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Die Schnapsbrennerei Rochelt

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<strong>Die</strong> <strong>Schnapsbrennerei</strong> <strong>Rochelt</strong><br />

Der Schnapsbrenner, der Visionär und der junge Meister –<br />

Eine kleine Geschichte der edelsten <strong>Schnapsbrennerei</strong> Tirols<br />

Meine ersten Recherchen zum Thema „Edle Schnäpse“ brachten mich mit einem geheimnisvollen<br />

Mann in Tirol in Kontakt, über den gerüchteweise bekannt war, dass er – ohne Rücksicht auf wirtschaftliche<br />

Kalkulation – die teuersten Schnäpse der Welt herstelle. Da musste ich hin, natürlich.<br />

Schlank und großgewachsen, mehr sehnig als muskulös, dennoch kräftig und elastisch trat mir ein Mann<br />

gegenüber, den ich mit jedem Jahr unserer Bekannschaft mehr schätzen lernte. Günter <strong>Rochelt</strong> zeichnete<br />

sein klarer Blick für die Welt um ihn herum und die visionären Ideen für die kulinarische Bedeutung<br />

des Obstes in seiner destillierten Form und den besonderen Stellenwert des Schnapses in der Tiroler<br />

Tradition aus. <strong>Die</strong>ser erste Eindruck war beständig, dieses Bild von Günter <strong>Rochelt</strong> blieb mir von<br />

unserer ersten Begegnung bis heute in Erinnerung.<br />

<strong>Die</strong> Anfänge: Vom Hobbybrenner zum Meisterbrenner<br />

Günter <strong>Rochelt</strong> nahm sich Zeit. Sowohl für die Menschen als auch für seine Arbeit und seine<br />

Produkte. Nach drei Stunden Interview wusste ich mehr über das Schnapsbrennen, als heute noch<br />

manch aktiver Schnapsbrenner weiß. Und ich wusste auch eine ganze Menge über seinen Lebensweg,<br />

der auf mich sehr klar und stringent wirkte. In seinen jungen Jahren absolvierte Günter <strong>Rochelt</strong> eine<br />

Ausbildung zum Koch und schloss seine Lehrjahre mit einem Hoteldiplom in Lausanne ab. <strong>Die</strong>se solide<br />

Grundausbildung ergänzte sich wunderbar mit seiner lebenslangen Liebe zum kulinarischen Genuss, zum<br />

guten Essen, zum schönen Wein und zu seinen eigenen Produkten.<br />

Was für mich abstrakte Theorie war (und blieb), setzte der Qualitätsfanatiker <strong>Rochelt</strong> in seinem<br />

Betrieb konsequent um. Auf die ersten Brennversuche Anfang der 1970er Jahre mit der Tiroler<br />

Vogelbeere – damals noch gemeinsam mit seinem Bruder <strong>Die</strong>tmar – folgten zwanzig Jahre Erfahrung<br />

mit dem Umgang unzähliger Früchte als Hobbybrenner. Das Obst stammte anfangs aus den großen<br />

Obstgärten der Familie, später – nach Gründung der Brennerei - wurde es in Anbaugebieten der<br />

Steiermark, der Wachau oder des Burgenlandes sowie weiter entfernter Gegenden wie Finnland (Wilde<br />

Vogelbeeren) oder Sizilien (Orangen) geerntet. Zahlreiche Brennversuche (anfangs in der Garage des<br />

Cousins) dienten dazu, Erfahrung zu sammeln und aus Fehlern zu lernen. Nach dieser Devise wurde die<br />

Qualität der Schnäpse immer besser und <strong>Rochelt</strong>s Berufung auf die alte Tiroler Schnapstradition des<br />

starken und aromadichten Schnapses immer lebendiger.<br />

Um erfolgreich zu sein braucht es wie überall nicht nur Ehrgeiz, Können und Visionen, sondern noch<br />

die eine oder andere Komponente des Schicksals. Dazu gehörten in <strong>Rochelt</strong>s Fall seine Familie und<br />

seine zahlreichen Freundschaften aus der Welt der Gastronomie. Unter diesen, bei Eckart Witzigmann,<br />

Heinz Winkler oder Alfons Schuhbeck, sowie dutzenden weiteren Bekannten, breitete sich der Ruf<br />

