründen<br />

bestehende einschlägige<br />

<strong>Recht</strong>sprechung<br />

ist derart umfänglich<br />

und komplex, dass der<br />

vollständige Überblick<br />

regelmäßig nur durch<br />

Einholung juristischen<br />

Rats von Fachanwälten<br />

für Arbeitsrecht gewährleistet<br />

ist.<br />

1. Form<br />

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses bedarf<br />

zwingend der schriftlichen Form. Insbesondere<br />

nicht ausreichend ist die Kündigung<br />

etwa per E-Mail, Telefax oder SMS. Die sog.<br />

„Textform“ reicht also nicht!<br />

2. Zugang<br />

Schon aus Beweisgründen ist anzuraten, den Zugang<br />

der Kündigung nachweisen zu können. Dieses<br />

kann neben der persönlichen Übergabe durch<br />

die Zustellung der schriftlichen Kündigung durch<br />

einen entsprechend instruierten Boten geschehen.<br />

Die Zustellung per Einschreiben ist entgegen<br />

landläufiger Auffassung nicht als sicherer Zugangsnachweis<br />

anzusehen. Sie sollte nur gewählt<br />

werden, wenn es auf das Zugangsdatum im Einzelfall<br />

nicht maßgeblich ankommt.<br />

3. Inhalt<br />

Buroh<br />

&<br />

<strong>Recht</strong>sanwälte Steinhauer<br />

Fachanwälte für Arbeitsrecht<br />

Ihre Ansprechpartner in allen<br />

Personal- und Arbeitsrechtsfragen<br />

Altenwall 1–3· 28195 Bremen<br />

Telefon 0421/48995-0 · Telefax 04 21/48995-10<br />

mail@buroh-steinhauer.de · www.buroh-steinhauer.de<br />

Vom Inhalt her muss sich aus Kündigungserklärungen<br />

zweifelsfrei ergeben, dass die Beendigung<br />

des Arbeitsvertrages gewollt ist und zu wann das<br />

Arbeitsverhältnis aufgelöst sein soll. Es ist somit<br />

erforderlich, anzugeben, ob die Kündigung als<br />

ordentliche (= fristgerechte), als außerordentliche<br />

(= fristlose) oder etwa als Änderungskündigung<br />

ausgesprochen sein soll. Bei Ausspruch<br />

einer ordentlichen Kündigung ist die maßgebliche<br />

Kündigungsfrist einzuhalten, die sich aus arbeitsvertraglichen,<br />

tarifvertraglichen oder gesetzlichen<br />

Bestimmungen ergeben kann.<br />

4. Anwendung Kündigungsschutzgesetz<br />

Finden die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes<br />

Anwendung, wird arbeitgeberseitig für<br />

eine Kündigung ein berechtigter Grund benötigt.<br />

Laut Kündigungsschutzgesetz<br />

ist die Kündigung<br />

sozial<br />

gerechtfertigt,<br />

wenn sie durch<br />

Gründe, die 1.<br />

in der Person<br />

des Arbeitnehmers<br />

liegen (z. B.<br />

Krankheit) oder<br />

2. im Verhalten<br />

des Arbeitnehmers<br />

liegen (vorherige einschlägige Abmahnung<br />

notwendig) oder 3. durch dringende betriebliche<br />

Erfordernisse (Sozialauswahl ist durchzuführen)<br />

bedingt ist. Die zu den einzelnen Kündigungsgründen<br />

bestehende einschlägige <strong>Recht</strong>sprechung<br />

ist derart umfänglich und komplex, dass<br />

der vollständige Überblick regelmäßig nur durch<br />

Einholung juristischen Rats von Fachanwälten<br />

für Arbeitsrecht gewährleistet ist.<br />

5. Sonderkündigungsschutz<br />

Etwaiger Sonderkündigungsschutz ist zu beachten,<br />

z. B. für Schwangere und Mütter (bis zu<br />

4 Monate nach der Entbindung), Mütter oder<br />

Väter in Elternzeit, Auszubildende, schwerbehinderte<br />

Menschen oder Betriebsratsmitglieder.<br />

Insoweit bestehen zum Teil Kündigungsverbote<br />

bzw. bedarf es vor Ausspruch der<br />

Kündigung der Zustimmung der zuständigen<br />

Behörde. Weniger bekannt ist, dass daneben<br />

auch für Pflegende und sog. Betriebsbeauftragte<br />

(z. B. Datenschutzbeauftragte) besondere Kündigungsschutzregelungen<br />

bestehen.<br />

6. Anhörung Betriebsrat<br />

Besteht ein Betriebsrat, so ist dieser vor Ausspruch<br />

der Kündigung ordnungsgemäß anzuhören.<br />

Eine ohne ordnungsgemäße Anhörung<br />

des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist<br />

schon allein deshalb unwirksam.<br />

7. Massenentlassung<br />

Sollte eine sogenannte Massenentlassung anstehen,<br />

sind spezielle Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes<br />

einzuhalten. Zuvor ist<br />

vor der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit<br />

schriftlich Anzeige zu erstatten und es sind besondere<br />

Fristläufe zu beachten. Aber Achtung:<br />

Nach der <strong>Recht</strong>sprechung des Europäischen<br />

Gerichtshofs ist bereits die Kündigungserklärung<br />

das Ereignis, das als Entlassung gilt.<br />

Expertenrat:<br />

Wegen der Unwägbarkeit von Kündigungsschutzprozessen<br />

ist zu raten, schon im Vorfeld<br />

einer ordentlichen Kündigung stets auch<br />

Alternativen (z. B. Aufhebungsvertrag, Änderungskündigung,<br />

Versetzung) zu prüfen.

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