Das „große Krabbeln“ - Humanistischer Verband Deutschlands
Das „große Krabbeln“ - Humanistischer Verband Deutschlands Das „große Krabbeln“ - Humanistischer Verband Deutschlands
A 59349; 23. Jahrgang; 3. Quartal, Nr. 88/2009; E 4,25 Zeitschrift des humanistischen verbandes
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A 59349; 23. Jahrgang; 3. Quartal, Nr. 88/2009; E 4,25<br />
Zeitschrift des humanistischen verbandes
Zeitschrift des humanistischen verbandes<br />
Inhalt<br />
humanisten im internet: http://www.humanismus.de e-mail: diesseits@humanismus.de<br />
Nr. 88 3/2009<br />
Editorial Judith Huber 1<br />
Landauf/landab 2<br />
Menschen im Diesseits 5<br />
Aus den Ländern Erste Kinderkrippe in Hannover Jürgen Steinecke 6<br />
HVD Thüringen gegen eine staatliche Schule mit christlichem Leitbild Siegfried R. Krebs 7<br />
HVD Thüringen fordert Mitsprache beim MDR Siegfried R. Krebs 8<br />
Hospiz LudwigPark eröffnet Patricia Block 8<br />
Wanderausstellung turmdersinne Rainer Rosenzweig 10<br />
Wissenschaftsstadt Oldenburg Lutz Renken 12<br />
Titel <strong>Das</strong> neue Patientenverfügungsgesetz Gita Neumann 14<br />
Einblicke/Ausblicke Wahlprüfsteine 19<br />
Forum Beziehungsgestaltung als Voraussetzung von Motivation Joachim Bauer 23<br />
Weltliche Bestattungskultur aus ethnologischer Sicht Jane Redlin 26<br />
Nachgefragt Gebärdensprache 28<br />
Magazin Jubiläum Joachim Ringelnatz Ralf Bachmann 29<br />
Darwin und die Religion Armin Pfahl-Traughber 33<br />
Kreuz & quer 36<br />
Aussprache 38<br />
Gedicht Wie wenig nütze ich bin Hilde Domin 41<br />
Herausgeber: <strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>, Wallstraße 61-65, 10179 Berlin, Telefon 030-613 904-41. Verantwortlich im<br />
Sinne des Berliner Pressegesetzes: Patricia Block. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des<br />
Herausgebers wieder. Redaktion: Ralf Bachmann, Michael Bauer, Patricia Block, Gerd Eggers, Antje Henke, Christian John, Fiona<br />
Lorenz, Arne Lund, Florian Noack, Lutz Renken, Jürgen Springfeld. Anzeigenleitung/Verwaltung: Bettina Kebschull. Titelgestaltung/<br />
Grafik/Layout: Jürgen Holtfreter, Berlin. Fotos: Patricia Block, S. 1, S. 5; S. 8, S. 9; S. 18; Evelin Frerck, S. 5; Lea Tilch, S. 7; Jürgen<br />
Holtfreter S.20/21; Susan Navissi, S. 22, S. 23, S. 24; Jane Redlin S. 27; Karin Becker bild.schoen@t-online.de, S. 38. Zeichnungen:<br />
Til Mette, S. 2, Lydia Strauss S. 31 diesseits erscheint vierteljährlich am 1. März, 1. Juni, 1. September und 1. Dezember. Redaktionsschluss<br />
ist sechs Wochen vor dem Erscheinen. Bezugspreise: Jahresabonnement 13,- E (inklusive Porto und Mehrwertsteuer),<br />
Ausland zuzüglich Porto mehrkosten. Einzel exemplar 4,25 E. Satz/Reinzeichnung: Michael Pickardt, Berlin. Druck: H & P Druck,<br />
Körtestr. 10, 10967, Telefon 030-693 77 37. ISSN 0932-6162., diesseits wird auf umweltfreundlichem, zu 50 % chlorfrei gebleichtem<br />
Papier mit 50 % Recycling faseranteilen gedruckt.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
große Erleichterung war allen Delegierten der diesjährigen Sitzung<br />
des Bundeshauptausschusses im Juni anzusehen, hatte doch der<br />
Bundestag gerade erst vor zwei Tagen das lang ersehnte Gesetz über<br />
die Patientenverfügung beschlossen. Großen Anteil an diesem Erfolg<br />
hat die Bundesbeauftragte für Patientenverfügung des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es, Gita Neumann. Gern übernimmt diesseits<br />
die Aufgabe, ihr den Dank der Delegierten für ihr jahrelanges Wirken<br />
auch noch einmal auf diesem Wege auszusprechen. In diesem<br />
Schwerpunktheft zur Patientenverfügung wird Gita Neumann für<br />
Sie eine Einschätzung der politischen Situation rund um die Abstimmung<br />
vornehmen.<br />
Erfreulicherweise konnten wir gleich zwei neue Landesverbände<br />
in unserer Mitte begrüßen. Bereits Ende März hat sich der auch<br />
in diesseits schon vorgestellte neue Landesverband Thüringen in<br />
Weimar gegründet. Auf dem Treffen konnte der Vorsitzende Siegfried<br />
Krebs berichten, dass innerhalb der kurzen Zeit schon 21<br />
Mitglieder zu ihnen gefunden haben. Auch ein Hackerangriff auf<br />
den Server, der zum völligen Verschwinden der Webseite geführt<br />
hatte, konnte den jungen Landesverband nicht schrecken. Es wurde<br />
sofort eine neue Webseite eingerichtet. Wir wünschen unseren<br />
Freunden in Thüringen viel Erfolg bei ihren Projekten.<br />
Gleichfalls neu gegründet ist der Landesverband Bremen, der zuvor<br />
mit Niedersachsen einen gemeinsamen <strong>Verband</strong> bildete. Der<br />
<strong>Verband</strong> plant die Gründung einer humanistischen Schule und<br />
muss sich hier leider mit der Ignoranz der Politik beschäftigen.<br />
Die Bremer Schulsenatorin will unserem <strong>Verband</strong> die Eigenschaft<br />
als Weltanschauungsgemeinschaft nicht ohne Prüfung zugestehen.<br />
Dies halten wir für einen Skandal. Es zeigt aber auch, dass wir<br />
unsere Weltanschauung ernst nehmen und dies auch den Entscheidungsträgern<br />
in der Politik deutlich machen müssen. Unsere<br />
inhaltliche Orientierung muss auch der Pflege der Weltanschauung<br />
dienen. Die Interessen der Konfessionsfreien vertreten wir<br />
öffentlich durch Presseerklärungen und Stellungnahmen zu gesellschaftlichen<br />
Problemen. Hierdurch zeigen wir das Profil des HVD<br />
und mischen uns in die Politik ein. Durch die Besinnung auf die<br />
Gründungsmotive des HVD wie Internationalität, positive Arbeit<br />
editorial<br />
an einem humanistischen Menschen- und Gesellschaftsbild sowie<br />
die Weiterentwicklung eigener Humandienstleistungen werden<br />
wir als humanistische Organisation attraktiver für die Menschen,<br />
aber auch für unsere eigenen Mitglieder und Förderer.<br />
Positives Echo erhielt auf dem Bundeshauptausschuss die Entwicklung<br />
in der Zusammenarbeit mit den JuHus. Die JuHus werden<br />
nach dem hier gefassten Beschluss sowohl in der Bundesdelegiertenkonferenz<br />
als auch im Bundeshauptausschuss mit einem vollwertigen<br />
Delegiertensitz ausgestattet. Auch in die Präsidiumssitzungen<br />
können sie einen Vertreter entsenden.<br />
Einige Diskussion gab es in den Fragen der Neustrukturierung der<br />
Öffentlichkeitsarbeit. So mussten wir leider feststellen, dass wir in<br />
dem von uns mit gegründeten Humanistischen Pressedienst (hpd.<br />
de) zu wenig Einfluss auf die Inhalte nehmen können, die nicht<br />
von uns selbst dort eingestellt werden. Daher ist unser längerfristiges<br />
Ziel die Einrichtung eines eigenen Pressedienstes. Hier wird<br />
das Präsidium die Gründung eines Vereins als Träger des Pressedienstes<br />
prüfen.<br />
In diesem Zusammenhang soll auch die Homepage des Bundesverbandes<br />
zu einer Informationsplattform sowohl für die Mitglieder,<br />
als auch für die interessierte Öffentlichkeit und nicht zuletzt die<br />
Journalisten umgestaltet werden.<br />
Die Realisierung soll durch den<br />
Landesverband Berlin bis Ende<br />
des Jahres 2009 technisch vorbereitet<br />
werden. Im Gespräch<br />
ist auch eine Modernisierung<br />
von diesseits. Wenn es soweit<br />
ist, werden wir Sie umfassend<br />
informieren.<br />
Ich grüße Sie herzlich<br />
Judith Huber,<br />
Generalsekretärin<br />
des Bundesverbandes<br />
3/2009 1
Humanistische Grundschule lässt Ballon steigen<br />
Nürnberg – Innovative Unterrichtsmethoden<br />
gehören zum<br />
Konzept der Humanistischen<br />
Grundschule Fürth. Um den Kindern<br />
bildhaft zu verdeutlichen,<br />
wie hoch Mammutbäume werden<br />
können, wurde mitten im Fürther<br />
Südstadtpark ein knallroter Gasballon<br />
an einer Schnur von 82 m<br />
steigen gelassen. Der wurde von<br />
der Tierpädagogin Petra Neueder<br />
gespendet, die gerade ein Hunde-<br />
„Meine Welt“ – Ausstellung von Til Mette<br />
Berlin – Unter großem Interesse<br />
wurde am 15. Mai die vom Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong> Berlin organisierte<br />
Ausstellung von Til Mette<br />
„Meine Welt“ in der Cartoonfabrik<br />
Kreuzberg eröffnet. Til Mette gilt<br />
als einer der wichtigsten Cartoonisten<br />
in Deutschland. Seit 1995<br />
erscheinen seine Zeichnungen wöchentlich<br />
exklusiv im Stern. Seine<br />
2<br />
3/2009<br />
Projekt an der Schule durchführte<br />
und von der Ballon-Idee ganz begeistert<br />
war.<br />
Mit Hilfe von engagierten Eltern<br />
wurden Genehmigungen von Flughafen<br />
(Sperrung des Luftraums...),<br />
Stadt und Regierung eingeholt.<br />
Normalerweise auch das eine kostspielige<br />
Angelegenheit, aber alle<br />
Ämter verzichteten für die gute<br />
Sache auf die Festsetzung von Gebühren<br />
für ihre Bescheide.<br />
Themen kommen aus Gesellschaft<br />
und Politik und spiegeln nicht selten<br />
aktuelle Ereignisse wider, deren<br />
Pointen das Tagesgeschehen überleben.<br />
Eine Auswahl seiner Cartoons,<br />
darunter seine Klassiker zum<br />
Schwerpunkt Religion, exklusiv für<br />
den Humanistischen <strong>Verband</strong> zusammengestellt,<br />
war bis Ende Juli<br />
in der Cartoonfabrik zu sehen.<br />
Patientenverfügung in Hamburg<br />
Hamburg – Der HVD LV Metropolregion<br />
Hamburg e.V. arbeitet<br />
am Aufbau von Beratungsangeboten.<br />
Bisher wurde eine individuelle<br />
Beratung, z.B. beim Thema Patientenverfügung,<br />
größtenteils für<br />
<strong>Verband</strong>smitglieder geleistet. Diese<br />
soll künftig als Serviceleistung auch<br />
Nichtmitgliedern zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Durch zahlreiche Vorträge renommierter<br />
Referenten wirbt der HVD<br />
LV Metropolregion Hamburg e.V.<br />
in und um Hamburg für dieses Angebot.<br />
Die jeweils anschließende<br />
Diskussion und Fragestunde wird<br />
gern und intensiv von den zahlreichen<br />
Interessenten genutzt.<br />
Am 6. November 2009 ab 19 Uhr<br />
hält Prof. Dr. Peter Schmucker<br />
(Direktor der Universitätsklinik<br />
für Anästhesiologie, Lübeck) einen<br />
Vortrag zum Thema „Patientenverfügung:<br />
Therapiezieländerung auf<br />
der Intensivstation – Grundsätzliche<br />
Überlegungen und praktische<br />
Probleme“<br />
(Volkshochschule Hamburg-Ost,<br />
Berner Heerweg 183, 22159 Hamburg-Farmsen).<br />
„Geh aufrecht und offen durch die Welt! Sei willkommen auf dieser<br />
Erde.” Diese Worte gab Dieter Grützner der kleinen Hauptperson<br />
mit auf den Weg. Auf der Löwenburg in der Nähe von Königswinter<br />
gestaltete der Humanistische <strong>Verband</strong> Nordrhein-Westfalen eine Feier<br />
zur Namensgebung für Emilia Köster.
Neue Humanistische Kita in<br />
Nürnberg eröffnet<br />
Nürnberg – Am 5. Mai 2009 öffnete<br />
die sechste Humanistische<br />
Kindertagesstätte im Nürnberger<br />
Großraum. Träger der Einrichtung<br />
ist das Humanistische Sozialwerk<br />
Bayern gGmbH, eine Tochtergesellschaft<br />
des HVD-Nürnberg.<br />
In den oberen Stockwerken des<br />
Gebäudes werden im Sommer die<br />
Bewohner der Genossenschaft AndersWohnen<br />
einziehen: Senioren<br />
und Alleinerziehende, die in einem<br />
innovativen Versorgungsverbund<br />
auch mit der Kita ein neues Wohnmodell<br />
erproben wollen. <strong>Das</strong> Projekt<br />
„WohnenPlus“ wird als eines<br />
von bundesweit wenigen Modellprojekten<br />
vom Bundesfamilienministerium<br />
gefördert.<br />
Doch jetzt haben erstmal die Kinder<br />
das Haus in Besitz genommen.<br />
62 Plätze für Kinder von 0 bis 6<br />
Jahren gibt es in der neuen Kita.<br />
Geleitet wird sie von der Sozialpädagogin<br />
Jessica Zimmer, die mit<br />
ihrem siebenköpfigen Team versucht,<br />
das übliche Chaos der ersten<br />
Tage in den Griff zu bekommen.<br />
Alle Betreuungsplätze in der Kita<br />
waren zur Eröffnung bereits vergeben.<br />
Informationen zur Arbeit<br />
der Kita und zum pädagogischen<br />
Konzept gibt es unter www.hswbayern.de.<br />
Baubeginn für zweite<br />
Humanistische Kinderkrippe<br />
in Fürth<br />
Nürnberg – Am 22. Mai fand unter<br />
tatkräftiger Mitwirkung der künftigen<br />
Zielgruppe die Grundsteinlegung<br />
für die neue Humanistische<br />
Kinderkrippe in Fürth statt.<br />
An der Fürther Waldstraße, gleich<br />
neben der Humanistischen Grundschule,<br />
werden schon in wenigen<br />
Monaten 24 kleine Fürtherinnen<br />
und Fürther liebevolle Betreuung<br />
und Förderung erfahren können.<br />
Der HVD-Nürnberg betreibt in<br />
Nürnberg und Fürth bereits mehrere<br />
Kindertagesstätten, darunter<br />
auch vier Krippengruppen, und<br />
verfügt damit bereits über Kompetenz<br />
und Erfahrung auch in der<br />
Arbeit mit den ganz Kleinen.<br />
Der Fürther Oberbürgermeister<br />
Dr. Thomas Jung freute sich<br />
anlässlich der Grundsteinlegung<br />
über das Engagement des HVD.<br />
Besonders hob er hervor, dass der<br />
HVD als einziger Träger der Stadt<br />
Bildung und Betreuung von Krippe<br />
Im Bild v.l.n.r.: OB Dr. Thomas Jung, Kinder und Erzieherinnen des<br />
Humanistischen Hauses für Kinder Fürth-Am Südstadtpark, HVD-<br />
Geschäftsführer Michael Bauer, HVD-Vorstandsmitglied Andreas Just<br />
(verdeckt)<br />
über Kindergarten bis zu Hort und<br />
Grundschule anbietet.<br />
Nicht nur das Humanistische Bildungskonzept<br />
macht die neue Einrichtung<br />
zu etwas Besonderem. Im<br />
Jahr der Astronomie 2009 erstellt<br />
der HVD-Nürnberg auf dem Dach<br />
der Kinderkrippe ein kleines Him-<br />
Welcome-Party und<br />
Neumitgliederempfang<br />
Berlin – Am 18. September 2009<br />
laden die Berliner JuHus mehr als<br />
600 Neumitglieder und über 250<br />
Reiserückkehrer in die Danziger<br />
Straße 50 ein. Bei leckerem Büffet<br />
und gemütlichem Grillen im Hof,<br />
Trampolin springen, der legendären<br />
Kissenschlacht, Kistenklettern,<br />
Disco, Aufführungen der einzelnen<br />
Projekte und der Preisverleihung<br />
des Summer-Contests bekommen<br />
die neuen JuHus einen lebendigen<br />
Einblick in die Jugendverbandsarbeit. <br />
melsobservatorium – für den naturwissenschaftlichen<br />
Unterricht an<br />
der benachbarten Humanistischen<br />
Grundschule, aber auch für die<br />
interessierte Öffentlichkeit: Dort<br />
sollen ab dem Herbst 2009 einmal<br />
monatlich die „Fürther Himmelsspaziergänge“<br />
stattfinden.<br />
Ein weiteres Highlight ist die Möglichkeit,<br />
sich im U18 Wahllokal politisch<br />
zu positionieren. Wer nicht<br />
so recht weiß, wo die Schwerpunkte<br />
der einzelnen Parteien liegen, wo<br />
sie sich voneinander unterscheiden<br />
und zu welcher Partei man tendiert,<br />
kann sich über Internet beim<br />
„Wahlomat“ dem Thema annähern<br />
und erfährt im Anschluss, welche<br />
Parteien am ehesten den eigenen<br />
Interessen gerecht werden. Die<br />
U18 Wahl ermöglicht an diesem<br />
Tag allen Kindern und Jugendlichen,<br />
kurz vor der Bundestagswahl<br />
ihre Meinung zu zeigen: Also hingehen<br />
und wählen!<br />
Weltkonferenz der IHEU zur<br />
„Unberührbarkeit”<br />
London – Am 9. und 10. Juni<br />
2009 fand im Anschluss an die<br />
IHEU-Generalversammlung die<br />
erste IHEU’s World Conference<br />
zur „Untouchability“ im Conway<br />
Hall Humanist Center in London<br />
statt, die sich mit den Verletzungen<br />
von Menschenrechten und<br />
Menschenwürde in Bezug auf<br />
die „Unberührbarkeit”, d.h. mit<br />
den Konsequenzen des (religiös<br />
begründeten) Kastensystems vor<br />
allem in Indien, Bangladesh und<br />
Nepal befasste. Weltweit gibt es ca.<br />
250 Millionen sogenannte Dalits,<br />
Angehörige dieser Kaste der Unberührbaren.<br />
Die Kastenzugehörigkeit wird vererbt.<br />
Dalits dürfen nur die niedersten<br />
Arbeiten ausführen und leben<br />
daher meist in Armut, ausgeschlossen<br />
von Bildung und Selbstbestimmung.<br />
Die IHEU hat entsprechende<br />
Aktivitäten für die Rechte der<br />
Dalits – vor Ort und auf UNO-<br />
Ebene – entwickelt, die dringend<br />
eine Verstärkung benötigen.<br />
Junge Humanisten treffen<br />
sich in Hannover<br />
Hannover – Am Wochenende<br />
vom 25. bis 27. September treffen<br />
sich die JuHu’s aus allen Regionen<br />
der Bundesrepublik in Hannover.<br />
Drei Tage lang haben sie dort Zeit<br />
für ein Wiedersehen und gegenseitiges<br />
Kennenlernen, um Ideen<br />
auszutauschen, Spaß zu haben<br />
und neue gemeinsame Projekte zu<br />
starten.<br />
Millionenspende<br />
London – Die IHEU hat eine<br />
Spende in Höhe von mehr 2,5 Millionen<br />
US-Dollar aus dem Vermögen<br />
des verstorbenen Humanisten<br />
Victor Kay aus Kalifornien erhalten.<br />
<strong>Das</strong> Vermächtnis ist die größte<br />
individuelle Zuwendung in der<br />
57-jährigen Geschichte der IHEU.<br />
Präsidentin Sonja Eggerickx betonte<br />
ihre große Dankbarkeit für<br />
dieses Geschenk, mit dem es möglich<br />
sein wird, weitere Projekte zu<br />
starten.<br />
Die Internationale Humanistische<br />
und Ethische Union ist die weltweite<br />
Dachorganisation von über<br />
100 humanistischen, rationalen,<br />
säkularen, ethischen, atheistischen<br />
und freidenkerischen Organisationen<br />
in über 40 Ländern.<br />
3/2009 3
Menschenwürde und<br />
Selbstbestimmung<br />
Berlin – Die Humanistische Akademie<br />
Deutschland (HAD) lädt in<br />
Kooperation mit der Akademie der<br />
Politischen Bildung der Friedrich-<br />
Ebert-Stiftung (fes) ein zur Konferenz<br />
„Politik der Menschenwürde<br />
und der Selbstbestimmung“ am<br />
14./15. November 2009 in Berlin.<br />
Während am ersten Tagungstermin<br />
das Thema Menschenwürde in der<br />
„alternden Gesellschaft“ auf dem<br />
Programm steht, widmen sich die<br />
Referenten am Folgetag der Frage<br />
„Selbstbestimmung für Kinder?“<br />
Nähere Informationen: www.humanistische-akademie.de;Anmeldung<br />
unter info@humanistischeakademie.de<br />
oder 030 6139040.<br />
Verfassungsrecht für<br />
Konfessionsfreie<br />
Berlin – Unter dem Titel „Konfessionsfreie<br />
und deutsches Verfassungsrecht<br />
– 90 Jahre Weimarer<br />
Reichsverfassung“ lädt die Humanistische<br />
Akademie Deutschland<br />
zu einer rechtspolitischen wissenschaftlichen<br />
Konferenz am 11. und<br />
12. September nach Berlin ein.<br />
Themen werden die aktuelle Diskussion<br />
um eine Reform der deutschen<br />
Religionsverfassung und die<br />
heutige Bedeutung der Artikel 135-<br />
141 der Weimarer Reichsverfassung<br />
sein. Darüber hinaus werden<br />
die besonderen Rechtsinteressen<br />
Konfessionsfreier unter dem Blickwinkel<br />
der Trennung von Staat und<br />
Kirche und der Religionsfreiheit in<br />
Deutschland sowie die Repräsentation<br />
von Weltanschauungsgemeinschaften<br />
im deutschen Verfassungsrecht<br />
diskutiert.<br />
Nähere Informationen: www.humanistische-akademie.de;Anmeldung<br />
unter info@humanistischeakademie.de<br />
oder 030 6139040.<br />
Wertebildung in<br />
Kindertagesstätten<br />
Berlin – Zu einem Kolloquium<br />
zum Thema Förderung von Wertebildungsprozessen<br />
in humanistischen<br />
Kindertagesstätten lädt die<br />
Humanistische Akademie Berlin in<br />
Kooperation mit dem Fachbereich<br />
Kitas des HVD Berlin ein. Termin:<br />
7. November 2009<br />
Nähere Informationen: www.humanistische-akademie.de;Anmeldung<br />
unter info@humanistischeakademie.de<br />
oder 030 6139040.<br />
4<br />
3/2009<br />
Velotaxis fuhren fürs Berliner Herz<br />
Berlin – Am 21. Juni 2009 fand in<br />
Berlin die erste Deutsche Velotaxi-<br />
Meisterschaft zwischen Brandenburger<br />
Tor und Siegessäule statt.<br />
Ein Teil des Preisgeldes ging an das<br />
ambulante Kinderhospiz „Berliner<br />
Herz“.<br />
Im Rahmen des Skoda Velothons<br />
lieferten sich 16 Fahrer aus 16<br />
Bundesländern einen packenden<br />
Kampf. Die drei erstplatzierten behalten<br />
ein Drittel ihres Preisgeldes,<br />
das die Spielbank Berlin stiftete.<br />
Ein Drittel fließt in die Fahrerkasse<br />
von Velotaxi, ein weiteres erhält das<br />
ambulante Kinderhospiz Berliner<br />
Herz. Insgesamt gehen damit 525<br />
Euro an das gemeinnützige Projekt<br />
des Humanistischen <strong>Verband</strong>es<br />
Berlin, das schwerstkranke junge<br />
Menschen im Alter von 0 bis 30<br />
Jahren unterstützt.<br />
Interkultureller Hospizdienst<br />
Berlin – Der Humanistische <strong>Verband</strong><br />
<strong>Deutschlands</strong>, Landesverband<br />
Berlin, eröffnete am 29. Mai<br />
mit einem Festakt seinen ersten interkulturellen<br />
Hospizdienst Dong<br />
Ban Ja.<br />
Regelmäßig treffen sich die Lebensfeiersprecher des HVD Nordrhein-Westfalen zum Erfahrungsaustausch<br />
und um über heikle Lebensthemen zu diskutieren. Ihre Kompetenz ist vor allem als Trauerredner gefragt.