<strong>Rochelt</strong>scher Schnäpse zuerst aus: „Sowas gibts einfach sonst nirgends. Da musst Du unbedingt


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mehr machen.“ Aus Hobby und Berufung wurde so letztlich ein Beruf und ein Betrieb. Was dann<br />

von Günter <strong>Rochelt</strong> im Alter von 49 Jahren begonnen wurde, ist heute eine <strong>Schnapsbrennerei</strong>, deren<br />

Produkte – auch dank eines genial-traditionellen Designs – auf den ersten Blick zu erkennen sind.<br />

Für mich, der ich nur Beobachter und Kritiker bin, ist die Philosophie und die praktische Entwicklung<br />

des Tiroler Edelschnapses eine beeindruckende Sache. Fast unvorstellbar, dass mit diesen rigorosen<br />

Qualitätsrichtlinien und der „hochprozentigen Philosophie“ vom starken und aromadichten Schnaps<br />

(50 %Vol. sind Standard, in einigen Fällen auch bis zu 60 %Vol. und darüber – siehe die Edition<br />

„Naturstark“) über viele Jahre hinweg gearbeitet werden kann. Über mittlerweile 25 Jahre also, Jahr<br />

für Jahr, und fast jedes Jahr sowohl mit einer quantitativen Erweiterung als auch mit einer qualitativen<br />

Verbesserung.<br />

Letzteres kann ich deswegen so frei behaupten, weil ich die Schnäpse der Tiroler Edelschnapsschmiede<br />

ständig verkosten und dabei feststellen durfte, dass sich das Niveau der Brände, ausgehend von einem<br />

hohen Level, immer noch steigern ließ und der Inhalt dieser einzigartigen <strong>Rochelt</strong>-Schnapsflaschen in<br />

vielen Fällen von Jahr zu Jahr noch verbessert wurde. Dabei haben Günter <strong>Rochelt</strong> ebenso wie sein<br />

Schwiegersohn Alexander Rainer die Latte stets hoch gelegt. Sie dort über die Jahre zu halten ist eine<br />

Leistung, die nur auf einem extrem soliden Fundament realisiert werden kann. <strong>Die</strong>ses Fundament sind<br />

die <strong>Rochelt</strong>schen Prinzipien (siehe separaten Artikel).<br />

<strong>Die</strong> Qualität der Tradition<br />

Anliegen der Brennerei <strong>Rochelt</strong> war es, die Kultur des Schnapsbrennens aus der bäuerlichen Tradition<br />

aufzugreifen und weiter zu entwickeln. Der „Kasteler“, also jener Schnaps, der in den Bauernstuben<br />

der Tiroler Bergtäler als Hausmittel gegen Krankheit und Einsamkeit wohltätige Wirkung entfaltete,<br />

diente <strong>Rochelt</strong> dabei als Vorbild für seine eigene Tätigkeit. Ehrlich und stark mussten die Schnäpse<br />

sein, die in der Brennerei in Fritzens seit den späten achziger Jahren des vorigen Jahrhunderts destilliert<br />

werden. <strong>Rochelt</strong>s Philosophie des echten und starken Schnapses hatte über Jahre viel Unverständnis<br />

hervorgerufen, aber die Ausdauer und Konsequenz seiner Haltung hat sich letztlich durchgesetzt und die<br />

gesamte Schnapswelt nachhaltig geprägt.<br />

Dass die Bedeutung des Obstes für den Schnaps mittlerweile ausser Streit steht, hat viel mit der<br />

konsequenten Philosophie und der kompromisslosen Arbeitsweise der Brennerei am Ufer des Inn<br />

zu tun. Heute noch sucht und findet <strong>Rochelt</strong>s Nachfolger Alexander Rainer neue und noch bessere<br />

Anbaugebiete, damals wie derzeit werden weder Kosten noch Mühen gescheut, um an ausgesuchtes und<br />

bestes, in jedem Fall vollreifes und aromatisch auf dem Höhepunkt sich befindendes Obst zu kommen.<br />

Hier erwacht auch ein weiterer der damals abstrakten Lehrsätze, die ich im Jahr 1990 gehört habe, zu<br />

einem sinnhaften Leben: „Der Schnapsbrenner,“ dozierte Günter <strong>Rochelt</strong>, „darf alles, nur geizig darf<br />

er nicht sein.“ Wobei er nicht der Verschwendung das Wort redete, sondern vielmehr vom bewußten<br />

