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future meat Magazin 2020

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Future<br />

Meat<br />

ALTERNATIVE<br />

PROTEINE<br />

Nachhaltig,<br />

gesund,<br />

schmackhaft<br />

Seite 12<br />

ARBEIT 4.0<br />

Work smart<br />

statt work hard<br />

Seite 4<br />

MEAT4ALL<br />

Zeit, sich zu<br />

kultivieren<br />

Ein Plädoyer für<br />

die Kultivierung der<br />

Fleischindustrie<br />

Seite 8


Editorial<br />

Zukunft Fleisch<br />

Ein Ausblick auf das,<br />

was kommt<br />

Die traditionsreiche Fleischwirtschaft befindet<br />

sich im Umbruch. Verbraucherpräferenzen, Ernährungstrends<br />

verändern sich und der Respekt<br />

gegenüber Mitmenschen, Tieren, Umwelt und Natur<br />

spielen eine eine zunehmend wichtige Rolle bei der gesellschaftlichen<br />

Akzeptanz des Lebensmittels Fleisch.<br />

Der Status Quo auf Produkt- und Produktionsseite<br />

steht zur Diskussion – „Future Meat“ steht dabei nicht<br />

singulär für alternative Produktwelten, sondern ganzheitlich<br />

für „Zukunft Fleisch“.<br />

Wer glaubt, Future Meat sei eine Erfindung der Neuzeit,<br />

der irrt. Schon vor 50 Jahren kam „TVP“ – textured<br />

vegetable protein – auf den Markt. Das geformte Pflanzeneiweiß,<br />

oder genauer das geformte, entfettete Sojamehl<br />

mit hydrolisiertem pflanzlichem Eiweiß, gewürzt<br />

mit Kräutern und Salz – wie es „Die Zeit“ im Sommer<br />

1968 beschreibt – sollte Fleisch ersetzen „wo Fleisch<br />

fehlt, abgelehnt wird oder zu teuer ist“. Inzwischen ist<br />

Tofu zwar ein gängiger Fleischersatz, aber kein Renner<br />

im Alternativfleisch-Sektor. Heute bekommt das alte<br />

Sojaformfleisch fast täglich neue Konkurrenz aus den<br />

Laboren der Welt. Die meisten Fleisch verarbeitende<br />

Betriebe betrachten diese Entwicklung skeptisch, einige<br />

haben jedoch ihr Misstrauen überwunden, investieren<br />

in hier engagierte Start-ups und definieren sich neu.<br />

Neben der traditionellen Fleischindustrie bringt sich der<br />

Proteinmarkt von morgen in Stellung.<br />

Renate Kühlcke<br />

Chefredaktion<br />

FLEISCHWIRTSCHAFT<br />

Alternativlos sind die Veränderungen im Produktionsbereich.<br />

Die digitale Transformation hin zur Smart Meat<br />

Factory im Sinn von Industrie 4.0 steht unmittelbar vor<br />

der Tür. Bislang blieb die große Revolution aus, stattdessen<br />

ging’s in vielen kleinen, aber immer schneller<br />

werdenden Schritten bei Produkt- und Prozessüberwachung,<br />

Kennzeichnungstechnik, Verpackung, Distribution<br />

und Logistik, Wartung und Instandhaltung voran.<br />

Daten sind die neue Währung in den immer stärker<br />

digital gesteuerten Unternehmen; besser gesagt, deren<br />

strukturierte Analyse. Mit ihrer Hilfe werden Abläufe effizienter,<br />

die Produktqualität besser und die Maschinenausfallzeiten<br />

verringert. Digitalisierung ist kein Schreckensszenario.<br />

Sie verändert vielmehr Arbeitsinhalte,<br />

ermöglicht Flexibilität und kann Arbeiten erleichtern<br />

– in Zeiten des Fachkräftemangels kann hier schon ein<br />

Erfolgsschlüssel liegen. Und auch für eine nachhaltigere<br />

Produktion eröffnet Industrie 4.0 Chancen. Ein ermutigender<br />

Ausblick auf die Zukunft (von) Fleisch. ○<br />

Foto: Felix Holland<br />

Impressum<br />

Future Meat<br />

Eine Sonderveröffentlichung<br />

der FLEISCHWIRTSCHAFT<br />

www.fleischwirtschaft.de<br />

Deutscher Fachverlag GmbH<br />

Mainzer Landstraße 251<br />

60326 Frankfurt am Main<br />

Geschäftsführung<br />

Peter Esser (Sprecher),<br />

Sönke Reimers (Sprecher)<br />

Markus Gotta<br />

Peter Kley<br />

Aufsichtsrat<br />

Andreas Lorch, Catrin Lorch,<br />

Peter Ruß, Angela Wisken<br />

Verlagsleitung<br />

Christian Schnücke<br />

Anzeigenleitung<br />

Christine Contzen<br />

Projektleitung Redaktion<br />

Renate Kühlcke<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />

Nadine Filko, Sabrina Meyer<br />

Projektleitung Produktion<br />

Peter Schneider, dfv Corporate Media<br />

Gestaltung<br />

Ralph Stegmaier<br />

Druck<br />

Westdeutsche Verlagsund<br />

Druckerei GmbH<br />

Kurhessenstraße 4-6<br />

64546 Mörfelden-Walldorf<br />

Coverfotos:<br />

Adobe Stock (3):<br />

Sea Wave, Dmytro S, oilslo<br />

Imago Images (2):<br />

BE&W, Shotshop<br />

Alle veröffentlichten Beiträge sind<br />

urheberrechtlich geschützt.<br />

Ohne Genehmigung des Verlages<br />

ist eine Verwertung strafbar.<br />

© Deutscher Fachverlag GmbH,<br />

