SNOEZELEN-PHÄNOMEN IN HOLLAND - Integra
SNOEZELEN-PHÄNOMEN IN HOLLAND - Integra
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Gerade bei sehr schwer beeinträchtigen Bewohnern können die Zuwendung und der Körperkontakt durch die<br />
Gruppenleiter für das entspannte, genießende Erlebnis ausschlaggebend sein.<br />
Der Aspekt des Umgangs spielt in alle anderen mit hinein und reicht zum Teil auch über den Besuch des<br />
Snoezelen hinaus.<br />
Diese verschiedenen genannten Aspekte hängen alle eng zusammen, und es wird deutlich, daß Snoezelen ein<br />
sehr komplexes Geschehen ist, daß die Bewohner in ihrer ganzen Persönlichkeit ansprechen kann und viele<br />
mögliche Reaktionsweisen zuläßt.<br />
Wirkung auf leichter Behinderte<br />
Bei den Snoezelprojekten während der Sommerfeste in De Hartenberg nahmen auch leichter Behinderte am<br />
Snoezelen teil. Es zeigte sich, daß sie es meist entweder kindisch und uninteressant fanden, oder aber den<br />
Snoezelraum wie einen Vergnügungspark benutzten, indem sie z. B. auf den Matratzen herumtobten, mit den<br />
Spielzeugen an den Gummibändern flitschten, mit Dingen warfen etc.<br />
Von Ruhe und Entspannung konnte weder bei ihnen noch bei den anderen Bewohnern die Rede sein.<br />
Außerdem wirkte auf diese Gruppe die Atmosphäre eher erotisierend, sodaß von ihnen offensichtlich gewünschter<br />
Körperkontakt die für die Mitarbeiter tolerierbaren Grenzen überstieg.<br />
In De Hartberg spricht man daher von „positiver Diskriminierung“ bzgl. der Wirkung des Snoezelens auf die<br />
Bewohner, da es den Erfahrungen nach am besten für die Schwerstbehinderten geeignet ist, die es dem Ziel<br />
entsprechend nutzen.<br />
Wirkung auf die Mitarbeiter<br />
Die Gruppenleiter zeigen sich in der Regel auch beeindruckt von der Snoezelatmosphäre, die ebenfalls beruhigend<br />
und entspannend auf sie wirkt. Dies hat zur Folge, daß sie sich im Snoezelraum besser und ruhiger<br />
auf die Bewohner einlassen können. Wie aber schon erwähnt, fördern sowohl das Snoezelen selbst als auch<br />
die Einrichtung des Snoezelraums den Körperkontakt mit den Bewohnern.<br />
Besonders da es von den Prinzipien des Snoezelens her auch nahegelegt wird, daß man Körperkontakt als<br />
dazugehörig betrachtet, treten in der Gruppe eventuell bestehende Hemmungen in den Hintergrund. Im<br />
Snoezelraum fällt es vielen Mitarbeitern selbst in Anwesenheit von Kollegen leichter, die Behinderten in den<br />
Arm oder auf den Schoß zu nehmen.<br />
Dies ist m. E. ein nicht zu unterschätzender Faktor für die mögliche weitere Beziehung zu den Bewohnern.<br />
In den Snoezelräumen von De Hartenberg konnte ich beobachten, daß bestimmte Räume, und hier vor allem<br />
der Weiße Raum, bevorzugt von den Mitarbeitern mit den Gruppen aufgesucht werden.<br />
Die Vermutung liegt nahe, daß sie eher solche Angebote wählen, bei denen sie selbst weitgehend passiv sind<br />
(abgesehen z. B. von der Steuerung der Effekte durch Fernbedienung) und auch die Beschäftigung mit dem<br />
Behinderten mehr auf das gemeinsame Erleben hinausläuft.<br />
Interpretation:<br />
Meiner Meinung nach wird hier eine große Unsicherheit in bezug auf Spiel und Umgang mit den Behinderten<br />
deutlich, wenn die Umgebung sehr offen ist und die verschiedensten Gestaltungsmöglichkeiten nicht nur<br />
anbietet, sondern geradezu erfordert.<br />
Die Vermutung wurde mir in einer anderen besuchten Anstalt bestätigt, wo eine Bevorzugung des Snoezelraumes<br />
vor dem Musik-, Spiel, Matschraum und dem Raum mit Baumaterial festgestellt wurde, obwohl<br />
letztere auch eigens für Schwerstbehinderte angeboten werden.<br />
Ich denke, so kann Snoezelen einerseits eine Flucht in eine auch für Mitarbeiter einfache passive Beschäftigung,<br />
andererseits aber auch die Möglichkeit zur Anregung einer stärkeren Beschäftigung im spielerischen<br />
Bereich mit Schwerstbehinderten sein.<br />
Wenn man bedenkt, daß die Gruppenleiter von ihrer Ausbildung her wenig pädagogisch geschult sind, ist<br />
dies sicher ein wichtiger Aspekt.<br />
Positiv im Hinblick auf die Beziehung zu den Bewohnern ist zu sehen, daß die Mitarbeiter zu einer neuen<br />
Blickweise auf einzelne Behinderte kommen, wenn sie beim Snoezelen völlig neue oder andere Verhaltens-<br />
Ad Verheul<br />
Snoezelen - Sinneserfahrungen für alte und behinderte Menschen - 23 -