Sommer (14.7 MB)
| Konsequent Effizient“ - Coverinterview mit Georg Stadlhofer | | Zu Tisch mit Stefan Graf | | Fokus Umfrage: Im Schatten des Lockdowns | | Kommentare u.a. von Yasmin Obojkovits, Hannes Gerstmann, Frank Brün, Harald Greger, Philipp Kaufmann Alexander Bosak, Clemens Hecht, Andreas Gobiet | | Themen im Fokus: Illmitzer Gespräche, Abgemeldet – Jobsituation am Bau, Schockstarre am Bau | Dominanz der Gemeinnützigen |
| Konsequent Effizient“ - Coverinterview mit Georg Stadlhofer |
| Zu Tisch mit Stefan Graf |
| Fokus Umfrage: Im Schatten des Lockdowns |
| Kommentare u.a. von Yasmin Obojkovits, Hannes Gerstmann, Frank Brün, Harald Greger, Philipp Kaufmann Alexander Bosak, Clemens Hecht, Andreas Gobiet |
| Themen im Fokus: Illmitzer Gespräche, Abgemeldet – Jobsituation am Bau, Schockstarre am Bau | Dominanz der Gemeinnützigen |
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Makler aus<br />
KONSEQUENT Leidenschaft<br />
EFFIZIENT<br />
Georg Stadlhofer<br />
Thomas Belina reizt die Veränderung<br />
Auszeichnung zu Österreichs<br />
wertvollster Immobilienmarke.<br />
2020<br />
ehl.at
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
03
40<br />
Je<br />
w<br />
04 ImmoFokus
Euro Hygienepaket.<br />
tzt spenden!<br />
ww.care.at<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
05
Rubrik<br />
37 Projekt<br />
im Fokus<br />
Konsequent<br />
effizient<br />
44<br />
INTERVIEW MIT<br />
GEORG STADLHOFER<br />
INHALT<br />
SOMMER<br />
Rubriken<br />
8 VOM HERAUSGEBER<br />
9 EDITORIAL<br />
75 VORSCHAU/IMPRESSUM<br />
Unternehmen & Projekte<br />
12 KURZ UND BÜNDIG<br />
36 AUFSTEIGER<br />
37 PROJEKT IM FOKUS<br />
38 TOP DEAL<br />
39 START-UP<br />
40 PROBLEMLÖSER<br />
Positionen & Meinungen<br />
44 KONSEQUENT EFFIZIENT<br />
Coverinterview mit Georg Stadlhofer<br />
54 ZU TISCH MIT ... Stefan Graf<br />
60 DIE SCHATTEN DES LOCKDOWNS<br />
70 VOX FEMINA<br />
71 BAUMARKETING<br />
Kommentar vonPhilipp Kaufmann und<br />
Alexander Bosak<br />
72 BAUKAUFMANN<br />
Kommentar von Philipp Kaufmann<br />
73 GENAU BETRACHTET<br />
Kommentar von Harald Greger<br />
74 CORONA UND RICS<br />
Kommentar von Frank Brün<br />
76 SONNENSCHUTZBRANCHE ZEIGT<br />
SICH KRISENSICHER<br />
Kommentar Hannes Gerstmann<br />
77 DIE COVID-19-PANDEMIE FORDERT<br />
INNOVATIVE LÖSUNGEN<br />
Kommentar von Yasmin Obojkovits<br />
06 BauTecFokus
86 Abgemeldet -<br />
Jobsituation am Bau<br />
80<br />
Schockstarre<br />
am Bau<br />
54<br />
Zu Tisch mit ...<br />
Stefan Graf<br />
AUSGABE<br />
ImFokus<br />
80 SCHOCKSTARRE AM BAU<br />
86 ABGEMELDET<br />
90 ZUSATZQUALIFIKATIONEN<br />
Kommentar von Andreas Gobiet<br />
91 PANDEMICH ODER WAS?<br />
Kommentar von Clemens Hecht<br />
92 BAUGENEHMIGUNGEN<br />
94 INTENSIVPATIENT GEBÄUDESANIERUNG<br />
Events & Awards<br />
116 ILLMITZER GESPRÄCHE<br />
120 ET HOUSE AWARD<br />
Branchen & Service<br />
100 DOMINANZ DER GEMEINNÜTZIGEN<br />
130 BUCHTIPPS<br />
Bauen & Technik<br />
104 GUT GEBAUT<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
07
Zäsur<br />
„Objektive,<br />
faktenbasierte<br />
Berichterstattung -<br />
dafür steht die<br />
Real Estate<br />
Media Group.“<br />
W<br />
elche Bedeutung journalistischer<br />
Arbeit zukommt, hat<br />
der COVID-19-bedingte<br />
Lockdown eindrucksvoll<br />
gezeigt: Oft ließ sich eine objektive, faktenbasierte<br />
Berichterstattung erfolglos suchen. Fake statt<br />
