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Arabische Pferde IN THE FOCUS 4/2020 (Vol. 24) - public

Zeitschrift für Liebhaber und Züchter Arabischer Pferde

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Schon allein die Fahrt nach Dashour war<br />

die Reise wert! Hier trafen wir auf das<br />

ländliche Ägypten, das sich auf einem<br />

schmalen Streifen rechts und links entlang<br />

des Nils abspielt. Palmenhaine und kleine<br />

Dörfer wechseln sich ab, und je weiter wir<br />

aufs Land kommen, desto häufiger begegnen<br />

uns Eselkarren statt Autos. Mit jeder Abzweigung<br />

wird die Straße schmaler, bis sie zu<br />

einem Feldweg wird, eingezwängt zwischen<br />

Grundstücksmauern auf der einen und dem<br />

Kanal auf der anderen Seite – hoffentlich<br />

kommt uns hier kein Auto entgegen!<br />

Andere Selektionskriterien<br />

Wir gelangen zu einem großen Tor, das sich vor<br />

uns auftut, und fahren auf die Farm von Hammad<br />

Rabeii, dem Gestütsmanager von Philippe<br />

Paraskevas, unserem Gastgeber. Philippe<br />

Paraskevas züchtet seit über 30 Jahren – und<br />

seit 5-6 <strong>Pferde</strong>generationen – arabische <strong>Pferde</strong>.<br />

Aber anders als bei anderen Züchtern war<br />

es nicht nur ihre Schönheit, die ihn gefangen<br />

nahm, sondern ihre inneren Qualitäten, ihr Wesen,<br />

ihr Charakter und ihre Leistungsfähigkeit.<br />

Philippe Paraskevas hat einen etwas anderen<br />

Zugang zur Zucht, einen eher analytischen<br />

Zugang im Vergleich zu vielen<br />

seiner Züchterkollgen. Und so hat er<br />

sich intensiv mit den Hengst- und<br />

Stutenlinien der RAS / EAO und Inshass-Zucht<br />

befasst – den Gründerpferden<br />

der „Rein-Ägypter“ – und<br />

hat sich dem Erhalt der Linien in<br />

ihren ursprünglichen Erscheinungsbildern<br />

verschrieben.<br />

Außerdem achtet er in seiner<br />

Zucht auf Eigenschaften wie<br />

Wille, Charakter, Gesundheit<br />

und Fruchtbarkeit, aber natürlich<br />

auch Reiteignung, denn<br />

der Araber war ein Kriegspferd.<br />

Für Paraskevas hat die<br />

Reiteignung die gleiche Priorität<br />

wie die anderen Kriterien,<br />

und so werden seine <strong>Pferde</strong>,<br />

und hier insbesondere die<br />

Hengste, regelmäßig für mehrere<br />

Stunden in der Wüste geritten.<br />

Interessant für den Besucher ist, dass die<br />

<strong>Pferde</strong> hier zwar alle auf die Gründerpferde<br />

der RAS/EAO/Inshass zurückgehen, wie<br />

dies auch für das ägyptische Staatsgestüt El<br />

Zahraa oder anderen private Ägypter-Zuchten<br />

gilt, aber aufgrund anderer Selektionsmerkmale<br />

sehen sie anders aus: Sie sind in<br />

der Regel kalibrig, haben eine starke Hinterhand<br />

und entsprechend kraftvolle, energische<br />

Bewegungen, die Halsung ist vielleicht<br />

nicht immer perfekt, aber meist genügend<br />

lang, und sie haben häufig – nicht immer –<br />

ein gerades Profil mit einem schönen, wohlplazierten<br />

Auge. Wo ein „Dish“ vorhanden ist,<br />

ist dieser wohl eher „zufällig“, aber nicht das<br />

Produkt gezielter Paarung, um diesen zu erreichen.<br />

Wichtig ist es Paraskevas, die individuellen<br />

Charakteristika der Stämme (strains)<br />

und der dazugehöri- gen Stutenlinen zu<br />

erhalten. So beschreibt<br />

er die Obeyans beispielsweise als<br />

ausbalancierte <strong>Pferde</strong> mit hoher Schweifhaltung,<br />

mit großen und ausdrucksstarken Augen,<br />

und beseelt vom Geist der Wüste. Die<br />

Kohailan Krushs sind eher zurückhaltend,<br />

stolz und hochmütig, und sie brauchen Zeit,<br />

um eine Beziehung zu ihrem Reiter aufzubauen.<br />

Über die Kohailan-Krush-Stute El Kahila<br />

hat sich insbesondere in Anpaarung mit<br />

El Deree der „Wüstenlook“ – diese besondere<br />

Trockenheit der Strukturen – erhalten. Die<br />

Saklawi Jedranis, deren Linie über die legendäre<br />

Moniet el Nefous führt, zeichnen sich<br />

durch Balance und Harmonie aus, durch Eleganz<br />

und Feinheit, aber manchmal haben sie<br />

auch einen langen Rücken, den man vermeiden<br />

sollte.<br />

Erhaltung der Hengstlniien<br />

Für Paraskevas gilt, dass das arabische Pferd<br />

nicht in eine „Schablone“ gepresst werden<br />

darf – im Gegenteil, sein Leitsatz lautet „Vielfalt“.<br />

Vielfalt in der Gestalt (Phänotyp) und<br />

Vielfalt in den Blutlinien (Genotyp), denn<br />

schon das arabische Pferd der Wüste war<br />

mitnichten einheitlich! Das aber bedeutet,<br />

dass auch Wert auf den Erhalt derjenigen<br />

Linien gelegt werden muß,<br />

die nicht der gängigen Mode – und<br />

das bedeutet heute dem von der<br />

Saklawi-I-Linie geprägten „Ideal“<br />

– entsprechen. Ein anderer<br />

Leitsatz lautet, dass Schönheit<br />

und Funktionalität sich nicht<br />

ausschließen, wo aber Züchter<br />

sich nur auf die Schönheit<br />

konzentrieren, geht die Funktionalität<br />

verloren – und das<br />

ist ein Weg ohne Wiederkehr.<br />

Dieses Bewußtsein war<br />

auch bei Philippe Paraskevas<br />

nicht von Anfang an<br />

vorhanden, und auch er<br />

startete seine Zucht ohne<br />

genaue Vorstellung davon,<br />

wohin sie führen würde. Es<br />

dauerte seine Zeit, bis er<br />

eine züchterische Alternative<br />

zum Mainstream entwi-<br />

Zucht<br />

4/<strong>2020</strong> - www.in-the-focus.com<br />

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