24.11.2020 Aufrufe

Ausgabe 04.2020

SWE Magazin für Kunden der Stadtwerke Erfurt, Erfurt-Fans und Erfurter. In dieser Ausgabe: Unterwegs in Erfurts dunklen Gassen, die Kinderstube des Erfurter Zooparks, Elektromobilität für zu Hause, Jenaplan-Schüler starten Wetterballon, die Teddymanufaktur von der Krämerbrücke, ein Tag bei der Stadtreinigung, BUGA-Außenstandort Bad Langensalza, Ehrenamt für die BUGA, Erfurts Stadtgärtner lassen es blühen, Heiztipps, Weihnachtsbäckerei....

SWE Magazin für Kunden der Stadtwerke Erfurt, Erfurt-Fans und Erfurter. In dieser Ausgabe: Unterwegs in Erfurts dunklen Gassen, die Kinderstube des Erfurter Zooparks, Elektromobilität für zu Hause, Jenaplan-Schüler starten Wetterballon, die Teddymanufaktur von der Krämerbrücke, ein Tag bei der Stadtreinigung, BUGA-Außenstandort Bad Langensalza, Ehrenamt für die BUGA, Erfurts Stadtgärtner lassen es blühen, Heiztipps, Weihnachtsbäckerei....

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die mattschwarzen Rüstungen der Pikeniere<br />

