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Arabische Pferde IN THE FOCUS 4/2020 (Vol. 24) - public

Zeitschrift für Liebhaber und Züchter Arabischer Pferde

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Der Schädel des Wüstenarabers Bairaktar<br />

(imp. 1817), wie er vor rund 35 Jahren<br />

im Museum der Universität Hohenheim<br />

ausgestellt war. Mittlerweile fehlt ihm einer<br />

seiner Backenzähne, denn dieser wurde zur<br />

DNA-Analyse benötigt. Durch die Präparation<br />

des Skeletts wird die DNA in den<br />

Knochen vollständig zerstört, und nur in den<br />

sehr widerstandsfähigen Zähnen befinden<br />

sich noch brauchbare Reste.<br />

The skull of the desertbred Arabian Bairaktar<br />

(imp. 1817) as it was exhibited around 35<br />

years ago in the museum of the University of<br />

Hohenheim. He is now missing one of his molars<br />

because it was needed for DNA analysis.<br />

The preparation of the skeleton completely<br />

destroys the DNA in the bones, and usable remains<br />

are only to be found in the very resistant<br />

teeth.<br />

Foto: G. Waiditschka<br />

Science<br />

Inzucht brachte es ans Licht<br />

Wir können heute bezweifeln, ob die Schimmelfarbe<br />

in irgendeiner Weise mit der oben<br />

genannten Krankheit zusammenhängt, da<br />

diese heute nur bei belgischen Kaltblütern<br />

(Braunen) und American Saddlebreds auftritt,<br />

wo sie eindeutig nicht mit der Schimmelfarbe<br />

zusammenhängt. Die Tatsache,<br />

dass die betroffenen <strong>Pferde</strong> in Weil alles<br />

Schimmel waren, lässt sich leicht damit erklären,<br />

dass es die häufigste Farbe in der<br />

Weiler Herde war, insbesondere bei den<br />

Nachkommen von Bairaktar und Amurath I.<br />

Rueffs Beobachtung, dass Inzucht und Abstammung<br />

von Amurath I die Ursache sein<br />

könnten, wird durch die Abstammung der<br />

betroffenen Fohlen gestützt. Wenn man<br />

ihre Stammbäume untersucht, stellt man<br />

fest, dass Amuraths Vater Bairaktar jedes<br />

Mal sowohl auf der Vater- wie auch der<br />

Mutterseite im Pedigree erscheint. Es gibt<br />

nur eine Ausnahme, ein Fohlen von 1846<br />

aus der Kaaba II, dessen Symptome nicht<br />

mit den anderen identisch waren.<br />

Bei all diesen Überlegungen muß man<br />

bedenken, dass 1855 die Mendelschen<br />

Gesetze noch nicht bekannt waren; Gregor<br />

Mendel veröffentlichte sie erst 1866.<br />

Heute wissen wir, dass EI und JEB durch<br />

autosomal rezessive Vererbung weitergegeben<br />

werden (ebenso wie CA und SCID).<br />

Dies bedeutet, dass die Erkrankung nicht<br />

geschlechtsspezifisch ist und beide Elternteile<br />

Träger sein müssen. Träger scheinen<br />

selbst vollkommen gesund zu sein, und nur<br />

wenn das defekte Gen von beiden Elternteilen<br />

vererbt wird, wodurch das Fohlen<br />

für dieses Merkmal homozygot wird, ist es<br />

betroffen und stirbt. Wenn wir annehmen,<br />

dass Amurath I 1829 ein Träger war, müssen<br />

die Mütter auch Träger gewesen sein. Diese<br />

stammten jedoch mit sehr wenigen Ausnahmen<br />

nicht von Amurath I ab, sondern<br />

von Amuraths Vater Bairaktar Or.Ar. Mit<br />

4/<strong>2020</strong> - www.in-the-focus.com<br />

anderen Worten, wir können annehmen,<br />

dass Bairaktar Or.Ar. diesen Gendefekt in<br />

