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Die Kraft des Evangeliums 4/2020

Eine Ausgabe vom Missionswerk Voice of Hope

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DIE KRAFT DES<br />

EVANGELIUMS<br />

Eine Ausgabe <strong>des</strong> Missionswerks Voice of Hope • 4/<strong>2020</strong><br />

Eine gesunde Gemeinde<br />

ist eine Versammlung,<br />

die mehr und mehr<br />

Gottes Charakter<br />

widerspiegelt, so wie<br />

Er sich in Seinem<br />

Wort offenbart hat.<br />

Mark Dever<br />

• Hoffnung in dunklen Zeiten (4)<br />

• Missionsbericht – Gottes Wege<br />

sind höher als unsere Wege<br />

• George Whitefield (1714 - 1770)<br />

Brennende Flamme für Gott<br />

• Was unsere Kinder brauchen<br />

• <strong>Die</strong> Kennzeichen<br />

der wahren Gemeinde<br />

• In Krisenzeiten die Reinheit<br />

der Lehre bewahren


INHALT<br />

4<br />

11<br />

16<br />

22<br />

26<br />

34<br />

40<br />

Hoffnung in dunklen Zeiten (4)<br />

Daniel 9,24-27<br />

Missionsbericht<br />

Gottes Wege sind höher als unsere Wege<br />

Was unsere Kinder brauchen<br />

Ein Auszug aus dem Buch »Papa sein, Mama sein«<br />

<strong>Die</strong> Kennzeichen<br />

der wahren Gemeinde<br />

<strong>Die</strong> Verkündigung <strong>des</strong> Wortes Gottes<br />

Gnadenmittel in der Gemeinde<br />

<strong>Die</strong> Gemeindezucht<br />

In Krisenzeiten die Reinheit<br />

der Lehre bewahren<br />

George Whitefield<br />

Ein wahrer Christ und Evangelist<br />

Brennende Flamme für Gott<br />

Jeden Morgen neue Gnade<br />

Das neue Andachtsbuch


DIE ZUKUNFT<br />

IN DER HAND GOTTES<br />

Als Gott diese Welt schuf, »sah [Er] alles, was<br />

Er gemacht hatte; und siehe, es war sehr gut«<br />

(1.Mo. 1,31). Alles, was Er schuf, war sehr<br />

gut und vollkommen. Und gerade aus diesem<br />

Grund bemühte sich der Teufel in seiner Eifersucht<br />

und Bosheit, je<strong>des</strong> Werk zu zerstören, besonders<br />

das höchste Werk Gottes – den Menschen, die Krone<br />

der Schöpfung. Also setzte er zuerst alles daran,<br />

die Frau zu täuschen; sie wiederum verführte ihren<br />

Mann. Und so fiel der Mensch in Sünde.<br />

Aber die Geschichte der Menschheit hört an<br />

dieser Stelle nicht auf. Gott beabsichtigte ein großes<br />

Erlösungswerk. <strong>Die</strong> Erlösung ist sogar ein<br />

größeres Werk als die Schöpfung, besonders in<br />

Anbetracht der Art und Weise, wie Gott sie zustande<br />

brachte, nämlich durch die Sendung Seines<br />

eingeborenen Sohnes in diese Welt, in dem<br />

Wunder der Fleischwerdung, und dann vor allem<br />

durch Seinen Tod am Kreuz.<br />

Das ist das höchste Wunder – dass der in Sünde<br />

gefallene Mensch und letztendlich auch die ganze<br />

Schöpfung erlöst und errettet werden kann. Daher<br />

hat der Widersacher offensichtlich das größte<br />

Interesse daran, auf irgendeine Weise zu versuchen,<br />

dieses Werk Gottes zu zerstören. Zu diesem<br />

Zweck macht er die Gemeinde Jesu zum besonderen<br />

Ziel seiner Angriffe, und es gibt nichts, was so<br />

sehr in seinen Plan passt, als dass wir niedergeschlagen<br />

und schwach werden und Angst vor der<br />

Zukunft haben.<br />

An die Zukunft zu denken ist richtig; aber<br />

sich von der Sorge um die Zukunft beherrschen<br />

zu lassen, ist falsch. Unser Herr lehrt uns in der<br />

Bergpredigt: »Darum sollt ihr euch nicht sorgen um<br />

den morgigen Tag« (Mt. 6,34). Wir verstehen es alle,<br />

dass es Zeitverschwendung ist, sich mit der Vergangenheit,<br />

die man nicht rückgängig machen<br />

kann, zu sehr zu beschäftigen. Aber es ist ebenso<br />

falsch, sich Sorgen um eine Zukunft zu machen,<br />

die im Augenblick noch unklar ist. Der Herr Jesus<br />

lehrt uns: »Sorgt euch nicht um euer Leben!« Er sorgt<br />

für die Speise für unseren Leib, für unsere Gesundheit<br />

und Kleidung. Haben wir das nicht alle<br />

schon genügend erlebt? Können wir unser Leben<br />

auch nur für einen Tag verlängern oder die Zukunft<br />

für unsere Kinder sicherer machen?<br />

Wenn wir uns so viele Sorgen machen, dann<br />

gleichen wir den Heiden – also Menschen, die<br />

Gott nicht kennen. »Trachtet vielmehr zuerst nach<br />

dem Reich Gottes und nach Seiner Gerechtigkeit, so wird<br />

euch dies alles hinzugefügt werden!« (Mt. 6,33), sagt<br />

uns der Herr. Wenn wir vor allem oder zuerst<br />

nach der Gemeinschaft mit unserem Vater trachten,<br />

dann werden wir es erleben, dass Er für uns<br />

sorgen wird! <strong>Die</strong> Sorge ist eine gewaltige Macht,<br />

eine aktive <strong>Kraft</strong>. Wenn wir uns <strong>des</strong>sen nicht bewusst<br />

sind, dann wird sie uns ganz gewiss besiegen.<br />

Kann der Feind uns nicht durch Sorgen<br />

dazu bringen, ängstlich und bedrückt wegen der<br />

gegenwärtigen Umstände zu sein, dann macht<br />

er den nächsten Schritt und lähmt uns durch die<br />

Angst um die Zukunft.<br />

Liebe Brüder und Schwestern, lassen Sie sich<br />

nicht von Ängsten und Sorgen um die Zukunft in<br />

Beschlag nehmen; denn das tun nur Menschen,<br />

die keinen Vater im Himmel haben. Wie auch immer<br />

unsere Zukunft aussehen mag – unser Herr<br />

hat die Kontrolle über das ganze Geschehen auf<br />

dieser Welt. Wenn wir das glauben, dann weigern<br />

wir uns, ständig sorgenvoll an die Vergangenheit<br />

und an die Zukunft zu denken. Wenn der Feind<br />

uns versuchen will, dann sagen wir zu uns selbst:<br />

»Nein, darüber mache ich mir keine Sorgen. Gott,<br />

dem ich heute vertraue, dem kann ich auch in Bezug<br />

auf morgen vertrauen.« Glauben heißt, sich<br />

nicht belasten zu lassen, sondern unsere Lasten<br />

bei unserem Herrn abzuladen. Möge Er uns in<br />

Seiner unendlichen Gnade die Weisheit schenken,<br />

diese Wahrheit anzuwenden! So werden wir<br />

uns dann jeden Tag an Ihm erfreuen können!<br />

Im Herrn verbunden,<br />

Niko Derksen<br />

voiceofhope.de | 3


Teil 4


Hoffnung<br />

IN DUNKLEN ZEITEN<br />

DANIEL 9,24-27<br />

<strong>Die</strong> Zukunft <strong>des</strong> Menschen scheint heute<br />

ein großes Thema zu sein. Man braucht<br />

nur in die Medien zu schauen und an die<br />

zahlreichen Verschwörungstheorien zu denken,<br />

die von globaler Zerstörung durch COVID-19 handeln,<br />

durch einen Impfstoff oder durch Naturkatastrophen.<br />

Eine derartige Haltung zeigt, dass die<br />

Menschen große Sorge um ihre Zukunft haben,<br />

und dass sie ohne Hoffnung leben.<br />

Ein Mensch ohne Christus hat keine sichere<br />

Hoffnung für die Zukunft. Ohne die Hoffnung in<br />

Christus nimmt der Tod schreckliche Ausmaße<br />

an. Was bleibt, ist lediglich ewige Hölle, ewige<br />

Pein und ewige Strafe. In Hiob 27,8 heißt es <strong>des</strong>halb:<br />

»Denn was für eine Hoffnung hat der Frevler,<br />

wenn Gott [ihn] abschneidet, wenn Er ihm seine Seele<br />

entzieht?« Sprüche 10,28 fügt noch hinzu: »Das<br />

Warten der Gerechten wird Freude werden, aber die Hoffnung<br />

der Gottlosen wird verloren sein.« In der Ewigkeit<br />

gibt es nur zwei Bestimmungsorte – Himmel oder<br />

Hölle –, und Gott hat beide geschaffen. Wer durch<br />

den Glauben an Jesus Christus auf dem Weg zum<br />

Himmel ist, hat Hoffnung. Der Rest der Welt hat<br />

keine Hoffnung und wird die ewige Hoffnungslosigkeit<br />

der Hölle erfahren.<br />

In der Bibel jedoch ist Hoffnung nicht ein Wunsch,<br />

sondern eine Realität, »eine Überzeugung von Tatsachen,<br />

die man nicht sieht« (Hebr. 11,1). Biblische Hoffnung<br />

ist eine Realität, die Gott zu geben verheißen<br />

hat, und die Er erfüllen wird. Somit entspringt<br />

die Hoffnung für uns Christen aus der Heiligen<br />

Schrift. Unsere letzte Betrachtung von Daniel 9<br />

sollte jedem Christen zum Trost dienen, weil er<br />

darin sehen kann, wie ein gottesfürchtiger Daniel<br />

mitten in dunklen Zeiten eine großartige Hoffnung<br />

bekommt.<br />

Damals achtete Daniel in der Heiligen Schrift<br />

auf »die Zahl der Jahre, von der das Wort <strong>des</strong> HERRN<br />

an den Propheten Jeremia ergangen war, dass die Verwüstung<br />

Jerusalems in 70 Jahren vollendet sein sollte« (Dan.<br />

9,2). Er wollte wissen, ob jene Weissagung bedeute,<br />

dass nun die Zeit für den Wiederaufbau Jerusalems<br />

gekommen sei, und er wandte sich darum<br />

in eindringlichem Gebet an Gott den Herrn und<br />

bekannte dabei seine Sünden und die <strong>des</strong> Volkes.<br />

<strong>Die</strong> Zerstörung war ja wegen der Sünde <strong>des</strong> Volkes<br />

