05.01.2021 Aufrufe

EINÄUGIG & BLAUSILBIG

Zu guter Letzt, der Klappentext: Eine Frau. Dunkle Dokumente. Ein schaumweinschlürfender Zyklop. Und als ein Anruf die Zündschnur der Ereignisse entflammt, ist eines bereits besiegelt: Dieser Tag wird von Zwölf AutorInnen fortgeschrieben werden. Wie werden sie ihr Schicksal ausmalen? Welche Bilder werden die Kuppel ihres Schädels schmücken? Welche Gefühle werden sie ihr auf den Hals hetzen? Und wird es am Ende Sinn machen, sich so entschieden zu haben? Ein Textperiment von Susanne Altmann, Nina Buschendorf, Peter Frankenbach, Hinnerk Henze, Kira Horžak, Cem Karci, Lana Kesselring, Sabrina Leich, Jonathan Mürmann, Annika Rauscher, Anna-Lina Weiß und Justin Ziemba – unter der Leitung von Stephan Ganser im Fachkurs Texthandwerk, Fakultät Kunst und Gestaltung, Sommersemester 2020 an der Bauhaus-Universität Weimar.

Zu guter Letzt, der Klappentext:
Eine Frau. Dunkle Dokumente. Ein schaumweinschlürfender Zyklop. Und als ein Anruf die Zündschnur der Ereignisse entflammt, ist eines bereits besiegelt: Dieser Tag wird von Zwölf AutorInnen fortgeschrieben werden. Wie werden sie ihr Schicksal ausmalen? Welche Bilder werden die Kuppel ihres Schädels schmücken? Welche Gefühle werden sie ihr auf den Hals hetzen? Und wird es am Ende Sinn machen, sich so entschieden zu haben?
Ein Textperiment von Susanne Altmann, Nina Buschendorf, Peter Frankenbach, Hinnerk Henze, Kira Horžak, Cem Karci, Lana Kesselring, Sabrina Leich, Jonathan Mürmann, Annika Rauscher, Anna-Lina Weiß und Justin Ziemba – unter der Leitung von Stephan Ganser im Fachkurs Texthandwerk, Fakultät Kunst und Gestaltung, Sommersemester 2020
an der Bauhaus-Universität Weimar.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ich muss an Illja denken. Daran, was er gesagt hatte, als wir

zusammen am Meer waren. Ich höre ihn immer wieder reden.

„Niemals, verstehst du? Niemals. Ist egal worum’s geht, wofür.

Verstehst du?“

Er konnte seine Familie nicht verraten. Die Loyalität zu Menschen

die er liebt, stand ihm immer ins Gesicht geschrieben. Das Grün in

seinen Augen vermittelte mir das beruhigende Gefühl von Freiheit.

Von jetzt an müssen es nur noch wenige Stunden sein, bis er

erfährt, dass ich ihn bestohlen habe. Um die Unterlagen. Um sein

Vertrauen. In meiner Brust macht sich wieder dieses Gefühl von

Enge breit. Ich atme, aber es fühlt sich so an, als würde mich

jemand zusammendrücken; als würde jemand versuchen, den

letzten Rest aus einer Caprisonne zu quetschen.

Es ist wie Klaustrophobie. Als wäre meine Lunge eingesperrt in

einem Fahrstuhl aus den Sechzigern, umgeben von schweren

Persönlichkeiten, die sich gegen mich lehnen, um genug Platz zu

haben, um ihre Koffer zu öffnen. Die Akten, die sie greifen wollen,

gleiten aus ihren verschwitzten Händen und verteilen sich überall

dort, wo ohnehin schon kein Platz ist.

Meine Brust bleibt viele Sekunden unbewegt, bis sie sich ruckartig

wölbt, um Luft zu atmen. Ich muss kurz weg gewesen sein.

Vermutlich bin ich unterzuckert. Kein Wunder, essen kann ich

schon lange nicht mehr. Meine zittrigen Hände greifen nach dem

Milka Herz. So muss sich meine kranke Großmutter gefühlt

haben, als sie mir die Hand gab wie ein zittriger Lachs. „Dattrich“

hat sie dazu immer gesagt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!