Frankfurt am Main<br />

Future Meat 3


Arbeitswelt 4.0<br />

Work smart statt<br />

work hard –<br />

Wunsch und<br />

Wirklichkeit<br />

klaffen (noch)<br />

weit auseinander<br />

Foto: Petra Schramböhmer<br />

Die Arbeitswelt 4.0 – die Summe<br />

aus Industrie 4.0, Arbeiten 4.0<br />

und Bildung 4.0 – verändert sich<br />

durch den Vormarsch immer<br />

smarterer Technologien rasant und<br />

nachhaltig. Statt sich vom Wandel<br />

treiben zu lassen, steuern immer<br />

mehr Unternehmen aktiv in diese<br />

neue Kultur. Das wird generell als<br />

Chance und als Bedrohung zugleich<br />

empfunden.<br />

Die Fleischindustrie hat in puncto Industrie 4.0<br />

aus Sicht der Personalberatung AFC dabei zwei<br />

Gesichter: Zum einen sind die Produkte „ur-analog“,<br />

gleichzeitig sind die in diesem Sektor eingesetzten<br />

Maschinen und Anlagen technologisch führend. Sich<br />

selbst organisierende Schlachthöfe, Verarbeitungsmaschinen,<br />

die die benötigten Rohstoffe selbständig<br />

anfordern, Zerlegestraßen, die Fleischteilstücke über<br />

Sensoren digital erfassen, untereinander kommunizieren<br />

und zu den Verpackungsrobotern befördern – die<br />

Reise hin zur Smart Factory, die komplexe Abläufe perfekt<br />

beherrscht, resistent gegen Ausfallzeiten ist und<br />

jederzeit auf Änderungen im Produktionsprozess reagieren<br />

kann, ist zwar noch weit, doch angefangen hat<br />

sie längst.<br />

Als Mittel zur Effizienzsteigerung hat die Digitalisierung<br />

hier längst Einlass gefunden. Ängste, dass Industrie 4.0<br />

oder Arbeit 4.0 Fach- und Führungskräfte verdrängen<br />

könnte, erscheinen den Befragten der AFC-Studie zufolge<br />

unbegründet. Eher das Gegenteil ist der Fall: 46%<br />

sehen eine „Steigerung des Bedarfs an sehr gut ausgebildeten<br />

Fach- und Führungskräften“, denn diese Gruppe<br />

werde durch die sich stetig wandelnde Arbeitswelt<br />

mit technologischen Entwicklungen immer wieder vor<br />

enorme Herausforderungen gestellt.<br />

Als wichtigste Maßnahme zur Umsetzung von Arbeit<br />

4.0 gilt die „Erhöhung der Digitalisierung und Automatisierung“<br />

(64%). Mitarbeitern in Vertrieb, Marketing,<br />

Verwaltung und dem Außendienst wird somit zumindest<br />

technisch ermöglicht, von überall und zu jeder Zeit<br />

arbeiten zu können. Auf diese Weise wird eine „flexiblere<br />

Planung von Arbeitsalltag und Arbeitszeit“ (46%) Realität.<br />

Ein Plus, das dem Wunsch nach Work-Life-Balance<br />

der Generation Y entspricht. Einen massiven Einbruch<br />

der Beschäftigtenzahlen durch die zunehmende Digitalisierung<br />

befürchtet die Fleischbranche kaum.<br />

Mit Blick auf die stufenweise Entwicklung der Automatisierung<br />

wird klar: Sie arbeitet seit jeher für und<br />

nicht gegen den Menschen. Maschinen entlasten die<br />

Menschen von schwerer körperlicher oder monotoner<br />

Arbeit, um am Ende sogar wettbewerbsfähiger zu sein.<br />

Die Fleischfabrik von übermorgen ist geprägt von Vielfalt,<br />

Flexibilität und permanentem Wandel. Der Konsument<br />

und seine individuellen Wünsche stehen dabei im<br />

Mittelpunkt: Das Bedienen lokaler Mikromärkte, eine<br />

immer weiterwachsende Vielfalt an Produkten sowie<br />

eine extreme, global praktizierte Kundennähe sind im<br />

Jahr 2035 der neue Standard. Auch der Mitarbeiter von<br />

übermorgen ist ein anderer. ○<br />

4 Future Meat


Arbeitswelt 4.0<br />

3 Fragen an<br />

Andreas Steinemann<br />

Geschäftsführer bei Steinemann<br />

1.<br />

Wie schätzen Sie die Zukunft von Automatisierungslösungen<br />

in Schlachtunternehmen ein?<br />

Robotergestützte Automatisierungslösungen werden<br />

aus unserer Sicht in Schlachtunternehmen künftig eine<br />

immer bedeutendere Rolle einnehmen. Die wachsenden<br />

Probleme hinsichtlich des Fachkräftemangels sowie<br />

die damit einhergehenden steigenden Kosten und<br />

nicht zuletzt auch die steigenden Anforderungen hinsichtlich<br />

der Betreuung und Unterbringung des Personals,<br />

machen aus ökonomischer Sicht den Einsatz von<br />

Robotertechnik immer erwägenswerter.<br />

2.<br />

Wo sehen Sie die Hauptgründe für den aktuell fehlenden<br />

Robotereinsatz?<br />

Die Hauptgründe liegen aus meiner Sicht in den Investitionskosten,<br />

dem zum Teil großen Platzbedarf sowie<br />

bei den Berührungsängsten mit neuer Technik. Und<br />

nicht zuletzt muss auch beim Robotereinsatz eine gewisse<br />

Redundanz vorhanden sein, um ausfallsicher zu<br />

