Paracelsus Today
Dezember 2020
Dezember 2020
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DAS MAGAZIN DER PARACELSUS PRIVATUNIVERSITÄT FÜR SALZBURG UND NÜRNBERG<br />
PARACELSUS<br />
TODAY<br />
3<br />
Dezember 2020<br />
Künstliche<br />
Intelligenz<br />
Ein digitaler Gesundheitsassistent<br />
beschert Jama Nateqi den Titel<br />
Österreicher des Jahres im<br />
Bereich Forschung<br />
NEUER SCHUB<br />
EVER Pharma<br />
kooperiert mit PMU<br />
IM GESPRÄCH<br />
Primaria mit 44 Jahren<br />
am Uniklinikum
EDITORIAL<br />
Bleiben Sie<br />
in Bewegung!<br />
Lockdown! Schon wieder. Abriegeln, Isolieren,<br />
Abstand halten, Unterbindung von Kontakten zwischen<br />
Menschen. Damit haben wir lernen müssen zu<br />
leben - zeitweilig, nicht für immer. Diese Zeilen wurden<br />
mitten im zweiten Lockdown geschrieben und wollen<br />
aufmuntern. Es geschieht so viel Gutes in unserer<br />
Gesellschaft, auch in Krisenzeiten. 2020 war das Internationale<br />
Jahr der Pflegenden. Die gesellschaftliche Bedeutung<br />
der Pflege muss in Corona-Zeiten wahrlich<br />
nicht mehr betont werden, das Bewusstsein dafür ist geschärft<br />
und Tausende haben in diesem Jahr Großartiges<br />
geleistet. Auch Ärztinnen und Ärzte und viele andere<br />
in diesem Land. Dafür gebührt Anerkennung.<br />
Stolz ist die Uni auf ihren Alumnus Jama Nateqi. Er<br />
hat einen digitalen Gesundheitsassistenten „erfunden“,<br />
der auf Basis Künstlicher Intelligenz Personen digital<br />
auf das Corona-Risiko testen kann. Die Stadt Wien<br />
setzt diesen „Assistenten“ im Kampf gegen das SARS-<br />
CoV-2-Virus bereits ein. Mittlerweile hat Nateqi zahlreiche<br />
Auszeichnungen eingeheimst. Lesen Sie darüber<br />
in diesem Heft.<br />
Mit interessanten Geschichten aus der Welt der <strong>Paracelsus</strong><br />
Universität und ihrer Partner wollen wir zeigen,<br />
dass die Wissenschaft weltweit immer Entwicklungen<br />
vorangetrieben und Lösungen gefunden hat.<br />
Der mit 85 Jahren älteste der drei aktuellen Medizin-Nobelpreisträger,<br />
Harvey James Alter, hat seine<br />
Hepatitis-Forschungsarbeit über 50 Jahre in einem<br />
Satz zusammengefasst: „Man weiß zwar noch nicht,<br />
wohin man gehen wird, aber man bleibt immer in Bewegung.“<br />
Bleiben Sie gesund und optimistisch!<br />
Inhalt<br />
Ihr Dr. Gottfried Stienen<br />
Chefredakteur<br />
10<br />
Spotlight Premiere in der Pharmazie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4<br />
FocusOn Der Medizin-Nobelpreis rückt drei Forscher in den Fokus, die den Hepatitis-Virus identifizierten. . . . . . . . . . . . . . .6<br />
Promotion In Salzburg und Nürnberg feierten auch in Corona-Zeiten die Absolventinnen und Absolventen des<br />
Humanmedizinstudiums ihren Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
Alumni Jama Nateqi ist „Österreicher des Jahres“ im Bereich Forschung. Er studierte an der <strong>Paracelsus</strong> Universität in Salzburg .12<br />
Inside Im Ruhestand: PMU-Gründungsrektor Herbert Resch und Kanzler Michael Nake verabschiedeten sich im Herbst<br />
2020 quasi im Doppelpack . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16<br />
Education Er ist mehrmaliger „Teacher of the Year“ am Institut für Anatomie und Zellbiologie: Martin Hudelmaier . . . . . .18<br />
Research Die <strong>Paracelsus</strong> Universität und das Unternehmen EVER Pharma wollen die Pharmazie in Salzburg etablieren 20<br />
VeryPersonal Die Universitätsklinik für Kinder-und Jugendpsychiatrie wird von weiblicher Hand geführt. Primaria<br />
Belinda Plattner schreibt auch Kinderbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
Update Die Pille hat das Leben von Millionen Frauen und Paaren verändert und feiert ihren 60. Geburtstag . . . . . . . . . . . . 28<br />
Friends Rudolf Brenner hat Unternehmergeist und Mut. Nun baut er eine Goldfabrik und schätzt die Arbeit der<br />
<strong>Paracelsus</strong> Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
Pointof View Werden Patientinnen und Patienten digitale Medizin annehmen? Gedanken von PMU-Vizerektor<br />
Wolfgang Söllner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
26<br />
paracelsus today 3 | 20<br />
3
SPOTLIGHT<br />
Impressum<br />
Fotos: PMU/wildbild<br />
Gelungener Einstand<br />
Freude herrschte bei zwei „Premierenfeiern“ an der <strong>Paracelsus</strong><br />
Universität: Während der Universitätslehrgang Early Life Care<br />
seine ersten Masterabsolventinnen hervorbrachte, feierte man im<br />
Pharmaziestudium die ersten Bachelors.<br />
HARMAZIE-PIONIERE … Ein großes<br />
Ereignis im kleineren Rahmen und<br />
unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen<br />
wie Sicherheitsabstand,<br />
Einlassregelungen und permanenter<br />
Maskenpflicht, fand am 9. Oktober<br />
2020 statt: Die 22 frisch gebackenen<br />
Bachelors der Pharmazie und somit Pioniere<br />
des 2017 am Standort Salzburg<br />
gestarteten Pharmaziestudiums erhielten<br />
in einer akademischen Feier im<br />
Jörg Rehn Auditorium der <strong>Paracelsus</strong><br />
Universität ihre Dekrete überreicht.<br />
Mehr dazu unter: https://bit.ly/34Ji4FW<br />
... UND ELC-DEBÜTANTINNEN. Der<br />
Universitätslehrgang Early Life Care<br />
(ELC), eine Kooperation von <strong>Paracelsus</strong><br />
Medizinischer Privatuniversität<br />
und St. Virgil Salzburg, erlebte am 26.<br />
September 2020 eine Premiere. In einer<br />
Abschlussfeier im EVER Pharma<br />
Auditorium der <strong>Paracelsus</strong> Universität<br />
feierten 23 Absolventinnen ihren Abschluss<br />
als Master in Early Life Care.<br />
Trotz der Einschränkungen durch CO-<br />
VID-19 freuten sich alle im Saal und im<br />
Live-Stream an den Bildschirmen mit<br />
den Pionierinnen des Jahrgangs 2016.<br />
Mehr dazu unter: https://bit.ly/3kXkBCY<br />
<strong>Paracelsus</strong> <strong>Today</strong><br />
<strong>Paracelsus</strong> <strong>Today</strong> ist das Magazin der<br />
<strong>Paracelsus</strong> Medizinischen Privatuniversität<br />
in Salzburg<br />
Auflage: 32.150 Stück<br />
Medieninhaber und Herausgeber:<br />
<strong>Paracelsus</strong> Medizinische Privatuniversität<br />
Salzburg - Privatstiftung,<br />
Strubergasse 21, 5020 Salzburg, Tel.<br />
+43 (0)662/24200, www.pmu.ac.at<br />
Verlag: Magazinmanagement und<br />
Verleger: Schoba & Partner GmbH,<br />
Friaulweg 4, 8042 Graz,<br />
www.schoba.at, Geschäftsführerin:<br />
Mag. Eva Schoba<br />
Chefredakteur: Dr. Gottfried Stienen<br />
Chefin vom Dienst: Sabine Ritzinger<br />
Art-Direktion: Erich Schillinger<br />
Mitarbeiter/-innen dieser Ausgabe:<br />
Andreas Aichinger, Wolfgang Bauer,<br />
Prof. Joachim H. Ficker,<br />
Sabine Ritzinger, Ilse Spadlinek,<br />
Dr. Gottfried Stienen<br />
Fotos: i-Stock, Giulia Iannicelli, Klinikum<br />
Nürnberg, Nobel Media, Rudi<br />
Ott, SALK, Michael M. Vogel, Symptoma,<br />
wild&team fotoagentur gmbh,<br />
philor/Harald Klemm, Johns Hopkins<br />
University<br />
Coverfoto: wildbild<br />
Hersteller: Walstead Leykam Druck<br />
GmbH & Co KG, Bickfordstraße 21,<br />
7201 Neudörfl<br />
Alle Angaben ohne Gewähr. Haftung<br />
für Irrtümer und Änderungen ausgeschlossen.<br />
Satz- und Druckfehler<br />
sowie alle Rechte vorbehalten.<br />
SPENDEN BOX<br />
<strong>Paracelsus</strong> <strong>Today</strong> würde sich über<br />
Ihre Sympathiespende sehr freuen.<br />
Wir werden jeden Euro sinnvoll für<br />
neue Ausgaben mit anspruchsvollem<br />
und spannendem Lesestoff einsetzen.<br />
Bitte geben Sie bei der Anweisung Ihrer<br />
Spende beim Verwendungszweck<br />
„<strong>Paracelsus</strong> <strong>Today</strong>“ an. Unser Spendenkonto:<br />
Salzburger Landes-Hypothekenbank,<br />
SWIFT-Code: SLHYAT2S,<br />
IBAN: AT03 5500 0104 0001<br />
3375<br />
FEEDBACK<br />
ERWÜNSCHT<br />
Wie gefällt Ihnen das neue Magazin<br />
von <strong>Paracelsus</strong> <strong>Today</strong>? Teilen Sie uns<br />
Ihre Meinung und Ihre Anregungen<br />
mit: paracelsus@pmu.ac.at .Sichern<br />
Sie sich Ihr Gratis-Abo. So verpassen<br />
Sie keine Ausgabe von <strong>Paracelsus</strong> <strong>Today</strong><br />
und erhalten das neue Magazin<br />
bequem nach Hause geliefert:<br />
www.pmu.ac.at/abo<br />
4<br />
paracelsus today 3 | 20
Reichweiter.<br />
Verbrenner trifft auf Elektro-Plug in? Das ist reichweiter: In über 20 Plug-in-Hybrid-Modellen<br />
mit<br />
aus allen Klassen. Jetzt zu attraktiven Leasingraten.<br />
Mehr auf pappas.at/elektromobilitaet und bei Ihrem Partner von Pappas.<br />
Jetzt mit<br />
€ 2.500,–<br />
Elektro-Mobilitätsbonus<br />
Und zusätzlich<br />
€ 1.000,–<br />
Mercedes-Benz Bank Bonus*<br />
* Der Mercedes-Benz Bank Bonus in der Höhe von € 1.000,– gilt für alle MB PKW bei<br />
Finanzierung über die Mercedes-Benz Bank bis 31.12.2020. Abbildung ist Symbolfoto.<br />
Autorisierter Mercedes-Benz Vertriebs- und Servicepartner;<br />
Georg Pappas Automobil GmbH, Pappas Automobilvertriebs GmbH, Pappas Auto GmbH,<br />
Pappas Tirol GmbH, Pappas Steiermark GmbH; 0800 727 727; www.pappas.at
Ein<br />
Virus<br />
mit<br />
„W<br />
ir bekamen dort jeden<br />
Morgen neben der<br />
normalen<br />
Stationswäsche<br />
auch die<br />
OP-Wäsche. Da gab<br />
es manche Teile, die mit Blut getränkt<br />
von der Ansteckung mit einer Viruserkrankung,<br />
die jetzt wieder in den Blickpunkt<br />
gerückt ist: Hepatitis C.<br />
Erste Verdachtsmomente.<br />
Bereits im Jahr 1883 war die norddeut-<br />
waren, insbesondere bei den teilweise<br />
schwer verletzten Unfallopfern. Wir<br />
sortierten sie dann nach Farben und<br />
Material mit bloßen Händen, Handschuhe<br />
gab es dafür nicht.“ Diese für<br />
heutige Ohren überaus verstörenden<br />
Erinnerungen beziehen sich auf einen<br />
Studentenjob in der Wäscherei einer<br />
deutschen Unfallklinik, irgendwann<br />
Anfang der 1970er-Jahre. Gesammelt<br />
wurden sie von der Deutschen Leberhilfe,<br />
einem Verein, der sich als Informationsschnittstelle<br />
zwischen Ärzten<br />
und Patienten versteht. Und auch die<br />
anderen Krankengeschichten machen<br />
nachdenklich. Sie handeln von verschmutzten<br />
Spritzen, Zahnbehandlungen,<br />
Plasmaspenden, Bluttransfusionen<br />
und einem Polizisten,<br />
der bei einem Einsatz verletzt<br />
sche Hansestadt Bremen zum Schauplatz<br />
zunächst mysteriöser Erkrankungen<br />
geworden. Unter den Arbeitern einer<br />
lokalen Schiffbaugesellschaft war<br />
eine Gelbsucht-Epidemie – Hepatitis<br />
wurde seit der Antike durch die Gelbfärbung<br />
von Haut und Augen („Ikterus“)<br />
charakterisiert – ausgebrochen.<br />
Als einzige Gemeinsamkeit aller Erkrankten<br />
kam letztlich nur eine Ursache<br />
in Frage: eine mit Pockenlymphe<br />
durchgeführte Impfung. Gut 80 Jahre<br />
später machten US-Forscher ebenfalls<br />
eine zunächst unerklärliche Beobachtung:<br />
Über 30 Prozent aller Menschen,<br />
die am offenen Herzen operiert worden<br />
waren – und entsprechend viele Blutkonserven<br />
benötigt hatten – erkrankten<br />
an Hepatitis. Schließlich konnte<br />
dieses Problem durch eine simple Maßnahme<br />
wird. Eines haben all diese Erfahrungsberichte<br />
wenigstens deutlich einge-<br />
und Erinnerungen<br />
bremst werden: den Verzicht auf „kom-<br />
gemeinsam: Sie erzählen merzielle“ Blutkonserven von<br />
Pro-<br />
FocusOn | Der Weg zur Erforschung des Hepatitis-C-Virus lag versteckt und<br />
war voller Sackgassen. Der Medizin-Nobelpreis 2020 rückt jetzt drei Forscher,<br />
die ihn dennoch gefunden haben, in den Fokus. Und mit ihnen eine gefährliche<br />
Krankheit, die weltweit noch immer einen hohen Blutzoll fordert.<br />
Autor: Andreas Aichinger • Illustration: Elmehed für Nobel Media • Foto: iStock<br />
Harvey J.Alter, Michael Houghton und<br />
Charles Rice (v.l.n.r.) wurden für die Identifikation<br />
des Hepatitis-C-Virus mit dem<br />
Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.<br />
6<br />
paracelsus today 3 | 20
fi-Blutspendern und deren Ersetzen<br />
durch Blut von freiwilligen Spendern.<br />
Letztere steckten sich beim Blutspenden<br />
nämlich naturgemäß deutlich seltener<br />
an als Vielspender. So wie bei den<br />
Schiffsbauern des Jahres 1883 lag somit<br />
auch hier der Verdacht auf ein infektiöses<br />
Geschehen nahe.<br />
Australisches Antigen & Hepatits B.<br />
Die Umstellung der Blutspenderauswahl<br />
sei die „effektivste Maßnahme in<br />
der Geschichte der Hepatitis-Bekämpfung<br />
überhaupt“ gewesen, sagt einer,<br />
der damals dabei war. Und der für seine<br />
Forschungstätigkeit vor wenigen<br />
Wochen mit dem Nobelpreis für Medizin<br />
2020 ausgezeichnet worden ist: der<br />
US-amerikanische Virologe und Transfusionsmediziner<br />
Harvey J. Alter. Anfangs<br />
war der 1935 in New York geborene<br />
Alter Teil jener Forschungsgruppe<br />
gewesen, die 1965 im Blut eines australischen<br />
Ureinwohners ein besonderes<br />
Antigen entdeckt hatte. Dieses entpuppte<br />
sich schließlich als Oberflächenprotein<br />
der Hülle des Hepatitis-B-Virus<br />
und wurde zum Ausgangspunkt<br />
erster Hepatitis-Tests. Der Leiter<br />
der Forschungsgruppe, der Biochemiker<br />
