26.11.2020 Aufrufe

Spengler Cup Davos - Jahrbuch 2020 (60-er Jahre)

In der bald 100-jährigen Geschichte des Spengler Cup ist es 2020 das fünfte Mal, dass das Turnier abgesagt werden muss. Die Auswirkungen der COVID-Pandemie machten die Austragung eines Hockeyfestes unmöglich. Im 5. Jahrbuch des Spengler Cup Davos schauen wir aber trotzdem zurück auf die 1960er-Jahre. Es war die Zeit, als Davos endlich auch eine Kunsteisbahn bekam, das OK mit gewaltigen Schneemassen kämpfte und erstmals Tschechoslowaken, Russen und ein kanadisches Team am Spengler Cup teilnahmen. Auch die politische Lage in Europa hatte in den 60ern grosse Auswirkungen auf das Turnier. So wurde Vorjahressieger Lokomotive Moskau aus politischen Gründen 1968 nicht mehr eingeladen, sechs Jahre zuvor verhalf der Davoser Landammann einem Spieler aus Prag sogar zum Absprung in den Westen.

In der bald 100-jährigen Geschichte des Spengler Cup ist es 2020 das fünfte Mal, dass das Turnier abgesagt werden muss. Die Auswirkungen der COVID-Pandemie machten die Austragung eines Hockeyfestes unmöglich.
Im 5. Jahrbuch des Spengler Cup Davos schauen wir aber trotzdem zurück auf die 1960er-Jahre. Es war die Zeit, als Davos endlich auch eine Kunsteisbahn bekam, das OK mit gewaltigen Schneemassen kämpfte und erstmals Tschechoslowaken, Russen und ein kanadisches Team am Spengler Cup teilnahmen. Auch die politische Lage in Europa hatte in den 60ern grosse Auswirkungen auf das Turnier. So wurde Vorjahressieger Lokomotive Moskau aus politischen Gründen 1968 nicht mehr eingeladen, sechs Jahre zuvor verhalf der Davoser Landammann einem Spieler aus Prag sogar zum Absprung in den Westen.

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GLANZ UND GLORIA<br />

43<br />

: D<strong>er</strong> Mann mit den goldenen Händen<br />

Mit 16 Siegen steht das Team Canada seit Dezemb<strong>er</strong> 2019 allein an d<strong>er</strong> Spitze d<strong>er</strong><br />

ewigen Sieg<strong>er</strong>liste. B<strong>er</strong>eits den achten Sieg mit d<strong>er</strong> Equipe d<strong>er</strong> Kanadi<strong>er</strong> kostete<br />

dabei Andy Hüppi aus. Ein Blick hint<strong>er</strong> die geschlossene Kabinentür vom Team Canada.<br />

Die Kabinentür öffnet sich. Andy Hüppi<br />

ist imm<strong>er</strong> in Bewegung. Er richtet Kabinen<br />

gemütlich ein, assisti<strong>er</strong>t den Ärzten,<br />

kocht Kaffee, wischt den Kabinenboden<br />

und flickt z<strong>er</strong>rissene Trikots. Am<br />

Silvest<strong>er</strong>mittag 2019 fei<strong>er</strong>te <strong>er</strong> mit<br />

dem Team Canada seinen achten <strong>Spengl<strong>er</strong></strong><br />

<strong>Cup</strong>-Sieg. Sind die Kabinentüren<br />

nach ein<strong>er</strong> Nied<strong>er</strong>lage nach 45 Minuten<br />

geschlossen und ist das Mat<strong>er</strong>ial v<strong>er</strong>packt,<br />

zieht sich d<strong>er</strong> Tag nach einem<br />

Sieg in die Länge. Doch d<strong>er</strong> Schweiz<strong>er</strong> in<br />

Diensten von Team Canada arbeitet<br />

nicht nur, <strong>er</strong> kostet auch den Sieg aus.<br />

Er stellt sich für Selfies zur V<strong>er</strong>fügung,<br />

organisi<strong>er</strong>t Sieg<strong>er</strong>zigarren und sammelt<br />

schliesslich die liegen gebliebenen<br />

Blumensträusse auf: «Diese gebe ich<br />

dann an d<strong>er</strong> Hotelrezeption ab und<br />

freue mich, wenn diejenigen einen <strong>er</strong>halten,<br />

die sich während d<strong>er</strong> <strong>Spengl<strong>er</strong></strong><br />