Umgang mit den Resourcen sprach. <strong>Die</strong> Zutaten zu seinen Produkten und seiner Welt der Genüsse


– 3 –<br />

mussten – und müssen im Haus <strong>Rochelt</strong> weiterhin – von erster Qualität sein und dürfen keinesfalls von<br />

fauligen Gedanken angekränkelt werden. Das unterscheidet den Mutigen vom Kleingläubigen, es unterscheidet<br />

den Ängstlichen vom Visionär.<br />

Wie Günter <strong>Rochelt</strong> ist auch Alexander Rainer dem Land und seinen Menschen mit dem Respekt<br />

des kunst- und feinsinnigen Mannes verbunden, der die Welt mit offenen Augen betrachtet. Er ist mit<br />

den örtlichen und regionalen Traditionen ebenso vertraut wie mit der Geschichte des Landes und der<br />

Pflege seiner Produkte. <strong>Die</strong> spezifische Leidenschaft des Sammlers und das Bewahren kulturhistorischer<br />

Fundstücke ist nicht zuletzt auch im hauseigenen Museum dokumentiert. <strong>Rochelt</strong>s Denken hat<br />

auch Eingang in das Design und die Präsentation der Edelbrände gefunden und findet heute wiederum<br />

einen zusätzlichen Ausdruck in der ständigen Erweiterung der gesamten Produktpalette.<br />

Kontinuität und Familie<br />

Konsequent wie in keiner anderen Brennerei arbeiten die Chefs der Tiroler <strong>Schnapsbrennerei</strong> mit den<br />

Jahrgängen. Kein Schnaps verläßt das Haus, ohne zumindest eine dreijährige Reifezeit hinter sich<br />

zu haben. Noch besser ist es, wenn die Reifezeit länger dauert und der Schnaps schon einen ersten<br />

Höhepunkt erreicht hat. Das ist von Frucht zu Frucht differenziert zu beurteilen, aber grundlegend<br />

gilt, dass Schnaps der <strong>Rochelt</strong>schen Art nichts zu verlieren hat, also weder Aroma abbaut noch ins<br />

Belanglose kippt, sondern tendenziell von Jahr zu Jahr an Körper, Dichte und Komplexität zulegt.<br />

Wenn Günter <strong>Rochelt</strong> daran gearbeitet hat, die Brennerei in Fritzens mehr und mehr zum Ort zu<br />

machen, an dem sich seine Vision eines kulinarischen Gesamtkunstwerks realisieren ließ, dann steht die<br />

Arbeit seines Nachfolgers ganz und gar in dieser Tradition. „Kompromisslos und konsequent wollen wir<br />

den eingeschlagenen Weg von Günter weitergehen,“ sagt Alexander Rainer auf die Frage, wie er dieses<br />

Erbe verwalten und gestalten will. Das Produkt und nicht Werbebotschaften und die Versuchung des<br />

schnellen Wachstums sollen im Zentrum der Arbeit stehen. „Unsere Größe ist und bleibt die unvergleichbare<br />

Qualität der Schnäpse und nicht die Menge, auch wenn das manchmal konträr zu betriebswirtschaftlichen<br />

Überlegungen (laut Lehrbuch) steht. Hier können wir noch von Jahr zu Jahr zulegen<br />

und die von der Natur jährlich vorgegebene Qualität maximieren.“<br />

Es kommt aber auch vor, dass es von einer bestimmten Sorte in schlechten Erntejahren keinen Schnaps<br />

gibt. <strong>Die</strong>s leistet sich auch der neue Chef im Hause <strong>Rochelt</strong>: „Wenn das Obst nicht gut ist, dann gibts<br />

halt diesen Jahrgang von dieser Sorte einfach nicht“. Seine Maxime, so Alexander Rainer, sei, sich<br />

nicht beirren zu lassen von Dogmen anderer, sondern auf die eigenen Erfahrungen und den bisherigen<br />

Erfolg zu vertrauen. „Nur wenn wir unsere Produkte glaubwürdig und dauerhaft nach unseren Prinzipien<br />

positionieren, dann werden wir langfristig und nachhaltig erfolgreich sein.“<br />