Fakten, eindimensionale Wortmeldungen,<br />
selbsternannte Experten, Meinungsmache – all<br />
das, was in gutem Journalismus nichts zu suchen<br />
hat, wurde publiziert. Dem entgegen setzt unsere<br />
Redaktion, die wir im Zuge unserer Umfirmierung<br />
erweitert haben, seriösen Journalismus. Die<br />
langjährige Journalistin und PR-Beraterin Lisa<br />
Grüner wird unseren Verlag als neue Chefredakteurin<br />
verstärken und mit ihrer neugierig-frechen<br />
Art viele spannende Fragen stellen. Neue Akzente<br />
wollen wir auch grafisch setzen und erweitern<br />
das Team um Marianne Pratscher und Sibylle<br />
Exel-Rauth.<br />
sie doch eindrücklich die dramatischen Entwicklungen<br />
unserer Branche und wie schnell<br />
alles anders sein kann.<br />
Wie stark die Verwerfungen sind, erheben wir<br />
aktuell gemeinsam mit immQu, Salon Real<br />
und RICS in einer großen Online-Umfrage. Die<br />
ersten Ergebnisse überraschen. Die Details dazu<br />
finden Sie ab 15. August exklusiv auf www.<br />
bautecfokus.at.<br />
Die Baustellen sind hochgefahren, die Verunsicherung<br />
bleibt. Die Baubranche leckt ihre Wunden,<br />
aber blickt nach vorn und wird ihre Lehren<br />
daraus ziehen. Die mit der COVID-19-Pandemie<br />
einhergehende Entschleunigung sollte als<br />
Chance be- und ergriffen werden, um gestärkt<br />
aus der Krise zurückzukommen.<br />
Crossmediale Berichterstattung<br />
Um den eingeschlagenen Weg der qualitativen<br />
Berichterstattung zu verstärken, habe ich die<br />
Anteile meiner bisherigen Co-Gesellschafter<br />
übernommen und bin nunmehr Alleingesellschafter<br />
des Verlages. Daher firmiert die GNK<br />
Media House ab sofort unter dem Namen Real<br />
Estate Media Group. Besonderes Augenmerk<br />
wollen wir auf die crossmediale Berichterstattung<br />
richten und werden in mehreren Schritten<br />
unsere digitale Präsenz erhöhen.<br />
Mag. Michael Neubauer<br />
Herausgeber<br />
Unserem hohen Anspruch an Qualität fielen<br />
leider unsere Frühlingsausgaben des ImmoFokus<br />
und BauTecFokus zum Opfer. Schweren<br />
Herzens mussten wir die bereits gedruckten<br />
Ausgaben einstampfen, da sich die Rahmenbedingungen<br />
durch die COVID-19-Pandemie so<br />
dramatisch veränderten, dass der Inhalt obsolet<br />
wurde. Die Beiträge aber sind archiviert - zeigen<br />
08 BauTecFokus
Ein Stück<br />
Zeitgeschichte<br />
„Entschleunigung<br />
mit Stressfaktor. Auf<br />
jeden hatte der Lockdown<br />
eine andere<br />
Auswirkung.“<br />
A<br />
m 16. März 2020 geschah, was<br />
niemand für möglich gehalten<br />
hatte: ein kompletter Lockdown,<br />
Ausgangsbeschränkungen, geschlossene<br />
Grenzen. Alles ging so schnell vonstatten,<br />
dass keiner wusste, wie ihm geschah.<br />
Während Österreich für sieben Wochen und<br />
einen Tag angesichts des Virus COVID-19 erstarrte,<br />
standen die Baustellen nur wenige Tage still.<br />
Krisenstäbe wurden installiert, Manager standen<br />
unter Dauerstrom, stündlich musste auf neue<br />
Herausforderungen reagiert werden. Dank eines<br />
schnell ausgehandelten 8-Punkte-Plans mit den<br />
Sozialpartnern, durfte unter Auflagen weitergearbeitet<br />
werden.<br />
Große Unternehmen hatten ihre Mitarbeiter<br />
vorsorglich bereits beim AMS angemeldet,<br />
schwenkten dann um und nutzten das<br />
Kurzarbeitsmodell der Regierung.<br />
Währenddessen brach die<br />
Leiharbeiterbranche komplett<br />
zusammen. Mitarbeiter und<br />
