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Spectrum_5_2020

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DOSSIER

Text Smilla Schär

Fotos ETH Bibliothek Zürich, ZVG

Mythos Schweiz

Wir Schweizer*innen lieben Käse und Schoggi, unsere

direkte Demokratie und Neutralität und das Matterhorn.

Stimmt das? Und wer soll überhaupt dieses Wir sein?

Auch die Landesausstellungen dienten als Mittel zur Bildung nationaler Identität.

Die Wir-Rhetorik ist beliebt in Zeiten

von Corona: «Wir müssen jetzt

zusammenhalten», «Wir müssen einander

Sorge tragen». Dieses Wir ist im Moment

vielleicht breiter gefasst als oft zuvor. Nicht

selten hiess es nämlich in gesellschaftlichen

und politischen Debatten stattdessen «wir

Schweizer*innen». Wer wird in dieser

nationalen Identität mitgefasst und wer

wird ausgegrenzt?

Die Formung der nationalen Identität

Auf der offiziellen Webseite der Eidgenössischen

Migrationskommission wird die

nationale Identität wie folgt beschrieben:

«Die Förderung der nationalen Identität

beschränkt sich nicht auf die «Definition»

der Staatsangehörigkeit. Nationalstaaten

sind bestrebt, eine «nationale Kultur» zu

schaffen, welche das «Staatsvolk» als eine

kulturell homogene Nation erscheinen

lässt.» Die entsprechenden Papiere zu

haben, scheint also nicht auszureichen,

um zum Wir zu gehören. Stattdessen ist

die Rede davon, aktiv eine nationale Kultur

aufzubauen. Eine nationale Identität ist

somit auch etwas Konstruiertes, eine

Geschichte, die wir selbst erzählen und

verändern. Dazu kann vieles gehören:

Werte, ein Entstehungsmythos des Landes,

gewisse Bräuche, aber auch Musik und

Kleider. Oftmals wird uns all das präsentiert,

als sei es ganz von alleine so entstanden

und nicht aktiv geformt worden. Ein

Blick in die Vergangenheit überzeugt vom

Gegenteil.

Geistige Landesverteidigung

Die Geschichte der Schweizer Identität

wurde immer wieder vorsätzlich

umgeschrieben oder erweitert. Tradition

ist nicht nur geworden, Tradition wurde

gemacht. Besonders in Krisensituationen

galt das Vermitteln einer gemeinsamen

nationalen Identität als Erfolgsmittel, um

das Wir zu stärken. Ein beeindruckendes

Beispiel des bewussten Einsatzes dieses

Mittels sind die Landesausstellungen, auch

Landis genannt.

Die Landi von 1939 fiel in die Anfangszeit

des Zweiten Weltkrieges und wurde stark

genutzt für die sogenannte «Geistige

Landesverteidigung». Die Schweizer

Verbundenheit sollte gestärkt werden, die

Werte und Bräuche gefestigt. Man betonte

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