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Unter der Staleke 220, Winter 2020

Die STALEKE erscheint vier Mal im Jahr und wird kostenlos an alle Haushalte der Gemeinde Hagen im Bremischen verteilt.

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Wenn Johann Philipp Klages<br />

von seinem Arbeitsplatz erzählt,<br />

sucht er nach Worten, die<br />

dem gerecht werden, was ihn<br />

jedes Mal aufs Neue in Staunen<br />

versetzt. Er fängt an zu schwärmen,<br />

von <strong>der</strong> unvorstellbaren<br />

Weite, <strong>der</strong> klaren, unbelasteten<br />

Luft und <strong>der</strong> absoluten Stille.<br />

Klages arbeitet auf dem kältesten<br />

und lebensfeindlichsten<br />

Kontinent <strong>der</strong> Erde, <strong>der</strong> Antarktis.<br />

Nur wenige Menschen kommen<br />

dem Südpolarkreis so nah<br />

wie Klages. An das erste Mal im<br />

Eis erinnert sich <strong>der</strong> Polarforscher<br />

noch sehr genau. „Es war<br />

völlig surreal. Ich habe immer<br />

davon geträumt, an Bord <strong>der</strong><br />

‚Polarstern‘ zu sein, aber dass<br />

es mit dem Forschungsschiff<br />

dann direkt auf eine so große<br />

Expedition geht, das hätte<br />

ich mir vorher nie vorstellen<br />

können“, blickt er zurück. Als<br />

studentische Hilfskraft am Alfred-Wegener-Institut<br />

(AWI) begleitet<br />

er damals das Expeditionsteam<br />

in die Westantarktis<br />

Einsatz im „ewigen Eis“<br />

und sammelt Daten. Zehn Jahre<br />

liegt die Forschungsreise nun<br />

zurück. Die Faszination für die<br />

Antarktis ist geblieben, wenn<br />

nicht noch größer geworden.<br />

Warum? Klages: „Weil es <strong>der</strong><br />

einzige Kontinent auf <strong>der</strong> Erde<br />

ist, <strong>der</strong> völlig unberührt ist von<br />

irgendwelchen menschlichen<br />

Aktivitäten“.<br />

Klages kommt gebürtig aus<br />

Celle. 2019 hat er sich mit seiner<br />

Frau den Traum vom Haus erfüllt<br />

und ist von Bremen nach<br />

Heine gezogen. Im Frühjahr ist<br />

<strong>der</strong> 38-Jährige zum zweiten Mal<br />

Vater geworden. Die Familie genießt<br />

gemeinsam das Leben auf<br />

dem Land, wenn Klages nicht<br />

gerade tausende Kilometer entfernt<br />

Bodenproben im Dienst<br />

<strong>der</strong> Wissenschaft sammelt. Den<br />

Doktortitel hat <strong>der</strong> Geologe<br />

seit ein paar Jahren in <strong>der</strong> Tasche.<br />

Drei Mal war er bereits in<br />

<strong>der</strong> Antarktis, die längste Forschungsreise<br />

dauerte knapp<br />

drei Monate. Währenddessen<br />

hat er meist nur sehr eingeschränkt<br />

Kontakt zu seiner Familie.<br />

„Man kann froh sein, wenn<br />

man alle zwei Tage kurz telefonieren<br />

kann und dann einan<strong>der</strong><br />

akustisch versteht. Auch die<br />

Emailkapazitäten sind begrenzt.<br />

Das ist für die Familie zuhause,<br />

aber auch für einen selbst natürlich<br />

schwer“, gibt er zu. Seine<br />

Frau habe großes Verständnis<br />

für seine Forschungsarbeit, sie<br />

ist Biologin und arbeitet ebenfalls<br />

am Alfred-Wegener-Institut.<br />

Für seine Kin<strong>der</strong> hat sich <strong>der</strong><br />

Familienvater etwas Beson<strong>der</strong>es<br />

überlegt: Vor je<strong>der</strong> Expedition<br />

bastelt er einen Kalen<strong>der</strong> mit<br />

kleinen Geschichten, die er vorher<br />

aufzeichnet. So ist er beiden,<br />

zumindest stimmlich, immer<br />

sehr nah.<br />

Kreativität und Improvisationstalent<br />

sind häufig auch auf den<br />

Forschungsreisen von Vorteil.<br />

Denn nicht immer läuft unterwegs<br />

alles nach Plan. Die eisige<br />

Kälte ist eine Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

für Mensch und Technik. Die<br />

Wissenschaftler/innen auf <strong>der</strong><br />

„Polarstern“ müssen immer<br />

einsatzbereit sein. Gearbeitet<br />

wird in Vier-Stunden-Schichten,<br />

davon gibt es zwei bis drei<br />

am Tag. Das Arbeitspensum<br />

variiert je nachdem wie viel<br />

Verantwortung man an Bord<br />

hat. „Geschlafen wird eigentlich<br />

nur, wenn es möglich ist“,<br />

sagt Klages. Je<strong>der</strong> Tag im Eis<br />

kostet etwa 80.000 Euro. Zeit ist<br />

also Geld. Wenn <strong>der</strong> Polarforscher<br />

von seinen Abenteuern<br />

im Eis berichtet, klingt es so,<br />

als könne er sein Glück selbst<br />

kaum begreifen. „Auf Expeditionen<br />

gehe ich öfter mal für<br />

zehn Minuten an Deck, um zu<br />

realisieren, was ich hier gerade<br />

eigentlich mache und wie<br />

beson<strong>der</strong>s das ist“, erklärt er.<br />

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38 | WINTER <strong>2020</strong><br />

UNTER DER STALEKE

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