Baruch Samuel Blumberg, erhielt<br />
für seine Arbeit rund um die infektiöse<br />
Leberentzündung Hepatitis B im Jahr<br />
1976 den Nobelpreis für Medizin. Harvey<br />
Alter hingegen musste noch satte<br />
44 Jahre warten, bis es auch bei ihm<br />
selbst soweit war: Gemeinsam mit Michael<br />
Houghton und Charles M. Rice<br />
wurde er für die Identifikation des Hepatitis-C-Virus<br />
mit dem Medizin-Nobelpreis<br />
2020 ausgezeichnet.<br />
Infektion mit fatalen Folgen.<br />
Leberentzündungen können zwar auch<br />
durch Alkoholmissbrauch, Umwelttoxine<br />
oder Autoimmunerkrankungen<br />
ausgelöst werden, die Hauptursache<br />
sind jedoch Virusinfektionen. Sprich:<br />
Hepatitis B und Hepatitis C. Letztere Erkrankung<br />
nimmt in ungefähr 50 bis 80<br />
Prozent der akuten Infektionen einen<br />
chronischen Verlauf. Laut dem „Global<br />
Hepatitis Report“ der Weltgesundheitsorganisation<br />
WHO lebten im Jahr<br />
2015 weltweit rund 71 Millionen Menschen<br />
mit einer chronischen HCV-Infektion.<br />
Wird eine Infektion nicht behandelt,<br />
entwickelt ein signifikanter<br />
Teil Leberzirrhosen, ein kleinerer Teil<br />
auch Leberzellkrebs. Die Folgen sind<br />
laut Schätzungen rund 400.000 Hepatitis-C-Tote<br />
pro Jahr. Für Österreich<br />
vermutet man, dass etwa 0,3 Prozent<br />
der Bevölkerung und somit etwa<br />
27.000 Menschen an chronischer Hepatitis<br />
C erkrankt sind. Der häufigste<br />
Übertragungsweg hierzulande ist die<br />
gemeinsame Verwendung von Nadeln<br />
durch Drogensüchtige. Mangelt es an<br />
Hygiene, können auch Tätowierungen,<br />
Piercings, Akupunktur und unter Umständen<br />
auch sexuelle Aktivitäten zum<br />
Problem werden. Die beschriebene<br />
Transfusions-Hepatitis hingegen konnte<br />
bis zur Jahrtausendwende in vielen<br />
Teilen der Welt nahezu eliminiert werden.<br />
Nicht A, nicht B.<br />
Nachdem ab Mitte der 1970er-Jahre<br />
auch die durch verunreinigtes Wasser<br />
oder Nahrung übertragene Hepatitis A<br />
– sie hatte unter anderem als „Soldatengelbsucht“<br />
seit Jahrhunderten die Armeen<br />
der Welt heimgesucht – nachgewiesen<br />
werden konnte, schöpfte auch<br />
Harvey Alter Hoffnung. Im Glauben,<br />
paracelsus today 3 | 20<br />
7
endlich der wahren Ursache für die<br />
früheren Blutkonserven-Ansteckungen<br />
auf die Spur gekommen zu sein,<br />
untersuchte er seine über Jahre aufgebaute<br />
Blutproben-Bank abermals. Aber<br />
Fehlanzeige: Der Löwenanteil entfiel zu<br />
seiner Enttäuschung weder auf die<br />
A- noch auf die B-Variante. In der Hoffnung<br />
auf absehbare Klärung etikettierte<br />
Harvey Alter die mysteriöse Erkrankung<br />
schließlich als „Non-A-Non-B-<br />
Hepatitis“ – und landete wieder in<br />
einer Sackgasse. Die aufkeimende Frustration<br />
des heutigen Nobelpreisträgers<br />
manifestierte sich 1988 auch in einem<br />
launigen Gedicht Alters:<br />
I think that I shall never see<br />
This virus called non-A, non-B<br />
A virus I cannot deliver<br />
And yet I know it‘s in the liver<br />
A virus that we often blame,<br />
But which exists alone by name<br />
No antigen or DNA<br />
No little test to mark its way. …<br />
Ironie der Medizingeschichte.<br />
Die eigentliche Identifikation des gesuchten<br />
Virus sollte nur ein Jahr später<br />
einem anderen Wissenschafter gelingen.<br />
Und zwar dem britischen Virologen<br />
und Biochemiker Michael Houghton,<br />
der damals für das kalifornische<br />
Pharma-Unternehmen Chiron tätig<br />
war. Seinem Team gelang es 1989, DNA-<br />
Fragmente aus dem Blut infizierter<br />
Schimpansen zu isolieren, von denen<br />
einige mutmaßlich von dem unbekannten<br />
Virus herrührten. Durch Abgleich<br />
mit Antikörpern von Hepatitis-Patienten<br />
konnte schließlich ein positiver<br />
Klon gefunden werden, der nach<br />
weiteren Arbeiten einem neuen RNA-<br />
Virus zugeordnet werden konnte. Dieses<br />
Virus wurde nunmehr Hepatitis-C-Virus<br />
(HPC) getauft, und ein entsprechender<br />
Test entwickelt. Es zeigte<br />
sich, dass jede einzelne der „Non-<br />
A-Non-B“-Blutproben Harvey Alters<br />
„Die Heilung von Hepatitis C<br />
ist bei fast allen Patienten<br />
ohne relevante Nebenwirkungen<br />
möglich – und zwar<br />
in einem Bruchteil der<br />
früher notwendigen Zeit.“<br />
Assoc.-Prof. Dr. Elmar Aigner,<br />
leitender Oberarzt der Universitätsklinik<br />
für Innere Medizin I mit Gastroenterologie<br />
und Hepatologie in Salzburg<br />
tatsächlich das Hepatitis-C-Virus enthielt.<br />
Der US-amerikanische Virologe<br />
Charles Rice – der Dritte im Bunde der<br />
Medizin-Nobelpreisträger 2020 – steuerte<br />
schließlich noch den Nachweis bei,<br />
dass allein das HPC-Virus ausreicht,<br />
um Hepatitis zu verursachen.<br />
Beeindruckende Erfolgsgeschichte.<br />
Heute ist Hepatitis-C ein perfektes Beispiel<br />
dafür, dass manche Erreger auch<br />
ohne Schutzimpfung effektiv bekämpft<br />
werden können. Sofern eine Erkrankung<br />
rechtzeitig diagnostiziert wird,<br />
kann sie in der Regel innerhalb weniger<br />
Wochen erfolgreich mit antiviralen<br />
Medikamenten therapiert werden.<br />
„Nach langen Jahren der Behandlung<br />
mit Heilungsraten um 50 Prozent bei<br />
gleichzeitig schweren und lebensgefährlichen<br />
Nebenwirkungen, ist inzwischen<br />
die Heilung bei fast allen Patienten<br />
ohne relevante Nebenwirkungen<br />
möglich“, bestätigt auch Elmar Aigner,<br />
leitender Oberarzt der Universitätsklinik<br />
für Innere Medizin I mit Gastroenterologie<br />
und Hepatologie in Salzburg,<br />
„Und zwar in einem Bruchteil der früher<br />
dafür notwendigen Zeit.“ Aigner, der<br />
auch Dekan für Humanmedizin der <strong>Paracelsus</strong><br />
Uni und Vorstandsmitglied<br />
der Österreichischen Gesellschaft für<br />
Gastroenterologie und Hepatologie<br />
(ÖGGH) ist, weiter: „Die Heilung der Hepatitis<br />
C ist tatsächlich eine beeindruckende<br />
Erfolgsgeschichte der medizinischen<br />
Forschung. Hepatitis C stellt<br />
nach wie vor die einzige chronische Virusinfektion<br />
dar, die heilbar ist. Und<br />
zwar wirklich im Sinne der Virus-Elimination.“<br />
Learnings des Nobelpreisträgers.<br />
Mit heute 85 Jahren ist Harvey Alter<br />
der älteste des Nobelpreisträger-Trios.<br />
Und so ist es durchaus bemerkenswert,<br />
was gerade er als Fazit seiner „50-Jahre-Saga“<br />
(O-Ton Alter) in der Hepatitis-C-Forschung<br />
weitergeben will. Einerseits<br />
unterstrich Alter anlässlich der<br />
Nobelpreis-Pressekonferenz des National<br />
Institutes of Health (NIH), an dem er<br />
den Großteil seiner akademischen Karriere<br />
gearbeitet hat, den hohen Stellenwert<br />
einer nicht unmittelbar zielgerichteten<br />
Forschung. Alters Devise:<br />
„Man weiß zwar noch nicht, wohin man<br />
gehen wird, aber man bleibt immer in<br />
Bewegung.” Gleichzeitig ist der Nobelpreisträger<br />
auch ein Paradebeispiel für<br />
einen wirklich langen Forschungsatem.<br />
Noch 2013 kommentierte Alter seine<br />
frühe Lebensentscheidung, nicht beim<br />
späteren Hepatitis-B-Nobelpreisträger<br />
Blumberg geblieben zu sein, so: „Ich<br />
hätte vielleicht den Nobelpreis mit ihm<br />
teilen können, aber das ist hochspekulativ.<br />
Ich bereue es nicht, diesen Weg<br />
nicht eingeschlagen zu haben.“ Immerhin<br />
zu 50 Prozent richtig lag Alter indes<br />
bereits 1989 mit einer Textzeile aus<br />
einem weiteren Hepatitis-Gedicht: „Für<br />
mich wird es keinen Nobelpreis geben.<br />
Aber es gibt ja noch andere Viren am<br />
Horizont.“Ω<br />
8<br />
paracelsus today 3 | 20
vb-rb.de<br />
Eines Tages<br />
will ich Euer<br />
Held sein.<br />
Wir finden, die Welt braucht mehr Zuversicht.<br />
Deshalb unterstützen wir alle, die den<br />
Mut haben, ihre Zukunft selbst in die Hand<br />
zu nehmen. Gemeinsam schauen wir nach<br />
vorn und sagen: Morgen kann kommen.<br />
Wir machen den Weg frei.<br />
meine Volksbank<br />
Raiffeisenbank eG
Mit Abstand<br />
das Größte<br />
Promotion | Feiern in Corona-Zeiten?<br />
Ja, aber sicher! Die Absolventinnen<br />
und Absolventen des Medizinstudiums<br />
in Salzburg und Nürnberg<br />
genossen ihren Ehrentag trotz Abstand<br />
und Sicherheitsmaßnahmen.<br />
Fotos: PMU/wildbild; Klinikum Nürnberg/Giulia Iannicelli<br />
Studieren und Studienabschluss<br />
stellten die<br />
Jahrgänge 2015 des<br />
Studiums der Humanmedizin<br />
in Salzburg<br />
und Nürnberg in diesem<br />
Jahr vor große Herausforderungen.<br />
Sie werden ihr letztes Studienjahr<br />
wohl immer als „Corona-Zeit“<br />
in Erinnerung behalten.<br />
Doch trotz oder auch wegen aller<br />
Widrigkeiten hatten auch sie<br />
sich, wie alle Abschlussjahrgänge,<br />
eine würdige Feier verdient.<br />
Unerwartetes in Nürnberg. Neue<br />
Wege beschritten dagegen ihre<br />
Kolleginnen und Kollegen am<br />
Standort Nürnberg: mit einer<br />
akademische Feier eine Woche<br />
zuvor in der ungewöhnlichen<br />
Kulisse des Nürnberger Max-<br />
Morlock-Stadions. Rund 300<br />
„Fans“ aus Familienmitgliedern,<br />
Freundeskreis, Ehrengästen und<br />
Universitätsangehörigen gratulierten<br />
unter freiem Himmel und<br />
mit reichlich Platz zum Abstandhalten.<br />
<br />
Ω<br />
Mehr dazu unter:<br />
https://bit.ly/36oxJge<br />
In Salzburg<br />
wurde Indoor unter strengen Sicherheitsmaßnahmen<br />
gefeiert.<br />
Bewährtes in Salzburg. Die frisch<br />
gebackenen Ärztinnen und Ärzte<br />
der <strong>Paracelsus</strong> Universität am<br />
Standort Salzburg feierten am 25.<br />
September 2020 in bewährter<br />
Manier im Hangar-7 – allerdings<br />
Pandemie-bedingt in kleinerem<br />
Rahmen und mit ausgefeiltem<br />
Sicherheitskonzept. Der traditionelle<br />
Einmarsch der Würdenträger<br />
und Doctores mit blauem gebrandetem<br />
Mund-Nasen-Schutz<br />
unterschied sich doch sehr von<br />
dem vergangener Jahre.<br />
Mehr dazu unter:<br />
https://bit.ly/3ldRdsB<br />
Am Standort Nürnberg<br />
diente das Max-Morlock-Stadion<br />
als Freiluft-Location.<br />
10<br />
paracelsus today 3 | 20
Aufgetischt für<br />
1.000 obdachlose<br />
Menschen<br />
Ein festliches Menü an Weihnachten – das ist nicht<br />
für alle Menschen eine Selbstverständlichkeit. dm<br />
drogerie markt und BIO AUSTRIA richten gemeinsam<br />
mit 25 Wärmestuben und Notschlafstellen in ganz Österreich<br />
Festessen aus: Rund 1.000 obdachlose Menschen<br />
erwartet ein Drei-Gänge-Menü mit besten Zutaten<br />
aus dem dmBio Sortiment und Lebensmitteln<br />
von regionalen Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern.<br />
► Beim Kochen im Haus Elisabeth im vergangenen Jahr:<br />
Harald Bauer (dm Geschäftsführer) mit Manuela Habersatter und<br />
Martina Strimitzer (beide dm Mitarbeiterinnen) sowie Susanne Maier<br />
(Geschäftsführerin BIO AUSTRIA).<br />
Ein Jobverlust, eine schwere Krankheit, psychische Probleme,<br />
eine Sucht – die Ursachen, warum Menschen in eine<br />
Abwärtsspirale geraten, sind vielfältig und niemand ist davor<br />
restlos gefeit. Wenn Betroffenen dann ein Netz an Familie<br />
und Freunden fehlt, das einen auffängt, stehen sie oft<br />
auf der Straße. Verschiedene Anlaufstellen sind dann gefragt.<br />
„Wir alle wissen, dass sich täglich zahlreiche Helfer<br />
für obdachlose und armutsgefährdete Menschen einsetzen<br />
und das mit vollem Elan. Die Unterstützer waren und sind<br />
– wie wir alle – heuer besonders gefordert. Mit den Festessen<br />
wollen wir einen kleinen Beitrag leisten“, sagt dm Geschäftsführer<br />
Harald Bauer.<br />
BIO-ZUTATEN FÜR 25 EINRICHTUNGEN<br />
© dm / GRÜNWALD<br />
► Produktübergabe in Wels: Michael Schuster (dm Gebietsmanager) und Gertraud Grabmann<br />
(Obfrau BIO AUSTRIA) mit Bettina Reichhold und Petra Wimmer (beide Soziales Wohnservice Wels).<br />
lichst regional die benötigten frischen Bio-Lebensmittel<br />
zu den Küchen im ganzen Land. Dort wird dann ein<br />
weihnachtliches Festmahl für die Gäste von Wärmestuben<br />
und Notschlafstellen vor Ort zubereitet. Wir hoffen,<br />
dass wir dadurch dazu beitragen können, möglichst<br />
vielen Menschen in schwieriger Lage zu einem schönen<br />
und wärmenden Weihnachtserlebnis zu verhelfen“, sagt<br />
Gertraud Grabmann, Biobäuerin und Obfrau von BIO<br />
AUSTRIA.<br />
UNTERSTÜTZUNG IN DER FILIALE<br />
Nach dem Erfolg im vergangenen Jahr lädt dm auch heuer<br />
Wärmestuben und Notschlafstellen ein, gemeinsam ein<br />
Festessen für 1.000 obdachlose Menschen umzusetzen. Dafür<br />
stellt dm Dekoration sowie Produkte aus dem dmBio<br />
Sortiment zur Verfügung. Unser Partner BIO AUSTRIA ergänzt<br />
auch in diesem Jahr die Einkaufsliste um Frischwaren.<br />
„Unsere Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern liefern mögdm<br />
Kunden können in den dm Filialen mit einer Spende<br />
von 5 Euro einen Beitrag leisten. Als kleines Dankeschön<br />
gibt es für die Unterstützer einen schönen Anhänger aus<br />
Filz (solange der Vorrat reicht). Sollte mehr gespendet<br />
werden, als zur Finanzierung der Festessen benötigt<br />
wird, fließt das zusätzliche Geld im kommenden Jahr in<br />
soziale Projekte in ganz Österreich.