das Gestüt einbrachte, aber die Krankheit<br />

manifestierte sich erst, als seine Töchter mit<br />

Amurath I gepaart wurden und damit Inzucht<br />

auf Bairaktar Or.Ar. betrieben wurde.<br />

Verteilung von WFFS<br />

Zurück zum heutigen WFFS: Eine Gruppe<br />

von Forschern (Reiter, Wallner, Brem von<br />

der Veterinärmedizinischen Universität<br />

Wien u.a.) untersuchte die Verbreitung des<br />

WFFS-Allels in den verschiedenen <strong>Pferde</strong>rassen.<br />

Insgesamt wurden 4081 <strong>Pferde</strong><br />

von 38 verschiedenen Rassen untersucht.<br />

Insgesamt trugen 4,9 % der <strong>Pferde</strong> aus 21<br />

Rassen das WFFS-Allel. Die betroffenen<br />

Rassen waren hauptsächlich Warmblüter<br />

mit einer Trägerfrequenz von bis zu 17 %<br />

im hannoverschen und dänischen Warmblut.<br />

Das WFFS-Allel wurde in den meisten<br />

nicht-warmblütigen Rassen nicht nachgewiesen.<br />

Ausnahmen sind WFFS-Träger<br />

beim Englischen <strong>Vol</strong>lblut (17/716), Haflinger<br />

(2/48), American Sport Pony (1/12) und<br />

Knabstrupper (3/46). Alle 302 Araber in<br />

dieser Untersuchung waren jedoch frei von<br />

dem mutierten Allel.<br />

Angesichts des enormen Einflusses, den<br />

der Hengst Bairaktar durch seinen Ur-Ur-<br />

73<br />

Quellen<br />

Ur-Enkel Amurath 1881 auf die Warmblutzucht<br />

hatte, und der Tatsache, dass Bairaktar<br />

in einigen Warmblut-Stammbäumen<br />

wie dem von Cornet Obolensky, Sandro<br />

Hit oder Valegro mehrere hundert Mal vorkommt,<br />

wollten die Forscher diesen Weg<br />

weiter untersuchen. Sie baten um einen<br />

Zahn Bairaktars, um seine DNA zu extrahieren<br />

und zu analysieren. Das Skelett<br />

von Bairaktar ist Eigentum der Universität<br />

Hohenheim, ist eine Dauerleihgabe an<br />

das Haupt- und Landgestüt Marbach und<br />

steht im <strong>Pferde</strong>museum in Offenhausen.<br />

Die DNA-Extraktion aus einem Backenzahn<br />

Bairaktars wurde im Reinraum des<br />

Labors des Naturhistorischen Museums in<br />

Wien nach Standardverfahren zur Vermeidung<br />

von Kontaminationen durchgeführt.<br />

Das Ergebnis zeigte deutlich, dass er das<br />

mutierte Allel nicht trug. Dies, zusammen<br />

mit der Tatsache, dass alle Araber in dieser<br />

Untersuchung frei von dem mutierten<br />

Allel waren, unter ihnen auch 16 Stuten<br />

und 3 Hengste aus dem polnischen Zuchtprogramm,<br />

die auf Bairaktar zurückgehen,<br />

sprach den Wüstenaraber Bairaktar frei,<br />

den Ursprung von WFFS darzustellen. Bis<br />

heute ist der genaue Ursprung von WFFS<br />

unklar.<br />

Gudrun Waiditschka<br />

Reiter, S.; Wallner, B.; Brem, G.; Haring, E.; Hoelzle, L.; Stefaniuk-Szmukier, M.; Długosz, B.;<br />

Piórkowska, K.; Ropka-Molik, K.; Malvick, J.; Penedo, M.C.T.; Bellone, R.R. Distribution of the<br />

Warmblood Fragile Foal Syndrome Type 1 Mutation (PLOD1 c.2032G>A) in Different Horse<br />

Breeds from Europe and the United States. Genes <strong>2020</strong>, 11, 1518.<br />

Rueff, A.G. Eigenthümliche Krankheit neugeborener Fohlen (a peculiar disease of newborn<br />

foals). In Jahrbuch für <strong>Pferde</strong>zucht; Verlag Voigt: Weimar, Germany, 1855; pp. 267–277.<br />

Tönjes, Jan: Der Uropa XXL des Weltsports, St. Georg, 4/2014, pp. 28-47.

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