Dieser betreut vor allem Menschen<br />
mit Migrationshintergrund.<br />
Dong Ban Ja (koreanisch) heißt<br />
begleiten. „Wir haben uns zum<br />
Ziel gesetzt, sterbende oder pflegebedürftige<br />
Menschen unterschiedlicher<br />
Kulturkreise und ihre<br />
Neues Stadtteilzentrum in Berlin-Pankow<br />
Berlin – Am 4. Juli 2009 wurde das<br />
Stadtteilzentrum Pankow eröffnet.<br />
Träger sind der HVD, Landesverband<br />
Berlin, das Bürgerhaus und<br />
der Frei-Zeit-Haus e.V.<br />
Matthias Köhne, Bezirksbürgermeister<br />
von Pankow, schnitt<br />
symbolisch das Eröffnungsband<br />
durch. Mit seinen Angeboten<br />
und Dienstleistungen will das<br />
Angehörigen kultursensibel zu<br />
begleiten“, erklärt die Projektleiterin<br />
In-Sum Kim. Allein in Berlin<br />
leben über 40.000 Menschen aus<br />
Ostasien. Die meisten werden am<br />
Lebensende nicht in die Heimat<br />
zurückkehren.<br />
Stadtteilzentrum Pankow einen<br />
Beitrag zum besseren Miteinander<br />
in Pankow leisten. Die Angebote<br />
sind offen für alle. Unter anderem<br />
befindet sich dort die Selbsthilfekontaktstelle<br />
KIS, das Senioreninternetcafe<br />
„Weltenbummler“, das<br />
Familienzentrum, das Nachbarschaftszentrum<br />
und eine Freiwilligenagentur.<br />
<strong>Das</strong> Familienhaus Felix in Berlin-Marzahn kann sich über eine<br />
Spende der Rotarier im Wert von 20 000 Euro freuen. Von diesem<br />
Geld wurde der Spielplatz neu gestaltet.<br />
Menschen im Diesseits<br />
Die Berliner Humanisten feierten<br />
den diesjährigen Humanistentag<br />
am 21. Juni ganz entspannt beim<br />
Brunch im Café Rix. Trotz kleiner<br />
und größerer Köstlichkeiten auf<br />
dem Bufett spendeten die anwesenden<br />
Gäste kräftigen Applaus,<br />
als Gerd Eggers, Motor und Koordinator<br />
der Pro-Ethik-Kampagne<br />
von Dr. Bruno Osuch, Vorsitzender<br />
des Berliner Landesverbandes,<br />
mit der Silbernen Ehrennadel des<br />
Humanistischen <strong>Verband</strong>es geehrt<br />
wurde.<br />
Gerald Betz Unser<br />
Nach fast dreißigjähriger Dienstzeit<br />
im HVD Berlin ging Gerald<br />
Betz, Personalchef über 300 Lebenskundelehrer<br />
und -lehrerinnen,<br />
zum Beginn der Sommerferien in<br />
Rente. Er kann eine beachtliche<br />
berufliche Bilanz ziehen: Vom Lebenskundelehrer<br />
Nr. 1 (auch noch<br />
im Dienst) zur stolzen Zahl von<br />
50.000 Schülern! In der bewegenden<br />
Abschiedsfeier am Rande des<br />
Berliner Lebenskundekongresses<br />
floss so manch verstohlene Träne.<br />
Besonders schmerzlich für die gesamte<br />
Bürobelegschaft in der Wallstraße<br />
ist das künftige Ausbleiben<br />
der Versorgung mit frischen Biolandeiern,<br />
die Gerald immer wieder<br />
montags von seinem Brandenburger<br />
Gartennachbarn mitbrachte.<br />
„Cover-<br />
model“<br />
Rudolf<br />
Valenta<br />
wird im<br />
September<br />
80!<br />
Wir<br />
gratulieren<br />
herzlich.<br />
3/2009 5
6<br />
3/2009<br />
Jürgen Steinecke mit dem Pädagoginnenteam Sandra Teuber, Steffie Orbach, Birgit Kreußler<br />
Jürgen Steinecke<br />
<strong>Das</strong> <strong>„große</strong> <strong>Krabbeln“</strong><br />
hat begonnen<br />
Hannover – Niedersachsens Humanisten<br />
eröffnen erste Krippe<br />
n Vor dem großen Krabbeln kam zuerst<br />
das große „Kribbeln“: Insgesamt zwei Jahre<br />
ist es her, dass der Landesvorstand des<br />
Humanistischen <strong>Verband</strong>es Niedersachsen<br />
beschlossen hat, die Arbeitsgruppe Kinder<br />
und Soziales unter der Leitung von Landesgeschäftsführer<br />
Jürgen Steinecke mit der<br />
Gründung einer Krippe zu beauftragen.<br />
Von diversen Klärungsgesprächen über<br />
die Finanzierung, die Akquise eines Kooperationspartners<br />
bis hin zum Umbau, Einbau<br />
und Personalauswahl wurden nun alle<br />
Hürden genommen. <strong>Das</strong> Team ist stolz, seit<br />
Mai zehn Kindern in der Krippe „<strong>Das</strong> große<br />
<strong>Krabbeln“</strong> einen Platz anbieten zu können.<br />
Die Leitung der Kindertagesstätte übernimmt<br />
Birgit Kreußler. Mit Sandra Teuber<br />
konnte der HVN sogar eine Mitarbeiterin<br />
aus der eigenen Jugend gewinnen, die bereits<br />
seit ihrer Jugendfeier bei den JuHus<br />
ist. Als dritte Kraft unterstützt das Team die<br />
Sozialassistentin Stefanie Orbach.<br />
„Wir könnten noch 100 Kinder aufnehmen,<br />
so groß ist die Nachfrage nach Krippenplätzen“,<br />
erläutert Steinecke. Bis 2013<br />
muss die Landeshauptstadt ihre Zusage<br />
nach einem Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz<br />
umgesetzt haben. <strong>Das</strong> bedeutet<br />
eine Bedarfsdeckung von 35 Prozent aller<br />
Krippenkinder. Derzeit liegt die Stadt erst<br />
bei 13 Prozent.<br />
Der HVN hat somit einen kleinen Teil<br />
dazu beitragen können, es wird aber bereits<br />
nach weiteren geeigneten Immobilien gesucht.<br />
Die Krabbelgruppe ist durch eine Kooperation<br />
zwischen der Wohnungsbaugenossenschaft<br />
Hannover Ost, die die Immobilie<br />
stellt und umgebaut hat und dem<br />
Humanistischen <strong>Verband</strong> Niedersachsen<br />
als Träger, entstanden. Finanziell wurde das<br />
Projekt durch die Fördermittel des Landes<br />
und der Stadt Hannover im Rahmen des<br />
aufgelegten Programms zum Ausbau von<br />
Krippenplätzen möglich gemacht. l
Siegfried R. Krebs<br />
Gegen eine staatliche<br />
Schule mit christlichem<br />
Leitbild<br />
Weimar – Thüringen hat eine säkulare Organisation<br />
wie den HVD dringend gebraucht,<br />
das bestätigen dieser Tage Mitglieder wie<br />
Sympathisanten. Anlass für diese Feststellung<br />
bilden jüngste Missionierungsversuche<br />
eines CDU-Landrates im sogenannten<br />
katholischen Eichsfeld, einer historischen<br />
Landschaft im Nordwesten Thüringens, die<br />
größte zusammenhängende Region Ostdeutschlands<br />
mit einer mehrheitlich katholischen<br />
Bevölkerung.<br />
n Auch dank des Agierens des noch jungen<br />
HVD-Landesverbandes sah sich nun<br />
die Landes-CDU zu einer öffentlichen<br />
Stellungnahme bemüßigt: Der Antrag für<br />
das Modellprojekt einer staatlichen Schule<br />
mit „christlichem“ Profil, den der Landkreis<br />
Eichsfeld beim Land Thüringen gestellt hat,<br />
wird von der Landes-CDU abgelehnt. <strong>Das</strong><br />
ist nicht nur einer Erklärung von Mike<br />
Mohring, ihrem Fraktionsvorsitzenden<br />
im Thüringer Landtag, am Rande einer<br />
Wahlveranstaltung zu entnehmen. Mike<br />
Mohring war dort von HVD-Landesvorstandsmitglied<br />
Frank Roßner direkt gefragt<br />
worden, ob das Ansinnen des Eichsfelder<br />
Landrats zur Errichtung einer Eichsfelder<br />
christlichen staatlichen Schule durch die<br />
Landes-CDU unterstützt werde. Mohring<br />
bestätigte seine dort geäußerte Ablehnung<br />
auch gegenüber der lokalen Presse und führte<br />
dazu Landesverfassung und Schulgesetz<br />
an.<br />
Gegen die Pläne des Landrates hatte<br />
sich im Mai eine Eichsfelder „Initiative für<br />
eine weltanschaulich und religiös neutrale<br />
Schule“ gebildet. Ihr Sprecher, Dr. Manuel<br />
Gebauer, suchte Hilfe bei Parteien und<br />
säkularen Organisationen. Auch der HVD<br />
Thüringen wurde angesprochen und sagte<br />
sofort seine Hilfe zu. Die Unterstützung<br />
überzeugte die Initiative, ihre aktivsten Mitglieder<br />
traten dem HVD bei und gründeten<br />
einen HVD-Kreisverband.<br />
Dennoch sind sowohl die Initiative und<br />
der HVD weiterhin in Sorge. Denn trotz<br />
des breiten Widerstandes gegen seine Pläne<br />
will der CDU-Landrat von seinem Vorhaben<br />
nicht ablassen. Noch in der letzten<br />
Sitzung des alten Kreistages konnte er dank<br />
Zweidrittel-Mehrheit seiner Fraktion einen<br />
Beschluss durchdrücken, nach dem die<br />
staatliche Grundschule Worbis ein „christliches<br />
Leitbild“ erhält und als „christliche<br />
Anstalt“ geführt werden soll. Proteste von<br />
Eltern, die ihre Kinder bekenntnisfrei unterrichtet<br />
haben wollen, bügelte der politische<br />
Wahlbeamte damit ab, dass diese ja<br />
ihre Kinder in eine Schule des Nachbarortes<br />
schicken könnten.<br />
Henning begründet inzwischen seinen<br />
Missionierungsversuch mit immer<br />
neuen „Argumenten“. So soll in der von<br />
ihm geplanten Anstalt ein „christlicher<br />
Humanismus“ vermittelt werden. Daraus<br />
wurden mittlerweile „eichsfeldisch-humanistische<br />
Werte“ – unter denen er nach<br />
Rückfrage die „katholisch geprägte Kultur<br />
der Region“ versteht. Vehement lehnt<br />
der CDU-Mann dagegen eine mögliche<br />
freie Trägerschaft für diese Grundschule<br />
ab: „Übrigens ist ein christlicher Gottesbezug<br />
nun auch wirklich nicht schlimm.<br />
Selbst das Grundgesetz besitzt diesen Gottesbezug“,<br />
sagte er der regionalen Presse.<br />
„Die Jugend sei in Ehrfurcht vor Gott zu<br />
erziehen“, so oder ähnlich hieße es in den<br />
meisten Verfassungen.<br />
Manuel Gebauer wurde bei den Kommunalwahlen<br />
erstmalig in den Eichsfelder<br />
Kreistag gewählt. Mit Anfragen bleibt er<br />
„am Ball“, will eine Aufhebung des Kreistagsbeschlusses<br />
erreichen. Zugleich haben<br />
das Kultusministerium und weitere Gremien<br />
Post erhalten, in der auf den Verstoß gegen<br />
Verfassung und Schulgesetz verwiesen<br />
und die Wiederherstellung des Rechts auch<br />
im Eichsfeld gefordert wird.<br />
Der HVD Thüringen befürchtet, dass die<br />
angeblich neuen Wege im Eichsfeld (staatliche<br />
Schulen mit christlichem Leitbild)<br />
sogar bundesweite Folgen haben könnten.<br />
Denn ist erst einmal der Damm gebrochen,<br />
dann könnte die Trennung von Staat und<br />
Kirche noch „hinkender“ werden, als sie es<br />
jetzt schon ist. Davon sind die Thüringer<br />
Humanisten überzeugt, die sich auch nicht<br />
mit der aus ihrer Sicht missbräuchlichen Benutzung<br />
des Begriffes Humanismus durch<br />
den missionierungswilligen katholischen<br />
Landrat einverstanden geben. l<br />
Die Eichsfelder HVD-Aktivisten Grit Bierwisch, Constanze Tilch und Manuel Gebauer (v.l.)<br />
nach einem Arbeitstreffen mit den Vorständlern Siegfried R. Krebs und Frank Roßner.<br />
3/2009 7
Siegfried R. Krebs<br />
HVD Thüringen fordert<br />
Mitsprache beim MDR<br />
Weimar – Der HVD Thüringen hat gegenüber<br />
der Präsidentin des Thüringer Landtages<br />
fristgerecht im Juli seinen Anspruch auf<br />
einen Sitz im Rundfunkrat, dem Aufsichtsgremium<br />
des Mitteldeutschen Rundfunks<br />
(MDR), angemeldet.<br />
n In dem Schreiben des Thüringer HVD<br />
heißt es u.a.: „Gemäß Grundgesetz, Art.<br />
140 sind Weltanschauungsgemeinschaften<br />
den Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />
gleichgestellt. Von diesem Gleichheitsgrundsatz<br />
ausgehend, erwarten wir eine<br />
Gleichbehandlung mit den Kirchen auch<br />
in diesem Gremium.<br />
Wie Sie wissen, sind ca. 75 Prozent der<br />
Thüringer Bevölkerung konfessionsfrei,<br />
aber als solche nicht im Rundfunkrat präsent.<br />
Da es in Thüringen keine Organisation<br />
gibt, die wie wir als Weltanschauungsgemeinschaft<br />
tätig ist, bewerben wir uns<br />
hiermit um einen der frei werdenden Sitze<br />
im MDR-Rundfunkrat. Wir begründen<br />
unser Begehren auch mit Artikel 12 (2) der<br />
Thüringer Verfassung.“<br />
In diesem Thüringer Verfassungsartikel<br />
heißt es: „In den Aufsichtsgremien der<br />
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten<br />
und in den vergleichbaren Aufsichtsgremien<br />
über den privaten Rundfunk sind die<br />
politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen<br />
Gruppen nach Maßgabe der<br />
Gesetze zu beteiligen.“<br />
Der Staatsvertrag über den MDR sichert<br />
den Mitgliedern der Kirchen als weltanschaulichen<br />
Gruppen im derzeit 42-köpfigen<br />
Rundfunkrat insgesamt fünf Plätze zu<br />
(§19 des Staatsvertrags über den MDR: je<br />
zwei Vertreter der katholischen und evangelischen<br />
Kirche, sowie ein Vertreter der jüdischen<br />
Kultusgemeinden). Darüber hinaus<br />
ist die katholische Kirche mit der Caritas<br />
als „Mitglied einer weiteren gesellschaftlich<br />
bedeutsamen Organisation“ mit einem<br />
zusätzlichen Sitz im Gremium vertreten.<br />
Damit wird den Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />
per Gesetz eine Bevorzugung<br />
zuteil, die so von der Thüringer Verfassung<br />
nicht gedeckt ist, die explizit und neutral<br />
von weltanschaulichen Gruppen spricht.<br />
Unabhängig von dem Ausgang des An-<br />
8<br />
3/2009<br />
tragsverfahrens wird der HVD Thüringen<br />
eine Überprüfung des Staatsvertrages mit<br />
dem Ziel betreiben, eine Gleichbehandlung<br />
aller weltanschaulichen Gruppen zu<br />
erreichen. Entweder indem die explizite<br />
Vergabe von Sitzen an Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />
ersatzlos gestrichen<br />
wird oder aber auch säkulare weltanschauliche<br />
Gruppen per Gesetz und ohne weitere<br />
Antragsverfahren Anspruch auf einen Sitz<br />
im Rundfunkrat erhalten.<br />
Ähnlich sieht die Situation in der Versammlung<br />
der Thüringer Landesmedienanstalt,<br />
dem Aufsichtsgremium über den<br />
privaten Rundfunk, aus: evangelische Landeskirche,<br />
katholische Kirche und jüdische<br />
Kultusgemeinde sind mit je einem Sitz präsent<br />
und der Versammlung sitzt der Vertreter<br />
der Evangelischen Landeskirche vor.<br />
Der HVD Thüringen wird auch hier<br />
zum Ablauf der Legislaturperiode einen Sitz<br />
einfordern; ganz im Sinne von Grundgesetz<br />
und Landesverfassung und als Interessenvertreter<br />
der konfessionsfreien Bevölkerungsmehrheit.<br />
l<br />
Patricia Block<br />
Hospiz LudwigPark<br />
eröffnet<br />
Berlin – Auf dem Gelände der ehemaligen<br />
„Hoffmann-Kliniken“ in Berlin-Buch, auf den<br />
Tag genau vor 100 Jahren als „Stadt der alten<br />
Leute“ erbaut, stellte der Humanistische<br />
<strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>, Landesverband Berlin,<br />
am 19. Juni 2009 sein erstes stationäres<br />
Hospiz der Öffentlichkeit vor.<br />
n Groß ist der Wunsch nach einem beschwerdefreien<br />
Lebensende in gewohnter<br />
häuslicher Umgebung. Doch für mehr als<br />
70 Prozent der Bevölkerung sieht die Realität<br />
anders aus. Wenn bei schwerer Erkrankung<br />
der Pflege- und Betreuungsbedarf zu<br />
Hause nicht mehr zu bewältigen ist, stellt<br />
ein stationäres Hospiz eine gute Alternative<br />
dar. Damit sterbende Menschen diese letzte<br />
Zeit ihres Lebens in Würde und Selbstbestimmung<br />
verbringen können, stellt das<br />
Idyllisches Gebäudeensemble aus der Gründerzeit: Autofreie Alleen, Spazierwege, Brunnen<br />
und Arkaden im Wohngebiet LudwigPark am nordöstlichen Stadtrand
Großes Interesse am Eröffnungstag<br />
Hospiz des HVD die persönlichen Wertvorstellungen<br />
seiner Gäste, ihre Wünsche<br />
und Bedürfnisse in den Mittelpunkt seiner<br />
Arbeit.<br />
Alte-Leute-Heim<br />
<strong>Das</strong> ehemalige „Alte-Leute-Heim“ gehört<br />
zu den großräumigen Komplexen der Heilund<br />
Pflegeanstalten, die im ersten Viertel<br />
des 20. Jahrhunderts in Buch errichtet wurden.<br />
Ihr Erbauer ist der legendäre Berliner<br />
Stadtbaurat Ludwig Hoffmann. Zur Zeit<br />
seines Amtsantrittes 1896 war Berlin aufgrund<br />
seiner sich entwickelnden Wirtschaft<br />
und der Zuwanderungen eine heranwachsende<br />
Metropole. Eine drängende Aufgabe<br />
war die Versorgung einer zunehmenden<br />
Zahl Kranker und Pflegebedürftiger in<br />
entsprechend großen und modernen Einrichtungen,<br />
die möglichst außerhalb angesiedelt<br />
werden sollten. 1902 beschloss der<br />
Magistrat, diese Heil- und Pflegeanlagen<br />
im damaligen Dorf Buch bei Berlin zu errichten.<br />
<strong>Das</strong> ehemalige „Alte-Leute-Heim“<br />
diente der Unterbringung und Verpflegung<br />
zuwendungsbedürftiger alter Menschen,<br />
denen Ludwig Hoffmann ein behagliches<br />
Heim schaffen wollte.<br />
In seinen konzeptionellen Überlegungen<br />
formulierte er, dass ihm ein „angenehmes<br />
Verhältnis der Gartenfläche zur Höhe der<br />
sie umfassenden Häuser“ von besonderer<br />
Bedeutung ist. So entstehen rund um die<br />
hell verputzten Wohngebäude Grünanlagen<br />
mit hellen Kieswegen, Steinbrunnen<br />
und weißen Gartenmöbeln. Nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg wurden hier vorrangig<br />
Kriegsversehrte behandelt, zu DDR-Zeiten<br />
diente das Haus lange als Rheumaklinik.<br />
Doch der Zahn der Zeit nagte an Häusern<br />
und Grünflächen, bis sich 2007 ein Investor<br />
der alten Anlage annahm. Neben<br />
Eigentumswohnungen, Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen<br />
verschiedener Anbieter ist<br />
in einem der detailgetreu sanierten Häuser<br />
das HVD-Hospiz untergebracht.<br />
Oberste Priorität: Autonomie wahren,<br />
Schmerzen lindern<br />
Dem Hoffmanschen Gedanken der Geborgenheit<br />
treu, erinnert dennoch nichts an<br />
die ehemalige Ausstattung. 16 freundliche,<br />
helle Appartements mit je eigenem Bad,<br />
ein großzügiger Gemeinschaftsbereich mit<br />
Wohnküche, Entspannungsräumen und<br />
Pflegebad stehen Gästen sowie ihren Angehörigen<br />
auf drei Etagen zur Verfügung. Ein<br />
Fahrstuhl ermöglicht auch bettlägerigen<br />
Kranken einen Aufenthalt im Garten. Eine<br />
Spende der ARD-Fernsehlotterie von fast<br />
150.000 Euro sicherte die geschmackvolle<br />
Ausstattung mit Möbeln und Wohntextilien.<br />
Selbstverständlich verfügt das Haus<br />
über alle notwendigen medizinischen und<br />
pflegerischen Geräte und Hilfsmittel.<br />
Dem neuen Team aus Pflegekräften, Sozialarbeitern<br />
und Hauswirtschaftskräften<br />
blieb keine Zeit zum „Üben“. Schon zwei<br />
Tage nach der Eröffnung zogen die ersten<br />
sechs Gäste ein, zwei davon sind relativ<br />
kurzfristig verstorben. <strong>Das</strong> Haus steht allen<br />
Menschen mit weit fortgeschrittener<br />
unheilbarer Erkrankung, mit einer begrenzten<br />
Lebenserwartung von einigen<br />
Wochen bis wenigen Monaten, zur Verfügung,<br />
gleich welcher Konfession. Dabei<br />
bleibt die ärztliche Versorgung meist beim<br />
Hausarzt.<br />
Ehrenamtliche Betreuer des HVD stehen<br />
bei Bedarf zur Verfügung, wenn Gäste<br />
oder deren Angehörige Gesprächspartner<br />
für existenzielle Fragen suchen. Ebenso wie<br />
die hauptamtlichen Mitarbeiter helfen sie<br />
auch, den Wunsch nach Abschiedsritualen<br />
zu erfüllen. l<br />
Hospiz LudwigPark, Zepernicker Straße 2,<br />
13125 Berlin, 030 68080880. Für Informationen<br />
steht die Leiterin, Frau Seiler, unter der Telefonnummer<br />
0151 26822270 zur Verfügung.<br />
3/2009 9
Schülerinnen im Ames-Raum – ein bezaubernder Effekt, der die Besucher beim Hin- und Herlaufen wachsen und schrumpfen lässt<br />
Rainer Rosenzweig<br />
Die tourdersinne macht<br />
mobil<br />
n Seit März 2003 betreibt der HVD-Nürnberg<br />
das Erlebnismuseum turmdersinne in<br />
einem Nürnberger Stadtmauerturm. Darin<br />
geht es um die Funktionsweise der menschlichen<br />
Wahrnehmung, um Wahrnehmungstäuschungen<br />
und auch weltbildrelevante<br />
Themen werden angerissen. Darunter die<br />
Frage, wie man angesichts der Täuschbarkeit<br />
der eigenen Wahrnehmung dennoch an<br />
so etwas wie verlässliche Erkenntnis gelangen<br />
kann. Behandelt werden die Themen<br />
anhand von „Hands-on“-Exponaten, also<br />
Experimenten zum Anfassen, zum unmittelbaren<br />
Erleben. Wahrnehmung ist im<br />
turmdersinne also nicht nur Inhalt, sondern<br />
auch Methode.<br />
All die faszinierenden Experimente und<br />
verblüffenden Themen sind natürlich nicht<br />
nur in Nürnberg spannend, sondern dazu<br />
10<br />
3/2009<br />
geeignet, Menschen an beliebigen anderen<br />
Orten zu begeistern – Schulklassen in der eigenen<br />
Schule, Jugendgruppen in den Gruppenräumen<br />
und Erwachsene beispielsweise<br />
in Einkaufszentren, im Foyer einer Bank, als<br />
Rahmenprogramm bei Kongressen oder auf<br />
dem Sommerfest der eigenen Firma.<br />
Vor diesem Hintergrund macht der turmdersinne<br />
mobil: Ein Team um den Physiker<br />
und langjährigen turmdersinne-Mitarbeiter<br />
Markus Elsholz entwickelte Exponate, die<br />
auf Wanderschaft gehen können.<br />
<strong>Das</strong> Angebot<br />
Mit einem facettenreichen Angebot aus interaktiven<br />
Exponaten ist die tourdersinne<br />
eine mobile, flexible und äußerst attraktive<br />
Erlebnisausstellung. Thematisch spannt sie<br />
einen schlüssigen Bogen von grundlegenden<br />
Zusammenhängen („Welche Reizqualitäten<br />
gibt es?“ „Was macht ein Rezeptor?“) über<br />
die Darstellung zentraler Wahrnehmungsmechanismen<br />
(„Wie entsteht mein Bild<br />
von der Welt?“ „Wie verlässlich ist es?“) zu<br />
gesellschaftlich relevanten Fragestellungen<br />
(„Was bedeutet Täuschbarkeit für meine<br />
Alltagsvorstellungen?“).<br />
Besucher der Ausstellung werden selbst<br />
Teil der Experimente und erleben grundlegende<br />
Wahrnehmungsphänomene am eigenen<br />
Leib. Sie staunen über die kreativen Lösungen,<br />
mit denen ihr Gehirn in kniffligen<br />
Situationen versucht, ein plausibles Abbild<br />
ihrer Umgebung zu konstruieren und begreifen<br />
dabei, dass unser Wahrnehmungsapparat<br />
die Welt nicht einfach nur abbildet,<br />
sondern sie für uns deutet. Die Verblüffung<br />
über die Tücken der eigenen Wahrnehmung<br />
führt zur Motivation, diese Auseinandersetzung<br />
zielgerichtet und mit Freude am kritischen<br />
Nachdenken zu betreiben („Jetzt will<br />
ich wissen, wieso das so ist!“).<br />
Als unterhaltsames Rahmenprogramm<br />
mit wissenschaftlichem Anspruch ist die<br />
tourdersinne ein publikumswirksamer Anlaufpunkt.<br />
Ob raumfüllend oder platzsparend,<br />
ob mehrwöchig oder kurzzeitig – die<br />
Ausstellung lässt sich an die Begebenheiten
der Veranstaltungen flexibel anpassen. <strong>Das</strong><br />
Team um Markus Elsholz arbeitet gerne an<br />
maßgeschneiderten Angeboten für jeden<br />
gewünschten Anlass. Für eine Veranstaltung<br />
können auch kompetente Referenten vermittelt<br />
oder ein geeignetes wissenschaftliches<br />
Rahmenprogramm erarbeitet werden.<br />
Einsatz im Lebenskundeunterricht<br />
Besonders geeignet ist die Ausstellung für<br />
den Einsatz an Schulen, und zwar ohne<br />
Festlegung auf einen bestimmten Schultyp.<br />
Die Auseinandersetzung mit den verblüffenden<br />
Effekten fördert die Motivation<br />
der Schüler, die naturwissenschaftlichen<br />
Hintergründe zu hinterfragen. Die in der<br />
Ausstellung angerissenen Themen fordern<br />
eine interdisziplinäre Herangehensweise<br />
und bieten Anknüpfungspunkte nicht nur<br />
an naturwissenschaftliche Fachrichtungen.<br />
Gerade für das Fach Lebenskunde ist eine<br />
Vertiefung der Erlebnisse und deren Relevanz<br />
für die Alltagswelt sicherlich ein spannender<br />
neuer Ansatz.<br />
Durch das Erleben „am eigenen Leib“,<br />
das Staunen über das Phänomen und das<br />
Szintillations-Gitter-Phänomen, entdeckt von Elke und Bernd Lingelbach. Beispiel für ein Wahrnehmungsphänomen aus dem Hands-on-Museum turmdersinne.<br />
turmdersinne – eine Einrichtung des<br />
HVD-Nürnberg, www.hvd-nuernberg.de<br />
Nachdenken über die Hintergründe wird<br />
die Beschäftigung mit den Exponaten der<br />
tourdersinne zu einem ganzheitlichen Bildungserlebnis.<br />
Die Relevanz naturwissenschaftlicher<br />
Fragestellungen und Arbeitsmethoden<br />
für die Lebenswirklichkeit wird<br />
im wahrsten Sinne be-greifbar. Durch die<br />
Beteiligung der Schülerinnen und Schüler<br />
bei der Vorbereitung und Durchführung<br />
des Projekts werden neben rein fachlichen<br />
auch methodische, kommunikativ-soziale<br />
und personale Kompetenzen gefördert.<br />
Nachhaltiges Lernen<br />
Für den Einsatz der tourdersinne an Schulen<br />
gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten.<br />
Idealerweise ist die Ausstellung<br />
integraler Bestandteil eines größeren Schülerprojekts.<br />
Anhand der Exponatauswahl<br />
der tourdersinne recherchieren interessierte<br />
Schüler(gruppen) – gerne begleitet durch<br />
Mitarbeiter des tourdersinne – zu den verschiedenen<br />
Aspekten des Themas („Expertenbildung“).<br />
Neben der fachlich-inhaltlichen<br />
Vorbereitung fällt in diese Phase auch<br />
die organisatorische Unterstützung des<br />
Symposium turmdersinne 2009<br />
Geistesblitz und<br />
Neuronendonner<br />
Intuition, Kreativität und Phantasie<br />
9.–11. Oktober · Nürnberg<br />
Germanisches Nationalmuseum<br />
www.turmdersinne.de<br />
Die geistigen Leistungen des Menschen umfassen mehr<br />
als die sinnliche Wahrnehmung von Gegebenem und<br />
die rationale Verarbeitung von Wahrnehmungsinhalten.<br />
Menschen haben Ideen, fällen Urteile, treffen Entscheidungen<br />
und entwickeln Neues. Viele psychische<br />
Prozesse laufen dabei unbewusst ab. Manchmal schadet<br />
bewusste Aufmerksamkeit sogar eher als dass sie nützt.<br />
Wie kann man die merkwürdige Effi zienz der Intuition<br />
verstehen und die schöpferische Kraft der Phantasie<br />
erklären? Was geschieht dabei im Gehirn?<br />
Die kreativen Fähigkeiten des Menschen und ihre<br />
neuronale Grundlage stehen im Mittelpunkt dieses<br />
populärwissenschaftlichen Symposiums.<br />
Fachleute tragen vor, Hörer fragen nach.<br />
Diskutieren Sie mit!<br />
Projekts durch die beteiligten Schülerinnen<br />
und Schüler: Die Suche nach Sponsoren,<br />
das Bewerben der Ausstellung (Plakate, Medien,<br />
usw.), die Erstellung eines Programmplans<br />
für die Zeit der Durchführung (z.B.<br />
Führungen für Eltern und die interessierte<br />
Öffentlichkeit, evtl. Einladung anderer lokaler<br />
Schulen, Thementag „Wahrnehmung“<br />
oder „Abschlusskonferenz“ mit weiterem<br />
Rahmenprogramm, etc.), eine Aufgabenverteilung<br />
für die Dokumentation des Projekts,<br />
usw. In dieser Phase bekommen die<br />
Schülerinnen und Schüler Einblick in die<br />
Organisationsanforderungen eines größeren<br />
Projekts, arbeiten im Team und schulen<br />
somit nebenbei Fähigkeiten, die man gerne<br />
unter dem Sammelbegriff „Soft skills“ bündelt.<br />
Nach Abschluss dieser vorbereitenden<br />
Phase wird die Ausstellung in den Räumen<br />
der Schule aufgebaut und steht dort für<br />
etwa eine Woche zur Verfügung. l<br />
Die Kosten variieren je nach Anforderung – individuelle<br />
Angebote werden auf Anfrage erstellt.<br />
Kontakt: Markus Elsholz, Tel.: 0911 / 9443281,<br />
elsholz@turmdersinne.de, www.tourdersinne.de /<br />
www.turmdersinne.de<br />
Programm, Information und Anmeldung:<br />
www.turmdersinne.de > Symposium<br />
Tel.: 0911 94432-81, Fax: -69, symposium@turmdersinne.de<br />
Unter anderem<br />
mit Hirnforscher<br />
Gerhard Roth,<br />
Bremen.<br />
Weitere<br />
Referenten:<br />
John-Dylan<br />
Haynes, Georg<br />
Northoff, Hannah<br />
Monyer u. v. m.<br />
+ + + Besuchen Sie auch das Hands-on-Museum turmdersinne in Nürnberg + + + Am Westtor, Spittlertorgraben Ecke Mohrengasse + + +<br />
Zum Jahr der Astronomie: Sonderausstellung „Des Himmels Irrlichter“ + + + mit historischen Fehlinterpretationen, phantasievollen<br />
Verschwörungstheorien und den wahrnehmungspsychologischen Hintergründen + + + Aktuelles unter www.turmdersinne.de + + +<br />
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3/2009 11
Lutz Renken<br />
Wissenschaft als<br />
Aufklärung verstehen<br />
Hannover – Humanistische Vortragsreihe in<br />
der „Übermorgenstadt“<br />
n Oldenburg wurde vom Stifterverband<br />
für die deutsche Wissenschaft als „Stadt<br />
der Wissenschaft 2009“ ausgezeichnet.<br />
„Ich denke viel an die Zukunft, weil das<br />
der Ort ist, wo ich den Rest meines Lebens<br />
zubringen werde“, hat Woody Allen einmal<br />
gesagt. Die Stadt Oldenburg hat aus diesem<br />
Gedanken die Idee der „Übermorgenstadt“<br />
abgeleitet.<br />
„Die Übermorgenstadt zu schaffen,<br />
heißt, Utopien zu denken, Visionen weiterzuentwickeln<br />
und den Dialog zwischen<br />
Bürgern und Wissenschaftlern über die<br />
Frage anzustoßen, wie man einmal leben<br />
möchte“, so Oldenburgs Oberbürgermeister<br />
Prof. Dr. Gerd Schwandner. Den Projektverantwortlichen<br />
geht es aber auch darum,<br />
„welche Antworten die Wissenschaft<br />
auf die brennendsten Fragen kennt und<br />
welche Rolle sie im normalen Leben der<br />
Bürger spielt“.<br />
Die Humanistische Akademie Niedersachsen<br />
nimmt diesen Anspruch ernst und<br />
will ihren Beitrag im Rahmen einer Vortragsreihe<br />
leisten. Ihre Sicht der Wissenschaft<br />
geht über die eines Bildungs- und<br />
Standortfaktors oder eines Lieferanten<br />
12<br />
3/2009<br />
technologischer Problemlösungen hinaus.<br />
Sie versteht Wissenschaft vielmehr als die<br />
kritische und rationale Methode, die Welt<br />
zu verstehen, wie sie wirklich ist. <strong>Das</strong> hat<br />
weit reichende Konsequenzen. So gesehen<br />
war und ist Wissenschaft immer auch Triebfeder<br />
der Aufklärung.<br />
Die drei Vorträge der Reihe beschäftigen<br />
sich mit unterschiedlichen Aspekten der<br />
Bedeutung und Konsequenzen des kritischen<br />
Denkens und des wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisfortschritts: I) für den Einzelnen<br />
im Alltag; II) für die traditionellen religiösen<br />
Welterklärungen; und schließlich III) für<br />
die Weise, wie wir mit sozialen Problemen<br />
und ethischen Fragen umgehen sollen. Sie<br />
werden gemeinsam mit dem HVD Oldenburg<br />
veranstaltet, die Vorträge II) und III)<br />
in Kooperation mit der Giordano Bruno<br />
Stiftung.<br />
I) Kritisches Denken als Befreiung vom<br />
Wunschdenken<br />
Gleich im ersten Vortrag mit dem Titel<br />
„Wissenschaft gegen Aberglaube. Kritisches<br />
Denken für den Alltag“ zeigte Amardeo<br />
Sarma, Vorsitzender der Gesellschaft zur<br />
wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften<br />
e.V. (GWUP), dass jeder<br />
Mensch anfällig ist für Wunschdenken und<br />
dazu neigt, seine Ideen und Vermutungen<br />
in dem, was er wahrnimmt, bestätigt zu sehen.<br />
<strong>Das</strong> gelte auch für Menschen, die sich<br />
selbst als besonders vernünftig und kritisch<br />
einschätzen. So komme es, dass viele wissenschaftlich<br />
unhaltbare Thesen unangemessene<br />
Popularität genießen, wie z.B. Astrologie<br />
und Homöopathie.