„ G<br />
egenstand der Symptoma<br />
GmbH ist die Erbringung<br />
von EDV- und Internetdienstleistungen.“<br />
Hinter<br />
diesem nüchternen und<br />
unspektakulären Eintrag im Österreichischen<br />
Handelsregister steht eine ungewöhnliche<br />
Erfolgsstory: die eines<br />
Mannes, der auszog, die medizinische<br />
Diagnostik mittels Künstlicher Intelligenz<br />
zu vereinfachen und zu beschleunigen,<br />
sowie Fehldiagnosen bei Patienten<br />
entgegenzuwirken. Sein Name ist<br />
Jama Nateqi.<br />
Von Wurzeln und Wünschen. Der Hang<br />
zur Medizin begleitet den gebürtigen<br />
Deutschen seit Kindertagen. Aufgewachsen<br />
in Hannover als Sohn afghanischer<br />
Eltern, hatte er im Alter von<br />
fünf Jahren seinen in Afghanistan lebenden<br />
Großvater das erste Mal getroffen.<br />
Als dieser wenige Monate danach<br />
an einer Krankheit starb, die in Deutschland<br />
wahrscheinlich heilbar gewesen<br />
wäre, reifte in Jama der Wunsch, Arzt zu<br />
werden: „Doch mein Traum hat sich mit<br />
der Zeit gewandelt. Im Alter von sechs<br />
Jahren wollte ich Hausarzt werden,<br />
während des Zivildienstes Augenarzt<br />
und im Studium schließlich Neurochirurg.<br />
Jetzt baue ich halt einen künstlichen<br />
Arzt.“ Auf die datenwissenschaftliche<br />
Seite der Medizin zog es Jama<br />
schon früh. Das Start-up namens Symptoma<br />
gründete er mit seinem langjährigen<br />
Geschäftspartner, dem Physiker<br />
und Entwickler Thomas Lutz, bereits<br />
während des Studiums an der PMU.<br />
Dass der Arztkittel dem Business-Outfit<br />
weichen musste, bereut der<br />
Mediziner nicht: „Ich bin in meiner Rolle<br />
mehr als glücklich. Auf der einen Seite<br />
kann ich als Mediziner etwas Gutes<br />
tun. Auf der anderen kann ich als Unternehmer<br />
das Gute wirtschaftlich<br />
nachhaltig skalieren und damit hoffentlich<br />
einen Beitrag für die Zukunft<br />
der Medizin leisten.“ Sein Anspruch,<br />
Vom Symptom<br />
zur Diagnose<br />
Alumni | Der Mediziner Jama Nateqi hat einen ungewöhnlichen<br />
Karriereweg beschritten: Mit seinem<br />
Unternehmen Symptoma ist der PMU-Absolvent der<br />
gefragte Anbieter eines innovativen digitalen Gesundheitsassistenten<br />
– und kürzlich ausgezeichneter „Österreicher<br />
des Jahres“ im Bereich Forschung.<br />
Autorin: Sabine Ritzinger • Fotos: PMU/wildbild; Symptoma<br />
12<br />
paracelsus today 3 | 20
toma und ihn zeugen inzwischen vom<br />
Erfolg.<br />
„Ich habe die einmalige<br />
Möglichkeit mit Symptoma<br />
einen wichtigen Beitrag<br />
für das Gesundheitssystem<br />
zu leisten und mit meinen<br />
Stärken Gutes zu bewirken.“<br />
Dr. Jama Nateqi,<br />
Gründer und Miteigentümer<br />
von Symptoma<br />
Ärzten einen verlässlichen Zugang zum<br />
universellen medizinischen Wissen zu<br />
verschaffen, beruht auch auf Statistik:<br />
Demnach sei jede siebente Diagnose<br />
weltweit entweder falsch oder komme<br />
zu spät. Wären alle Diagnosen zur richtigen<br />
Zeit korrekt, könnten jährlich 1,5<br />
Millionen Menschen gerettet werden.<br />
„Wir haben die größte Krankheitsdatenbank<br />
der Welt etabliert – mit mehr<br />
als 20.000 Ursachen und Milliarden<br />
Symptomen, Risikofaktoren und Statistiken.<br />
Damit können Nutzer jetzt nicht<br />
nur Symptome eingeben, sondern auch<br />
Freitext und Suchwörter“, erklärt der<br />
37-Jährige.<br />
Inspiration POL. Die Idee zur E-Health-<br />
Lösung Symptoma kam ihm beim Problemorientierten<br />
Lernen (POL) an der<br />
<strong>Paracelsus</strong> Universität: Bei dieser Lernform<br />
erarbeiten die Studierenden in<br />
Kleingruppen anhand einer Patientengeschichte<br />
selbstständig einen klinischen<br />
Fall – von der Anamnese über die<br />
Untersuchung bis hin zur Behandlung.<br />
„Um zu einer guten Einschätzung der Erkrankung<br />
zu kommen, braucht es viel<br />
Literatur und jede Menge Zeit – und<br />
selbst dann ist es schwierig, sich eine<br />
endgültige Übersicht zu verschaffen. Ich<br />
habe, vereinfacht gesagt, eine Abkürzung<br />
für die Recherche gesucht“, beschreibt<br />
er die Entstehungsgeschichte.<br />
Dass aus der zündenden Idee ein eigenes<br />
Unternehmen mit einem umfassenden<br />
Datensystem auf Basis Künstlicher<br />
Intelligenz und unzähliger medizinischer<br />
Publikationen, Patientenakten<br />
und Patientenberichten werden sollte,<br />
hatte der Medizinstudent zu dieser Zeit<br />
wohl nicht ahnen können. Auch nicht,<br />
dass seinem Start-up und ihm selbst<br />
weltweit so viel Aufmerksamkeit und<br />
Anerkennung zuteil werden würden.<br />
Zahlreiche Auszeichnungen für Symp-<br />
Morgenmensch und Vielarbeiter. Der<br />
Weg von der anfänglichen Suchmaschine<br />
für Krankheiten für Ärzte zum<br />
vielbeachteten intelligenten Chatbot<br />
für den breiten Einsatz bei Medizinern,<br />
in Kliniken und in der Bevölkerung, basiert<br />
auf 14 Jahren intensiver Forschungs-<br />
und Entwicklungsarbeit. Mit<br />
der umfangreichen Datenbasis und der<br />
höchsten Treffergenauigkeit am Markt<br />
(laut internen, externen und Peer-Review-Studien)<br />
ist Symptoma inzwischen<br />
ein weltweit gefragter Partner<br />
und hat Niederlassungen am Attersee,<br />
in Wien und Salzburg. Auf der kostenfreien<br />
Webseite symptoma.at bzw.<br />
symptoma.com können Ärzte und Patienten<br />
Symptome und Suchwörter zu<br />
mehr als 20.000 Erkrankungen und in<br />
36 verfügbaren Sprachen eingeben. Die<br />
künstliche Intelligenz stellt weiterführende<br />
Fragen und listet schließlich jene<br />
Krankheiten auf, die als Ursache für die<br />
Symptome infrage kommen – sortiert<br />
nach Wahrscheinlichkeit.<br />
Um sein umfangreiches Arbeitspensum<br />
zu bewältigen, startet der Umtriebige<br />
seinen Arbeitstag zwischen ein<br />
und zwei Uhr in der Früh. Nach Meditation<br />
und Sport – zum Beispiel<br />
Schwimmen im Attersee bei jedem<br />
Wetter und zu jeder Jahreszeit – steigt<br />
Nateqi ins Tagesgeschäft und erste Meetings<br />
ein. Sein Team besteht aus Miteigentümer<br />
Thomas Lutz, Datenwissenschaftlern,<br />
Informatikern, Medizinern,<br />
Designern, Datenschutzbeauftragten<br />
und Controllern. Medizinische Direktorin<br />
ist PMU-Alumna Stefanie Gruarin<br />
(ehemals Klein) aus dem allerersten<br />
Jahrgang (2003) der PMU. Leiter der<br />
Forschungsabteilung ist Simon Lin – ein<br />
weiterer der insgesamt vier PMU-Alumni<br />
im Unternehmen. Rund 70 Personen<br />
weltweit, 30 davon in Österreich, arbeiten<br />
inzwischen für das Unternehmen. ><br />
paracelsus today 3 | 20<br />
13
International im Geschäft. Mittlerweile<br />
wurde und wird Symptoma in rund 36<br />
Forschungsprojekten mit annähernd<br />
100 Institutionen weltweit validiert<br />
und weiterentwickelt, darunter mehr<br />
als 30 Kliniken. Die Themenpalette ist<br />
umfangreich: So geht es unter anderem<br />
um die Auswertung von EKG- und<br />
EEG-Daten, um individuelle Behandlungsschritte<br />
in der Epilepsie oder die<br />
Risikoerkennung einer lebensgefährlichen<br />
Sepsis. Ein wichtiges medizinisches<br />
Einsatzgebiet des Chatbots sind<br />
Infektionen: Wenn man weiß, welcher<br />
Erreger vorliegt, können das richtige<br />
Antibiotikum verabreicht und Resistenzen<br />
vermieden werden. Auch der<br />
Bereich ‚Rare Disease‘ ist eine bedeutsame<br />
„Mission“: Jeder Zehnte hat vermutlich<br />
eine seltene Krankheit. Doch<br />
nur 25 Prozent der Betroffenen haben<br />
ihre Diagnose erhalten – und das im<br />
Schnitt nach sieben bis zehn Jahren<br />
Leidensweg.<br />
Der neueste „Wurf“ ist ein Corona-Chatbot,<br />
der von Symptoma seit<br />
Ende Jänner 2020 auf COVID-19 trainiert<br />
wird. „Wir haben über viele Wochen<br />
hinweg nächtelang Lösungen für<br />
den Markt validiert und es hat sich ausgezahlt“,<br />
sagt der Unternehmer. Aufträge<br />
der Europäischen Kommission, der<br />
Bundesregierung, von Kliniken und<br />
Krankenanstalten waren der Lohn. Der<br />
Mit Thomas Lutz<br />
(re.) verbindet<br />
Jama Nateqi eine<br />
mittlerweile 18<br />
Jahre dauernde<br />
Freundschaft und<br />
Zusammenarbeit.<br />
Symptom-Checker gilt als weltweit<br />
erste Lösung auf Basis Künstlicher Intelligenz,<br />
die Personen digital auf ein<br />
Corona-Risiko testen kann. So setzt<br />
auch die Stadt Wien den digitalen Gesundheitsassistenten<br />
seit kurzem im<br />
Kampf gegen das SARS-CoV-2-Virus<br />
ein und will damit die Hotline 1450 entlasten.<br />
Bürger geben ihre Symptome<br />
via Computer oder Smartphone ein<br />
und beantworten gut 20 Fragen. Die<br />
auf dieser Basis erstellte Bewertung<br />
gibt Auskunft über das persönliche CO-<br />
VID-19-Risiko. Ist dieses erhöht, ist ein<br />
diagnostischer PCR-Test vorgesehen.<br />
Die Resonanz innerhalb der ersten 24<br />
Stunden nach Bekanntgabe durch die<br />
Stadt Wien war enorm: Der Chatbot<br />
musste rund 1,5 Millionen Fragen und<br />
Antworten bearbeiten.<br />
„In Zeiten der Präzisions-medizin<br />
wird jede<br />
Krankheit zu einer seltenen<br />
und die Künstliche Intelligenz<br />
eines der wichtigsten<br />
Instrumente des Arztes.“<br />
Dr. Jama Nateqi,<br />
Gründer und Miteigentümer<br />
von Symptoma<br />
Mut zur Erfüllung. Dass Nateqi – kurz<br />
nach seiner Hochzeit mit Antonia – vor<br />
wenigen Wochen von der Tageszeitung<br />
Die Presse zum „Österreicher des Jahres<br />
2020“ in der Kategorie Forschung<br />
gewählt wurde, ist eine weitere Zutat<br />
zum Glück. Die Auszeichnung erfüllt<br />
auch seine Almer Mater mit großem<br />
Stolz. Und wie sieht es umgekehrt aus?<br />
Hat die <strong>Paracelsus</strong> Universität das gehalten,<br />
was sich der gebürtige Deutsche<br />
erwartet hatte? „Auf jeden Fall!<br />
Schon zu meiner Zeit, im zweiten Jahrgang,<br />
war ihr ständiger Wille da, sich<br />
selbst, das Curriculum und das didaktische<br />
Konzept zu verbessern“, erklärt<br />
der PMU-Alumnus. Und lobt weiter: „Es<br />
werden – auf fachlicher, persönlicher<br />
und infrastruktureller Ebene – alle Voraussetzungen<br />
für ein anspruchsvolles<br />
und hochwertiges Studium in kurzer<br />
Studiendauer geschaffen.“ Auch die<br />
Möglichkeit, das Forschungstrimester<br />
im Ausland zu absolvieren, in seinem<br />
Fall war es die Yale University, sei sehr<br />
attraktiv.<br />
Was kann er den Studierenden der<br />
PMU mit auf den Weg geben? „Ich<br />
möchte raten, sich immer mit einem<br />
Fuß in die großen Trends der Medizin<br />
einzuarbeiten, um diese eines Tages mit<br />
der eigenen Spezialisierung mitgestalten<br />
zu können“, erklärt der Alumnus.<br />
Präzisionsmedizin werde in Zukunft<br />
noch wichtiger werden und um den einzelnen<br />
Patienten zu verstehen, brauche<br />
es eine riesige Datenmenge, Künstliche<br />
Intelligenz und Digitalisierung. Als<br />
Trendsetter kann er auch folgenden<br />
Tipp glaubwürdig vermitteln: „Habt<br />
keine Angst und den Mut, vertraute<br />
Pfade zu verlassen und neue Wege zu<br />
gehen, um die eigenen Stärken und Interessen<br />
auszuleben, der wissenschaftlichen<br />
Neugier zum Wohle des Patienten<br />
freien Lauf zu lassen und Erfüllung<br />
im Beruf zu finden.“ Immerhin hat er<br />
diese Lebenseinstellung seit seiner Jugend<br />
erfolgreich vorgelebt. Ω<br />
14<br />
paracelsus today 3 | 20
..<br />
UnterstUtze<br />
Dein Immunsystem *<br />
*Vitamin C & D tragen zu einer normalen<br />
Funktion des Immunsystems bei.<br />
Ganz allgemein empfehlen wir eine ausgewogene Ernährung und eine<br />
gesunde Lebensweise. Empfohlene Verzehrseinheit: ein Glas (250 mL)<br />
pro Tag.<br />
www.rauch.cc
H erbert Resch<br />
hatte als Rektor 18 Jahre lang die Geschicke<br />
der <strong>Paracelsus</strong> Medizinischen Privatuniversität<br />
(PMU) geleitet und Meilensteine<br />
in Lehre, Forschung und Patientenversorgung<br />
gesetzt. Anfang Juni 2020<br />
hatte er das Amt an seinen Nachfolger<br />
Wolfgang Sperl übergeben. Corona-bedingt<br />
spät, aber umso freudiger, feierte<br />
der Gründungsrektor am 17. September<br />
2020 gemeinsam mit Familie, Freunden,<br />
Ehrengästen, Kooperationspartnern, der<br />
neuen PMU-Führung und Universitätsangehörigen<br />
seine Emeritierung. Das<br />
Abschiedsfest im Hangar-7 fand unter<br />
strengen Sicherheitsvorkehrungen und<br />
mit einer beschränkten Anzahl von Personen<br />
statt.<br />
Langjährige Weggefährten zollten dem<br />
Freund persönlich Respekt; darunter Kanzler<br />
Michael Nake, Rektor Wolfgang Sperl,<br />
Vizerektor Wolfgang Söllner vom Standort<br />
Nürnberg, Landeshauptmann-Stellvertreter<br />
und PMU-Stiftungsrats-Vorsitzender<br />
Christian Stöckl sowie Anthony Windebank<br />
von der Mayo Clinic, der mit seiner<br />
Gattin aus den USA eingeflogen war.<br />
Andere, wie PMU-Mäzen und -Partner<br />
Hansjörg Wyss aus Kalifornien, Ram<br />
Shrestha vom Dhulikhel Hospital in Nepal<br />
und John Geibel von der Yale University<br />
in Connecticut/USA, übermittelten<br />
ihre Abschiedsworte per Videobotschaft.<br />
Neben einem Gemälde des bekannten<br />
Künstlers Johann Weyringer konnte Herbert<br />
Resch weitere kostbare Erinnerungsstücke<br />
mit nach Hause nehmen:<br />
Landeshauptmann Wilfried Haslauer<br />
überreichte ihm das Große Ehrenzeichen<br />
des Landes Salzburg, Reschs langjähriger<br />
Kooperationspartner und Freund Anthony<br />
Windebank im Namen der Mayo Clinic<br />
die Auszeichnung als „Distinguished<br />
Collaborator in International Medical<br />
Education“.<br />
„Herbert Resch war eine Schlüsselfigur<br />
in der Gründungsphase<br />
der PMU. Er hat die generelle Fähigkeit,<br />
ein Ziel fest in den Fokus<br />
zu nehmen und mit Kraft und<br />
Ausdauer zu verfolgen – und er<br />
war stets ein Chef mit Herz und<br />
Verstand.“<br />
Michael Nake über Herbert Resch<br />
16<br />
paracelsus today 3 | 20
Goodbye<br />
mal Zwei<br />
Inside | Sie waren ein kongeniales<br />
Duo und verließen<br />
binnen weniger Monate den<br />
Ort ihres langjährigen Wirkens:<br />
PMU-Gründungsrektor<br />
Herbert Resch und Michael<br />
Nake, Kanzler seit den Anfangstagen<br />
der <strong>Paracelsus</strong><br />
Universität, verabschiedeten<br />
sich in den Ruhestand.<br />
„Auf Michael Nake war stets Verlass:<br />
auf sein Verhandlungsgeschick, sein<br />
gutes Gespür, seine vertrauenschaffende<br />
Art und seinen ausgeprägten<br />
Gestaltungswillen. So gelang der<br />
Aufbruch zu neuen Ufern, deren Dimensionen<br />
in der Gründungsphase<br />
der PMU nicht abschätzbar waren.“<br />
Herbert Resch über Michael Nake<br />
M ichael Nake,<br />
der als Kanzler die <strong>Paracelsus</strong> Universität<br />
seit ihren Gründungstagen mitaufgebaut<br />
und -gestaltet hatte, war Ende September<br />
offiziell durch seine Nachfolgerin Lydia<br />
Gruber abgelöst worden. Seinen Übertritt<br />
in den Ruhestand beging er mit einem<br />
Fest an seiner langjährigen Wirkungsstätte.<br />
Auch bei dieser Feierlichkeit waren<br />