bleiben. In unserem Hause beispielsweise werden Investitionsvorhaben<br />

immer sehr kritisch beleuchtet. Als<br />

Mittelständler entscheiden wir eher konservativ und<br />

wägen Investitionsvorhaben über alle Standorte hinsichtlich<br />

deren ROI generell gegeneinander ab.<br />

3.<br />

In welchen Unternehmensbereichen sehen Sie das<br />

größte Automatisierungspotenzial?<br />

Schlachtung, Verpackung, Versand, Verladung ○<br />

Foto: Steinemann


Digitalisierung<br />

Teil der Vision<br />

und Strategie<br />

Revolution oder Prozess –<br />

jedes Unternehmen<br />

muss seinen Weg finden<br />

Der Weg in die Zukunft führt auch in<br />

der Fleisch- und Wurstproduktion<br />

über die Digitalisierung. Automationsund<br />

Softwarelösungen machen<br />

die Produktion und die Abläufe in<br />

Fleischbetrieben immer intelligenter.<br />

Digitalisierung treibt diesen Wandel<br />

voran, verändert Arbeitsstrukturen,<br />

-modelle und Ansprüche.<br />

Die einzige Konstante ist die Veränderung. Dieser<br />

Ausspruch des Philosophen Heraklit ist jahrtausendealt<br />

und scheint mit dem Siegeszug der<br />

Digitalisierung doch aktuell wie nie. Längst haben viele<br />

Unternehmen das Potenzial des digitalen Wandels erkannt<br />

und befinden sich im Veränderungsprozess. Der<br />

Weg in Richtung Industrie 4.0 ist eingeschlagen – jetzt<br />

gilt es, die Herausforderungen bei der Vernetzung zu<br />

lösen und die richtigen technischen Antworten auf viele<br />

unterschiedliche Anforderungen zu finden. So steigt<br />

einerseits die Produktvielfalt, während andererseits die<br />

Produktlebenszyklen und Losgrößen sinken. Vor diesem<br />

Hintergrund benötigen die Hersteller, Verarbeiter<br />

und Verpacker zunehmend leistungsfähigere sowie<br />

flexiblere, untereinander vernetzte Maschinen und Anlagen.<br />

Diese Transformation bedingt Unternehmensabläufe<br />

zu überdenken. Dies bleibt nicht beschränkt auf die<br />

intra-unternehmerischen Prozesse, sondern wirkt sich<br />

auch auf das Zusammenwirken mit Lieferanten, Kunden<br />

und Partnern sowie auf völlig neue technologiebasierte<br />

Ansätze aus. Im Zentrum der Digitalstrategie<br />

eines Unternehmens stehen also nicht Technologie und<br />

Daten, sondern Organisationsabläufe, Infrastruktur<br />

und letztlich geht es um die Platzierung des Themas im<br />

Management. Digitalisierung ist immer als Teil der Vision<br />

und Strategie bis hin zum Überdenken des gesamten<br />

Geschäftsmodells zu sehen.<br />

Transparente Prozesse sparen Zeit und Kosten<br />

Wer sich dieser Aufgabe konsequent stellt, dem erschließen<br />

sich neue Chancen zur Kostenreduktion,<br />

Beschleunigung von Abläufen in der Produktion und<br />

zur Individualisierung von Produkten. Großes Potenzial<br />

haben auch Logistikprozesse, die transparenter und<br />

effizienter werden. Pragmatische Lösungen können<br />

Frachtkosten optimieren, Kommunikation effizienter<br />

gestalten und Kosten sparen. So macht der Einsatz<br />

digitaler Endgeräte und Systeme beispielsweise das<br />

manuelle Erfassen am Warenausgang überflüssig. Mit<br />

der Folge, dass sich das Fehlerpotenzial verringert und<br />

die Abfertigung für den Transport beschleunigt. Zudem<br />

können Sensorsysteme die Kühlkette während des<br />

Transports und etwaiger Umladungen kontrollieren sowie<br />

dokumentieren. Auch ermöglicht das Tracking der<br />

Transporte eine Berechnung der Ankunftszeit und erleichtert<br />

dadurch ein genaues Steuern an der Rampe.<br />

Idealerweise sind alle Logistikpartner über Multi-Plattformen<br />

miteinander verbunden und tauschen Daten in<br />

Echtzeit aus. So entstehen transparente Prozesse, die<br />

Zeit und Kosten sparen.<br />

Letztlich können mit der Einführung neuer, digitaler<br />

Methoden und Lösungen gerade dort zusätzliche Spielräume<br />

geschaffen werden, wo klassische Instrumente<br />

ausgereizt sind. Schon heute sind die Maschinen<br />

6 Future Meat


Digitalisierung<br />

Der Einsatz digitaler Endgeräte<br />

macht das manuelle Erfassen<br />

am Warenausgang überflüssig.<br />

miteinander verbunden, um die lückenlose Rückverfolgbarkeit<br />

über die gesamte Wertschöpfungskette<br />

sicherzustellen. Der nächste Schritt ist die direkte Kommunikation<br />

der einzelnen Anlagenmodule in Echtzeit.<br />

Auch im Bereich der Wartung, Stichwort Predictive<br />

Maintenance, eröffnet die Digitalisierung neue Möglichkeiten.<br />

So können künftig Maschinen selbstständig<br />

