MinD-Mag 139
Die Dezember-Ausgabe der offiziellen Zeitschrift von Mensa in Deutschland e.V. Die Dezember-Ausgabe der offiziellen Zeitschrift von Mensa in Deutschland e.V.
SCHEER WARE HEINZ-DETLEF SCHEER Change or Bullshit Bingo Oder: Heinrich freut sich auf Weihnachten. „Sie müssen agiler werden!“ Heinrich hörte kaum noch hin. Sein Chef garnierte das Meeting einmal mehr mit Bullshit-Bingo: „Design thinking“, „Scrum“, „Ambidexterity“! Aber nie erklärte er, was er eigentlich wollte. Sprach, wohl im Hinblick auf die Adventszeit, von „Wertschätzung“ und gleich darauf von „human capital“. Gestern noch hatte dieser Weihnachtsmann von Vertriebsleiter Heinrich auf seine Frage, was denn eigentlich mit „agil“ gemeint sein soll, langwierig die Unterschiede zwischen „agilem“ Management, „ädscheilem“ Management und tatsächlich „ägeilem“ Management referiert. Heinrichs Ohren schalteten schließlich das Weihnachtsmärchen seines Vorgesetzten ab. Vor Kurzem war er auf ein Online-Seminar geschickt worden, vermutlich weil es in Corona- Zeiten billiger angeboten wurde und er die Bildungszahlen seines Chefs erfüllen sollte. Da ging es tatsächlich um Veränderung. Vor allem um deren Machbarkeit. Hätte sein Chef das geahnt! Heinrich begann zu verstehen, was es hieße, die laufend geforderten Veränderungen tatsächlich umzusetzen. Konnte das sein, dass sein Chef daran gar kein Interesse hatte? Sein Unternehmen stand mehr als schlecht da und schließlich war es sein Chef selbst, der Veränderungen blockierte! Plötzlich wurde Heinrich klar, dass er hier keine Perspektive mehr hatte. Schließlich war er nicht mal 50, hatte ein Haus abzubezahlen und vor allem: Er arbeitete gern! Im Seminar hatte er zwei Ingenieure kennengelernt, die in einem Unternehmen arbeiteten, das einen qualifizierten Schlossermeister suchte. Zum Beispiel für besonders anspruchsvolle Einzelanfertigungen. Auch sie hatten Schwierigkeiten mit Kunden, Lieferanten, auch mit Neid und Missgunst unter manchen Kollegen. Aber Heinrich wusste nicht mehr, was ihn am meisten beeindruckt hatte: Die von den beiden berichtete selbst geplante Online-Weihnachtsfeier mit Quiz und Tombola oder die Tatsache, dass die beiden offenbar, obwohl sie keine Vorgesetzten waren, selber entscheiden konnten, wer mit ihnen nach Weihnachten zusammenarbeiten sollte. Im Grunde hatte er sich bereits entschlossen, diese Chance wahrzunehmen, noch bevor er ein von den beiden empfohlenes Buch mit dem Titel: „Change or Die“ gelesen hatte. Die noch fehlenden Englisch-Kenntnisse frischte er der Einfachheit halber gleich beim Lesen des Buches auf. Sein Chef saß mittlerweile gestresst zu Hause mit seiner Familie inmitten viel zu früh installierter Weihnachtsdekoration beim Adventskaffee und hoffte, dass nach Weihnachten und nach Corona alles wieder wie früher werden würde. Heinrich saß mit dem Buch „Change or Die“ in der Hand auf seinem Lieblingssessel. Mit dem Gedanken: „Na also, geht doch!“, schlief er ein und träumte ganz entspannt von dem schönen Weihnachtsgeschenk, das er sich endlich selbst gemacht hatte. ÜBER DEN AUTOR Diplom-Psychologe Heinz-Detlef Scheer arbeitet als Trainer, Coach, Autor und Konzeptentwickler 58 | mind magazin 139/dezember 2020
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SCHEER WARE<br />
HEINZ-DETLEF SCHEER<br />
Change or Bullshit Bingo<br />
Oder: Heinrich freut sich auf Weihnachten.<br />
„Sie müssen agiler werden!“<br />
Heinrich hörte kaum noch hin.<br />
Sein Chef garnierte das Meeting<br />