der reduzierte Kreis an Gästen und<br />
ein striktes Sicherheitskonzept der Pandemie<br />
geschuldet. Die Familie des scheidenden<br />
Kanzlers war vollzählig, gesund<br />
und gut gelaunt nach Salzburg angereist.<br />
„Du warst mehr als ein guter Kanzler,<br />
Du warst auch ein starker ,PMU-ler´: ausgleichend,<br />
weise, beruhigend, immer vorbildlich<br />
vorbereitet. Du bist als Mann mit<br />
Format und Handschlagqualität bekannt,<br />
sowohl intern, als auch im Salzburger<br />
Raum und bundesweit“, lobte Rektor<br />
Sperl. Und dessen Vorgänger Herbert<br />
Resch ließ den langjährigen Weggefährten<br />
in einer Laudatio als „großartigen<br />
Mitstreiter und Freund mit gutem Gespür,<br />
Verlässlichkeit und Loyalität“ hochleben.<br />
Vizerektor Wolfgang Söllner vom<br />
Standort Nürnberg war mit einer Videobotschaft<br />
zugeschaltet und bedankte<br />
sich im Namen der <strong>Paracelsus</strong> Universität<br />
am Standort Nürnberg und des Klinikums<br />
Nürnberg beim „Spiritus Rector“<br />
der Gründung der PMU in Nürnberg. Nakes<br />
Nachfolgerin Lydia Gruber überreichte<br />
gemeinsam mit Gottfried Stienen,<br />
Leiter der Abteilung Unternehmenskommunikation<br />
und Fundraising – und ebenfalls<br />
Mitarbeiter der ersten Stunde, Geschenke<br />
zum Abschied. Landeshauptmann<br />
Wilfried Haslauer hatte dem<br />
Gefeierten aufgrund seiner hohen Verdienste<br />
und der Wichtigkeit der <strong>Paracelsus</strong><br />
Universität am Wissensstandort Salzburg<br />
bereits im April 2016 den Berufstitel<br />
Hofrat verliehen.<br />
Ω<br />
paracelsus today 3 | 20<br />
17
Woran liegt es, dass die<br />
Umstellung auf digitale<br />
Lehre und E-Learning in<br />
Corona-Zeiten an der <strong>Paracelsus</strong><br />
Medizinischen<br />
Privatuniversität (PMU) gerade in der Anatomie<br />
so problemlos erfolgen konnte? Für Jan<br />
Pruszak, Vorstand des Instituts für Anatomie<br />
und Zellbiologie an den Standorten Salzburg<br />
und Nürnberg, liegt die Antwort auf der<br />
Hand: „Kaum ein anderes Fach hat eine so<br />
bildhafte Komponente. Dazu kommt, dass<br />
bildgebende Verfahren bei uns seit Jahren<br />
auch ein international erfolgreicher Forschungsschwerpunkt<br />
sind.“ Zu beschreiben,<br />
wie das Spezialistenteam um Felix Eckstein<br />
solche Bildverarbeitungsmethoden selbst<br />
entwickelt hat, würde zu weit führen. Der<br />
ehemalige Institutsleiter setzt jedoch die Arthrose-Forschung<br />
in der Abteilung für Bildgebungs-basierte<br />
und funktionelle muskuloskelettale<br />
Forschung auch heute fort. Aus dreidimensionalen<br />
CT- oder MRT-Daten werden<br />
Rekonstruktionen vor allem des Knie-Gelenkknorpels<br />
erzeugt, in denen man Veränderungen<br />
mit hoher Genauigkeit am lebenden<br />
Menschen messen und analysieren kann. Ziel<br />
ist die Erprobung neuer Medikamente, um<br />
die Struktur des geschädigten Gelenks zu erhalten<br />
oder gar zu verbessern.<br />
Bewährte Features. „Zu einem guten Teil sind<br />
es diese ‚visualisierten Geschichten‘, die wir<br />
unseren Studierenden online zur Verfügung<br />
stellen“, erzählt Anatom Martin Hudelmaier,<br />
„darauf haben wir schon vor Corona großen<br />
Wert gelegt.“ Der Privatdozent arbeitet seit<br />
vielen Jahren am Institut und ist für seine engagierte<br />
Lehre von den Studierenden bereits<br />
mehrmals zum „Teacher of the Year“ gewählt<br />
worden. Die „visualisierten Geschichten“ sind<br />
aber nur Teil eines ganzen Bündels an webbasierten<br />
Angeboten: So werden 3-D-Bilder aus<br />
klinischen CT- oder MRT-Datensätzen zum<br />
Teil selbst hergestellt, teils stammen sie aus<br />
offenen Kommunikationsplattformen. „Die<br />
Leistung der Algorithmen besteht darin, die<br />
in den Schnittbildern erhaltenen Grauwerte<br />
zu einem dreidimensionalen Körper zusammenzusetzen“,<br />
erklärt Hudelmaier. Seit Längerem<br />
gehören auch Filme zum Online-Portfolio.<br />
Dazu werden während der Präparierkurse<br />
einzelne Präparationsschritte gefilmt<br />
und in Eigenregie sogar nachvertont, um den<br />
Vortrag möglichst fehlerlos wiederzugeben.<br />
„Das klingt wie bei einem Telekolleg“, meint<br />
der Lehrende nicht ohne Stolz, „das könnte<br />
man überall hinstellen.“<br />
Der Körper in 3-D. Als anschauliches Beispiel<br />
nennt der Wissenschafter die Darstellung von<br />
Gefäßsystemen – spannend vor allem deshalb,<br />
weil sie von Patient zu Patient oder bei Spendern<br />
unterschiedlich sind und durch Kontrastmittel<br />
in der Computertomographie besonders<br />
gut sichtbar gemacht werden können.<br />
„Wenn man den Studierenden den Trunckus<br />
coeliacus (Gefäßstamm im Bauchraum, der<br />
Magen, Leber, Pankreas und Milz versorgt und<br />
relativ kompliziert aufgebaut ist) mittels<br />
3-D-rekonstruiertem Bild von allen Seiten –<br />
schon vor dem Präparierkurs – zeigen kann,<br />
so ist das sehr wertvoll. Es entsteht eine gute<br />
Vorstellung, wie das beim Präparat oder Patienten<br />
aussieht. Ich vergleiche das gerne mit<br />
der Aussage von Michelangelo, er habe die Figur<br />
seines David schon vorher im Gestein gesehen.<br />
Genauso funktioniert die Anatomie:<br />
Man hat eine dreidimensionale Vorstellung<br />
des menschlichen Körpers. Früher mussten<br />
der zukünftige Arzt, der Radiologe, der Chirurg<br />
einzelne CT-Schnittbilder dreidimensional<br />
im Kopf zusammensetzen – nun helfen<br />
dabei all diese visuellen Darstellungsmethoden.“<br />
Die Mischung macht´s. Auch wenn die Corona-Zeit<br />
vorbei sein wird, möchte Martin Hudelmaier<br />
die digitalen Komponenten in der<br />
Lehre beibehalten. Doch er sieht darin Licht<br />
und Schatten: „Meine Überzeugung hat sich<br />
verstärkt, dass alle diese Möglichkeiten zwar<br />
eine Ergänzung sind, die Präsenzvorlesung jedoch<br />
nicht ersetzen können. Es ist ein großer<br />
Vorteil der Online-Lehre, dass die Studierenden<br />
an Stellen, wo sie nachdenken müssen,<br />
anhalten können. So kann jeder die Vorlesung<br />
in seiner individuellen Geschwindigkeit<br />
Mittels Bildern aus klinischen<br />
CT- oder MRT-Datensätzen<br />
bietet Martin Hudelmaier<br />
seinen Studierenden<br />
eine dreidimensionale Vorstellung<br />
der menschlichen<br />
Anatomie.<br />
18<br />
paracelsus today 3 | 20
Michelangelos Erbe<br />
Education | Martin Hudelmaier lehrt seit Jahren<br />
am Institut für Anatomie und Zellbiologie der<br />
<strong>Paracelsus</strong> Universität. Durch den verstärkten<br />
Einstieg in die digitalisierte Lehre hat der Dozent<br />
selbst viel gelernt, sagt er – und sieht in der<br />
digitalisierten Lehre Licht und Schatten.<br />
Autorin: Ilse Spadlinek • Foto: PMU/wildbild<br />
durchgehen. Aber die Interaktion mit den Studierenden<br />
leidet natürlich. Wenn ich beim<br />
Vortrag im Hörsaal fragende Gesichter sehe,<br />
weiß ich, dass etwas nicht angekommen ist<br />
und kann nachhaken. Ideal ist eine Kombination:<br />
So könnte unser XR-Student (ein breitflächiges<br />
digitales System für die Fern- und<br />
Hybridlehre) eine Vorlesung live mit Publikum<br />
aufzeichnen; dafür stellt die XR-Plattform<br />
mit mobiler App und Webauftritt den<br />
digitalen Inhalt bereit. Ich meine also: Wichtig<br />
ist die aufgezeichnete Vorlesung mit Interaktion<br />
und im Nachklang die Wiederholung, es<br />
gehört beides zusammen.“<br />
„Michelangelo sagte, er habe die Figur seines David<br />
schon vorher im Gestein gesehen. Genauso funktioniert<br />
die Anatomie: Man hat eine dreidimensionale<br />
Vorstellung des menschlichen Körpers.“<br />
Priv.-Doz. Dr. med. Martin Hudelmaier,<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrender am Institut für Anatomie<br />
und Zellbiologie der <strong>Paracelsus</strong> Medizinischen Privatuniversität<br />
Vom Wert des Begreifens. Spätestens jetzt<br />
stellt sich eine Frage, die schon vor Jahren für<br />
Diskussionen gesorgt hat: Machen die vielen<br />
digitalen Möglichkeiten die klassische Lehre<br />
am Präparat in der Anatomie nicht überflüssig?<br />
Martin Hudelmaier dazu: „In der deutschen<br />
Sprache gibt es das schöne Wort ‚begreifen‘,<br />
was bedeutet, dass man etwas verstanden<br />
hat. Zu diesem Verstehen gehört auch<br />
das Begreifen mit Händen – so funktioniert<br />
unser Gehirn. In einer TV-Sendung wurden<br />
unlängst digitale und Präsenz-Lernkonzepte<br />
verglichen, auch anhand einer Mitschrift auf<br />
einem Tablet und einer handschriftlichen<br />
Aufzeichnung auf Papier. Interessant war,<br />
dass man sich genau merkt, wo man ein bestimmtes<br />
Wort auf welcher Seite auf dem Papier<br />
geschrieben hat – das ist eine räumliche<br />
Information. Diese Information geht auf dem<br />
Tablet verloren, dort gibt es sie nicht. Weil<br />
aber in unserer menschlichen Denkart die<br />
Räumlichkeit stark verankert ist, brauchen<br />
wir sie auch zum Lernen.“ Nun ist es in verschiedenen<br />
Ländern schon seit Jahrzehnten<br />
üblich, dass Medizinstudierende nicht am<br />
menschlichen Präparat üben. Die Erfahrung,<br />
selbst zu präparieren und zu „begreifen“, fehlt<br />
diesen Studierenden jedoch, und sie holen sie<br />
oft später nach. Es ist wohl so, dass man auch<br />
ohne Präparierkurs Arzt oder Ärztin werden<br />
kann – aber mit dem Lernen am menschlichen<br />
Körper wird man möglicherweise der<br />
bessere Arzt. <br />
Ω<br />
paracelsus today 3 | 20<br />
19
Friedrich Hillebrand (oben)<br />
und Wolfgang Sperl (unten)<br />
freuen sich über die Ausweitung<br />
der Kooperation von<br />
EVER Pharma und PMU.<br />
Ein starker<br />
Partner der<br />
Pharmazie<br />
Die <strong>Paracelsus</strong> Universität<br />
hat sich bei ihrer Gründung<br />
2002 zur Aufgabe<br />
gemacht, als private Institution<br />
im universitären<br />
Bereich und Gesundheitswesen motivierte<br />
junge Leute zu exzellenten Humanmedizinerinnen<br />
und -medizinern<br />
auszubilden und Forschung zu betreiben.<br />
Das Studienangebot ist seither stetig<br />
angewachsen, zum Beispiel kam 2007<br />
die Pflegewissenschaft als grundständiges<br />
Studium hinzu. Inzwischen ergänzen<br />
zahlreiche Universitätslehrgänge, Doktoratsstudien,<br />
diverse Weiterbildungsangebote<br />
und seit 2017 das Studium der<br />
Pharmazie das Bildungsportfolio. Als<br />
„jüngstes Kind“ rückt die Pharmazie nun<br />
vermehrt in den Fokus der internen<br />
und externen Öffentlichkeit.<br />
Research | „Der Gesundheit<br />
verpflichtet“, lautet der<br />
Leitsatz des Pharmaunternehmens<br />
EVER Pharma.<br />
Dies ist einer der Beweggründe,<br />
mit der <strong>Paracelsus</strong><br />
Medizinischen Privatuniversität<br />
zusammenzuarbeiten.<br />
Autor. Gottfried Stienen • Fotos: wildbild<br />
Freudiger Anlass. Der 10. September<br />
2020 wird als wichtiger Tag in die Annalen<br />
der Universität eingehen. Das<br />
namhafte Unternehmen EVER Pharma<br />
übernahm mittels großzügiger finanzieller<br />
Unterstützung die Patronanz des<br />
Auditoriums im Haus D der <strong>Paracelsus</strong><br />
Universität. Das jüngste, modern ausgestattete<br />
Gebäude ist vorwiegend der<br />
Pharmazie und ihrer Lehre und Forschung<br />
gewidmet. Das „EVER Pharma<br />
Auditorium“ wurde von Friedrich Hillebrand,<br />
Mitinhaber der EVER Pharma<br />
Gruppe, und PMU-Rektor Wolfgang<br />
Sperl feierlich eröffnet – gemeinsam<br />
mit dem emeritierten Gründungsrektor<br />
Herbert Resch und Pharmazie-Vorständin<br />
Johanna Pachmayr sowie zahlreichen<br />
Gästen. Natürlich wurde in Zeiten<br />
der Corona-Pandemie auf die<br />
Einhaltung aller entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen<br />
geachtet.<br />
Gemeinsamer Weg. Die Eröffnung war<br />
letztlich auch ein sichtbares Zeichen<br />
für die Zusammenarbeit und das Zusammenrücken<br />
von EVER Pharma und<br />
<strong>Paracelsus</strong> Medizinischer Privatuni-<br />
20<br />
paracelsus today 3 | 20
versität. Denn geographisch nur rund<br />
40 Kilometer getrennt, beschreiten beide<br />
Partner schon seit längerer Zeit gemeinsame<br />
Wege. So gibt es seit mehr<br />
als einem Jahrzehnt gemeinsame Forschungsarbeit<br />
mit Instituten der <strong>Paracelsus</strong><br />
Uni und Abteilungen der Salzburger<br />
Landeskliniken – Universitätsklinikum<br />
der PMU. Die Projekte in der<br />
Grundlagenforschung und die Auftragsforschung<br />
haben bereits wissenschaftlich<br />
interessante Ergebnisse gebracht.<br />
Die Forschungsabteilung von<br />
EVER Pharma und das Institut für Pharmazie<br />
konnten gemeinsam mehrere<br />
Forschungsprojekte im Bereich Produktinnovation<br />
und -verbesserungen<br />
realisieren. Zum Beispiel arbeiten die<br />
PMU-Forschenden im Rahmen eines<br />
von der FFG geförderten Projekts an der<br />
Optimierung von Substanzen zur Parkinson-Therapie<br />
mit. Darüber hinaus<br />
„Wir würden uns sehr freuen,<br />
an der PMU ausgebildete<br />
Pharmazeutinnen und Pharmazeuten<br />
künftig für unser<br />
stetig wachsendes Unternehmen<br />
gewinnen zu können.“<br />
Dr. Friedrich Hillebrand,<br />
Vorsitzender der EVER Pharma<br />
Gruppe und Miteigentümer<br />
erforscht man gemeinsam die Zusammensetzung<br />
und Stabilisierung flüssiger<br />
Arzneiformen. Studierende des 2017 gestarteten<br />
Pharmaziestudiums haben inzwischen<br />
auch die Möglichkeit, ihre Industriepraktika<br />
im global tätigen Pharmaunternehmen<br />
zu absolvieren.<br />
Eine Herzenssache. Warum geht nun<br />
EVER Pharma ausgerechnet mit der<br />
<strong>Paracelsus</strong> Uni Hand in Hand? „Als innovatives<br />
und zukunftsorientiertes Unternehmen<br />
und gemäß unserem Leitsatz<br />
,Der Gesundheit verpflichtet´, liegt<br />
uns die Förderung erstklassiger Forschung<br />
und Ausbildung besonders am<br />
Herzen“, erklärt Friedrich Hillebrand die<br />
Hauptmotivation für den Ausbau der Zusammenarbeit.<br />
„Die PMU steht für exzellente<br />
Forschung sowie Aus- und Weiterbildung<br />
auf höchstem Niveau. Daher<br />
wird die bewährte Kooperation laufend<br />
vertieft und ausgeweitet.“ Lob und ein<br />
Vertrauensvorschuss von einem Mann,<br />
der als Vorsitzender der EVER Pharma<br />
Gruppe mehr als 40 Jahre Erfahrung in<br />
der Pharmabranche in den Bereichen<br />
Entwicklung, Herstellung und Vermarktung<br />
mitbringt. Bis 2009 war er CEO der<br />
EBEWE Pharma, eines auf Onkologie<br />
und Neurologie spezialisierten Unternehmens,<br />
das er 30 Jahre lang aufbaute<br />
und leitete, bis es an Novartis veräußert<br />
wurde. Hillebrand trägt übrigens einen ><br />
Schön, mit wirklich<br />
jedem anstoßen<br />
zu können<br />
Erhältlich<br />
unter<br />
stiegl-shop.at<br />
Strohgelb in der Farbe, ausgewogen<br />
im Geschmack und zart gehopft:<br />
das Stiegl-<strong>Paracelsus</strong> Glutenfrei<br />
mit einem Alkoholgehalt<br />
von 4,9 % vol.<br />
AT-030-001<br />
AT-BIO-501<br />
EU Landwirtschaft<br />
Braukunst auf höchster Stufe.