Materiallieferungen kamen<br />
nicht mehr über geschlossene<br />
Grenzen, schwere körperliche<br />
Arbeit mit Maske<br />
wurde zur Qual. Dennoch<br />
zeigte die Baubranche mehr<br />
denn je ihre Kämpfernatur.<br />
Unternehmen, die rechtzeitig<br />
auf Digitalisierung und<br />
Telearbeit gesetzt hatten,<br />
erhielten die Bestätigung,<br />
dass sie richtig investiert<br />
hatten. Selbst wenn für das Jahr<br />
2020 vergleichsweise geringe Umsatzeinbußen<br />
in Kauf genommen werden müssen –<br />
COVID-19 hat einen langen Atem: Bauverhandlungen<br />
stehen, den Gemeinden geht das<br />
Geld aus, geplante Projekte werden eingefroren.<br />
Die Folgen der Pandemie werfen ihren<br />
dunklen Schatten in die kommenden Jahre.<br />
Gebaut wird immer<br />
Wie die Bauunternehmen während der COVID-<br />
19-Pandemie agiert haben und wie sie mit den<br />
Folgen umgehen, haben wir in dieser Ausgabe<br />
des BauTecFokus unter die Lupe genommen<br />
und zusammengefasst. Doch kein Rückblick<br />
ohne Ausblick: So haben wir Top-Manager<br />
um einen Blick in die Glaskugel gebeten. Eines<br />
vorweg: vieles ist persönlicher geworden. Auch<br />
die Gespräche, die wir mit den Branchenkapitänen<br />
geführt haben. Andere haben sich neu<br />
aufgestellt. Unter anderem auch der BauTec-<br />
Fokus. Der vormalige Chefredakteur Michael<br />
Neubauer hat den Verlag übernommen, umfirmiert<br />
und ist zum Herausgeber avanciert. Seinen<br />
Platz habe ich eingenommen und damit ist<br />
diese Ausgabe auch für mich geschichtsträchtig:<br />
Sie ist meine erste als Chefredakteurin.<br />
Da mich die Themen der Immobilien- und<br />
Baubranche, sowohl als Journalistin als auch<br />
als Kommunikations-Beraterin bereits mein<br />
halbes Leben lang begleiten freue ich mich besonders,<br />
ab sofort meine Feder im 17. Stock des<br />
Millennium Towers zu schwingen. Es sei denn,<br />
COVID-19 zwingt uns wieder ins Home-Office.<br />
Ob eine zweite Welle anrollt? Wir werden es<br />
erleben. Langfristig gesehen werden wir wohl<br />
mit dem Virus leben lernen müssen.<br />
Lisa Grüner<br />
Chefredakteurin<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
09
Unternehmen & Projekte<br />
37<br />
SYDNEY BEKOMMT WELT-<br />
WEIT HÖCHSTEN TURM IN<br />
HOLZ-HYBRIDBAUWEISE<br />
Das Softwareunternehmen Atlassian will bereits<br />
2025 mit seinen 4.000 Mitarbeitern in das neue<br />
Headquarter einziehen. 40 Geschosse und 180<br />
Meter hoch soll der einzigartige Hybrid werden.<br />
38<br />
600 MILLIONEN EURO-STREIT<br />
Wer war schuld am Einsturz des Kölner Stadtarchives?<br />
Diese Frage wird nicht mehr eindeutig geklärt werden.<br />
Die Stadt Köln und die Arbeitsgemeinschaft einigten<br />
sich per außergerichtichem Vergleich. Auf die Porr<br />
entfällt ein Drittel der Vergleichskosten. Zahlen müssen<br />
die Versicherer.<br />
40<br />
PROBLEMLÖSER<br />
Material- und Mengenkalkulationen,<br />
die Erstellung von<br />
Raumbüchern und<br />
Verträgen, sowie<br />
Abstimmungsprozesse<br />
will die<br />
finnische Software<br />
GBuilder vereinfachen.<br />
10 BauTecFokus
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<strong>Sommer</strong> 2020<br />
11
Unternehmen & Projekte<br />
Bauinsolvenzen 2020<br />
Rückläufig<br />
Laut einer aktuellen Insolvenzstatistik<br />
von Creditreform sind die Bauinsolvenzen<br />
stark zurückgegangen. So ist die<br />