Dabei sei wissenschaftliche Aufklärung<br />
aus drei Gründen unverzichtbar, um sich<br />
von Illusionen zu befreien:<br />
1) Neugier: Wir sollten wissen, wie die Welt<br />
um uns beschaffen ist und funktioniert<br />
und was hinter solchen scheinbar übernatürlichen<br />
Behauptungen steckt.<br />
2) Ehrlichkeit: Wir sollten wissen, wie es<br />
um uns steht. Langfristig schaden Illusionen.<br />
3) Verbraucherschutz: Parawissenschaften<br />
können verheerende Auswirkungen haben<br />
auf Gesundheit, Leben, Beziehungen,<br />
Freiheit und Wohlstand.<br />
II) Wissenschaft und die<br />
weltanschaulichen Auswirkungen<br />
„Wer hat Angst vor Charles Darwin? Die<br />
weltanschaulichen Konsequenzen der Evolutionstheorie“<br />
– so lautet der Titel des<br />
zweiten Vortrags der Reihe am 24. August.<br />
Der Referent, Dr. Thomas Junker, ist Professor<br />
für Geschichte der Biowissenschaften<br />
an den Universitäten Tübingen und Göttingen.<br />
Es gibt vielleicht keine andere wissenschaftliche<br />
Theorie, die auf so erbitterten<br />
weltanschaulichen Widerstand traf und<br />
trifft wie Darwins Evolutionstheorie. Vor allem<br />
religiöse Menschen haben Angst vor der<br />
Evolution, weil sie – nicht ganz zu Unrecht<br />
– vermuten, dass eine natürliche Erklärung<br />
der Lebewesen ihre diesbezüglichen Glaubensüberzeugungen<br />
überflüssig macht. Der<br />
Vortrag beleuchtet, um welche Glaubensüberzeugungen<br />
es sich handelt und warum<br />
diese mit der wissenschaftlichen Sicht der<br />
Natur so schwer, vielleicht überhaupt nicht<br />
zu verbinden sind.<br />
III) Wissenschaft und die Konsequenzen<br />
für die Ethik<br />
Dr. Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher<br />
der Giordano Bruno Stiftung, wird<br />
die Abschlussveranstaltung bestreiten unter<br />
dem Titel „Über Moral. Zum Verhältnis<br />
von Ethik, Humanismus und Religion“.<br />
Er wird für die Anwendung kritischer<br />
Rationalität und wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />
auf Fragen der Ethik streiten. So<br />
zeigt er in seinem im September erscheinenden<br />
Buch „Jenseits von Gut und Böse – Warum<br />
wir ohne Moral die besseren Menschen<br />
sind“, dass es uns nur so gelingen kann, eine<br />
säkulare und menschenfreundliche Ethik zu<br />
entwickeln. l<br />
Dieser Vortrag findet am 26. Oktober 2009 um<br />
19.00 Uhr im Vortragssaal des Kulturzentrums<br />
PFL in Oldenburg statt.<br />
Horst Groschopp (Hrsg.)<br />
Was ist heute<br />
Humanismus?<br />
Schriftenreihe der Humanistischen<br />
Akademie Deutschland, Bd. 1<br />
Alibri Verlag<br />
Aschaffenburg 2009<br />
ca. 200 Seiten, kartoniert<br />
8 Abb.<br />
20 Euro<br />
Erscheinungstermin: Herbst 2009<br />
Anzeige<br />
Die Beiträge in diesem Sammelband<br />
behandeln modernen Humanismus<br />
zwischen Antikerezeption und<br />
Weltanschauungskampf, Philosophie<br />
und Weltanschauung, Wissenschaft<br />
und Bekenntnis, Atheismus- und<br />
Religionskritik. <strong>Das</strong> Buch dokumentiert die<br />
wissenschaftliche Konferenz vom<br />
15. und 16. November 2008 in Berlin,<br />
die von der Politischen Akademie<br />
der Friedrich-Ebert-Stiftung und der<br />
Humanistischen Akademie Deutschland<br />
ausgerichtet wurde.<br />
Inhalt:<br />
Horst Groschopp: Vorwort<br />
Hubert Cancik: Humanistische<br />
Begründung humanitärer Praxis<br />
Martin Vöhler: Die „Erfindung“ des<br />
Humanismus im 18. Jahrhundert<br />
Julian Nida-Rümelin: Philosophischer<br />
Humanismus heute<br />
Frieder Otto Wolf: Humanismus als<br />
Weltanschauung<br />
Horst Groschopp: Humanismus als<br />
kulturelle Weltanschauung<br />
Jaap Schilt: Humanismus als Bekenntnis<br />
begreifen<br />
Armin Pfahl-Traughber: Demokratischer<br />
Humanismus<br />
Johann-Albrecht Haupt: Bürgerrechtlicher<br />
Humanismus<br />
Gerhard Engel: Evolutionärer Humanismus<br />
als Integrationswissenschaft<br />
Michael Schmidt-Salomon: Evolutionärer<br />
Humanismus<br />
Petra Caysa: Über den Humanismus des<br />
Michel Foucault<br />
Joachim Kahl: Weltlicher Humanismus<br />
Volker Mueller: Ideelle Basis<br />
undogmatischer Lebensauffassungen<br />
Christian Walther: Unglaube genügt<br />
Ernst Grewel: Begriff Humanismus<br />
Peter Schulz-Hageleit: Die Idee des<br />
Fortschritts<br />
Autorenverzeichnis<br />
3/2009 13
Gita Neumann<br />
n Umso fraglicher musste in dieser Gemengelage<br />
erscheinen, dass ausgerechnet<br />
der autonomiefreundlichste Vorschlag von<br />
Joachim Stünker/Michael Kauch u. a. eine<br />
Mehrheit finden könnte. Und doch kam<br />
es genau so – verbunden mit einer schweren<br />
Niederlage für die Kirchen. <strong>Das</strong>s damit<br />
nicht der kritische Blick auf ein durchaus<br />
mögliches Spannungsverhältnis zwischen<br />
Fürsorge und Selbstbestimmung zum Verschwinden<br />
gebracht wird, bleibt humanistisches<br />
Anliegen.<br />
Zur Ausgangssituation zwei Wochen vor<br />
der Abstimmung: Jede Aussicht auf eine<br />
Kompromisslösung war am hartnäckigen<br />
Widerstand der Gruppe um die Unionsabgeordneten<br />
Zöller und Faust gescheitert, sich<br />
auch nur mit den Kollegen Stünker (SPD)<br />
und Kauch (FDP) zu einem Gespräch zusammenzufinden.<br />
Deren Gesetzentwürfe<br />
unterschieden sich nur in Nuancen, so dass<br />
ihr Zusammengehen in der Expertenanhörung<br />
des Rechtsausschusses vorgeschlagen<br />
worden war. Ein dritter Entwurf von<br />
Unionsfraktionsvize Bosbach u. a. setzte<br />
sich von diesen beiden ab, sah massive Einschränkungen<br />
bei der Verbindlichkeit einer<br />
PV vor und eine Regelkontrolle durch das<br />
Vormundschaftsgericht. Schließlich wurde<br />
von Hüppe (CDU) auch noch ein vierter<br />
Antrag eingebracht, dass auf eine gesetzliche<br />
Regelung ganz zu verzichten sei.<br />
Am Nachmittag des 18. Juni wurde dann<br />
das Ergebnis der namentlichen Abstimmung<br />
im Deutschen Bundestag bekannt<br />
gegeben. Die morgens noch bedrohlich<br />
lichten Reihen hatten sich gefüllt, schließlich<br />
waren 555 Abgeordnete anwesend. Am<br />
Ende stimmten 317 von ihnen für den Entwurf<br />
von Joachim Stünker/Michael Kauch<br />
u. a.: Ein Großteil der SPD sowie der FDP,<br />
viele Abgeordnete der Linken und auch von<br />
14<br />
3/2009<br />
TITEL<br />
Patientenverfügungsgesetz –<br />
eine Überraschung<br />
Dramatisches Indiz für neue Kräfteverhältnisse?<br />
<strong>Das</strong> hatten wohl die wenigsten Anhänger der Patientenautonomie zu hoffen gewagt. Hatte<br />
es doch zuletzt so ausgesehen, dass nach über 5-jähriger Debatte das Gesetz zur Patientenverfügung<br />
(PV) im Gezänk um Geschäftsordnung und Abstimmensreihenfolge vier verschiedener<br />
Anträge im Bundestag untergehen würde.<br />
den Grünen. Aus dem Lager der Union erhielt<br />
der Antrag eine einzige Stimme – der<br />
CSU-Abgeordneten Dagmar Wöhrl aus<br />
Nürnberg.<br />
Stünker: Wir müssen die Kraft<br />
aufbringen<br />
Union und die Kanzlerin hatten zuletzt<br />
wohl darauf gesetzt, dass die Gesetzgebung<br />
scheitern würde. Eine scheinbare „Problemlösung“,<br />
die massiv unterstützt wurde von<br />
beiden Kirchen und dem (streng katholischen)<br />
Bundesärztekammerpräsidenten<br />
Prof. Hoppe. Deren Hauptargument: <strong>Das</strong><br />
Sterben könne nicht bis zur letzten Minute<br />
geregelt werden, schon gar nicht gesetzlich.<br />
Eine vorsorgliche Willenserklärung sei zwar<br />
durchaus sinnvoll und auch beachtlich – es<br />
dürfe aber keinen „Automatismus“ geben,<br />
der dann in einer auch vom Verfügenden<br />
selbst ja nie völlig vorhersehbaren Situation<br />
nur noch „exekutiert“ würde. Eben dies<br />
wurde dem Stünker-Entwurf unterstellt –<br />
ohne dass dies belegbar gewesen wäre. Angeblich<br />
würde er das Fürsorgeprinzip außer<br />
Acht lassen.<br />
Der Kern dieses Vorbehaltes liegt darin:<br />
Der moderne Mensch will (und soll) individuell,<br />
selbstbestimmt, frei und unabhängig<br />
nicht nur sein Leben gestalten, sondern<br />
auch noch sein Sterben kontrollieren können.<br />
Doch stellt die ernsthafte Erkrankung<br />
eine Lebenskrise, eine Kränkung dar, die es<br />
nicht sinnvoll erscheinen lässt, Autonomie<br />
und Eindeutigkeit im Willen absolut zu setzen.<br />
Dies sind durchaus richtige Bedenken,<br />
doch führten sie bei den Gegnern insbesondere<br />
des Stünker-Entwurfs zu einer Fülle<br />
unauflösbarer Widersprüchlichkeiten. So<br />
stellten Unionsvertreter gleich zwei alternative<br />
Gesetzesanträge zur Abstimmung. Bis<br />
zuletzt war alles offen. Schließlich sollten<br />
Stünkers letzte mahnende Worte unmittelbar<br />
vor der Abstimmung wirksam werden:<br />
„Wir müssen die Kraft aufbringen, heute<br />
eine Entscheidung zu treffen. Die Leute<br />
warten darauf!“<br />
Dieser Eindruck wurde unterstützt dadurch,<br />
dass sich zuletzt auch Sozial- und<br />
Wohlfahrtsverbände für eine Klarstellung<br />
durch die Politik ausgesprochen hatten.<br />
Neben dem Humanistischen <strong>Verband</strong> und<br />
der Humanistischen Union hatte auch die<br />
Deutsche Hospizstiftung in einer Kampagne<br />
dazu aufgefordert, diesbezüglich Abgeordnete<br />
anzuschreiben. Dabei kam es v.<br />
a. auf diejenigen an, die sich im Vorfeld<br />
noch nicht positioniert hatten. Schließlich<br />
sprangen so gut wie alle Medien auf den<br />
Zug auf. Tendenz: Die Verunsicherung,<br />
durch die politische Debatte nicht zuletzt<br />
selbst befördert, muss beendet werden. U.<br />
a. sorgte der HVD Berlin dafür, dass in einer<br />
Serie der BILD-Zeitung in der Woche<br />
bis zum Abstimmungstag noch – Herz und<br />
Gemüt ergreifende – Fälle mit Fotos unserer<br />
Mitglieder vorgestellt wurden. Durch die<br />
enorme Medienresonanz dürfte dem letzten<br />
Abgeordneten, der sich noch nie mit dem<br />
Thema befasst hatte, klar geworden sein:<br />
Hier geht es jetzt um die Außenwirkung<br />
des Parlaments.
<strong>Das</strong> Ende war und bleibt aber überraschend:<br />
Kein Kompromiss etwa durch Änderungsanträge,<br />
sondern der konsequenteste<br />
Vorschlag eines der streitenden Lager setzte<br />
sich durch. Was hatte die Kräfteverhältnisse<br />
zuletzt so dramatisch geändert?<br />
Katholische Kirche – zunächst<br />
unsichtbarer Akteur<br />
Im Rückblick fällt ein Mentalitätswandel in<br />
der über 5-jährigen Debatte auf. Zu Beginn<br />
drückten ihr Politikerinnen wie die grüne<br />
Bundestagsabgeordnete Christa Nickels<br />
und die CDU-Abgeordnete Julia Klöckner<br />
ihren Stempel auf, beide Mitglieder im<br />
Zentralkomitee der Katholiken. Mithilfe<br />
der Enquetekommission „Ethik und Recht<br />
der modernen Medizin“ gelang es ihnen zunächst,<br />
das Rad der Patientenautonomie zurückzudrehen:<br />
Die Selbstbestimmung sollte<br />
plötzlich im Namen des Fürsorgegedankens<br />
stark zurückgedrängt werden. Andersdenkende<br />
in diesem Gremium wie der Hamburger<br />
Rechtsphilosoph Reinhard Merkel<br />
(von der FDP nominiert) wurden im Namen<br />
des Lebensschutzes mit aggressiven<br />
Verbalattacken in die Schranken gewiesen.<br />
Einigkeit konnte in dem Gremium nicht<br />
erzielt werden, aber Nickels und Klöckner<br />
vermochten zu dominieren und zunächst<br />
sogar eine Mehrheit des Parlaments auf ihre<br />
Seite zu ziehen. Danach sollte nunmehr der<br />
vorsorgliche Behandlungsverzicht allenfalls<br />
im eingetretenen Sterbeprozess oder irreversibel<br />
tödlichen Verlauf gelten.<br />
Bei den Konflikten, in der o. g. Enquetekommission<br />
vordergründig im Namen der<br />
hospizlichen Sterbebegleitung ausgetragen,<br />
trat ein wichtiger Akteur nur indirekt in<br />
Erscheinung: die katholische Kirche. In seiner<br />
Enzyklika Evangelium vitae hatte Papst<br />
Johannes Paul II. einen umfassenden Werteverfall<br />
angeprangert. Er beklagte als Folge<br />
eine „entartete Vorstellung von Freiheit“,<br />
die sich in Verbrechen gegen das Leben ausdrücke.<br />
Dazu zählte der Papst neben Mord,<br />
Völkermord, Abtreibung und Euthanasie<br />
eben auch den Vorsatz, dass man „den Tod<br />
in dem Augenblick vorwegnimmt, den man<br />
selbst für den geeignetsten hält“. (Es war<br />
kein Zufall, dass zeitnah der humanistische<br />
Hospizdienst VISITE des HVD aus der<br />
Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz ausgeschlossen<br />
wurde.)<br />
Parallel zur Enquetekommission „Ethik<br />
und Recht der modernen Medizin“ war<br />
von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries<br />
– durchaus als Alternative angelegt – eine<br />
AG „Patientenautonomie am Lebensende“<br />
ins Leben gerufen worden. Diese fand zu<br />
einem anderen, konsensualen Diskussionsstil<br />
und zu liberalen Ergebnissen, die einem<br />
pluralistischen Werteverständnis angemessen<br />
sind (neben gesellschaftlich relevanten<br />
Gruppierungen wie auch den Kirchen<br />
wirkte hier erstmalig eine Vertreterin des<br />
Humanistischen <strong>Verband</strong>es <strong>Deutschlands</strong><br />
mit). Es folgten die penible Sacharbeit in<br />
den Ausschüssen, medizin-ethische Stellungnahmen<br />
und ideologiefreie Veröffentlichungen,<br />
empirische Untersuchung von<br />
Fallkonstellationen.<br />
Verheerende Niederlage – Entfernung<br />
von der Wirklichkeit<br />
Die deutsche Öffentlichkeit zeigte sich von<br />
international Aufsehen erregenden Fällen<br />
erschüttert. In den USA und dann in Italien<br />
kämpften Familienangehörige dagegen an,<br />
dass Komapatienten auch nach Jahrzehnten<br />
nicht friedlich sterben durften. Die katholische<br />
Kirche nahm dazu haarsträubende<br />
Positionen ein, religiöse Fundamentalisten<br />
attackierten Richter, die nicht in ihrem<br />
(v.l.) Die SPD-Abgeordneten Rolf Stöckel, Dr. Eva Högl und Joachim Stünker; Gita Neumann vom HVD und Bügermeister Dr. Christian<br />
Hanke (Berlin-Mitte) mit einer spontanen Gratulantin aus dem Publikum nach dem Abstimmungserfolg<br />
3/2009 15
Sinne entschieden. Auch in Deutschland<br />
gab es Strafverfahren gegen Mediziner und<br />
Anwälte, die unbestreitbar zum Wohl von<br />
Patienten gehandelt hatten. Durch solche<br />
konkreten Vorfälle wurde das Lager der Lebensschützer<br />
stark geschwächt.<br />
Zwar grenzte sich die evangelische<br />
Kirche zunächst von der päpstlicherseits<br />
so genannten „Kultur des Todes“ ab und<br />
wählte einen anderen Weg, den der „Kunst<br />
des Sterbens“. Dabei sollte eine Patientenverfügung<br />
durchaus hilfreich sein. Nur,<br />
so verkündete Bischof Wolfgang Huber,<br />
Vorsitzender des Rates der Evangelischen<br />
Kirche, in der Fernsehsendung busch@n-tv<br />
in Richtung einer anwesenden Vertreterin<br />
des HVD: Er würde mit allen verfügbaren<br />
Mitteln dagegen ankämpfen, dass der<br />
vom Humanistischen <strong>Verband</strong> unterstützte<br />
Stünker-Entwurf durchkäme.<br />
Zwischen den beiden Kirchen waren die<br />
Patientenverfügungen durchaus umstritten.<br />
Doch erschien es ihnen machtstrategisch<br />
nicht ratsam, getrennt zu marschieren. Dies<br />
wurde 1999 bereits durch die Einführung<br />
einer gemeinsamen so genannten christlichen<br />
Patientenverfügung vorgegeben. Diese<br />
erhält zum Behandlungsverzicht nur eine<br />
einzige Aussage: Keine lebensverlängernde<br />
Maßnahmen mehr, wenn „festgestellt wird,<br />
dass jede lebenserhaltende Maßnahme ohne<br />
Aussicht auf Besserung ist und mein Sterben<br />
nur verlängern würde“. Ein wirkungs- und<br />
folgenloser Zirkelschluss.<br />
Nun erfolgte also, vereint zu Papier gebracht,<br />
eine christliche Abschluss-Stellungnahme<br />
zum Patientenverfügungsgesetz, um<br />
vermeintlich stärkeren politischen Einfluss<br />
ausüben zu können. <strong>Das</strong> Ergebnis kam<br />
einer larmoyanten Kapitulationserklärung<br />
gleich. Ein „in jeder Hinsicht überzeugender<br />
Regelungsvorschlag liegt bislang nicht<br />
vor“ – zu mehr als dieser Quintessenz konnten<br />
sich die Kirchen nicht durchringen.<br />
Kein Wort darüber, wie ein konkreter Gesetzesvorschlag<br />
wohl auszusehen hätte, wie<br />
der diesbezüglichen Sorge der Menschen zu<br />
begegnen sei.<br />
Ohne Not näherte sich im Spannungsfeld<br />
zwischen Autonomie und Lebensschutz die<br />
evangelische Kirche immer mehr der päpstlichen<br />
Doktrin an – zusammen sollten sie<br />
eine verheerende Niederlage erleiden. Doch<br />
bis es soweit war, wurde noch ordentlich<br />
polemisiert. Dabei fällt auf, wie fremd heute<br />
schon Tonfall und Gedankengang der<br />
Beiträge gegen ein PV-Gesetz wirken. Die<br />
16<br />
3/2009<br />
Empörung über die „Selbsttötungs- und<br />
Selbstliquidierungs-Propaganda“, wie sie<br />
angeblich das liberale Lager betrieb. Die<br />
Beschreibung von Dammbruch-Szenarien,<br />
nach denen die alternde Gesellschaft ihre<br />
Kranken und Schwachen aus Kostengründen<br />
dazu dränge, aus dem <strong>Das</strong>ein zu scheiden.<br />
Die Autonomie-Gegner haben sich<br />
damit zu weit entfernt von einer Wirklichkeit,<br />
wie wir sie heute empirisch vorfinden.<br />
Ältere Menschen selbst scheinen kaum von<br />
der Angst vor dem sozialen Druck geplagt,<br />
frühzeitig versterben zu sollen. Vielmehr<br />
ging zumindest vor dem Patientenverfügungsgesetzt<br />
die Sorge um, der eigene<br />
wohlerwogene und schriftlich niedergelegte<br />
Wille könnte einer Fremdbestimmung zum<br />
Opfer fallen.<br />
Bei einer Patientenverfügung handelt<br />
es sich um eine vorsorgliche Willenserklärung.<br />
Darin enthalten sind neben<br />
Wertvorstellungen und Wünschen v.a.<br />
Anweisungen zu Behandlungsmaßnahmen.<br />
Diese können für bestimmte<br />
medizinische Situationen eingefordert,<br />
eingeschränkt oder auch völlig abgelehnt<br />
werden. Die Patientenverfügung<br />
wird wirksam, wenn der Betroffene<br />
nicht mehr in der Lage ist, seine notwendige<br />
Zustimmung oder Ablehnung<br />
zu Behandlungsmaßnahmen direkt<br />
kund zu tun.<br />
Am Ende hatte vor allem die katholische<br />
Kirche nur noch wenige Ansprechpartner<br />
im Bundestag, selbst in den Reihen der Unionsfraktion.<br />
Und die „Kunst des Sterbens“<br />
im evangelischen Sinne wurde von der grünen<br />
Fraktionsvorsitzenden Renate Künast<br />
so massiv gegen die Patientenautonomie<br />
ins Feld geführt, dass sie dafür in einer Veranstaltung<br />
der Heinrich-Böll-Stiftung von<br />
eigenen Anhängern schon ausgebuht worden<br />
war. Kein Wunder, dass sie ihre Parteimitglieder<br />
nicht davon zu überzeugen vermochte,<br />
dass im Dauerkoma ein erklärter<br />
Ernährungsverzicht nicht zu befolgen sei,<br />
dass es vielmehr auf den Ausbau der Hospizarbeit<br />
ankäme. Im Gegenteil stimmte<br />
auch die überwiegende Mehrzahl der grünen<br />
Abgeordneten für den Entwurf Stünker/Kauch.<br />
Eine Überraschung für sich. In<br />
der Presse wurde gar über ein Ende des herkömmlichen<br />
schwarz-grünen Konsenses in<br />
bioethischen Fragen spekuliert. Der CDU-<br />
Politiker Wolfgang Bosbach zeigt sich von<br />
seinen eigenen Reihen enttäuscht: „Wenn<br />
sich meine eigene Fraktion bei dieser wichtigen<br />
Frage in drei Fraktionen spaltet, darf<br />
man sich über dieses Ergebnis nicht wundern.“<br />
Schlechte Verlierer – neue<br />
Verantwortung<br />
Auch nach ihrer deutlichen Niederlage bedienten<br />
sich die Gegner der gefundenen<br />
Lösung höchst fragwürdiger Mittel. Prof.<br />
Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer,<br />
erwies sich als besonders schlechter<br />
Verlierer. Er drohte in der Kölner Rundschau:<br />
„Die Ärzte werden sich sehr genau<br />
überlegen müssen, ob sie überhaupt einen<br />
Behandlungsvertrag eingehen, wenn eine<br />
Patientenverfügung vorliegt. Der Gesetzgeber<br />
hat ja überhaupt nicht bedacht, dass<br />
ein Behandlungsvertrag eine beiderseitige<br />
Angelegenheit ist.“<br />
Und die WELT wunderte sich:<br />
„Ärztekammer-Vizepräsident Frank Ulrich<br />
Montgomery erklärte am Freitag, nun hätten<br />
viele Menschen Angst, eine Verfügung<br />
zu verfassen. Denn es gebe laut dem neuen<br />
Gesetz keine Möglichkeit, eine Verfügung<br />
zum Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen<br />
zu widerrufen. Dabei steht in dem<br />
beschlossenen Gesetz: ‚Eine Patientenverfügung<br />
kann jederzeit formlos widerrufen<br />
werden.’“<br />
Diese Stimmen sollten uns nicht dazu<br />
verführen, am Ende sämtliche Befürchtungen<br />
des unterlegenen Lagers zu ignorieren.<br />
Dies betrifft insbesondere Bedenken gegen<br />
eine verabsolutierte Autonomie und die<br />
Unmöglichkeit, zukünftige Krankheits-<br />
und Erlebenssituationen präzise voraussagen<br />
zu können.<br />
Zu wünschen ist ein gesellschaftliches<br />
Umfeld, in dem wir Hilfe annehmen und<br />
