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EINÄUGIG & BLAUSILBIG

Zu guter Letzt, der Klappentext: Eine Frau. Dunkle Dokumente. Ein schaumweinschlürfender Zyklop. Und als ein Anruf die Zündschnur der Ereignisse entflammt, ist eines bereits besiegelt: Dieser Tag wird von Zwölf AutorInnen fortgeschrieben werden. Wie werden sie ihr Schicksal ausmalen? Welche Bilder werden die Kuppel ihres Schädels schmücken? Welche Gefühle werden sie ihr auf den Hals hetzen? Und wird es am Ende Sinn machen, sich so entschieden zu haben? Ein Textperiment von Susanne Altmann, Nina Buschendorf, Peter Frankenbach, Hinnerk Henze, Kira Horžak, Cem Karci, Lana Kesselring, Sabrina Leich, Jonathan Mürmann, Annika Rauscher, Anna-Lina Weiß und Justin Ziemba – unter der Leitung von Stephan Ganser im Fachkurs Texthandwerk, Fakultät Kunst und Gestaltung, Sommersemester 2020 an der Bauhaus-Universität Weimar.

Zu guter Letzt, der Klappentext:
Eine Frau. Dunkle Dokumente. Ein schaumweinschlürfender Zyklop. Und als ein Anruf die Zündschnur der Ereignisse entflammt, ist eines bereits besiegelt: Dieser Tag wird von Zwölf AutorInnen fortgeschrieben werden. Wie werden sie ihr Schicksal ausmalen? Welche Bilder werden die Kuppel ihres Schädels schmücken? Welche Gefühle werden sie ihr auf den Hals hetzen? Und wird es am Ende Sinn machen, sich so entschieden zu haben?
Ein Textperiment von Susanne Altmann, Nina Buschendorf, Peter Frankenbach, Hinnerk Henze, Kira Horžak, Cem Karci, Lana Kesselring, Sabrina Leich, Jonathan Mürmann, Annika Rauscher, Anna-Lina Weiß und Justin Ziemba – unter der Leitung von Stephan Ganser im Fachkurs Texthandwerk, Fakultät Kunst und Gestaltung, Sommersemester 2020
an der Bauhaus-Universität Weimar.

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Flackerndes kaltes Neonröhrenlicht, das mich in meiner ganzen

Pracht erstrahlen lässt. Durchgeschwitzt, kreidebleich, mit einem

nervös zuckenden Augenlid. Meine Füße tragen mich zur 307. Ich

halte inne, versuche meine hektische Atmung und meinen

trommelnden Puls zu beruhigen. Mache mich auf die Suche nach

meiner inneren Mitte. Ich scheitere katastrophal, denn als ich

glaube, meine innere Mitte, einen kleinen hoffnungslosen

blassgelben Punkt, weit entfernt erspäht zu haben, wird die Tür

aufgerissen und ich stehe einem Giganten gegenüber, der mit dem

Charme eines Zyklopen gesegnet ist. Es ist dunkel in seinem

Schatten.

Eine Sandpapierstimme dringt heraus, sickert an der massigen

Gestalt vorbei. „Ist sie das? Lass sie rein, Polyphem.“ Grollend gibt

der bärtige Fels den Weg frei. Sonnenlicht blendet mich, sticht in

den Augen und macht mich einige Herzschläge lang blind.

Drinnen sieht es aus wie früher. Nein, das ist falsch, es sieht so aus

wie in der Zeit, in der ich kein Geld hatte. Zwischen kahlen

unverputzten Wänden steht ein glänzender Metalltisch. Dahinter

sitzt ein langer dürrer Mann. Er ist so wie in meiner Erinnerung.

Vielleicht sind ein paar Falten hinzugekommen. Das Gesicht ist

härter, aber genau kann ich ihn im Gegenlicht nicht erkennen.

Hinter mir schließt Polyphem die Tür. Er nimmt neben dem

Mann vor einer schmalen Mappe Platz.

„Wir dachten schon, wir müssen Sie suchen“, sagt Frank und

erhebt sich mit der Eleganz eines Raubtiers. Seine Stimme ist kalt

wie Stahl, der sich an meine Kehle schmiegt. „Haben Sie die

Dokumente?“ Mein Gehirn verweigert die Zugehörigkeit zu

meinem Körper, seilt sich ab. Eine dicke Fliege summt durch den

Raum, dreht unsichtbare Ringe, bevor sie mit Wucht gegen die

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