Zahl, trotz des coronabedingten Konjuktureinbruchs,<br />
bislang nicht gestiegen.<br />
Im ersten Halbjahr 2020 verringerte sich<br />
die Zahl der Unternehmerinsolvenzen<br />
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um<br />
24 Prozent auf 2.012 Fälle. Auch die Bausparte<br />
verzeichnete einen hohen Rückgang<br />
an Insolvenzen. Im ersten Halbjahr<br />
2019 wurden noch 436 Insolvenzen angemeldet<br />
- 2020 bisher 308. Das ist ein<br />
Rückgang von 29,4 Prozent. Den größten<br />
Rückgang meldete Tirol mit einem Minus<br />
von 38 Prozent, dicht gefolgt von<br />
Salzburg mit -35,1 Prozent und Oberösterreich<br />
mit -34,5 Prozent. Mit knapp<br />
neun Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen<br />
herrscht die höchste realtive Insolvenzbetroffenheit<br />
in Wien.<br />
Markt für Lüftungskanäle<br />
Wachstum<br />
Auch 2019 setzte sich der Aufschwung<br />
am Markt für Lüftungskanäle in Österreich<br />
fort. Allerdings konnten nur mehr<br />
bei Produkten aus Alluminium siginifikante<br />
Zuwächse verzeichnet werden.<br />
Laut aktuellem Branchenradar Lüftungskanäle<br />
in Österreich 2020 stiegen<br />
die Herstellererlöse um 3,1 Prozent gegenüber<br />
dem Vorjahr auf 28,1 Millionen<br />
Euro. Im Vergleich zu 2018 stieg der Umsatz<br />
um knapp dreizehn Prozent auf 5,8<br />
Millionen Euro. Aus heutiger Sicht ist jedoch<br />
mit einem Umsatzrückgang von<br />
rund drei Prozent gegenüber dem Vorjahr<br />
zu rechnen. Im kommenden Jahr<br />
könnte sich der Markt knapp unter den<br />
Werten von 2019 stabilisieren.<br />
Goldbeck Rohmberg mit bestem Jahr der Unternehmensgeschichte<br />
Industriebauspezialist auf Erfolgskurs<br />
Strahlende Gesichter bei den Verantwortlichen<br />
von Goldbeck Rohmberg in<br />
Wolfurt: Das Wirtschaftsjahr 2019/2020<br />
war seit der Unternehmensgründung 2001<br />
bislang das erfolgreichste. Von April 2o19<br />
bis März 2020 setzte die Baufirma 200 Millionen<br />
Euro um, das entspricht einem Plus<br />
von rund 14,2 Prozent. Der Standort in St.<br />
Gallen hat an dieser Rekordbilanz einen<br />
großen Anteil: 92 Millionen Schweizer<br />
Franken wurden hier umgesetzt.<br />
Das Joint Venture von Goldbeck aus Bielefeld<br />
und dem Vorarlberger Rhomberg Bau<br />
hat die nächsten Meilensteine bereits im<br />
Blick. In der Steiermark entsteht das neue<br />
Postverteilerzentrum Wolfurt, ein Logistikzentrum<br />
für die Gebrüder Weiß. Hinzu<br />
kommt ein Auftrag des Schweizer Unternehmens<br />
Luzi mit einem Volumen von 35<br />
Millionen Schweizer Franken. Auch das<br />
Bürohaus „Schellerareal“ für den Stammkunden<br />
Q11 steht auf der Agenda.<br />
Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig<br />
Glorit-CEO Lukas Sattlegger<br />
sieht sein Unternehmen dank<br />
Anfragenrekord gut gerüstet für<br />
die Zeit nach dem Lockdown.<br />
Angelika Aulinger hat die<br />
Regionenverantwortung für<br />
Österreich, Süd- und Osteuropa<br />
von Schöck Bauteile übernommen.<br />
Michael Strugl ist neuer<br />
Präsident von Österreichs<br />
E-Wirtschaft und wird 2021 neuer<br />
Verbund-Chef.<br />
News Ticker<br />
Absage: Grohe sagt die Teilnahme an der Fachmesse ISH 2021 in Deutschland ab. Ein Grund für diese Entscheidung sei das<br />
nicht zufriedenstellende Hygienekonzept seitens der ISH. Auszeichnung: Der Geze Fensterantrieb F 1200+ erhält den German<br />
Innovation Award 2020 in der Kategorie „Excellence in Business to Business - Building & Elements“.<br />