gleichzeitig Unabhängigkeit fördern können.<br />
Gehört dazu nicht auch, sich mit unseren<br />
Ambivalenzen auseinanderzusetzen,<br />
ohne sie gleich in eine bestimmte Richtung<br />
auflösen zu müssen? Ein widersprüchliches<br />
„Sowohl als auch“ im Umgang mit schweren<br />
Therapieentscheidungen und letzten<br />
Wünschen auszuhalten ist eine Aufgabe,<br />
die sich der humanistischen Begleitung<br />
und Beratung seit langem stellt. Eine Herausforderung,<br />
konkret Verantwortung zu<br />
übernehmen, die auch bei den Betroffenen<br />
bis zuletzt andauern kann. l
Patientenverfügung –<br />
Ihr gutes Recht<br />
n Am 18. Juni 2009 hat der Bundestag<br />
nach langem Ringen die Regelungen zur<br />
Wirksamkeit von Patientenverfügungen<br />
(PV) verabschiedet. Ab sofort gilt: In jedem<br />
Krankheitsstadium muss sich jetzt der Arzt<br />
oder der vom Gericht bestellte Betreuer an<br />
den vorsorglich erklärten Willen in einer Patientenverfügung<br />
halten. D. h. sie ist jetzt<br />
definitiv nicht erst dann wirksam, wenn ein<br />
Sterbeprozess bevorsteht oder ein irreversibel<br />
tödlicher Verlauf diagnostiziert wurde.<br />
Die individuell-konkrete optimale Patientenverfügung,<br />
die der Humanistische<br />
<strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> seit 15 Jahren anbietet,<br />
ist jetzt zum gesetzlichen Maßstab<br />
erhoben worden. Sie ist jetzt unbestreitbar<br />
verbindlich, sobald die in der Patientenverfügung<br />
aufgeführten Bedingungen<br />
eingetreten sind. Wenn zu unterlassende<br />
Behandlungsmaßnahmen konkret benannt<br />
sind, dürfen sie laut neuen PV-Gesetz dann<br />
nicht vorgenommen werden. Vermeintlich<br />
besonders „scharf“ formulierte Patientenverfügungen,<br />
welche nur allgemein „lebensverlängernde<br />
Maßnahmen“ ausschließen,<br />
verfehlen dieses Ziel (die gleichzeitige<br />
Strafandrohung bei Zuwiderhandeln hilft<br />
dann gar nichts).<br />
Zwar bleiben alle Patientenverfügungen,<br />
d. h. auch nicht aussagekräftige Vordrucke,<br />
formell gültig. Doch sollte man die Gesetzesänderung<br />
zum Anlass nehmen, seine Verfügung<br />
noch einmal zu überprüfen. Neben<br />
fertig vorgedruckten Formularen sind insbesondere<br />
notariell aufgesetzte Dokumente<br />
betroffen. Denn diese sind meist besonders<br />
inhaltsleer und medizinisch vage.<br />
Es kommt mehr denn je auf den Inhalt<br />
an. Dieser muss laut neuem Gesetz in<br />
Zukunft vom Arzt und Patientenvertreter<br />
(Bevollmächtigter oder Betreuer) überprüft<br />
werden: ob und wie er auf die eingetretene<br />
Entscheidungssituation passt. Nach wie vor<br />
bleibt es wichtig, die PV durch eine Vorsorgevollmacht<br />
für eine Vertrauensperson<br />
zu ergänzen. Es kann auch verfügt werden,<br />
dass ein Vertreter des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es in eine spätere Entscheidungs-<br />
findung einzubeziehen ist. Diesseits-Leser<br />
erhalten bis 15. Oktober die einmalige Gelegenheit,<br />
ihre bei anderen Anbietern abgeschlossenen<br />
Verfügungen auf inhaltliche<br />
Wirksamkeit überprüfen zu lassen. Unter<br />
Angabe Ihrer HVD-Mitgliedsnummer<br />
oder Abonummer können Sie eine Kopie<br />
Ihrer PV an die Redaktion schicken. Dazu<br />
ist sinnvollerweise ein Fragebogen für eine<br />
optimale Patientenverfügung anzufordern<br />
(siehe beiliegende Karte), auszufüllen und<br />
beizulegen. Denn nur so kann überprüft<br />
werden, ob die tatsächliche Einstellung des<br />
Verfügenden mit einer bereits vorhandenen<br />
Patientenverfügung übereinstimmt. Die<br />
Bundeszentralstelle Patientenverfügung<br />
wird sich dann mit einer Einschätzung an<br />
Sie wenden.<br />
Diesseits<br />
Wallstraße 61-65<br />
10179 Berlin<br />
<strong>Das</strong> neue Gesetz zur Verbindlichkeit von<br />
Patientenverfügungen stärkt das Selbstbestimmungsrecht<br />
des Patienten. Damit trägt<br />
der Betroffene aber auch die Verantwortung<br />
und das Risiko für die Folgen seiner Bestimmungen.<br />
Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />
bietet auf gemeinnütziger Basis an,<br />
eine optimale Patientenverfügung für Sie<br />
abzufassen. <strong>Das</strong> Verfahren besteht in einem<br />
medizinisch fachkundigen Beratungsangebot<br />
zu individuellen Abwägungen und konkreten<br />
Behandlungen sowie Auswertung<br />
eines mehrseitigen PV-Fragebogens. Sie ist<br />
bedeutend anspruchsvoller und konkreter<br />
als eine Standard-PV. Was Sie bei Ihrer<br />
Wahl beachten sollten: <strong>Das</strong> Modell einer<br />
Standard-Patientenverfügung orientiert<br />
sich an den Grundsätzen der Hospiz- und<br />
Palliativversorgung. Die Vorgaben beziehen<br />
sich nur auf Situationen am Lebensende,<br />
die mit Sicherheit aussichtslos sind. Alle<br />
anderen Fälle von Einwilligungsunfähigkeit<br />
(z. B. nach Schlaganfall, Herzstillstand<br />
oder Gehirnverletzung) sind hier nicht abgedeckt.<br />
Zur Anforderung von weiterem Informationsmaterial<br />
benutzen Sie bitte die beigefügte<br />
Postkarte oder informieren Sie sich im<br />
Internet:<br />
www.patientenverfuegung.de<br />
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />
Bundeszentralstelle Patientenverfügung<br />
10179 Berlin, Wallstraße 65<br />
mail@patientenverfügung.de<br />
Sprechzeiten<br />
Mo, Di, Do. und Fr von 10-17 Uhr<br />
Telefon: 030 613904-11, -12<br />
Telefax: 030 613904-36<br />
<strong>Das</strong> Wichtigste in Kürze:<br />
n Die Patientenverfügung ist schriftlich<br />
abzufassen, persönliche Unterschrift und<br />
Datum nicht vergessen.<br />
n Sie kann jederzeit formlos widerrufen<br />
werden, auch mündlich.<br />
n Alle zwei Jahre sollte man prüfen, ob der<br />
niedergeschriebene Wille noch aktuell<br />
ist.<br />
n Fertige Formulare, meist kostenlos angeboten,<br />
können die eigenen Vorstellungen<br />
und Lebensumstände meist nur<br />
unzureichend abdecken.<br />
n Die Benennung konkreter Behandlungsmaßnahmen,<br />
(z. B. künstliche Ernährung<br />
und Beatmung) ist laut neuem<br />
Patientenverfügungsgesetz notwendig!<br />
n Eine PV ist ohne Hinzuziehung eines<br />
Anwalts oder Notars gültig. Es gibt allerdings<br />
eine Ausnahme: Wenn der Verfügende<br />
selbst nicht mehr unterschreiben<br />
oder nicht mehr sprechen kann.<br />
n Bewahren Sie das Dokument dort auf,<br />
wo es im Notfall schnell gefunden wird.<br />
<strong>Das</strong> kann zu Hause sein oder gegen eine<br />
Gebühr von ca. 18 € im Jahr bei einer<br />
Hinterlegungsstelle mit Hinweiskärtchen<br />
fürs Portemonnaie.<br />
n Wenn ein Arzt sich aus Gewissensgründen<br />
nicht in der Lage sieht, einem vom<br />
Patienten gewollten Behandlungsabbruch<br />
oder -verzicht nachzukommen,<br />
muss er für die Verlegung in ein anderes<br />
Krankenhaus sorgen.<br />
n Prinzipiell ausgeschlossen ist die strafbare<br />
Tötung auf Verlangen.<br />
n Wer sich vor Festlegungen scheut oder<br />
auf alles medizinisch Machbare vertraut,<br />
braucht (noch) keine PV.<br />
3/2009 17
Regionale Ansprechpartner<br />
sind, wenn hier nicht<br />
namentlich anders<br />
angegeben, die<br />
Geschäftstellen in den<br />
Regional- und<br />
Landesverbänden des HVD:<br />
Bayern<br />
0911 43104-0<br />
Brandenburg<br />
0179 3970644<br />
(Carola Legler)<br />
Baden-Württemberg<br />
0179 4014500<br />
(Jürgen Dobisch)<br />
07321 42849<br />
(Heiner Jestrabek)<br />
Hamburg<br />
Telefon: 040 4103731<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Telefon: 03861 2471<br />
Niedersachsen/Bremen<br />
0511 1676916-0<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
0202 4604555<br />
(Jürgen Köster)<br />
Rheinland-Pfalz<br />
0173 3436714<br />
Sachsen-Anhalt<br />
0345 1319473<br />
Sachsen<br />
E-Mail:<br />
ronny.winkler@hvd-sachsen.de<br />
Thüringen<br />
03643 772278<br />
(RA Yvonne Lautenschläger)<br />
18<br />
3/2009<br />
Gudrun Maurer,<br />
88 Jahre, Berlin<br />
Ich habe eine Patientenverfügung beim<br />
HVD abgeschlossen, weil ich meine<br />
Angehörigen vor vielleicht einmal sehr<br />
belastenden Gewissensentscheidungen<br />
bewahren möchte. Ich habe bis zu meinem<br />
77. Lebensjahr aktiv im Berufsleben<br />
gestanden, für mich gab es keinen Grund,<br />
das so genannte Rentenalter einzuhalten<br />
– bis ein Augeninfarkt mir nur noch 10<br />
Prozent Sehvermögen ließ. Ich hatte ein<br />
reiches und sehr erfülltes Leben, habe immer<br />
selbstständig für mich entschieden.<br />
Undenkbar, wenn dies einmal nicht mehr<br />
möglich sein sollte. Eine dauerhafte Pflegebedürftigkeit,<br />
das vollständige Angewiesensein<br />
auf ständige Pflege lassen sich<br />
mit meiner Vorstellung von Lebensqualität<br />
und Würde nicht vereinbaren.<br />
Daher habe ich u.a. verfügt:<br />
„Nach einem unfall- oder krankheitsbedingten<br />
medizinischen Notfall lehne ich<br />
lebensrettende Maßnahmen wie Reani-<br />
mation, künstliche Beatmung oder eine<br />
Operation … prinzipiell ab, weil ich …<br />
das Risiko, mit schwersten Dauerschädigungen<br />
überleben zu müssen, unbedingt<br />
ausschließen möchte. (…) Eine künstliche<br />
Ernährung mittels PEG-Sonde darf<br />
in keinem Fall erfolgen. Bei einem Komaeintritt<br />
oder einer dauerhaften Bewusstlosigkeit<br />
soll man mich sofort sterben lassen.<br />
(…) Dies soll mit aller Konsequenz<br />
geschehen. Ich verzichte dafür auch auf<br />
solche palliativmedizinischen Maßnahmen,<br />
die noch zu einer vorübergehenden<br />
Stärkung, Remission oder Stabilisierung<br />
führen könnten. (…) In jedem Fall wünsche<br />
und verlange ich neben optimaler<br />
Basispflege bei Bedarf ausschließlich medikamentöse<br />
Linderung von Beschwerden<br />
aller Art (Atemnot, Übelkeit, Unruhe,<br />
Angstempfinden) sowie eine fachgerechte,<br />
großzügige Schmerztherapie. Eine<br />
Hochdosierung von Morphinen hat in<br />
jedem Fall Vorrang… Eine damit eventuell<br />
verbundene indirekte Todesbeschleunigung<br />
als Nebenwirkung findet meine<br />
ausdrückliche Zustimmung. (…)“
eINblIcke<br />
Wahlprüfsteine<br />
des<br />
Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es<br />
<strong>Deutschlands</strong><br />
2009<br />
Die bevorstehende Bundestagswahl erfordert<br />
eine offene und breite Debatte über<br />
kulturelle, ethische, religionspolitische<br />
Erwägungen, Fragen der Staat-Kirche-<br />
Trennung und der Gleichbehandlung von<br />
Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften,<br />
die der Humanistische <strong>Verband</strong><br />
<strong>Deutschlands</strong> durch neun Fragen an die<br />
Parteien und Kandidatinnen und Kandidaten<br />
befördern möchte.<br />
1. Unser Grundgesetz verlangt eine Trennung<br />
von Staat und Kirche. Die politische<br />
Realität zeigt, dass diese noch nicht in allen<br />
Bereichen erfolgt ist. Wie stehen Sie<br />
zu der Forderung, das Gebot des Grundgesetzes<br />
nunmehr konsequent und umfassend<br />
durchzusetzen und dabei den Verfassungsauftrag<br />
(Artikel 138, Absatz 1 der<br />
Weimarer Reichsverfassung i.V.m. Artikel<br />
140 Grundgesetz) endlich zu verwirklichen:<br />
Die „Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften<br />
werden durch die Landesgesetzgebung<br />
abgelöst“?<br />
2. Unser Grundgesetz geht in Art. 140 GG<br />
i.V.m. 137 WRV von der Gleichberechtigung<br />
und staatlichen Gleichbehandlung<br />
von Religionen und konfessionsfreien Weltanschauungen<br />
aus. In der politischen Realität<br />
aber sehen wir in weiten Bereichen eine<br />
Bevorzugung der christlichen Religionen,<br />
bis hinein ins Arbeitsrecht. Die christlichen<br />
Kirchen wollen noch stärkere „Prägekraft“<br />
auf den Staat ausüben. <strong>Das</strong> Bundesverfassungsgericht<br />
sagt, dass es keine Privilegierung<br />
bestimmter Bekenntnisse oder keine<br />
Ausgrenzung Andersgläubiger geben darf.<br />
Für welche Position werden Sie sich im<br />
Deutschen Bundestag einsetzen? Sind Sie<br />
für Gespräche der staatlichen Repräsentanten<br />
mit Organisationen der Konfessionsfreien<br />
über deren Interessen und Belange<br />
auf eine Weise, wie dies bisher mit den Kirchen<br />
erfolgt? Werden Sie dafür eintreten,<br />
dass die Ansprüche einer selbsternannten<br />
christlichen „Leitkultur“ für alle Menschen<br />
in unserer Gesellschaft ohne Rücksicht auf<br />
ihre eigenen Bekenntnisse und Traditionen<br />
dauerhaft zurückgewiesen werden?<br />
3. Die Mitgliedsbeiträge zu den christlichen<br />
Kirchen werden in Deutschland als „Kirchensteuer“<br />
vom Staat eingezogen. Diese<br />
Einbindung des Staates in wesentliche Organisationsformen<br />
von Glaubensgemeinschaften<br />
ist den meisten europäischen Staaten<br />
fremd. Sind Sie im Zuge des Zusammenwachsens<br />
Europas für eine Abschaffung<br />
dieser deutschen Kirchenprivilegien?<br />
4. Kirchliche Unternehmen sind arbeitsrechtlich,<br />
steuerlich und gebührenrechtlich<br />
bevorzugt gegenüber den Organisationen<br />
der Konfessionsfreien und gewerblichen<br />
Unternehmen, z.B. durch besonderes<br />
kirchliches Arbeitsrecht, fehlende Mitbestimmung,<br />
Freistellung von Grunderwerbsteuern,<br />
Subventionierung durch Privilegierung<br />
des Kirchensteuerabzugs als Sonderabschreibung<br />
usw. Sind Sie bereit, sich hier<br />
im Zuge der angestrebten Reformen (etwa<br />
im Steuerrecht) für eine Gleichbehandlung<br />
einzusetzen? Welche Änderungen streben<br />
Sie auf diesem Feld an?<br />
5. Der HVD tritt für ein schulisches Pflichtfach<br />
ein, das allen Kindern und Jugendlichen<br />
eine gemeinsame Grundbildung zu<br />
Fragen der Ethik und zu Religionen und<br />
Weltanschauungen vermittelt. Darüber hinaus<br />
soll den Schülerinnen und Schülern<br />
die Wahlfreiheit zwischen verschiedenen<br />
Angeboten eines konfessionellen Religionsunterrichts<br />
und dem weltanschaulichen<br />
Fach Humanistische Lebenskunde gewährt<br />
werden. Der HVD ist Träger des Unterrichtsfachs<br />
Humanistische Lebenskunde,<br />
das bereits in einigen Bundesländern von<br />
den Schülerinnen und Schülern gewählt<br />
werden kann. Sind Sie bereit, sich zum einen<br />
für dieses Modell der Wahlfreiheit und<br />
zum anderen für das Pflichtfach politisch<br />
einzusetzen, welches allen eine gemeinsame<br />
Grundbildung vermittelt?<br />
6. Werden Sie sich für die Beibehaltung der<br />
Schwangeren-Konfliktberatung und weitere<br />
öffentliche Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen<br />
einsetzen?<br />
7. Die Säkularität des Grundgesetzes und<br />
die darin zum Ausdruck gebrachte religiösweltanschauliche<br />
Pluralität staatlicher Tätigkeit<br />
muss auch beim öffentlichen Auftreten<br />
seiner Repräsentanten und bei öffentlichen<br />
Feiern Berücksichtigung finden. Heute<br />
werden Religionslose und Andersgläubige<br />
bei den öffentlichen Festformen ausgeschlossen<br />
bzw. „ökumenisch“ vereinnahmt.<br />
Werden Sie sich dafür einsetzen, die Meinung<br />
und Trauer nichtreligiöser Menschen<br />
bei Unglücksfällen und Katastrophen zu<br />
respektieren? Sind Sie bereit, an einem neuen,<br />
pluralistischen Kapitel der öffentlichen<br />
Erinnerungs-, Gedenk- und Trauerkultur<br />
mitzuarbeiten?<br />
8. In den öffentlich-rechtlichen Medien<br />
besitzen die Kirchen außergewöhnliche<br />
Mit-spracherechte und Sendezeiten, vom<br />
Kirchenfunk über das „Wort zum Sonntag“<br />
bis hin zur Übertragung von Kulthandlungen.<br />
Befürworten und unterstützen Sie die<br />
religiös-weltanschauliche Pluralität der Berichterstattung?<br />
Werden Sie sich im Rahmen<br />
der landesrechtlichen Regelungen für<br />
die Mitsprache säkularer Verbände in den<br />
Medienräten einsetzen?<br />
9. Die christlichen Soldaten der Bundeswehr<br />
erhalten Beistand bei Lebenskonflikten<br />
durch staatlich finanzierte Militärpfarrer.<br />
In den Niederlanden z.B.<br />
garantiert und finanziert der<br />
Staat den Soldaten humanistische<br />
Lebensberater, die von<br />
den Organisationen der Konfessionsfreien<br />
angestellt und<br />
ihnen verantwortlich sind.<br />
Unterstützen Sie die Einführung<br />
eines Modells der Konfliktberatung<br />
nach diesem<br />
Muster? Im Hinblick auf die<br />
Unterrichtung der Soldaten<br />
fragen wir: Wie sehen Ihre<br />
Vorstellungen aus, den im<br />
Wesentlichen christlich geprägten<br />
„Lebenskundlichen<br />
Unterricht“ durch einen neutralen<br />
Ethikunterricht und<br />
überkonfessionelle Lehrkräfte<br />
zu ersetzen? l<br />
ausblIcke<br />
3/2009 19
Gutes Leben nach eigenen Maßstäben –<br />
25 Jahre Humanistische Lebenskunde<br />
Berlin – 1984 wurde das freiwillige Fach Humanistische Lebenskunde<br />
an den (West)Berliner Schulen wieder eingeführt; die Geschichte<br />
des Schulfachs reicht allerdings bis 1920 zurück. Aus<br />
Anlass dieses Jubiläums lud der Berliner <strong>Verband</strong> zum Kongress<br />
„Humanismus. Erziehung zu Freiheit und sozialer Verantwortung“.<br />
Gleichzeitig präsentierte sich die Lebenskunde mit mehreren Angeboten.<br />
Kinderrechte<br />
Am 1. Juli zeigten 135 Lebenskundeschüler ihre<br />
Arbeitsergebnisse zum Thema Kinderrechte. Für einen<br />
großen Markt der Möglichkeiten hatten sie Stände<br />
vorbereitet zu ausgewählten Kinderrechten aus den<br />
Bereichen Überleben, Schutz, Entwicklung und<br />
Beteiligung. Außerdem nahmen Schülergruppen an<br />
Theater- und Hiphop-Workshops teil und besuchten den<br />
Kindernotdienst. Alle Schüler und Schülerinnen beteiligten<br />
sich an einer Kinderrechtewahl.<br />
Festival der Lebenskundefilme<br />
Am Donnerstag, dem 2. Juli fand das<br />
Lebenskundefilmfestival statt. In einem bekannten Berliner<br />
Kino führten 120 Schüler ihre selbstgedrehten Filme zum<br />
Thema „Erforschen und entdecken“ vor. Nach jedem Film<br />
gab es Gelegenheit, die Lebenskundegruppe zu ihrem Film<br />
zu befragen. Als Gäste begrüßten die Kinder Besucher aus<br />
Belgien und den Niederlanden, die zum Kongress<br />
angereist waren.<br />
22<br />
3/2009<br />
Zweitägiger Kongress<br />
Donnerstag und Freitag (2./3.Juli) fand schließlich – in<br />
Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Unie<br />
Vrijzinnige Vereinigingen und der European Humanist<br />
Federation – der Kongress „Humanismus. Erziehung zu<br />
Freiheit und sozialer Verantwortung“ statt. Kann man ein<br />
Leben nach Maßstäben der Vernunft lernen? Oder,<br />
vorsichtiger formuliert, wie kann Pädagogik dafür einen<br />
Beitrag leisten? Für diese Fragestellung des Kongress gab<br />
es viele Anregungen, unterschiedliche Antworten und auch<br />
vorläufige Antworten. Und diejenigen unter den Referenten,<br />
die den Lebenskundeunterricht bisher wenig kannten,<br />
haben Interesse entwickelt und Lust auf weitere<br />
Zusammenarbeit signalisiert.<br />
In zwei Podiumsdiskussionen (u.a. mit H. Schnädelbach,<br />
J. Nida-Rümelin, R. Buitenweg, M. Bongardt, M. Brumlik,<br />
S. Eggericks) ging es um das Verhältnis von<br />
Weltanschauung und Philosophie als Kernelemente des<br />
Humanismus und um die Frage, inwieweit humanistische<br />
Erziehung auf individuelle und gesellschaftliche Quellen der<br />
Moral zurückgreifen kann und was Lebenskunde – im<br />
Vergleich mit dem staatlichen Ethikunterricht – zum<br />
Bekenntnisfach macht.<br />
Am zweiten Tag referierte M. Brumlik über Freiheit, Macht<br />
und Autorität in der Pädagogik. Der Beitrag von J. Bauer<br />
wurde von den anwesenden Lebenskundelehrern als<br />
besonders wohltuend empfunden, machte er ihnen doch<br />
Mut für ihre tägliche, schwere Arbeit. Bauer gehört zu den<br />
Forschern, die neurobiologische Forschungsergebnisse für<br />
die pädagogische Arbeit aufbereiten, ohne zu einem<br />
medizinischen Reduktionismus zu kommen, der eher<br />
chemische als pädagogische Lösungen nahelegen würde.<br />
<strong>Das</strong> Gehirn ist für ihn ein „Beziehungsorgan“, das durch<br />
Sozialisation geprägt wird und zugleich notwendige<br />
Aspekte der pädagogischen Beziehung erfordert. Diese ist<br />
gerade im Lebenskundeunterricht neben der Didaktik von<br />
Inhalten, Zielen und Methoden ein wesentliches Element<br />
der Arbeit. Dabei muss man natürlich berücksichtigen,<br />
dass Lehrerinnen nicht innerhalb von „Zweierbeziehungen“<br />
agieren, sondern es immer mit einer Gruppe von Schülern<br />
zu tun haben; zugleich stehen die Schüler in Beziehungen<br />
untereinander, welche für die moralische Entwicklung<br />
Bedeutung haben. Nicht zuletzt deshalb ist die Erfahrung<br />
von Selbstbestimmung und Verantwortung eine wichtige<br />
Lerndimension des Lebenskundeunterrichts.<br />
Zur Anregung der Diskussionen gibt diesseits hier eine<br />
Kurzfassung von Bauers Vortrag wieder.
