Neue Szene Augsburg 2020-12
Stadtmagazin für Augsburg
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ZOOm
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Dolf, wo fangen wir
denn bei dir an?
Oder anders gefragt:
Was war dein erstes
prägendes Musikereignis?
Ich glaube, es war
1982 am Friedberger Baggersee,
dort fand ein Open-
Air u. a. mit den Augsburger
Punk-Bands Stalinorgel
und Ameisensäure statt. Aber
meine allererste Berührung
mit Punk etwas früher in der
R1, der heutigen Bert-Brecht-
Realschule. Wir durften damals
zum Musikunterricht eine
Schallplatte mitbringen und da
lief dann auch ein Song von den
Sex Pistols. Ich konnte die Musik
gar nicht richtig einordnen, aber
sie hatte eine unheimliche Strahlkraft
auf mich. Ich kann mich noch
erinnern, dass ich ziemlich sauer war,
als die Stunde vorbei war und ich meine Platte nicht mehr vorspielen konnte.
Was hattest du im Gepäck?
Den Soundtrack von der Rocky Horror Picture Show. Am Kö hingen
auch schon die ersten Punks ab und die sahen auch so aus, wie man es von
der Bravo kannte. Das hat mich fasziniert, aber die wirkten so gefährlich, dass
ich mich gar nicht hingetraut habe (lacht). An meine erste Berührung mit
einem Fanzine kann ich mich allerdings noch sehr gut erinnern, die war im
Govi-Schallplattenladen in der Welserpassage. Im Regal lagen verschiedene
Zeitschriften aus, eine davon hatte ein wildes Artwork und sah eher wie eine
Schülerzeitung aus. Das Cover hat mich angesprochen, beim ersten Reinlesen
las ich „Fucking Bullshit!“ Das fand ich so cool, dass ich sie mir gekauft habe.
Es war das „Antz”, ein Augsburger Punk-Fanzine und von da an gab es für mich
kein Halten mehr. Sehr prägend war später dann auch meine Freundschaft mit
der Augsburger Punkband Inferno.
Da sind wir schon beim Thema. „Er hing sowieso immer mit uns rum,
konnte weder singen noch ein Instrument spielen, also musste er eben
die Organisation übernehmen”, hat Inferno-Gitarrist Archie mal über
dich gesagt...
Genau so war es. Wir haben zusammen Bier getrunken, sind auf Konzerte
gefahren und nach und nach habe ich die organisatorischen Aufgaben übernommen
und wurde deren Manager.
Inferno waren über Jahre die bekannteste und erfolgreichste Punk-Band
aus Augsburg. In einem Interview haben sie mal gesagt, dass sie selber
gar nicht wussten, ob sie nun Punk oder Hardcore spielen. Hauptsache
schnell. Wann haben sich Punk und Hardcore gesplittet?
Punk war Anfang der 80er Jahre für mich oft zu verdrogt, versoffen,
destruktiv und aggressiv. Es war ein gewalttätiger Mist mit guten Wurzeln. Die
Hardcore-Bewegung hatte dieselben Roots, aber hier wurde der ganze negative
Scheiß umgewandelt. So hat sich der europäische Hardcore in eine positive,
aufklärerische und politische Bewegung entwickelt, die noch dazu Power hatte
und viel Spaß machte.
Was waren damals deine Hotspots in Augsburg?
Die Punkszene traf sich im Juze in Kriegshaber. Manchmal gingen wir
auch ins Ice, aber das war mir etwas zu discomäßig und auch zu teuer. Später
hat sich der Siedlerhof im Bärenkeller zum Treffpunkt entwickelt. Der Laden
war alternativ, die Preise waren fair.
Was war Punk für dich? Lebensgefühl oder Widerstandsform? Oder
beides?
Es war erst einmal eine Art Selbstfindung. Und es war schon deshalb geil,
weil es die Eltern und viele andere nicht gut fanden. Durch Punk habe ich
meinen Teenager-Freundeskreis verloren, weil er meinen Weg nicht mitgegangen
ist. Ich bin mit Punk sozusagen aus den Kinderschuhen herausgewachsen
und habe quasi noch mal einmal bei Null anfangen.
Die 80er und 90er Jahre waren auch in Augsburg geprägt von Jugendbewegungen.
Von Punks, Skinheads, Rockabillies, Mods und Poppern bis
hin zu New Romantics war so ziemlich alles vertreten. Warum gibt es
heute die klassischen Jugendbewegungen kaum noch?
Das ist eine gute Frage, die man bestimmt universitär behandeln müsste,
wenn es nicht schon gemacht wird. Du hast Recht, das ist auch meine Wahrnehmung,
die klassischen Jugendbewegungen gibt es gar nicht mehr, was wohl
primär mit der Digitalisierung und den sozialen Netzwerken zusammenhängt.
Dein Managerjob bei Inferno war der erste Schritt. Im Laufe der Jahre
hast du dann so ziemlich die komplette Crème de la Crème der US-
Bands kennengelernt. Das war sicher eine spannende Zeit.
Absolut spannend! Mit Inferno habe ich begonnen, Netzwerke zu
knüpfen und zwar nicht nur bundesweit, sondern in Europa, den USA und im
Rest der Welt. Meine Hauptantriebsfeder war es immer, neue und interessante
Menschen kennenzulernen. Im Laufe der Jahre sind viele Brieffreundschaften
und Bekanntschaften entstanden und das Trust-Magazin hat die Kontakte dann
natürlich noch unheimlich beschleunigt.
Auf das Trust kommen wir gleich noch zu sprechen. Du hattest das Vergnügen,
u. a. Größen wie Fugazi, No Means No, At The Drive In, Victims
Family, Chumbawamba oder Alice Donut kennenzulernen.
Europa war in den 80ern und 90ern nicht so, wie man es heute kennt. Der
Kontinent war durchzogen von Grenzen, bei jedem Übergang musste man
seinen Pass vorzeigen, jedes Land hatte eine andere Währung und man musste
„Punk war in den 80ern ein
gewalttätiger Mist mit guten Wurzeln.“
mit mehreren Geldbörsen reisen. Und da war dann noch der Eiserne Vorhang,
wenn man nach Berlin wollte, musste man die Transitstrecke durch die DDR
nehmen. Reisen nach Polen und weiter in den Osten waren echte Abenteuer,
heute ist Europa dagegen ein Traum.
Wenn man mit Bands reist, erlebt man Dinge, die man in keinem Reisebüro
buchen kann.
Absolut, alleine was an den Grenzübergängen erlebt wurde, war sowas
von skurril. Vom kompletten Entladen des Busses bis hin zum Ausziehen mit
Blick in alle Körperöffnungen ... Manchmal ging es nur weiter, wenn man die
Grenzer mit einer Stange Marlboro und einer Pulle Jack Daniels vom Duty
Free Shop bestochen hat. Das war eben eine ganz andere Art des Reisens, man
hat einen ganz anderen Zugang und bekommt auch einen anderen Blick auf
die jeweilige Gesellschaft.
Gibt es einen weißen Fleck auf deiner Europakarte?
Seltsamerweise Portugal. Ansonsten glaube ich, war ich so ziemlich überall
im damaligen Europa und 1986 auch erstmals in den USA. Zuerst in New