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Sobald ich die Treppen hochgehe, atme ich durch,
es ist leerer und ruhiger. Bewusst sehe ich mich
nicht um, als ich hochkomme. Ich wünschte, ich
könnte mich umsehen, ob er da ist, ob mein Plan
aufgeht, doch ich hefte meinen Blick auf die Bar,
hinter der Vera und einige andere hübsche Frauen
stehen, dabei spüre ich einige Blicke auf mir, lasse
mich aber nicht ablenken und setze mich auf
einen Barhocker und gebe Vera einen Kuss auf die
Wange, die mich erleichtert ansieht.
»Ich bin so aufgeregt, ich habe schon zweitausend
Peso bekommen und das in knapp einer Stunde,
am Ende der Nacht können wir nach Hawaii
fliegen.« Ich muss lachen und lege meine Tasche
neben mir auf die Theke. Auch hier hört man die
Musik, doch etwas gedämpfter, wobei etwas weiter
auch eine Tanzfläche ist, wo man die Musik wieder
lauter zu hören scheint. Nur auf dem Flur und an
der Bar ist die Lautstärke gedämpfter, woran auch
immer das liegen mag.
»Hawaii klingt gut. Machst du mir eine Cola?« Sie
stellt gerade ein Tablett voll. »Kein Alkohol? Woher
kommt deine plötzliche Meinungsänderung über
den Abendplan? Liegt es an dem sexy Mann, mit
dem du letztens gesprochen hast und der auch jetzt
wieder seinen Blick nicht von dir nehmen kann,
so wie fast die Hälfte der Männer hier im VIP-
Bereich?«
Sie lacht leise und steckt Schirmchen in die Drinks.
»Ist er da?« Sie nickt und hebt das Tablett hoch.
»Allerdings, und er hat dich entdeckt, ich komme
gleich.« Mein Herz schlägt automatisch schneller.
Ich habe die ganze Zeit Blicke in meinem Rücken
gespürt, nun brennt er schon fast. Ich versuche,
so entspannt wie möglich zu wirken, ziehe mein
Handy aus meiner Tasche und tippe etwas darin
ein, bevor ich es zur Seite lege, als Vera zurück und
zu mir kommt.
»Also, du hast die Aufmerksamkeit von Mister
Sexy auf dir und von einigen anderen, möchtest
du trotzdem nur Cola oder soll ich dir etwas
Stärkeres geben, damit du das durchhältst?« Sie
hat schon die Cola in der Hand und schiebt mir
eine Schüssel mit Salzstangen hin. »Cola reicht, ich
brauche einen klaren Kopf.« Vera muss leise lachen
und gießt mir Cola in das Glas mit Eis. »Das hört
sich eher nach einer Kriegserklärung an. Aber ich
muss sagen, es ist viel entspannter, hier zu arbeiten,
es kommt eher selten einer an die Bar, du bedienst
die Tische und sie lassen uns hier vorne in Ruhe.
Hast du überhaupt gesehen, was gestern in mein
Zimmer geflogen ist? Ich dachte, ich sterbe, ich
hatte dir das Bild gar nicht gezeigt.«
Mit Vera ist man sehr schnell abgelenkt, sie versteht
es perfekt, die Kunden zu bedienen und mich zu
unterhalten. Als sie gerade wieder eine Bestellung
fertig hat, sieht sie nach oben und wieder zu mir.
»Vorsicht!«
Sie lächelt mich an und es prickelt in meinem
Nacken, als ich spüre, dass jemand sich mir nähert.
Ich sitze sicher schon knapp eine Stunde hier an der
Bar und auch, wenn Enzo mich offenbar registriert
hat, ist er noch nicht an die Bar gekommen, wie ich
es erhofft hatte. Vielleicht hat er genug gesagt, doch
eigentlich war ich mir sicher, dass er kommen und
mir ein paar spitze Bemerkungen zuwerfen würde.
»Hi, so schön und so allein?« Ich wende mich zu
der dunklen Stimme um und sofort breitet sich
Enttäuschung in meinem Bauch aus: Das ist nicht
Enzo, sondern ein anderer Mann, dessen Augen
mich freundlich anstrahlen.
»Oh ja … ich meine nein, ich bin nicht alleine, ich
besuche eine Freundin, die hier arbeitet und ja …«
Ich kann nicht verhindern, dass sich meine Stimme
enttäuscht anhört. Der Mann deutet zu dem Stuhl
neben mir. »Hast du etwas dagegen, wenn ich mich
zu dir setze und wir zusammen …?« Ich versuche,
so freundlich wie möglich zu lächeln und stehe
auf. »Um ehrlich zu sein, wollte ich gerade auf die
Toilette, entschuldige mich bitte.«
Verdammt, jetzt habe ich einen gemütlichen
Abend gegen so eine verkrampfe Atmosphäre
eingetauscht, nur um Enzo dazu zu bringen, mich
anzusprechen, was er offenbar nicht vorhat.
Ich stehe auf und gehe auf die Damentoilette, ohne
den Mann noch einmal anzusehen, dort gebe
ich mir kühles Wasser in den Nacken und sehe
auf die Uhr. Es ist schon kurz nach eins. Es war
eine dumme Idee herzukommen. Ich lehne mich
gegen die kalten Fliesen, sehe noch einmal in
den Spiegel und atme tief ein. Ich werde ihn jetzt
ansehen und ihn so vielleicht zu einer Handlung
provozieren, und wenn das nicht klappt, werde ich
gehen und mir unterwegs noch einen großes Stück
Brownie mit flüssigem Kern holen und frustriert
eingestehen, dass meine Pläne ein Flop waren.
Ich atme noch einmal tief ein und gehe wieder
hinaus in den VIP-Bereich, dabei sehe ich direkt
zu den Sitzgruppen, wo kaum noch Leute sitzen.
Ich bleibe stehen und suche nach der Sitzgruppe,
in der die Männer der Quarticos sitzen, doch außer
einigen Geschäftsmännern sehe ich niemanden
mehr. Verdammt, ich hätte ...
In meinem Nacken bildet sich eine feine Gänsehaut,
als ich plötzlich Enzos mächtige Präsenz hinter mir
spüre und seine raue Stimme über meinen Rücken
streift.
»Suchst du etwas, Prinzessin?«