Joachim Bauer<br />
n Ergebnisse der modernen Neurobiologie<br />
führten zur Wiederentdeckung der zentralen<br />
Rolle der Beziehung für die kindliche<br />
bzw. jugendliche Motivation. Entscheidende<br />
Vor aussetzung für die biologische<br />
Aktivierung der Motivationssysteme ist die<br />
pädagogische Beziehung. Kern der pädagogischen<br />
Beziehung ist ein Spiegelungsgeschehen,<br />
welches ebenfalls neurobiologische<br />
Grundlagen hat. Nährboden für Destruktivität<br />
und Gewalt sind, wie neurobiologische<br />
und soziologische Studien übereinstimmend<br />
zeigen, verweigerte soziale Akzeptanz<br />
und Ausgrenzung.<br />
Die Motivationssysteme des Gehirns<br />
Die Motivationssysteme des Gehirns sind<br />
im Mittelhirn, also an zentraler Stelle gelegene<br />
Nervenzell-Netzwerke. Ihre Spezialität<br />
ist die Herstellung und Ausschüttung<br />
eines Botenstoff-Cocktails, der uns das<br />
fühlen lässt, was für die Erledigung unserer<br />
täglichen Arbeit unerlässlich ist: Vitalität<br />
und Motivation, also die Lust etwas<br />
zu tun. Dopamin hat die Wirkung einer<br />
Leistungsdroge, endogene Opioide als<br />
zweite Komponente verbinden das Prinzip<br />
der Kraft mit dem des Wohlbefindens, während<br />
das „Freundschaftshormon“ Oxytocin<br />
– als dritter Bestandteil des Cocktails – die<br />
Motivation an die Qualität der Beziehung<br />
koppelt, die wir mit unserem jeweiligen Gegenüber<br />
haben, was bedeutet, dass wir besonders<br />
dort motiviert sind, wo wir für bzw.<br />
mit solchen Menschen etwas tun können,<br />
mit denen wir uns zwischenmenschlich verbunden<br />
fühlen.<br />
Die Motivationssysteme werden nicht<br />
von alleine aktiv. Die Ausschüttung des motivierenden<br />
Botenstoff-Cocktails erfordert<br />
eine vorherige Aktivierung. Was die Motivationssysteme<br />
des menschlichen Gehirns<br />
aktiviert, ist die Beachtung, das Interesse,<br />
die Zuwendung und die Sympathie anderer<br />
Menschen, was sie inaktiviert ist soziale<br />
FORUM<br />
Beziehungsgestaltung als<br />
Voraussetzung von Motivation<br />
Die Schule aus dem Blickwinkel der Neurobiologie<br />
Zentrale Herausforderungen, denen sich Lehrkräfte gegenübersehen, betreffen die Erzeugung<br />
von Motivation und den Umgang mit Destruktivität. Beide Phänomene haben eine<br />
neurobiologische Grundlage.<br />
Joachim Bauer<br />
Ausgrenzung und Isolation. <strong>Das</strong> Gehirn<br />
macht aus Psychologie Biologie, oder anders<br />
ausgedrückt: Die stärkste Motivationsdroge<br />
für den Menschen ist der andere Mensch.<br />
Dies bedeutet: Es gibt keine Motivation<br />
ohne zwischenmenschliche Beziehung.<br />
Menschen sind in ihren zentralen Motivationen<br />
auf soziale Akzeptanz hin orientierte<br />
Wesen, ein Umstand, der in der neurobiologischen<br />
Szene der USA den Begriff des<br />
„social brain“ entstehen ließ.<br />
Für den pädagogischen Alltag bedeutsam<br />
sind die neurobiologischen Effekte von<br />
sozialer Ausgrenzung und Demütigung: Sie<br />
beschränken sich nicht nur auf eine biologische<br />
Lähmung des Motivationssystems.<br />
Neuere Untersuchungen zeigen, dass Ausgrenzung<br />
aus der Sicht des Gehirns ähnlich<br />
wahrgenommen wird wie absichtsvoll zugefügter<br />
körperlicher Schmerz. Da zugefügter<br />
körperlicher Schmerz ein potenter Auslöser<br />
von Aggression ist, wird verständlich, warum<br />
3/2009 23
Lebenskundekongress in der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
auch soziale Ausgrenzung bzw. Bindungslosigkeit<br />
aggressives Verhalten begünstigt: <strong>Das</strong><br />
Gehirn macht keine bzw. kaum eine Unterscheidung<br />
zwischen körperlichem und<br />
psychischem Schmerz und beantwortet daher<br />
beides mit Aggression. Dies bedeutet:<br />
Überall dort, wo wir aggressivem Verhalten<br />
von Schülern entgegentreten müssen, sollten<br />
wir dies zwar mit Entschiedenheit tun.<br />
Wir sollten dabei aber die Betroffenen nicht<br />
demütigen, sondern etwas gegen ihre soziale<br />
Ausgrenzung oder Bindungslosigkeit tun,<br />
die oft den Hintergrund aggressiven Verhaltens<br />
bilden.<br />
Die neurobiologische Grundlage<br />
von „Beziehung“: <strong>Das</strong> System der<br />
Spiegelnervenzellen<br />
Um im Gehirn Motivation hervorzurufen,<br />
bedarf es gelingender zwischenmenschlicher<br />
Beziehungen. „Beziehung“ wird uns<br />
24<br />
3/2009<br />
Menschen nicht auf dem silbernen Tablett<br />
serviert, wir müssen sie selbst gestalten.<br />
Beziehung gründet – soweit es die Begegnung<br />
zwischen Pädagogen und Kindern<br />
bzw. Jugendlichen betrifft – auf einer Balance<br />
zwischen verstehender Zuwendung<br />
und Führung. Natürlich ließen sich noch<br />
weitere wichtige Komponenten des Beziehungsgeschehens<br />
nennen. Für die beiden<br />
genannten Komponenten ist das System<br />
der Spiegelnervenzellen, dessen Existenz<br />
erst Mitte der 90er-Jahre entdeckt wurde,<br />
von entscheidender Bedeutung.<br />
Spiegelnervenzellen sind ein neurobiologisches<br />
Resonanzsystem. Eine Spiegelzelle<br />
(bzw. ein Spiegelzell-Netzwerk) verhält sich<br />
wie die in Ruhe befindliche Saite einer Gitarre,<br />
die jedoch plötzlich in Schwingung gerät,<br />
wenn eine auf den gleichen Ton gestimmte<br />
andere Saite angezupft und zum Klingen<br />
gebracht wurde. Spiegelzellen sind Nerven-<br />
zellen, die im eigenen Körper eine bestimmte<br />
Handlung steuern könnten, zugleich aber<br />
– auf eine stille, unmerkliche Weise – auch<br />
dann in Aktion treten, wenn die von ihnen<br />
kodierte Handlung bei einem anderen Menschen<br />
beobachtet wird. Spiegelneurone sind<br />
Zellen, die im eigenen Körper bei einem bestimmten<br />
Gefühl (Freude, Trauer, Schmerz)<br />
tätig werden würden, die aber auch dann<br />
„klingen“, wenn wir das jeweilige Gefühl<br />
bei einem anderen Menschen erleben. Der<br />
Spiegelvorgang unterliegt keiner bewussten<br />
Kontrolle, er läuft „präreflexiv“ ab, d. h.<br />
ohne dass wir gedankliche oder sonstige intellektuelle<br />
Willensakte vollführen müssten.<br />
Spiegelzellen vermitteln zweierlei: 1. Indem<br />
sie in uns in Resonanz gehen, informieren<br />
sie uns mit einem in uns ausgelösten Gefühl<br />
(mit einer Intuition) über das, was sich im<br />
anderen Menschen abspielt; 2. zusätzlich<br />
haben Spiegelzellen aber auch die Tendenz,
uns „anzustecken“: Sie können uns mit der<br />
Stimmung eines anderen „infizieren“ (z. B.<br />
mit guter Laune oder mit Energie, ebenso<br />
aber mit einem Gefühl der Müdigkeit oder<br />
Apathie).<br />
Spiegelnervenzellen sind die neurobiologische<br />
Grundlage für das „Lernen am<br />
Modell“, welches bereits vor über drei Jahrzehnten<br />
vom kanadischen Psychologen Albert<br />
Bandura formuliert wurde. Sehen wir<br />
einen anderen Menschen etwas tun, führt<br />
dies zur stillen Aktivierung von Nervenzellen,<br />
die wir benützen müssten, wenn wir<br />
die beobachtete Handlung selbst ausführen<br />
würden. <strong>Das</strong> meiste, was Jugendliche – aber<br />
auch Erwachsene – lernen, geht über das<br />
„Lernen am Modell“. Spiegelzellen sind<br />
verantwortlich dafür, dass alles, was Kinder<br />
– als gute oder als schlechte Modelle (z. B.<br />
in den Medien) – sehen, Folgen hat. Dieser<br />
Mechanismus lässt sich aber für die pädagogische<br />
Beziehung auch nutzbar machen.<br />
Der Kern der pädagogischen<br />
Beziehung: Spiegelung<br />
Kinder und Jugendliche wollen spüren,<br />
dass sie von ihren Lehrern und Lehrerinnen<br />
verstanden werden. Sie suchen unbewusst<br />
nach der Resonanz, die sie in ihren Lehrkräften<br />
auslösen. Kinder und Jugendliche<br />
suchen unbewusst nach Antworten auf unausgesprochene<br />
Wünsche, welche lauten: 1.<br />
Zeige mir, dass ich da bin, lass mich spüren<br />
dass es mich gibt! 2. Zeige mir, wer ich bin,<br />
beschreibe meine starken und schwachen<br />
Seiten! Lobe mich, aber kritisiere mich auch!<br />
3. Zeige mir, was meine Entwicklungsmöglichkeiten<br />
sind, was aus mir werden kann!<br />
Zeige mir, was Du mir zutraust! Die Antworten<br />
auf diese Fragen entnehmen Kinder<br />
und Jugendliche nicht den Sonntagsreden,<br />
die wir an sie richten, sondern der Art und<br />
Literaturtipps zu Joachim Bauer<br />
Warum ich fühle, was du fühlst : Intuitive<br />
Kommunikation und das Geheimnis<br />
der Spiegelneurone. – Heyne Taschenbuch,<br />
2006<br />
Prinzip Menschlichkeit : Warum wir<br />
von Natur aus kooperieren. – Hoffmann<br />
und Campe, 2006<br />
Lob der Schule : Sieben Perspektiven für<br />
Schüler, Lehrer und Eltern. – Hoffmann<br />
und Campe, 2007<br />
Weise, wie wir Erwachsene im ganz normalen<br />
Alltag mit ihnen umgehen. <strong>Das</strong><br />
Geheimnis, ja die Magie guter Pädagogik<br />
ist: Jugendliche, die sich wahrgenommen<br />
und einfühlsam verstanden fühlen und die<br />
spüren, dass man leidenschaftlich an ihre<br />
Zukunft glaubt, vertragen es, dass man auch<br />
ihre Schwächen klar benennt und sie bei<br />
Bedarf durchaus auch kritisiert!<br />
Verstehende Zuwendung ist nur die eine<br />
Seite der pädagogischen Beziehung. Lehrkräfte<br />
müssen auch führen. Führen heißt,<br />
Ausstrahlung zu zeigen und Kinder/Jugendliche<br />
zu veranlassen, ihrerseits in Resonanz<br />
zur Lehrkraft zu gehen. Dies beinhaltet für<br />
Lehrer die Notwendigkeit, mit den Mitteln<br />
der Körpersprache (Art des Stehens und<br />
Gehens, Stimme, Blickverhalten, Mimik)<br />
deutlich zu machen, dass man präsent und<br />
gewillt ist, als Person zu sich zu stehen, für<br />
die eigenen Vorstellungen einzutreten und<br />
diesen Gehör zu verschaffen. Schüler sehen<br />
bereits am Auftreten des Lehrers bzw. der<br />
Lehrerin, ob eine Lehrkraft Selbstvertrauen<br />
oder Angst hat, ob sie selbstbewusst ist oder<br />
sich am liebsten verdrücken würde. Die Bereitschaft,<br />
als Mensch erkennbar zu sein und<br />
sich „sehen“ zu lassen, spielt beim Auftreten<br />
im Klassenzimmer eine entscheidende<br />
Rolle. Wenn Pädagogen sich als Menschen<br />
erkennbar machen und Ausstrahlung entfalten,<br />
hinterlassen sie im Spiegelsystem des<br />
Jugendlichen – Lernen am Modell! – ein<br />
Skript. Auch dann, wenn Jugendliche mit<br />
den „Ansagen“ des Pädagogen immer wieder<br />
in Konflikt geraten, wenn sie Opposition<br />
zeigen, die Standfestigkeit des Pädagogen<br />
testen und ihre Kräfte an ihm erproben,<br />
wird dieses Skript unmerklich zu einem Teil<br />
der Identität des Jugendlichen.<br />
Zusammenfassung<br />
Motivation ist ein neurobiologisch fundiertes<br />
Geschehen. Motivation können Kinder<br />
und Jugendliche nur aufbauen, wenn sie<br />
persönliche Beachtung und Interesse spüren.<br />
Wahrgenommen und „gesehen“ zu werden,<br />
setzt verbindliche zwischenmenschliche Beziehungen<br />
des Jugendlichen zu seinen Lehrern<br />
und Lehrerinnen (aber auch zu seinen<br />
Eltern!) voraus. Wesentliche Komponenten<br />
von „Beziehung“ sind Spiegelungsakte: Jugendliche<br />
nehmen zum einen in sich das<br />
(Spiegel-)Bild dessen auf, das ihnen durch<br />
(gute oder schlechte) Vorbilder zufließt.<br />
Zum anderen achten Jugendliche darauf,<br />
welches Bild sie ihrerseits in der Wahrneh-<br />
Horst Groschopp (Hrsg.)<br />
„Los von der Kirche!“<br />
Adolph Hoffmann und die Staat-Kirche-<br />
Trennung in Deutschland<br />
Schriftenreihe der Humanistischen<br />
Akademie Berlin, Bd. 2<br />
Alibri Verlag<br />
Aschaffenburg 2009<br />
ca. 150 Seiten, kartoniert<br />
ca. 30 Abb., ca. 15 Euro<br />
Erscheinungstermin: Herbst 2009<br />
Anzeige<br />
Adolph Hoffmann (1858-1930)<br />
gehörte zum linken Flügel der SPD<br />
und war Mitbegründer der USPD. Als<br />
Mitglied der preußischen Regierung<br />
sorgte er 1918 wesentlich für die<br />
Umsetzung der Trennung von Staat<br />
und Kirche in Deutschland. Zuvor war<br />
Hoffmann in der sozialdemokratischen<br />
Kirchenaustrittsbewegung aktiv und<br />
veröffentlichte zahlreiche populäre<br />
kirchenkritische Schriften.<br />
Der Sammelband stellt Hoffmanns Wirken<br />
in der freidenkerischen Kulturbewegung<br />
vor.<br />
Inhalt:<br />
Horst Groschopp: Adolph Hoffmann aus<br />
heutiger Sicht<br />
Gernot Bandur: Adolph Hoffmann – Leben<br />
und Werk: Freireligiöser, sozialistischer<br />
Verleger und Politiker<br />
Eckhard Müller: Adolph Hoffmann und die<br />
deutsche Sozialdemokratie<br />
Michael Schmidt: Adolph Hoffmann und<br />
die Trennung von Schule und Kirche in der<br />
Novemberrevolution<br />
Siegfried Heimann: Eine kleine<br />
Gedenkrede<br />
Manfred Isemeyer: Bürgerinnen und<br />
Bürger für Adolph Hoffmann<br />
Adolph Hoffmann: Minister Haenischs<br />
Gang nach Canossa (1919)<br />
Adolph Hoffmann: Unter den Linden 4<br />
(1920)<br />
mung ihrer Pädagogen erzeugen. Dieses<br />
Bild gibt dem Jugendlichen nicht nur eine<br />
Auskunft darüber, wer er ist, sondern vor<br />
allem auch darüber, welche Entwicklungspotenziale<br />
sich ihm eröffnen, also darüber,<br />
was er sich selbst zutrauen darf. l<br />
Joachim Bauer, 57, ist Universitätsprofessor und<br />
Oberarzt an der Abteilung Psychosomatische<br />
Medizin der Uniklinik Freiburg und Ärztlicher<br />
Direktor an der psychosomatischen Hochgrat-<br />
Klinik im Allgäu.<br />
3/2009 25
Jane Redlin<br />
n Lassen Sie mich mit einer kleinen Geschichte<br />
beginnen: Eines Tages übergab<br />
mir ein junger Mann ein kleines braunes,<br />
emalliertes Kännchen, verziert mit kleinen<br />
farbigen Blüten. Es ist wohl nicht untertrieben,<br />
es als außerordentlich schlicht zu<br />
bezeichnen. Er überbrachte es mit der Bitte<br />
der Mutter, diesen Topf in der Sammlung<br />
des Museums Europäischer Kulturen zu<br />
bewahren, weil es das letzte übrig gebliebene<br />
Hochzeitsgeschenk war. Was hier<br />
passierte, war nicht die übliche Übergabe<br />
eines Objekts in eine museale Sammlung.<br />
Es war eine symbolische Handlung, der<br />
Versuch, eine Form des Umgangs mit dem<br />
Tod, dem Verlust eines sehr vertrauten<br />
Menschen zu finden. Es war für die Witwe,<br />
aber auch für den Sohn ein Akt des<br />
Festhaltens, des für immer Bewahrens von<br />
etwas, was durch den Tod im Verschwinden<br />
begriffen war.<br />
Neuorientierung zwingend<br />
Denkt ein Ethnologe also über säkulare Totenkultur<br />
nach, dann stellt er sich u.a. folgende<br />
Fragen: Welcher Rituale bedient sich<br />
der säkulare Mensch im Todesfall? Woher<br />
kommen die Rituale und welche Funktion<br />
erfüllen sie – oder auch nicht? Was bilden<br />
sie ab hinsichtlich der inneren Konstitution<br />
der Gesellschaft und der Position des Einzelnen<br />
und der Gruppe in ihr?<br />
Im Folgenden möchte ich kurz einige<br />
Gedanken zu diesen Fragen formulieren.<br />
Bei den Überlegungen zu Notwendigkeit<br />
und Funktion säkularer Bestattungsrituale<br />
sollte zunächst die Tatsache reflektiert werden,<br />
dass für den Menschen, unabhängig<br />
davon, ob er an ein Leben nach dem Tod<br />
glaubt oder nicht, der Tod eines nahestehenden<br />
Menschen immer eine Veränderung<br />
und Irritation darstellt. Er ist ein Bruch, ein<br />
entscheidender Einschnitt in das gewohnte<br />
Leben, dem eine Neuorientierung zwingend<br />
26<br />
3/2009<br />
FORUM<br />
Kännchen, Kerzen,<br />
Friedhofsbilder<br />
Gedanken zur weltlichen Bestattungskultur<br />
aus ethnologischer Sicht<br />
folgen muss. Solche emotionalen und sozialen<br />
Übergänge und Veränderungen gibt es<br />
in der Biografie eines Menschen häufig. Zu<br />
den klassischen Übergängen gehören neben<br />
dem Tod die Geburt, der Eintritt in das<br />
Erwachsenenalter und die Hochzeit. Um<br />
diese Sprünge in der Biographie zu kennzeichnen,<br />
die ja etwas Besonderes darstellen,<br />
haben sich die Menschen, die kulturellen<br />
und religiösen Gruppen etwas Besonderes<br />
einfallen lassen. Sie haben Rituale des Übergangs<br />
geschaffen.<br />
Was sind Übergangsrituale?<br />
Übergangsrituale markieren zeitliche, soziale<br />
und biografische Übergänge und bedienen<br />
sich dabei ritueller Formen, das heißt<br />
vorgeschriebener, aber nicht unveränderlicher<br />
Handlungsabläufe, die als symbolische<br />
Handlungen charakterisiert sind. Zu den<br />
wichtigsten Aufgaben des Übergangsrituals<br />
gehört neben der Kennzeichnung des<br />
sozialen Statuswechsels die stabilisierende<br />
Begleitung zeitweise instabiler Zustände<br />
des Individuums und der Gesellschaft. Säkulare<br />
Übergangsrituale sind aber nicht nur<br />
„symbolisches Krisenmanagement“, wie<br />
Wolfgang Kaschuba es formulierte. Sie verweisen<br />
in ihrer kulturhistorischen Betrachtung<br />
auch auf den engen Kontext von Ritus<br />
und Kultur.<br />
Totenrituale kennzeichnen also die eingetretene<br />
Veränderung nach Außen. Sie<br />
begleiten den Menschen und die Gemeinschaft<br />
in der Zeit dazwischen. Viele kennen<br />
dieses Gefühl, irgendwo dazwischen zu stehen,<br />
das alte Leben rückt auf Abstand. Man<br />
schaut auf es zurück und empfindet es als<br />
unwirklich. In der neuen Wirklichkeit ist<br />
man aber noch nicht angekommen. Es gibt<br />
noch keine neue Selbstverständlichkeit im<br />
Lebensgefühl.<br />
In dieser Zeit braucht der Mensch zusätzliche<br />
Stabilität. Er kann sie durch die<br />
Menschen erhalten, die um ihn sind, aber<br />
auch durch Handlungen, denen er einen<br />
besonderen Sinn gibt oder die ihm als<br />
Abläufe für diesen Zweck zur Verfügung<br />
gestellt werden. Bedarf es beim Bewahrungsakt<br />
durch das Emaillekännchen der<br />
Kreativität der Betroffenen, gibt es andere<br />
Formen der Totenrituale und Trauerkultur,<br />
denen man lediglich folgen muss, weil sie<br />
bekannt und tradiert sind. Dazu gehören<br />
die Rituale der Bestattung, insbesondere die<br />
Bestattungsfeier.<br />
Säkulare Totenrituale noch im<br />
Anfangsstadium<br />
Auch die weltliche Totenkultur kennt diese<br />
rituelle Form. Im Vergleich zur Jahrhunderte<br />
währenden Geschichte religiöser<br />
Rituale befinden sich die säkularen Totenrituale<br />
aber noch im Stadium der frühkindlichen<br />
Entwicklung. Ihre Anfänge liegen in<br />
Deutschland in der politischen Kultur antikirchlicher,<br />
freireligiöser und politischer Bewegungen<br />
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts,<br />
vor allem aber im 20. Jahrhundert.<br />
Bei ihrer Geburt hat sich insbesondere<br />
die organisierte Arbeiterschaft, aber auch<br />
das emanzipierte Bürgertum hervorgetan.<br />
Säkulare Totenrituale waren zunächst<br />
durch einen hohen Grad an Öffentlichkeit<br />
geprägt. Sie boten die Möglichkeit, im öffentlichen<br />
Raum antikirchliche, antireligiöse<br />
Haltungen zu propagieren und zu artikulieren.<br />
Die Fortsetzung dieser politisch<br />
inspirierten Tradition findet sich in der<br />
staatlichen Trauerkultur seit der Weimarer<br />
Republik bis heute. Die säkulare Totenkultur<br />
wurde vor allem in den Gesellschaften<br />
vorangetrieben, die nicht nur formal, sondern<br />
real eine Trennung zwischen staatlicher<br />
und religiöser, in Europa zumeist kirchlicher<br />
Macht vollzogen. In Staaten mit einer starken<br />
antikirchlichen Regierungspolitik wie<br />
beispielsweise in der DDR, wurden sie sogar
zum Fundament staatspolitischer Identität<br />
und Legitimation.<br />
Die säkularen Totenrituale entwickelten<br />
sich aber nicht nur auf der politischen<br />
Ebene. Parallel zu ihr entstanden auch für<br />
die privaten säkularen Bestattungen eigene<br />
Formen. Die Notwendigkeit der Entwicklung<br />
weltlicher Trauerfeiern hatte bereits<br />
die Freidenkerbewegung erkannt. Sie wollte<br />
damit nicht nur das Monopol religiöser,<br />
kirchlicher Institutionen hinsichtlich der<br />
kulturellen Betreuung der Übergangsrituale<br />
brechen. Sie sah auch, dass die Übergangsrituale<br />
einem Grundbedürfnis der Menschen<br />
entsprangen, das viele Menschen länger an<br />
die Kirche band, als es mit ihrem geschwundenen<br />
Glauben zusammenpasste. Seitdem<br />
hat sich der Anteil der säkularen Bevölkerung<br />
ständig erhöht. Es sind bereits mehrere<br />
Generationen „Nichtgläubiger“ herangewachsen,<br />
die außerhalb jeglicher Erfahrungen<br />
mit konfessioneller Sozialisation stehen.<br />
Die Bedeutung der säkularen Totenkultur<br />
und der Umfang ihres Gebrauchs sind also<br />
ständig gestiegen.<br />
Vorbilder aus dem Christentum<br />
Bei der Entwicklung der säkularen Trauerkultur,<br />
der öffentlichen wie der privaten,<br />
taten ihre Protagonisten das, was man üblicher<br />
Weise in solchen Situationen tut. Sie<br />
bedienten sich vertrauter Muster ritueller<br />
Feierabläufe und symbolischer Handlungen<br />
aus der sie umgebenden Kultur, passten<br />
diese ihren neuen Bedürfnissen an und füllten<br />
sie mit neuen Inhalten. In Deutschland<br />
stammten diese Vorbilder überwiegend aus<br />
der christlich-protestantisch geprägten Trauerkultur.<br />
Religiöse Inhalte wurden in diesem<br />
Prozess durch säkulare Aussagen ersetzt,<br />
wie die Predigt durch die weltliche Rede.<br />
Formen, bei denen dies nicht möglich war,<br />
verschwanden, wie die Psalmlesung und der<br />
Gemeindegesang. Andere Ritualteile wurden<br />
hingegen formal weitergeführt, ohne<br />
eine explizite atheistische Interpretation zu<br />
erfahren, wie der Erdwurf, insbesondere<br />
aber auch die klassische Trauermusik, der<br />
Blumenschmuck und die Kerzen. Was aus<br />
diesem Vorgehen entstand, ist die klassische<br />
Grundform säkularer Bestattungsfeiern wie<br />
wir sie heute kennen, erleben und selber<br />
praktizieren. Sie setzt sich aus dem funeralen<br />
Dreiklang Musik – Rede – Musik zusammen,<br />
ergänzt durch das Abschiedswort<br />
und den Erdwurf am Grab.<br />
Diese Grundstruktur findet sich auch<br />
bei den Staatsbegräbnissen. Hier allerdings<br />
quantitativ erweitert und ergänzt durch die<br />
Symbolkultur nationalstaatlicher Totenehrung,<br />
wie die Staatstrauer, die Staatsflagge<br />
und die Präsenz des Militärs, manchmal zusätzlich<br />
erweitert durch die Symbolkultur<br />
der herrschenden politischen Bewegung,<br />
etwa durch deren Fahnen und Musik.<br />
Forum der Abschiednahme<br />
Aus Sicht der Ethnologie stellt sich bei der<br />
Neuentwicklung der säkularen Bestattungsrituale<br />
die Frage nach deren Funktionserhalt<br />
als Übergangsritual. Die Funktion als<br />
Übergangsritual hat sich teilweise erhalten,<br />
zum anderen Teil ist sie aber verloren gegangen.<br />
Konkret: Die säkularen Bestattungsrituale<br />
kennzeichnen weiterhin den<br />
veränderten Status der Verstorbenen und<br />
der Hinterbliebenen in der Gemeinschaft.<br />
Die Trauerfeier, so sie stattfindet, ist das Forum<br />
der Abschiednahme vom Toten geblieben,<br />
in welcher der Tote eine persönliche<br />
Würdigung erfährt. In dieser Hinsicht kann<br />
man durchaus von einem Funktionserhalt<br />
sprechen. Dieser bleibt allerdings im Wesentlichen<br />
auf den Akt der Trauerfeier als<br />
Gedenkfeier beschränkt.<br />
In der Zeit zwischen Tod und Trauerfeier<br />
und in der nachfolgenden Trauerzeit<br />
hat die Begleitung der Hinterbliebenen<br />
bisher allerdings noch keine verbindliche<br />
Ritualisierung erfahren. Hier bewegt sich<br />
der Trauernde zwangläufig auf einem Experimentierfeld,<br />
manchmal unterstützt durch<br />
Vereine und Selbsthilfegruppen, besonders<br />
in der Trauerzeit nach der Beisetzung.<br />
Eine persönliche Form praktizierten Trauerrituals<br />
ist der „Altar“ im privaten Raum,<br />
ausgestattet mit dem Bild des Verstorbenen,<br />
dekoriert mit Blumen und Kerzen. Diese<br />
auch säkulare Form des Trauerrituals wird<br />
manchmal parallel zur Trauerkultur am<br />
Grab praktiziert. Oft steht sie aber allein,<br />
denn es ist unverkennbar, dass die Trauer<br />
zunehmend auf die Privatsphäre beschränkt<br />
ist und parallel dazu das Grab seine Funktion<br />
als Ort der Trauer verliert. Deutlich<br />
wird dies an der starken Zunahme der Beisetzungen<br />
in Urnengemeinschaftsanlagen,<br />
welche die individuelle Kennzeichnung des<br />
Einzelgrabs aufgeben. Möglicherweise bedarf<br />
es erst der persönlichen Erfahrung mit<br />