Informationen über ihren Betriebszustand an den Instandhalter<br />

zurückmelden. Intelligente Sensorsysteme<br />

übernehmen dabei eine Schlüsselrolle. Diese künstlichen<br />

„Sinnesorgane“ erfassen neben Größen wie<br />

Foto: Adobe Stock / zapp2photo<br />

Druck, Volumen und Temperatur auch Gase und mikrobielle<br />

Verunreinigungen. Auf Basis dieser Zustandsdaten<br />

kann sich die Produktion weitgehend selbst überwachen.<br />

Industrie-4.0-taugliche Sensoren verfügen<br />

neben den Ausgängen für die Anlagensteuerung über<br />

eine weitere Schnittstelle für Cloud-Dienste.<br />

Eine neue Qualität der Zusammenarbeit<br />

In der vernetzten Wirtschaft bekommt die Zusammenarbeit<br />

zwischen Mensch und Maschine eine neue<br />

Qualität. Die Unternehmen der Fleisch- und Fleischwarenindustrie<br />

können hier auf einen großen Erfahrungsschatz<br />

setzen. Soft- und Hardware mussten schon<br />

Gewicht und Währung kombinieren, bevor Buchhaltungsprogramme<br />

dazu in der Lage waren. Es folgten<br />

die EAN-Codes und Pflichten zur Rückverfolgbarkeit,<br />

die Kühl- und Logistikkette wurde immer weiter verfeinert<br />

und bis zur Losgröße 1 scheint der Weg nicht mehr<br />

weit. Das alles wäre heute ohne modernste EDV schon<br />

nicht mehr zu händeln.<br />

Digitalisierung kann einer Revolution oder einem Prozess<br />

gleichen. Maßgeblich wird sein, wie schnell ein<br />

Unternehmen in der Lage ist, aus den gewachsenen<br />

Strukturen, Organisations- und Denkmodellen auszubrechen<br />

und sich mit einer eigenen Digitalstrategie zu<br />

beschäftigen. ○


Alternativen<br />

Meat4all<br />

Zeit, sich<br />

zu kultivieren<br />

Offen für den Markt<br />

von morgen<br />

Warum politische Investitionen<br />

und Zugeständnisse für<br />

kultiviertes Fleisch noch lange<br />

nicht reichen – Zwei Stimmen,<br />

ein Plädoyer für die Kultivierung<br />

der Fleischindustrie.<br />

Meat4all“ ist ist Forderung, Ziel und Zeichen<br />

des Wandels zugleich. Denn das unter diesem<br />

Namen geführte Forschungsprojekt zu<br />

kultiviertem Fleisch konnte sich über ein 2,7 Mio. €<br />

hohes Investment des „Horizon<strong>2020</strong>“-Programms der<br />

Europäischen Union freuen. Ein Silberstreifen am Horizont<br />

der Regulierung? Vielleicht.<br />

Für Laura Gertenbach, CEO und Co-Gründerin des<br />

Start-ups Innocent Meat, ist dieses Investment lange<br />

überfällig. Laut der jungen Unternehmerin schauen wir<br />

auf eine „wundersame Förderpolitik“ im Bereich alternativer<br />

Proteine: „Nehmen wir die Bundesanstalt für<br />

Landwirtschaft und Ernährung. Die haben erkannt,<br />

dass wir eine Eiweißstrategie brauchen und das Förderprogramm<br />

„Legumiosen anbauen“ initiiert. Das ist gut<br />

gemeint, aber rückständig“, moniert Gertenbach. Für<br />

die in der Landwirtschaft aufgewachsene Visionärin ist<br />

es wenig sinnvoll, den Anbau der Leguminosen zu fördern,<br />

die Weiterverarbeitung über Ersatzprodukte aber<br />

nicht. Die interdisziplinäre Branche brauche interdisziplinäre<br />

Investments – aus Politik und Industrie. Letztere<br />

muss sich dabei für die Expertin auf multiple Weise<br />

öffnen: „Das Interesse an der Technologie ist schon in<br />

Ansätzen da, muss aber noch wachsen. Vor allem fehlt<br />

es am Willen zur Zusammenarbeit mit Start-ups“, weiß<br />

Gertenbach.<br />

Auch Dr. Nina Buffi, Managing Director der OSPIN<br />

GmbH, fordert eine Öffnung des deutschen Markts.<br />

Ihre Lösungen werden seit zwei Jahren nicht mehr nur<br />

beim Tissue Engineering eingesetzt, sondern auch von<br />

der Szene rund um kultiviertes Fleisch. „Die Nachfrage<br />

wächst. Wir haben in zwei Jahren sechs Kunden gewonnen“,<br />

erinnert sich Buffi und führt weiter aus: „Die<br />

meisten Investitionen finden immer noch in den USA<br />

statt. Ihre Kultur ist einfach risikofreudiger.“ Ein Risiko,<br />

das auch deutsche Industrielle laut der Expertin eingehen<br />

sollten. Daraus würden sich auf lange Sicht ökonomische<br />

Vorteile ergeben – denn sie hätten einen Fuß in<br />

beiden Türen der Fleischproduktion. Und diese werden<br />

sehr wahrscheinlich lange Zeit nebeneinanderstehen –<br />

offen für den Markt von Morgen. ○<br />

Nadine Filko<br />

„Meat4all“ ist für Dr. Nina Buffi<br />

(oben ) und Laura Gertenbach<br />

ein Hoffnungsschimmer.<br />

Foto: Privat Foto: Privat<br />

8 Future Meat


Alternativen<br />

BURGER AUS DER PETRISCHALE<br />

Herstellung von In-vitro-Fleisch, vereinfachte Darstellung<br />