<strong>Cup</strong>-Woche für uns<strong>er</strong> Wohl eingesetzt<br />

haben.» Nach einem Sieg <strong>er</strong>hält Hüppi<br />

vom Team Canada meist ein Paket mit<br />

dem <strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong>-Pokal und einem<br />

g<strong>er</strong>ahmten Teamfoto. Für ihn ist d<strong>er</strong><br />

<strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong>-Einsatz Passion und ein<br />

«well done» od<strong>er</strong> «good job» ist besond<strong>er</strong><strong>er</strong><br />

Lohn für seinen Einsatz.<br />

«N<strong>er</strong>vös wie ein klein<strong>er</strong> Junge»<br />

Das Engagement war Zufall. Andy Hüppis<br />

Partn<strong>er</strong>in Nici wollte am 25. Dezemb<strong>er</strong><br />

2002 ein <strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong>-Spiel besuchen.<br />

Die beiden liessen es sich nicht<br />

nehmen, das Team Canada beim Training<br />

zu beobachten. Mike Pelino, Coach und<br />

Gen<strong>er</strong>al Manag<strong>er</strong> des Teams, <strong>er</strong>fuhr von<br />

den Rapp<strong>er</strong>swil-Jona-Spiel<strong>er</strong>n im Team,<br />

dass Hüppi Masseur ist, kam auf ihn zu<br />

und fragte, ob <strong>er</strong> sich Zeit für die Spiel<strong>er</strong><br />

nehmen würde. So wurde für Nici und<br />

Andy nichts aus einem gemeinsamen<br />

<strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong>-Abend. Andy Hüppi organisi<strong>er</strong>te<br />

Massagecreme und ford<strong>er</strong>te<br />

bei seinem damaligen Arbeitgeb<strong>er</strong> SC<br />

Rapp<strong>er</strong>swil-Jona Lak<strong>er</strong>s drei Tage mehr<br />

F<strong>er</strong>ien ein. Er fei<strong>er</strong>te mit dem Team Canada<br />

den <strong>er</strong>sten Sieg seit 1997 – und <strong>er</strong>hielt<br />

kurz darauf das Aufgebot, das<br />

Team Canada an die Weltmeist<strong>er</strong>schaft<br />

zu begleiten. «Ich war n<strong>er</strong>vös wie ein<br />

klein<strong>er</strong> Junge», <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>t <strong>er</strong> sich.<br />

Ohne Schm<strong>er</strong>zen und Stress<br />

Die Tage sind lang und die Momente, in<br />

denen Hüppi auf dem Massagetisch<br />

sitzt, die Beine baumeln lässt und nichts<br />

tut, sind rar: «Es ist wie bei and<strong>er</strong>en<br />

Jobs. W<strong>er</strong> die Arbeit sieht, hat imm<strong>er</strong><br />

etwas zu tun.» Mehrheitlich <strong>er</strong>ledigt<br />

Hüppi diese mit Leidenschaft und nur<br />

nach mehrmaligem Nachhaken v<strong>er</strong>rät <strong>er</strong>:<br />

«Nähen kann ich nicht so gut und nach<br />

dem Visi<strong>er</strong>e-an-die-Helme-Schrauben<br />

schm<strong>er</strong>zen meine Fing<strong>er</strong>.» Auch Stress<br />

schätzt <strong>er</strong> nicht: «Meist ist es nicht entscheidend,<br />

ob eine Arbeit eine Minute<br />

schnell<strong>er</strong> od<strong>er</strong> wenig<strong>er</strong> schnell <strong>er</strong>ledigt<br />

wird.»<br />

Dass schlechte Arbeit nicht akzepti<strong>er</strong>t<br />

wird, machte ihm d<strong>er</strong> damalige Nationaltrain<strong>er</strong><br />