geschehen.<br />

Daniel 9,20-27 berichtet dann von der Antwort<br />

<strong>des</strong> Herrn auf das Gebet Daniels. Während<br />

er noch betet, sendet der Herr den Engel Gabriel<br />

zu ihm mit einer Aufklärung über die volle Bedeutung<br />

und Erfüllung der Weissagung Jeremias: »Ich<br />

bin gekommen, es dir zu verkünden; denn du bist ein viel<br />

geliebter [Mann]. So achte nun auf das Wort und verstehe<br />

das Gesicht [die Vision]!«<br />

voiceofhope.de | 5


Danach folgt in den Versen 24-27 die Erklärung,<br />

was mit dem wahren Wiederaufbau Jerusalems<br />

gemeint sei und was geschehen soll. <strong>Die</strong><br />

Ursache für die Zerstörung Jerusalems war die<br />

Sünde <strong>des</strong> Volkes. Darum muss die Sünde und die<br />

Schuld entfernt und gesühnt und durch eine ewige<br />

Gerechtigkeit ersetzt werden. <strong>Die</strong>s kann nur<br />

der Messias, der gesalbte Fürst, vollbringen.<br />

DAS AUSROTTEN DES MESSIAS<br />

<strong>Die</strong> Vision, die Daniel gegeben wurde, offenbarte<br />

nicht nur die Rückkehr <strong>des</strong> Volkes Gottes aus der<br />

Gefangenschaft, sondern auch, dass die Vollendung<br />

dieser verheißenen Wiederherstellung <strong>des</strong><br />

Heiligtums in drei Phasen erfolgen würde. <strong>Die</strong>se<br />

drei Phasen werden in den Versen 24-27 beschrieben;<br />

sie geben uns eine Gliederung in 7 Wochen<br />

und 62 Wochen und 1 Woche. <strong>Die</strong> 70 Wochen (Vers<br />

24) sind in 7, 62, und 1 Woche eingeteilt. <strong>Die</strong> erste<br />

Phase – die sieben Wochen – würde vom Erlass<br />

<strong>des</strong> Befehls zur Wiederherstellung und zum Wiederaufbau<br />

Jerusalems bis zu dem Zeitpunkt verlaufen,<br />

an dem dieser Wiederaufbau abgeschlossen<br />

sein würde.<br />

<strong>Die</strong>ser Erlass, von dem in V. 25 die Rede ist,<br />

um Jerusalem wiederherzustellen und wiederaufzubauen,<br />

ist nicht der Erlass eines menschlichen<br />

Königs, sondern ein Erlass, der die Antwort auf<br />

Daniels Gebet in Vers 23 ist. <strong>Die</strong>se Antwort Gottes<br />

selbst bewirkte den Erlass zur Wiederherstellung<br />

Jerusalems, den der Herr in Jeremia 29,10, fast<br />

siebzig Jahre zuvor, verheißen hatte.<br />

Der Erlass <strong>des</strong> Kyrus von 538 v. Chr., der den<br />

Juden die Rückkehr nach Jerusalem erlaubte, war<br />

lediglich der irdische Reflex dieser himmlischen<br />

Entscheidung. <strong>Die</strong>se Unterscheidung zwischen<br />

irdischen und himmlischen Erlassen verdeutlicht<br />

die Schwierigkeit, die mit jedem Versuch verbunden<br />

ist, einen Zeitpunkt festzulegen, von dem aus<br />

eine buchstäbliche Zeitspanne von Jahren gemessen<br />

werden kann.<br />

<strong>Die</strong>se erste Phase – die sieben Wochen – zeigen<br />

Gottes unmittelbare Antwort auf Daniels Bitte:<br />

<strong>Die</strong> Stadt Jerusalem wird in der Tat kurzfristig<br />

wiederaufgebaut werden. Jeremias Prophezeiung<br />

einer Wiederherstellung Jerusalems nach siebzigjähriger<br />

Gefangenschaft wird eine teilweise<br />

Erfüllung finden. Jerusalem wird noch nicht die<br />

vollständige Sicherheit genießen, von der Jeremia<br />

33,16 spricht: »In jenen Tagen wird Juda gerettet werden<br />

und Jerusalem sicher wohnen, und mit diesem Namen<br />

wird man sie benennen: ›Der HERR ist unsere Gerechtigkeit!‹«<br />

Der messianische Fürst (der Gesalbte) wird<br />

erst am Ende dieser zweiten Phase – der neunundsechzigsten<br />

Woche – erscheinen und damit<br />

den Höhepunkt, den der siebzigsten Woche, einläuten.<br />

Doch selbst dann würde Sein Erscheinen<br />

nicht sofort den Frieden und die Gerechtigkeit<br />

einleiten, die Jeremia erwartet hatte. Statt<strong>des</strong>sen<br />

wird der Messias Selbst »ausgerottet werden, und Ihm<br />

wird nichts zuteilwerden« (Dan. 9,26).<br />

Damit stellen wir einmal mehr unsere Erwartungen<br />

an die Geschichte auf den Kopf. Wir neigen zu<br />

der Annahme, dass Gott die Geschichte wie auch<br />

unser Leben, wenn Er die Kontrolle darüber hat,<br />

ziemlich reibungslos verlaufen lassen sollte, immer<br />

weiter vorwärts und aufwärts zur Herrlichkeit<br />

hin. Es mag vielleicht ein paar Zwischenfälle<br />

auf dem Weg geben; aber im Großen und Ganzen<br />

erwarten wir von Gott, dass Er unsere Wege eben<br />

und leicht macht, besonders wenn wir im Gehorsam<br />

Ihm gegenüber leben. Doch die sieben und<br />

zweiundsechzig Wochen, also die gesamte Zeit<br />

einschließlich der neunundsechzigsten Woche in<br />

Daniels Prophezeiung, sind von Schwierigkeiten<br />

und Prüfungen gekennzeichnet, und die siebzigste<br />

Woche ist nicht leichter.<br />

<strong>Die</strong> Zukunft, die Daniel gezeigt wird, ist eine<br />

Zukunft, die Kriege und Kriegsgerüchte sowie<br />

erwartete und erlebte Prüfungen umfasst. Mehr<br />

noch, die Zukunft, die er für das Volk Gottes beschreibt,<br />

spiegelt unsere eigene Zukunft als Christen<br />

wider, und zwar während unserer ganzen<br />

irdischen Pilgerreise hindurch – den beschwerlichen<br />

Weg, den wir zur Herrlichkeit hin beschreiten.<br />

Das Volk Gottes erlebte es schon von Anfang<br />

an so: Es gab immer wieder Verfolgung, Verrat,<br />

Abfall, Spaltungen, Antichristen, falsche Brüder,<br />

und vieles mehr.<br />

Doch diese Prüfungen kennzeichnen unseren<br />

Weg zur Herrlichkeit, weil sie zuerst der Weg un-<br />

6 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


seres Messias zur Herrlichkeit waren. Gott verlangt<br />

von uns nichts, was Er nicht Selbst bereit<br />

war zu tun. Sein eigener Gesalbter, der Christus,<br />

kam in eine Welt <strong>des</strong> Leidens und erlebte dieses<br />

Leiden am eigenen Leib, bis hin zu dem Punkt,<br />

dass Er ausgerottet und mit nichts zurückgelassen<br />

wurde.<br />

Unsere Befürchtungen um gesundheitliche<br />

Nöte wirken kleiner, wenn wir sie mit der Erfahrung<br />

der Kreuzigung bis hin zum Tod Jesu Christi<br />

vergleichen. Unsere finanziellen Probleme können<br />

wir in einen anderen Zusammenhang stellen,<br />

wenn wir sie mit den Soldaten vergleichen, die die<br />

Kleider unseres Herrn unter sich verteilten und<br />

Lose darum warfen. Sie spielten um den einzigen<br />

irdischen Besitz, den Er noch hatte.<br />

Unsere schwierigen Beziehungen und das<br />

Gefühl, verlassen und allein zu sein, sind nichts<br />

im Vergleich zu Jesu Erfahrung, dass alle Seine<br />

Freunde vor Ihm fliehen und leugnen, dass sie Ihn<br />

in Seiner Stunde der Not überhaupt kennen.<br />

Doch es gibt keine größere Verlassenheit als<br />

die, dass der Vater Sein Gesicht wegen der Last<br />

der Sünde, die Er trug, völlig von Ihm abwendet.<br />

Der Gesalbte wurde für uns ausgerottet und mit<br />

nichts zurückgelassen: Er wurde wegen unserer<br />

Sünden verwundet, wegen unserer Übertretungen<br />

zerschlagen, wegen unserer Rebellion verlassen.<br />

Der Weg zur Herrlichkeit führte für Ihn über<br />

den Weg <strong>des</strong> Leidens, und auch wir sind aufgerufen,<br />

diesem Weg zu folgen. Was immer uns auch<br />

in der Zukunft begegnen mag, der Herr hat es uns<br />

im Voraus gesagt und uns sogar dazu ermutigt:<br />

»Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen<br />

und lügnerisch jegliches böse Wort gegen euch reden<br />

um Meinetwillen! Freut euch und jubelt, denn euer Lohn<br />

ist groß im Himmel; denn ebenso haben sie die Propheten<br />

verfolgt, die vor euch gewesen sind« (Mt. 5,11-12).<br />

DIE ZERSTÖRUNG DES HEILIGTUMS<br />

UND DIE ERFÜLLUNG DES NEUEN BUNDES<br />

Bis jetzt ist es recht einfach, die Bedeutung von<br />

Daniels Vision und ihre Beziehung zu den historischen<br />

Ereignissen festzustellen. Schließlich wurde<br />

Jerusalem ja wirklich wiederaufgebaut, und die<br />

Prüfungen und Schwierigkeiten gingen sicherlich<br />

weiter. Als dann Jesus, der Messias, endlich erschien,<br />

wurde Er tatsächlich ausgerottet, als Er<br />

ans Kreuz gehängt und mit nichts zurückgelassen<br />

wurde, ohne irgendeinen Helfer. Der schwierigste<br />

Teil in der Vision ist das, was nun auf das Ausrotten<br />

<strong>des</strong> Messias folgt.<br />

An diesem Punkt wurde Daniel gesagt: Jerusalem<br />

und sein Heiligtum »wird das Volk <strong>des</strong> zukünftigen<br />

Fürsten zerstören« (Vers 26). Aber wer sind diese<br />

Leute, und wer ist ihr Fürst? Außerdem lesen<br />

wir in V. 27, dass jemand in dieser letzten Phase<br />

einen gewissen »Bund« »mit den Vielen« bestätigen<br />

oder stärken wird, und in der Mitte dieser einen<br />

Woche wird er dem Schlacht- und Speisopfer ein<br />

Ende setzen. Wer ist diese Person? Und was ist der<br />

geheimnisvolle »Gräuel der Verwüstung« in Daniel<br />

9,27? Wie hängt das mit den oben beschriebenen<br />

Ereignissen zusammen?<br />

Für einige Christen stellen diese letzten Ereignisse<br />

einen Sprung weit in die Zukunft dar, heraus<br />

aus dem vorhergehenden Kontext. Es gebe gemäß<br />

ihrer Argumentation eine Lücke zwischen<br />

der 69. und der 70. Woche, in der sich die Geschic<br />

hte der Gemeinde abspiele und nach welcher der<br />

Antichrist kommen und Jerusalem und seinen<br />

wiederaufgebauten Tempel zerstören werde.<br />

Bei dieser Betrachtungsweise bedeutet »der<br />

Bund« in Vers 27 eine politische Vereinbarung, die<br />

der Antichrist in jenen letzten Tagen mit einigen<br />

der Juden treffen werde, und er sei derjenige, der<br />

den erneut dargebrachten Opfern und Opfergaben<br />

in jenen letzten Tagen ein Ende setze, indem<br />

er den Jerusalemer Tempel zerstöre, der bis dahin<br />

wieder aufgebaut sei.<br />

Andererseits glauben viele Christen, dass der<br />

hier erwähnte Bund der Bund Gottes, der Neue<br />

Bund mit Seinem Volk ist, der vom Messias Jesus<br />

Christus geschlossen wurde, und dass die Verwüstung<br />

und Zerstörung <strong>des</strong> Tempels im ersten Jahrhundert<br />

n. Chr. stattfand.<br />

Wir müssen erkennen und zugeben, dass diese<br />

beiden Ansichten von Menschen vertreten werden,<br />

die den Herrn wirklich lieben und die Prophezeiung<br />

Daniels ernst nehmen, und dass diese<br />

Verse sicherlich schwer auszulegen sind. Aller-<br />

voiceofhope.de | 7


»Der Kampf<br />

mag zwar heftig<br />

sein, aber er<br />

kann nicht<br />

lange dauern.<br />

<strong>Die</strong> Wolke zieht,<br />

während die<br />

Tropfen fallen,<br />

über deinen<br />

Kopf hinweg;<br />

dann kommt<br />

schönes Wetter<br />

und ein ewiger<br />

Sonnenschein der<br />

Herrlichkeit.«<br />

William Gurnall<br />

dings können diese unterschiedlichen Erklärungen<br />

unmöglich beide richtig sein. Also<br />

müssen wir uns fragen: Welche dieser Ansichten<br />

hat den stärkeren Anspruch, richtig<br />

zu sein, und wie entscheiden wir zwischen<br />

diesen Ansichten?<br />

<strong>Die</strong> beste Methode besteht darin, sich bei unserer<br />

Auslegung vom direkten Kontext leiten<br />

zu lassen. Denken wir daran, dass Daniel im<br />

Gebet zutiefst besorgt war wegen der gebrochenen<br />

Beziehung <strong>des</strong> Volkes zu seinem Gott.<br />

Daraufhin kündigte Gabriel ihm an, dass alle<br />

Verheißungen <strong>des</strong> Neuen Bun<strong>des</strong>, von dem<br />

Jeremia sprach, erfüllt werden würden, und<br />

dafür »sind 70 Wochen bestimmt, um der Übertretung<br />

ein Ende zu machen und die Sünden abzutun,<br />

um die Missetat zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit<br />

herbeizuführen, um Gesicht und Weissagung<br />

zu versiegeln ...« (Vers 24).<br />

Es erscheint mir daher am natürlichsten,<br />

den Bund, der ohne nähere Beschreibung in<br />

Vers 27 erwähnt wird, als den Neuen Bund<br />

anzusehen, der »in der Mitte der Woche«, also<br />

in jenem entscheidenden Moment der Weltgeschichte,<br />

erfüllt werde. <strong>Die</strong> 70. Woche ist<br />

eine Art »Jubiläumswoche«, in der Gott alle<br />

verheißenen Dinge zur Erfüllung bringen<br />

werde.<br />

Wenn das zutrifft, dann ist es ganz klar, dass<br />

es sich um den Messias handelt, der »mit den<br />

Vielen« den »festen Bund schließen« und »Schlachtund<br />

Speisopfer aufhören lassen« wird. Mit dem<br />

Kommen unseres Herrn Jesus in die Welt und<br />

Seinem öffentlichen <strong>Die</strong>nst ist die siebzigste<br />

Woche angebrochen und hat mit Seinem<br />

Tod und Seiner Auferstehung ihre »Mitte«<br />

erreicht, denn »in der Mitte der Woche« wurde<br />

Er gekreuzigt, also »ausgerottet«, V. 26. In<br />

Christus hat also unsere »Jubiläumsposaune«<br />

geblasen, und der Sieg über Sünde und Übertretung<br />

ist gewonnen. Darüber hinaus wurden<br />

mit dem Tod Jesu am Kreuz – in der Mitte der<br />

Woche – die Opfer <strong>des</strong> Alten Testaments überflüssig<br />

und wertlos.<br />

Der Sohn <strong>des</strong> Menschen gab Sein Leben<br />

»als Lösegeld für viele« und brachte diejenigen,<br />

die an Ihn glauben, in die neue Bun<strong>des</strong>beziehung<br />

mit dem Herrn (Mk. 10,45). Der Neue<br />

8 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


Bund, von dem Jeremia sprach, ist jetzt da, wie<br />

unser Herr Selbst in der Nacht vor Seinem Tod<br />

bezeugte, als Er den Kelch, den Er mit Seinen<br />

Jüngern teilte, mit den Worten näher bezeichnete:<br />

»<strong>Die</strong>ser Kelch ist der Neue Bund in Meinem Blut«<br />

(1.Kor. 11,25).<br />

Mit dem Kommen unseres Herrn ist all das, was<br />

Daniel in Kapitel 9 Vers 24 voraussah, im Prinzip<br />

erfüllt worden: Unsere Sünden sind gesühnt, unsere<br />

Übertretungen von uns genommen und die<br />

Worte der Propheten gerechtfertigt bzw. versiegelt.<br />

Natürlich warten wir immer noch a auf den<br />

Tag, an dem Gott all diese Dinge zur endgültigen<br />

Vollendung bringen wird: Wir trinken immer und<br />

immer wieder den Kelch <strong>des</strong> Neuen Bun<strong>des</strong> und<br />

verkünden den Tod <strong>des</strong> Herrn bis zu Seiner Wiederkunft.<br />

Doch da das letztgültige Opfer, das Opfer Jesu<br />

Christi, das für die Übertretungen der Vielen Sühnung<br />

verschaffte, nun dargebracht worden ist,<br />

wurde und wird somit der Tempel in Jerusalem<br />

nicht mehr benötigt. Sobald Jesus am Kreuz starb,<br />

war der Jerusalemer Tempel praktisch überflüssig.<br />

Als Jesus Seinen letzten Atemzug tat, riss der<br />

Vorhang im Tempel in zwei Hälften. Der zerrissene<br />

Vorhang symbolisierte jetzt, dass der Zugang<br />

zu Gott für jeden offen steht, der in Buße und<br />

Glauben zu Ihm kommt.<br />

Jesus Selbst sprach über den Tempel und die<br />

Stadt Jerusalem, dass sie dem Untergang geweiht<br />

seien, weil die Juden sich weigerten, zu Ihm zu<br />

kommen und sich Seiner Herrschaft zu unterwerfen<br />

(siehe Mt. 23,37 bis Kap. 24,2). <strong>Die</strong>ses Urteil<br />

wurde im Jahre 70 n. Chr. vollstreckt. Auch<br />

dies ist genau das, was Daniel 9 voraussah: »<strong>Die</strong><br />

Stadt aber samt dem Heiligtum wird das Volk <strong>des</strong> zukünftigen<br />

Fürsten«, der kommen sollte, »zerstören«<br />

(Dan. 9,26). <strong>Die</strong>ser Fürst ist zu diesem Zeitpunkt<br />

in der Prophezeiung keine neue Figur, sondern<br />

derselbe gesalbte Fürst, der in Vers 25 erwartet<br />

wird.<br />

<strong>Die</strong>se eine Person, die die beiden Ämter <strong>des</strong><br />

»Gesalbten« und <strong>des</strong> »Fürsten« in Daniel 9,25<br />

vereint, wird im ersten Teil von Vers 26, wo der<br />

Schwerpunkt auf Seinem priesterlichen Werk<br />

liegt, sich Selbst als Opfer für die Sünden der Vielen<br />

darbringen, und später, im selben Vers, wird<br />

Er als »Fürst« angesprochen, wo der Schwerpunkt<br />

auf dem Versagen Seines eigenen Volkes liegt,<br />

sich Seiner Herrschaft zu unterwerfen. Mit anderen<br />

Worten, Daniel wurde gesagt, dass Jerusalem<br />

und das Heiligtum, der Tempel, durch den Ungehorsam<br />

und die Rebellion <strong>des</strong> Volkes Israel erneut<br />

zerstört werden würde, genau wie zu Daniels Zeiten.<br />

Genau das ist auch geschehen. In einem tieferen<br />

Sinn war die Zerstörung der Stadt und <strong>des</strong><br />

Tempels von Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. weniger<br />

das Werk der römischen Soldaten als vielmehr<br />

das Ergebnis der Übertretung <strong>des</strong> Volkes Gottes<br />

durch die Ablehnung <strong>des</strong> Messias, den Gott zu<br />

ihnen gesandt hatte. <strong>Die</strong> Ereignisse, die Daniel zu<br />

seiner Zeit beklagte, würden sich also leider in der<br />

Zukunft nochmal wiederholen.<br />

DER GRÄUEL DER VERWÜSTUNG UND<br />

DIE ULTIMATIVE HOFFNUNG<br />

Damit kommen wir zu den letzten Worten <strong>des</strong><br />

Kapitels, die schwieriger sind als alles, was wir<br />

bisher betrachtet haben. »Und Er wird mit den Vielen<br />

einen festen Bund schließen eine Woche lang; und in der<br />

Mitte der Woche wird Er Schlacht- und Speisopfer aufhören<br />

lassen, und neben dem Flügel werden Gräuel der<br />

Verwüstung aufgestellt, und zwar bis die fest beschlossene<br />

Vernichtung sich über den Verwüster ergießt.«<br />

Was der Vers 27 uns vor Augen führt, ist ein<br />

krönender Höhepunkt, der die Verwüstung <strong>des</strong><br />

endgültigen Gerichts verursacht, von dem uns<br />

im vorhergehenden Vers gesagt wurde, dass es<br />

für Jerusalem verordnet worden sei. Im Lichte<br />

<strong>des</strong>sen, was wir bereits gesagt haben, scheint es<br />

wahrscheinlich, dass dieser extreme Gräuel, der<br />

die Zerstörung Jerusalems und seines Tempels<br />

verursacht hat, nichts anderes ist als die Kreuzigung<br />

Christi, die Ablehnung und Ausrottung <strong>des</strong><br />

von Gott ernannten Messias, anstatt ein Ereignis<br />

zu beschreiben, das noch in der Zukunft liegt.<br />

Wenn dies jedoch Jerusalems endgültiges Schicksal<br />

sein sollte, war dann Jeremias Prophezeiung<br />

auf einen Neuen Bund vergeblich? War Israel in<br />

einem sich endlos wiederholenden Kreislauf von<br />

Übertretung und Zerstörung gefangen? Ganz und<br />

gar nicht. Der Herr hatte bereits in Daniel 9,24<br />

voiceofhope.de | 9


deutlich gemacht, dass Er in der Tat alles, wovon<br />

Jeremia gesprochen hatte, im Neuen Bund verwirklichen<br />

würde. In Vers 27 wird bestätigt, dass<br />

trotz der anhaltenden Bosheit und Rebellion Seines<br />

Volkes, die in der Ablehnung <strong>des</strong> Messias und<br />

der daraus folgenden Zerstörung Jerusalems gipfeln<br />

würde, Er dennoch den Bund Gottes mit den<br />

Vielen schließen und Seine Verheißungen wirksam<br />

machen würde. Im Angesicht <strong>des</strong> ultimativen<br />

Gräuels würde Gottes Gnade ihren endgültigen<br />

Triumph finden.<br />

Darin liegt die Hoffnung für die schlimmsten<br />

Sünder in ihren dunkelsten Momenten. Selbst<br />

wenn wir Christus durch unseren Lebensstil gekreuzigt<br />

haben, ist Gottes Gnade für unsere Sünde<br />

ausreichend, wenn wir in Reue zu Ihm kommen.<br />

Selbst wenn wir uns gegen Ihn in jeder möglichen<br />

Weise aufgelehnt und versündigt haben,<br />

gibt es noch Hoffnung. Ob unsere Rebellion nun<br />

mit Drogen, sexueller Sünde, Gewaltverbrechen,<br />

Steuerhinterziehung oder böswilliger Grausamkeit<br />

zu tun hat, auch dann können wir zu Demjenigen<br />

kommen, der »ausgerottet« wurde, und<br />

die Barmherzigkeit und Vergebung empfangen,<br />

die wir brauchen (siehe 1.Kor. 6,9-11). Wir können<br />

von Ihm eine wirksame Reinigung erhalten, eine<br />

Reinigung, die uns letztlich von jeder einzelnen<br />

unserer Sünden reinigt. Welch eine wunderbare<br />

Errettung haben die, welche in Glauben und Buße<br />

zu Christus kommen!<br />

Daniel 9 zeigt uns auch, dass Christus unsere einzige<br />

Hoffnung in der Finsternis ist. Opfer und Gaben<br />

waren in der alttestamentlichen Zeit die vorgeschriebenen<br />

Mittel, mit denen sündige Männer<br />

und Frauen angewiesen wurden, sich Gott zu nahen.<br />

Doch mit dem Kommen unseres Herrn wurden<br />

diese Opfer abgeschafft. Es wäre eine Beleidigung<br />

gegenüber dem vollkommenen Opfer Jesu,<br />

aber auch eine Tragödie, die Uhr zurückzudrehen,<br />

als ob der Tempel in Jerusalem in der Gegenwart<br />

wiederaufgebaut werden könnte und seine Opfergaben<br />

wieder wirksam werden könnten (siehe<br />

Hebr. 10).<br />

Mehr noch, wenn sogar die Mittel, die Gott<br />

Selbst unter dem alten Bund bestimmt hatte,<br />

jetzt durch das Kommen Christi übertroffen<br />

werden, wie viel weniger könnten wir uns Gott<br />

durch irgendein Mittel menschlicher Erfindung<br />

und Weisheit nähern! Christus, und nur Christus<br />

allein, ist derjenige, durch den wir Zugang zu<br />

Gott haben und die Vergebung und den Frieden<br />

empfangen müssen, die Er uns in Seiner Gnade<br />

schenkt. Das Blut <strong>des</strong> Neuen Bun<strong>des</strong> ist das Blut<br />

Christi, welches das einzige Reinigungsmittel ist,<br />

das in der Lage ist, uns von all unseren Sünden<br />

wirksam reinzuwaschen. Es gibt keinen anderen<br />

Weg, um in Gottes Gegenwart zu treten und dabei<br />

zu überleben.<br />

Schließlich erinnert uns Daniel 9 daran, dass wir<br />

weiterhin über diese Weltzeit hinaus nach der<br />

letztendlichen Erfüllung von Gottes Verheißungen<br />

suchen sollten. Wir können und sollten uns<br />

für die Verbreitung <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> in dieser<br />

Welt einsetzen; jeder Christ und jede Gemeinde<br />

sollte, auf welche Weise sie auch immer in der<br />

Lage dazu sind, dies tun, solange uns noch Zeit<br />

zur Verfügung steht. Doch unsere letzte Hoffnung<br />

ist der Posaunenklang <strong>des</strong> Jubiläums Gottes, der<br />

das Kommen <strong>des</strong> Sieges ankündigen wird, den<br />

Christus für uns, die wir Sein Volk sind, errungen<br />

hat, der aber gegenwärtig noch im Himmel für<br />

uns aufbewahrt wird.<br />

Während ein Tag auf den anderen folgt, müssen<br />

unsere Augen ständig nach vorn gerichtet sein<br />

und nach jener Zeit Ausschau halten, in welcher<br />

der Neue Bund in Fülle vollendet wird, wenn wir<br />

den Kelch <strong>des</strong> Neuen Bun<strong>des</strong> mit dem Herrn Jesus<br />

in der Ewigkeit trinken werden. An jenem Tag<br />

werden all unsere Übertretungen beendet, unsere<br />

Sünde abgetan, unsere Missetat gesühnt und unsere<br />

ewige Gerechtigkeit für immer gesichert sein.<br />

Dann wird das Neue Jerusalem vom Himmel herabkommen<br />

und Gottes letzte Herrschaft <strong>des</strong> Friedens<br />

und der Ruhe einläuten, und wir werden mit<br />

Ihm in Herrlichkeit regieren.<br />

Doch bis zu jenem Tag wird uns der Weg, den<br />

wir noch zurücklegen müssen, um zur Herrlichkeit<br />

zu kommen, nicht allzu lang erscheinen, auch<br />

wenn unsere Zeit hier noch voller Prüfungen und<br />

Widerstände zwischen uns und unserem endgültigen<br />

Ziel liegt. Gottes herrliche Gegenwart<br />

ist eine ausreichende Ermutigung auf dem Weg,<br />

und sie wird am Ende unserer Reise eine überaus<br />

glückselige Belohnung sein. Der Herr sichert uns<br />

zu: »Und siehe, Ich komme bald und Mein Lohn mit Mir,<br />

um einem jeden so zu vergelten, wie sein Werk sein wird«<br />

(Off. 22,12).<br />

10 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


GOTTES<br />

WEGE sind<br />

höher als<br />

UNSERE WEGE<br />

EIN EHEMALIGER FLÜCHTLING<br />

KEHRT ZURÜCK IN SEIN HEIMATLAND<br />

Vor etwa 15 Jahren begab sich ein junger<br />

Mann auf die Flucht. Er floh aus seinem<br />

Heimatland Sierra Leone. Er floh vor der<br />

Armut und den entsetzlichen Erinnerungen. Er<br />

floh vor der finsteren Hoffnungslosigkeit, in der<br />

sich Sierra Leone, das sogenannte Armenhaus<br />

Westafrikas, befand. Der Gedanke an seine Heimat<br />

Sierra Leone sollte Freude und Ruhe in ihm<br />

hervorrufen; doch in Wirklichkeit war das Gegenteil<br />

der Fall.<br />

AUF DER FLUCHT<br />

Daniel war noch ein Kind, als er als Soldat in den<br />

Krieg ziehen musste. Anfang 2002 wurde das<br />

Ende <strong>des</strong> Bürgerkriegs verkündet, und Millionen<br />

von Menschen waren auf der Flucht; die wirtschaftliche<br />

und staatliche Struktur war weitgehend<br />

zerstört, und auch vom Gesundheits- und<br />

Schulsystem <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> war nicht mehr viel übrig.<br />

Daniels Eltern lebten nicht mehr, seine Familie<br />

war zerrissen. Ihn hielt dort nichts mehr. Wie<br />

viele andere Menschen flüchtete er.<br />

In Gambia blieb er für einige Jahre. Gambia ist<br />

ein muslimisches Land; 90% der Bevölkerung besteht<br />

aus Muslimen. Doch weil Daniel katholisch<br />

erzogen worden war, zog es ihn zu christlichreligiösen<br />

Menschen. Bei ihnen wurde er zeitweilig<br />

aufgenommen und bekam die Chance, 2 Jahre<br />

lang den Bibelunterricht zu besuchen.<br />

Anfang 2013 ging es für ihn weiter in Richtung<br />

Mittelmeerküste. Sein Ziel war: Europa.<br />

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EIN AUSSERGEWÖHNLICHER<br />