In einer Nährlösung aus Zucker,<br />

Aminosäuren, Mineralien und Vitaminen,<br />

gefüttert mit dem Wachstumsserum,<br />

wachsen die Stammzellen heran.<br />

FLEISCHATLAS 2018 / VIER PFOTEN, STOCKMAR<br />

Grafik: Bartz/Stockmar, Fleischatlas 2018<br />

Einer lebenden Kuh wird<br />

Muskelgewebe entnommen,<br />

um daraus adulte<br />

Stammzellen zu gewinnen.<br />

In Bioreaktoren<br />

wachsen die<br />

Muskelfasern<br />

heran. Gerüste üben<br />

Zug aus, der die<br />

Muskeln trainiert.<br />

Das Wachstumsserum stammt<br />

aus dem Blut lebender Föten. Das<br />

Muttertier wird geschlachtet, der<br />

Fötus stirbt durch die Entnahme.<br />

Vielleicht können Algen schon<br />

bald das Kälberblut ersetzen.<br />

Im Fleischwolf werden die<br />

Fasern zu einer Fleischmasse<br />

für Burger oder Wurstwaren,<br />

ein übliches Verfahren.<br />

Herstellung von In-vitro-Fleisch<br />

Clean Meat & Start-ups<br />

Cultured Meat<br />

Gekommen, um zu bleiben<br />

Clean Meat scheint der Realität immer<br />

näher zu kommen. Das Interesse und<br />

die Investitionen von Anlegern wachsen.<br />

GlobalData, ein Marktforschungsunternehmen<br />

aus London, sieht<br />

die Unterstützung als ein Anzeichen<br />

für ein bald marktreifes Produkt.<br />

„Das Potenzial von zellbasiertem oder<br />

kultiviertem Fleisch wurde nie in<br />

Zweifel gezogen.<br />

In einer Ära, in der der Tierschutz und die weltweite<br />

Nahrungsmittelknappheit ein großes Problem darstellen,<br />

deckt Laborfleisch viele Anforderungen der<br />

Verbraucher ab“, bewertet Andy Coyne, Lebensmittelexperte<br />

bei GlobalData die Entwicklung.<br />

Investitionen kündigen Wandel an<br />

Die dauerhaften Investitionen zeigten laut Global<br />

Data, dass dies nicht mehr nur erste Unterstützer<br />

sind, sondern Treiber des kommenden Wandels. Die<br />

ersten Produkte kommen bald auf den Markt. Mosa<br />

Meat zum Beispiel will in den nächsten Jahren ein<br />

Rindfleischprodukt anbieten und ist dabei, seine erste<br />

Pilotproduktionsanlage zu entwickeln. Dort werden<br />

die ersten marktreifen Produkte konzipiert. New<br />

Age Meats hat schon Würstchen aus Zellfleisch entwickelt.<br />

Ziel ist es, in einer ähnlichen Zeitspanne die<br />

Marktreife zu erreichen.<br />

Akzeptanz ist problematisch<br />

Doch Coyne sieht auch noch Probleme: „Es werden<br />

noch Hindernisse in Bezug auf die Regulierung und die<br />

öffentliche Wahrnehmung zu überwinden sein.“ Dennoch<br />

ist er sich sicher, dass die Unternehmen eine gute<br />

Grundlage haben.<br />

Weltweit haben sich einige Start-ups etabliert und gegründet,<br />

die sich vollkommen diesem Trend widmen<br />

und große Investitionsbeiträge anziehen – auch von<br />

Fleisch verarbeitenden Unternehmen. Das Interesse<br />

des Verbrauchers steigt sowie auch das Interesse der<br />

Branche. ○<br />

10 Future Meat


Alternativen<br />

Pflanzliche Alternativen<br />

Pflanzliches Protein<br />

Nachhaltig, gesund, schmackhaft<br />

Foto: Imago Images / Panthermedia<br />

Gesundheitsbewusste Verbraucher<br />

fühlen sich besonders von<br />

den pflanzlichen Alternativen<br />

angesprochen. Hier gibt es verschiedene<br />

Abstufungen, sei es vom vollkommenen<br />

Ersatzprodukt bis hin zur Inkorporation<br />

von pflanzlichem Protein in<br />

Fleischprodukte.<br />

Der Markt bietet vielfältige Optionen zur Auswahl<br />

und viele Fleisch verarbeitende Unternehmen<br />

schließen sich diesem Trend an und bieten eigene<br />

Marken und Produkte an. Besonders im englischsprachigen<br />

Raum haben sich Mischprodukte etabliert<br />

und sind beliebt bei den Verbrauchern. Im gleichen<br />

Maße wird deren Gesundheitsbewusstsein sowie auch<br />

der Drang zu nachhaltigeren Produkten zu greifen, befriedigt.<br />

Geringere Umweltbelastung<br />

Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung PwC<br />

im Auftrag von Blue Horizon bestätigt diese Vermutungen.<br />

Alternative Proteinquellen auf pflanzlicher Basis<br />

belasten die Umwelt weit weniger als entsprechende<br />

tierische Produkte. Die Monetarisierung der Umweltkosten<br />

zeichnet der Untersuchung nach zufolge ein<br />

klares Bild: Ein Kilogramm konventionell produziertes<br />

Rindfleisch führt demnach zu durchschnittlichen Umweltkosten<br />

von 7,26 US $. Dem gegenüber stehen Kosten<br />

von nur 0,48 US $ pro Kilogramm bei Alternativen<br />

auf pflanzlicher Basis. Bei Hühner- und Schweinefleisch<br />