Doktortitel der Technischen Chemie von<br />
der Universität Wien.<br />
EVER Pharma<br />
Das weltweit tätige Pharmaunternehmen EVER Pharma mit Hauptsitz<br />
in St. Gilgen/Unterach legt seinen Fokus auf Forschung, Entwicklung<br />
und Herstellung von injizierbaren Arzneimitteln für Neurologie, Intensivmedizin<br />
und Onkologie. Der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit<br />
wird mit einem Budget von etwa 25 Millionen Euro eine besondere<br />
Bedeutung beigemessen. Das Unternehmen konzentriert sich dabei<br />
auf klinische und nichtklinische Grundlagenforschung im Bereich<br />
neuronaler Erkrankungen (Cerebrolysin) und Produktinnovationen im<br />
Bereich komplexer injizierbarer Arzneimittel. Dies geschieht in eigenen<br />
Forschungseinrichtungen und Kooperationen mit nationalen und<br />
internationalen Forschungsinstituten.<br />
In über 70 Ländern werden die EVER-Medikamente weltweit<br />
durch eigene Gesellschaften und Repräsentanzen in den Kernmärkten<br />
vertrieben. Eine Exportquote über 95 Prozent zeugt von der starken<br />
internationalen Ausrichtung von EVER Pharma. Als Technologieführer<br />
in der Herstellung steriler Arzneimittel gilt EVER Pharma als Spezialist<br />
für Ampullenpräparate, Injektionsfläschchen und Fertigspritzen.<br />
Das Unternehmen investiert in neue, moderne Produktionsanlagen<br />
zur Ausweitung der Kapazität sowie in die Sicherung der Qualität<br />
der Arzneimittel.<br />
Weltweit arbeiten täglich rund 1000 EVER Pharma-Mitarbeiterinnen<br />
und -Mitarbeiter daran, die Gesundheit von Patientinnen und Patienten<br />
zu verbessern sowie das Arbeiten des medizinischen Fachpersonals<br />
sicherer zu gestalten. Stetige Investitionen in die Weiterbildung<br />
und die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor allem<br />
im Bereich Forschung und Entwicklung, stärken weiterhin die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der EVER Gruppe.<br />
Mehrdimensionaler Nutzen. Rektor Wolfgang<br />
Sperl sieht in EVER Pharma einen<br />
wertvollen Partner auf mehreren Ebenen:<br />
„Wir sind sehr dankbar, dass dieses renommierte<br />
Unternehmen die Patronanz für<br />
das Auditorium im Haus D übernommen<br />
hat und damit auch die Infrastruktur der<br />
Universität großzügig fördert. Dies ist eine<br />
erfreuliche Erweiterung der bereits bestehenden<br />
Kooperation in Lehre und Forschung.“<br />
Das Pharmaziestudium der PMU<br />
mit seiner forschungsbasierten Lehre profitiere<br />
vom Input aus der Praxis. Gleiches gelte<br />
für die Grundlagenforschung, die sich<br />
den Erfahrungsschatz des Pharmakonzerns<br />
in Forschung, Entwicklung und Herstellung<br />
von Pharmazeutika mit ins Boot<br />
holen könne. Da die <strong>Paracelsus</strong> Universität<br />
zu rund 90 Prozent mit privaten Geldern<br />
finanziert wird, benötigt sie die Unterstützung<br />
von Förderern, Mäzenen und wissenschaftlichen<br />
Partnern. EVER Pharma ist<br />
mit anderen Unternehmen maßgeblich am<br />
Gedeih der Pharmazie beteiligt. Nicht zuletzt<br />
auch deshalb, weil das Unternehmen<br />
mit Gründung der Pharmazie einen Lehrstuhl<br />
an der PMU übernommen hat.<br />
Gelebte Interdisziplinarität. Eine Besonderheit<br />
an der <strong>Paracelsus</strong> Universität im Zusammenhang<br />
mit der jungen Pharmazie<br />
wird erst in einigen Jahren wirksam werden.<br />
Am Campus in Salzburg wird die<br />
Trias aus Humanmedizin, Pflegewissenschaft<br />
und Pharmazie gelebt und weiter<br />
ausgebaut: in fächerübergreifenden Vorlesungen,<br />
im persönlichen Miteinander und<br />
im gedanklichen Austausch. Das ist zukunftsweisend.<br />
Die Universität sieht es als<br />
ihre Verantwortung, mit dem Geld ihrer<br />
Förderer junge Menschen bestmöglich<br />
ausgebildet in das Berufsleben zu führen<br />
und durch Forschung Wissenszuwachs im<br />
Gesundheitsbereich zu generieren. Zum<br />
Wohle der Patientinnen und Patienten,<br />
heute und in der Zukunft. <br />
Ω<br />
22<br />
paracelsus today 3 | 20
Ludwig van Beethoven könnte heute hören<br />
Dank medizinischer Lösungen bei fortschreitendem Hörverlust aus Österreich<br />
SYNCHRONY<br />
Cochlea-Implantat-System<br />
SYNCHRONY EAS<br />
Elektrisch Akustisches<br />
Hörimplantat-System<br />
VIBRANT SOUNDBRIDGE<br />
Mittelohrimplantat-System<br />
BONEBRIDGE<br />
Knochenleitungsimplantat-System<br />
ADHEAR<br />
Knochenleitungshörsystem<br />
Hightech aus Österreich<br />
MED-EL Niederlassung Wien | Fürstengasse 1 | 1090 Wien<br />
Tel. +43(0)1-317 24 00 | office@at.medel.com | medel.com
Gibt es ein bildgebendes<br />
Verfahren für die Psyche?<br />
Kann man Psychotherapie<br />
digitalisieren?<br />
Ja, man kann, sagt Günter<br />
Schiepek, Leiter des Instituts für Synergetik<br />
und Psychotherapieforschung<br />
der <strong>Paracelsus</strong> Medizinischen Privatuniversität.<br />
Und der deutsche Psychologe,<br />
der auch an der Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München lehrt, kann<br />
das belegen. Aber der Reihe nach: 1998<br />
leitet der damals 40-jährige Wissenschafter<br />
ein Forschungsprojekt am Universitätsklinikum<br />
der RWTH Aachen.<br />
Im Zentrum des Interesses stehen damals<br />
Prozess-Evaluationen von psychotherapeutischen<br />
Behandlungen. Und besonders<br />
nichtlineare Merkmale und<br />
Musterveränderungen – so genannte<br />
selbstorganisierende Musterwechsel.<br />
Anfangs werden diese mit Papier und<br />
Bleistift dokumentiert. Schiepek erinnert<br />
sich: „Ich war erstaunt, wie klar<br />
sich diese Muster abgezeichnet haben.“<br />
Und langsam keimt eine neue Idee: Die<br />
Erkenntnisse sollen nicht nur wissenschaftlich<br />
verwertet werden, sondern<br />
den Patienten in Zukunft bereits während<br />
der Therapie zugutekommen.<br />
Die Gunst der Stunde. Das Internet<br />
boomt gerade – und schafft die Voraussetzungen.<br />
Günter Schiepek im Gespräch<br />
mit <strong>Paracelsus</strong> <strong>Today</strong>: „Wir<br />
haben dann begonnen, das so zu programmieren,<br />
dass man das bereits im<br />
Verlauf einer Therapie analysieren und<br />
visualisieren kann.“ Daraus entsteht<br />
Schritt für Schritt ein webbasiertes Visualisierungstool<br />
für Monitoring und<br />
Steuerung von Veränderungsprozessen<br />
im Rahmen von psychotherapeutischen<br />
Behandlungen. „Die Prozess-Thematik<br />
ist für uns sehr zentral, weil im Gehirn,<br />
in der Psyche, in der sozialen Interaktion<br />
permanent Prozesse ablaufen“, erklärt<br />
Schiepek. Das neue Tool tauft er<br />
„Synergetisches Navigationssystem“,<br />
Research | Wenn psychische Veränderungsprozesse<br />
digital sichtbar werden, tun sich für Patienten<br />
und Therapeuten neue Möglichkeiten auf. Günter<br />
Schiepek erklärt, was hinter seinem wissenschaftlichen<br />
Tool namens „SNS“ steckt.<br />
Autor: Andreas Aichinger • Foto: Michael M. Vogel<br />
Psychotherapie mit<br />
App<br />
24<br />
paracelsus today 3 | 20
kurz SNS. Begrifflicher Hintergrund:<br />
Die Synergetik ist die Theorie und Lehre<br />
vom Zusammenwirken von Elementen<br />
innerhalb eines komplexen dynamischen<br />
Systems und wurde ursprünglich<br />
vom deutschen Physiker Hermann Haken<br />
aus der Lasertheorie entwickelt.<br />
Die Begegnung mit Haken hatte auch<br />
den jungen Schiepek nachhaltig geprägt:<br />
Er überträgt die Synergetik-Erkenntnisse<br />
aus der Physik auf bio-psycho-soziale<br />
Systeme und auf Prozesse<br />
in Psychotherapie und Psychologie.<br />
Personalisierter Datenffluss. Was theoretisch<br />
klingt, hat gut zwei Jahrzehnte<br />
später längst Auswirkungen auf die<br />
therapeutische Praxis. „Ich habe erstmals<br />
das Gefühl, dass ich damit und<br />
überhaupt den Weg gefunden habe,<br />
meinem Ziel näher zu kommen. Und die<br />
Zwänge in den Griff zu kriegen und so<br />
mein Leben zu verändern und wieder<br />
lebenswerter zu machen.“ Dieser Eintrag<br />
einer Patientin direkt im SNS macht neugierig.<br />
Und zeigt gleichzeitig, wie das Synergetische<br />
Navigationssystem „gefüttert“<br />
wird: nämlich mit Selbsteinschätzungen<br />
entlang einer ganz individuellen Systemmodellierung.<br />
Konkret werden auf den<br />
jeweiligen Fall abgestimmte Fragen (beispielsweise:<br />
„Heute wurde ich von der<br />
Depression mitgerissen“) formuliert, die<br />
dann tagesaktuell von den Patienten via<br />
Smartphone-App in ihrer Intensität bewertet<br />
werden. Das Resultat ist ein kontinuierlicher<br />
Strom personalisierter Daten,<br />
die vom SNS anschaulich visualisiert<br />
werden können. Schiepek: „Mit<br />
den generierten Daten können wir Therapien<br />
dokumentieren und monitoren,<br />
aber auch optimieren.“ Und weiter: „Der<br />
Therapeut hat gar nicht viel Arbeit damit,<br />
die Daten werden ihm praktisch<br />
vor die Füße gespült.“<br />
Vielfältig einsetzbares Tool. „Alle!“,<br />
antwortet der Autor zahlreicher Fachbücher<br />
auf die Frage, welche Formen<br />
der Therapie als Anwendung infrage<br />
kommen. Und zwar unabhängig von<br />
der Diagnose und der konkreten therapeutischen<br />
Vorgehensweise, wie er sagt.<br />
Auch jenseits von Depressionen oder<br />
Angststörungen sei nahezu jede Psychotherapie-Indikation<br />
„ein Fall für das<br />
Prozessmonitoring“. Das Prinzip ist immer<br />
ähnlich: Durch Musterwechsel<br />
sichtbar gemachte Übergänge – meist<br />
das Resultat wichtiger Erfahrungen<br />
oder Entscheidungen der Patienten –<br />
dienen entweder als Frühwarn-Indikatoren<br />
oder zeugen umgekehrt von Fortschritten.<br />
Angewendet wird das SNS –<br />
es wird von Schiepeks CCSYS GmbH<br />
vertrieben, die Jahreslizenz kostet 1500<br />
Euro – bereits in Deutschland, Dänemark,<br />
den Niederlanden – und natürlich<br />
am Universitätsklinikum in Salzburg.<br />
Hier an der Christian-Doppler-Klinik<br />
sind die Universitätsklinik<br />
für Psychiatrie, Psychotherapie und<br />
Psychosomatik und ihr Vorstand Wolfgang<br />
Aichhorn der wichtigste klinische<br />
und wissenschaftliche Partner. Ein<br />
Partner, der zudem die Mitarbeiter von<br />
Schiepeks Institut finanziert und Infrastruktur<br />
zur Verfügung stellt.<br />
Bildgebung für Psyche und Hirn. In der<br />
Digitalisierung und Personalisierung<br />
der Psychotherapie liegt für den Leiter<br />
„Mit den generierten Daten<br />
können wir Therapien dokumentieren<br />
und monitoren,<br />
aber auch optimieren.“<br />
Univ.-Prof. DDr. Günter Schiepek, Leiter<br />
des Instituts für Synergetik und Psychotherapieforschung<br />
der <strong>Paracelsus</strong><br />
Medizinischen Privatuniversität<br />
des Instituts für Synergetik und Psychotherapieforschung<br />
ausdrücklich eine<br />
Chance. O-Ton Schiepek: „Manche Therapeuten<br />
meinen, dass dadurch die echte<br />
menschliche Beziehung irgendwie<br />
verloren geht. Aber das Gegenteil ist der<br />
Fall.“ Erfahrungen würden zeigen, dass<br />
sich Patienten dank der modernen Methoden<br />
sogar besonders wahrgenommen<br />
fühlen. Apropos Wahrnehmung: Dem<br />
Deutschen, der einst selbst in Salzburg<br />
studiert hat, ist es wichtig, dass auch das<br />
zweite zentrale Arbeitsfeld seines Instituts<br />
gesehen wird: die Neurowissenschaft,<br />
speziell die Neurobiologie der<br />
Psychotherapie. Die Fragestellung: Wie<br />
funktioniert das Gehirn im Lauf einer<br />
Psychotherapie, wie verändert es sich<br />
dabei? „Das ist ein großes Thema“, sagt<br />
der Universitätsprofessor. Und während<br />
er das SNS als eine Art „bildgebendes Verfahren<br />
für die Psyche“ preist, kann er in<br />
diesem Fall auf handfeste Hirnbildgebung<br />
setzen. Sprich: Gehirnscans mit Hilfe<br />
der funktionellen Magnetresonanztomographie<br />
(fMRT) im Therapieverlauf.<br />
Mit SNS gegen Corona. „Psyche, soziale<br />
Interaktionen, Neurodynamik – alles,<br />
was mit Psychotherapie zu tun hat.“<br />
Während Schiepek am Ende des Gesprächs<br />
die breite Aufstellung seines Instituts<br />
auf einen kurzen Nenner bringt,<br />
rückt auch noch die Corona-Krise in<br />
den Fokus. „Wenn es nicht anders möglich<br />
ist, kann das Synergetische Navigationssystem<br />
eine Therapie auf Distanz<br />
unterstützen“, erklärt Schiepek. Und<br />
das sei jenseits von Corona auch für<br />
Länder mit schlechter Psychotherapie-Infrastruktur<br />
interessant. Nachsatz:<br />
„Das SNS hat selbst einen therapeutischen<br />
Effekt und ist auch selbst ein Therapieinstrument.<br />
Das passt sehr gut zu<br />
dieser Corona-Krise.“ Und die Zukunft?<br />
Für die hat der Institutsleiter auch noch<br />
ein großes Ziel: einen Psychotherapie-Studiengang<br />
als „viertes Standbein“<br />
der <strong>Paracelsus</strong> Universität. Ω<br />
paracelsus today 3 | 20<br />
25
Ärztin mit Fantasie<br />
und Humor<br />
VeryPersonal | Belinda Plattner übernimmt als neue<br />
Primaria und Nachfolgerin von Leonhard Thun-<br />
Hohenstein die Leitung der Universitätsklinik für<br />
Kinder- und Jugendpsychiatrie in Salzburg.<br />
Autor: Wolfgang Bauer • Foto: SALK; PMU/wildbild<br />
„Die Qualität der Versorgung verbessert sich, wenn das Team<br />
auch wissenschaftliches Interesse zeigt und forscht. Denn das<br />
ermöglicht einen besseren Zugriff auf neue Methoden.“<br />
Priv.-Doz. Dr. Belinda Plattner,<br />
designierte Vorständin der Universitätsklinik<br />
für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Salzburg<br />
Belinda Plattner mag Kinder<br />
und Jugendliche mit all ihren<br />
Facetten. Sie arbeitete<br />
viele Jahre im Jugendstrafvollzug<br />
mit jugendlichen<br />
Straftätern und verstand es, auch mit<br />
den „harten Jungs“ eine gute Beziehung<br />
aufzubauen. Als Kassenärztin für Kinder-und<br />
Jugendpsychiatrie in St. Johann<br />
im Pongau wiederum betreute sie<br />
ein anderes Patientenklientel, nämlich<br />
vorwiegend kleinere Kinder und Volksschüler.<br />
Hier war es gefragt, das Interesse<br />
der Kinder zu wecken und den Besuch<br />
in der Ordination freundlich und<br />
möglichst unterhaltsam zu gestalten.<br />
„Was niemals fehlen darf, sind eine Prise<br />
Fantasie und Humor – und vor allem<br />
Respekt vor den kleinen Patienten“,<br />
sagt die Dozentin. So erklärt sie den<br />
Kindern unter anderem durch das Erzählen<br />
von Geschichten, wie ihnen geholfen<br />
werden könnte.<br />
Bestes Behandlungsklima. Belinda<br />
Plattner wird am 1. Februar nächsten<br />
Jahres die Nachfolge von Primar Leonhard<br />
Thun-Hohenstein an der Universitätsklinik<br />
für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
antreten, weil dieser in Pension<br />
gehen wird. Die designierte Vorständin<br />
freut sich auf die Herausforderung, begegnet<br />
ihr aber auch mit gewissem Respekt.<br />
„Ich werde nach bestem Wissen<br />
und Gewissen versuchen, ein optimales<br />