BEGLEITER<br />

Bei einer unserer Reisen nach Sizilien, im April<br />

2014, lernten wir Daniel kennen, weil er nach seiner<br />

Flucht über das Mittelmeer in einem Flüchtlingslager<br />

aufgenommen worden war. Wir nahmen<br />

ihn zunächst mit auf unsere Fahrten in die<br />

Flüchtlingslager. Dort verteilten wir Bibeln, Literatur<br />

und hin und wieder Nahrungsmittel und<br />

Kleidung. Unser Ziel auf Sizilien war es, die große<br />

Anzahl von Flüchtlingen mit dem Evangelium zu<br />

erreichen. <strong>Die</strong> unzähligen Fahrten zu den vielen<br />

verschiedenen Flüchtlingslagern waren ideale<br />

Möglichkeiten, Daniel kennenzulernen und mit<br />

ihm über Gottes Wort zu sprechen. Wir merkten,<br />

wie viele Bibeltexte er frei zitieren konnte und mit<br />

welch einem Interesse er über Gottes Wort sprechen<br />

wollte; doch wir stellten auch fest, dass vieles<br />

von seiner Bibelkenntnis bloß auf verstan<strong>des</strong>mäßigem<br />

Wissen und der Tradition beruhte.<br />

Als wir nach Hause kamen und der Gemeinde von<br />

der Missionsreise erzählten, lag es uns auf dem<br />

Herzen, besonders für den Flüchtling Daniel zu<br />

beten. Uns wurde klar, dass Gott uns gebrauchen<br />

wollte, um Daniel den Heilsweg genauer zu erklären<br />

und ihn in der biblischen Lehre näher zu<br />

unterweisen. So nahmen wir ihn auf wie ein Familienmitglied<br />

und sorgten für ihn. Wegen der<br />

Distanz trafen wir uns mit ihm hauptsächlich<br />

während unserer Reisen nach Sizilien, also im<br />

Durchschnitt etwa jeden zweiten Monat für ein<br />

bis zwei Wochen. (Manchmal waren es aber auch<br />

bis zu 9 Reisen im Jahr.) Für die Zeit zwischen unseren<br />

Treffen gaben wir Daniel Predigten, Kommentare<br />

und weiteres Studienmaterial, das er<br />

studieren und mit dem er lernen konnte.<br />

VOM FLÜCHTLING<br />

ZUM EVANGELISTEN<br />

Durch Gottes Gnade durfte Daniel Gottes Wort<br />

mehr und mehr kennenlernen. Viele persönliche<br />

Gespräche, viele Predigten und Bücher, insbesondere<br />

von John MacArthur, gebrauchte Gott, um<br />

sein Herz zu verändern und ihn zu echter Sündenerkenntnis<br />

und Buße zu führen. So schenkte der<br />

Herr uns eine gesegnete Zusammenarbeit über<br />

mehrere Jahre.<br />

Ab 2015 wagten wir einen weiteren Schritt. Wir<br />

rüsteten Daniel mit Bibeln und Bibelkursmaterial<br />

aus, damit er damit bei regelmäßigen Treffen mit<br />

kleineren Gruppen von Flüchtlingen Bibelunterricht<br />

durchführen konnte. So lernte er selbst und<br />

gab das Gelernte anschließend weiter. Etwa zwei<br />

Mal jährlich kam er zu uns nach Deutschland,<br />

nahm an Seminaren teil, besuchte hier den Bibelunterricht<br />

und verbrachte viel Zeit mit der Gemeinde<br />

vor Ort. Daniel ist Teil unserer Gemeinde<br />

in Reichshof geworden. Er betet für uns, unsere<br />

Familien und unsere Arbeit. Und in den Gebeten<br />

der Gemeinde werden Daniel und seine Familie<br />

nie vergessen. Seine Familie?<br />

12 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


EINE HOCHZEIT<br />

IN SIERRA LEONE<br />

Ja, Daniel hatte den Wunsch zu heiraten.<br />

Gemeinsam baten wir Gott in den nächsten<br />

Monaten und Jahren um Seine Führung für<br />

Daniel. Im Alter von 32 Jahren reiste er zum<br />

ersten Mal zurück in seine Heimat nach Sierra<br />

Leone und lernte dort Patricia kennen. Er<br />

sprach vor Ort mit ihren Eltern und hielt um<br />

ihre Hand an. Sie und auch Patricia willigten<br />

gern ein. Dann sprach er auch mit dem Pastor<br />

der Gemeinde, aus der sie kam. Im selben<br />

Jahr – es war im September 2018 – wurden<br />

sie Mann und Frau. Patricia war bereit, mit<br />

Daniel nach Sizilien zu ziehen und ihn dort<br />

in seinem <strong>Die</strong>nst zu unterstützen. Doch alles<br />

Bemühen um eine Familienzusammenführung<br />

bei der italienischen Behörde war vergebens.<br />

Wir beteten viel für diese menschlich<br />

gesehen ausweglose Lage. Wir wissen, dass<br />

Gott alles lenkt und regiert, und dass es für<br />

Ihn auch ein Leichtes ist, Patricia einen Umzug<br />

zu ihrem Mann nach Sizilien zu ermöglichen.<br />

Doch Gott öffnete einen anderen Weg …<br />

GOTTES WEGE SIND<br />

HÖHER ALS UNSERE WEGE<br />

Als Daniel sich darauf vorbereitete, für einen<br />

Monat nach Sierra Leone zu reisen, um Patricia<br />

zu heiraten, nahm er Bibeln, Literatur<br />

und Geschenke mit. Er flog dorthin, erreichte<br />

ihr Dorf und sah ein altvertrautes Bild – aus<br />

einer neuen Perspektive.<br />

Der Herr hatte sein Leben verändert, seine<br />

Ziele, Wünsche, Pläne, ja sein ganzes Denken.<br />

Zu den Verlorenen, die er früher gar nicht<br />

gesehen, geschweige denn für sie Mitleid<br />

empfunden hätte, hat Gott ihm Retterliebe<br />

geschenkt. Als er jetzt hier in seiner Heimat<br />

war und in die Gesichter schaute, entdeckte<br />

er eine derart mitleiderregende Leere und<br />

Hoffnungslosigkeit, dass es ihm auf der Seele<br />

brannte, ihnen die Botschaft der Errettung zu<br />

bringen. So begann er schon eine Woche nach<br />

der Hochzeit, in den Dörfern zu predigen und<br />

in kleineren und größeren Gruppen Bibelun-<br />

voiceofhope.de | 13


terricht zu geben. Das mitgebrachte Material war<br />

hervorragend dazu geeignet. Auch den kleinen<br />

und größeren Kindern in der Schule predigte er<br />

die frohe Botschaft von Jesus Christus und verteilte<br />

Jugendlichen und Erwachsenen christliche Bücher<br />

und Traktate. Das tat er während der ganzen<br />

Zeit seines Aufenthalts.<br />

GOTTES GNADE<br />

BEI WEITEREN SCHRITTEN<br />

In der darauf folgenden schwierigen Zeit, in der<br />

wir uns gemeinsam um die Familienzusammenführung<br />

bemühten, ist Daniel immer wieder nach<br />

Sierra Leone gereist, um bei seiner Frau zu sein,<br />

und er nutzte jeweils die Zeit auch für den Bibelunterricht<br />

und für Besuche in der muslimischen<br />

Schule – die einzige »Grundschule« in der näheren<br />

Umgebung –, wobei er den Kindern die frohe<br />

Botschaft <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> vermittelte und ihnen<br />

Geschenke, wie Stifte, Schreib- und Ausmalhefte<br />

und Süßigkeiten, mitbrachte. Der <strong>Die</strong>nst an den<br />

Menschen in Sierra Leone weitete sich aus, und<br />

wir begannen, um einen geschützten Ort zu beten,<br />

an dem man sich ungehindert versammeln<br />

kann, und wo auch Kinder in biblischer Weise unterrichtet<br />

werden können. <strong>Die</strong>ses Gebet erhörte<br />

der Herr, indem Er die Möglichkeit schenkte, eine<br />

Kirche und eine Schule zu bauen.<br />

EINE GROSSE<br />

ENTSCHEIDUNG<br />

In der Zwischenzeit haben Daniel und Patricia<br />

ihre Tochter Lydia bekommen. Das machte ihr gemeinsames<br />

Anliegen, als Familie zusammenzuwohnen,<br />

noch dringlicher. Somit wurden auch unsere<br />

Gebete noch ernster und flehender. Während<br />

seines letzten Aufenthalts in Sierra Leone haben<br />

Daniel und Patricia beschlossen, dass er zurück<br />

in seine Heimat zieht. Bald werden sie glücklich<br />

vereint sein – ohne monatelange Trennungen. Sofort<br />

nach seiner letzten Rückkehr nach Sizilien in<br />

diesem September begannen wir gemeinsam, alle<br />

Vorbereitungen für den Umzug zu treffen. Wir erkundigten<br />

uns nach einem Container, um Literatur,<br />

Daniels Möbel und die Haushaltsausstattung,<br />

die wir ihm für seinen <strong>Die</strong>nst in Palermo besorgt<br />

hatten, ein Auto, sowie weitere Dinge, die für die<br />

Arbeit dort nötig sind, nach Sierra Leone transportieren<br />

zu lassen.<br />

EIN RÜCKBLICK<br />

Heute schauen wir zurück und staunen, wie unser<br />

Herr die Menschen so liebt! Er errettete den<br />

Flüchtling Daniel und machte ihn zu einem Verkündiger<br />

<strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>.<br />

Gott hat uns als Gemeinde in Reichshof durch<br />

unser Missionswerk Voice of Hope in Seiner wunderbaren<br />

Gnade insgesamt über 50 Reisen nach<br />

Sizilien und Lampedusa ermöglicht, bei denen<br />

mehr als 40 Flüchtlingslager besucht wurden.<br />

Er vertraute dem Werk über 100.000 Bibeln und<br />

über 60.000 Kalender an, dazu zahlreiche Schriften<br />

und Traktate, die den Menschen dort weitergegeben<br />

werden konnten. In den vergangenen<br />

Jahren waren insgesamt rund 250 Personen aus<br />

England, Rumänien, den Niederlanden, Russland,<br />

Amerika, Österreich, aus der Schweiz, aus<br />

Frankreich und Deutschland – darunter Kinder<br />

und Jugendliche, aus Gemeinden und Schulen,<br />

Pastoren und Theologen, Evangelisten und Missionare,<br />

Ärzte und Lehrer – vor Ort und haben dort<br />

etwas von Gottes Wirken gesehen. Und das alles<br />

ist der Güte Gottes zu verdanken.<br />

Jeder einzelne Beter, jeder einzelne Evangelist<br />

und Prediger, jeder einzelne Spender, jeder<br />

Besucher, Teilnehmer und Mitarbeiter ist nur ein<br />

kleines Rädchen in dem großen Werk Gottes auf<br />

Sizilien – Christus steht im Mittelpunkt <strong>des</strong> Geschehens,<br />

und Ihm sei für das alles die Ehre!<br />

So Gott will und wir leben, wird unser Bruder und<br />

Mitarbeiter Daniel mit seiner Frau Patricia die<br />

Missionsarbeit von nun an in seinem Heimatgebiet<br />

in Sierra Leone fortführen.<br />

<strong>Die</strong> »Heimat« Sierra Leone hat nun eine neue Bedeutung.<br />

Es ist der Ort, zu dem wir gemeinsam mit Daniel<br />

und Patricia das Licht <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> bringen wollen.<br />

Das Evangelium ist Gottes <strong>Kraft</strong>, die jedem, der<br />

glaubt, Rettung bringt. Denn im Evangelium zeigt<br />

uns Gott Seine Gerechtigkeit – eine Gerechtigkeit,<br />

zu der man durch den Glauben Zugang hat;<br />

diese Gerechtigkeit kommt dem zugute, der Jesus<br />

Christus vertraut. <strong>Die</strong>se rettende Botschaft wollen<br />

wir den Hoffnungslosen in jenem armen Volks-<br />

14 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


stamm verkündigen. <strong>Die</strong>ser <strong>Die</strong>nst ist aber auch<br />

mit großen Herausforderungen verbunden. Jeder<br />

treue Verkündiger der Wahrheit begibt sich mit<br />

seinem <strong>Die</strong>nst an die vorderste Front im Kampf<br />

für das Reich Gottes. Möge der Herr durch Sein<br />

Wort und Seinen Geist jeden Seiner <strong>Die</strong>ner mit<br />

Weisheit, Mut und <strong>Kraft</strong> erfüllen, um das Wort der<br />

Wahrheit mit Hingabe und Treue zu verkündigen,<br />

bis der HERR wiederkommt!<br />

Wenn der Herr es Ihnen, liebe Missionsfreunde, aufs Herz legt,<br />

diesen Umzug von Daniel und unsere Arbeit in Sierra Leone im Gebet und finanziell zu<br />

unterstützen, möchten wir Ihnen hier noch einmal kurz die Anliegen mitteilen:<br />

- Bitte beten Sie darum, dass der Name unseres Gottes in Sierra Leone bekannt und geehrt wird!<br />

- Bitte beten Sie, dass der Herr Sein Reich in Sierra Leone baut und Menschen Seiner Gemeinde hinzufügt!<br />

- Bitte beten Sie um Segen für Daniels und Patricias neuen Weg und ihre Zukunft!<br />

Der <strong>Die</strong>nst, den sie bald antreten werden, ist unter anderem aufgrund der Finsternis<br />

und Gottesferne in diesem Gebiet sehr herausfordernd.<br />

- <strong>Die</strong> ganze Organisation <strong>des</strong> Umzugs sowie der Container und Flug sind sehr kostspielig.<br />

<strong>Die</strong>se dürfen Sie gern mit einer Spende unterstützen.<br />

- Auch für das Fertigstellen der Kirche und der Schule sowie für deren Ausstattung werden noch Mittel<br />

benötigt.<br />

- Wir danken dem Herrn, dass zwei Paletten mit Bibeln und Kalendern von der<br />

Bibelgesellschaft TBS (England) im November in Sierra Leone eingetroffen sind!<br />

- Wir danken dem Herrn für Studienbibeln und zahlreiches Lehr- und Erbauungsmaterial sowie für evangelistische<br />

Literatur, die Grace to You bereitgestellt hat.<br />

Vielen Dank für Ihre Gebete & Gaben!


PAUL D. TRIPP<br />

Was unsere<br />

Kinder brauchen<br />

»Was wollen wir nun sagen? Ist das Gesetz Sünde?<br />

Das sei ferne! Aber ich hätte die Sünde nicht erkannt,<br />

außer durch das Gesetz; denn von der Begierde<br />

hätte ich nichts gewusst, wenn das Gesetz nicht<br />

gesagt hätte: Du sollst nicht begehren!«<br />

Römer 7,7<br />

16 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


Unsere Kinder werden mit der dringenden<br />

Bedürftigkeit nach dem Gesetz Gottes<br />

geboren – also nach den Anordnungen<br />

Gottes, die wir in der Bibel finden. Da sie als<br />

»Toren« auf diese Welt kommen und nicht wissen,<br />

was wahr oder was falsch ist, was gut oder<br />

schlecht ist, was richtig oder was verkehrt ist,<br />

brauchen sie die Gnade der Weisheit, die ihnen<br />

allein das Gesetz Gottes geben kann. Wenn das<br />

Gesetz Gottes nicht wäre, dann hätte der Mensch<br />

keinerlei Vorstellung davon, wie er denken sollte,<br />

wonach er Verlangen haben sollte, wie er reden<br />

sollte oder wie er sich verhalten sollte. Wie<br />

alle Menschen, so sind auch unsere Kinder nicht<br />

dazu geschaffen, über sich selbst Herrschaft auszuüben.<br />

Selbstherrschaft meint: von eigenständigen<br />

Gedanken und Sehnsüchten geleitet werden.<br />

Kinder müssen Pfade aufgezeigt bekommen,<br />

auf denen sie sich bewegen können. Sie müssen<br />

Grenzen gesetzt bekommen, innerhalb derer sie<br />

sich aufhalten können. Deshalb hat Gott uns in<br />

Seiner wundervollen Barmherzigkeit Sein Gesetz<br />

gegeben, damit unser Verhalten von einem deutlichen<br />

Wissen über das, was richtig und falsch ist,<br />

gesteuert werden kann. Aber diese Leitung durch<br />

das Gesetz soll noch etwas anderes bewirken: Sie<br />

soll unsere Kinder auch vor sich selbst schützen.<br />

Alle Kinder kommen als Sünder auf diese Welt.<br />

Das bedeutet, dass alle Kinder eine Gefahr für<br />

sich selbst darstellen und den Schutz benötigen,<br />

den ihnen Gottes Gesetz gibt. Da Gottes Gesetz<br />

unseren Kindern Leitung und schützende Weisheit<br />

gibt, die sie ohne das Gesetz nicht hätten, ist<br />

das Gesetz Gottes also für sie gut.<br />

Und es ist noch in einer anderen Hinsicht<br />

gut für unsere Kinder. Es gibt ihnen nämlich die<br />

Gnade der Überführung. Ohne das Gesetz Gottes<br />

wüssten unsere Kinder nicht, dass sie Sünder sind,<br />

die Schutz, Weisheit, Vergebung und Errettung<br />

brauchen. Um festzustellen, ob man ein Brett zu<br />

kurz abgeschnitten hat, muss man einen Zollstock<br />

anlegen. Eines der gefährlichsten Dinge im Leben<br />

eines Kin<strong>des</strong> ist, dass es blind für seine geistliche<br />

Notlage ist. Ein Kind, das sich nicht im rechten<br />

Licht sieht, wird sich der Weisheit, Leitung, Züchtigung<br />

und Korrektur widersetzen. Warum? Weil<br />

es meint, dass es diese Dinge nicht brauche. Das<br />

Gesetz ist sehr gut, nicht nur, um unser Verhalten,<br />

sondern auch, um unsere Herzen offenbar zu machen.<br />

Gottes Gesetz ist der ultimative Maßstab,<br />

mit dem der Mensch gemessen werden kann. Und<br />

<strong>des</strong>halb ist es gut für unsere Kinder, dass sie regelmäßig<br />

diesem Maßstab ausgesetzt werden und<br />

von diesem Maßstab offenbar gemacht werden.<br />

UNSERE KINDER MÜSSEN UM<br />

DIE KRAFTLOSIGKEIT DES GESETZES WISSEN<br />

Ja, unsere Kinder brauchen in ihrem Leben das<br />

Gesetz Gottes. Aber es ist sehr gefährlich, wenn<br />

Eltern das Gesetz täglich gebrauchen, um mit<br />

ihm das tun zu wollen, was allein die Gnade bewirken<br />

kann. Und ich befürchte, dass sehr viele<br />

gläubige Eltern, ohne sich <strong>des</strong>sen bewusst zu<br />

sein, genau das tun. Sie haben christliche Kindererziehung<br />

darauf reduziert, wahrhaft treue Gesetzgeber,<br />

in Gewahrsam nehmende Polizisten,<br />

Staatsanwalt, Richter und Gefängniswärter zu<br />

sein. <strong>Die</strong> Folge davon ist, dass ihre Kindererziehung<br />

im Grunde aus einem mit Strafandrohungen<br />

verknüpften Regelwerk besteht. Ja, Kinder<br />

brauchen Regeln, und sie brauchen gewissenhafte<br />

Korrektur – doch das allein reicht nicht aus.<br />

Denken wir einmal darüber nach. Wenn alles,<br />

was unsere Kinder benötigen würden, lediglich<br />

das Wissen um und die Durchsetzung von Regeln<br />

wäre, dann wären – wie bereits erwähnt<br />

– das Leben, der Tod und die Auferstehung Jesu<br />

nicht notwendig gewesen. Der Herr Jesus kam,<br />

weil das Gesetz zwar gut ist, aber nicht ausreicht,<br />

um das große menschliche Dilemma der Sünde<br />

zu lösen. Ich möchte daran erinnern: <strong>Die</strong> größte<br />

Gefahr für unsere Kinder ist nicht das Böse in<br />

der Welt da draußen. <strong>Die</strong> größte aller Bedrohungen<br />

für das Wohl unserer Kinder ist die in ihnen<br />

wohnende Sünde.<br />

Alle Eltern müssen verstehen: Das Gesetz leistet<br />

eine vorzügliche Arbeit, was das Aufdecken<br />

der Sünde unserer Kinder anbelangt; aber es besitzt<br />

nicht die geringste <strong>Kraft</strong> dazu, unsere Kinder<br />

von der Sünde zu befreien. Das Gesetz besitzt<br />

nicht die Fähigkeit, unsere Kinder aus der gewaltigen<br />

Umklammerung der Sünde zu retten. Das<br />

Gesetz kann unseren Kindern keine neuen Her-<br />

voiceofhope.de | 17


zen schenken. Das Gesetz kann nicht die dauerhafte<br />

Veränderung in unseren Kindern bewirken,<br />

nach der sich alle Eltern sehnen. Das Gesetz kann<br />

und wird unsere Kinder nicht erretten, erlösen<br />

und neu machen. Doch genau das ist es, was je<strong>des</strong><br />

Kind benötigt. Wenn wir selbst ein Werkzeug der<br />

Veränderung in der Hand Gottes im Leben unserer<br />

Kinder sein möchten, brauchen wir <strong>des</strong>halb in<br />

unserem persönlichen »Erziehungs-Werkzeugkasten«<br />

mehr als lediglich das Gesetz.<br />

Aber ich möchte noch etwas anderes hinzufügen.<br />

Wir Eltern neigen nicht nur dazu, all unsere Hoffnung<br />

für unsere Kinder auf das Gesetz zu setzen,<br />

sondern wir neigen auch dazu, Gottes vollkommenes<br />

Gesetz durch armselige, unzulängliche,<br />

menschliche Gesetze zu ersetzen. Und so wird in<br />

gewisser Hinsicht Gottes Gesetz durch unser Gesetz<br />

ersetzt – einem Gesetz, das leider aus unserem<br />

Verlangen nach Bestätigung, Kontrolle, Ruhe,<br />

Erfolg und Ansehen entstanden ist. Wir richten<br />

selbstsüchtige, ungeduldige und zornige Forderungen<br />

an unsere Kinder. Wir behandeln sie, als<br />

wären sie unsere <strong>Die</strong>ner, als wäre ihre Existenz<br />

darin begründet, uns die Last unserer täglichen<br />

Pflichten zu verringern und unser Leben bequemer<br />

zu gestalten. Doch unsere Kinder sind nicht<br />

um unseretwillen erschaffen und uns nicht unsertwegen<br />

gegeben worden, sondern um Gottes<br />

willen und zu ihrem Besten.<br />

Und dann ärgern wir uns über unsere Kinder,<br />

doch nicht zuallererst <strong>des</strong>halb, weil sie Gottes<br />

Gesetz brechen, sondern weil sie unserem Gesetz<br />

– dem, was wir wollen – im Wege stehen. Stellen<br />

Sie sich doch einmal die Frage: Wie viel von Ihrem<br />

elterlichen Ärger hatte in den vergangenen Monaten<br />

auch nur irgendetwas mit dem Gesetz Gottes<br />

zu tun? Es ist nicht lediglich die Abhängigkeit<br />

vom Gesetz, die uns als Gottes Repräsentanten im<br />

Leben unserer Kinder davon abhält, all das zu tun,<br />

was wir tun sollten. Auch das Ersetzen <strong>des</strong> Gesetzes<br />

Gottes führt dazu, dass wir viele Dinge tun, die<br />

wir in Bezug auf unsere Kinder nicht tun sollten.<br />

Doch das Gute ist, dass es tatsächlich einen anderen<br />

und besseren Weg für uns und unsere Kinder<br />

gibt.<br />

WIR MÜSSEN VERSTEHEN, DASS GOTTES GNADE<br />

VON ENTSCHEIDENDER BEDEUTUNG IST<br />

Ich denke, dass wir schockiert wären, wenn wir<br />

wüssten, wie viele Eltern, die am Sonntag gerne<br />

von der Gnade Gottes singen, diese Gnade den<br />

Rest der Woche bei der Erziehung ihrer Kinder<br />

vollkommen vergessen. Aber ohne die Gnade<br />

Gottes werden unsere Kinder nicht zu dem, was<br />

sie sein sollten, und werden nicht das tun, was<br />

sie tun sollten. Vergessen wir nicht, dass es die in<br />

ihnen wohnende Sünde ist, die alles zerstört. Es<br />

ist die Sünde, die unsere Kinder dazu bringt, sich<br />

unserer Leitung und Autorität zu widersetzen.<br />

Es ist die Sünde, die dazu führt, dass Kinder sich<br />

ständig mit ihren Geschwistern streiten. Es ist<br />

die Sünde, die unsere Kinder dabei behindert, in<br />

der Schule etwas zu lernen. Es ist die Sünde, die<br />

dazu führt, dass Kinder von ebenden Dingen angezogen<br />

werden, die schmerzhaft oder schädlich<br />

für sie sind. Es ist die Sünde, die dazu führt, dass<br />

unsere Kinder anspruchsvoll, einfordernd, materialistisch<br />

und unzufrieden sind. Es ist die Sünde,<br />

die bewirkt, dass sich unsere Kinder so verhalten,<br />

als wären sie das Zentrum <strong>des</strong> Universums und als<br />

müsste das Leben ihren Befehlen gehorchen. Es<br />

ist die Sünde, die dazu führt, dass Kinder zu ihren<br />

Eltern, Geschwistern und zu Gleichaltrigen verletzende<br />

Dinge sagen. Es ist die Sünde, die Erziehung<br />

schwierig, anspruchsvoll und anstrengend macht.<br />

Das Gesetz kann unsere Kinder aus dem Schlamassel,<br />

mit dem wir Eltern uns täglich konfrontiert<br />

sehen, nicht befreien. Unsere Kinder kamen<br />

mit dem dringenden Bedürfnis nach Gottes rettender,<br />

vergebender, verändernder und erlösender<br />

Gnade auf die Welt. Gottes Gnade ist die einzige<br />

Hoffnung sowohl für uns Eltern als auch für<br />

unsere Kinder. Als Eltern sind wir nicht nur dazu<br />

berufen, im Leben unserer Kinder das Gesetz geltend<br />

zu machen, sondern auch dazu, ihnen fortwährend<br />

Gottes Gnade zu lehren und anschaulich<br />

zu machen.<br />

Aber ich muss Sie, liebe Eltern, auch daran<br />

erinnern, dass Sie diese Gnade ebenso sehr benötigen<br />

wie Ihre Kinder. Wenn wir jemals Gottes<br />

Botschafter sein wollen, dann müssen wir durch<br />

die gewaltige Gnade von unseren eigenen Fes-<br />

18 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


seln befreit werden. Und das heißt: Wir müssen<br />

von dem Gesetz unserer eigenen Bequemlichkeit,<br />

<strong>des</strong> Vergnügens, <strong>des</strong> Erfolgs und der Kontrollsucht<br />