sei die Differenz zwar geringer, jedoch noch immer erheblich:<br />

1,66 $ gegenüber 0,30 $ pro Kilogramm Geflügel<br />

und 0,72 US $ gegenüber 0,21 US $ bei Schweinefleisch.<br />

In der Studie nicht betrachtet wurde die<br />

ernährungsphysiologische Wertigkeit der pflanzlichen<br />

Alternativen. Momentan beschäftigen die Alternativen<br />

vor allem die Politik: Veggie-Burger, -Schnitzel & Co.<br />

dürfen auch weiterhin so heißen. Das hat das Europa-<br />

Parlament jetzt entschieden.<br />

Wachstum in der Nische<br />

Noch handelt es sich bei den Produkten um eine Nische,<br />

doch diese Nische wächst an – besonders in Zeiten der<br />

Corona-Pandemie wiesen die veganen und vegetarischen<br />

Fleischalternativen ein rasantes Wachstum auf.<br />

Der Umsatz mit pflanzlichen Fleisch- und Milchersatzprodukten<br />

dürften in der Europäischen Union und im<br />

Vereinigten Königreich auch in den kommenden Jahren<br />

kräftig zunehmen. Die ING Bank beziffert den betreffenden<br />

Umsatz in einer aktuellen Marktanalyse mit<br />

Verweis auf Daten des Londoner Marktforschungsunternehmens<br />

Euromonitor für 2025 auf insgesamt<br />

7,5 Mrd. €; das wären 3,1 Mrd. € oder 70,5% mehr als<br />

der für beide Produktgruppen geschätzte Gesamterlös<br />

im Jahr 2019. Mit Blick auf 2025 wird im Einzelnen für<br />

pflanzliche Milchalternativen von einem Markt von<br />

rund 5 Mrd. € und hinsichtlich der Fleischalternativen<br />

von 2,5 Mrd. € Umsatz ausgegangen. Im vorigen Jahr<br />

wurden mit diesen Produkten 3 Mrd. € sowie 1,4 Mrd. €<br />

umgesetzt. Das für die kommenden Jahre unterstellte<br />

Umsatzwachstum würde den Entwicklungen der vergangenen<br />

Dekade entsprechen. Nach Einschätzung der<br />

ING Bank werden die pflanzlichen Substitute trotz der<br />

erwarteten kräftigen Wachstumsraten in den kommenden<br />

fünf Jahren aber weiterhin nur eine Marktnische<br />

besetzen. Der Anteil von Fleischalternativen am<br />

Gesamtmarkt für Fleisch und Fleischprodukte wird den<br />

Banker-Prognosen zufolge bis 2025 zwar um 0,6 Prozentpunkte<br />

zunehmen, kommt dann aber auch erst auf<br />

1,3%. Gleichzeitig soll der Marktanteil von Milchalternativen<br />

um 1,6 Prozentpunkte auf 4,1% steigen. ○<br />

12 Future Meat


Alternativen<br />

Unternehmen und Start-ups<br />

aus dem Bereich der Fleisch- und Fischerzeugung<br />

aus Zellkulturen bzw. auf Pflanzenbasis<br />

Unternehmen Standort Produkt Gründer/CEO<br />

Aleph Farms Rechovot, Israel Fleisch Didier Toubia, Shulamit<br />

Leveneberg<br />

Beyong Meat El Segundo, USA Burger, Wurst Ethan Brown<br />

Bio Tech Foods San Sebastian, Spanien Fleisch Mercedes Vila Juárez<br />

Blue Nalu San Diego, USA Meeresfrüchte Loo Cooperhouse, Chris<br />

Dammann, Chris Somogyi<br />

Clara Foods San Francisco, USA Eiweiß Arturo Elzondo, Davis Anchel,<br />

Isha Datar<br />

Clear Meat Delhi, Indien Hühnerfleisch Pawan Dhar, Kartik Dixit,<br />

Siddharth Manvati<br />

Cubic Foods Barcelona, Spanien Hühnerfleisch Andrés Montefeltro, Raquel<br />

Revilla<br />

Finless Foods San Francisco, USA Fische Mike Selden, Brian Wywras<br />

Future Meat<br />

Technologies<br />

Jerusalem, Israel Fleisch Yaakov Nahmias, Rom Kshu<br />

Higher Steaks London, Ver. Königreich Fleisch Benjamin Bollag, Stephanie<br />

Wallis, David Hay<br />

Impossible Foods Redwood City USA Rind-, Schweine- und<br />

Hühnerfleisch; Fisch<br />

Patrick O. Brown<br />

Innocent Meat Rostock, Deutschland Fleisch Laura Gertenbach, Philipp<br />

Wolters<br />

Integriculture Tokio, Japan Fleisch Yuki Hanyu<br />

GoodDot Udaipur, Indien Fleisch Abhishek Sinha<br />

Hong Chang Bio-Tech Suzhou, China Schweinefleisch Hong-Jen Chang<br />

JUST San Francisco, USA Fleisch,<br />

Eiersatzprodukte auf<br />

Pflanzenbasis<br />

Life3 Biotech Singapur Hühnerfleisch, Fisch Ricky Lin<br />

Josh Tetrick, Josh Balk<br />

Lightlife Turner Falls, USA Fleisch Michael Cohen, Patricia<br />

Collins<br />

Meatable Leiden, Niederlande Fleisch Krijn de Nood, Daan Luining,<br />

Ruud Out<br />

Memphis Meats San Francisco, USA Fleisch,<br />

Eiersatzprodukte auf<br />

Pflanzenbasis<br />

Uma Valeti, Nicholas<br />

Genovese<br />

Mission Barns San Francisco, USA Fleisch Eitan Fischer, David Bowman<br />

Mosa Meat Maastricht, Niederlande Fleisch Peter Verstrate<br />

Mark Post<br />

Nanjing Zhouzi Future<br />

Food Technology Co.<br />

Nanjing, China Schweinefleisch Zhou Guanghong<br />

New Age Meats San Francisco, USA Schweinefleisch Brian Spears, Andra Necula<br />