Andy Murray bei d<strong>er</strong> <strong>er</strong>sten<br />

Weltmeist<strong>er</strong>schaft klar: «Wenn ich etwas<br />

Schlechtes üb<strong>er</strong> dich höre, ist d<strong>er</strong><br />

Flughafen nicht weit.» Mittl<strong>er</strong>weile hat<br />

Andy Hüppi fünf WM-Ringe, einen Olympiaring<br />

und einen Ring des World <strong>Cup</strong><br />

2016 an d<strong>er</strong> Hand. Für einige Kanadi<strong>er</strong><br />

ist <strong>er</strong> d<strong>er</strong> Schweiz<strong>er</strong> im Team. Für diejenigen,<br />

die ihn lange kennen, ab<strong>er</strong> d<strong>er</strong><br />

Kanadi<strong>er</strong> ohne kanadischen Pass.<br />

«Huppe», wie <strong>er</strong> bei den Kanadi<strong>er</strong>n genannt<br />

wird, hat schon vielen Stars seinen<br />

Stempel aufgedrückt respektive<br />

sie massi<strong>er</strong>t und viele P<strong>er</strong>sönlichkeiten<br />

kennengel<strong>er</strong>nt, wie den deutschen<br />

Fussballeuropa- und weltmeist<strong>er</strong> Jürgen<br />

Klinsmann od<strong>er</strong> Fürst Alb<strong>er</strong>t von<br />

Monaco, d<strong>er</strong> ihn zu einem Abendessen<br />

einlud. Helfen konnte <strong>er</strong> auch dem<br />

Schlagzeug<strong>er</strong> Hena Habegg<strong>er</strong> von d<strong>er</strong><br />

Schweiz<strong>er</strong> Kultband «Gotthard». Hüppi<br />

ist offen und geht auf die Menschen zu.<br />

: Andy Hüppi: Ruhepausen wie diese gibt es nur für<br />

ein kurzes Fotoshooting.<br />

So hatte <strong>er</strong> zum Beispiel auch mit dem<br />

p<strong>er</strong>uanischen Schriftstell<strong>er</strong> S<strong>er</strong>gio<br />

Bambaren E-Mailkontakt, nachdem <strong>er</strong><br />

dessen Buch «Das Leuchten d<strong>er</strong> Wüste»<br />

gelesen hatte.<br />

<strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong> statt NHL-Traum<br />

Neben den Engagements beim Team Canada<br />

war Andy Hüppi von 1993 bis 2009<br />

Masseur und Mat<strong>er</strong>ialmitv<strong>er</strong>antwortlich<strong>er</strong><br />

beim SC Rapp<strong>er</strong>swil-Jona. Dann<br />

arbeitete <strong>er</strong> sechs <strong>Jahre</strong> lang als Masseur<br />

beim HC Lugano. 2015 schien für<br />

Andy Hüppi gar d<strong>er</strong> Traum, die Waden<br />

von NHL-Spiel<strong>er</strong>n zu kneten, in Erfüllung<br />

zu gehen. Von drei Angeboten wählte <strong>er</strong><br />

das d<strong>er</strong> Pittsburgh Penguins aus. V<strong>er</strong>träge<br />

waren unt<strong>er</strong>schrieben, die Wohnung<br />

gekündigt, die Flugtickets gekauft<br />

– doch schliesslich scheit<strong>er</strong>te das Engagement<br />

an d<strong>er</strong> Arbeitsbewilligung.<br />

Ein bisschen NHL-Stimmung geniesst <strong>er</strong><br />

nun halt weit<strong>er</strong>hin am <strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong>:<br />

«Was gibt es Schön<strong>er</strong>es als blauen Himmel,<br />

Schnee und gutes Eishockey!»

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