einmal mehr mit Bullshit-Bingo:<br />
„Design thinking“, „Scrum“,<br />
„Ambidexterity“!<br />
Aber nie erklärte er, was er eigentlich<br />
wollte. Sprach, wohl<br />
im Hinblick auf die Adventszeit,<br />
von „Wertschätzung“ und<br />
gleich darauf von „human capital“.<br />
Gestern noch hatte dieser<br />
Weihnachtsmann von Vertriebsleiter<br />
Heinrich auf seine<br />
Frage, was denn eigentlich mit<br />
„agil“ gemeint sein soll, langwierig<br />
die Unterschiede zwischen<br />
„agilem“ Management, „ädscheilem“<br />
Management und tatsächlich<br />
„ägeilem“ Management referiert.<br />
Heinrichs Ohren schalteten<br />
schließlich das Weihnachtsmärchen<br />
seines Vorgesetzten ab.<br />
Vor Kurzem war er auf ein Online-Seminar<br />
geschickt worden,<br />
vermutlich weil es in Corona-<br />
Zeiten billiger angeboten wurde<br />
und er die Bildungszahlen<br />
seines Chefs erfüllen sollte. Da<br />
ging es tatsächlich um Veränderung.<br />
Vor allem um deren Machbarkeit.<br />
Hätte sein Chef das geahnt!<br />
Heinrich begann zu verstehen,<br />
was es hieße, die laufend geforderten<br />
Veränderungen tatsächlich<br />
umzusetzen. Konnte das<br />
sein, dass sein Chef daran gar<br />
kein Interesse hatte? Sein Unternehmen<br />
stand mehr als schlecht<br />
da und schließlich war es sein<br />
Chef selbst, der Veränderungen<br />
blockierte!<br />
Plötzlich wurde Heinrich klar,<br />
dass er hier keine Perspektive<br />
mehr hatte. Schließlich war er<br />
nicht mal 50, hatte ein Haus abzubezahlen<br />
und vor allem: Er arbeitete<br />
gern!<br />
Im Seminar hatte er zwei Ingenieure<br />
kennengelernt, die in einem<br />
Unternehmen arbeiteten,<br />
das einen qualifizierten Schlossermeister<br />
suchte. Zum Beispiel<br />
für besonders anspruchsvolle<br />
Einzelanfertigungen. Auch<br />
sie hatten Schwierigkeiten mit<br />
Kunden, Lieferanten, auch mit<br />
Neid und Missgunst unter manchen<br />
Kollegen.<br />
Aber Heinrich wusste nicht<br />
mehr, was ihn am meisten beeindruckt<br />
hatte: Die von den<br />
beiden berichtete selbst geplante<br />
Online-Weihnachtsfeier mit<br />
Quiz und Tombola oder die Tatsache,<br />
dass die beiden offenbar,<br />
obwohl sie keine Vorgesetzten<br />
waren, selber entscheiden<br />
konnten, wer mit ihnen nach<br />
Weihnachten zusammenarbeiten<br />
sollte.<br />
Im Grunde hatte er sich bereits<br />
entschlossen, diese Chance<br />
wahrzunehmen, noch bevor<br />
er ein von den beiden empfohlenes<br />
Buch mit dem Titel: „Change<br />
or Die“ gelesen hatte. Die noch<br />
fehlenden Englisch-Kenntnisse<br />
frischte er der Einfachheit halber<br />
gleich beim Lesen des Buches<br />
auf.<br />
Sein Chef saß mittlerweile gestresst<br />
zu Hause mit seiner Familie<br />
inmitten viel zu früh installierter<br />
Weihnachtsdekoration<br />
beim Adventskaffee und<br />
hoffte, dass nach Weihnachten<br />
und nach Corona alles wieder<br />
wie früher werden würde.<br />
Heinrich saß mit dem Buch<br />
„Change or Die“ in der Hand auf<br />
seinem Lieblingssessel.<br />
Mit dem Gedanken: „Na also,<br />
geht doch!“, schlief er ein und<br />
träumte ganz entspannt von<br />
dem schönen Weihnachtsgeschenk,<br />
das er sich endlich<br />
selbst gemacht hatte.<br />
ÜBER DEN AUTOR<br />
Diplom-Psychologe Heinz-Detlef<br />
Scheer arbeitet als Trainer, Coach,<br />
Autor und Konzeptentwickler<br />
58 | mind magazin <strong>139</strong>/dezember 2020