befreit werden. Es ist nicht die Sünde unserer<br />

Kinder, die guter Erziehung im Weg steht,<br />

sondern unser Streben nach einer Elternschaft,<br />

die sich um das kleine Reich unserer Wünsche,<br />

Bedürfnisse und Sehnsüchte dreht, in welchem<br />

unsere Kinder eher den Zielen unseres Reiches<br />

dienen, als sich den Zielen <strong>des</strong> Reiches Gottes unterzuordnen<br />

...<br />

Ich glaube, dass uns in unseren Reaktionen gegenüber<br />

unseren Kindern sehr häufig unausgesprochene<br />

Gesetze steuern, bei denen es allerdings<br />

mehr um das geht, was wir für uns selbst<br />

und unser Leben wollen, als um das, was Gott für<br />

unsere Kinder und von unseren Kindern will. Und<br />

weil wir in unserer Beziehung zu unseren Kindern<br />

unserem Gesetz treu sind, brechen wir letztendlich<br />

das Gesetz Gottes. Damit sind wir das, was unsere<br />

Kinder auch sind: Menschen, die von sich selbst<br />

befreit werden müssen.<br />

WIR MÜSSEN UNSEREN<br />

KINDERN DAS EVANGELIUM PREDIGEN<br />

Ich meine damit nicht, dass Eltern ihren Kindern<br />

eine Predigt halten sollen, wie wir das von den<br />

Sonntagsgottesdiensten her kennen. Nein, ich<br />

meine damit, dass wir unsere Kinder, die ja hilfsbedürftig<br />

sind, jeden Tag, bei jeder Gelegenheit<br />

auf die Gegenwart, die Verheißungen, die <strong>Kraft</strong><br />

und die Gnade Jesu hinweisen sollten. Nun, wo<br />

beginnt diese elterliche Mission der Gnade? Sie<br />

beginnt nicht mit unserer Sorge um die tiefen<br />

geistlichen Bedürfnisse unserer Kinder, sondern<br />

vielmehr mit dem demütigen Eingeständnis, wie<br />

groß unsere eigene Bedürftigkeit ist. Sie beginnt<br />

da, wo wir uns eingestehen, dass wir nicht so<br />

werden können, wie Gott uns haben möchte, und<br />

nicht das tun können, was Gott von uns als Eltern<br />

möchte – ohne die erlösende und befähigende<br />

Gnade Gottes. Denn dann werden wir uns zunehmend<br />

über unsere Erlösung freuen und dafür<br />

dankbar sein, und diese Dankbarkeit wird dazu<br />

führen, dass wir auch für unsere Kinder dieselbe<br />

Erlösung wollen.<br />

Liebe Eltern, wir müssen in allem, was wir tun,<br />

unsere Kinder auf die Gegenwart und die Verheißungen<br />

der Gnade Gottes hinweisen. Je<strong>des</strong> Gespräch<br />

ist eine Gelegenheit dazu. Jede Korrektur,<br />

jede Erziehungsmaßnahme, jeder Streit unter Geschwistern<br />

ist eine Gelegenheit. Erfolge und Misserfolge.<br />

Familienandachten. Geburtstage und<br />

Ferien. <strong>Die</strong> Schönheit der Natur. Teenager-Identitäts-fragen.<br />

Gespräche vor dem Schlafengehen.<br />

Diskussionen über die Geschichte, die man gerade<br />

gemeinsam gelesen hat. Es wird bestimmt nicht<br />

an Gelegenheiten fehlen, um unseren Kindern zu<br />

sagen, dass sie die Gnade Gottes unbedingt brauchen,<br />

und ihnen von der frohen Botschaft zu erzählen,<br />

wie Jesus dieser Not begegnen kann. Denn<br />

gemäß dem Plan Gottes bieten alle Dinge – gute,<br />

schöne, beschwerliche, traurige Dinge und alles,<br />

worüber wir uns freuen können – eine Gelegenheit,<br />

auf Gott hinzuweisen, der in Gnade über<br />

alles herrscht. <strong>Die</strong> Frage ist nur: Sehen wir diese<br />

Gelegenheiten in unserem Erziehungsalltag, und<br />

ergreifen wir sie dann auch?<br />

Was wollen Sie für Ihre Kinder? Wollen Sie<br />

einfach nur, dass sie schnell machen und gehorchen?<br />

Wollen Sie einfach nur ihr Verhalten bestimmen,<br />

so lange, bis sie nicht mehr unter Ihrer<br />

Obhut stehen? Wollen Sie nichts weiter, als dass<br />

Ihre Kinder tun, was ihnen gesagt wird, und dass<br />

Ihre Kinder Sie in der Öffentlichkeit nicht blamieren?<br />

Oder wollen Sie mehr – viel mehr? Wollen<br />

Sie Kinder, die jeden Tag nach dem Willen Gottes<br />

leben, deren Herzen voll von der Anbetung Gottes<br />

sind und die sich gerne innerhalb der von Gott gesteckten<br />

Grenzen aufhalten? Im Innern unseres<br />

Herzens wissen wir, dass wir solche Kinder aus<br />

uns selbst nicht hervorbringen können. Wahrscheinlich<br />

werden Sie bereits gemerkt haben, dass<br />

Sie die Herzen Ihrer Kinder nicht unter Kontrolle<br />

haben, nicht einmal durch die besten Standpauken,<br />

die beste Korrektur oder die allerbeste, glaubensvolle<br />

Maßregelung.<br />

Deshalb ist es an der Zeit aufzuhören, an den<br />

Herzen und im Leben der Kinder das tun zu wollen,<br />

was einzig und allein Gott tun kann. Es ist<br />

an der Zeit, dass Sie Ihr Herz ganz an die Gnade<br />

Gottes ausliefern und auch die Herzen Ihrer Kin-<br />

voiceofhope.de | 19


der dazu anleiten, der Gnade Gottes zu vertrauen.<br />

Vielleicht sagen Sie nun: »Das verstehe ich, Herr<br />

Tripp; aber ich weiß schlichtweg nicht, wie ich<br />

das praktisch umsetzen soll.« Nun, dann freue ich<br />

mich, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass der Rest<br />

dieses Buches genau diese Thematik behandelt.<br />

WIR MÜSSEN UNSEREN KINDERN<br />

DAS EVANGELIUM DER GNADE VORLEBEN<br />

Ich weiß nur allzu gut, was es für mich bedeutet<br />

hat, Kinder großzuziehen, und ich nehme an, dass<br />

das bei Ihnen genauso sein wird. Denn wenn es<br />

wirklich so ist, dass wir Eltern dazu berufen sind,<br />

im Leben unserer Kinder sichtbare Botschafter der<br />

Gegenwart, <strong>des</strong> Charakters und <strong>des</strong> Planes Gottes<br />

zu sein, dann habe ich sicherlich sehr oft ziemlich<br />

schlechte Arbeit geleistet. Durch die Art, wie ich oft<br />

auf meine Kinder reagiert habe, habe ich ein Bild<br />

von Gott als einem auffahrenden, ungeduldigen,<br />

voreingenommenen, lauten und anklagenden Vater<br />

abgegeben. Es kam täglich zu Widersprüchen<br />

zwischen der Botschaft der Gnade, die ich meinen<br />

Kindern verbal vermittelt habe, und meinem<br />

Verhalten ihnen gegenüber, das in dem Mangel<br />

an Gnade begründet war. Ich habe oft darin versagt,<br />

diese unfassbare Geduld und Schönheit der<br />

Gnade vorzuleben. Ich wollte nur Gutes für meine<br />

Kinder, aber ich tat es auf die falsche Weise. »Ich<br />

kann einfach nicht glauben, dass du so etwas getan<br />

hast!« »Ich tue so vieles für dich, und das ist nun<br />

der Dank dafür!?« »Du willst ganz bestimmt nicht<br />

wissen, was passiert, wenn ich das nächste Mal zu<br />

dir heraufkommen muss!« »Kannst du denn nicht<br />

ein einziges Mal still sein, damit ich einfach nur<br />

meine Mahlzeit in Ruhe zu Ende essen kann?«<br />

Kein Kind, das solche Sätze zu hören bekommt,<br />

sagt sich: »Was habe ich doch für weise und liebevolle<br />

Eltern! Wie gut, dass ich ihnen mein ganzes<br />

Herz ausschütten kann. Ich wünschte mir nur,<br />

dass sie mir mehr derartige Dinge sagen würden!<br />

Ich bin so dankbar, solche Eltern zu haben! Ich<br />

denke, ich beginne langsam zu sehen, was in meinem<br />

Herzen ist.« Niemand, kein Erwachsener und<br />

kein Kind, das von jemandem hart angegangen<br />

und angeschrien worden ist, denkt danach: »Das<br />

war hilfreich für mich.« Nein, solchen Situationen<br />

möchten wir einfach nur entfliehen; wir sind froh,<br />

wenn so etwas vorbei ist.<br />

Wenn es tatsächlich Gottes Plan ist, Seine unsichtbare<br />

Gnade sichtbar zu machen, indem Eltern<br />

mit Kindern, die der Gnade dringend bedürfen,<br />

gnädig umgehen, dann sind wir Eltern nicht<br />

nur dazu berufen, diese Gnade zu predigen. Nein,<br />

wir müssen diese Gnade unseren Kindern auch<br />

täglich vorleben. Wenn ich dies schreibe, bin ich<br />

mir durchaus meiner Schwachheit bewusst, denn<br />

ich weiß, dass mir und Ihnen dies unrealistisch<br />

und abwegig erscheint. Wir können uns als Eltern<br />

verirren und unserem eigenen Willen nachgehen,<br />

den Plan Gottes vergessen und unserem eigenen<br />

Plan folgen. Wenn es uns jemals gelingen soll, unseren<br />

großen himmlischen Vater gut zu repräsentieren,<br />

dann müssen wir uns auch von Ihm erziehen<br />

lassen. Wenn wir unseren Kindern in Gnade<br />

begegnen möchten, dann müssen wir zugeben,<br />

dass wir selbst Kinder sind, die der täglichen<br />

Fürsorge ihres Vaters bedürfen. Wenn wir geduldig<br />

sein wollen, dann müssen wir zugeben, dass<br />

wir selbst der Geduld bedürfen. Wenn wir vergebungsbereit<br />

sein wollen, dann müssen wir uns<br />

eingestehen, dass wir selbst der Vergebung bedürfen.<br />

Wenn wir durchhalten wollen, dann müssen<br />

wir demütig anerkennen, dass unsere einzige<br />

Hoffnung darin besteht, dass unser himmlischer<br />

Vater uns niemals aufgeben wird. Und wenn wir<br />

unseren Kindern beibringen möchten, jeden Tag<br />

die Nähe Jesu zu suchen, dann müssen auch wir<br />

täglich Seine Nähe suchen. Wenn wir wollen, dass<br />

unsere Kinder über ihre äußere und innere Sünde<br />

traurig sind, dann müssen auch wir Eltern über<br />

unsere Sünden trauern.<br />

Nur dann, wenn wir bereit sind, uns selbst einzugestehen,<br />

dass wir unseren Kindern viel ähnlicher<br />

sind, als dass wir anders sind als sie, und dass<br />

auch wir selbst täglich der Erziehung bedürfen,<br />

werden wir Eltern sein, die als solche, die selbst<br />

die Gnade <strong>des</strong> Vaters brauchen, auch ihre Kinder<br />

immer wieder zur Gnade <strong>des</strong> himmlischen Vaters<br />

führen.<br />

Ein Auszug aus dem Buch »Papa sein, Mama sein«, CLV.<br />

20 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


<strong>Die</strong> wichtigste Schule der Kinder:<br />

DIE FAMILIE<br />

Paul D. Tripp<br />

PAPA SEIN, MAMA SEIN<br />

Eltern sind Botschafter Gottes<br />

Streitschlichter, Wäschefalter, Taxifahrer – inmitten <strong>des</strong> manchmal zermürbenden<br />

Alltags kommen sich viele Eltern verloren vor. Unter dem Druck, alles »richtig«<br />

zu machen und »gute« Kinder großzuziehen, verlieren sie schnell das eigentliche<br />

Ziel der Erziehung aus den Augen und sehnen sich statt<strong>des</strong>sen nach praktischen<br />

Tipps und einem Patentrezept.<br />

<strong>Die</strong>ses Buch hingegen möchte ein Gesamtbild der Erziehung nach Gottes<br />

Plan aufzeigen. Anhand von 14 Grundsätzen macht der Autor deutlich, dass<br />

Erziehung nicht einfach mithilfe eines Regelkatalogs oder irgendeiner ausgefallenen<br />

Methode funktioniert. Nein, Eltern benötigen die Gnade Gottes, um<br />

in ihrem Denken geprägt und geformt zu werden – bevor sie wiederum ihre<br />

Kinder prägen und formen können.<br />

Befreit von der Last, aus eigener <strong>Kraft</strong> ihre Kinder verändern zu müssen, haben<br />

Eltern nun eine großartige Perspektive: Sie dürfen freudig und zielorientiert ihre<br />

Erziehungsaufgabe ausüben und Werkzeuge Gottes im Leben ihrer Kinder sein.<br />

12,90 € | Bestell-Nr. 256.651 | 256 Seiten<br />

John C. Ryle<br />

DIE PFLICHTEN<br />

DER ELTERN<br />

Grundregeln<br />

biblischer Erziehung<br />

5,90 €<br />

Bestell-Nr. 175.920<br />

78 Seiten<br />

Axel Volk<br />

WIE PRÄGEN WIR<br />

UNSERE KINDER<br />

Ein biblischer<br />

Erziehungsansatz<br />

14,95 €<br />

Bestell-Nr. 304.621<br />

192 Seiten<br />

Paul D. Tripp<br />

DAS (ALP)<br />

TRAUM-ALTER<br />

Keine Angst vor<br />

Teenagern<br />

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288 Seiten<br />

BIBLISCHE<br />

GLAUBENSLEHRE<br />

FÜR KINDER<br />

Ein christlicher<br />

Wegbegleiter<br />

1,90 €<br />

Bestell-Nr. 175.928<br />

60 Seiten<br />

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– D. Martyn Lloyd-Jones –<br />

DIE KENNZEICHEN<br />

DER WAHREN<br />

GEMEINDE<br />

Wozu ist<br />

die christliche<br />

Gemeinde<br />

da?<br />

Was tut die<br />

Gemeinde, um zu<br />

zeigen, dass sie die<br />

lebendige Gemeinde<br />

Jesu ist?<br />

1. DIE VERKÜNDIGUNG DES<br />

WORTES GOTTES<br />

<strong>Die</strong> biblische Lehre zeigt uns, dass es drei Hauptkennzeichen<br />

der Gemeinde gibt. Das erste ist die<br />

Verkündigung <strong>des</strong> Wortes. Das ist die Hauptaufgabe<br />

der Gemeinde; sie wurde zu diesem Zweck geschaffen<br />

und ins Dasein gerufen. <strong>Die</strong> Verkündigung<br />

<strong>des</strong> Wortes geschieht in zweierlei Hinsicht.<br />

Das Wort wird in der Gemeinde zur Auferbauung<br />

und Stärkung der Gläubigen als Auslegungspredigt<br />

gelehrt. <strong>Die</strong> Gemeinde ist die Gemeinschaft<br />

derer, die an Christus glauben, sich Ihm als Haupt<br />

unterordnen und Seine Herrschaft anerkennen.<br />

Das Wort wird unter ihnen verkündigt, damit sie<br />

im Glauben gestärkt werden.<br />

<strong>Die</strong> Briefe <strong>des</strong> Neuen Testaments wurden mit<br />

dieser eindeutigen Absicht an Gläubige geschrieben,<br />

und die Apostel und Propheten hatten in ihrer<br />

Predigt dasselbe Ziel. Wenn Menschen sich<br />

bekehrten, so war dies nur der Anfang: Sie waren<br />

in Christus wiedergeborene Säuglinge und bedurften<br />

nun der Unterweisung; sie mussten vor<br />

Irrtümern gewarnt und vor Irrlehren geschützt<br />

werden. Somit ist die Gemeinde für Gläubige lebenswichtig.<br />

22 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


Der zweite Zweck der Verkündigung ist natürlich<br />

die Evangelisation. Es ist die besondere Aufgabe<br />

der Gemeinde Jesu, jenen zu predigen, die<br />

noch ungläubig sind. Unser Herr sagt in Seinem<br />

hohenpriesterlichen Gebet in Johannes 17 ganz<br />

eindeutig, dass der Vater, wie Er Ihn in die Welt<br />

gesandt hatte, auch Seine Jünger und alle, die<br />

durch ihr Wort an Ihn glauben würden, in die Welt<br />

sendet (Joh. 17,18-20). <strong>Die</strong> Jünger wurden so wie Er<br />

in die Welt gesandt. Er war gekommen und hatte<br />

die Botschaft vom Reich Gottes gebracht, und<br />

auch wir sind ausgesandt, um dieselbe Botschaft<br />

zu bringen. Es ist ein Bestandteil der Aufgabe der<br />

Gemeinde, das Evangelium denen zu verkündigen,<br />

die draußen sind, damit sie überzeugt und<br />

von ihrer Sünde überführt werden können und<br />

damit sie zum lebendigen und notwendigen Glauben<br />

an unseren Herrn und Heiland Jesus Christus<br />

geführt werden können. Das ist also das erste<br />

Kennzeichen der Gemeinde: die Verkündigung<br />

<strong>des</strong> Wortes.<br />

2. VERORDNUNGEN IN<br />

DER GEMEINDE<br />

Das zweite Kennzeichen und Merkmal der Gemeinde<br />

ist die rechte Verwaltung der Verordnungen:<br />

die Taufe und das Mahl <strong>des</strong> Herrn. An dieser<br />

Stelle möchte ich dieses Thema nicht näher behandeln,<br />

aber ich muss die Verwaltung der Verordnungen<br />

dennoch erwähnen, weil sie eines der<br />

Kennzeichen der Gemeinde ist. <strong>Die</strong> Gemeinde ist<br />

ein Ort, wo die Taufe und das Mahl <strong>des</strong> Herrn in<br />

Verbindung mit der Verkündigung <strong>des</strong> Wortes<br />

Gottes wahrhaft und recht verwaltet werden.<br />

3. DIE GEMEINDEZUCHT<br />

Das dritte Kennzeichen der Gemeinde, das zu betonen<br />

mir besonders am Herzen liegt, ist die Ausübung<br />

von Gemeindezucht. Wenn ich am Anfang<br />

gefragt hätte: »Welches sind die drei wesentlichen<br />

Kennzeichen der Gemeinde?«, dann wäre es mir<br />

fraglich, wie viele die Ausübung von Gemeindezucht<br />

genannt hätten. Es ist zweifellos so, dass die<br />

Lehre darüber schmerzlich vernachlässigt wird.<br />

Wenn ich gefragt würde, warum heute in den Gemeinden<br />

solche traurigen Zustände herrschen,<br />

dann müsste ich tatsächlich sagen, dass der letztlich<br />

ausschlaggebende Grund die mangelnde Ausübung<br />

von Gemeindezucht ist.<br />

Wann haben Sie zuletzt gehört, dass irgendwo<br />

von einer Kanzel über das Thema der Gemeindezucht<br />

gesprochen wurde? Wie oft haben Sie Predigten<br />

oder Vorträge über das Thema gehört?<br />

Es ist schriftgemäß, wenn ich darauf hinweise,<br />

dass Gemeindezucht ausgeübt werden sollte.<br />

Nehmen wir die Stelle in Matthäus 18, ab Vers 15:<br />

»Wenn aber dein Bruder an dir gesündigt hat, so geh hin<br />

und weise ihn zurecht unter vier Augen. Hört er auf dich,<br />

so hast du deinen Bruder gewonnen. Hört er aber nicht,<br />

so nimm noch einen oder zwei mit dir, damit jede Sache<br />

auf der Aussage von zwei oder drei Zeugen beruht. Hört er<br />

aber auf diese nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er aber<br />