Langfristig und nachhaltig: Das sind zwei Begriffe, die für Alexander Rainer dasselbe sind wie es früher,<br />

für Günter <strong>Rochelt</strong> etwa, die Begriffe „Tradition und Verantwortung“ waren. „Als Familienbetrieb<br />

denken wir langfristig, in Generationen möchte man fast sagen, deswegen zum Beispiel unser Einsatz für


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den Anbau der besten – und oft aussterbenden oder seltenen – Sorten wie die Wachauer Marille, den<br />

Gravensteiner Apfel und die Rote Williamsbirne.“<br />

Der Schatz unterm Dach<br />

Langfristig angelegt ist auch das eindrucksvolle Schnapslager unterm Dach des Hauses. Wo Günter<br />

<strong>Rochelt</strong> – quasi noch ausserhalb einer sinnvollen wirtschaftlichen Kalkulation – angefangen hat,<br />

Schnaps zu brennen, ruht heute ein Lager destillierter Schätze von extrem hohem Wert. Das ist – insbesondere<br />

für den neuen Chef – aber sicher kein Grund, sich darauf einfach auszuruhen. Das Lager<br />

muss sowohl gepflegt als auch aufgefüllt werden. Und dazu braucht es feinsinnige Hände und dieses<br />

bestimmte Gespür dafür, das spezifische Fruchtaroma aus dem Obst zu destillieren und zu konservieren.<br />

Alexander Rainer hat es, dieses besondere Gespür für das Aroma und wie man dieses ins Glas bringt.<br />

Und er sitzt gleichzeitig auf einem Schatz, wertvoll und klar wie ein See im Hochgebirge.<br />

Der flüssige Schatz in Form von 75.000 Liter hochprozentigem Schnaps ruht unterm Dach mit<br />

dem natürlichen Temperaturwechsel der Jahreszeiten - im Sommer warm, im Winter kühl. Das<br />

Dachgeschoss der Brennerei ist heute, im Jahr 2010, eine Schatz-Truhe randvoll mit klaren, funkelnden<br />

Wässern, wie es die Welt – zumindest die begrenzte Welt des Autors dieser Zeilen – noch nicht<br />

gesehen hat. Kann auch sein, dass die Welt unter Umständen gar nicht darauf gewartet hat. Aber, sage<br />

ich jetzt mal, sie sollte dennoch froh sein, dass ein kleines, aber feines und sehr kulinarisches Haus im<br />

Tiroler Inntal solche Schätze für sie bereit hält.<br />

„Wir wollen immer besser werden,“ sagt Alexander Rainer und stellt sich damit einer großen Herausforderung.<br />

Es gilt, das erworbene know how konsequent umzusetzen, damit die kommenden Jahrgänge<br />

von den vorherigen profitieren können. „Am Ende steht der Genuss. Im Glas eingeschenkt, bewusst und<br />

behutsam genossen, sollen unsere Schnäpse den Liebhaber überzeugen, ihn – ebenso wie die Liebhaberin<br />

– erfreuen und Lust auf mehr machen.“ Ungefähr so, wie es der Koch und Buchautor Wolfgang Sievers<br />

beschrieben hat: „...wenn sich <strong>Rochelt</strong>-Schnäpse einmal im Mund entfaltet haben, glaubt man nicht<br />

nur, die Frucht im Mund zu haben, sondern vergisst die Welt um sich herum – man muss sich diesem<br />

Hochgenuss einfach hingeben und darf sich dabei durch absolut nichts ablenken lassen!“<br />

„Wenn wir diesen Hochgenuss unseren Kunden bereiten können, dann hat sich all die Arbeit über die<br />

Jahre gelohnt.“ <strong>Die</strong>sen aromatischen Hochgenuss zu zelebrieren ist für Alexander Rainer und sein<br />

Team die größte Motivitation für die zukünftige Arbeit und, wie er meint, „auch Garant für den weiteren<br />

Erfolg unserer Brennerei.“ Den Erfolg der „Tiroler <strong>Schnapsbrennerei</strong> <strong>Rochelt</strong>“ also, die für mich persönlich<br />

zu den Top-Ten der internationalen Destillerien gehört. Einzigartig und unverkennbar.<br />

Text: Vene Maier

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