dieser Grabform, um eine rituelle Kehrtwende<br />
vorzunehmen und dem Grab als Ort<br />
der Trauer wieder einen größeren Raum zu<br />
geben. Wenn nicht, bleibt sie Symbol des<br />
veränderten Umgangs mit Tod und Trauer<br />
in der säkularen Gesellschaft. l<br />
Zum Weiterlesen: Redlin, Jane: Säkulare Totenrituale:<br />
Totenehrung, Staatsbegräbnis und private<br />
Bestattung in der DDR. – Münster; New<br />
York: Waxmann, 2009
28<br />
Nachgefragt<br />
n Säkulare Organisationen vereinen Atheisten<br />
(neue und alte), Humanisten (neue und<br />
alte), Agnostiker, Religionskritiker, Naturalisten,<br />
Freidenker, Freireligöse... und nicht<br />
immer und jedem sind die Unterschiede<br />
geläufig oder vermittelbar. Wenn hier schon<br />
die Sprache versagt, wie gehen Gehörlose<br />
damit um?<br />
Diesseits befragte Karin Kestner, Herausgeberin<br />
des ersten verbindlichen Wörterbuchs<br />
der deutschen Gebärdensprache,<br />
ob auch Begriffe wie Atheist und Humanist<br />
durch eine Gebärde dargestellt werden können.<br />
3/2009<br />
Abgeschüttelt<br />
„Humanisten gibt es im Lexikon nicht.<br />
Aufgrund der unterschiedlichen Begriffsnutzung<br />
ist dies nicht eindeutig möglich.<br />
Behelfen kann man sich, in dem man die<br />
Gebärden für ‚human/würdevolles Verhalten’<br />
(20993) und ‚Mensch’ (13967) zusammensetzt.<br />
<strong>Das</strong> ist ein übliches Verfahren.<br />
Aus 18.000 Gebärden kann man analog<br />
der deutschen Sprache beliebig viele zusammengesetzte<br />
Gebärden entwickeln, wodurch<br />
leicht ein Wortschatz von 250.000<br />
Wörtern entsteht.<br />
Mit ‚Atheist’ kann ich dienen. Bei der<br />
Gebärde Nr. 20134 werden die Hände<br />
seitwärts vom Kopf ungefähr in Höhe der<br />
Schläfen (Glauben/glauben) nach unten<br />
geführt und leicht geschüttelt (los). Daraus<br />
entsteht eine ikonische Gebärde, die bildhaft<br />
verstanden werden kann.“<br />
Im Übrigen gibt es auch regionale Unterschiede<br />
in den Gebärden. Während in<br />
südlichen Bundesländern die Hände zum<br />
Gebet gefaltet werden, wenn man das Wort<br />
„Sonntag“ gebärden will, streichen in nördlicheren<br />
Regionen die Hände den Sonntagsanzug<br />
glatt. l<br />
Verlag Karin Kestner, 2009, ISBN: 978-3-<br />
9812004-1-6, Medium: DVD-Rom, Inhalt:<br />
18.000 Wörter und Videos, System: Win XP<br />
oder Vista, und Mac OS X 10.3-10.5<br />
Einzelplatzlizenz € 97,00
Ralf Bachmann<br />
n Düsseldorf brauchte fast zwei Jahrhunderte,<br />
bis es langsam anfing, auf Heinrich<br />
Heine auch ein wenig stolz zu sein, in Lübeck<br />
tat man sich lange genug schwer mit<br />
Thomas Mann, Bert Brecht war längst<br />
weltberühmt und tot, als sich Augsburg<br />
endlich entschloss, ihm die Ehren zu erweisen,<br />
die ihm gebührten. Anna Seghers ist<br />
es mit Mainz lange Zeit nicht viel besser<br />
ergangen.<br />
Natürlich gibt es bei am Ende Unumstrittenen,<br />
von Gesellschaft, Kirche und Adel<br />
(manchmal zähneknirschend) Akzeptierten<br />
auch umgekehrte Fälle. In „Kleinparis“<br />
erweckte man gern den Eindruck, Johann<br />
Sebastian Bach und Johann Wolfgang Goethe<br />
seien ebenso mit Pleißewasser getauft<br />
wie der „echte“ Leipziger Richard Wagner,<br />
obwohl beide nur dort gastiert hatten, der<br />
eine als Thomaskantor, der andere als leichtlebiger<br />
Student. Im aktuellen Katalog des<br />
Wiener Zentralfriedhofs wird der in Bonn<br />
geborene, aber in Wien beerdigte Ludwig<br />
van Beethoven sogar unter „unsterbliche<br />
Österreicher“ registriert – eine doppelte<br />
Unwahrheit.<br />
Mehr Spott als Lohn für die treue<br />
Heimatstadt<br />
Mit dem Schriftsteller, Kabarettisten und<br />
Maler Joachim Ringelnatz, der 2008 seinen<br />
125. Geburtstag hatte und seit dessen Todestag<br />
nun 75 Jahre vergangen sind, ist die<br />
Sache komplizierter. Sein Lebenslauf und<br />
sein Ruhm gleichen einer Achterbahn. Mal<br />
war er sehr, mal überhaupt nicht gefragt,<br />
und als er am 17. November 1934 an einer<br />
zu spät behandelten Lungentuberkulose<br />
starb, folgten in Berlin gerade mal neun<br />
Trauernde seinem Sarge. Die Nazis hatten<br />
dem links denkenden Satiriker Auftrittsverbot<br />
erteilt, seine Bücher verbrannt und seine<br />
Bilder als entartete Kunst verfemt. Er war<br />
so verarmt, dass Freunde zu Spenden für<br />
MAGAZIN<br />
<strong>Das</strong> Wunderland<br />
beim Strumpfenband<br />
Joachim Ringelnatz und die Stadt an der Wurze<br />
Mit ihren großen Söhnen und Töchtern haben einige Geburtsorte Probleme gehabt, die uns<br />
Heutigen unbegreiflich erscheinen. Vor allem bei Künstlern war es entweder die den gutbürgerlichen<br />
Rahmen sprengende Persönlichkeit oder auch die politische Sprengkraft des<br />
Werkes, die den Stadtvätern Kopfzerbrechen bereitete.<br />
sein Überleben aufriefen. Vergebens. Selbst<br />
an den wichtigsten Orten seines Wirkens<br />
wie München, Hamburg/Cuxhaven, Leipzig<br />
und Berlin zuckte man nur verlegen die<br />
Achseln, wenn sein Name genannt wurde.<br />
Mittlerweile ist das ganz anders. Ringelnatz<br />
lebt in seinen Werken weiter. Vor allem seine<br />
humorvollen Lebensweisheiten in Gedichtform<br />
sind gefragter denn je. Die Folge:<br />
Alle Ringelnatzstädte und selbst solche, die<br />
es nur gern wären, überbieten einander, ihn<br />
zu ehren.<br />
Einzig eine jedoch kann das reinen<br />
Gewissens tun, nämlich des Künstlers<br />
Geburtsstadt Wurzen, die ihm immer die<br />
Treue wahrte, wenngleich er hier gerade<br />
mal die ersten vier Lebensjahre zubrachte<br />
und sie mehr Spott als Lohn für ihre Anhänglichkeit<br />
erfuhr. Der Düsseldorfer „Mit-<br />
tag“ vermerkte 1925 in einer Ringelnatz-<br />
Würdigung: „Geboren wurde er aber in<br />
Wurzen, der Stadt, die damit zum dritten<br />
Male für die Weltgeschichte etwas bedeutete.<br />
Denn einmal erwähnt sie Goethe im<br />
Urfaust. Dann hat Napoleon vor der Leipziger<br />
Schlacht dort geschlafen. Und nun<br />
hat sie uns Ringelnatz geschenkt.“ Lassen<br />
wir die Großstadtarroganz gegenüber einer<br />
immerhin Tausendjährigen beiseite. Die<br />
Fakten stimmen. Im Urfaust gibt es in der<br />
Szene in Auerbachs Keller den Satz: „Bey<br />
Wurzen ists fatal, da muß man so lang auf<br />
die Fähre manchmal warthen.“ Auch wenn<br />
er das später gestrichen hat, der Satz zeigt,<br />
dass Goethe Wurzen und seine Probleme<br />
kannte. Die Fähre benötigte man über die<br />
Mulde, obwohl Ringelnatz schrieb, er sei in<br />
Wurzen an der Wurze geboren. Eine Wurze<br />
3/2009 29
gibt es so wenig wie die Knatter, an der Kyritz<br />
liegen soll.<br />
Wer war dieser Ringelnatz? Jeder glaubt<br />
,ihn zu kennen, aber jeder kennt einen anderen<br />
und auch den nur halb. Er war nicht<br />
nur der Dichter der unvermindert populären<br />
Lieder vom Seemann „Kuttel Daddeldu“<br />
und ungezählter philosophisch-heiterer<br />
und skurril-absurder Aphorismen in Versen.<br />
Vom armen Sauerampfer am Bahndamm,<br />
der Zug um Zug sieht, aber niemals einen<br />
Dampfer. Vom zierlichen Näschen der<br />
Braut, auf dem sich, durchs Vergrößerungsgläschen<br />
beschaut, haarige Berge zeigen,<br />
dass einem graut. Vom Verdruss beim Verfassen<br />
von Stammbuchversen: „Man fühlt<br />
sich ins Klosett gesperrt, obwohl man gar<br />
nicht muss.“<br />
„Klimme wacker, alter Knacker!“<br />
Er bedichtete Dinge gänzlich unpoetischer<br />
Art: die Borsten seiner Bürste, die Bläschenerzeugung<br />
in der Badewanne, Silvester bei<br />
Kannibalen, eine Pellkartoffel. Und er tat es<br />
30<br />
mit wie beiläufig aus dem Ärmel geschüttelten<br />
Reimen: „Den Unterschied bei Mann<br />
und Frau sieht man durchs Schlüsselloch<br />
genau.“ Auch bei der genialen Beschreibung<br />
des Klimmzugs in den „Turngedichten“:<br />
„Klimme wacker, alter Knacker! Klimme<br />
klimb zum Olymp! Höher hinauf! Glückauf!<br />
Kragen total durchweicht. Äh-äh-äh<br />
endlich erreicht. <strong>Das</strong> Unbeschreibliche<br />
zieht uns hinan, der ewig-weibliche Turnvater<br />
Jahn.“<br />
Sein Motto war: „Überall ist Wunderland,<br />
überall ist Leben.“ Und er entdeckte<br />
dieses Wunderland auch „bei meiner<br />
Tante im Strumpfenband – wie irgendwo<br />
daneben.“ <strong>Das</strong> „Überall ist Wunderland“<br />
wird gern zitiert und als Veranstaltungstitel<br />
benutzt. Der Leipziger Bürgerverein<br />
„Waldstraßenviertel“ – der Gegend um die<br />
Funkenburgstraße, wo Ringelnatz aufgewachsen<br />
ist – wählte die Zeile Ende Juni<br />
als Überschrift für ein großes Volksfest und<br />
verknüpfte sie mit einem anderen Wort<br />
von ihm: „Humor ist der Knopf, der ver-<br />
hindert, dass uns der Kragen platzt.“ Seine<br />
eigene Beschreibung des „Wunderlandes“<br />
finde ich viel treffender für die Doppelbödigkeit<br />
Ringelnatzschen Witzes – aber<br />
man fragte sich wohl: Wer benutzt heute<br />
noch „Strumpfenbänder“? Und dieses „irgendwo<br />
daneben“. Wir wissen doch, was<br />
er meint, der Schlimme! Ist es nicht gar<br />
zu unkonkret für unsere freisinnige, mathematisch<br />
geprägte und biometrisch vermessene<br />
Zeit?<br />
<strong>Das</strong> Banale wird zum Wunder<br />
Literaturwissenschaftler vergleichen den<br />
Wurzener, der bürgerlich Hans Bötticher<br />
hieß, gern mit Christian Morgenstern. Er<br />
steht auch in der Verwandtschaft seiner<br />
Zeitgenossen Erich Kästner und Kurt Tucholsky,<br />
die ihn in hohen Tönen priesen.<br />
<strong>Das</strong> Banalste wird durch ihn zum Wunder,<br />
sagte Kästner. Aber das ist nur die eine Seite<br />
seiner Kunst. Er ging auf dem schmalen<br />
Grat zwischen Tradition und Avantgarde<br />
eigene Wege, die Walter Pape, Ringelnatz-<br />
Experte und -Herausgeber, treffend „die paradoxe<br />
Rettung traditioneller Werte... durch<br />
ihre parodistische Verkehrung“ nennt. Wen<br />
kann es überraschen, dass ein Meister solcher<br />
Dialektik den Nazis „entartet“ vorkam<br />
und sie ihn hassten und verpönten.<br />
Wurzen blieb ihm ergeben. Obwohl er<br />
nach dem einzigen späteren Kurzbesuch als<br />
Kommentar nur ein „Ach du liebe Zeit“<br />
für das Städtchen fand, war er glücklich<br />
darüber. An den damaligen Museumsleiter<br />
Kurt Bergt, der sich die Ringelnatzpflege<br />
zur Lebensaufgabe gemacht hatte, schrieb<br />
er 1932: „Ich freue mich sehr zu hören, dass<br />
man in Wurzen treu meiner gedenkt.“<br />
Sofort nach Kriegsende erhielt eine Straße<br />
seinen Namen. Am 17. November 1945<br />
wurde am Haus Crostigall 14, in dem er zur<br />
Welt kam, eine Gedenktafel mit dem Ringelnatz-Vers<br />
„Wenn ich tot bin, darfst du<br />
gar nicht trauern. Meine Liebe wird mich<br />
überdauern...“ enthüllt. Der Holzschnitzer<br />
hat „dich überdauern“ daraus gemacht –<br />
Lächeln gehört zu Ringelnatz. 1983, zum<br />
100. Geburtstag, erhielt der Marktplatz<br />
einen bemerkenswerten Brunnen, den ein<br />
Seepferdchen krönt. Auf ihm hockt ein Klabautermann,<br />
der schon an seiner gewaltigen<br />
Nase unschwer als Ringelnatz zu erkennen<br />
ist. Die ansehnliche Schöpfung stieß anfangs<br />
auf Unverständnis. Wer weiß auch, dass die<br />
Seeleute einst das Seepferdchen Ringelnass<br />
nannten und meinten, es bringe Glück.
Ringelnatz-Liebhaber: progressive<br />
Traditionalisten mit viel Toleranz<br />
Angelika Wilhelm, Leiterin des Wurzener<br />
Museums und des Ringelnatzhauses, erzählte<br />
mir bei einem Besuch in Wurzen 1999<br />
stolz, die größte Ringelnatz-Sammlung in<br />
öffentlichem Besitz ziehe aus seinem Geburtshaus<br />
nun in ihr renoviertes Museum<br />
um. Aber bis heute ist offen, welche Perspektive<br />
das Ringelnatzhaus selbst haben<br />
soll. Es dient derzeit der Stadtverwaltung<br />
als Familienberatungsstelle. „Der schöne<br />
Barockbau könnte Sitz einer Ringelnatzstiftung<br />
werden, mit Büro, Bibliothek, Arbeitsräumen<br />
für Wissenschaftler und Studenten,<br />
vielleicht auch Gaststätte und Gästezimmern“,<br />
schlägt Angelika Wilhelm vor, die<br />
zugleich Vorsitzende des 1991 gegründeten<br />
Joachim-Ringelnatz-Vereins Wurzen wurde.<br />
Für die Verwirklichung eines solchen Projekts<br />
bedürfte es neben nicht unerheblichen<br />
finanziellen Mitteln wohl einer gemeinsamen<br />
Initiative aller Interessierten von den<br />
zuständigen Regierungsstellen – schließlich<br />
ist Ringelnatz ist ein Künstler von gesamtdeutschem<br />
Rang – über Land und Stadt bis<br />
zu denen, in deren Besitz sich der Nachlass<br />
befindet.<br />
<strong>Das</strong> Museum hatte gegenüber „Muschelkalk“,<br />
so nannte Ringelnatz die an seinem<br />
Werk maßgeblich beteiligte Lebensgefährtin<br />
Leonarda, Interesse daran bekundet. Ihr<br />
war Wurzen zu unbekannt und abgelegen.<br />
Sie dachte an Hamburg oder Cuxhaven, ihr<br />
Sohn an München. Doch wenn die Ringelnatz-Liebhaber<br />
nach Wurzen kommen,<br />
sind sie wirklich bei ihm und zu Hause. Um<br />
die geht es Angelika Wilhelm, sie sind „ein<br />
besonderer Menschenschlag, progressive<br />
Traditionalisten mit viel Toleranz und geistiger<br />
Überlegenheit“.<br />
Im Ringelnatz-Jahr 2008 ist viel für die<br />
Pflege und Popularisierung seines Werkes<br />
geschehen, von Ausstellungen seines bildnerischen<br />
Werkes, soweit es erhalten geblieben<br />
ist, über Sonderschauen in den Ringelnatzmuseen<br />
in Cuxhaven und Wurzen bis zur<br />
Herausgabe von Sonderbriefmarken mit<br />
seinem Porträt. Aber die originellste Ehrung<br />
fiel, wen wundert es, der Stadt Wurzen ein.<br />
Sie erfüllte ihm einen Wunsch aus dem kleinen<br />
Gedicht „Ehrgeiz“: l<br />
„Mein Ideal wäre,<br />
<strong>Das</strong>s man nach meinem Tode (grano salis)<br />
Ein Gässchen nach mir benennt, ein ganz schmales<br />
Und krummes Gässchen mit niedrigen Türchen,<br />
Mit steilen Treppchen und feilen Hürchen,<br />
Mit Schatten und schiefen Fensterluken.<br />
Dort würde ich spuken.“<br />
3/2009 31
32<br />
3/2009
Armin Pfahl-Traughber<br />
n Darwin selbst verstand sich nie primär als<br />
Religionskritiker. Insofern liegen auch keine<br />
inhaltlich entwickelten und systematisch<br />
gehaltenen Texte von ihm zum Thema vor.<br />
Eine Ausnahme bilden die gut zehn Seiten<br />
unter der Überschrift „Religiöse Überzeugung“<br />
in der Autobiographie „Mein Leben“<br />
(zitiert als ML). Dieser Text bildet neben<br />
den Hauptwerken (zitiert als GW für „Gesammelte<br />
Werke“) die Quellenbasis für die<br />
folgende Abhandlung.<br />
In der Gesamtschau lässt sich feststellen:<br />
Darwin war zunächst ein gläubiger<br />
Christ und distanzierte sich nicht nach einem<br />
schnellen Bruch von seiner Religion.<br />
Vielmehr vollzog sich diese Entwicklung<br />
im Rahmen einer längeren Auseinandersetzung.<br />
In der Autobiographie heißt es dazu:<br />
„So beschlich mich der Unglaube ganz<br />
langsam, am Ende aber war er unabweisbar<br />
und vollständig. Dieser Prozess schritt<br />
so unmerklich voran, dass ich kein ungutes<br />
Gefühl dabei hatte (und auch seither<br />
keine Sekunde an der Richtigkeit meiner<br />
Schlussfolgerung gezweifelt habe)“ (ML, S.<br />
103). In der Tat veranschaulichen Darwins<br />
Schriften eine immer stärkere Abkehr von<br />
religiösen Vorstellungen, wenngleich dies<br />
aufgrund von gesellschaftlichen und privaten<br />
Rücksichtnahmen meist nicht deutlich<br />
artikuliert wurde. Der Evolutionstheoretiker<br />
bekannte sich hierbei aber nicht zum<br />
Atheismus: „<strong>Das</strong> Mysterium vom Anfang<br />
aller Dinge können wir nicht aufklären; und<br />
ich jedenfalls muss mich damit zufrieden<br />
geben, Agnostiker zu bleiben“ (S. 103).<br />
Abkehr aus moralischen Gründen<br />
Neben dem Zweifel an den historischen<br />
Darstellungen im Alten und im Neuen<br />
Testament spielten für Darwins Abkehr<br />
vom Christentum auch moralische Gründe<br />
eine wichtige Rolle. So verwarf er den<br />
Dogmatismus und Fanatismus gegenüber<br />
MAGAZIN<br />
Darwin und die Religion<br />
Die Auffassungen eines Agnostikers<br />
im Lichte der Evolutionstheorie<br />
Die anglikanische Kirche Englands veröffentlichte 2008 eine Stellungnahme, worin man<br />
sich nach fast 150 Jahren bei Charles Darwin für die damalige Ablehnung seiner Auffassungen<br />
entschuldigte. Musste er doch zu Lebzeiten die rabiatesten Vorwürfe über sich<br />
ergehen lassen. Somit stellt sich angesichts der geänderten Situation heute die Frage: Ist<br />
jetzt wieder alles gut? Oder etwas seriöser formuliert: Besteht kein Gegensatz mehr zwischen<br />
Evolutionstheorie und Religion?<br />
3/2009 33
Anders- und Nichtgläubigen: „Ich kann<br />
nun wirklich nicht einsehen, warum sich<br />
jemand wünschen sollte, das Christentum<br />
sei wahr; wenn es nämlich wahr wäre, dann,<br />
das scheint mir die Sprache des Textes unmissverständlich<br />
zu sagen, würden alle Menschen,<br />
die nicht glauben, also mein Vater,<br />
mein Bruder und fast alle meine nächsten<br />
Freunde, ewig dafür büßen müssen. Und<br />
das ist eine verdammenswerte Doktrin“<br />
(ML, S. 96). Man findet bei ihm auch kritische<br />
Kommentare zur christlich-religiösen<br />
Legitimation der Sklaverei. So hieß es schon<br />
in dem Buch „Reise eines Naturforschers<br />
um die Welt“ von 1839: „Und diese Handlungen<br />
werden von Leuten ausgeführt und<br />
verteidigt, welche bekennen, ihren Nächsten<br />
wie sich selbst zu lieben, welche an Gott<br />
glauben und welche beten, dass sein Wille<br />
auf Erden geschehe“ (GW, S. 341).<br />
Der wirkungsreichste Beitrag Darwins<br />
zur kritischen Auseinandersetzung mit Religion<br />
ergab sich aus seiner Evolutionstheorie,<br />
die in dem Hauptwerk „Über die Entstehung<br />
der Arten“ von 1859 zusammengefasst<br />
ist. Auch wenn es nicht direkt formuliert<br />
wurde: Diese Auffassung zur Entwicklung<br />
des Lebens in der Natur wandte sich<br />
objektiv gegen den Schöpfungsmythos, der<br />
nicht nur in der Religion des Christentums<br />
besteht. Nach der Bibel ist die Erschaffung<br />
der Welt auf das Wirken Gottes zurückzuführen,<br />
entstanden doch durch seinen Akt<br />
und Willen angeblich binnen einer Woche<br />
Mensch, Pflanzen und Tiere als fertige Lebewesen.<br />
Demgegenüber bemerkte Darwin:<br />
„Ich bin vollkommen überzeugt, dass<br />
die Arten nicht unveränderlich sind; dass<br />
die zu einer sogenannten Gattung zusammengehörigen<br />
Arten in direkter Linie von<br />
einer anderen, gewöhnlich erloschenen Art<br />
abstammen... Endlich bin ich überzeugt,<br />
dass die natürliche Zuchtwahl das wichtigste,<br />
wenn auch nicht das ausschließliche<br />
Mittel zur Abänderung der Lebensformen<br />
gewesen ist“ (GW, S. 369).<br />
Mit dieser Deutung der Entstehung des<br />
Lebens in der menschlichen und nichtmenschlichen<br />
Natur brach der einflussreichste<br />
Evolutionstheoretiker gleich in<br />
mehrfacher Hinsicht mit dem seinerzeit<br />
dominierenden Gottes-, Menschen- und<br />
Weltbild: Wenn sich der Mensch und die<br />
Tiere in ihrer aktuellen Form im Laufe eines<br />
langen Entwicklungsprozesses herausgebildet<br />
hatten, konnten sie nicht von einer<br />
wie auch immer gearteten Instanz als fertige<br />
34<br />
3/2009<br />
Lebewesen geschaffen worden sein. Die wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse widersprachen<br />
somit objektiv einer ganz zentralen Annahme<br />
des seinerzeit dominierenden religiösen<br />
Selbstverständnisses, obgleich dies Darwin<br />
subjektiv nie als zentrale Position und Stoßrichtung<br />
beabsichtigte. Ihm ging es primär<br />
um eine Beschreibung und Erklärung der<br />
Entwicklung des Lebens und nicht um eine<br />
Kritik und Widerlegung der Dogmen des<br />
Glaubens. Aber allein schon die Deutung<br />
der Vielfalt des Lebens als Ergebnis der natürlichen<br />
Auslese und nicht als Folge eines<br />
göttlichen Planes stand im fundamentalen<br />
Widerspruch zum Schöpfungsmythos.<br />
Religion als Folge geistiger<br />
Hochentwicklung<br />
Denn Darwins Auffassung von der Evolution<br />
verzichtete auf eine metaphysische<br />
und religiöse Komponente, war sie doch<br />
in einem rein naturwissenschaftlichen und<br />
säkularen Sinne ausgerichtet. Dementsprechend<br />
ließ sich bei den unterschiedlichsten<br />
Entwicklungen in der Natur kein Plan und<br />
kein Ziel ausmachen. Vielmehr entstand das<br />
menschliche und nicht-menschliche Leben<br />
aus einem komplexen Prozess der Anpassung<br />
an die Veränderungen in der Natur. Im<br />
Rahmen einer solchen Entwicklung bildete<br />
sich für Darwin auch der heutige Mensch<br />
aus seinen tierischen Vorfahren heraus. Auf<br />
diese Verwandtschaft wies er in seinem späteren<br />
Buch „Die Abstammung des Menschen“<br />
von 1871 hin. Aus den Gemeinsamkeiten<br />
im Körperbau, dem Durchlaufen<br />
gleicher Stufen in der früheren Entwicklung<br />
und dem Beibehalten ähnlicher Rudimente<br />
ergab sich, „dass der Mensch von einer weniger<br />
hoch organisierten Form abstammt“<br />
(GW, S. 1148). Demnach konnte er nicht<br />
mehr wie im christlichen Selbstverständnis<br />
als die eigentliche „Krone der Schöpfung“<br />
gelten.<br />
Bei seinen Analysen zur Evolution des<br />
Menschen ging Darwin auch auf die Entstehung<br />
und Funktion der Religion ein:<br />
Zunächst wies er darauf hin, dass dem Menschen<br />
ein „Glaube an die Existenz eines allmächtigen<br />
Gottes“ ursprünglich nicht eigen<br />
war und dieser erst im Rahmen der Herausbildung<br />
besonderer geistiger Fähigkeiten<br />
entstanden sei. „Sobald die bedeutungsvollen<br />
Fähigkeiten der Einbildungskraft, Verwunderung<br />
und Neugierde in Verbindung<br />
mit einem Vermögen nachzudenken, teilweise<br />
entwickelt waren“, so Darwin, „wird<br />
der Mensch ganz von selbst gesucht haben,<br />
das, was um ihn her vorgeht, zu verstehen,<br />
und wird auch über seine eigene Existenz<br />
dunkel zu spekulieren begonnen haben“<br />
(GW, S. 771). Demnach bildete der religiöse<br />
Glaube ein Erklärungsinstrument, das<br />
die ansonsten rätselhaften und unverständlichen<br />
Entwicklungen in der Natur mit Verweis<br />
auf das Wirken übersinnlicher Wesen<br />
in Gestalt von Geistern oder Göttern zurückführte.<br />
Es handelte sich demnach um<br />
das Ergebnis abstrakter Spekulationen über<br />
Wirkungszusammenhänge.<br />
Darwin verknüpfte mit dieser Bewertung<br />
aber keine intellektuelle Herabwürdigung<br />
der Religion, sah er deren Aufkommen<br />
doch als Folge besonders hoher geistiger<br />
Fähigkeiten der Menschen an: „<strong>Das</strong> Gefühl<br />
religiöser Ergebung ist ein in hohem Grade<br />
kompliziertes, indem es aus Liebe, vollständiger<br />
Unterordnung unter ein erhabenes<br />
und mysteriöses Etwas, einem starken Gefühl<br />
der Abhängigkeit, der Furcht, Verehrung,<br />
Dankbarkeit, Hoffnung in Bezug auf<br />
die Zukunft und vielleicht noch anderen<br />
Elementen besteht. Kein Wesen hätte eine<br />
so komplizierte Gemütserregung an sich<br />
erfahren können, bis nicht seine intellektuellen<br />
und moralischen Fähigkeiten zum<br />
mindesten auf einen mäßig hohen Standpunkt<br />
entwickelt wären“ (GW, S. 772).<br />
Demgemäß sprach die Herausbildung von<br />
verschiedenen Formen des religiösen Glaubens<br />
– vom Fetischismus über den Polytheismus<br />
bis zum Monotheismus – auch für<br />
die ansteigende geistige Entwicklung des<br />
Menschen. Hieraus würden sich aber nicht<br />
notwendigerweise Belege für die Existenz<br />
eines Gottes ergeben.<br />
Einfluss auf die Moralität<br />
Dies gilt es zu beachten, will man die Auffassung<br />
Darwins zur Bedeutung der Religion<br />
für die Moral nicht als Widerspruch<br />
zu seinen sonstigen Auffassungen fehl interpretieren.<br />
Für ihn bestand der herausragende<br />
Unterschied zwischen Mensch und<br />
Tier im moralischen Gefühl bei Ersterem.<br />
Zwar machte der bedeutendste Evolutionstheoretiker<br />
auch bei Tieren soziale Instinkte<br />
aus, welche sich in Form von Altruismus<br />
und Kooperation, Rücksichtnahme und<br />
Solidarität äußerten. Er sah deren Grundlage<br />
aber in einer ursprünglich egoistischen<br />
Motivation, die in Erwartung eines erwidernden<br />
Verhaltens als Vorteil im Rahmen<br />
des Evolutionsprozesses entstanden war.