Behandlungsklima für die Patienten<br />
und ein gutes Arbeitsklima für das<br />
Team zu schaffen“, sagt sie. Die Universitätsklinik<br />
an der Christian-Doppler-Klinik<br />
kennt sie gut, war sie doch als<br />
26<br />
paracelsus today 3 | 20
1. Oberärztin bereits sechs Jahre lang<br />
die Stellvertreterin des Vorstands. Zuletzt<br />
leitete sie eine Praxis für Kinderund<br />
Jugendpsychiatrie in St. Johann im<br />
Pongau. Die 44-Jährige ist überzeugt,<br />
dass ihr die Erfahrungen aus dem niedergelassenen<br />
Bereich an der Uniklinik<br />
zugutekommen werden. „Ich machte<br />
die Erfahrung, dass die Angebote der<br />
Kinder- und Jugendpsychiatrie im Innergebirg<br />
genauso gut angenommen<br />
werden wie in einer Großstadt. Da gibt<br />
es keine speziellen Vorbehalte auf dem<br />
Land“, sagt Plattner.<br />
Krise statt Krankheit. Belinda Plattner<br />
wurde in der Schweiz geboren und<br />
wuchs in Wien auf, wo sie mit dem Medizinstudium<br />
begann und dieses an der<br />
Stanford University in Kalifornien abschloss.<br />
Bereits bei der Inskription war<br />
für sie klar, dass sie der berufliche Weg<br />
einmal in die Psychiatrie führen werde.<br />
Nach ihrer Dissertation stand fest, dass<br />
es der Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
werden sollte. Eine Disziplin,<br />
die ähnliche Erkrankungen aufweist<br />
und mit ähnlichen therapeutischen Ansätzen<br />
arbeitet wie die allgemeine Psychiatrie.<br />
Doch Kinder haben im Allgemeinen<br />
eine bessere Prognose, weil sie<br />
sich am Beginn der Entwicklung befinden,<br />
erklärt die Ärztin. Sie bewertet die<br />
Beschwerden der Kids weniger im Sinne<br />
einer klassischen psychiatrischen<br />
Erkrankung, sondern vielmehr als Krisen<br />
eines Lebensabschnitts, der besondere<br />
Herausforderungen bietet. „Kinder<br />
können ihr Umfeld nur sehr eingeschränkt<br />
aktiv mitgestalten. Die Gesellschaft<br />
setzt voraus, dass sie sich an die<br />
von den Erwachsenen vorgegebenen<br />
Lebensumstände anpassen. Es steht außer<br />
Frage, dass hier die Grenzen der Belastbarkeit<br />
von Kindern öfter überschritten<br />
werden“, betont sie.<br />
Forschung ermöglichen. Nach Ansicht<br />
der Ärztin soll das Hauptaugenmerk<br />
Im Dienst für<br />
Kinder- und<br />
Jugendseelen<br />
Die Universitätsklinik für Kinder-<br />
und Jugendpsychiatrie wird seit<br />
2009 von Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />
Leonhard Thun-Hohenstein geleitet.<br />
Der gebürtige Wiener studierte<br />
an der Universität seiner<br />
Heimatstadt Medizin, gelangte<br />
nach zahlreichen Stationen und<br />
Ausbildungen (zum Beispiel zum<br />
Kinderfacharzt und zum<br />
Facharzt für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie)<br />
1993 an<br />
die Landeskrankenanstalten<br />
Salzburg. 2007 habilitierte er im<br />
neuen Sonderfach Kinder- und<br />
Jugendpsychiatrie an der <strong>Paracelsus</strong><br />
Medizinischen Privatuniversität.<br />
Im gleichen Jahr wurde<br />
er zum Leiter der Abteilung für<br />
Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
und 2009 zum Vorstand der Universitätsklinik<br />
für Kinder- und<br />
Jugendpsychiatrie berufen. Er<br />
engagiert sich seit vielen Jahren<br />
als Lehrender im Medizinstudium<br />
der <strong>Paracelsus</strong> Universität.<br />
Ende Jänner 2021 wird sich Leonhard<br />
Thun-Hohenstein in den<br />
Ruhestand verabschieden.<br />
der Universitätsklinik für Kinder- und<br />
Jugendpsychiatrie unter ihrer Leitung<br />
zwar auf der Versorgung der Kinder<br />
und Jugendlichen liegen, doch auch<br />
Forschungsaktivitäten sollen nicht zu<br />
kurz kommen. „Die Qualität der Versorgung<br />
verbessert sich, wenn das Team<br />
auch wissenschaftliches Interesse zeigt<br />
und forscht. Denn das ermöglicht einen<br />
besseren Zugriff auf neue Methoden“,<br />
sagt die künftige Klinikchefin. Aktuelle<br />
und geplante Forschungsprojekte umfassen<br />
eine Kooperationsstudie mit<br />
dem Neuroscience Institut des Salzburger<br />
Uniklinikums, außerdem Studien zu<br />
Internetverhalten und zu sozialen Medien<br />
sowie zu Phytopharmakologie und<br />
Darmmikrobiom – um nur einige zu<br />
nennen.<br />
Wichtiger Ausgleich. Belinda Plattner<br />
lebt mit ihrer Tochter und ihrem Partner<br />
in Salzburg und findet ihren Ausgleich<br />
im kreativen Schreiben von Kindergeschichten.<br />
Ein erstes von ihr verfasstes<br />
Kinderbuch wird in Kürze bei<br />
Verlagen eingereicht. „Außerdem koche<br />
und backe ich gerne und viel. Ein gutes<br />
Essen im Kreise der Familie oder mit<br />
Freunden ist wie Balsam für die Seele“,<br />
erzählt die Dozentin. Darüber hinaus ist<br />
sie begeisterte Schwimmerin und interessiert<br />
sich für Zeitgeschichte. Als kritische<br />
Beobachterin nimmt sie eine gewisse<br />
Überlastung der Kinder und Jugendlichen<br />
in unserer Gesellschaft wahr,<br />
etwa durch die Schule. Sind die Kids<br />
auch durch Corona überfordert? Ja und<br />
nein, sagt Plattner. „Einerseits können<br />
sie Ängste entwickeln und an der Kontaktarmut<br />
in Zeiten eines Lockdowns<br />
leiden. Aber auf der anderen Seite meistert<br />
ein Großteil der Kinder die durch<br />
die Pandemie entstandenen Herausforderungen<br />
besonders vorbildlich,<br />
häufig sogar besser als Erwachsene:<br />
zum Beispiel, wenn es um das Tragen<br />
von Masken oder um das Home Schooling<br />
geht.“<br />
Ω<br />
paracelsus today 3 | 20<br />
27
Update | Die Pille feiert ihren 60.<br />
Geburtstag. Sie steht für sichere Verhütung<br />
und sexuelle Freiheit, hat aber<br />
auch Schattenseiten. Und viele Mütter.<br />
Sex mit<br />
Blister<br />
Autor: Andreas Aichinger<br />
D er 18. August 1960 war mit gleich zwei Ereignissen<br />
von großer Tragweite ein wirklich historischer Tag. Einerseits<br />
kam es in einem Nachtclub auf der Hamburger<br />
Reeperbahn zum ersten Auftritt der Beatles außerhalb<br />
Großbritanniens. Ebenfalls am selben Tag vor 60 Jahren<br />
wurde in den USA erstmals ein Produkt („Enovid“) verkauft,<br />
das das Leben von Millionen Frauen und Paaren grundlegend<br />
verändern sollte. Gemeint ist die erste Form der hormonellen<br />
Empfängnisverhütung, die als „Antibabypille“<br />
oder kurz „Pille“ Geschichte schreiben sollte – wenn auch<br />
anders als die „Pilzköpfe“ aus Liverpool. In Österreich wurde<br />
ein ähnliches Produkt („Anovlar“) mit jedoch bereits reduzierter<br />
Hormondosis erstmals im Jahr 1962 zugelassen.<br />
Zwei Väter & ihr Schicksal. Als Pionier der hormonellen<br />
Verhütung gilt ein heute weitgehend vergessener Österreicher:<br />
der 1885 geborene Innsbrucker Physiologe Ludwig Haberlandt.<br />
Er konnte im Tierversuch den ersten wissenschaftlichen<br />
Beweis dafür erbringen, dass eine Verhütung mittels<br />
Hormonen möglich ist. 1919 zeigte Haberlandt, dass die<br />
Transplantation von Eierstöcken trächtiger Kaninchen auf<br />
nicht-trächtige Tiere bei diesen den Eisprung unterdrücken<br />
konnte – das Prinzip der Pille war geboren. Bald wuchs jedoch<br />
die Kritik an seiner Forschung rund um eine „Antikindertablette“,<br />
am Ende nahm sich der auch als „Großvater der<br />
Pille“ bezeichnete Haberlandt das Leben. Mehr Erfolg, Anerkennung<br />
und Prominenz waren hingegen dem 1938 aus Österreich<br />
in die USA geflohenen Chemiker Carl Djerassi vergönnt:<br />
1951 gelang es dem als „Mutter der Pille“ geehrten<br />
Djerassi, das erste oral wirksame Gestagen zu synthetisieren.<br />
Zwei Mütter & ein dunkles Kapitel. Während der gebürtige<br />
Wiener Djerassi in Mexiko forscht, kommt es in den USA<br />
zu einer folgenreichen Begegnung: Die Krankenschwester<br />
und engagierte Frauenrechtlerin Margaret Sanger lernt bei<br />
einer Party den Bostoner Endokrinologen Gregory Pincus<br />
kennen. Als dieser die theoretische Möglichkeit einer Verhütungspille<br />
bejaht, wendet sich Sanger an ihre langjährige<br />
Mitstreiterin, die wohlhabende Biologin Katharine Dexter<br />
McCormick. Diese unterstützt ab 1953 die letztlich erfolgreiche<br />
Forschung von Pincus mit zwei Millionen US-Dollar.<br />
Doch während der Erfolg von „Enovid“ ab 1960 eine klare<br />
Sprache spricht, mehren sich in den letzten Jahren auch die<br />
Zweifel an manchen Motiven Margaret Sangers. Besonders<br />
problematisch erscheint aus heutiger Sicht Sangers Befürwortung<br />
von Zwangssterilisationen und Eugenik, die bekanntlich<br />
von den Nationalsozialisten als „Rassenhygiene“ zu<br />
einem traurigen Höhepunkt getrieben wurde.<br />
Sexuelle Befreiung & sittliche Zucht. Die Grundmotivation<br />
von Sanger hingegen, zahllosen Frauen Leid und Abtreibungen<br />
zu ersparen, sollte sich als goldrichtig erweisen. Anfangs<br />
noch fast verschämt als „Mittel gegen Menstruationsbeschwerden“<br />
vermarktet und lediglich an verheiratete Frauen<br />
mit Kindern abgegeben, entfaltete die Pille ab den späten<br />
1960er-Jahren ihr volles gesellschaftliches Potenzial. Endlich<br />
wurde Sexualität nicht mehr von ungewollten Schwangerschaften<br />
überschattet, die sexuelle Lust emanzipierte sich<br />
von der Fortpflanzung. Und genau das rief Gegner auf den<br />
Plan, nicht zuletzt in der Katholischen Kirche. Höhepunkt<br />
war die „Pillen-Enzyklika“ Humanae Vitae von Papst Paul<br />
28<br />
paracelsus today 3 | 20
Der Chemiker, Autor und<br />
Exil-Österreicher Carl<br />
Djerassi konnte 1951 das<br />
erste oral wirksame<br />
Gestagen synthetisieren.<br />
VI. im Sommer 1968, in der unter anderem vor einer „Aufweichung<br />
der sittlichen Zucht“ gewarnt wurde. Doch auch<br />
zahlreiche Gynäkologen warnten in einer „Ulmer Denkschrift“<br />
vor den möglichen Folgen: „Das Überhandnehmen<br />
der sexuellen Thematik in allen Bereichen unserer Gesellschaft<br />
signalisiert für viele Fachleute die Verkümmerung<br />
und Blockierung echter Liebesfähigkeit.“<br />
Nutzen & Schattenseiten. Der Zug der Zeit war jedoch nicht<br />
aufzuhalten. Die mit den jeweiligen Wochentagen beschrifteten<br />
Pillen-Blister wurden zu Fixstartern in den Handtaschen<br />
und Hygienebeuteln von immer mehr Frauen. Sexualität<br />
durfte sorgenfrei Freude versprühen, Abhängigkeiten<br />
in Partnerschaften konnten ebenso reduziert werden wie<br />
Abtreibungen. Doch die große Pillen-Party hatte von Anfang<br />
an auch eine Schattenseite. Zwar zählt die Pille heute zu<br />
den sichersten und auch am häufigsten verwendeten Methoden<br />
der Empfängnisverhütung und wird von vielen<br />
Herstellern in unterschiedlichen Ausprägungen angeboten.<br />
Doch obwohl die Hormon-Dosierungen seit den Anfängen<br />
deutlich reduziert werden konnten, birgt hormonelle Verhütung<br />
für Frauen nach wie vor teils ernste gesundheitliche<br />
Risiken:<br />
Lust oder Unlust? Dazu gehören nicht zuletzt ein erhöhtes<br />
Thrombose-, Bluthochdruck- und Brustkrebsrisiko. Da die<br />
Pille speziell bei Raucherinnen zu einer potenziell gefährlichen<br />
Verengung der Blutgefäße führt, wird ihnen überhaupt<br />
von einer Einnahme abgeraten. Generell sollte die Pille nur<br />
von gesunden Frauen verwendet werden, da sie auch Auswirkungen<br />
auf Herz und Kreislauf haben kann. Speziell<br />
Frauen mit Thrombose- oder Embolie-Risiko sollten ebenfalls<br />
von einer Einnahme absehen. Zu den möglichen Nebenwirkungen<br />
gehören – neben Gewichtszunahme, Übelkeit,<br />
Zwischenblutungen und sexueller Unlust – aber vor allem<br />
auch Depressionen. Besonders Teenager dürften laut einer<br />
dänischen Studie aus dem Jahr 2016 gefährdet sein, durch<br />
die Pille negativ in ihrer Stimmung beeinflusst zu werden.<br />
Und noch ein Aspekt wird immer wieder diskutiert:<br />
Moderne Alternativen. Die Partner- Präferenzen einer Frau,<br />
die hormonell verhütet, könnten durch die Pille manipuliert<br />
werden. Tatsächlich dürfte ein Einfluss auf die Bewertung<br />
von männlicher Attraktivität und auf den Geruchssinn bestehen.<br />
Immer wieder gibt es Berichte, wonach Frauen ihren<br />
Partner nach dem Absetzen der Pille plötzlich „nicht mehr<br />
riechen können“ – die resultierenden Probleme liegen auf<br />
der Hand. Als Alternative mit einer wesentlich geringeren<br />
und gezielt lokalen Hormonabgabe bieten sich heute Hormonspiralen<br />
an, die mittlerweile zu den beliebtesten Formen<br />
der Langzeitverhütung zählen. Für eine gewisse Pillenmüdigkeit<br />
sorgt in den letzten Jahren aber auch die Tatsache,<br />
dass immer mehr junge Frauen gar nicht mehr in ihre natürlichen<br />
hormonellen Abläufe eingreifen wollen. Wohl aus<br />
Konsequenz daraus werden auch Kondome wieder verstärkt<br />
genutzt, mit dem Schutz vor HIV und anderen Geschlechtskrankheiten<br />
als wichtigem Benefit. Eines aber lässt sich nach<br />
60 Jahren mit Sicherheit sagen: Die „Pille“ hat wirklich<br />
Geschichte geschrieben. Und sie stellt dabei wohl sogar die<br />
Beatles in den Schatten.<br />
Ω<br />
paracelsus today 3 | 20<br />
29
Der Wolf im Schafspelz<br />
Bodycheck | Atemwegsinfekte sind im Herbst und Winter häufig. In der<br />
Regel handelt es sich um „harmlose“ Virusinfektionen. Aber Achtung:<br />
Auch potenziell folgenschwere Erkrankungen, wie neuerdings COVID-19,<br />
können mit ähnlichen Symptomen beginnen. <br />
Fotos: iStockphoto; privat<br />
Symptome und Verlauf:<br />
Bis zu 50 Prozent der Patientinnen und<br />
Patienten, die sich mit dem SARS-CoV-<br />
2-Virus infiziert haben, leiden unter<br />
Husten, Fieber, Schnupfen und Störungen<br />
des Geruchs- und Geschmackssinnes.<br />
Seltener treten Halsschmerzen,<br />
Kopf- und Gliederschmerzen auf. Luftnot<br />
weist auf eine Virus-Pneumonie<br />
hin. Appetitlosigkeit, Übelkeit und Bauschmerzen<br />
sind nicht selten die einzigen<br />
Symptome. Ab der zweiten Krankheitswoche<br />
können pulmonale, kardiale,<br />
neurologische und weitere Komplikationen<br />
hinzukommen.<br />
Diagnostik:<br />
Als sehr spezifisch für eine COVID-<br />
19-Erkrankung gilt ein plötzlich einsetzender<br />
Verlust des Geruchs-und<br />
Geschmackssinnes. Die Diagnosesicherung<br />
erfolgt durch sachgerechten Abstrich<br />
aus Nase und/oder Rachenraum.<br />
Goldstandard ist die PCR-Analyse, alternativ<br />
sind Antigen-Schnelltests verfügbar. Schon beim<br />
Verdacht auf COVID-19 sind Schutz- und Quarantänemaßnahmen<br />
konsequent umzusetzen.<br />
Therapie:<br />
Die Therapie der COVID-19-Erkrankung ist bislang eine<br />
überwiegend symptomatische. Bei Komplikationen wie respiratorischer<br />
Insuffizienz<br />
(Atemversagen) im Rahmen<br />
der Viruspneumonie<br />
oder anderen Organ-Komplikationen<br />
ist eine stationäre<br />
Therapie bis hin zu einer<br />
komplexen Intensivtherapie<br />
erforderlich. Bei<br />
respiratorischer Insuffizienz<br />
kann eine Therapie mit<br />