14 Future Meat


Alternativen<br />

Unternehmen Standort Produkt Gründer/CEO<br />

Omnipork Kowloon, Hongkong Schweinefleisch auf<br />

Pflanzenbasis<br />

David Yeung<br />

Phuture Foods Singapur Schweinehackfleisch Jack Yap<br />

Shiok Meats Singapur Meeresfrüchte Sandhya Sriram, Ka Yi Ling<br />

Starfield Beijing, China Rindfleisch Chriss Kerr, Cross Chen<br />

Super Meat Tel Aviv, Israel Hühnerfleisch Ido Savir, Shir Friedman<br />

Sweet Earth Moss Landing USA Fleisch Kelly Swette, Brian Swette<br />

Unli<strong>meat</strong> Seoul, Südkorea Rindfleisch Min Keum Chae<br />

Vow Foods Sidney, Australien Kängurufleisch George Peppou, Tim<br />

Noakesmith<br />

Whole Food Singapur Fleisch Dan Riegler, Blair Crichton<br />

Whole Perfect Foods Shenzhen, China Fleisch Zhou Qiyu<br />

WTH Foods Manila, Philippinen Rind- und<br />

Schweinefleisch<br />

Zero Meat by Otsuka<br />

Foods<br />

Osaka, Japan Wurst, Burger –<br />

Stephen Michael<br />

ZhenMeat Beijing, China Fleisch Vince Lu<br />

Quelle: Cell Agri, Windhorst


Alternativen<br />

Insekten pur zu essen, scheint<br />

für viele Verbraucher (noch)<br />

undenkbar – verarbeitete<br />

Produkte hingegen finden eher<br />

Anklang.<br />

Foto: Imago Images / Photothek<br />

Insekten<br />

Vom Ekel<br />

zur Alternative<br />

Mehr als ein Futtermittel<br />

Weit in die Zukunft gedacht, wandelt<br />

sich die Fleischwirtschaft vielleicht<br />

hin zu einer Proteinwirtschaft.<br />

Insekteneiweiß wäre dann auch ein<br />

potenzieller Rohstoff.<br />

Nicht nur pflanzliche Proteine sind erfolgsversprechend,<br />

auch Insekten bieten eine Alternative,<br />

die neben Ekel auch Neugier hervorruft<br />

und Vorteile bieten kann. In diesem Jahr verkündete die<br />

Bundesregierung, dass sie fünf Mio. € für Forschungsund<br />

Entwicklungsprojekte mit Bezug zu Insektenproteinen<br />

ausgeben will.<br />

Umweltbedingte Vorteile<br />

Die Verwendung von Insekten als Lebens- und Futtermittel<br />

könne umweltbedingte Vorteile haben, denn<br />

hochwertiges Futtersubstrat werde von Insekten<br />

effizient verwertet, erläutert die Regierung. Die Abschätzung<br />

eines möglichen Mehrnutzens von aus<br />

Nutzinsekten gewonnenem Protein für die Fütterung<br />

von Nutztieren sei aber noch verfrüht. Einzelne Publikationen<br />

würden derzeit davon ausgehen, dass bei<br />

der Erzeugung von tierischem Protein aus Insekten ein<br />

geringerer Flächen- sowie Wasserbedarf als bei der<br />

Erzeugung von tierischem Protein im Rahmen der konventionellen<br />

Tierhaltungsverfahren bestehe. Insekten<br />

finden dabei nicht nur als Snacks den Weg in den deutschen<br />

Markt, sondern sondern haben auch Potenzial<br />

als Futtermittel.<br />

Ungewöhnliche Produkte<br />

Als Insektenburger, Proteinriegel oder Snacks sind<br />

sie momentan noch Eyecatcher im Supermarktregal.<br />

Gegenwärtig überwiegt bei vielen aber doch noch der<br />

Ekel. 67% der Verbraucher verneinen noch den Kauf<br />

von Alternativen, die aus Insekten hergestellt werden.<br />

Eine höhere Ablehnung trifft nur Cultured Meat. ○<br />

16 Future Meat


Alternativen<br />

Auch die PHW-Gruppe zeigt sich von<br />

der neuen Technologie überzeugt<br />

und sieht eine Unternehmensbeteiligung<br />

als strategische Investition.<br />

Foto: Redefine Meat<br />

3D-Druck<br />

Steak aus dem<br />

Drucker<br />

Cholesterinfrei und kostengünstig<br />

Eine weitere Kuriosität in der Welt<br />

der Alternativen ist das Steak aus<br />

dem Drucker: Insgesamt sechs<br />

Millionen Dollar erhielt das israelische<br />

Unternehmen Redefine Meat als<br />

Startkapital für die Entwicklung von<br />

Fleisch aus dem 3D-Drucker. Zu den<br />

Geldgebern zählen die PHW-Gruppe<br />

aus Visbek-Rechterfeld, Hanaco<br />

Ventures und Angel-Investoren.<br />

Das tierfreie Fleisch besteht aus natürlichen und<br />

nachhaltigen Komponenten. Nach Angaben von<br />

Redefine Meat sind der Geschmack und die Textur<br />

der Alternative nicht von echtem Fleisch zu unterscheiden.<br />

Die Umweltbelastung bei der Produktion sei<br />

um 95% geringer als bei der von tierischem Fleisch. Zudem<br />

sei es cholesterinfrei und kostengünstiger.<br />

Das Produktionsverfahren der Israelis besteht aus einer<br />

patenierten semi-industriellen 3D-Digitaldruckplattform<br />

mit einem der weltweit schnellsten 3D-Drucker,<br />

einem Fleischmodellierungssystem und pflanzlichen<br />

