Neue Szene Augsburg 2020-12
Stadtmagazin für Augsburg
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ZOOm
darum, eine Problemlage zu erkennen und dafür
Lösungen zu erarbeiten. Diese müssen eine Akzeptanz
bei den Leuten haben und umsetzbar sein.
Wie ist der Ansatz bei diesen „Superblocks”
konkret?
Man soll in Stadtviertel immer nur an der
gleichen Stelle rein- und rausfahren können.
Damit kann man zwar jede Adresse erreichen, es
gibt in einem Viertel aber keinen Durchgangsverkehr
mehr. Der Effekt ist, dass Wege mit dem
Fahrrad schneller zu bewältigen sind, weil man
die Straßen weiter queren kann. Damit wird automatisch
die eine Mobilitätsform komfortabler als
die andere. Hauptverkehrsachsen werden durch
Superblocks zunächst mehr befahren, was als
Schwäche des Konzepts gesehen werden könnte.
Aber das ist Bestandteil. Je schneller das Fahrrad
gegenüber dem Auto ist, desto mehr Menschen
fahren Rad. So entsteht automatisch ein Mobilitätswandel
ohne Verordnung. Wir glauben, nur
so schaffen wir eine neue Klimapolitik: Wenn die
Menschen Bock dazu haben.
„Alles was unser Leben
bestimmt, wird politisch
entschieden.“
Bei Generation AUX will man sich also keinen
Utopien hingeben?
Unsere Ideen sollen umsetzbar sein, denn das
ist für die Glaubwürdigkeit von Politik wichtig.
Wie soll es zum Beispiel funktionieren, wenn
man, wie manche im Wahlkampf gefordert haben,
gleichzeitig alle möglichen Gebühren senkt,
dann als Stadt Grundstücke kaufen und günstig
weitergeben und auch noch den ÖPNV umsonst
machen soll. Das kann die Stadt nicht zahlen. Das
haben wir im Wahlkampf auch gesagt, auch wenn
das keine Beliebtheitspunkte bringt.
Du sprichst immer von „wir”. Jetzt bist du aber
der einzige Vertreter der Generation AUX im
Stadtrat. Gibt es dieses „wir” tatsächlich oder
handelt es sich um eine One-Man-Show?
Durch das Stadtratsmandat steht meine Person
aktuell mehr im Vordergrund. Aber Generation
AUX ist ein sehr aktiver Verein mit vielen klugen
Köpfen. Wir haben regelmäßige Treffen mit großer
Beteiligung der Mitglieder und werden auf der
Projektschiene nachlegen. Im Sommer hatten wir
eine sehr gut besuchte öffentliche Veranstaltung,
in der wir den neuen Ordnungsreferenten Frank
Pintsch zur Diskussion in der Kantine zu Gast hatten.
Dazu kamen interne Termine, beispielsweise
mit den Machern vom Gaswerk. Hier kam man
übrigens auf uns zu, weil man uns genau für die
Zielgruppe dieses Projekts hält.
War es eigentlich eine Genugtuung für dich,
gewählt zu werden. Es war immerhin dein
dritter Anlauf und Generation AUX wurde
von einigen Medien als Hipster-Zusammenschluss
mit wenig Zukunftschancen verlacht?
Beim ersten Anlauf mit 21 Jahren war ich bei
der SPD mit Null Chancen auf Listenplatz 41.
Beim zweiten Versuch hatte ich persönlich eine
gute Bilanz, aber die SPD erreichte nur noch 19
Sitze, wodurch es am Ende mit Listenplatz 25 für
mich nicht geklappt hat. Auch jetzt mit Generation
AUX war es schwierig, denn wir haben erst
16 Wochen vor der Wahl entschieden, überhaupt
anzutreten. Um deine Frage zu beantworten: Ich
bin in keinster Weise nachtragend und würde
auch nicht von einer Genugtuung sprechen.
Ich freue mich einfach, politisch gestalten und
arbeiten zu dürfen und darüber hinaus macht die
Zusammenarbeit mit den Grünen richtig Spaß.
In der letzten Periode hat man gesehen, dass
es Oliver Nowak von der Polit-WG als Einzelkämpfer
im Stadtrat relativ schwer hatte und
wurde am Ende nicht wiedergewählt. Warum
wird dir das nicht passieren?
