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Buchrezension Hannes Rhiner (PDF 91 KB) - dwbox.ch

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<strong>Hannes</strong> <strong>Rhiner</strong> – Praxis für Coa<strong>ch</strong>ing & Organisationsentwicklung<br />

len Fragestellung und na<strong>ch</strong>vollziehbaren Begründung, ob Steinzeitmens<strong>ch</strong>en au<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on depressiv<br />

waren), Ursa<strong>ch</strong>en und Behandlungsmögli<strong>ch</strong>keiten unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er Stresstypen sowie Mögli<strong>ch</strong>kei-<br />

ten zum Umgang mit und zur Behandlung von depressiven Erkrankungen.<br />

Bis vor wenigen Jahren standen unfallbedingte Risiken und physis<strong>ch</strong>e Belastungen (Muskel- und<br />

Skeletterkrankungen) im Vordergrund gesundheitli<strong>ch</strong>er Aspekte der Arbeitswelt. Mit den heutigen<br />

Arbeitsbedingungen, die geprägt sind dur<strong>ch</strong> Tempo, permanente Veränderung, Verdi<strong>ch</strong>tung, Flexi-<br />

bilität (Deregulation von Zeit und Raum), Unsi<strong>ch</strong>erheit und hohe soziale Ansprü<strong>ch</strong>e, nehmen seeli-<br />

s<strong>ch</strong>e Belastungen und Erkrankungen markant zu. Die Autoren belegen dies glaubwürdig anhand<br />

vers<strong>ch</strong>iedenster Erhebungen und folgern daraus: „Alle Zei<strong>ch</strong>en deuten darauf hin, dass die moder-<br />

ne Gesells<strong>ch</strong>aft, und vor allem die heutige Arbeitswelt, immer mehr Mens<strong>ch</strong>en aus dem seelis<strong>ch</strong>en<br />

Glei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>t bringt“ (S. 15). Ohne in eine tendenziöse Polemik zu verfallen, werden vers<strong>ch</strong>iedene<br />

wirts<strong>ch</strong>afts- und insbesondere Kapitalismus-kritis<strong>ch</strong>e Aussagen zitiert, wie z.B.: „Diktat der Öko-<br />

nomie, Ohnma<strong>ch</strong>t der Politik gegenüber einer globalen Wirts<strong>ch</strong>aft“ (S. 15 f., G. Grass) oder „Ohne<br />

den Kapitalismus können wir ni<strong>ch</strong>t leben, aber mit ihm können wir es kaum aushalten“ (S. 16, K.<br />

Marx). Einhergehend mit den erhöhten Anforderungen bietet die moderne Arbeitswelt dagegen<br />

au<strong>ch</strong> ganz neue Mögli<strong>ch</strong>keiten und Freiheiten für die berufli<strong>ch</strong>e und persönli<strong>ch</strong>e Entwicklung und<br />

Entfaltung. Diese neu gewonnenen Freiheiten erhöhen jedo<strong>ch</strong> die Selbstverantwortung jedes Ein-<br />

zelnen, bringen oft Verunsi<strong>ch</strong>erung und Orientierungslosigkeit mit si<strong>ch</strong> und können si<strong>ch</strong> damit zu-<br />

sätzli<strong>ch</strong> belastend auf das psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Wohlbefinden auswirken. All diese Aussagen zeigen deutli<strong>ch</strong><br />

auf, in wel<strong>ch</strong>em Dilemma si<strong>ch</strong> die Diskussion bewegt, die im vorliegenden Bu<strong>ch</strong> in sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Form<br />

aus primär gesundheits-psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>er Perspektive weiter untersu<strong>ch</strong>t wird.<br />

Vor diesem Hintergrund gehen die Autoren weiter auf soziale und gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Ursa<strong>ch</strong>en von<br />

Depressionen ein und heben diese gegenüber den zumeist in den Mittelpunkt gestellten individuel-<br />

len Veranlagungen hervor. In einem kurzen historis<strong>ch</strong>en Rückblick werden die zunehmenden Ten-<br />

denzen der Individualisierung einerseits und der Globalisierung andrerseits untersu<strong>ch</strong>t und belegt.<br />

Sie prägen unser Alltagsleben und insbesondere die Arbeitswelt. Dur<strong>ch</strong> den Wegfall klarer äusserer<br />

Strukturen und Normen entsteht eine Verunsi<strong>ch</strong>erung oder gar eine Orientierungslosigkeit. Dies<br />

erfordert die Definition eigener Referenzwerte und die immer wiederkehrende Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> einer<br />

eigenen Orientierung in einem si<strong>ch</strong> permanent wandelnden Umfeld. Darin kann zuglei<strong>ch</strong> eine neue<br />

Form der persönli<strong>ch</strong>en Souveränität gesehen werden. Diese erfordert jedo<strong>ch</strong> einen Zustand ständi-<br />

ger Aufmerksamkeit, ein hohes Mass an Eigeninitiative, Kreativität und Flexibilität - die wiederum<br />

einen hohen Stresspegel auslösen können und oft den Einstieg in die Ers<strong>ch</strong>öpfungsspirale bilden.<br />

Am Arbeitsplatz werden diese Auswirkungen der neu gewonnen Souveränität, die si<strong>ch</strong> aus der Par-<br />

allelität von Individualisierung und glei<strong>ch</strong>zeitiger Globalisierung ergibt, besonders stark spürbar.<br />

Den Autoren gelingt es auf prägende Veränderungen der gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Strukturen und die dar-<br />

aus resultierende Diskrepanz zu den beständigen Orientierungsbedürfnissen des Individuums hin-<br />

zuweisen und den Bezug zu den depressiven Erkrankungen herzustellen, ohne dabei die „guten<br />

alten Zeiten“ zu idealisieren.<br />

Eine zentrale Rolle als Verursa<strong>ch</strong>er depressiver Symptome wird dem Thema Stress eingeräumt. In<br />

sehr kompakter Form bes<strong>ch</strong>reiben die Autoren die zentralen physiologis<strong>ch</strong>en Prozesse, wel<strong>ch</strong>e in<br />

Stresssituationen automatis<strong>ch</strong> in Gang gesetzt werden und nehmen eine Differenzierung zwis<strong>ch</strong>en<br />

gesunden und krank ma<strong>ch</strong>enden Stressreaktionen vor. Der Laie mag an dieser Stelle mit den bio-<br />

<strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>en Einzelheiten etwas überfordert sein, die Kernprozesse kommen dabei aber genügend<br />

klar zum Ausdruck: Der Mens<strong>ch</strong> ist mit einem überlebenswi<strong>ch</strong>tigen biologis<strong>ch</strong>en Regelsystem für<br />

kurzfristige Stresssituationen ausgerüstet (Gefahren), das bei Normalisierung na<strong>ch</strong> kurzer Zeit<br />

wieder in eine natürli<strong>ch</strong>e Homöostase zurückgeführt wird. Bei Dauerstress hingegen, wie er gerade<br />

in der Arbeitswelt immer häufiger auftritt, kann diese Rückführung in ein gesundes Glei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>t<br />

ni<strong>ch</strong>t mehr stattfinden und führt zu längerfristigen Ers<strong>ch</strong>öpfungs- und Erkrankungssymptomen. Das<br />

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