Fotos: Jens Ellensohn Fotografie, Valetta, Schöck Bauteile, Glorit, Strabag SE, Christian Fürthner/Oesterreichs Energie, Fronius, ioschrome<br />
12 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Unternehmen & Märkte<br />
Umsatzanstieg auf 73,5 Millonen Euro<br />
Rekordumsatz für Austria Email<br />
Auch nach 165 Jahren Bestehen gibt es<br />
noch Premieren: das Traditionsunternehmen<br />
Austria Email hielt kürzlich coronabedingt<br />
die erste digitale Hauptversammlung<br />
ab und präsentierte die Ergebnisse des vergangenen<br />
Jahres. 2019 konnte der Jahresumsatz<br />
von 67,4 Millionen Euro auf 73,5<br />
Millonen Euro gesteigert werden. Das Unternhmen<br />
selbst verzeichnete einen Umsatz<br />
von 68,4 Millionen Euro nach 62,5 Millionen<br />
im Vorjahr. Das EGT wurde 2019 auf<br />
vier Millionen Euro gesteigert nach 2,5 Millionen<br />
im Vorjahr. So wurden im vergangenen<br />
Jahr in den Knittelfelder Werken<br />
149.000 Speicher produziert. Die größte<br />
Absatzsteigerung wurde in den Segmenten<br />
höhere Energieeffizienz und Alternativenergie<br />
inklusive Wärmepumpen verzeichnet.<br />
Auch die Exportzahlen stiegen:<br />
In den CEE-Ländern und im Verbund mit<br />
dem französischen Mutterkonzern Groupe<br />
Atlantic verzeichnen die Exportzahlen ein<br />
zweistelliges Ergebnis.<br />
Allein 1,7 Millionen Euro wurden im vergangen<br />
Jahr im Zuge fortgesetzter Investitionen<br />
in die nachhaltige Entwicklung der<br />
Produkte und in die Optimierung der Produktion<br />
in den heimischen Standort investiert.<br />
Gleichzeitig wurde eine Photovoltaikanlage<br />
installiert, der Fuhrpark auf<br />
Hybrid- und die Staplerflotte auf Elektroantrieb<br />
umgestellt. „Der Trend in Richtung<br />
Investitionen der öffentlichen Hand in<br />
leistbares Wohnen und Anreize für gemeinnützige<br />
und gewerbliche Bauträger<br />
sowie Private kommt genau zum richtigen<br />
Zeitpunkt“, ist CEO Martin Hagleitner<br />
überzeugt.<br />
60 Jahre Valetta<br />
Sonnenschutz<br />
Leistungsrückgang und hoher Auftragsbestand<br />
Strabag Trading Statement<br />
Das Leistungsminus der Strabag beträgt<br />
im ersten Quartal 2020 satte neun Prozent.<br />
Bedingt ist dieser Wert durch drei Faktoren:<br />
Mitte 2019 ist der Vertrag mit einer<br />
deutschen Großkundin im Bereich Property<br />
& Facility Services ausgelaufen und die<br />
Leistungen sind somit weggefallen. Auch<br />
die temporäre Einstellung der Bauarbeiten<br />
während der Coronakrise hat neben der<br />
Fertigstellung von Tunnelbauprojekten in<br />
Chile zu Verlusten geführt. Dementsprechend<br />
deftig ist das Minus im Bereich „International<br />
und Sondersparten“, wo sich<br />
die Leistung um 22 Prozent - rund 185 Millionen<br />
Euro - auf knapp 652 Millionen Euro<br />
verringerte. Auch die Mitarbeiterzahl hat<br />
sich entsprechend um ein Prozent auf<br />
73.502 Personen reduziert. Der Vorstand<br />
hält den im April 2020 aktualisierten Ausblick<br />
für das Geschäftsjahr 2020 aufrecht:<br />
Er geht von einer Abnahme der Leistung<br />
auf rund 14,4 Millliarden Euro aus. Gleichzeitig<br />
dürfte eine EBIT-Marge von zumindest<br />
3,5 Prozent erreicht werden können.<br />
Rund 140.000 Sonnenschutzeinheiten<br />
produziert Valetta im Jahr. Kein<br />
Wunder also, dass das familiengeführte<br />
Unternehmen mit Sitz in Linz 2019 einen<br />