Die spezifische Moralfähigkeit bestand<br />
nach Darwin darin, dass der Mensch über<br />
die Angemessenheit und Unangemessenheit<br />
sozialen Handelns reflektieren könne.<br />
Hierbei spielte für ihn auch die Religion<br />
eine wichtige Rolle: „Bei den zivilisierten<br />
Rassen hat die Überzeugung von der Existenz<br />
einer alles sehenden Gottheit einen<br />
mächtigen Einfluss auf den Fortschritt der<br />
Moralität gehabt“ (S. 1152).<br />
Darwin beendete sein Hauptwerk „Über<br />
die Entstehung der Arten“ mit folgenden<br />
Worten: „So geht aus dem Kampf der Natur,<br />
aus Hunger und Tod unmittelbar die<br />
Lösung des höchsten Problems hervor, das<br />
wir zu fassen vermögen: die Erzeugung immer<br />
höherer und vollkommenerer Tiere. Es<br />
ist wahrlich eine großartige Ansicht, dass<br />
der Schöpfer den Keim alles Lebens, das<br />
uns umgibt, nur wenigen oder nur einer<br />
einzigen Form eingehaucht hat, und dass,<br />
während unser Planet den strengsten Gesetzen<br />
der Schwerkraft folgend sich im Kreise<br />
geschwungen, aus so einfachem Anfang<br />
sich eine endlose Reihe der schönsten und<br />
wundervollsten Formen entwickelt hat und<br />
noch immer entwickelt“ (GW S. 691). Bedeutet<br />
dieser Hinweis auf den „Schöpfer“<br />
nun, dass Darwin sich doch als Christ verstand?<br />
Dagegen sprechen zwei Argumente:<br />
Diese Passage wurde erst in die zweite Auflage<br />
aufgenommen und erklärt sich offenbar<br />
aus familiär und gesellschaftlich begründeten<br />
Rücksichtnahmen. Und Darwin teilte<br />
zu dieser Zeit noch religiöse Vorstellungen,<br />
wovon er später Abstand nahm.<br />
Ablehnung nur bei Fundamentalisten<br />
Inhaltlich stand hier eigentlich „natürliche<br />
Auslese“ für „religiösen Schöpfer“. Vor diesem<br />
Hintergrund stellt sich die Frage, wie es<br />
um das Verhältnis bzw. die Verträglichkeit<br />
von Darwinismus und Religion steht. Wie<br />
einleitend exemplarisch aufgezeigt wurde,<br />
nahmen die wichtigsten Institutionen des<br />
Christentums im Laufe der Zeit ihre Einwände<br />
und Vorwürfe immer mehr zurück.<br />
Eine dezidierte Ablehnung der Evolutionstheorie<br />
lässt sich nur noch bei wenigen<br />
Funktionären und in fundamentalistischen<br />
Kreisen ausmachen. Kann somit von einer<br />
allgemeinen Versöhnung von Darwinismus<br />
und Religion gesprochen werden? Trennt<br />
man rigoros die Ebene der naturwissenschaftlichen<br />
Forschung von der Ebene<br />
des religiösen Glaubens und ordnet beide<br />
unterschiedlichen Sphären der menschli-<br />
chen Wahrnehmung zu, so kann durchaus<br />
eine Koexistenz von Evolutionstheorie und<br />
Glaube möglich sein. Gleichwohl greifen<br />
Auffassungen aus dem einen Bereich in die<br />
Inhalte des anderen Bereichs über, woraus<br />
sich ein fortwährendes Spannungsverhältnis<br />
ergibt.<br />
Dieses besteht vor allem im bereits aufgezeigten<br />
Gegensatz von Evolutionstheorie<br />
und Schöpfungsmythos: Wenn Christentum<br />
und Islam als Formen des Theismus<br />
von der Existenz eines Gottes ausgehen, welcher<br />
in die Entstehung des Lebens eingreift<br />
und ihm eine vorgegebene Richtung gibt,<br />
dann können solche Auffassungen nicht<br />
mehr mit der Evolution in Übereinstimmung<br />
gebracht werden. Bei ihr handelt es<br />
sich streng genommen nicht nur um einen<br />
Erklärungsansatz oder nur um eine Theorie.<br />
Die Forschung hat in den Jahrzehnten nach<br />
Darwins Tod immer wieder Belege für seine<br />
Auffassungen vorbringen und Lücken in<br />
seiner Beschreibung schließen können. Insofern<br />
muss man von einer dokumentierbaren<br />
Tatsache sprechen. Mit ihr lässt sich eine<br />
Auffassung im Sinne des Theismus nicht in<br />
Übereinstimmung bringen. Allenfalls ist<br />
dies beim Deismus möglich: Er geht von<br />
der Existenz eines Gottes aus, welcher aber<br />
seit der Schöpfung nicht mehr ins Weltgeschehen<br />
eingegriffen habe.<br />
Insofern steht der Darwinismus nicht<br />
nur für den Agnostizismus oder Atheismus.<br />
Der bedeutendste Evolutionstheoretiker<br />
neigte selbst zur erstgenannten Auffassung,<br />
da er die Frage nach dem Anfang aller Dinge<br />
auch nicht beantworten und die Existenz<br />
eines Gottes nicht definitiv negieren konnte.<br />
Die Klärung dieses Problems hatte für<br />
Darwin keinen hohen Stellenwert. l<br />
Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber, Jg. 1963,<br />
Politikwissenschaftler und Soziologe, Professor<br />
an der Fachhochschule des Bundes Brühl und<br />
Lehrbeauftragter an der Universität zu Bonn,<br />
Arbeitsschwerpunkte: Politischer Extremismus,<br />
Politische Ideengeschichte.<br />
Die Zitate in Klammern finden sich in den<br />
folgenden Ausgaben: Gesammelte Werke,<br />
Frankfurt/M. 2006; Charles Darwin, Mein<br />
Leben 1809-1882. Vollständige Ausgabe der<br />
„Autobiographie“. Herausgegeben von seiner<br />
Enkelin Nora Barlow, Frankfurt/M. 2008.
Ich bin Atheist – holt mich<br />
hier raus!<br />
Istanbul – In einer geplanten türkischen<br />
Reality-Show auf Kanal T<br />
sollen ab September zwölf Atheisten<br />
von einem christlichen Priester,<br />
einem Rabbi, einem buddhistischen<br />
Mönch und einem Imam<br />
zum Glauben bekehrt werden.<br />
Seyhan Soylu, transsexuelle Schauspielerin<br />
und Erfinderin des Formats,<br />
erklärt den Ablauf: „Zwölf<br />
türkische Atheisten werden in<br />
einem Haus sein, am ersten Tag<br />
kommt ein christlicher Priester, um<br />
sie von Gott zu überzeugen.“<br />
Später sollen dann ein Rabbi dazukommen,<br />
ein buddhistischer<br />
Mönch und ein Imam, und jede<br />
Woche scheidet einer aus. Wer sich<br />
bekehrt, darf zur heiligsten Stätte<br />
seiner Wahlreligion. Ein Problem<br />
ist, dass man beim Sender selbst<br />
wohl nicht wirklich über die Religionen<br />
Bescheid weiß. Bekehrungen<br />
sind in vielen Religionen extrem<br />
schwierig und eine langjährige<br />
Prozedur. Unklar ist auch, welche<br />
Variante der einzelnen Religionen<br />
auf die Atheisten losgelassen werden<br />
soll. Katholisch, evangelisch,<br />
orthodox? Was soll der Buddhist<br />
über seinen Schöpfergott erzählen?<br />
Bislang hat der Sender keine<br />
Geistlichen verpflichten können.<br />
Die Religionsbehörde Diyanet<br />
läuft Sturm gegen die „Erniedrigung<br />
der Religion“. In der Türkei<br />
sind alle Imame bei dieser Behörde<br />
36<br />
3/2009<br />
angestellt. Von ihnen wird keiner<br />
teilnehmen dürfen.<br />
Madonna vs. Madonna<br />
Warschau (Juli 2009) – Heftiger<br />
Widerstand aus katholischen Kreisen<br />
regt sich derzeit um das für den<br />
15. August geplante Madonna-<br />
Konzert in Polen. Im Rahmen ihrer<br />
„Sticky & Sweet“-Welttournee<br />
wird Madonna am 15. August auf<br />
dem ehemaligen Flughafen Bemowo<br />
in Warschau ihr erstes Konzert<br />
in Polen geben. Da dieser Tag in<br />
Polen ein Feiertag ist – Mariä Himmelfahrt<br />
– fühlen sich erzkatholische<br />
Kreise durch das Konzert in<br />
ihren religiösen Gefühlen verletzt.<br />
Sie sehen in der Veranstaltung eine<br />
Beleidigung der Heiligen Muttergottes<br />
und fordern mit Petitionen,<br />
Gebeten und Gottesdiensten dessen<br />
Verlegung. Konservative Politiker<br />
unterstützen dieses Anliegen<br />
und forderten den Warschauer<br />
Erzbischof Kazimierz Nycz dazu<br />
auf, die Bürgermeisterin der Stadt,<br />
Hanna Gronkiewicz-Waltz, für<br />
eine bestimmte Zeit aus der Kirche<br />
auszuschließen – als Strafe für<br />
ihr bisheriges Desinteresse an den<br />
Protesten.<br />
Besonders erregt ist der ehemalige<br />
Staatspräsident und Friedensnobelpreisträger<br />
Lech Walesa. Gegenüber<br />
der Nachrichtenagentur Reuters<br />
sprach er von einer „satanischen<br />
Provokation“.<br />
Gott, Karel<br />
Wien – Die atheistische Buskampagne<br />
startet nun auch in Wien<br />
– allerdings leicht abgewandelt.<br />
Statt des bekannten Slogans: „Es<br />
gibt (mit an Sicherheit grenzender<br />
Wahrscheinlichkeit) keinen Gott“<br />
heißt es auf den Plakaten auf Wiener<br />
City Lights: „Gott trägt mit an<br />
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit<br />
den Vornamen Karel. Gott<br />
ist ein tschechischer Schlagersänger.<br />
Er wird dir nichts tun.“ Organisiert<br />
wurde die Kampagne dort von der<br />
atheistischen Aktion – AG-ATHE<br />
(AtheistInnen/AgnostikerInnen<br />
für ein säkulares Österreich), AHA<br />
(Allianz für Humanismus und<br />
Atheismus) und dem ansässigen<br />
Freidenkerbund.<br />
Irrland<br />
London – <strong>Das</strong> irische Parlament<br />
hat in seiner letzten Sitzung vor der<br />
Sommerpause ein Gesetzespaket<br />
beschlossen, das Gotteslästerung<br />
oder die Veröffentlichung von<br />
blasphemischem Material mit einer<br />
Geldstrafe von bis zu 25.000<br />
Euro belegt.<br />
Die Entscheidung wurde von<br />
Kirchgängern wie Atheisten gleichermaßen<br />
ungläubig aufgenommen.<br />
Autor Richard Dawkins<br />
warnte vor einem Rückfall ins Mittelalter.<br />
<strong>Das</strong> absurde Gesetz schade<br />
dem Ruf Irlands als modernes, zivilisiertes<br />
Land.<br />
kReu<br />
Bibelgezwitscher<br />
Frankfurt a.M. – Die komplette<br />
Bibel in Abschnitten von je maximal<br />
140 Zeichen Länge ist über<br />
das Microblogging-Portal Twitter<br />
veröffentlicht worden. Damit ist<br />
ein Rekordversuch der evangelischen<br />
Kirche erfolgreich zu Ende<br />
gegangen. Getwittert worden sind<br />
die etwa 3900 Bibelteilstücke in der<br />
Zeit vom 20. Mai bis zum 30. Mai.<br />
Durch die Eigeninterpretationen<br />
der Texte entstand eine neue Version<br />
der Bibel. Zu finden sind die<br />
kurzen Texte unter http://twitter.<br />
com/bibelrekord.<br />
Der Christ von der Post<br />
London – <strong>Das</strong> Abendmahl auf<br />
dem Postwege bietet ein neuer Internetdienst<br />
in Großbritannien an.<br />
Mit „Post the Host“ (Verschick die<br />
Hostie) kann jedermann im Internet<br />
(www.postthehost.net) geweihte<br />
Hostien bestellen und damit<br />
Abendmahl feiern. Zwar sind die<br />
Hostien kostenlos, aber es fallen<br />
Zustellgebühren an. Eine Hostie<br />
kostet zwei britische Pfund (2,35<br />
Euro), für 500 Hostien sind 10<br />
Pfund (11,75 Euro) fällig. Initiator<br />
des Angebots ist Jonathan Blake,<br />
Bischof für ganz London der Offenen<br />
Episkopalen Kirche. Der postalische<br />
Abendmahlsdienst ist vor<br />
allem für Menschen gedacht, die<br />
aus Alters- oder Krankheitsgründen<br />
nicht am Abendmahl in einer<br />
Kirche teilnehmen können. Angst<br />
vor „Missbrauch der Hostien durch<br />
Atheisten oder Satanisten“ hat der<br />
Anbieter nicht!
Z & QueR<br />
Himmlische Energie<br />
Rom – Seit knapp acht Jahrzehnten<br />
sendet Radio Vatikan seine frommen<br />
Botschaften in die Welt. Jetzt<br />
öffnet sich das Sprachrohr des Papstes<br />
und der katholischen Kirche<br />
erstmals der Werbung. Die ersten<br />
Werbespots liefert im Sommer der<br />
italienische Stromversorger Enel.<br />
Psst!<br />
Phoenix – Wegen des Glockengeläuts<br />
seiner Kirche ist ein Bischof<br />
im US-Staat Arizona Phoenix zu<br />
einer zehntägigen Bewährungsstrafe<br />
verurteilt worden. Die Nachbarn<br />
der Cathedral of Christ the King<br />
hatten sich darüber beschwert, dass<br />
die Glocken zu oft und zu laut läuteten.<br />
Ein Richter ordnete nun an,<br />
dass die Glocken statt stündlich<br />
von 8 Uhr bis 20 Uhr nur noch<br />
zwei Minuten am Sonntag und<br />
kirchlichen Feiertagen läuten dürfen<br />
– und das nicht lauter als 60<br />
Dezibel. Bischof Richard Painter<br />
von der Communion of Christ the<br />
Redeemer (CCR) kündigte Berufung<br />
gegen das Urteil an.<br />
Problembewusstsein<br />
Colombo – Chadrasiri Bandara,<br />
Astrologe aus Sri Lanka, ist wegen<br />
Vorhersagen einer Reihe ernster<br />
politischer und wirtschaftlicher<br />
Probleme von der Polizei festgenommen<br />
worden. Dort wollte man<br />
die Basis für seine „Erkenntnisse“<br />
ermitteln. In einer oppositionellen<br />
Zeitung orakelte er, dass ein Wechsel<br />
der Planentenstellungen am 8.<br />
Oktober 2009 wenig Glück für<br />
das Parlament verhieße. Auch die<br />
Lebenshaltungskosten würden weiter<br />
steigen. Ähnliche Voraussagen<br />
hatten Wirtschaftswissenschaftler<br />
auch schon getroffen.<br />
Anzeige im Berliner Stadtmagazin „tip“
Ressource für die<br />
Lebensgestaltung<br />
Zum Artikel „Schmerz und Glaube“<br />
(diesseits 87/2009)<br />
Ich habe einige Rückfragen zu meinem<br />
letzten diesseits-Beitrag erhal-<br />
Dr. Rainer Rosenzweig vom turmdersinne und Landesvorsitzender Helmut Fink übergeben den Preis an<br />
Volker Mitschke.<br />
38<br />
Die Eintrittskarten für<br />
die Darwin-Konferenz in<br />
Nürnberg gewann unser Leser<br />
Volker Mitsch ke. In seinem<br />
Schreiben teilte er uns noch<br />
mit: „P.S.: Sehr gelungen die<br />
Apologie R. Dawkins’<br />
‚Der Gotteswahn’ durch<br />
T.H. Sommer gegen J. Kahl!“<br />
3/2009<br />
ausspRache<br />
ten. Darin ging es mir bewusst nicht<br />
um die Frage „Wie sollen wir Spiritualität<br />
verstehen?“ Sondern ich<br />
wollte einfach aufzeigen, in welchen<br />
Kontexten davon aktuell die Rede ist.<br />
Doch haben einige Leser gerade eine<br />
Definition vermisst. Deshalb liefere<br />
ich hier gern eine nach, nämlich aus<br />
einem Standardwerk für Palliativmedizin:<br />
Danach ist Spiritualität<br />
„… eine Systemeigenschaft des lebendigen<br />
Menschen. Sie ist also in der<br />
Regel in die ganze Lebensgestalt eines<br />
Menschen hineingewachsen und<br />
ist – reflektiert oder nicht reflektiert<br />
– in den körperlichen, intellektuellen,<br />
psychischen und sozialen Lebensäußerungen<br />
eines Menschen als<br />
innerster Werte- und Beweggrund<br />
anwesend und mitbestimmend. Als<br />
die Innen- und Wertewelt eines Menschen<br />
motivierender Faktor bestimmt<br />
die spirituelle Dimension daher auch<br />
ethische Entscheidungen wesentlich<br />
mit. (…) Es gilt, nicht erst dann auf<br />
die Spiritualität von Menschen aufmerksam<br />
zu werden, wenn diese spirituelle<br />
Nöte, Schmerzen und Fragen<br />
(spiritual-pain, spiritual-problems)<br />
– also im Krisenfall – äußern. Vielmehr<br />
muss sie als wichtige Ressource<br />
für die Gestaltung des ganzen Lebens<br />
… einbezogen werden.“<br />
Gita Neumann, Berlin<br />
Wenig überzeugend<br />
Zur Idee, die Feiertagsgesetzgebung<br />
zu ändern (diesseits<br />
87/2009)<br />
Ich halte die von der Giordano Bruno<br />
Stiftung … eingeleitete Kampagne,<br />
den christlichen Himmelfahrtstag<br />
auf gesetzlichem Wege in einen Evolutionstag<br />
umzuwandeln, für wenig<br />
hilfreich zur Begründung einer säkularen<br />
Feierkultur. Auch der Vorschlag<br />
von Kahl, den Tag der Sonnenwende<br />
am 21.Juni zum Tag der Evolution<br />
zu erweitern und zum gesetzlichen<br />
Feiertag zu erheben, überzeugt wenig.<br />
Richtig stellt Kahl fest, dass der<br />
21.Juni bereits heute als „Welthumanistentag“<br />
begangen wird. Er wird<br />
insoweit auch international allmählich<br />
bekannt. Jedenfalls steht in vielen<br />
niederlandssprachigen Kalendern<br />
beim 21.Juni: wereld humanismedag.<br />
Wenn international der 21.<br />
Juni durchaus Anerkennung findet<br />
als eigenständiger säkularer Feiertag,<br />
braucht man ihn nicht auch noch<br />
national gesetzlich zum Tag der Evolution<br />
zu erheben.<br />
Der Anteil der in Deutschland organisierten<br />
Humanisten an der Gesamtbevölkerung<br />
liegt etwa bei 1 Prozent.<br />
Der Anteil der Konfessionslosen<br />
liegt bei etwa 30 Prozent. Bei diesen<br />
Größenverhältnissen sind Gesetzesinitiativen<br />
durch Humanisten zur<br />
Veranlassung einer säkularen Feiertagskultur<br />
doch blinder Aktionismus<br />
und wenig erfolgversprechend.<br />
Kahl weist darauf hin, dass Wintersonnenwende,<br />
Frühlings- und<br />
Sommerbeginn von der katholischen<br />
Kirche für ihre Feste vereinnahmt<br />
worden sind. Christi Himmelfahrt<br />
habe hingegen keine natürliche<br />
Grundlage. Wenn Christi Himmelfahrt<br />
inzwischen von den mindestens
25 Prozent der Bevölkerung ausmachenden<br />
Vätern ohne Gesetzesinitiative<br />
als Vatertag vereinnahmt wird,<br />
dann könnten ihn doch ähnlich pragmatisch<br />
die bislang nur 1 Prozent der<br />
Bevölkerung ausmachenden Humanisten<br />
als Evolutionstag vereinnahmen.<br />
Daneben bliebe ihnen der als<br />
nicht gesetzlicher Feiertag bereits<br />
bestehende Welthumanistentag am<br />
21.Juni erhalten.<br />
Wolfgang Zipper, Meppen<br />
Kommunikation<br />
wünschenswert<br />
U.a. zur Idee, die Feiertagsgesetzgebung<br />
zu ändern (diesseits 87/2009)<br />
Niemand wünscht sich einen atheistischen<br />
Staat. <strong>Das</strong> wäre nur das<br />
gleichfalls abzulehnende Pendant<br />
zum Gottesstaat. Aber jeder Atheist<br />
wünscht sich strikte Trennung von<br />
Kirche und Staat – also einen absolut<br />
glaubensneutralen säkularen Staat.<br />
Wenn man bedenkt, welch rasante<br />
Entwicklung die Wissenschaften und<br />
die Technik seit der Aufklärung erfahren<br />
und die ganze Welt verändert<br />
hat, dann sind dazu im Vergleich die<br />
Fortschritte bei dem politischen Trennungsprozess<br />
eigentlich beschämend<br />
gering. Es mag unterschiedliche Meinungen<br />
darüber geben, auf welche<br />
Art und Weise, wie aggressiv und<br />
wann versucht werden soll oder muss,<br />
diese Forderungen auch politisch<br />
durchzusetzen, und es mag daraus<br />
auch das Nebeneinander mehrerer<br />
säkularer Organisationen und Institutionen<br />
erklärbar sein, wünschenswert<br />
ist dies hingegen nicht, denn<br />
gemeinsam wären wir stärker. <strong>Das</strong>s<br />
es auch anders geht, machen uns die<br />
politischen Parteien vor, deren unterschiedliche<br />
Flügel denn doch durch<br />
die gemeinsame Grundüberzeugung<br />
zusammengehalten werden.<br />
Hätte Joachim Kahl nicht mit seinem<br />
… Artikel … massive und abwertende<br />
Kritik an Schmidt-Salomons<br />
Begründung zu dessen Petition zur<br />
Einführung eines Evolutionstages<br />
als gesetzlichen Feiertag geübt, und<br />
zwar trotz seiner grundsätzlichen<br />
Bejahung des Vorhabens, hätten viele<br />
Mitglieder gar keine Kenntnis von<br />
dieser Petition erlangt.<br />
Bei aller Rivalität um die geistige<br />
Führungsrolle innerhalb der atheistischen<br />
Weltanschauung solle man aber<br />
wenigstens miteinander kommunizieren<br />
und dann über die Aktivitäten<br />
der anderen die eigenen Mitglieder<br />
auch informieren. <strong>Das</strong> ist doch nicht<br />
zuviel verlangt. (…)<br />
Dr. Wolfgang Weyell, Nürnberg<br />
Der Diesseits -Gedanke<br />
Wer in Glaubensfragen den Verstand befragt,<br />
kriegt unchristliche Antworten.<br />
Wilhelm Busch, Zeichner und Satiriker, 1832-1908<br />
3/2009 39
humanistischer verband<br />
deutschLands (hvd)<br />
bundesvorstand<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-34, Fax 613 904-50<br />
http://www.humanismus.de<br />
hvd@humanismus.de<br />
bundesverband Junge<br />
humanistinnen<br />
Wallstraße 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613904-76, Fax 613904-50<br />
info@juhu-bund.de, www.juhu-bund.de<br />
BADEN-WÜRTTEMBERG<br />
hvd regionalgemeinschaft<br />
ulm-bodensee e.v.<br />
Postfach 2307, 89013 Ulm<br />
hvd-bw@humanismus.de<br />
die humanisten Württemberg<br />
K.d.ö.R<br />
Mörikestraße 14, 70178 Stuttgart<br />
Fon 0711-6493-780, Fax -886<br />
a.henschel@dhuw.de, www.dhuw.de<br />
BAyERN<br />
hvd bayern e.v.<br />
n Landesgeschäftsstelle<br />
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />
90489 Nürnberg<br />
Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />
info@hvd-bayern.de, www.hvd-bayern.de<br />
humanistische akademie<br />
bayern e.v.<br />
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />
90489 Nürnberg<br />
Fon 0911-43104-0, Fax -15<br />
www.humanistische-akademie-bayern.de<br />
info@humanistische-akademie-bayern.de<br />
Humanistisches Sozialwerk<br />
Bayern gGmbH<br />
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13<br />
90489 Nürnberg<br />
Fon 0911 431040<br />
Fax 0911 4310415<br />
Projekt Schuldnercoaching:<br />
Fon 0911 43104-12 info@hsw-bayern.de<br />
www.hsw-bayern.de<br />
hvd nürnberg K.d.ö.r.<br />