Dexamethason den Verlauf<br />
günstig beeinflussen.<br />
Die Effekte einer antiviralen<br />
Therapie sind bislang<br />
enttäuschend.<br />
Prävention:<br />
Die konsequente Beachtung<br />
von Maskenpflicht,<br />
Händehygiene und Reduktion<br />
von Sozialkontakten<br />
auch im privaten Bereich<br />
ist heute auch für junge<br />
Menschen ohne Risikofaktoren<br />
selbstverständlich! Wer selbst Symptome entwickelt,<br />
die auf eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus hinweisen<br />
könnten, sucht telefonisch ärztlichen Rat (in Österreich unter<br />
der Telefon-Hotline 1450) und begibt sich unmittelbar in<br />
Selbstquarantäne. Die ersten Impfstoffe befinden sich im<br />
Zulassungsverfahren und werden für das 1. Quartal 2021 erwartet.<br />
<br />
Ω<br />
Der Autor:<br />
PROF. DR. JOACHIM H. FICKER ist Ärztlicher Leiter der Klinik für Innere Medizin<br />
3, Schwerpunkt Pneumologie am Klinikum Nürnberg, Universitätsklinik der <strong>Paracelsus</strong><br />
Medizinischen Privatuniversität. Er ist bekannt für seine wissenschaftliche<br />
Tätigkeit auf den Gebieten schlafbezogene Atmungsstörungen, chronisch-obstruktive<br />
Lungenerkrankung (COPD), Emphysem und Lungenkarzinom.<br />
30<br />
paracelsus today 3 | 20
EMMENTALER<br />
DER MILDE<br />
S<br />
Österreichs Lieblings-Emmentaler!<br />
Kein Wunder! In ihm steckt ja auch nur das<br />
Beste: Über 130 Jahre WOERLE Käsekompetenz,<br />
wertvolle, tagesfrische, regionale Heumilch und<br />
3 Monate geruhsame Reifung.<br />
www.woerle.at
Bereits am 18. Oktober 2019<br />
hätte die Welt das tun sollen,<br />
was sie heute ohnedies<br />
machen muss: und<br />
zwar den Expertinnen und<br />
Experten der Johns Hopkins University<br />
genau zuhören. Die renommierte Eliteuniversität<br />
aus Baltimore hatte an<br />
diesem Tag nämlich zu einer Pandemie-Übung<br />
nach New York geladen,<br />
um ein Szenario durchzuspielen, das<br />
aus heutiger Sicht geradezu gespenstisch<br />
klingt: Ausgehend von Fledermäusen<br />
und weitergegeben über Schweine<br />
ist in Brasilien ein neuartiges Coronavirus<br />
auf Menschen übergesprungen. Die<br />
resultierende Pandemie führt zu 65<br />
Millionen Toten rund um die Erde und<br />
gigantischen wirtschaftlichen Schäden.<br />
Nicht zuletzt, weil noch keine Impfung<br />
verfügbar ist – soweit die Übungsannahme.<br />
Während diese auch als „Event<br />
201“ (www.centerforhealthsecurity.org/<br />
event201) bekannte Simulationsübung<br />
unvermeidlicherweise auch Verschwörungstheoretiker<br />
beflügelt, lässt sich im<br />
Rückblick eines mit Sicherheit sagen:<br />
Die Johns Hopkins University (kurz:<br />
JHU) hatte und hat das Ohr am wissenschaftlichen<br />
Puls der Zeit.<br />
Im Auge des Titanen. Gut einen Monat<br />
vor der Übung reist Jürgen Osterbrink<br />
– zum wiederholten Mal – nach Baltimore.<br />
Doch der Vorstand des Instituts<br />
für Pflegewissenschaft und -praxis der<br />
<strong>Paracelsus</strong> Universität hat keine Pandemie<br />
im Kopf, sondern eine Kooperation<br />
mit dem „Titanen der medizinischen<br />
Versorgung“, wie er es ausdrückt.<br />
Und tatsächlich genießen neben der<br />
Johns Hopkins School of Medicine auch<br />
die Bloomberg School of Public Health<br />
und die School of Nursing – Osterbrinks<br />
zentrales Objekt der kooperativen<br />
Begierde – einen Weltruf. „Da habe<br />
ich mir schon gedacht, wie das wohl<br />
werden wird“, erzählt der Instituts-Chef<br />
lachend im Gespräch mit <strong>Paracelsus</strong><br />
<strong>Today</strong>. Doch die Bedenken<br />
lösen sich rasch in Luft auf: „Die Arme<br />
waren ganz weit offen.“ Und das hat einen<br />
guten Grund: Man hat sich längst<br />
bei vielen Gelegenheiten kennen und<br />
schätzen gelernt.<br />
ICN & WHO-CC als Wegbereiter. Zum<br />
einen hatte Jürgen Osterbrink bereits<br />
als Mitglied des Direktoriums des Weltbunds<br />
der Pflege (International Council<br />
of Nurses, ICN) mit Sitz in Genf erste<br />
Kontakte geknüpft. Zum anderen fungiert<br />
Johns Hopkins auch als eine Art<br />
Weltzentrale für die Collaborating Centers<br />
der Weltgesundheitsorganisation<br />
WHO. Das Salzburger Institut für Pflegewissenschaft<br />
und -praxis ist bekanntlich<br />
seit Jänner 2016 ein solches<br />
WHO-CC, und das sogar als Erstes unter<br />
pflegewissenschaftlicher Leitung<br />
im deutschsprachigen Raum. Jedenfalls<br />
ein weiterer Anknüpfungspunkt<br />
für den begnadeten Netzwerker. Osterbrink:<br />
„Ich war dann mehrere Male vor<br />
Ort und habe unsere Leistungskraft<br />
Best of Baltimore<br />
Die renommierte Johns Hopkins<br />
Universität (JHU) in Baltimore<br />
(US-Bundesstaat Maryland) wird in<br />
Rankings stets den besten Hochschulen<br />
der Welt zugerechnet. Die<br />
JHU brachte US-Präsidenten (Woodrow<br />
Wilson), Nobelpreisträger (Joseph<br />
Erlanger) und Top-Unternehmer<br />
(Michael Bloomberg) ebenso<br />
hervor wie medizinische Errungenschaften,<br />
etwa den Defibrillator.<br />
Speziell am East Baltimore Campus<br />
im Osten der Stadt sind die School of<br />
Medicine samt Johns Hopkins Hospital,<br />
die School of Nursing und die<br />
Bloomberg School of Public Health<br />
konzentriert. Internationale Berühmtheit<br />
erlangte die Universität<br />
in den letzten Monaten aber vor allem<br />
auch als Botschafterin der weltweiten<br />
Covid-19-Daten. Das bereits<br />
im Jänner 2020 erstmals veröffentlichte<br />
Covid-19-Dashboard (http://<br />
coronavirus.jhu.edu/map.html) und<br />
generell die Online-Ressourcen der<br />
Universität rund um die Corona-Krise<br />
(http://coronavirus.jhu.edu) machen<br />
sie zu einer der zentralen Anlaufstellen<br />
während der aktuellen<br />
Pandemie.<br />
32<br />
paracelsus today 3 | 20
vorgestellt. Die Chemie hat gestimmt<br />
und es haben sich sehr schnell gemeinsame<br />
Forschungsinteressen und Themen<br />
herauskristallisiert. Das war letztlich<br />
der Grund, wieso wir zusammengekommen<br />
sind.“ Die erfreuliche Folge<br />
ist ein mehrjähriger Kooperationsvertrag<br />
mit der JHU, mit der Johns Hopkins<br />
School of Nursing. Die Vereinbarung<br />
sieht eine Kooperation in Form<br />
gemeinsamer Forschungsprojekte in<br />
Pflegewissenschaft und Public Health<br />
ebenso vor wie den Austausch von Graduate<br />
Students und Lehrenden. Der<br />
Vertrag wurde im September 2019 unterzeichnet,<br />
im Oktober fand die eingangs<br />
erwähnte Simulationsübung<br />
statt, und dann kam das Jahr 2020 und<br />
mit ihm SARS-CoV-2.<br />
Dateninstanz JHU. Das Covid-19-Dashboard<br />
des Centers for Systems Science<br />
and Engineering (CSSE) der Johns Hopkins<br />
University kennt mittlerweile die<br />
ganze (Fach-)Welt. Unter http://coronavirus.jhu.edu/map.html<br />
werden Daten<br />
Ein großer<br />
Wurf<br />
Inside | Die Blicke der Welt-<br />
öffentlichkeit sind in Zeiten<br />
der Corona-Krise gebannt<br />
auf die neuesten Zahlen der<br />
Johns Hopkins Universität<br />
gerichtet. Was nur wenige<br />
wissen: Das Institut für Pflegewissenschaft<br />
und -praxis<br />
ist Kooperationspartner der<br />
renommierten US-Uni.<br />
Autor: Andreas Aichinger<br />
Foto: Johns Hopkins University<br />
aus aller Welt gesammelt und anschaulich<br />
aufbereitet. Entwickelt wurde<br />
das Echtzeit-Daten-Interface von<br />
der JHU-Ingenieurin Lauren Gardner,<br />
die es nicht zuletzt durch tägliche Zugriffszahlen<br />
im Milliardenbereich zu<br />
weltweiter Prominenz gebracht hat.<br />
Die Wissenschafterin hinter den Corona-Daten<br />
– die etwa in Deutschland<br />
hinsichtlich der Quellen-Auswahl aber<br />
auch schon kritisch hinterfragt wurde<br />
– soll übrigens im Februar zur Digitalisierungskonferenz<br />
„Darwin’s Circle“<br />
nach Wien kommen. Wirklich bemerkenswert<br />
ist, dass das Covid-19-Dashboard<br />
bereits am 22. Jänner 2020 erstmals<br />
veröffentlicht wurde. Auch Jürgen<br />
Osterbrink hatte schon zu Jahresbeginn<br />
in einem Mail an Studierende und Mitarbeiter<br />
auf Dashboard und JHU-Expertise<br />
hingewiesen. Durchaus zum anfänglichen<br />
Erstaunen der Empfänger.<br />
Gemeinsame Schwerpunkte. Die wissenschaftliche<br />
Dimension der Kooperation<br />
zwischen der Johns Hopkins Unversität<br />
in Baltimore und der <strong>Paracelsus</strong><br />
Universität in Salzburg bewegt sich<br />
indes rund um drei Themenschwerpunkte:<br />
Zum Ersten soll es um ein transatlantisches<br />
Projekt zur Entwicklung<br />
von Qualitäts-Indikatoren in der Pflege<br />
gehen. Das von Assistenzprofessorin<br />
Manela Glarcher betreute Projekt soll<br />
sich um die Frage drehen: Was macht<br />
die Qualität einer guten Versorgung<br />
überhaupt aus – und wie lässt sich diese<br />
messen? Auch die zweite Thematik<br />
„Schmerz“ entspricht einem langjährigen<br />
Forschungsschwerpunkt von Osterbrinks<br />
Institut. Ansatzpunkt ist dabei<br />
die Tatsache, dass es in den USA – im<br />
Gegensatz etwa zu Deutschland – noch<br />
keinen Expertenstandard „Schmerzmanagement<br />
in der Pflege“ gibt. Der<br />
dritte Bereich schließlich wird Palliative<br />
Care sein. Bedingt durch die Corona-Krise<br />
hat sich allerdings das Timing<br />
der Kooperation verschoben, personeller<br />
Austausch und wissenschaftliche<br />
Zusammenarbeit sollen im Sommersemester<br />
2021 so richtig loslegen.<br />
Crème de la crème. Die neue Kooperation<br />
mit der renommierten Johns Hopkins<br />
Universität zeigt, dass das Institut<br />
für Pflegewissenschaft und -praxis der<br />
<strong>Paracelsus</strong> Medizinischen Privatuniversität<br />
auch in Zukunft konsequent<br />
auf weltweite Vernetzung setzen wird.<br />
Neben der Tätigkeit für die Weltgesundheitsorganisation<br />
existiert bereits<br />
eine jahrelange intensive Zusammenarbeit<br />
mit der University of North Florida<br />
und der Old Dominion University<br />
in den USA, sowie der University of<br />
Adelaide in Australien und der Khon<br />
Kaen University in Thailand. Die jüngste<br />
Kooperation mit Johns Hopkins ist<br />
für den Institutsvorstand dennoch etwas<br />
Besonderes. Jürgen Osterbrink: „Es<br />
freut mich persönlich wirklich sehr,<br />
dass wir mit dieser Universität einen<br />
doch sehr großen Wurf geschafft haben.“Ω<br />
paracelsus today 3 | 20<br />
33
Werfen wir einen kurzen<br />
Blick zurück in<br />
die Geschichte: Goldrausch<br />
nennt man<br />
eine Periode der<br />
verstärkten Einwanderung in ein Gebiet,<br />
in dem es entweder verheißungsvolle<br />
Mengen an Gold oder zumindest<br />
Gerüchte über solche Vorkommen gibt.<br />
Damit assoziiert werden Bilder von<br />
verwegenen, oft skrupellosen (vorwiegend)<br />
Männern, die mit dem Schürfen<br />
nach Gold ihr Leben bestreiten wollten.<br />
Der erste bekannte Goldrausch der Geschichte<br />
wurde Ende des 17. Jahrhundert<br />
durch Funde in Brasilien ausgelöst,<br />
in Amerika gab es gegen Ende des 18.<br />
Jahrhunderts mehrere davon. Gibt es<br />
einen solchen nun tatsächlich auch<br />
hierzulande? „Die Suche nach Edelmetallen<br />
explodiert“, sagt Rudolf Brenner,<br />
geschäftsführender Gesellschafter und<br />
Mehrheitseigentümer des Edelmetallhändlers<br />
philoro. Die Fragilität des Finanzmarktes,<br />
die Zinssenkungen seit<br />
mehreren Jahren, die Liquiditätsschwemme<br />
und Inflationsängste hätten<br />
das Interesse an Gold befeuert. Dieses<br />
Edelmetall sei quasi das „Fieberthermometer<br />
der Wirtschaft“.<br />
Der neue Glanz<br />
des Goldes<br />
Friends | Unsichere wirtschaftliche Zeiten lösen<br />
oft ein besonders gesteigertes Interesse der<br />
Menschen an Gold aus. Das ist nicht neu. Neu ist<br />
die aktuelle Intensität –schon wird das Wort<br />
„Goldrausch“ in den Mund genommen.<br />
Autor: Gottfried Stienen • Fotos: philoro/Harald Klemm<br />
Goldene Zeiten. Umfragen von Marktforschungsinstituten<br />
haben den Ruf<br />
des Goldes als sicherer Hafen für Finanzanlagen<br />
bestätigt. „In Zeiten einer<br />
Pandemie ist Gold wertbeständig, das<br />
war es aber auch schon während der<br />
Finanzkrise vor einigen Jahren. Zudem<br />
ist Gold physisch zu haben und es gibt<br />
Sicherheit“, erklärt der Geschäftsmann<br />
und spricht von einer Rückbesinnung<br />
auf Realwerte. Derzeit kaufe die ganze<br />
Welt Gold: kleine Sparer, Institutionen,<br />
Zentralbanken. „China ist derzeit der<br />
philoro-Chef Rudolf<br />
Brenner will künftig<br />
auch in Österreich<br />
Gold fertigen.<br />
34
mit Abstand größte Goldkäufer. Die haben<br />
einen fast unheimlich großen<br />
Goldhunger“, erzählt der ausgebildete<br />
Betriebswirt. Er hat nach vielen Jahren<br />
Tätigkeit im Anlagebereich der Deutschen<br />
Bank und bei anderen Geldinstituten<br />
eine „heimliche Liebe“ zu Realwerten<br />
verspürt. Der in Leipzig in der<br />
damaligen DDR Geborene hatte schon<br />
immer Gold als ultimatives Veranlagungsinstrument<br />
angesehen; der<br />
Grundkauf seiner Großmutter vor Jahrzehnten<br />
mit einem Vierfach-Dukaten<br />
machte ihm den Wert des Edelmetalls<br />
bewusst.<br />
Goldland Österreich. 2011 hat er mit seinen<br />
damaligen Partnern als Start-up<br />
mit Schwerpunkt auf Edelmetallen<br />
(Gold, Silber Platin, Palladium) begonnen.<br />
Heute ist philoro einer der größten<br />
Komplettanbieter von Gold im deutschsprachigen<br />
Raum. Gegenwärtig laufen<br />
Brenners erfolgreiche Geschäfte in 13<br />
in- und ausländischen Filialen, darunter<br />
Schweiz, Deutschland und Hongkong.<br />
Sein nächster Coup könnte Österreich<br />
in gewisser Weise zu einem<br />
„Goldland“ machen. „Die Fertigung unserer<br />
Goldprodukte geschieht derzeit in<br />
der Schweiz, mehr als 70 Prozent der<br />
gesamten Goldproduktion an Barren<br />
und Münzen kommt von den Eidgenossen“,<br />
betont Brenner. Nun wird in Niederösterreich,<br />
in der Nähe von Korneuburg,<br />
auf einem riesigen Areal eine<br />
eigene Goldfabrik mit Hochsicherheitslager<br />
errichtet – Investitionskosten:<br />
rund 50 Millionen Euro. Dann wird<br />
„Gold made in Austria“ hergestellt, natürlich<br />
auch mit eigener philoro-Linie.<br />
Was wird derzeit so gekauft? Produkte<br />
der Münze Österreich, etwa der Philharmoniker,<br />
aber auch eigene wie ein<br />
philoro-Barren. „Die Zentralbank kauft<br />
massiv Gold; Hedgefonds, Privatinvestoren<br />
und viele Sparer tun dies ebenfalls.<br />
Privatpersonen besitzen momentan<br />
doppelt so viel Gold wie die Österreichische<br />
Nationalbank, wobei diese<br />
rund 280 Tonnen gut gesichert gelagert<br />
hat“, beschreibt der philoro-Chef<br />
die aktuelle Situation. Ein Ende dieses<br />
Runs auf Gold ist nicht in Sicht.<br />
Goldrausch-Revival. Rudolf Brenner ist<br />
Unternehmer. Als solcher ist er auch<br />