auch auf die Gemeinde nicht, so sei er für dich wie ein Heide<br />

und ein Zöllner« (Mt. 18,15-17). Das sind die Worte,<br />

die unser Herr Selbst sprach.<br />

Dann lesen wir noch in Römer 16,17: »Ich ermahne<br />

euch aber, ihr Brüder: Gebt acht auf die, welche<br />

Trennungen und Ärgernisse bewirken im Widerspruch zu<br />

der Lehre, die ihr gelernt habt, und meidet sie!« Das ganze<br />

fünfte Kapitel <strong>des</strong> ersten Korintherbriefes hat<br />

die Gemeindezucht zum Thema. Es endet mit den<br />

Worten: »So tut den Bösen aus eurer Mitte hinweg!«<br />

(V. 13). Nichts könnte deutlicher sein als das. Wir<br />

finden dies noch einmal in 2. Korinther 2, insbesondere<br />

in den Versen 5 bis 10, wo Paulus über die<br />

Wiederaufnahme eines Mannes spricht, der unter<br />

Zucht gestellt worden war. Außerdem bespricht er<br />

das Thema noch einmal in 2. Thessalonicher 3, wo<br />

er Anweisungen darüber gibt, was mit den Gliedern<br />

der Gemeinde geschehen soll, die einen unordentlichen<br />

Lebenswandel führen. Dann steht in<br />

Titus 3,10 dieses ausdrückliche Gebot: »Einen sektiererischen<br />

Menschen weise nach ein- und zweimaliger<br />

Zurechtweisung ab.« Auch enthalten die verschiedenen<br />

Sendschreiben an die einzelnen Gemeinden<br />

im Buch der Offenbarung Ermahnungen hinsichtlich<br />

der Ausübung von Gemeindezucht.<br />

<strong>Die</strong>se Lehre findet sich auch im 2. Johannesbrief,<br />

Vers 10. Und natürlich enthalten auch die verschiedenen<br />

Sendschreiben an die einzelnen Gemeinden<br />

im Buch der Offenbarung Ermahnungen<br />

hinsichtlich der Ausübung von Gemeindezucht.<br />

Trotz alledem gibt es Menschen, die beständig<br />

versuchen, das Fehlen von oder den Mangel an<br />

Zucht in der örtlichen Gemeinde zu rechtfertigen,<br />

und eigenartigerweise tun viele dies unter Beru-<br />

voiceofhope.de | 23


fung auf Matthäus 13, auf das Gleichnis vom Unkraut<br />

unter dem Weizen. Sie sagen dann ungefähr<br />

Folgen<strong>des</strong>: »Sie dürfen Christen nicht züchtigen.<br />

Wenn Sie versuchen, Zucht auszuüben und Menschen<br />

aus der Gemeinde auszuschließen, dann<br />

handeln Sie den Anweisungen zuwider, die unser<br />

Herr Selbst erteilte; denn als die Knechte sprachen:<br />

›Willst Du nun, dass wir hingehen und es zusammenlesen?‹,<br />

antwortete der Meister: ›Nein!, damit ihr<br />

nicht beim Zusammenlesen <strong>des</strong> Unkrauts zugleich mit<br />

ihm den Weizen ausreißt. Lasst bei<strong>des</strong> miteinander wachsen<br />

bis zur Ernte.‹« (Mt. 13,28-30). Darüber hinaus<br />

haben manche Leute aus genau denselben Gründen<br />

etwas gegen jede Form der Trennung wahrer<br />

Christen von dem, was man als eine abgefallene<br />

Gemeinde betrachten könnte.<br />

<strong>Die</strong>s ist jedoch eine schwerwiegende Fehlinterpretation<br />

der Heiligen Schrift, denn das Gleichnis<br />

vom Unkraut unter dem Weizen bezieht sich offensichtlich<br />

nicht auf die Gemeinde, sondern auf<br />

das Reich Gottes. Alle Gleichnisse in Matthäus 13<br />

sind Gleichnisse vom Reich der Himmel, und wir<br />

können es deutlich sehen, dass die Gemeinde und<br />

jenes Reich nicht identisch sind. <strong>Die</strong> Gemeinde ist<br />

ein Ausdruck <strong>des</strong> Himmelreiches, aber dieses ist<br />

größer als die Gemeinde. Und natürlich sagt unser<br />

Herr Selbst in Seiner eigenen Deutung <strong>des</strong> Gleichnisses,<br />

dass der Acker, in welchen der Weizen und<br />

das Unkraut gesät sind, nicht die Gemeinde, sondern<br />

die Welt ist. Der gute Same sind die Söhne<br />

<strong>des</strong> Reiches, das Unkraut aber sind die Söhne <strong>des</strong><br />

Bösen (Mt. 13,38). Das Gleichnis vom Unkraut unter<br />

dem Weizen hat also keinen Bezug zur Frage<br />

der Gemeindezucht in der örtlichen Gemeinde.<br />

Es ist ein Bild von der ganzen Welt, die aus dem<br />

Grund, dass sie Gott gehört, in diesem allgemeinen<br />

Sinne als Sein Reich betrachtet werden kann.<br />

In der Welt gibt es jedoch diese beiden Gruppen –<br />

solche Menschen, die Christen sind, die dem ewigen<br />

Reich angehören, und solche, die dem Teufel<br />

gehören.<br />

Wenn man das Gleichnis vom Unkraut unter<br />

dem Weizen auf die Gemeinde anwendet, verfällt<br />

man demselben Irrtum wie die Katholiken, und es<br />

ist ein Irrtum, dem die meisten Gemeinden, die<br />

der katholischen Kirche folgen, tendenziell verfallen<br />

sind. Deshalb gibt es in gewissem Sinne in<br />

der römisch-katholischen Kirche keine Gemeindezucht.<br />

Daher ist es möglich, dass Menschen als<br />

vortreffliche Christen angesehen werden, auch<br />

wenn sie ein zügelloses Leben führen. Sie werden<br />

nicht unter Zucht gestellt; sie werden nicht<br />

aus der Kirche ausgeschlossen. Und leider trifft<br />

das Gleiche auf viele Gemeinden zu. <strong>Die</strong> biblische<br />

Sichtweise der Gemeinde verlangt jedoch, dass<br />

Zucht ausgeübt wird. Überdies ist die Praxis der<br />

Gemeindezucht – wie wir gerade gesehen haben –<br />

etwas, zu dem wir wiederholt und nachdrücklich<br />

in der Heiligen Schrift selbst ermahnt werden.<br />

<strong>Die</strong> Gemeindezucht ist nun etwas, was nach zwei<br />

wesentlichen Grundsätzen ausgeübt werden soll.<br />

Zuallererst muss Gemeindezucht im Hinblick auf die<br />

Lehre ausgeübt werden. Wir lesen: »Einen sektiererischen<br />

Menschen weise nach einer ein- und zweimaligen<br />

Zurechtweisung ab« (Tit. 3,10). Johannes sagt, dass jemand,<br />

wenn er nicht die wahre Lehre <strong>des</strong> Christus<br />

bringt, überhaupt nicht aufgenommen werden<br />

darf, nicht einmal in jeman<strong>des</strong> Haus, geschweige<br />

denn in die Gemeinde. <strong>Die</strong>s bedeutet nicht, dass<br />

Christen niemals einen Ungläubigen in ihr Haus<br />

lassen sollten. Selbstverständlich bedeutet es<br />

nichts dergleichen! Was es aber sehr wohl meint,<br />

ist, dass die Gläubigen einen Menschen, der nicht<br />

nur behauptet, ein Christ zu sein, sondern auch<br />

ein Lehrer, und dabei Irrtum lehrt, ganz sicher<br />

nicht in ihr Haus aufnehmen dürfen. Aber selbstverständlich<br />

nehmen sie einen Ungläubigen in ihr<br />

Haus auf, damit sie mit ihm über die christliche<br />

Botschaft sprechen können. Paulus bringt dies in<br />

1. Korinther 5,10-11 wunderbar zum Ausdruck, wo<br />

er sinngemäß sagt: »In all diesen Fragen der Zucht<br />

beziehe ich mich nicht auf die Menschen, die<br />

draußen in der Welt sind; denn wenn ihr euch von<br />

all diesen Leuten fernhalten solltet, dann müsstet<br />

ihr ja aus der Welt hinausgehen! Nein, das sage<br />

ich hiermit nicht, sondern ich sage sehr wohl, dass<br />

ihr mit einem Menschen, der sich ein Bruder nennt<br />

und sich dieser Sünden schuldig macht, keine Gemeinschaft<br />

haben dürft.«<br />

<strong>Die</strong> Heilige Schrift sagt uns, dass wir uns wirklich<br />

um die Lehre in der Gemeinde kümmern und<br />

etwas gegen falsche Lehre unternehmen müssen.<br />

Und ich denke, dass die ganze Situation, mit der<br />

wir heute konfrontiert sind, einen reichlichen<br />

Beweis für die schrecklichen Folgen liefert, die<br />

daher rühren, dass keine Gemeindezucht bezüglich<br />

der Lehre ausgeübt wurde. Ich zögere nicht zu<br />

behaupten, dass unsere Großväter und Urgroßvä-<br />

24 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


ter im 19. Jahrhundert jene Gemeindezucht nicht<br />

ausgeübt haben, die sie hätten ausüben müssen,<br />

als jene verhängnisvolle Bibelkritik aus Deutschland<br />

in viele Länder einzudringen begann. Weil es<br />

ihnen nicht gelang, die Menschen, die solche Dinge<br />

glaubten und lehrten, unter Gemeindezucht zu<br />

stellen, sind wir Zeuge der heutigen Situation. Mit<br />

einer falsch verstandenen Toleranz und häufig<br />

auch mit einem falschen Verständnis der Heiligen<br />

Schrift ließen sie diese falsche Lehre gewähren, in<br />

der Hoffnung, dass bald alles wieder besser werden<br />

würde. Sie sprachen sich dafür aus, ein positives<br />

Zeugnis darzustellen und nicht zu ablehnend<br />

sein zu wollen! In unserer heutigen Generation<br />

ernten wir die Früchte jenes tragischen Irrtums<br />

auf Seiten der Gemeindeleitungen.<br />

Wir müssen also hinsichtlich der Lehre Gemeindezucht<br />

üben, und im selben Maße müssen wir<br />

die Gemeindezucht auch im Hinblick auf das Leben und<br />

die Lebensweise üben. Denn wenn die Gemeindeglieder<br />

die biblische Lehre in ihrem Leben und<br />

ihren Gewohnheiten verleugnen, wer wird dann<br />

noch daran glauben? <strong>Die</strong>s ist die effektivste Leugnung<br />

der Worte unseres Herrn: »So soll euer Licht<br />

leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen<br />

und euren Vater im Himmel preisen« (Mt. 5,16). Inkonsequenz<br />

oder ein sündiges Leben eines Gläubigen<br />

tun der Sache Christi unberechenbaren Schaden<br />

an. Es macht nichts aus, wie rechtgläubig jene<br />

Menschen sein mögen – wenn sie sich selbst nicht<br />

beherrschen und ihr Temperament, ihre Lüste,<br />

Leidenschaften und sinnlichen Begierden nicht<br />

zügeln, dann verleugnen sie im Wort und in der<br />

Tat den Glauben, den sie verkündigen, und sind<br />

Außenstehenden ein Hindernis und ein Anstoß.<br />

<strong>Die</strong> biblische Lehre ist, dass ein ungehorsamer<br />

Bruder, der sich nicht ändern will und der<br />

Zurechtweisung keine Beachtung schenkt, sogar<br />

aus der Gemeinde ausgeschlossen werden muss.<br />

Es kann sein, dass man ihn »dem Satan übergeben«<br />

muss – ein Ausdruck, den Paulus gebraucht – »zum<br />

Verderben <strong>des</strong> Fleisches, damit der Geist gerettet werde<br />

am Tag <strong>des</strong> Herrn Jesus« (1.Kor. 5,5). Ich weiß nicht<br />

genau, was das bedeutet, aber wahrscheinlich ist<br />

ungefähr Folgen<strong>des</strong> gemeint: Man entzieht dem<br />

Betroffenen nicht nur die Gemeinde-Mitgliedschaft,<br />

sondern hört auch auf, für ihn zu beten.<br />

Man überlässt ihn gleichsam dem Satan, und<br />

dieser wird ihm Leiden zufügen, möglicherweise<br />

körperlich. Er wird sich unglücklich und elend<br />

fühlen, und das könnte ihn wieder zur Vernunft<br />

bringen, sodass seine Seele errettet wird.<br />

<strong>Die</strong>s ist ein wichtiges Thema. Lesen Sie die<br />

Erweckungsgeschichte der Gemeinde, und Sie<br />

werden feststellen, dass in jenen Zeiten der Erweckung<br />

und <strong>des</strong> neuen Erwachens – ganz gleich,<br />

wann es auch gewesen sein mag – ein hervorstechen<strong>des</strong><br />

Merkmal ausnahmslos die Ausübung von<br />

Gemeindezucht ist. In Erweckungszeiten und Phasen<br />

eines neuen Erwachens haben sich die leitenden<br />

Brüder in allen Bereichen der Gemeinde immer<br />

auch notwendigerweise um die Reinheit ihrer<br />

Gemeindeglieder gekümmert. Sie kehrten zum<br />

Neuen Testament zurück, und sie versuchten, einfach<br />

ein Leben in Übereinstimmung mit der bib–<br />

lischen Lehre zu führen. <strong>Die</strong> Heilige Schrift sagt<br />

uns, dass das Gefäß, das Werkzeug, das Mittel, das<br />

Gott gebraucht, ganz klar rein sein muss. Sie lehrt<br />

also nicht nur etwas über die »versammelte« Gemeinde,<br />

sondern auch über die »reine« Gemeinde.<br />

Wie kann eine Gemeinde, die in verschiedener<br />

Hinsicht mit der Welt vermischt ist, ein Kanal <strong>des</strong><br />

Heiligen Geistes sein?! So etwas wäre beinahe undenkbar!<br />

Das dritte Kennzeichen der Gemeinde<br />

ist also die Gemeindezucht.<br />

Ein Auszug aus dem Buch »Gott und seine Gemeinde«, 3L-Verlag.<br />

D. Martyn Lloyd-Jones<br />

GOTT UND SEINE GEMEINDE<br />

Studienreihe über biblische Lehren (Band 4)<br />

14,50 €<br />

Bestell-Nr. 863.803<br />

336 Seiten<br />

Der Mangel an Kenntnis über die lebenswichtigen Wahrheiten<br />

<strong>des</strong> christlichen Glaubens ist heutzutage größer als je zuvor.<br />

In diesem vierten Band spricht D.M. Lloyd-Jones unkompliziert und klar über die Themen: <strong>Die</strong><br />

Gemeinde im Neuen Testament, Taufe, Abendmahl, Wiederkunft Christi, voiceofhope.de der Antichrist, | 25 Daniel<br />

9,24-27, die Offenbarung <strong>des</strong> Johannes, die Auferstehung <strong>des</strong> Leibes und der ewige Zustand.<br />

Bestellen unter: www.voh-shop.de | 02265 99749-22


IN KRISENZEITEN<br />

DIE REINHEIT<br />

DER LEHRE BEWAHREN<br />

D. MARTYN LLOYD-JONES<br />

»Kinder, es ist die letzte Stunde! Und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist<br />

kommt, so sind jetzt viele Antichristen aufgetreten; daran erkennen wir, dass es<br />

die letzte Stunde ist. Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns;<br />

denn wenn sie von uns gewesen wären, so wären sie bei uns geblieben. Aber es<br />

sollte offenbar werden, dass sie alle nicht von uns sind.« (1.Joh. 2,18-19)<br />

Der Apostel Johannes stellt uns hier die<br />

Frage <strong>des</strong> geistlichen Kampfes vor – dieses<br />

große Thema <strong>des</strong> ganzen Neuen Testaments.<br />

Sobald wir in das Christenleben eingetreten<br />

sind, werden wir zu einem Teil dieses<br />

gewaltigen Kampfes zwischen den Mächten Gottes<br />

und denen der Hölle, und wir sind darin mit<br />

verwickelt, ob wir es nun wollen oder nicht. Hier<br />

versucht der Apostel nun, diese Menschen im<br />

Hinblick darauf aufzuklären; er warnt und bereitet<br />

sie vor, damit sie dem Bösen begegnen und<br />

widerstehen können. Wir können diesen ganzen<br />

Schriftabschnitt in drei Teile gliedern.<br />

• Zuerst wird uns gezeigt, wie wichtig es für<br />

uns ist, uns nicht nur <strong>des</strong> Verwickeltseins<br />

in den Kampf bewusst zu werden, sondern<br />

auch Klarheit über das Wesen dieses<br />

Kampfes zu bekommen.<br />

• Zweitens zeigt er uns die Ausrüstung, die<br />

uns geschenkt wurde, um uns zu befähigen,<br />

dem Bösen zu begegnen und es zu bekämpfen.<br />

• Und drittens finden wir den Appell und die<br />

Ermahnung bzw. die Gründe, welche Johannes<br />

uns für unseren Widerstand gegen<br />

diese boshafte Macht und für unsere Beharrlichkeit<br />

in dem guten Kampf <strong>des</strong> Glaubens<br />

anführt.<br />

Johannes bringt hier diese besondere Lehre vom<br />

»Antichristen« und der »letzten Stunde« in Bezug<br />

auf die Gemeinde selbst, und wir müssen darüber<br />

nachdenken, was er dazu zu sagen hat, weil das in<br />

gewissem Sinne die dringlichste Angelegenheit<br />

ist, mit der wir als einzelne Christen und als Glieder<br />

der Gemeinde Jesu in dieser gegenwärtigen<br />

Zeit konfrontiert sind.<br />

26 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


DIE HEUTIGE LAGE DER GEMEINDE ZWISCHEN DEN<br />

ANGRIFFEN DURCH DEN UNGLAUBEN UND DER RESIGNATION<br />

Lassen Sie es mich so ausdrücken: Wir alle sind<br />

uns der Tatsache bewusst, dass wir in einer sehr<br />

schwierigen und kritischen Zeit leben; es hat in<br />

der Gemeinde Jesu ein großer Abfall stattgefunden.<br />

Vergleichen Sie den Kirchenbesuch heute mit<br />

den Zahlen, die noch vor 70 Jahren galten. Damals<br />

waren die Leute es gewohnt, am Sonntag in das<br />

Haus Gottes zu gehen, doch heute ist es fast eine<br />

Ausnahme, Mitglied einer Gemeinde zu sein.<br />

Weiterhin scheint es mir unerlässlich zu sein,<br />

dass wir uns miteinander ansehen sollten, was<br />

der Apostel zu sagen hat, weil an dieser Stelle<br />

seine Worte für uns heute genauso relevant sind<br />

wie im ersten Jahrhundert, als er sie schrieb. Es<br />

gibt viele Christen, deren Glaube aufgrund der<br />

genannten Lage erschüttert worden ist. Andere<br />

blicken auf die immer kleiner werdende bibeltreue<br />

Schar und fragen sich: »Ist dies letztlich<br />

überhaupt richtig? Sollten wir, die wir bloß eine<br />

Handvoll Leute sind, die Einzigen sein, die Recht<br />

haben, und liegen etwa die Massen, die große<br />

Mehrheit falsch?«<br />

In einer Zeit <strong>des</strong> Abfalls steht immer der echte<br />

Glaube unter Beschuss. Wir alle neigen dazu, uns<br />

dem anzupassen, »was man halt so tut«. Wir folgen<br />

der Mehrheit, und es gibt viele, die dabei ein<br />

ungutes Gefühl haben und empfinden, dass ihr<br />

Glaube ernsthaft erschüttert wurde. Mit anderen<br />

Worten, man nimmt heutzutage eine große Niedergeschlagenheit<br />

und viel Pessimismus unter<br />

Christen wahr.<br />

Wenn ich die besondere Versuchung benennen<br />

sollte, mit der wir als Christen in diesen Tagen<br />

konfrontiert sind, würde ich sagen, dass es<br />

die Neigung zur Verzweiflung und zu tiefstem<br />

Pessimismus ist. Beim näheren Anblick dieser<br />

Lage könnten wir sagen: »Was kommt noch alles<br />

auf uns zu? Wie kann die wahre Gemeinde<br />

überhaupt fortbestehen?« Genau mit diesem Zustand<br />

der Niedergeschlagenheit und Verwirrung<br />

beschäftigt sich Johannes. Eine Zeit der Schwierigkeiten<br />

führt nicht nur zur Verzweiflung; sie<br />

ist auch eine Zeit, in der eine Tendenz zur Panik<br />

besteht. Menschen geraten außer sich und verzweifeln;<br />

sie sagen: »Wir müssen etwas tun, um<br />

die Gemeinde Jesu zu erhalten.« Sie blicken auf<br />

die Zahlen; sie betonen die Statistik; sie meinen:<br />

»Wir müssen aufstehen und etwas dagegen un-<br />

voiceofhope.de | 27


ternehmen – wir müssen etwas organisieren, um<br />

den Verfall zu stoppen.« Und so steigern sie sich<br />

in eine geschäftige Aktivität hinein.<br />

Also müssen wir die Botschaft näher betrachten,<br />

die der Apostel für Christen in genau jener Situation<br />

hat. Was hat er zu sagen? Lassen Sie mich<br />

versuchen, die Botschaft zusammenzufassen, indem<br />

ich einige Thesen darlege:<br />

1. <strong>Die</strong> Widerwärtigkeiten, welche die<br />

Gemeinde durchstehen muss, dürfen uns nicht überraschen<br />

Als erstes sagt Johannes uns, dass wir über eine<br />

solche Situation nicht überrascht oder ihretwegen<br />

erschrocken sein dürfen.<br />

»Kinder, es ist die letzte Stunde! Und wie ihr<br />

gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind<br />

jetzt viele Antichristen aufgetreten.« »Ihr habt<br />

gehört, dass er kommt«, sagt Johannes. Das müssen<br />

wir betonen. Mir scheint, dass es in gewissem<br />

Sinne nichts gibt, was unsere Kenntnis der<br />

Schrift so gründlich auf die Probe stellt, wie unsere<br />

Reaktion auf die heutige Situation. Wenn wir<br />

ihretwegen in Panik geraten oder ein Gefühl der<br />

Verzweiflung uns überwältigt, dann liegt dies daran,<br />

dass wir unsere Bibeln nicht wirklich gelesen<br />

haben, denn die Bibel ist buchstäblich voller Warnungen<br />

im Blick auf das, was wir heute erleben.<br />

Solche, die ihre Bibel kennen, sollten nicht über<br />

den derzeitigen Zustand der Welt und der Gemeinde<br />

überrascht sein. Es gibt überhaupt nichts,<br />

was so falsch und so weit vom biblischen Bild der<br />

Gemeinde entfernt wäre, wie die Vorstellung,<br />

dass die Gemeinde Gottes sich von Anfang an<br />

weiterentwickeln und zunehmen sollte, so, dass<br />

sie in jedem Jahrhundert stärker würde, als sie es<br />

zuvor war, und dass dies sich fortsetzen würde,<br />

bis die ganze Welt christlich geworden sei. Es gibt<br />

nirgendwo in der Heiligen Schrift auch nur eine<br />

einzige Stelle, die eine solche Auffassung unterstützen<br />

würde.<br />

Tatsächlich lehrt uns die Schrift, dass das genaue<br />

Gegenteil der Fall ist. Wenn wir die Apostelgeschichte<br />

lesen, so entdecken wir, dass die ersten<br />

Prediger <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> die ersten Gläubigen<br />