Rezepturen. Peter Wesjohann, CEO der PHW-Gruppe,<br />

hierzu: „Es gibt derzeit kein anderes Unternehmen, das<br />

eine so beeindruckende Entwicklung im Bereich 3D-<br />

Druckfleisch zeigt. Wir sehen Redefine Meat als strategische<br />

Investition, insbesondere im Hinblick auf die<br />

zukünftige Produktentwicklung für den europäischen<br />

Markt.“ ○<br />

18 Future Meat


Nachhaltigkeit<br />

Interview<br />

„Nachhaltigkeit<br />

und Fleisch – wie passt<br />

das zusammen?“<br />

Tobias Metten Geschäftsführender<br />

Gesellschafter Metten Fleischwaren,<br />

über die Vereinbarkeit einer<br />

klimaschonenden Produktion<br />

bei Fleisch verarbeitenden Unternehmen<br />

Foto: Metten<br />

1.<br />

Wie schätzen Sie die Nachhaltigkeitsbemühungen<br />

ihrer Branche ein?<br />

Manch einer mag fragen: Fleisch und Nachhaltigkeit<br />

– wie passt das zusammen? Nachhaltigkeit bedeutet<br />

für mich Umweltbewusstsein, Tierwohl und umfasst<br />

auch soziale Themen der in der Branche beschäftigten<br />

Menschen. Auch wenn einzelne Gruppierungen das aus<br />

ideologischen Gründen anders sehen, sind wir davon<br />

überzeugt, dass Fleisch ein wertvolles Lebensmittel ist,<br />

denn es hat einen hohen Gehalt an wichtigen Nährstoffen.<br />

Es kommt – wie so häufig im Leben – auf die Menge<br />

und die Qualität an. Hier gilt: Weniger und besseres<br />

Fleisch ist mehr.<br />

Auch wenn entlang der gesamten Wertschöpfungskette<br />

während der Fleischproduktion (wie im Übrigen bei<br />

der Herstellung jedes Lebensmittels) mehr oder weniger<br />

große Mengen an Ressourcen verbraucht werden,<br />

so gibt es in unserer Branche seit vielen Jahren zahlreiche<br />

Bestrebungen, den Ressourcenverbrauch zu<br />

schonen und die Umweltverschmutzung durch Investitionen<br />

in moderne Maschinen und Anlagen so gering<br />

wie möglich zu halten. Viele Unternehmen zeigen Verantwortung<br />

und leben Nachhaltigkeit und machen so<br />

das Lebensmittel Fleisch und Wurst zukunftsfähig.<br />

2.<br />

Welche Priorität hat Nachhaltigkeit für Sie als Unternehmer?<br />

Unser Familienunternehmen hat seinen Sitz mitten im<br />

landschaftlich reizvollen Sauerland. Auch deswegen<br />

engagieren wir uns für den aktiven Naturschutz, denn<br />

eine intakte Umwelt liegt uns sehr am Herzen. Das Thema<br />

Nachhaltigkeit ist seit jeher in unseren Firmen-Leitsätzen<br />

fest verankert. Wir verstehen unter dem Begriff<br />

einen Dreiklang aus ökologischer Verantwortung, ökonomischer<br />

Effizienz und sozialen Themen. Denn eine<br />

ressourcenschonende Produktion kann mit den richtigen<br />

Instrumenten langfristig gesehen die Wirtschaftlichkeit<br />

des Unternehmens voranbringen.<br />

3.<br />

Mit welchen konkreten Maßnahmen gehen Sie in<br />

Ihrem Unternehmen voran?<br />

Wir investieren kontinuierlich in moderne, umweltfreundliche<br />

Anlagen. Beispiele aus den letzten Jahren<br />

sind u.a. die Installation einer Hybridfilteranlage und<br />

eines Wärmerückgewinnungssystems sowie der Bau<br />

eines Blockheizkraftwerks mit Nutzung der Abwärme<br />

für die Produktion. Zudem haben wir in unserer Produktion<br />

ein nach ISO 50001 zertifiziertes Energiemanagement<br />

installiert, das die Einsparungen überwacht.<br />

Diese Investitionen entlasten nicht nur die Umwelt,<br />

sondern tragen letztendlich auch zur Minderung der<br />

Energiekosten bei.<br />

Wir fördern in allen Unternehmensbereichen ständige<br />

Verbesserungen und Innovationen. So erreichen wir<br />

Stabilität und werden den wechselnden Anforderungen<br />

des Marktes gerecht. Dazu gehören natürlich auch<br />

kompetente und motivierte Mitarbeiter. Unser Unternehmen<br />

investiert viel Zeit und Aufwand in die Ausund<br />

Weiterbildung und bietet dem Nachwuchs nach<br />

dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung eine Perspektive<br />

im Unternehmen.<br />

Teil unserer Firmenphilosophie ist es auch, die Tafeln<br />

in der Region, Vereine aus Sport und Kultur sowie Veranstaltungen<br />

und wohltätige Zwecke rund um den<br />

Firmensitz zu unterstützen – ganz unkompliziert und<br />

aus Verbundenheit zur Heimat. Nachhaltigkeit hört bei<br />

uns nicht an den Werkstoren auf: Soziale Gerechtigkeit<br />

sowie Engagement für andere Menschen gehören zu<br />

unserer Ideologie, die wir schon seit vier Generationen<br />

verfolgen. ○<br />

Future Meat 19

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