aus dem Dreißigjährigen Krieg stehen in Reih<br />

und Glied, so als ob sie gleich den Befehl bekommen<br />

würden, sich der feindlichen Kavallerie zu stellen:<br />

den Pferden, den gepanzerten Reitern mit den beiden<br />

Kavalleriepistolen links und rechts des Sattels. Man<br />

kann fast die Schreie hören, Befehle, Trommelwirbel,<br />

Schüsse, das Schlagen der Hufe.<br />

Das Schwarzatal-Forum im Torhaus, ein Multifunktionsraum<br />

mit Ausstellung zum Zeughaus<br />

und zum Schwarzatal.<br />

Präsentation der sogenannten „Kleinen Garde“<br />

(bestand zwischen 1848–1855) des Prinzen und<br />

späteren Fürsten Georg von Schwarzburg-Rudolstadt.<br />

Tödliche Waffen, auf den Zentimeter genau ausgerichtet<br />

– fast wie bei einer Parade. Hier sind es Gewehre mit aufgepflanzten<br />

Bajonetten und Infanterieoffiziershelme.<br />

Vor knapp 400 Jahren, mitten im Dreißigjährigen<br />

Krieg, steckten Menschen in diesen Rüstungen. Pikeniere,<br />

zumindest die in der ersten Reihe, hatte keine<br />

große Chance zu überleben. Sie wurden niedergeritten.<br />

Oder erschossen, erschlagen, erstochen.<br />

Jetzt stehen die Rüstungen, exakt ausgerichtet, im<br />

Fürstlichen Zeughaus der Schwarzburg, knapp 80 Meter<br />

über dem wildromantischen Schwarzatal. Sie sind Teil<br />

einer einmaligen Ausstellung, die im Mai 2018 nach aufwendiger<br />

Rekonstruktion wiedereröffnet wurde. Für Erfurter<br />

ist die Anreise ab sofort besonders entspannend,<br />

Rudolstadt (und damit auch der Ort Schwarzburg) ist<br />

jetzt Teil des Verkehrsverbundes Mittelthüringen (VMT).<br />

„Die Rekonstruktion des Zeughausgebäudes war eine<br />

einmalige Chance, diese Waffensammlung der Fürsten<br />

von Schwarzburg-Rudolstadt im Originalgebäude auszustellen“,<br />

sagt Sabrina Lüderitz, stellvertretende Direktorin<br />

vom Thüringer Landesmuseum Heidecksburg. Das<br />

gibt es so in Deutschland nirgendwo. Mordinstrumente<br />

wurden reine Dekoration – und auch zu einem Mahnmal,<br />

zu einem Anlass, ihren damaligen Sinn zu hinterfragen.<br />

Es sind 5.100 Objekte, die hier ihre neue (und auch<br />

alte) Heimat finden. Die schiere Masse der verschiedensten<br />

Waffen vom 15. bis zum 19. Jahrhundert in dem<br />

Zeughaus wirkt überwältigend. Hier reihen sich Helme<br />

an Helme, Säbel an Säbel, Lauf an Lauf, Armbrustbolzen<br />

aus dem 16. Jahrhundert sind an Wänden und Decken<br />

zu Dutzenden dekoriert. „Viele Waffen, die wir hier<br />

ausstellen, sind keine Gebrauchsgegenstände. Es sind<br />

Kunstwerke, Jagdwaffen, verziert mit Gold, Silber, Perlmutt<br />

und Elfenbein“, sagt Sabrina Lüderitz. Zu kostbar,<br />

um je draußen im Wald zum Einsatz zu kommen.<br />

Die Waffen, die Stück für Stück an Wänden, Brüstungen,<br />

Bögen und Decken positioniert wurden, hatten im<br />

Schloss Heidecksburg während der vergangen Jahre<br />

Asyl gefunden. Seit 1940 lagerte die Waffensammlung,<br />

die zuvor auf der 20 Kilometer entfernten Schwarzburg<br />

ihr Zuhause hatte, in den Gewölben der fürstlichen Residenz.<br />

Russische Truppen hatten die Sammlung 1946<br />

beschlagnahmt und den Weitertransport in die Sowjetunion<br />

vorbereitet, doch dazu war es nie gekommen.<br />

„Seit 1453 ist die Existenz einer Waffensammlung, einer<br />

Harnischkammer, auf der Schwarzburg nachweisbar;<br />

Mitte des 16. Jahrhunderts wurde erstmals das Zeughaus<br />

erwähnt. Ab dem 18. Jahrhundert verlor dessen<br />

militärische Nutzung an Bedeutung“, sagt Sabrina Lüderitz.<br />

Die Waffen im Zeughaus dienten seitdem der<br />

Schau: Wenn bedeutende Personen<br />

zu Gast waren, wurde ihnen stolz die<br />

Sammlung präsentiert.<br />

Seit 2007 wurden viele Ausstellungsstücke<br />

nach und nach restauriert,<br />

und in Seidenpapier und Luftpolsterfolie<br />

verpackt. Neun Monate<br />

dauerte der Transport der Waffen, in<br />

mehr als 200 Fahrten ging es von der<br />

Heidecksburg zur Schwarzburg und wieder zurück. Wie viel<br />

Arbeit im Detail steckt, lässt sich am Beispiel der gewaltigen<br />

Flaggen erahnen, die das zentrale Element der Ausstellung<br />

sind. Lüderitz: „Es dauerte zwei Jahre, um sie zu rekonstruieren.“<br />

Experten der Dresdner Kunstsammlungen hatten<br />

ein Jahr gebraucht, um aus den Überresten der alten<br />

Flaggen Vorlagen für die Repliken zu erstellen.<br />

In der Plauener Fahnenmanufaktur<br />

Fahnen Fassmann wurden die zehn Banner<br />

Der Blick in das Erdgeschoss wirkt<br />

irgendwie surreal – im Zeughaus<br />

werden Waffen, Ausrüstungen und<br />

Munition vergangener Jahrhunderte<br />

wieder genauso präsentiert<br />

wie vor 130 Jahren. Es sind<br />

Zeugen ihrer Zeit.<br />

in aufwendiger Seidenstickerei hergestellt.<br />

Eine der größten Herausforderungen<br />

war die detailgetreue Nachbildung:<br />

Es gibt keine Darstellungen vom<br />

Inneren des Schwarzburger Zeughauses<br />

vor 1890, kein Wort davon, wie die<br />

Waffen der Fürsten damals präsentiert<br />

wurden. Und ein knapp 130 Jahre altes<br />

Foto von dem damals voll ausgestatteten<br />

Zeughaus ließ für die Museumsmitarbeiter viel Raum<br />

für Interpretationen...<br />

Mehr Informationen gibts unter<br />

www.schloss-schwarzburg.com.<br />

TEXT: HENRY KÖHLERT<br />

FOTOS: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

46<br />

SWE-Journal 04_2020<br />

SWE-Journal 04_2020 47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!