warnten. Sie sagten: »Ihr werdet in einen Kampf<br />

und Konflikt eintreten. Es gibt einen mächtigen,<br />

raffinierten Widersacher, der gegen uns ist und<br />

alles daransetzen wird, die wahre Gemeinde unseres<br />

Herrn zu ruinieren und zu zerstören.« Alle<br />

Prophezeiungen – über den Menschen der Sünde,<br />

den Antichrist, und so weiter – liegen uns hier vor.<br />

In der Tat stellte ja unser Herr Selbst diese Frage:<br />

»Doch wenn der Sohn <strong>des</strong> Menschen kommt, wird Er auch<br />

den Glauben finden auf Erden?« (Lk. 18,8). Nein, diese<br />

Idee, dass die Gemeinde eine Institution werden<br />

würde, die wachsen und mit der es immer weiter<br />

vorwärts und aufwärts gehen sollte, basiert nicht<br />

auf der Bibel, sondern auf einer falschen Philosophie<br />

und Lehre.<br />

Ich zögere auch nicht, zu behaupten, dass gerade<br />

der Zustand der Gemeinde und der Welt eine<br />

der auffälligsten und erstaunlichsten Bestätigungen<br />

für die biblische Lehre ist, die man überhaupt<br />

finden kann. Wir dürfen daher nicht überrascht,<br />

erstaunt oder erschüttert sein. Obwohl dies paradox<br />

klingen mag, sollte die Schwachheit der<br />

heutigen Gemeinden in einem gewissen Sinne sogar<br />

unseren Glauben bestätigen und für uns eine<br />

Vergewisserung der Wahrheit <strong>des</strong> Wortes Gottes<br />

darstellen. Weit davon entfernt, niedergeschlagen<br />

zu sein, sollten wir also angesichts der gegenwärtigen<br />

Lage gewissermaßen sagen können: »Der<br />

Zorn <strong>des</strong> Menschen muss Dich preisen« (Ps. 76,11), und<br />

er preist Ihn. Wir müssen das Wort Gottes bestätigen,<br />

obwohl wir es gar nicht wollen.<br />

2. <strong>Die</strong> Gemeinde muss gerade in einer Krisenzeit auf<br />

die Reinheit ihrer Lehre bedacht sein und darüber wachen<br />

Das zweite Prinzip ist dies: In einer Zeit wie der<br />

unsrigen sollte die Gemeinde in allererster Linie<br />

auf die Reinheit und Reinerhaltung ihrer Lehre<br />

bedacht sein. Ich denke, dass sich dies ganz offensichtlich<br />

und logisch ergibt. Sie werden sich erinnern,<br />

was Johannes dazu in den Versen 18-19 sagt.<br />

Was interessant zu beachten ist, dass Johannes in<br />

diesem ganzen Abschnitt überhaupt nicht große<br />

28 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


Bedenken wegen der Mitgliederzahlen in der Gemeinde<br />

hegt – wegen der Tatsache, dass so viele sie<br />

verlassen hatten –, sondern vielmehr ging es ihm<br />

um die Reinheit und Reinerhaltung der Lehre in<br />

der Gemeinde. <strong>Die</strong>se Antichristen leugneten, dass<br />

Jesus der Christus ist; sie leugneten den Sohn und<br />

den Vater; sie leugneten die Dreieinigkeit. Wenn<br />

Sie also diese Worte lesen, werden Sie entdecken,<br />

dass das Eine, worum Johannes vor allem anderen<br />

besorgt ist, die reine Lehre ist.<br />

Lassen Sie mich dies besonders betonen, weil<br />

es sicherlich in der heutigen Zeit betont werden<br />

muss. Johannes ist nicht an Zahlen oder der Organisation<br />

interessiert. Ist das nicht eine der<br />

subtilen Versuchungen, die heute an uns herantreten?<br />

Unser Interesse konzentriert sich zum<br />

großen Teil auf Zahlen, die Organisation und<br />

das Programm. <strong>Die</strong>s ist ganz natürlich und sehr<br />

menschlich; denn wir mögen Fakten und Zahlen<br />

und Statistiken. Weil wir die Erben gewisser Traditionen<br />

sind, neigen wir dazu, uns die Gemeinde<br />

in einem Gebäude als eine Organisation vorzustellen.<br />

Unser ganzes Denken neigt dazu, sich von<br />

solchen mechanischen Statistiken kontrollieren<br />

zu lassen.<br />

Allerdings behaupte ich: Wenn wir die Heilige<br />

Schrift aufmerksam lesen, werden wir feststellen,<br />

dass diese Vorstellung dem ganzen Kontext<br />

der Schrift überhaupt nicht entspricht. Der große<br />

Punkt, der hier betont wird, ist die Reinheit der<br />

Gemeinde, und nicht ihre Größe. Ich frage mich,<br />

ob wir bereit sind, der Tatsache ins Auge zu blicken,<br />

dass die Gemeinde Gottes in diesem Zeitalter<br />

und in dieser Generation in gewissem Sinne in<br />

der Lage sein müsste, in die Katakomben zurückzugehen.<br />

Es kann sein, dass wir dies erleben werden,<br />

wie es schon etliche treue Christen in einigen<br />

Ländern erleben. <strong>Die</strong> Gemeinde ist »im Haus<br />

von Herrn Soundso«, wie sie es im Neuen Testament<br />

war, und wir müssen uns bewusst sein, dass<br />

die Gemeinde genauso sehr eine Gemeinde ist,<br />

wenn sie nur aus einer Handvoll Leuten besteht,<br />

als wenn sie eine große Masse ist. Was in einer<br />

wahren Gemeinde Jesu ausschlaggebend ist, sind<br />

nicht die Zahlen, ist nicht das Programm, sondern<br />

die Reinheit der Lehre.<br />

Wir können die Relevanz <strong>des</strong>sen für unsere<br />

heutige Lage erkennen. Man liest ständig in den<br />

christlichen Büchern und Zeitschriften ein Argument,<br />

das etwa wie folgt lautet: »Sie sagen, dass<br />

die Gemeinde heutzutage um ihr Leben kämpfe;<br />

es gibt Kräfte und Faktoren in der Welt, die ihr<br />

feindlich gesinnt sind. Wir sehen unsere sinkenden<br />

Zahlen und kleiner werdenden Gemeinden,<br />

und die Statistiken sprechen von Jahr zu Jahr für<br />

sich. Was sollen wir also tun? Sie sagen: ›Es gibt<br />

nur eins, was wir tun können; wir müssen uns<br />

alle vereinen. Wir haben keine Zeit, über das zu<br />

streiten, was die Leute glauben mögen; wenn sie<br />

an Gott glauben und als Christ leben, dann sind<br />

sie mit uns eins. Lasst uns also vereint eine Union<br />

(Vereinigung, Bruderschaft) bilden, um uns<br />

diesem gemeinsamen Feind entgegenstellen zu<br />

können.‹«<br />

Nun verspüren wir alle in gewissem Sinne<br />

ganz offenkundig eine Art allgemeine Sympathie<br />

für solches Gerede; und dennoch scheint es mir,<br />

dass wir, wenn wir nicht vorsichtig sind, eine der<br />

wesentlichen Lehren der Bibel verleugnen werden.<br />

Ich sage, dass die wichtigste Sache, um die<br />

wir besorgt sein müssen, die Reinheit der Lehre<br />

ist. Besser nur eine Handvoll Leute, die wirklich<br />

glauben, dass Jesus der Christus ist, als eine Menschenmasse,<br />

die sich nicht sicher ist, wer der Herr<br />

Jesus nun ist oder nicht ist, und die fälschlicherweise<br />

das Wort »Christ« für sich gebraucht.<br />

»<strong>Die</strong>se Leute«, so sagt Johannes, »sind in gewissem<br />

Sinne von euch ausgegangen; aber«, so<br />

fährt er fort, »das hat nichts zu sagen; die Frage<br />

ist, ob ihr, die ihr übriggeblieben seid, richtig<br />

steht.« <strong>Die</strong> Reinheit der Lehre hat an erster Stelle<br />

zu stehen. Mit anderen Worten, wir müssen uns<br />

bewusst werden, dass wahre Einheit nur auf der<br />

Grundlage der Wahrheit erlangt werden kann. Ja,<br />

die Menschen können ihre Vereinigungen, Zusammenschlüsse<br />

und Koalitionen haben, auch<br />

ganz ohne die Wahrheit; aber es ist unmöglich, die<br />

Einheit <strong>des</strong> Geistes anders als auf der Grundlage<br />

der Wahrheit zu finden. Der Heilige Geist bindet<br />

Menschen zusammen, die in Bezug auf die Lehre<br />

übereinstimmen – Menschen, die sagen: »Jesus ist<br />

der Herr«, und die Ihn als den einzigen Sohn Gottes<br />

anerkennen; Menschen, die an die Fleischwerdung,<br />

an das Sühneopfer, an die Auferstehung, an<br />

die Person <strong>des</strong> Heiligen Geistes glauben; das ist<br />

die Lehre, ohne welche es keine wahre Einheit geben<br />

kann.<br />

Haben Sie nicht bemerkt, wie die Bibel ihren<br />

Sarkasmus über große Zahlen in einer höchst ironischen<br />

Weise äußert? Gibt es irgendeine Lehre<br />

voiceofhope.de | 29


in der Bibel, die sich in dieser Weise hindurchzieht,<br />

wie die Lehre vom Überrest? Gibt es in ihr<br />

irgendetwas, was so sehr hervorsticht wie dies,<br />

dass Gott alles durch einen Mann getan hat, der<br />

alleine in die Bresche getreten ist? Zum Beispiel<br />

Gideon, wie er eine große Volksmenge loswird, bis<br />

am Ende nur eine Handvoll übrigbleibt. Ja, es sind<br />

die Menschen, die zu der Einsicht gelangen, dass<br />

ihre Lehre rein ist, und dass dieser Gott den so<br />

mächtigen Feind besiegen kann. <strong>Die</strong>s ist die Lehre<br />

der Heiligen Schrift. Es ist die <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> Heiligen<br />

Geistes, die den Ausschlag gibt. Wir haben eine<br />

<strong>Kraft</strong> hinter uns und in uns, welche mächtiger ist<br />

als der Feind, und welche die Oberhand behalten<br />

wird und muss. Der Herr ehrt nur diejenigen, die<br />

Ihn ehren; Er erkennt nur solche an, welche zur<br />

reinen Lehre stehen und sie bekennen.<br />

Der Apostel Paulus sagte genau das Gleiche,<br />

was Johannes hier sagt. In jener Zeit verließen<br />

viele Mitglieder die Gemeinde, und der arme<br />

Timotheus war <strong>des</strong>wegen deprimiert worden.<br />

Er konnte sehen, wie die Menschen weggingen<br />

und falscher Lehre anhingen, indem sie solchen<br />

glaubten, die behaupteten, dass die Auferstehung<br />

bereits geschehen sei. Er hatte seine traurigen<br />

Mitteilungen an Paulus gesandt, und Paulus antwortete<br />

darauf wie folgt: »Aber der feste Grund Gottes<br />

bleibt bestehen« (2.Tim. 2,19). Gott kennt die Seinen;<br />

faktisch sind die Reinheit und Reinerhaltung<br />

<strong>des</strong> Glaubens und der Lehre ausschlaggebend.<br />

3. Wir müssen uns selbst prüfen und erforschen<br />

Doch das bringt uns, wie ich denke, wiederum<br />

zum nächsten Punkt. Nachdem wir also gesehen<br />

haben, dass die gegenwärtige Lage uns nicht deprimieren<br />

darf – nachdem wir gesehen haben,<br />

dass die Reinheit und Reinerhaltung der Lehre<br />

faktisch das Ausschlaggebende sind –, müssen wir<br />

als Nächstes uns selbst prüfen. »Kinder, es ist die<br />

letzte Stunde ... Sie sind von uns ausgegangen«,<br />

und es stellt sich die Frage: Was ist mit uns? Johannes<br />

lehrt uns hier eindeutig Folgen<strong>des</strong>: <strong>Die</strong><br />

bloße Tatsache, dass wir behaupten, Christen zu<br />

sein und der Gemeinde anzugehören, beweist<br />

nicht, dass wir Christen sind. »Sie sind von uns<br />

ausgegangen, sie waren unter uns« – diese Antichristen,<br />

die er anprangert, und die Menschen, die<br />

glaubten, dass sie gläubig sind. »<strong>Die</strong>se Leute hatten<br />

sich der Gemeinde angeschlossen; sie hatten<br />

behauptet, Christen zu sein, aber –«, so sagt Johannes,<br />

»sie sind von uns ausgegangen, womit sie<br />

beweisen, dass sie nicht von uns waren, obwohl<br />

sie unter uns waren.«<br />

Nun scheint es mir, dass dies für uns eine<br />

ernsthafte und wichtige Angelegenheit ist. Das<br />

mag nach einer ziemlich überraschenden und<br />

verblüffenden Behauptung klingen, und manche<br />

würden sagen, dass man in einer Zeit wie unserer<br />

heutigen überhaupt nicht eine derartige Prüfung<br />

durchführen sollte. »<strong>Die</strong> Gemeinden sind heute<br />

schon klein genug«, sagen sie; »wollen Sie etwa die<br />

Leute auffordern, sich selbst zu prüfen, und damit<br />

eine noch größere Austrittsbewegung provozieren?<br />

Sicher sollten Sie die Menschen vielmehr<br />

dazu auffordern, in die Gemeinden einzutreten!«<br />

Gerade das tut die Heilige Schrift aber nicht; sie<br />

hat dies nie getan. Vielmehr sagt sie, dass es möglich<br />

ist, dass Menschen Gemeindemitglieder sind<br />

und doch nicht errettet sind.<br />

Lassen Sie es mich so formulieren – und ich<br />

tue dies im Sinne einer Ermutigung und Tröstung.<br />

Wenn wir auf die heutigen Gemeinden blicken<br />

und sie mit dem vergleichen, was noch vor hundert<br />

Jahren galt, dann mögen wir denken, dass<br />

böse Tage über uns gekommen seien, und dass die<br />

Gemeinde nicht mehr die Gemeinde Gottes sei.<br />

Aber betrachten wir es einmal so: Es gab eine Zeit,<br />

in der die Kirchen voll waren, sogar überfüllt. Sollen<br />

wir aber aufgrund <strong>des</strong>sen annehmen, dass jeder,<br />

der zur Kirche ging, ein wahrhaftiger Christ<br />

gewesen sei? Es gab Menschen, die aus sehr eigenartigen<br />

und kuriosen Gründen zur Kirche gingen;<br />

ihr Kirchgang entsprach nur einer Sitte oder<br />

Gewohnheit; es war eine gesellschaftliche Angelegenheit;<br />

es machte sich für die Menschen bezahlt,<br />

zur Kirche zu gehen. Nein, wir dürfen nicht annehmen,<br />

dass die Kirchen, weil sie voll waren, voll<br />

mit wahren Christen gewesen wären; hier waren<br />

Menschen, die zur Kirche gingen und doch völlig<br />

falsch standen. Also ist es wichtig, uns selbst zu<br />

prüfen und uns zu vergewissern, dass wir wahrhaft<br />

im Glauben und wirklich in Christus sind.<br />

<strong>Die</strong> ultimative Frage ist, ob wir von der Gemeinde<br />

sind. Johannes drückt es wie folgt aus: »Sie<br />

sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht<br />

von uns; denn wenn sie von uns gewesen wären,<br />

30 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


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so wären sie bei uns geblieben.« Was bedeutet dies<br />

genau, und wie kann ich wissen, ob ich wirklich<br />

von der Gemeinde bin oder nicht? Nun ja, es bedeutet<br />

sicherlich Folgen<strong>des</strong>: Wahre Christen sind<br />

solche, die in lebendiger Verbindung mit der Gemeinde<br />

stehen. Sie gehören ihr nicht nur förmlich<br />

an; ihre Namen stehen nicht bloß im Mitgliederverzeichnis.<br />

Sie erkennen nicht bloß eine allgemeine<br />

Bindung an, die sich nur am Sonntagmorgen<br />

zeigt. Nein, sie sind durch enge, lebendige<br />

Beziehungen mit der Gemeinde verbunden. Mit<br />

anderen Worten, sie haben Leben in sich; sie müssen<br />

sich selbst nicht erst dazu zwingen, sondern<br />

sie können vielmehr gar nicht anders. Für sie ist<br />

es eine organische und lebendige Verbindung,<br />

und die Folge ist, dass sie in echter Gemeinschaft<br />

mit anderen Christen sind. Sie fühlen sich in einer<br />

Weise mit ihnen verbunden, wie sie mit niemand<br />

anderem verbunden sind. Sie empfinden, dass sie<br />

ihre Mitchristen in einer Weise verstehen, wie sie<br />

niemand anderen verstehen; sie empfinden, dass<br />

die Gemeinde in gewissem Sinne ihre Heimat ist.<br />

Da liegt der entscheidende Unterschied. Stellen<br />

wir uns also ganz einfache Fragen: An welcher<br />

Stelle stehen diese Dinge in meinem täglichen<br />

Leben? Welchen praktischen Stellenwert haben<br />

diese Dinge in meiner Erfahrung? Welchen Wert<br />

hat die geistliche Gemeinschaft bei mir? Ist sie für<br />

mich zentral und lebenswichtig, oder ist sie etwas<br />

ganz Nebensächliches, wozu ich mich ständig erst<br />

überwinden muss? <strong>Die</strong> Menschen, die nicht »von<br />

uns« sind, sind Leute, die ganz am Rande stehen,<br />

und wenn irgend etwas schiefläuft, sind sie immer<br />

die Ersten, die weggehen.<br />

4. Wir müssen den Stellenwert und Zweck<br />

einer Zeit wie der unsrigen im Plan Gottes erkennen<br />

Und das bringt mich zum letzten Prinzip: Wir<br />

müssen dem Apostel Johannes zufolge versuchen,<br />

den Stellenwert und Zweck einer Zeit wie der unsrigen<br />

im Plan Gottes zu erkennen; wie setzen wir<br />

sie zum umfassenden Ratschluss Gottes in Beziehung?<br />

Johannes beantwortet diese Frage wie folgt:<br />

Gott hatte Johannes zufolge in gewissem Sinne<br />

diese Menschen aus der Gemeinde hinausgeworfen,<br />

damit ein Unterschied gemacht würde, der<br />

das Falsche entlarvte und das Echte offenbarte<br />

und manifestierte. Das interpretiere ich nun folgendermaßen:<br />

Eine Zeit wie die unsrige ist für die<br />

Gemeinde Jesu von großem Wert; es ist eine Zeit,<br />

in der wir erprobt werden. Lasst uns also daher,<br />

liebe Geschwister, Mut fassen, wenn wir uns daran<br />

erinnern. In der heutigen Welt ist es gewiss<br />

nicht »in«, Gott anzubeten und einen Gottesdienst<br />

zu besuchen. Tatsächlich scheint es jeden<br />

Grund und jede Entschuldigung dafür zu geben,<br />

dies nicht zu tun.<br />

Als wahre Christen werden wir heute geprüft,<br />

gesichtet und erprobt; vieles wird gesagt und geschrieben,<br />

was gegen uns gerichtet ist; wir sehen,<br />

wie die Volksmasse den anderen Weg geht, und<br />

trotzdem stehen wir immer noch. Johannes der<br />

Täufer sagte das Gleiche über unseren Herrn Jesus:<br />

»Er hat die Wurfschaufel in Seiner Hand und wird<br />

Seine Tenne gründlich reinigen und Seinen Weizen in die<br />

Scheune sammeln; die Spreu aber wird Er verbrennen mit<br />

unauslöschlichem Feuer« (Mt. 3,12). Es ist eine Zeit, in<br />

welcher Spreu und Weizen gesichtet werden. Eine<br />

Zeit wie die unsrige hilft der Gemeinde offenkundig<br />

dabei, das loszuwerden, was unecht und falsch<br />

ist, und sie reinigt dadurch die wahre Gemeinde.<br />

<strong>Die</strong> ihr nur locker anhängen, gehen weg, wie auch<br />

die Leute mit zweifelhaften Lehren; dadurch werden<br />

die toten Zweige entfernt, und die Gemeinde<br />

Jesu wird geläutert, gesäubert und gereinigt.<br />

Hier haben wir wiederum eine Lehre, die sich<br />

durch die ganze Bibel hindurchzieht. Man findet<br />

sie in allen Erweckungszeiten wieder; in der Tat<br />

ist für mich eines der auffälligsten Kennzeichen<br />

von Erweckungszeiten die Vorstellung von Gemeindezucht.<br />

Manch eine Gemeinde rühmte sich<br />

ihrer großen Mitgliederzahl; als aber der Herr<br />

anfing, die Gemeinde zu sichten, blieben schlussendlich<br />

nur noch wenige Mitglieder! Es ist dieser<br />

Gedanke <strong>des</strong> Sichtens, <strong>des</strong> Beschneidens, <strong>des</strong> Loswerdens<br />