auf die <strong>Paracelsus</strong> Medizinische Privatuniversität<br />
aufmerksam geworden<br />
und schätzt den Mut, eine private Universität<br />
mit unternehmerischem Geist<br />
gegründet und etabliert zu haben. „In<br />
Zeiten einer Pandemie ist der Wert von<br />
Gesundheit mehr denn je unstrittig“, betont<br />
er. Die Ausbildung von Ärztinnen<br />
und Ärzten sei mehr als sinnhaft und die<br />
Entwicklung der Uni mit rund 350 Beschäftigten<br />
bemerkenswert. Stichwort<br />
Arbeitsplätze: Mit dem Bau der Goldfabrik<br />
von philoro wird es diese für rund<br />
100 Menschen geben. „Als Unternehmer<br />
will ich Arbeit schaffen, ich zahle hier<br />
meine Steuern und will den Wirtschaftsstandort<br />
Österreich mit dieser<br />
hohen Lebensqualität absichern helfen“,<br />
bekennt Brenner. Für 2021 ist die Eröffnung<br />
einer Filiale in New York geplant,<br />
denn: „Die US-Märkte haben das Gold<br />
wiederentdeckt.“ Der nächste Goldrausch<br />
in Amerika? Nach einigen Jahrhunderten<br />
vielleicht in einer anderen<br />
Form und hoffentlich zivilisierter. Ω<br />
Ein herzliches Dankeschön den Freunden und Förderern<br />
ACM austrian capital management GmbH | Agrana Zucker GmbH | Aicher, Max | Alumni Club der <strong>Paracelsus</strong> Universität | Angelini Pharma Österreich<br />
| Apomedica | Ball Beverage Packaging Ludesch Corporation | Bayer Austria Ges.m.b.H. | BTU Beteiligungs GmbH | Capital Bank | Commend<br />
Österreich GmbH | DBS Gesellschaft für digitale Bildsysteme m.b.H. | Die Hayward Privatstiftung | dm drogeriemarkt GmbH | DOLL Bauunternehmen<br />
GmBH | DS Smith Packaging Deutschland Stiftung & Co. KG | | EVER Neuro Pharma GmbH | Frey, Andrea | G. Hinteregger & Söhne Baugesellschaft<br />
m.b.H. | Gassner GmbH | Gebro Holding GmbH | Gebrüder Woerle Ges.m.b.H. | Greither, Andreas | Hagleitner Hygiene International GmbH |<br />
Hansjörg Wyss Foundation | Herba Chemosan | Hinteregger Immobilien OG | HYPO Salzburg | Jacoby GM Pharma | Johnson & Johnson Medical Products<br />
GmbH | M. Kaindl OG / Kaindl Flooring GmbH | KASTNER | Kellerhals, Helga | Koller, Norbert | KS Pharma GmbH | Kuhn Holding GmbH | Kuhn,<br />
Irmgard | Kuhn, Stefan | Kwizda Pharmahandel GmbH | Lethmate Stiftung | Lukesch, Edith | MED-EL Elektromed. Geräte GesmbH | Melasan Produktions-<br />
& Vertriebsges.m.b.H. | Miele GesmbH | Moosleitner Ges.m.b.H | NUTROPIA PHARMA GmbH | Österreichische Lotterien GesmbH | Pappas Holding<br />
GmbH | <strong>Paracelsus</strong> Rotary Club | Rangnick, Ralf | Rauch Fruchtsäfte GmbH & Co OG | Red Bull - Mateschitz, Dietrich | Richter Pharma AG | Rhedey<br />
Internationale Transporte Ges.m.b.H. | Roche Austria GmbH | SALLMANN GmbH | Salzburg AG für Energie, Verkehr und Telekommunikation |<br />
Salzburg Aluminium AG | Salzburger Sand- und Kieswerke Gesellschaft m.b.H. | Salzburger Sparkasse Bank AG | Schön Holding SE & Co. KG | Schröcksnadel,<br />
Peter | Schülke & Mayr GmbH | Schwarzbraun, Familie | Sedlmayer, Felix | Senoplast Klepsch & Co GmbH & Co KG | Siemens AG Österreich<br />
| Siemens Healthcare Diagnostics GmbH | SPAR Österreichische Warenhandels-AG | Stahlwerk Annahütte Max Aicher GmbH & Co KG | Stieglbrauerei<br />
zu Salzburg GmbH | teampool personal service gmbh | Train, Detlef | von Schilgen, Eva Maria | VR - meine Raiffeisenbank eG, Altötting-Mühldorf<br />
(D) | Winkler, Fritz Wolfgang und Winkler-Berger, Helga | Zürcher Kantonalbank Österreich AG<br />
paracelsus today 3 | 20<br />
35
Freundschaft<br />
in Zeiten von<br />
Corona<br />
Outside | Als langjähriger Freund und Partner<br />
der <strong>Paracelsus</strong> Medizinischen Privatuniversität<br />
durfte Anthony Windebank von<br />
der Mayo Clinic natürlich nicht fehlen, als<br />
Gründungsrektor Herbert Resch im Herbst<br />
2020 seine Emeritierung feierte.<br />
Autorin: Sabine Ritzinger • Fotos: PMU/wildbild<br />
Der Neurologie-Professor<br />
und ehemalige Dean der<br />
Mayo Medical School<br />
war trotz Corona-Pandemie<br />
mit Gattin Karen<br />
Weavers nach Salzburg gejettet, um<br />
Herbert Resch für die mehr als 20-jährige<br />
Freundschaft und Zusammenarbeit<br />
zu danken. Mit im Gepäck hatte<br />
Anthony Windebank eine Auszeichnung<br />
der berühmten Mayo Clinic: Der<br />
emeritierte PMU-Rektor wurde als<br />
„Distinguished Collaborator in International<br />
Medical Education“ gewürdigt.<br />
Eine Auszeichnung, die laut Windebank<br />
„sehr selten verliehen wird“. Dass<br />
er bei der Abschiedsfeier seines Freundes<br />
im Hangar-7 auch selbst zu großen<br />
Ehren kommen würde, ahnte er zu diesem<br />
Zeitpunkt noch nicht: Landeshauptmann<br />
Wilfried Haslauer verlieh<br />
dem US-Gast für seine Unterstützung<br />
und wertvolle Partnerschaft das Ehrenzeichen<br />
des Landes Salzburg.<br />
Anthony Windebank kam mit einer Auszeichnung<br />
für Herbert Resch nach Salzburg<br />
und wurde von Landeshauptmann<br />
Wilfried Haslauer (li,) mit einer hohen<br />
Ehrung überrascht.<br />
Frühe Verbundenheit. In seiner Festrede<br />
ging Windebank auf die Anfänge der<br />
<strong>Paracelsus</strong> Universität ein, die zugleich<br />
den Start der Beziehungen zur Mayo<br />
Clinic und ihrer Medical School bedeuteten.<br />
Es begann mit einem Zusammentreffen<br />
des Unfallchirurgen Robert<br />
Cofield, zu dieser Zeit Dean der Mayo<br />
Medical School of Graduate Medical<br />
Education, und seinem Fachkollegen<br />
Herbert Resch auf einem Kongress an<br />
der Mayo Clinic. Cofield erzählte dem<br />
Kollegen über das Modell der Mayo<br />
Medical School, die – fast 100 Jahre<br />
nach der Gründung der Mayo Clinic –<br />
über Spendengelder aufgebaut worden<br />
war. Über diesen Kontakt lernten sich<br />
Windebank und Resch schließlich kennen,<br />
tauschten sich erstmals in einer Telefonkonferenz<br />
aus und fassten rasch<br />
Vertrauen zueinander. Der damalige<br />
Dean der Mayo Medical School wurde<br />
nach Salzburg eingeladen, um das<br />
Mayo-Modell vorzustellen. Dieser Be-<br />
36<br />
paracelsus today 3 | 20
such vor 21 Jahren sollte der erste von<br />
zahlreichen Aufenthalten Windebanks<br />
in Salzburg sein und ihn zum bekennenden<br />
Österreich-Liebhaber machen.<br />
Gang und Ober-Gangster. Im Gegenzug<br />
flogen Mitglieder des Gründungsteams<br />
der PMU mehrfach nach Rochester<br />
(Minnesota), um das Curriculum der<br />
Mayo Medical School zu studieren. Der<br />
spätere Ehrenrektor der <strong>Paracelsus</strong> Universität,<br />
Julian Frick, lebte gar sechs Monate<br />
lang im Untergeschoss der Mayo<br />
Medical School, besuchte Vorlesungen,<br />
diskutierte mit Fakultätsmitgliedern<br />
und Studierenden und schrieb am Lehrplan<br />
für die künftige Salzburger Medizinuni.<br />
„Es war eine Gang of Seven, die<br />
die Vision einer exzellenten Salzburger<br />
Medizinuni hatte – und Herbert Resch<br />
war der Chief Gangster“, erzählte der<br />
US-Ehrengast dem Publikum. Und fügte<br />
schmunzelnd hinzu: „Now the university<br />
is booming, and he is the GOD-<br />
FATHER.“ Der Vertrauensvorschuss an<br />
die Salzburger habe sich schließlich<br />
auch für die amerikanische Seite bewährt.<br />
Der 2012 verstorbene Julian<br />
Frick hatte Anthony Windebank noch<br />
2010 die Ehrendoktorwürde für besondere<br />
Verdienste um die <strong>Paracelsus</strong> Medizinische<br />
Privatuniversität verliehen.<br />
Verbunden in die Zukunft. Die Studierenden<br />
sind die wichtigste Basis für Medical<br />
Schools, betonte der Mayo-Professor.<br />
Jene der <strong>Paracelsus</strong> Universität seien inzwischen<br />
weltweit für ihre hohe Qualität<br />
bekannt. „Wir konnten über die Jahre bereits<br />
mehr als 150 PMU-Medizinstudierende<br />
im Rahmen ihres Forschungstrimesters<br />
an der Mayo Clinic begrüßen.<br />
Unsere Fakultät liebt diese jungen<br />
PMU-Abgesandten und stufte sie von<br />
Beginn an als einige der Weltbesten ein:<br />
Sie sind freundlich, blitzgescheit und<br />
enthusiastisch – und auf dem Weg zu<br />
großartigen Ärzten“, schwärmte Windebank.<br />
Darüber hinaus sei der Input<br />
der PMU-Studierenden sehr befruchtend.<br />
Die Mayo-PMU-Kooperation werde<br />
auch unter dem neuen Rektor Wolfgang<br />
Sperl in bewährter Weise fortgeführt<br />
und solle speziell in der<br />
regenerativen Medizin und im Bereich<br />
Künstlicher Intelligenz vertieft werden.<br />
Eine Ehre und Auszeichnung für die<br />
vergleichsweise junge Salzburger Medizinuni<br />
und ihre Universitätskliniken:<br />
Immerhin führt die renommierte, 1889<br />
gegründete Mayo Clinic, seit Jahren die<br />
Rankings der US-Kliniken und medizinischen<br />
Fachbereiche an.<br />
Ω<br />
Qualitätsprodukt<br />
aus Österreich<br />
Für ENERGIE und<br />
starke ABWEHRKRÄFTE<br />
ADLER PHARMA<br />
20<br />
Jahre<br />
BEI<br />
KRAFTLOSIGKEIT<br />
& ERSCHÖPFUNG<br />
UNTERSTÜTZT<br />
NATÜRLICHE<br />
ABWEHRKRÄFTE<br />
Rezeptfrei erhältlich in Ihrer Apotheke. Über Wirkungen und mögliche unerwünschte<br />
Wirkungen informieren Gebrauchsinformation, Arzt und Apotheker.<br />
Schüßler Salze stärken Dein Immunsystem<br />
www.adler-pharma.at
Point of View<br />
Der<br />
digitale<br />
Zwilling<br />
in der<br />
Medizin<br />
In seiner – hier vekürzt<br />
wiedergegebenen – Festrede<br />
für die Absolventinnen<br />
und Absolventen am<br />
Standort Nürnberg sprach<br />
PMU-Vizerektor Wolfgang<br />
Söllner über digitale Medizin<br />
und ihre künftige<br />
Bedeutung.<br />
Foto: Rudi Ott<br />
utomatisierte Laborbefunde sind heute Standard, ebenso durch Algorithmen<br />
ausgewertete EKG und Thorax-Röntgen-Befunde. Digitale<br />
Expertensysteme, welche auf der Basis eingegebener Symptome<br />
und Befunde eine Diagnose erstellen und einen leitliniengestützten<br />
Therapievorschlag machen, bestehen bereits für einige Erkrankungen.<br />
Implantierte Mikrochips liefern in Echtzeit biologische Daten<br />
an das Expertensystem, Therapien erfolgen mittels implantierter Medikamentenpumpen<br />
oder intrakardialer und auch intrazerebraler Elektroden.<br />
Humanoide Roboter unterstützen die Pflege und Betreuung autistischer Kinder<br />
– Ärzte werden in Zukunft auf viele dieser Hilfsmittel nicht verzichten<br />
können und wollen. Sie können helfen, Fehler zu vermeiden und seltene<br />
Krankheiten zu erkennen.<br />
Zukunftsfragen. Aber wünschen Patientinnen und Patienten eine solche digitale<br />
Medizin und werden sie sie annehmen? Digitale Expertensysteme bieten<br />
zweifellos Vorteile, wie stark verkürzte Wartezeiten, größere diagnostische<br />
Sicherheit, ein besseres Monitoring der Therapie und der Nachsorge<br />
sowie eine bessere Vernetzung der Behandelnden. Aber werden kranke<br />
Menschen ausreichend Vertrauen in solche Maschinensysteme entwickeln?<br />
Werden diese Systeme in der Lage sein, kranke Menschen ausreichend emotional<br />
zu unterstützen? Werden sie Umweltfaktoren bei der Entstehung und<br />
Aufrechterhaltung von Krankheiten ausreichend berücksichtigen?<br />
Digitaler Zwilling. Ich zweifle sehr daran, auch wenn humanoide Roboter inzwischen<br />
Emotionen erkennen und gelernt haben, darauf mimisch und verbal<br />
zu reagieren. Aber letztlich werden sie nicht auf die individuelle Person<br />
des Patienten eingehen können – weder bei der Diagnose, noch bei der Behandlung<br />
und schon gar nicht in der Beziehung zum Patienten. Neben dem<br />
analogen Menschen wird es einen „digitalen Zwilling“ geben: mit allen verfügbaren<br />
Daten zu Krankheiten, zum Erbgut, zur familiären Situation und<br />
zum Lebensstil. Die Medizin, die diesen digitalen Zwilling behandelt, wird oft<br />
als personalisierte Medizin bezeichnet – aber nur die persönliche Behandlung<br />
des analogen Menschen verdient diese Bezeichnung wirklich.<br />
Analoges Gegenüber. Patienten wünschen sich in existentiellen Krisen, die<br />
durch chronische und schwere Krankheiten ausgelöst werden, im Arzt ein<br />
kompetentes analoges menschliches Gegenüber. Dazu wird es uns Ärzte weiter<br />
brauchen, liebe Absolventinnen und Absolventen. Sie werden gebraucht<br />
werden, jetzt und in der Zukunft. Sie werden bessere Hilfsmittel in die Hand<br />
bekommen, die sehr rasch entwickelt werden und sich durch Maschinenlernen<br />
weiterentwickeln. Sie werden sich ständig fortbilden müssen, um die<br />
Stärken und Schwächen dieser Expertensysteme zu verstehen und anzuwenden.<br />
Und Sie werden die Folgen für die Medizin, für die Patienten und<br />
ihre Rolle als Ärztinnen und Ärzte immer wieder kritisch reflektieren müssen.<br />
Es wird Ihnen mit Sicherheit nie langweilig werden. <br />
Ω<br />
Die vollständige Rede Prof. Söllners finden Sie unter https://bit.ly/3ePtX1F.<br />
38<br />
paracelsus today 3 | 20
De|le|fant<br />
[del fant] Substantiv, m.<br />
1<br />
+ elephantus 2<br />
1<br />
kommunikatives Wesen, das selten alleine kommt<br />
2<br />
langlebiger Dickhäuter, der sich an alles erinnert<br />
XIBU DISINFECT hybrid<br />
spendet Händedesinfektionsmittel in Krankenhausqualität –<br />
und Anwendungsdaten (in die Cloud)<br />
HAGLEITNER HYGIENE ÖSTERREICH GmbH<br />
5700 Zell am See · Lunastraße 5 · Tel. +43 5 0456 ·<br />
www.hagleitner.com
Digitalisierung<br />
des Gesundheits wesens<br />
Wir bringen Künstliche Intelligenz in die klinische Routine<br />
Digitalisierung beeinflusst Prozesse im Gesundheitswesen<br />
und ganze Geschäftsmodelle grundlegend. Neue Technologien<br />
wie Künstliche Intelligenz (KI) ermöglichen es,<br />
große Datenmengen schnell und präzise auszuwerten<br />
und in Entscheidungen zu überführen. Dieser Fortschritt<br />
wird dazu beitragen, Präzisionsmedizin auszubauen,<br />
die Gesundheitsversorgung neu zu gestalten und die<br />
Patientenerfahrung zu verbessern.<br />
Siemens Healthineers ist weltweiter Spitzenreiter bei<br />
KIPatentanmeldungen für das Gesundheitswesen und<br />
seit über 20 Jahren ein Vorreiter auf diesem Gebiet.<br />
Das stetig wachsende Portfolio von KIgestützten Lösungen<br />
hilft dabei Abläufe im Gesundheitswesen zu automatisieren<br />
und zu standardisieren.<br />
Uns inspiriert, dass der Einsatz von KI entscheidende<br />
Vorteile für Patienten, medizinisches Personal und<br />
Anbieter bringen kann:<br />
• Genaue Diagnosestellungen ermöglichen<br />
präzise Behandlung<br />
• Klinische Prozesse werden automatisiert<br />
und optimiert<br />
• Effizienz und Produktivität von Abläufen steigen<br />
Mit unserer Expertise in Künstlicher Intelligenz, unseren<br />
zukunftsorientierten Mitarbeitern, sowie umfangreichen,<br />
kuratierten medizinischen Datensätzen und einer<br />
außerordentlichen Recheninfrastruktur, sind wir der<br />
richtige Partner, um in die Welt der Künstlichen<br />
Intelligenz vorzudringen.<br />
Erfahren Sie mehr auf siemens-healthineers.com/ai