Wir haben uns die Polit-WG im Vorfeld
natürlich angeschaut und Oliver Nowak war ein
fleißiger Stadtrat, aber eben auf sich allein gestellt.
Für uns ist die Konstellation in der Fraktionsgemeinschaft
mit den Grünen innerhalb der Stadtregierung
ideal, um Projekte umzusetzen. Dadurch
ist der Aufwand zwar ungleich höher, als er in der
Opposition gewesen wäre, aber wir haben viel
mehr Gestaltungschancen.
Dennoch liest man in der Presse über deine
Arbeit nur sehr wenig, CSU und Grüne haben
die Öffentlichkeit. Ärgert dich das?
Vor der Sommerpause war das katastrophal,
aber es wird besser. Man merkt natürlich den
Unterschied zwischen 20 Leuten, 14 Leuten oder
eben nur einer Person. Ich stelle innerhalb der
Regierungskoalition relativ viele Anträge und das
ist auch wichtig, um eine gewisse Wahrnehmung
für Generation AUX zu generieren. Ich muss
hier aber auch einmal eine Lanze für die Grünen
brechen, weil wir zusammen eine Gruppe bilden,
innerhalb der es harmonisch und offen zugeht,
wie das in der Politik ziemlich selten ist. Wir sind
eine richtige Einheit, in deren Alltag man die
zwei Listen nicht bemerkt. Durch die Fraktionsgemeinschaft
habe ich Sitze in den Ausschüssen
für Wirtschaft, für Personal, Organisation und
Digitales und für Kultur und kann genau unsere
Themen voranbringen. Die Grünen sehen also
Generation AUX nicht als Konkurrenz, sondern
als eine echte Ergänzung, was ich für eine sehr
clevere Sichtweise halte.
Vielleicht auch, weil ihr eine Zielgruppe
ansprecht, die von den Grünen sonst eher
nicht erreicht werden würde?
Das kann man vielleicht so sehen, aber es gibt
auch sehr viele Überschneidungen der Sichtweisen
von Generation AUX und den Grünen.
Unsere Fraktionsgemeinschaft ist also eine logische
Konsequenz.
Du persönlich hattest als Vorsitzender des
Stadtjugendring 2012 eine sehr schwierige
Situation zu überstehen, als Gelder verschwunden
waren, weil eine Mitarbeiterin sie
falsch gebucht hatte. Wie war diese Zeit für
dich persönlich?
Der Finanzskandal beim Sjr wurde öffentlich,
als ich mich um die OB-Kandidatur bei den
Grünen bewarb. Es war eine echt brutale Zeit für
mich und meine Familie, über Tage und Wochen
wurde ich in der Presse auf ganzen Doppelseiten
niedergemacht. Am Ende würde ich aber trotzdem
alles wieder genau so machen, weil mir diese
Zeit so viel gebracht und sie mich auch verändert
hat. Auf jeden Fall bin ich weniger verbissen und
reflektierter als früher, es ist offensichtlich ziemlich
wichtig, auch einmal ordentlich auf die Schnauze
zu fallen. Ein Augsburger Journalist hat damals
zu mir gesagt, dass es unbezahlbar wäre, so eine
Erfahrung als Seminar zu buchen. Im Nachhinein
werte ich das also alles positiv, obwohl es damals
für mich persönlich furchtbar war.
Im Nachhinein wurde auch bewiesen, dass
dich persönlich keine Schuld traf. Sind eigentlich
mit dem Einzug in den Stadtrat deine
politischen Ziele erreicht oder strebst du nach
noch höheren Weihen?
Ich habe spätestens 2013 gelernt, dass man
für Politik keinen Plan machen kann. Politik
ist für mich vor allem ein Engagementthema,
kein Berufsthema. Das habe ich schon immer
so gesehen, auch wenn das viele nicht glauben
mögen. Aktuell bin ich total fein mit dem, was ich
jetzt machen darf. Ich wäre aktuell für den Beruf
des Politikers auch noch in der falschen Lebenssituation,
denn meiner Meinung nach solltest du
wirtschaftlich möglichst unabhängig sein, um
Politik so gestalten zu können, dass du überzeugt
davon bist, wirklich das Richtige zu tun.