n Geschäftsstelle<br />
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />
90489 Nürnberg<br />
Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />
info@hvd-nuernberg.de<br />
www.hvd-nuernberg.de<br />
n Bestattungsreden: 0911-43104-14<br />
n Service-Line 0180-11 123 11<br />
n Jugendfeier-Team und Junge<br />
HumanistInnen: 0911-43104-11<br />
jugendfeier@hvd-nuernberg.de<br />
www.jugendfeier.net<br />
Stadtmauerturm der JuHus: Spittlertormauer<br />
7, 90402 Nürnberg<br />
n <strong>Humanistischer</strong> Kindergarten<br />
Nbg.-St. Peter<br />
Burgerstr. 6, 90478 Nürnberg<br />
Fon 0911-42 45 68-0, Fax -3<br />
kiga.st.peter@hvd-nuernberg.de<br />
n <strong>Humanistischer</strong> Kindergarten<br />
Nbg.-Mögeldorf<br />
Ziegenstr. 28, 90482 Nürnberg<br />
Fon 0911-95 33 58-0, Fax -3<br />
kiga.moegeldorf@hvd-nuernberg.de<br />
n Humanistisches Haus für Kinder<br />
Am Südpark<br />
Dr. Meyer-Spreckels-Str. 5,<br />
90763 Fürth<br />
Telefon 0911-97791013, Fax -17<br />
hfk.fuerth@hvd-nuernberg.de<br />
n turmdersinne gGmbH<br />
Büro: Spittlertorgraben 45<br />
90429 Nürnberg<br />
Fon 0911-94432-81, Fax -69<br />
info@turmdersinne.de<br />
www.turmdersinne.de<br />
Adresse des Turms:<br />
Mohrenturm am Westtor, Nürnberg,<br />
Spittlertorgraben Ecke Mohrengasse<br />
HVD Fürth e.V.<br />
c/o Humanistische Grundschule<br />
Waldstraße 62<br />
90763 Fürth<br />
info@hvd-fuerth.de<br />
www.hvd-fuerth.de<br />
n Humanistische Grundschule Fürth<br />
Waldstraße 62<br />
90763 Fürth<br />
Fon 0911 3766833-0<br />
Fax 0911 3766833-9<br />
info@humanistische-schule.de<br />
www.humanistische-schule.de<br />
hvd Würzburg<br />
Bukarester Str. 12, 97084 Würzburg<br />
www.hvd-wuerzburg.de.vu<br />
hvd-wuerzburg@gmx.de<br />
BERLIN/BRANDENBURG<br />
humanistischer verband<br />
berlin-brandenburg<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-0, Fax 030-613 904-50<br />
www.hvd-potsdam.de, www.hvbb-online.de<br />
BERLIN<br />
hvd berlin<br />
Landesgeschäftsstelle<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-0<br />
Fax 030-613 904-50<br />
hvd-berlin@humanismus.de<br />
Direkte Durchwahlnummern:<br />
n Abteilung Kitas -39<br />
n Abteilung Gesundheit/Soziales -25<br />
n Abteilung Lebenskunde -60<br />
n Abteilung Jugend/Jugendfeier -74, Fax -89<br />
n Patientenverfügungen/Trauergruppen<br />
-11, -19, Fax -36<br />
www.patientenverfuegung.de<br />
mail@patientenverfuegung.de<br />
n V.I.S.I.T.E.<br />
Besuchs- und Hospizdienst -32<br />
www.visite-hospiz.de, mail@visite-hospiz.de<br />
n Kinderhospiz „Berliner Herz“ -80<br />
n Öffentlichkeitsarbeit -26<br />
n Kultur -23<br />
n Fundraising -38<br />
n Freiwilligenarbeit/Mitglieder betreuung/<br />
Seniorenkoordinatorin -15<br />
n Junge HumanistInnen Berlin<br />
Danziger Str. 50, 10437 Berlin<br />
Fon 030-442 72 16, Fax 442 34 93<br />
info@juhu-berlin.de, ingo@juhu-berlin.de<br />
n Jugendtreff „PPZ“ der Jungen<br />
HumanistInnen, Marzahner Chaussee 9 10315<br />
Berlin, Fon/Fax 030-510 17 76<br />
n Jugendgästehaus Heiligensee<br />
info@juhu-heiligensee.de<br />
030 43605470<br />
n Schulklub Sakura-Grundschule<br />
Rochstraße 7, 10178 Berlin<br />
Fon 030-42 85 21 79<br />
n Café Rix GmbH<br />
Karl-Marx-Straße 141, 12043 Berlin<br />
Fon/Fax 030-686 90 20<br />
n Sozialstation „Die Brücke“<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-93 /-97, Fax -91<br />
n Mobilitätshilfedienst Berlin-Mitte<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-95 /-96, Fax -91<br />
n Schwangerschaftskonflikt-beratungsstelle,<br />
Schönholzer Str. 6, 13187 Berlin<br />
Fon/Fax 030-441 79 92<br />
skb@hvd-berlin.de<br />
n Kontakt- und Informationsstelle für<br />
Selbsthilfe (KIS)<br />
Nachbarschaftshaus Pfefferwerk<br />
Fehrbelliner Str. 92, 10119 Berlin<br />
Fon 030-443 43 17, Fax 44 34 04 78<br />
n Betreuungsverein<br />
Alt-Moabit 108 a, 2. Etg., 10559 Berlin<br />
Fon 030-441 30 57, Fax 441 30 59<br />
Betreuungsverein.hvd@berlin.de<br />
n Brückentreff Psychosoziale Kontakt- und<br />
Beratungsstelle<br />
Torstraße 158, 10115 Berlin<br />
Fon 030-280 74 42/ -43, Fax -44<br />
Kitas:<br />
n Adlershofer Marktspatzen<br />
Helbigstr.31, 12489 Berlin<br />
Fon/Fax 030-677 42 09<br />
n Am Park<br />
Engelhardtstr. 10, 12487 Berlin<br />
Fon/Fax 030-631 66 99<br />
n Bornsdorfer Str. 14, 12053 Berlin<br />
Fon 030-56 82 86 63<br />
n Dreikäsehoch<br />
Johanna-Tesch-Str. 20, 12439 Berlin<br />
Fon 030-671 70 33, Fax 67 89 45 28<br />
dreikaesehoch@humanistischekitas.de<br />
n Friedenauer Strolche<br />
Sponholzstraße 16, 12159 Berlin<br />
Fon/Fax 030-75 60 62 09<br />
n Gartenstadtfrösche<br />
Zur Gartenstadt 239, 12526 Berlin<br />
Fon 030-67 82 45 03, Fax 67 82 45 04<br />
gartenstadt@humanistischekitas.de<br />
n General-Woyna-Str. 48<br />
13403 Berlin, Fon/Fax 030-413 30 72<br />
n Holtheimer Weg 6-8, 12207 Berlin<br />
Fon 030-712 49 30, Fax 71 09 74 92<br />
n Hopsekäse<br />
Scharnweberstr. 60, 10247 Berlin<br />
Fon/Fax 030-291 61 64<br />
n Kastanienallee 28/30, 12627 Berlin<br />
Fon/Fax 030-995 22 69 kastanienallee@<br />
humanistischekitas.de<br />
n Kinderhaus Felix<br />
Zühlsdorfer Str. 16, 12679 Berlin<br />
Fon 030-935 80 35, Fax 93 02 78 16<br />
kinderhausfelix@humanistischekitas.de<br />
n Knirpsenstadt am Glitzerbach<br />
Geraer Ring 50/52, 12689 Berlin<br />
Fon/ Fax 030-933 91 98<br />
n Landreiterweg 55, 12353 Berlin<br />
Fon 030-667 90 90, Fax 66 79 09 33<br />
n Michel-Klinitz-Weg 18<br />
12349 Berlin, Fon 030-743 10 14<br />
n Mühlengeister<br />
Thomas-Mann-Str. 17/19, 10409 Berlin<br />
Fon 030-424 17 31, Fax 42 16 15 86<br />
muehlengeister@humanistischekitas.de<br />
n Pillnitzer Weg 6, 13593 Berlin<br />
Fon 030-20 91 48 90, Fax 209 14 89 20<br />
pillnitzerweg@humanistischekitas.de<br />
n PrenzlZwerge<br />
Stahlheimer Str. 27, 10439 Berlin<br />
Fon 030-445 71 94, Fax 40 00 30 61<br />
prenzlzwerge@humanistischekitas.de<br />
n Stadtfüchse<br />
Jablonskistr. 11, 10405 Berlin<br />
Fon/Fax 030-441 42 82 erzieherinnen.<br />
stadtfuechse @web.de<br />
n Wasserwerkstr. 3, 13589 Berlin<br />
Fon 030-37 49 90 30, Fax 374 99 03 24<br />
wasserwerkstrasse@humanistischekitas.de<br />
n Rappelkiste<br />
Alfred-Randt-Str.15/17, 12559 Berlin<br />
Fon 030-654 35 58, Fax 654 60 49<br />
n Wirbelwind, Friedrich-Engels-<br />
Str. 45/47, 13156 Berlin<br />
Fon 030-916 51 24, Fax 47 03 68 69<br />
wirbelwind@humanistischekitas.de<br />
n Zum Hasenhügel<br />
Waldheimer Str. 10/12, 12627 Berlin<br />
Fon 030-994 28 49, Fax 99 28 50 79 zum.<br />
hasenhuegel@humanistischekitas.de<br />
n Konfliktberatung für Paare<br />
Fon über 030-613 904-15<br />
n Neustart – Betreutes Wohnen<br />
für Obdachlose<br />
Alt Reinickendorf 7, 13407 Berlin<br />
Fon 030-4 14 68 74, Fax -75<br />
neustart@hvd-berlin.de<br />
www.wp-neustart.de<br />
n Humanistische Akademie e.V.<br />
Redaktion „humanismus aktuell“<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon/Fax 030-44 34 09 41<br />
www.humanistische-akademie.de<br />
n Koordinierungsstelle für ambulante<br />
Re habilitation älterer Menschen in Neukölln<br />
Haus des älteren Bürgers<br />
Werbellinstraße 42, 12053 Berlin<br />
Fon 030-689 77 00, Fax 68 97 70 20<br />
n Berliner Seniorentelefon<br />
Fehrbelliner Straße 92, 10119 Belin<br />
Fon 030-279 63 93, Fax 44 02 49 97<br />
Sprechzeiten: Mo, Fr, So 14-16 Uhr, Mi 12-16<br />
Uhr unter Fon 030-279 64 44<br />
www.berliner-seniorentelefon.de<br />
info@berliner-seniorentelefon.de<br />
n HOTEL4YOUth<br />
Schönhauser Allee 103, 10439 Berlin<br />
Fon 030-446 77 -83, Fax -859<br />
www.hotel4youth.de, info@hotel4youth.de<br />
n Kinder- und Jugendbüro Marzahn<br />
Kastanienallee 55, 12627 Berlin<br />
Fon 030 9339466<br />
kijubue-marzahn@web.de<br />
n Internetcafé für Senioren<br />
Weltenbummler, Werbellinstraße 42, 12053<br />
Berlin-Neukölln<br />
Fon 030-68054287<br />
n Gesundheitliche und soziale Dienste des HVD<br />
in Tempelhof,<br />
Friedrich-Wilhelm-Straße 59<br />
12103 Berlin, Fon 030-71096852<br />
BRANDENBURG<br />
humanistischer regionalverband<br />
Ostbrandenburg e.v.<br />
PF 1142, 15701 Königs Wusterhausen<br />
Fon 03375-29 77 78, Fax 29 33 35<br />
verein@humanistenkw.de<br />
verwaltung@humanistenkw.de<br />
n Aktionskita „Knirpsenstadt“<br />
Goethestr. 5,<br />
15711 Königs Wusterhausen<br />
Fon 03375-87 28 45<br />
n Jugend-Freizeit-Zentrum<br />
Scheederstr. 47,<br />
15711 Königs Wusterhausen<br />
Fon 03375-29 67 69<br />
hvd regionalverband brandenburg<br />
nord e.v.<br />
Mühlenfeld 12, 16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-83 41 11, Fax 83 41 20<br />
n Humanistisches Musikzentrum<br />
n Feierkultur<br />
n Schuldnerberatung, Vermeidung von<br />
Obdachlosigkeit<br />
n Jugend- und Sozialwerk gGmbH<br />
Kanalstr. 20, 16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-58 28 94<br />
n Berufsbildungswerk Nordost gGmbH<br />
Albert-Buchmann-Str. 1,<br />
16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-53 54 40<br />
n Betreutes Jugendwohnen<br />
Bernauer Str. 146, Haus 106,<br />
16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-80 70 56<br />
nebenstelle neuruppin<br />
Fehrbelliner Str. 139, 16816 Neuruppin<br />
Fon 03391-50 38 42, Fax 35 05 13<br />
n Feierkultur<br />
n Selbsthilfe-Kontaktstelle<br />
n Schulsozialarbeit<br />
humanistischer regional verband<br />
brandenburg/belzig e.v.<br />
Willibald-Alexis-Str. 28<br />
14772 Brandenburg<br />
Fon 03381-73 03 80, Fax 73 03 79<br />
humreg@humreg.de<br />
Kinder- und Jugendclub, Jugendfeier,<br />
Seniorenarbeit, Junge Humanisten,<br />
Schulsozialarbeit, Bereich „Hilfe zur Erziehung“<br />
stadtteilbüro im bürgerzentrum<br />
Große Gartenstraße 42a<br />
14776 Brandenburg an der Havel<br />
Fon 03381-25 09-62, Fax -63<br />
humanistischer regionalverband<br />
Potsdam/Potsdam-mittelmark e.v.<br />
n Geschäftsstelle Potsdam<br />
Jägerstr. 36, 14467 Potsdam<br />
Büro und Patientenverfügung:<br />
Fon 0331-290 94 76<br />
Jugendfeier: Fon 0331-270 98 04<br />
Fax 0331-280 58 81<br />
hvdppm@aol.com<br />
hvd-potsdam@freenet.de<br />
humanistischer regionalverband teltowfläming<br />
e.v.<br />
Goethestr. 8, 14959 Trebbin<br />
Fon/Fax 033731-805 24<br />
humanistischer regionalverband<br />
märkisch-Oderland e.v.<br />
„Arche“, Carl-Schmäcke-Straße 33<br />
15366 Neuenhagen<br />
Tel. 03342-21584, Fax 21586<br />
humanistisches internationales<br />
begegnungs- und beratungszentrum<br />
(hibbZ)<br />
Eisenbahnstr.14, 16225 Eberswalde<br />
Fon und Fax 03334-212491 www.hibbz.de,<br />
info@hibbz.de<br />
humanistischer freidenkerbund<br />
brandenburg e.v.<br />
Postfach 600 813, 14408 Potsdam<br />
Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />
Fon 03338-396 31, Fax 03338-396 32<br />
humanistischer freidenkerbund<br />
havelland e.v.<br />
n Geschäftsstelle<br />
Karl-Thon-Str. 42, 14641 Nauen<br />
Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />
Freidenker-Havelland@web.de<br />
n Jugendtreff Miteinander, Frauen- und<br />
Selbsthilfetreff, Berliner Str. 41, 14712<br />
Rathenow, Fon 03385-51 55 31<br />
n Treff: Suchthilfe, Kleiderkammer,<br />
Obdachlosenarbeit, Suppenküche<br />
Ritterstr. 9, 1641 Nauen<br />
Fon 03321-45 07 46<br />
freidenker barnim e.v.<br />
n Geschäftsstelle<br />
Rüdnitzer Chaussee 48-50, 16321 Bernau<br />
Fon 03338-3 96 31, Fax 3 96 32<br />
n Informations- und Beratungspunkt<br />
Berliner Str. 48, 16321 Bernau<br />
Fon/Fax 03338-2416<br />
Jugendarbeit, Jugendfeier, Senioren- und<br />
Rentenberatung, Patientenverfügung,<br />
Sozialberatung<br />
METRoPoLREGIoN HAMBURG<br />
HVD Metropolregion Hamburg e.V.<br />
Beim Schlump 23, 20144 Hamburg<br />
Fon/Fax 040 67379076<br />
HVD-Hamburg@alice-dsl.net<br />
MEcKLENBURG-VoRPoMMERN<br />
Ziegeleiweg 12, 19057 Schwerin<br />
Fon: 3861 2471, hvd-mv@web.de<br />
www.humanisten-in-mv.de<br />
NIEDERSAcHSEN<br />
humanistischer verband niedersachen<br />
K.d.ö.r.<br />
Landesgeschäftsstelle<br />
Otto-Brenner-Str.20- 22, 30159 Hannover<br />
Fon 0511-167691-60, Fax -78<br />
zentrale@humanisten.de<br />
www.humanisten.de<br />
n Feierservice für weltliche Familienfeiern<br />
Fon 0511-167691-63<br />
n Junge Humanisten Hannover<br />
Landeskoordination JugendFEIER<br />
Fon 0511–18561<br />
www.juhus-hannover.de<br />
info@junge-humanisten.de<br />
n Humanistisches Sozialwerk<br />
Norddeutschland GmbH<br />
Otto Brenner Str.20-22, 30159 Hannover<br />
Haus Humanitas, Fon 0511-167691-61<br />
humanistischer verband bremen<br />
Ursel Leitzow, Prager Str. 41, 28211 Bremen<br />
Fon 0421-243 96 35 bremen@humanisten.de<br />
Ortsgemeinschaften und verbände<br />
freie humanisten<br />
Grünenplan-delligsen<br />
c/o Bodo Hage,<br />
Hinter den Höfen 16, 31073 Delligsen<br />
Fon + Fax: 05187-24 86<br />
Mobil: 0160-950 28 139<br />
gruenenplan@humanisten.de<br />
hv emden<br />
Ortsverband Emden<br />
An der Sporthalle 1, 26759 Hinte<br />
Fon: 04925 8725, 0176-96603435<br />
emden@humanisten.de<br />
hvn Ortsverband hannover<br />
Otto-Brenner-Str. 22, 30159 Hannover<br />
Fon 0511-1 61 4012, Fax 16 76 91 78<br />
hannover@humanisten.de<br />
hv Oldenburg<br />
c/o Grünberger Str. 7, 26127 Oldenburg<br />
Fon 0441-882943 oldenburg@humanisten.de<br />
humanistischer verband Osnabrück<br />
osnabrueck@humanisten.de<br />
www.osnabrueck.humanisten.de<br />
humanistischer verband Wesermarsch<br />
Postfach 1125, 26926 Elsfleth<br />
Fon 04401-695817 wesermarsch@<br />
humanisten.de<br />
NoRDRHEIN-WESTFALEN<br />
hvd nordrhein-Westfalen K.d.ö.r.<br />
Landesgeschäftsstelle<br />
Küpferstr. 1, 44135 Dortmund<br />
Fon 0231-52 72 48, Fax 57 20 72<br />
mail@hvd-nrw.de<br />
www.hvd-nrw.de<br />
Ortsgruppen in vielen Städten!<br />
Tel. erfragen!<br />
n Humanitas-Verlag<br />
www.humanitas-verlag.de<br />
n Junge HumanistInnen NRW<br />
Fon 0231-5 86 15 70<br />
hvd bergisches Land<br />
Chlodwigstr. 28<br />
42119 Wuppertal-Elberfeld<br />
Fon 0202-46 04 555<br />
hvd bielefeld<br />
Fon 0521-9824762<br />
hvd-bielefeld@web.de<br />
hvd duisburg<br />
Fon 0203-29 82 440<br />
RHEINLAND-PFALz<br />
Fon 0173-3436714<br />
hvd-rlp@email.de, www.hvd-rlp.de<br />
SAcHSEN<br />
hvd sachsen<br />
Großenhainer Straße 88<br />
01127 Dresden, Fon 0351-2198100<br />
Ronny.Winkler@hvd-sachsen.de<br />
THÜRINGEN<br />
HVD Thüringen<br />
HVD Thüringen<br />
c/o Siegfried R. Krebs<br />
Weg zum Sportplatz 18, 99438 Legefeld<br />
fon 03643 900744, www.hvd-thueringen.de<br />
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SAcHSEN-ANHALT<br />
humanisten sachsen-anhalt<br />
c/o Junge Humanisten Magdeburg e.V.<br />
39128 Magdeburg<br />
Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />
Fon 0391-2515938, Fax 2516338<br />
humanisten.sachsen-anhalt@<br />
juhu-magdeburg.de<br />
humanistischer regionalverb.<br />
halle-saalkreis e.v.<br />
Bürgerhaus „alternativE“<br />
Gustav-Bachmann-Straße 33<br />
06130 Halle<br />
Fon 0345-1 31 94 73<br />
Fax 0345-1 31 94 75<br />
buergerhaus-halle@freenet.de<br />
n Frauen Kommunikationszentrum<br />
n Offener Kinder- und Jugendtreff<br />
n Trauerberatung, Patienten verfügungen, Fon<br />
0345-2023168<br />
n Begegnungsstätte<br />
Fon 0345-12 26 90 22<br />
n Schuldnerberatung<br />
Fon 0345-1319053<br />
n Musikinstrumentenkabinett<br />
n Jugendfeier Fon 0345-1319473<br />
humanistischer regionalverb.<br />
südliches sachsen-anhalt e.v.<br />
n Bürger und Jugendhaus/Herberge<br />
Huttenstraße 12, 06217 Merseburg<br />
Fon 03461-21 35 19<br />
hrvbuergerhaus@aol.com<br />
n Jugendlub „Die Hütte“<br />
Unter den Eichen, 06217 Merseburg<br />
Fon/Fax 03461-50 28 75<br />
n Jugendfeier Fon 03461-213519<br />
n Jugendclub „Elofant“<br />
Häuerstraße 33, 06242 Braunsbedra<br />
Fon 0177-2115619<br />
n Projekt Schulsozialarbeit<br />
Sekundarschule „Unteres Geiseltal“<br />
Häuerstr. 39, 06242 Braunsbedra<br />
Fon 034633-2 26 09<br />
Junge humanisten magdeburg e.v.<br />
n KJFE „Kannenstieg“<br />
Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />
39128 Magdeburg<br />
Fon 0391-2 51 59 38, Fax -63 38<br />
juhu-magdeburg@t-online.de<br />
n Schülertreff „Rothensee“<br />
Badeteichstraße, 39126 Magdeburg<br />
Fon 0391-5 05 00 44<br />
n Jugendfeier Fon 0391-2515938<br />
humanistischer regionalverb.<br />
mansfelder Land e.v.<br />
n Jugendclub „Die Leuchte“<br />
Beethovenstraße 1, 06333 Hettstedt<br />
Fon 03476-85 11 49<br />
n Jugendtreff „Bombastic“<br />
Friedenstraße 1, 06456 Sandersleben<br />
Fon 034785-2 02 59
Hilde Domin<br />
Wie wenig nütze ich bin<br />
Wie wenig nütze ich bin,<br />
ich hebe den Finger und hinterlasse<br />
nicht den kleinsten Strich<br />
in der Luft.<br />
Die Zeit verwischt mein Gesicht,<br />
sie hat schon begonnen.<br />
Hinter meinen Schritten im Staub<br />
wäscht der Regen die Straße blank<br />
wie eine Hausfrau.<br />
Ich war hier.<br />
Ich gehe vorüber<br />
ohne Spur.<br />
Die Ulmen am Weg<br />
winken mir zu wie ich komme,<br />
grün blau goldener Gruß,<br />
und vergessen mich,<br />
eh ich vorbei bin.<br />
Ich gehe vorüber -<br />
aber ich lasse vielleicht<br />
den kleinen Ton meiner Stimme,<br />
mein Lachen und meine Tränen<br />
und auch den Gruß der Bäume im Abend<br />
auf einem Stückchen Papier.<br />
Und im Vorbeigehn,<br />
ganz absichtslos,<br />
zünde ich die ein oder andere<br />
Laterne an<br />
in den Herzen am Wegrand.<br />
Die Lyrikerin Hilde Domin, Tochter eines jüdischen Rechtsanwalts, wurde am 27. Juli 1909 in Köln geboren. Gemeinsam mit ihrem Mann Erwin<br />
Palm emigrierte sie nach einem Auslandsstudium in Rom zunächst nach Großbritannien, ging dann aber 1940 in die Dominikanische Republik<br />
ins Exil. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland 1954 veröffentlichte sie erste Gedichte unter dem Pseudonym Domin – sie hatte sich nach dem<br />
Namen ihrer Insel benannt, wo sie ihr Dichterleben begann. Sie starb 2006 in Heidelberg.
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>, Wallstraße 61-65, D-10179 Berlin<br />
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<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />
Wallstraße 61-65,10179 Berlin<br />
selbst denken – Gemeinsam leben<br />
Humanistinnen und Humanisten gestalten ihr Leben<br />
selbstbestimmt und verantwortlich, frei von Religion. Es liegt am<br />
Menschen selbst, ethische und moralische Entscheidungen zu<br />
treffen. Diese Freiheit haben wir den Gedanken der Aufklärung<br />
zu verdanken, in deren Tradition der Humanistische <strong>Verband</strong><br />
<strong>Deutschlands</strong> steht.<br />
Als Humanistinnen und Humanisten stehen wir zu unserer<br />
Verantwortung für die Menschen, das Leben und die Natur.<br />
Über die Grenzen von Sprachen und Kulturen hinweg setzen<br />
wir auf den friedlichen Austausch von Ideen und Erfahrungen.<br />
Dabei achten und respektieren wir alle weltanschaulichen und<br />
religiösen Lebensauffassungen. Toleranz hat jedoch dort Grenzen,<br />
wo Menschenrechte missachtet und Positionen der Intoleranz<br />
vertreten werden.<br />
Wir arbeiten eng mit unseren Partnerverbänden in der ganzen<br />
Welt zusammen, die wie wir der Internationalen Humanistischen<br />
und Ethischen Union (IHEU) angehören.<br />
Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> ist eine<br />
überparteiliche, demokratische Organisation, die sich in allen<br />
Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Lebens engagiert,<br />
in denen weltanschauliche Fragen berührt sind. Humanistinnen<br />
und Humanisten beziehen Stellung in den ethischen Debatten<br />
unserer Zeit.<br />
Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> organisiert Kulturund<br />
Bildungsangebote und bietet soziale Unterstützung und<br />
humanistische Beratung für Menschen in allen individuellen<br />
Lebenslagen. Wir richten weltliche Namens-, Jugend-, Hochzeitsund<br />
Trauerfeiern aus. In Berlin ist der Humanistische <strong>Verband</strong><br />
Träger des Schulfaches Lebenskunde und bundesweit von<br />
vielen Kindertagestätten. Besonders gefragt ist das Angebot der<br />
Patientenverfügung. Die „Jungen HumanistInnen“ unterstützen<br />
Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu einem selbstbestimmten<br />
Leben. Bundesweit werden zirka 250.000 Menschen pro Jahr<br />
durch die Dienstleistungen des <strong>Verband</strong>es erreicht.