EINÄUGIG & BLAUSILBIG
Zu guter Letzt, der Klappentext: Eine Frau. Dunkle Dokumente. Ein schaumweinschlürfender Zyklop. Und als ein Anruf die Zündschnur der Ereignisse entflammt, ist eines bereits besiegelt: Dieser Tag wird von Zwölf AutorInnen fortgeschrieben werden. Wie werden sie ihr Schicksal ausmalen? Welche Bilder werden die Kuppel ihres Schädels schmücken? Welche Gefühle werden sie ihr auf den Hals hetzen? Und wird es am Ende Sinn machen, sich so entschieden zu haben? Ein Textperiment von Susanne Altmann, Nina Buschendorf, Peter Frankenbach, Hinnerk Henze, Kira Horžak, Cem Karci, Lana Kesselring, Sabrina Leich, Jonathan Mürmann, Annika Rauscher, Anna-Lina Weiß und Justin Ziemba – unter der Leitung von Stephan Ganser im Fachkurs Texthandwerk, Fakultät Kunst und Gestaltung, Sommersemester 2020 an der Bauhaus-Universität Weimar.
Zu guter Letzt, der Klappentext:
Eine Frau. Dunkle Dokumente. Ein schaumweinschlürfender Zyklop. Und als ein Anruf die Zündschnur der Ereignisse entflammt, ist eines bereits besiegelt: Dieser Tag wird von Zwölf AutorInnen fortgeschrieben werden. Wie werden sie ihr Schicksal ausmalen? Welche Bilder werden die Kuppel ihres Schädels schmücken? Welche Gefühle werden sie ihr auf den Hals hetzen? Und wird es am Ende Sinn machen, sich so entschieden zu haben?
Ein Textperiment von Susanne Altmann, Nina Buschendorf, Peter Frankenbach, Hinnerk Henze, Kira Horžak, Cem Karci, Lana Kesselring, Sabrina Leich, Jonathan Mürmann, Annika Rauscher, Anna-Lina Weiß und Justin Ziemba – unter der Leitung von Stephan Ganser im Fachkurs Texthandwerk, Fakultät Kunst und Gestaltung, Sommersemester 2020
an der Bauhaus-Universität Weimar.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Flackerndes kaltes Neonröhrenlicht, das mich in meiner ganzen
Pracht erstrahlen lässt. Durchgeschwitzt, kreidebleich, mit einem
nervös zuckenden Augenlid. Meine Füße tragen mich zur 307. Ich
halte inne, versuche meine hektische Atmung und meinen
trommelnden Puls zu beruhigen. Mache mich auf die Suche nach
meiner inneren Mitte. Ich scheitere katastrophal, denn als ich
glaube, meine innere Mitte, einen kleinen hoffnungslosen
blassgelben Punkt, weit entfernt erspäht zu haben, wird die Tür
aufgerissen und ich stehe einem Giganten gegenüber, der mit dem
Charme eines Zyklopen gesegnet ist. Es ist dunkel in seinem
Schatten.
Eine Sandpapierstimme dringt heraus, sickert an der massigen
Gestalt vorbei. „Ist sie das? Lass sie rein, Polyphem.“ Grollend gibt
der bärtige Fels den Weg frei. Sonnenlicht blendet mich, sticht in
den Augen und macht mich einige Herzschläge lang blind.
Drinnen sieht es aus wie früher. Nein, das ist falsch, es sieht so aus
wie in der Zeit, in der ich kein Geld hatte. Zwischen kahlen
unverputzten Wänden steht ein glänzender Metalltisch. Dahinter
sitzt ein langer dürrer Mann. Er ist so wie in meiner Erinnerung.
Vielleicht sind ein paar Falten hinzugekommen. Das Gesicht ist
härter, aber genau kann ich ihn im Gegenlicht nicht erkennen.
Hinter mir schließt Polyphem die Tür. Er nimmt neben dem
Mann vor einer schmalen Mappe Platz.
„Wir dachten schon, wir müssen Sie suchen“, sagt Frank und
erhebt sich mit der Eleganz eines Raubtiers. Seine Stimme ist kalt
wie Stahl, der sich an meine Kehle schmiegt. „Haben Sie die
Dokumente?“ Mein Gehirn verweigert die Zugehörigkeit zu
meinem Körper, seilt sich ab. Eine dicke Fliege summt durch den
Raum, dreht unsichtbare Ringe, bevor sie mit Wucht gegen die