der toten Blätter und Zweige zum Zwecke<br />

der Läuterung und Reinigung der Gemeinde. Und<br />

gerade die Zeit, in der wir leben, richtet das aus.<br />

Menschen mit falschen Lehren werden dadurch<br />

aufgerüttelt, dass so viele sich ihrer dogmatischen<br />

Abirrung wegen von ihnen abkehren; und das<br />

dient der wahren Gemeinde Jesu zur Reinigung<br />

und Läuterung.<br />

32 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


5. Eine Zeit wie die unsrige bietet uns<br />

eine gute Grundlage für unsere Heilsgewissheit<br />

Und schließlich bietet uns eine Zeit wie die unsrige,<br />

wie mir scheint, eine sehr gute Grundlage für<br />

unsere Heilsgewissheit, und sie tut dies wie folgt:<br />

»Sie sind von uns ausgegangen«, sagt Johannes,<br />

»aber sie waren nicht von uns; denn wenn sie von<br />

uns gewesen wären, so wären sie bei uns geblieben.«<br />

Sie sind nicht bei uns geblieben; wir aber<br />

bleiben. Warum ist das so? Und darauf gibt es<br />

letztlich nur eine Antwort, nämlich, dass wir aufgrund<br />

<strong>des</strong>sen bleiben, dass wir wahrhaft im rechten<br />

Glauben sein müssen.<br />

<strong>Die</strong>s ist in gewissem Sinne die Lehre vom endgültigen<br />

Beharren der Heiligen: » ... denn wenn<br />

sie von uns gewesen wären, so wären sie bei uns<br />

geblieben.« Allerdings haben sie sich von uns entfernt.<br />

Wenn das Falsche weggenommen worden<br />

ist, bleibt das Echte; solche, die der Gemeinde<br />

angehören und von der Gemeinde sind, bleiben<br />

standhaft und bleiben in ihr: »Aber der feste Grund<br />

Gottes bleibt bestehen und trägt dieses Siegel: Der Herr<br />

kennt die Seinen!« (2.Tim. 2,19). Sie werden sich als<br />

echt erweisen, sie werden gesichtet und geprüft<br />

werden; aber wenn sie ein Eigentum <strong>des</strong> Herrn<br />

sind, können sie nie aus Seiner Hand entfernt<br />

werden.<br />

Also sollten wir eine Zeit wie die unsrige in<br />

dieser Weise betrachten. Es ist eine Zeit der Abtrünnigkeit,<br />

<strong>des</strong> Abfalls; es ist eine Zeit, in welcher<br />

viele Menschen aus der Gemeinde gehen.<br />

Aber wir sehen nicht das Ende der Gemeinde Jesu.<br />

Nein, das Ende der Gemeinde wird die Aufnahme<br />

in die Herrlichkeit sein; denn die wahre Gemeinde<br />

unseres Herrn ist unzerstörbar. <strong>Die</strong> Gemeinde<br />

gehört Christus; und alle, die wahrhaft Ihm angehören,<br />

sind Glieder Seines wunderbaren verherrlichten<br />

Leibes. Deshalb sollten wir uns in gewissem<br />

Sinne sogar der Tatsache rühmen, dass wir<br />

in dieser Stunde in der Welt leben und in dieser<br />

gegenwärtigen, schwierigen Zeit in der Gemeinde<br />

sind und zum Leib Christi gehören.<br />

Missverstehen Sie mich bitte nicht. Wir alle<br />

beklagen die Tatsache, dass so viele außerhalb von<br />

Christus stehen; wir beklagen die Tatsache, dass<br />

die wahre Gemeinde anscheinend so schwach und<br />

hilflos ist. Allerdings dürfen wir <strong>des</strong>wegen nicht<br />

nach den Massen und großen Zahlen begehren;<br />

wir müssen um die Reinheit und die Reinerhaltung<br />

der Lehre besorgt sein, um die Reinheit der<br />

Gemeinde selbst, sowohl in ihrem Leben als auch<br />

in ihrer Lehre. Wir sollten uns der Tatsache rühmen,<br />

dass wir in einer Zeit der Abtrünnigkeit und<br />

<strong>des</strong> Abfalls zum Überrest gehören, und wir sollten<br />

mit Augen <strong>des</strong> Glaubens auf den Krönungstag blicken,<br />

der kommen wird, auf den Tag der Wiederkunft<br />

<strong>des</strong> Herrn mit allen Heerscharen Seines Volkes,<br />

an dem wir, obgleich jetzt zahlenmäßig klein,<br />

zu jener großen Schar gehören werden, welche<br />

niemand zählen kann.<br />

Ein Auszug aus dem Buch »Kennzeichen eines Christen«, 3L-Verlag.<br />

D. Martyn Lloyd-Jones<br />

KENNZEICHEN EINES CHRISTEN<br />

Als Christ erkennbar leben<br />

(1. Johannes, Kapitel 1-3)<br />

• Was ist für einen Christen in der Welt<br />

möglich – und was nicht?<br />

• Wie können wir uns damit abfinden?<br />

Kann man sich in der Welt als Christ<br />

behaupten?<br />

• Was ist unsere Aufgabe in dieser<br />

Welt und wie ist unsere Beziehung<br />

zu der Welt, in der wir leben?<br />

voiceofhope.de | 33<br />

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490 Seiten


George<br />

Whitefield<br />

1714-1770<br />

34 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


EIN WAHRER<br />

CHRIST & EVANGELIST<br />

Ian Hamilton<br />

In diesem Jahr jährt sich der To<strong>des</strong>tag von George<br />

Whitefield zum 250. Mal. In diesem Artikel<br />

werden wir über ein Leben nachdenken,<br />

das Gott dazu benutzte, im 18. Jahrhundert Zehntausende<br />

zu prägen. Ich erinnere mich lebhaft<br />

daran, wie ich das Leben und den <strong>Die</strong>nst dieses<br />

bemerkenswerten Mannes kennenlernte. Es war<br />

1970, und ich war ein junger Christ, als ein Freund<br />

mich anlässlich <strong>des</strong> zweihundertsten To<strong>des</strong>tages<br />

Whitefields zu einem Vortrag mitnahm. Über eine<br />

Stunde lang hörte ich von Whitefields früherem<br />

Leben, seiner Bekehrung in Oxford, seinen sieben<br />

Besuchen in Amerika und seinen vielen Besuchen<br />

in Schottland und anderen Teilen <strong>des</strong> Vereinigten<br />

Königreichs. Von Anfang bis Ende war ich gepackt,<br />

denn ich hörte von einem Mann, der die Ozeane<br />

und ganz Großbritannien durchquerte. Wenn ich<br />

über die Bedeutung von Whitefields Leben nachdenke,<br />

fallen mir zwei Dinge auf.<br />

WHITEFIELD WAR<br />

EIN WAHRER CHRIST<br />

Als er Howell Harris, dem sehr engagierten walisischen<br />

Evangelisten, zum ersten Mal vorgestellt<br />

wurde, fragte Whitefield ihn: »Weißt du, dass deine<br />

Sünden vergeben sind?« Er hätte seine Erfolge<br />

im <strong>Die</strong>nst, die Art und Weise, wie die Kirche von<br />

England ihn behandelte, seinen gemeinsamen<br />

<strong>Die</strong>nst mit John Wesley, seine Zukunftspläne oder<br />

eine Reihe anderer Themen zur Sprache bringen<br />

können. Doch Whitefield fragte Harris ganz direkt<br />

nach der Vergebung seiner Sünden.<br />

Ich glaube, hier muss jede Bewertung von Whitefield<br />

ansetzen. Whitefield hat nie versucht, sein<br />

Bekenntnis zum reformierten Glauben, das in<br />

neununddreißig Artikeln niedergeschrieben wurde,<br />

zu verbergen. Doch vor allem war er ein aufrichtiger<br />

Christ, ein wiedergeborener Sünder, ein<br />

neuer Mensch in Christus.<br />

Während seiner Zeit in Oxford hatte Whitefield<br />

die Gnade Gottes in der Wiedergeburt erfahren.<br />

Von diesem Moment an glaubte Whitefield,<br />

dass es die Berufung seines Lebens sei, Christus<br />

zu predigen, und zwar als Gekreuzigten. Es war<br />

diese Überzeugung, die es Whitefield ermöglichte,<br />

überall zu predigen, wo man ihn darum bat. Als<br />

die Sezessionskirche in Schottland Whitefield einlud,<br />

in ihren Gemeinden zu predigen, stimmte er<br />

bereitwillig ein. Als er auch Einladungen annahm,<br />

auf Kanzeln der Church of Scotland zu predigen,<br />

stellten ihm die Mitglieder der Sezessionskirche<br />

ein Ultimatum: »Wenn du dort predigst, kannst<br />

du nicht hier predigen«. Whitefield schrieb in seinem<br />

Magazin: »<strong>Die</strong> Vereinigten Presbyterianer<br />

sind so eng, dass sie mich nicht einmal predigen<br />

hören wollen, es sei denn, ich schließe mich ihnen<br />

an«. Whitefield fuhr fort: »Ich fragte, warum ausschließlich<br />

für sie? Mr. Ralph Erskine antwortete,<br />

sie seien das Volk <strong>des</strong> Herrn.« Ich fragte sie dann, ob<br />

außer ihnen niemand anderes zum Volk <strong>des</strong> Herrn<br />

gehöre. Und angenommen, alle anderen wären das<br />

Volk <strong>des</strong> Teufels, dann hätten sie es sicherlich nötiger,<br />

gepredigt zu bekommen; und <strong>des</strong>halb war ich<br />

mehr und mehr entschlossen, auf die Straßen und<br />

an die Hecken und Zäune hinauszugehen«.<br />

WHITEFIELD<br />

WAR EIN EVANGELIST<br />

Vom Augenblick seiner Bekehrung an bis zum Tag<br />

vor seinem Tod gab sich Whitefield mit Leib und<br />

Seele der Evangelisation hin. Er reiste unermüdlich,<br />

überquerte dreizehn Mal den Atlantik und<br />

reiste vierzehn Mal nach Schottland.<br />

Sowohl damals als auch später schrieben viele,<br />

dass Whitefield ein lebhafter und begnadigter<br />

Redner war. Sarah Edwards, Jonathan Edwards<br />

Frau, schrieb in einem Brief an ihren Bruder<br />

James Pierpont: »Er [Whitefield] ist ein von Gott<br />

voiceofhope.de | 35


egabter Redner. Du hast bereits von seiner tiefen,<br />

doch klaren und melodischen Stimme gehört. Es<br />

ist perfekte Musik ... Er ist ein sehr hingegebener<br />

und gottesfürchtiger Mann, und sein einziges Ziel<br />

scheint es zu sein, die Menschen auf die bestmögliche<br />

Weise zu erreichen und zu bewegen. Er spricht<br />

aus einem Herzen, das vor Liebe glüht, und er ergießt<br />

einen Strom von Beredsamkeit, der fast unwiderstehlich<br />

ist.«<br />

Es wäre jedoch extrem falsch, die Bekehrung<br />

Tausender unter Whitefields Predigt auf seine<br />

Stimme und sein Verhalten zurückzuführen. Ein so<br />

ruhiger und besonnener Beobachter wie Jonathan<br />

Edwards schrieb an einen Freund, Thomas Prince,<br />

über die Auswirkungen von Whitefields Predigten<br />

auf ihn selbst und seine Gemeinde:<br />

»Er hielt hier vier Predigten im Versammlungshaus<br />

... <strong>Die</strong> Gemeinde war durch jede Predigt zutiefst erschüttert;<br />

fast die ganze Versammlung war während<br />

der Predigten die meiste Zeit in Tränen aufgelöst.<br />

<strong>Die</strong> Predigten von Mr. Whitefield passten zu den<br />

Umständen der Stadt. Sie enthielten nur Vorwürfe<br />

über unseren Rückfall und nutzten auf sehr bewegende<br />

und ergreifende Weise unser großes Bekenntnis<br />

und unsere große Gnade als Begründung<br />

dafür, zu Gott zurückzukehren, von dem wir uns<br />

entfernt hatten ... <strong>Die</strong> Erweckung geschah zunächst<br />

hauptsächlich unter den Predigern und denjenigen,<br />

die die Hoffnung hegten, sich in einem Zustand der<br />

Gnade zu befinden. Aber nach sehr kurzer Zeit gab<br />

es unter einigen jungen Menschen, die sich selbst<br />

als in einem christuslosen Zustand erkannten, eine<br />

Erweckung und tiefe Besorgnis; und es gab einige<br />

hoffnungsvolle Anzeichen von Bekehrungen, und<br />

einige Lehrer wurden außerordentlich erweckt.<br />

Nach etwa einem Monat oder sechs Wochen gab es<br />

eine große Veränderung in der Stadt, sowohl was die<br />

Erweckung von Lehrern als auch die Erweckung anderer<br />

betraf.«1<br />

Das »Geheimnis« <strong>des</strong> bemerkenswerten Einflusses<br />

von Whitefield auf Menschen aus so unterschiedlichen<br />

Orten wie London, den Kohlerevieren<br />

von Bristol, Cambuslang in Schottland und Neuengland<br />

lässt sich nicht auf natürliche Weise erklären.<br />

<strong>Die</strong> »außergewöhnliche Erschütterung« war der<br />

Gegenwart und <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> Heiligen Geistes zu verdanken.<br />

Was der Geist an Pfingsten vollbrachte, war<br />

kein einmaliges Phänomen. Sicher lag eine erlösende<br />

historische Einmaligkeit in jener mächtigen Ausgießung.<br />

Jedoch sollte jene Zeit der Erquickung ein<br />

Vorbote der nachfolgenden Zeiten der Erquickung<br />

für die Gemeinde und der Erweckung für die Welt<br />

durch die Gegenwart <strong>des</strong> Herrn sein (siehe Apg.<br />

3,19-20).<br />

WAS WIR VON IHM LERNEN ...<br />

Als Erstes müssen wir lernen, uns wie Whitefield<br />

auf das Wesentliche zu konzentrieren. <strong>Die</strong>se Worte<br />

von Richard Baxter in »Das Predigeramt aus Sicht<br />

eines Puritaners«2 sollten in die Herzen und Köpfe<br />

der Prediger <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> eingebrannt werden:<br />

»O meine Herren, wie deutlich, wie eingehend, wie<br />

ernsthaft sollten wir eine Botschaft in einer solchen<br />

Situation wie der unseren überbringen! Im Namen<br />

Gottes, liebe Brüder, arbeitet hart daran, eure eigenen<br />

Herzen zu erwecken, bevor ihr auf die Kanzel<br />

geht, damit ihr in der Lage seid, die Herzen der Sünder<br />

zu erwecken ... Denkt daran, sie müssen erweckt<br />

werden, sonst werden sie verdammt ... Sprecht zu<br />

euren Leuten als zu Menschen, die aufwachen müssen,<br />

entweder hier oder in der Hölle.«<br />

Zweitens macht Iain Murray in seiner Biographie<br />

von Jonathan Edwards diesen wertvollen Kommentar:<br />

»<strong>Die</strong> vielleicht größte praktische Lektion aus<br />

der Erweckung von 1735 für die Kanzel unserer<br />

Tage ist, dass, wenn Prediger und Gemeindeleiter<br />

mit Gleichgültigkeit und Unbekümmertheit zu tun<br />

haben, sie bloße Luftstreiche machen (1.Kor. 9,26),<br />

es sei denn, sie beginnen damit, womit der Heilige<br />

Geist beginnt: ›Wenn jener kommt, wird Er die Welt<br />

überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und<br />

vom Gericht‹ (Johannes 16,8)3.«<br />

In unseren verschiedenen <strong>Die</strong>nsten – und alle<br />

Christen haben <strong>Die</strong>nste und Aufgaben – müssen<br />

wir nicht nur in betender Abhängigkeit vom Heiligen<br />

Geist handeln, sondern auch Seinem Vorbild<br />

<strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>zeugnisses folgen, wie es Jesus in<br />

Johannes 16,8 hervorgehoben hat.<br />

Als John Knox gebeten wurde, die rasche Entwicklung<br />

der schottischen Reformation zu erklären,<br />

antwortete er: »Gott gab einfachen Menschen<br />

Seinen Heiligen Geist in großer Fülle.« Das ist das<br />

große Bedürfnis der heutigen Gemeinde.<br />

1 Letters and Personal Writings, WJE Online Vol. 16, im Jonathan Edwards Center, Yale University.<br />

2 Richard Baxter »Das Predigeramt aus Sicht eines Puritaners«, 3L-Verlag (Bestell-Nr. 863.939).<br />

3 Iain H. Murray, Jonathan Edwards: Ein Lehrer der Gnade und die Große Erweckung, CLV (Bestell-Nr. 256.306).


BRENNENDE<br />

FLAMME FÜR GOTT:<br />

George Whitefield vor 250 Jahren<br />

Jon D. Payne<br />

»Lieber verbrennen, als verrosten!«<br />

George Whitefield<br />

Am 29. September 1770 betrat der bedeutende<br />

und kränkelnde George Whitefield die<br />

kleine neu-englische Stadt Exeter. Eine<br />

unerwartete und beträchtliche Menschenmenge<br />

hatte sich versammelt, um ihn predigen zu hören.<br />

Der begnadigte Evangelist fühlte sich krank, und<br />

ein älterer Mann drückte daraufhin seine Besorgnis<br />

aus: »Sir, Sie sollten lieber zu Bett zu gehen, als<br />

predigen.« Whitefield antwortete: »Ganz recht, Sir.«<br />

Dann warf er einen Blick zum Himmel empor und<br />

betete: »Herr Jesus, ich bin müde in Deinem Werk,<br />

aber nicht von Deinem Werk. Wenn ich meinen Lauf<br />

noch nicht vollendet habe, so lass mich gehen und<br />

für Dich auf den Feldern sprechen, Deine Wahrheit<br />

besiegeln und nach Hause kommen und sterben.«<br />

Whitefield stand dann mehrere Minuten lang<br />

still auf der neu errichteten Außenplattform. <strong>Die</strong><br />

Stille wurde durchbrochen, als er sagte: »Ich bin gewiss,<br />

dass der Herr mir Seinen gnädigen Beistand<br />

geben wird, um noch einmal in Seinem Namen<br />

sprechen zu dürfen.« Kurz darauf verkündete Whitefield<br />

die Person Christi und Sein Erlösungswerk<br />

sowie die ewige Herrlichkeit, in die er selbst bald<br />

einziehen würde.<br />

Ich gehe vorbereitet zur Ruhe; meine Sonne ist<br />

aufgegangen, sie ist jetzt dabei unterzugehen<br />

– nein, sie ist dabei, zum Höhepunkt der unvergänglichen<br />

Herrlichkeit aufzusteigen. Viele mögen<br />

mich auf Erden überleben, aber im Himmel<br />

können sie mich nicht überleben. Oh, göttlicher<br />

Gedanke! Ich werde bald in einer Welt sein, in der<br />

Zeit, Alter, Schmerz und Trauer unbekannt sind.<br />

Mein Leib verfällt, mein Geist weitet sich aus.<br />

Wie bereitwillig würde ich leben, um Christus zu<br />

predigen! Aber ich sterbe, um bei Ihm zu sein!<br />

Am folgenden Morgen, am Tag <strong>des</strong> Herrn, in einem<br />

presbyterianischen Pfarrhaus in Newburyport,<br />

Massachusetts, wurde Whitefields Glaube zum<br />

Schauen. Der ewige Ruhetag <strong>des</strong> großen Predigers<br />

war angebrochen. Im Alter von fünfundfünfzig Jahren<br />

ging Whitefield in die unmittelbare Gegenwart<br />

seines Heilands ein. In diesem Jahr jährt sich der To<strong>des</strong>tag<br />

