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Neue Szene Augsburg 2020-12

Stadtmagazin für Augsburg

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„Es stellt sich die Frage, ob es

verhältnismäßig und rechtmäßig ist, Kunst

und Kultur so stumm zu schalten.“

Foto: Daniel Biskup

Während des ersten Lockdowns war unser

Staatstheater ein Vorbild für das Beschreiten

innovativer Wege. Die neue, virtuelle Sparte

erfuhr mächtigen Rückenwind, hat Augsburg

dadurch im Vergleich zu anderen Häusern

einen Vorsprung herausarbeiten können?

Auf jeden Fall! Wir sind hier bundesweit absolut

an der Spitze, es gibt kein anderes Theater, das ein

VR-Repertoire hat, wir bespielen Twitch intensiv,

wir haben unseren VR-Lieferservice aufgebaut

und wir haben die Oper „Orfeo ed Euridice“ als

VR-Hybrid aufgebaut.

Was genau ist denn Twitch?

Das ist eine Livestream-Plattform, die besonders

von Gamern bespielt wird. Dort tummeln sich

also sehr viele junge Menschen und wir sind

als Theater so ziemlich die ersten, die das jetzt

auch nutzen. Wir haben dort eine Ballettpremiere

live gestreamt, die von uns kommentiert

wurde und mit Chatfunktion ausgestattet war.

Man kann also in Echtzeit schriftlich kommentieren,

bekommt aber auch erklärt, was man

gerade so sieht. Das ist für Theater eine völlig

neue Form. Beim Ballett erreichten wir auf

diesem Weg übrigens 2.500 Zuschauer weltweit,

was eine irre Zahl ist. Darüber hinaus haben

wir das Ballett dann ohne Kommentar noch auf

unserer Homepage gestreamt und hatten noch

einmal 2.500 Zuschauer. So erreichen wir auch

Menschen, die sonst nie mit Theater, Ballett

oder klassischer Musik in Berührung kommen

würden.

Eine fulminante Resonanz! In dieser Richtung

wird es also weitergehen?

Wir haben jetzt für Twitch ein eigenes Format

erfunden, wo die Interaktion mit dem Publikum

in Echtzeit Bestandteil der künstlerischen Arbeit

ist. Wir bespielen also mehrere digitale Kanäle

und Plattformen, je nach dem, was sie uns für

Möglichkeiten bieten.

Können sie älteren und technisch vielleicht

nicht so bewanderten Menschen die Angst

nehmen, dass diese VR-Angebote zu kompliziert

sein könnten?

Unser VR-Angebot ist absolut barrierefrei und

total einfach, darauf haben wir von Anfang an

allergrößten Wert gelegt. Man bekommt die

VR-Brille nach Hause geliefert und muss nichts

anderes tun, als sie aufzusetzen. Man muss keinen

Knopf drücken, kein Kabel verbinden, man muss

nicht einmal online sein. Die Brille kann man auf

unserer Homepage bestellen, dann wird sie von

„Boxbote“ ausgeliefert und auch wieder abgeholt.

Man muss also einfach nur zuschauen und hat

ein ganz besonderes Erlebnis! Die Resonanz der

Menschen, die das schon genutzt haben, ist überwältigend

und durchwegs positiv.

Schauen wir trotzdem einmal zurück in die

Theater und auf die Bühnen. Wie hat das

Augsburger Publikum eigentlich die Zeit zwischen

den Lockdowns angenommen. Waren

die Menschen überhaupt heiß auf Kultur?

Absolut. Wir hatten sogar viele erboste Zuschauerreaktionen

zu bearbeiten, weil die Menschen

ärgerlich waren, dass sie aufgrund der reduzierten

Plätze keine Karten bekommen haben. Das ist

auch ein Zeichen dafür, dass sich unsere Besucher

sicher bei uns gefühlt haben.

Welche Maßnahmen hatten sie in den letzten

acht Monaten zu treffen, um das Staatstheater

für eine Zeit nach Corona am Leben zu halten?

Es gibt tatsächlich auch bei uns zum ersten Mal

Kurzarbeit, die wir im ersten Lockdown nicht

anwenden konnten, weil es dafür keine personalrechtliche

Grundlage gab. Das haben wir im Sommer

geändert und nehmen Kurzarbeit jetzt auch

in Anspruch, weil wir uns irgendwie finanzielle

Handlungsfreiheit erhalten müssen. Wir können

nicht selbstverständlich davon ausgehen, dass uns

Stadt und Land das Geld schon geben werden.

Wir müssen auch unseren Beitrag leisten, das ist

völlig klar. Hier ist die Kurzarbeit das wichtigste

Instrument, trotzdem müssen wir aber immer

weiter daran arbeiten, dass wir unter Einbeziehung

aller Eventualitäten sofort antreten können,

wenn wir wieder spielen dürfen. (max)

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