von George Whitefield zum 250. Mal. Es ist<br />

daher angemessen, sein außergewöhnliches Leben<br />

und seinen <strong>Die</strong>nst neu zu betrachten.<br />

George Whitefield wurde am 16. Dezember 1714<br />

in Gloucester, England, geboren. In seinen veröffentlichten<br />

Zeitschriften widmet Whitefield nur wenige<br />

Seiten seiner Kindheit. Daher wissen wir nicht<br />

viel über seine Jugend, außer dass er im ländlichen<br />

Gasthaus mit vielen Versuchungen aufwuchs. Whitefield<br />

stellt fest: »Ich war so grausam, dass ich An-<br />

voiceofhope.de | 37


weisungen hasste ... Lügen, dreckiges Gerede und<br />

alberne Scherze hielten mich in Abhängigkeit.« Er<br />

fügt hinzu, dass er seine verwitwete Mutter regelmäßig<br />

bestohlen und den Tag <strong>des</strong> Herrn bzw. Sonntag<br />

entheiligt habe: »Es wäre eine endlose Sache, die<br />

Sünden und Vergehen meiner Jugend zu erzählen.«<br />

Whitefield hob sein (und jedermanns!) kolossales<br />

Bedürfnis nach der Wiedergeburt hervor.<br />

Als junger Student am Pembroke College in Oxford<br />

geriet Whitefield in eine Phase tiefer Erkenntnis<br />

seiner Sünden. Durch Gottes Gnade führte der<br />

Geist ihn bald zu neuem Leben in Christus. »Gott<br />

gefiel es, mich frei zu machen, und die Tage meiner<br />

Trauer fanden ein Ende. Nach einer langen Nacht<br />

der Verlassenheit und Versuchung ging der Morgenstern<br />

in meinem Herzen auf.«<br />

Whitefields anfängliches geistliches Leben wurde<br />

größtenteils von John und Charles Wesley geprägt.<br />

Sie unterrichteten ihn in den Grundlagen <strong>des</strong><br />

Glaubens und führten ihn zu klassischen Werken<br />

der puritanischen Theologie. 1739 wurde Whitefield<br />

ein anglikanischer Prediger. Er ließ sich jedoch nie<br />

ganz in einer Pfarrkirche nieder, da er fand, dass<br />

Feldpredigten weitaus wirksamer waren, um verlorene<br />

Seelen zu sammeln und zu gewinnen. In der Tat<br />

begann Whitefield in den frühen Tagen der großen<br />

Erweckung, als sich riesige Menschenmengen versammelten,<br />

um ihn predigen zu hören, und seine<br />

Kritiker weiter zunahmen, das »Predigen ohne<br />

Türen« als einen normalen Teil seines <strong>Die</strong>nstes zu<br />

betrachten. Das Predigen im Freien ermöglichte es<br />

Whitefield, viel mehr Zuhörer aufzunehmen, als in<br />

die beschränkten Räumlichkeiten der meisten Kirchen<br />

passen würden. Es erlaubte ihm auch, an Orten<br />

zu predigen, wo ihm die Kanzel verboten war.<br />

Whitefields warmes, leidenschaftliches und bibeltreues<br />

Predigen war eine willkommene Alternative<br />

zum kalten und mechanischen Formalismus<br />

der Kirche in England. Der feurige Evangelist<br />

verachtete das »freundliche Predigen« seiner Zeit,<br />

da es versäumte, die seelenerschütternden Lehren<br />

<strong>des</strong> Glaubens zu verkünden. Der Heilige Geist rüttelte<br />

Zehntausende von Herzen durch die kräftigen<br />

Predigten von Whitefield, Edwards, John Wesley<br />

und anderen auf. <strong>Die</strong>se Männer glaubten zutiefst an die<br />

Wahrheit, die sie verkündeten. Es war die Art von mutigem,<br />

bibelfundiertem und erfahrungsbezogenem<br />

Predigen, von der wir heute mehr brauchen!<br />

Whitefield unternahm sieben Reisen in die amerikanischen<br />

Kolonien. Sein Reise- und Predigt-Terminkalender<br />

war schonungslos. Es wird angenommen,<br />

dass der unermüdliche Evangelist im Laufe<br />

seines vierunddreißigjährigen <strong>Die</strong>nstes 18.000 Mal<br />

vor insgesamt mehr als zehn Millionen Menschen<br />

gepredigt hat. In Städten wie London, Philadelphia<br />

und Boston zog er Massen von über zwanzigtausend<br />

Menschen an. Tausende kamen unter seinen<br />

Predigten zu Christus.<br />

<strong>Die</strong> Bekanntheit von Whitefield in den frühen<br />

1740er Jahren war beispiellos. Ein Biograph stellt<br />

fest, dass »er der erste international und transatlantische<br />

bekannte Wanderprediger überhaupt war.«<br />

Obwohl Benjamin Franklin selbst nie ein gläubiger<br />

Christ wurde, pflegte er eine lange persönliche<br />

Freundschaft mit Whitefield, nahm eifrig an seinen<br />

Predigten in Philadelphia teil und brachte zahlreiche<br />

Exemplare davon in Druck.<br />

<strong>Die</strong> Bekanntheit war jedoch nicht nur positiv,<br />

und Kontroversen waren sein ständiger Begleiter<br />

auf dem Höhepunkt der Erweckung. Zwischen 1739-<br />

1740 erschienen 154 Anti-Whitefield-Streitschriften.<br />

Weitverbreitete Kritik richtete sich unter anderem<br />

gegen seine Predigten unter freiem Himmel,<br />

seine öffentlichen Anklagen gegen den Klerus und<br />

seine reformierte Heilslehre.« Whitefields öffentlicher<br />

Meinungsaustausch mit John Wesley über die<br />

Lehre von der Erwählung war hart und entzweiend,<br />

unterstrich jedoch Whitefields tiefes Verständnis<br />

der Heiligen Schrift.<br />

Auch wenn der Platz keinen umfassenderen<br />

Überblick zulässt, muss doch erwähnt werden,<br />

dass Whitefields aufrichtige Liebe zu Gott und zum<br />

Nächsten ihn dazu bewegte, das Bethesda-Waisenhaus<br />

in Savannah, Georgia, zu gründen, seine<br />

Freundschaft mit John Wesley wiederherzustellen<br />

und sein aufrichtiges Bedauern über sein früheres<br />

Verhalten zum Ausdruck zu bringen. In seinen letzten<br />

Lebensjahren schrieb er demütig: »Ach, in wie<br />

vielen Dingen habe ich falsch geurteilt und gehandelt!<br />

Ich war zu unbedacht und übereilt bei meiner<br />

Einschätzung von Charakteren, sowohl von Orten<br />

als auch von Personen. Da ich die Sprache der Heiligen<br />

Schrift liebe, habe ich oft einen zu theologischen<br />

Stil verwendet, und gleichzeitig war ich zu erbittert<br />

in meinem Eifer, und ich habe festgestellt, dass<br />

ich oft in meinem eigenen Geist geschrieben und<br />

gesprochen habe, als ich dachte, ich schreibe und<br />

spreche unter dem Beistand <strong>des</strong> Geistes Gottes.«<br />

Whitefield war ein Mann von aufrichtiger christlicher<br />

Demut.<br />

38 | <strong>Die</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> 4/<strong>2020</strong>


<strong>Die</strong> treuesten Prediger sind die hingebungsvollsten<br />

Christen. Wenn ich mich an Whitefield<br />

anlässlich seines 250. To<strong>des</strong>tages erinnere, beeindruckt<br />

mich am meisten nicht etwa seine großartige<br />

Beredsamkeit, die riesigen Menschenmengen,<br />

die er anzog, oder seine tapfere Verteidigung der<br />

reformierten Lehre. Nein, es ist sein ernsthafter<br />

und beständiger Wandel mit Gott im Laufe eines<br />

intensiven vierunddreißigjährigen <strong>Die</strong>nstes. Sein<br />

öffentliches Wirken wurde durch seine persönliche<br />

Gottesfurcht untermauert. Er verließ sich im Gebet<br />

auf den Heiligen Geist und die Gnadenmittel. Sollte<br />

dies nicht das Ziel eines jeden Predigers sein?<br />

In seiner Begräbnispredigt verwies John Wesley<br />

liebevoll und zutreffend auf Whitefield als ein »gesegnetes<br />

Werkzeug in der Hand Gottes«. Mögen wir<br />

uns alle Whitefields außergewöhnliches Leben und<br />

Wirken zum Vorbild nehmen und aus seinen wertvollen<br />

Lehren, die wir heute noch in seinen Büchern<br />

finden, profitieren.<br />

Aus »The Banner of Truth Magazine 685«<br />

Benedikt Peters<br />

GEORGE WHITEFIELD<br />

Der Erwecker Englands und Amerikas<br />

Er gab der englischsprachigen Welt innerhalb von vier Jahrzehnten ein neues Gesicht,<br />

indem er das Werkzeug zur Erweckung <strong>des</strong> 18. Jahrhunderts wurde – George Whitefield<br />

(1714-1770). Er zeigte in beschämender Eindringlichkeit, was Hingabe ist. Außerdem war er<br />

ein Friedensstifter unter Brüdern, ein Mann der Demut. Vor allem aber war er ein Mann,<br />

der von der Gnade Gottes überwältigt war. In unserer von Leidensscheu und Selbstverliebtheit<br />

geprägten Zeit ein sehr beeindrucken<strong>des</strong>, herausfordern<strong>des</strong> und Mut machen<strong>des</strong><br />

Buch.<br />

12,90 € 6,50 € | Bestell-Nr. 255.374 | 480 Seiten<br />

George Whitefield<br />

CHRISTUS – DIE WEISHEIT, GERECHTIGKEIT,<br />

HEILIGUNG UND ERLÖSUNG DER GLÄUBIGEN<br />

In dieser Predigt legt Whitefield 1. Korinther 1,30 aus und führt uns mit<br />

schlichten Worten vor Augen, welchen unvorstellbaren Reichtum Gott,<br />

der Vater, all jenen gibt, die ihre Hoffnung auf ewiges Leben allein auf<br />

Seine Gnade setzen und die auf Christus, den wahren Erlöser, vertrauen.<br />

2,50 € | Bestell-Nr. 814.077 | 26 Seiten<br />

Benedikt Peters<br />

FRIEDENSSTIFTER<br />

Was wir von George Whitefield und John Wesley lernen können<br />

Streit und Trennungen hat es in der Kirchengeschichte leider immer wieder gegeben.<br />

Dass aber Brüder sich wieder versöhnt und trotz bleibenden unterschiedlichen Überzeugungen<br />

wieder gemeinsam für das Evangelium gearbeitet haben, ist leider eher eine Seltenheit.<br />

<strong>Die</strong> beiden Erweckungsprediger und Freunde John Wesley und George Whitefield<br />

suchten beide die Versöhnung und den Frieden und fanden zur alten Zusammenarbeit<br />

und zu gegenseitiger Wertschätzung zurück obwohl sie in ihren Überzeugungen auch<br />

weiterhin nicht übereinstimmten. Eine sehr aktuelle und ermutigende Wegweisung.<br />

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voiceofhope.de | 39


PAUL DAVID TRIPP<br />

Jeden Morgen<br />

neue Gnade<br />

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Der Vormittag kann hart sein. Da reichen ein<br />

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<strong>Die</strong>se 366 Andachten weisen auf die täglichen<br />

Segnungen hin, die du fin<strong>des</strong>t, wenn du mit leeren<br />

Händen vor den Thron der Gnade kommst und dabei<br />

Gottes Wort aufschlägst, um die Wahrheit zu finden,<br />

die dich belehrt, überführt, zurechtweist<br />

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5. JANUAR<br />

T<br />

atsache<br />

Wenn du auch tausend Jahre lang gehorsam wärst,<br />

wärst du vor Gott nicht annehmbarer als zu dem Zeitpunkt, in dem<br />

du gerade erst zum Glauben gekommen bist. Deine Annahme ist<br />

auf Christi Gerechtigkeit und nicht auf die deine gegründet.<br />

ist, dass die Sünde ein größeres Unheil darstellt, als wir meinen, und dass die Gnade<br />

erstaunenswerter ist, als wir es zu begreifen scheinen. Niemand, der wirklich versteht, was<br />

die Bibel über die allumfassende, jeden Aspekt unserer Persönlichkeit verändernde Natur der<br />

Sünde zu sagen hat, würde sich jemals darüber Gedanken machen, ob wohl irgendjemand in der<br />

Lage wäre, genügend Eigeninitiative und <strong>Kraft</strong> zu mobilisieren, um sich zu Gottes Vollkommenheits-Standards<br />

aufzuschwingen. Der Gedanke, dass irgendein gefallenes menschliches<br />

Geschöpf in der Lage wäre, sich einen Weg zur Annahme bei Gott bahnen zu können, muss<br />

die verrückteste aller Wahnvorstellungen sein. Doch wir alle neigen dazu, uns für gerechter zu<br />

halten, als wir es sind, und wenn wir das denken, haben wir die erste Stufe zu der Verirrung<br />

erstiegen, wir seien vielleicht in Gottes Augen doch gar nicht so schlecht.<br />

Darum ist die Sachverhaltsprüfung aus Römer 3,20 so wichtig. Denn da schreibt Paulus,<br />

dass »aus Werken <strong>des</strong> Gesetzes kein Fleisch vor Ihm gerechtfertigt werden kann«. Wenn man<br />

auch in jedem Augenblick seines Lebens unablässig beten würde, so könnte man doch nicht<br />

genügend beten, um Annahme bei Gott zu finden. Wenn man jeden Cent von jedem Euro, den<br />

man je verdient hat, in jedem Job, den man je hatte, weggäbe, so könnte man nicht genug geben,<br />

um die Annahme bei Gott zu verdienen. Wenn je<strong>des</strong> Wort, das man jemals aussprach, mit<br />

den reinsten gewissenhaften Beweggründen geäußert worden wäre, so wäre man doch unfähig,<br />

dadurch zu der Versöhnung mit Gott beizutragen. Wenn man sich zu einem ununterbrochenen<br />

Leben <strong>des</strong> unablässigen <strong>Die</strong>nstes hingäbe, könnte man doch nicht genügend dienen, um Gottes<br />

Gunst zu erwerben. <strong>Die</strong> Sünde ist zu groß. Gottes Schranken sind zu hoch. Sie liegen außerhalb<br />

der Reichweite eines jeden menschlichen Wesens, das irgendwann zu atmen begonnen hat.<br />

Darum hat Gott in Seiner Liebe Seinen Sohn gesandt: »Gott aber beweist Seine Liebe zu<br />

uns dadurch, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren« (Röm. 5,8). Du<br />

siehst: Da war und da ist kein anderer Weg. Es gibt nur eine Pforte zur Annahme bei Gott: die<br />

Gerechtigkeit Christi. Seine Gerechtigkeit wurde unserer Rechnung gutgeschrieben. Sünder<br />

werden in der heiligen Gegenwart Gottes willkommen geheißen, und zwar auf der Grundlage<br />

<strong>des</strong> vollkommenen Gehorsams eines Anderen. Christus ist unsere Hoffnung, Christus ist unser<br />

Ruheort, Christus ist unser Friede. Er erfüllte vollkommen die Forderung Gottes, so dass wir<br />

niemals mehr den Zorn Gottes zu fürchten brauchen, trotz unserer Sünde, unserer Schwachheit<br />

und unseres Versagens. Das ist es, was die Gnade schafft! Somit ist unser Gehorsam als Erlöste<br />

ein dankbares und hingegebenes Leben in der Heiligung und nicht der verzweifelte Versuch, das<br />

zu tun, was unmöglich ist: eigenständig Gottes Gunst zu verdienen.<br />

Für weitere Studien: Galater 3,1-14<br />

voiceofhope.de | 41


Über 18h Laufzeit<br />

Bernhard J. van Wijk<br />

BIBLISCHE GESCHICHTEN<br />

ERZÄHLT & ERKLÄRT<br />

Ein lehrreiches Buch für Jung und Alt über Gottes<br />

Geschichte mit den Menschen<br />

»Du, Tom, sag mal, wer ist eigentlich der erste Mörder in der Menschheitsgeschichte<br />

gewesen?«, fragt die Sonntagsschullehrerin. Tom runzelt die Stirn und antwortet:<br />

»Hmm … heute Morgen haben Papa und ich die Geschichte noch gelesen. Ähm … ich<br />

glaube, es war Kain.« <strong>Die</strong> Bibel erzählt zahlreiche Geschichten. Bernhard J. van Wijk hat<br />

sich mit dem Projekt »Biblische Geschichten« der Aufgabe gewidmet, die einzigartige<br />

und ergreifende Geschichte Gottes mit den Menschen zu erzählen und zu erklären.<br />

In den 185 Kapiteln wird der große Rettungsplan Gottes durch Jesus Christus vorgestellt.<br />

Im Gegensatz zu einer normalen Kinderbibel sind die Geschichten hier nicht<br />

nur nacherzählt, sondern enthalten auch leicht verständliche und altersübergreifende<br />

Erklärungen und Anwendungen. <strong>Die</strong> ausdrucksstarken Bilder von Adri Bourghout<br />

lassen die Erzählungen lebendig werden.<br />

<strong>Die</strong> Lesedauer einer Geschichte beträgt zwischen 5 bis 7 Minuten. Doch das ist noch<br />

nicht alles. Der Autor hat nämlich Fragen für Klein und Groß formuliert, die alle Betei-


ligten dazu anspornen, die einzelnen Kapitel genau<br />

zu lesen. Es empfiehlt sich zudem, den vorgeschlagenen<br />

Bibeltext zu Rate zu ziehen, um noch tiefer in<br />

Gottes Wort einzutauchen. Ergänzt wird das Ganze<br />

durch Erklärungen, die helfen, das Gelesene besser<br />

zu verstehen. Doch nicht nur das Lesen der Texte und<br />

der Austausch stehen im Fokus. Gerade auch der<br />

heutzutage so bedeutsame Lobpreis wurde berücksichtigt,<br />

denn zum Abschluss jeden Kapitels wurden<br />

altbewährte, aber auch neue Lieder zum Lob Gottes<br />

vorgeschlagen.<br />

Neben dem biblischen Inhalt ist es aber auch die<br />

besondere Gestaltung. Es sind nicht nur die Bilder,<br />

die »Biblische Geschichten« zu einem Alltagsbegleiter<br />

machen, sondern auch die sehr schöne Aufmachung<br />

und Gestaltung. Neben einem Einlegeband<br />

ist es vor allem das vierfarbige Seitenlayout, das<br />

durch Klarheit, Strukturierung und Optik überzeugt.<br />

»Biblische Geschichten« eignet sich für Jung und<br />

Alt, denn es ist ein lehrreiches Buch über Gottes Geschichte<br />

mit den Menschen. <strong>Die</strong> Lektüre bereichert<br />

nicht nur die Familienandacht, sondern eignet sich<br />

auch zum Einsatz in Gemeinden oder sogar in pädagogischen<br />

Einrichtungen. Im Schlussteil <strong>des</strong> Buches<br />

befinden sich nämlich alle Antworten auf die Fragen,<br />

die in den einzelnen Kapiteln gestellt werden.<br />

Mit dem Mix aus Bibellesen, erforschendem Fragen<br />

und praxisrelevanten Erklärungen sowie dem Lobpreis<br />

Gottes liegt uns hier eine Lektüre vor, die dem<br />

Leser auf verschiedenen Wegen Gottes Wort begreiflich,<br />

anschaulich und lebensnah vorstellen möchte.<br />

Der Preis für solch ein wunderbares Werk ist völlig<br />

angemessen, und daher wird zum Kauf geraten.<br />

ZUM BUCH<br />

Eine Rezension von Henrik Mohn<br />

www.voh-shop.de<br />

02265 99749-22<br />

24,90 € • Bestell-Nr.: 875.417<br />

573 Seiten • Hardcover<br />

HÖRBUCHREIHE<br />

109,00 € 85,00 € • Bestell-Nr.: 875.220<br />

insg. 18h 9min • insg. 19 Audio-CDs<br />

· IMPRESSUM ·<br />

Herausgeber<br />

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Eckenhagener Str. 43<br />

51580 Reichshof-Mittelagger<br />

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grundsätzlich satzungsgemäß und für<br />

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Projekt mehr Spenden als erforderlich ein,<br />

werden diese für einen ähnlichen satzungsgemäßen<br />

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Steuererklärung Berücksichtigung findet.<br />

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Nachdruck oder Verwendung<br />

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Genehmigung der Redaktion gestattet.


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»Leiden sind ein glückliches Mittel in den Händen <strong>des</strong><br />

Heiligen Geistes, um meine Verdorbenheit, meinen Stolz,<br />

meine bösen Leidenschaften und meine übermäßige<br />

Liebe zum Gemachten zu unterdrücken. Trübsal erweicht<br />

mein hartes Herz, zwingt mich in die Knie, verstärkt<br />

den Glauben, verstärkt die Liebe, verstärkt die Demut,<br />

verstärkt die Selbstverleugnung. Trübsal macht mich arm<br />

im Geiste und in meinen eigenen Augen zu nichts.«<br />

John A. James

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