Umsatz von rund 19 Millionen Euro<br />
erwirtschaftete. Zur Gründungszeit -<br />
vor 60 Jahren - war das Unternehmen<br />
noch auf die Fertigung von Jalousien<br />
und Falttüren spezialisiert. In den<br />
1970ern wurde das Sortiment um Markisen<br />
und Rolläden erweitert. Heute<br />
produziert Valetta von speziellen Objektlösungen<br />
bis zu Standard- und Sonnenschutzlösungen.<br />
Trotz Corona läuft<br />
das Geschäft gut: Bei den Kunden besteht<br />
nun, nach Lockerung der Maßnahmen,<br />
Nachholbedarf. Die Produktion,<br />
Beschaffung und Auftragsannahme<br />
war, bis auf wenige Wochen, im Normalbetrieb,<br />
wo auch zum Teil auf Home-Office<br />
umgestellt wurde. So wurden<br />
500.000 Euro in die Digitalisierung investiert.<br />
Auch die Produktentwicklung<br />
des Easy Click-Raff ist in vollem Gange.<br />
Seinen Namen verdankt das Raffstorensystem<br />
seiner schnellen Montage.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
13
Unternehmen & Projekte<br />
Zweitstärkstes Jahr am heimischen Markt<br />
Photovoltaikmarkt 2019<br />
Laut dem Bericht „Innovative energietechnologien:<br />
Marktentwicklung 2019 des<br />
Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt,<br />
Energie, Mobilität, Innovation und<br />
Technologie (BMK)“ konnte 2019 ein deutliches<br />
Plus bezüglich des Zubaus von Photovoltaikanlagen<br />
verzeichnet werden. Insgesamt<br />
wurden im vergangenen Jahr 247<br />
Megawatt Sonnenstrom in Österreich zugebaut.<br />
Das entspricht einem Plus von<br />
knapp 33 Prozent. Rund 13.700 PV-Anlagen<br />
wurden letztes Jahr errichtet. Trotz positivem<br />
Trend muss sich das Ausbautempo bis<br />
2030 dennoch deutlich steigern. Obwohl<br />
laut Bericht fast alle Bundesländer ein Zubauplus<br />
verzeichnen, kann in einzelnen<br />
Bundesländern wie etwa in Salzburg, der<br />
Steiermark und Tirol von Stagnation und<br />
einem teilweisen Rückgang gesprochen<br />
werden. Hier sei die Politik auf Landesebene<br />
gefragt, so Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender<br />
des Bundesverbands Photovoltaic<br />
Austria. Die Art der Montage trägt<br />
maßgeblich dazu bei: Betrug der Anteil der<br />
freistehende PV-Anlagen in den Vorjahren<br />
noch drei Prozent, ist dieser 2019 auf sieben<br />
Prozent gestiegen, auch die Anwendungen<br />
von gebäudeintegrierten Anlagen<br />
wurde gehoben. Für 2020 rechnet Paierl<br />
mit einem neuerlichen Zubauplus. Aufgrund<br />
des PV-Notpakets stehen nun zusätzliche<br />
Fördermittel für die Umsetzung<br />
weiterer Projekte zur Verfügung. „Spätestens<br />
ab 2025 muss jährlich 1.000 Megawatt,<br />
und damit 4-mal so viel PV-Leistung<br />
wie jetzt, installiert werden“, fordert Paierl.<br />
Auszeichnung für Marina Tower<br />
Gold für Tower<br />
In der Leopoldstadt in Wien ensteht<br />
derzeit unter der Zusammenwirkung<br />
von Buwog und IES Immobilien der Marina<br />
Tower. In dem vierzigstöckigen<br />
Tower werden bis 2022 rund 500 neue<br />
Eigentumswohnungen gebaut. Besonders<br />
geachetet wurde beim Bau auf die<br />
Nachhaltigkeit. So wurden von der Planung<br />
bis hin zur Errichtung nachthaltige<br />
Maßnahmen ergriffen. Bei dem Bauwerk<br />
wird unter anderem die Verwendung<br />
von Geothermie zum Heizen,<br />
Kühlen und zur Stromerzeugung, angedacht.<br />
Nun erhält der Tower die klimaaktiv<br />
Auszeichnung in Gold. Vorallem<br />
in den Sparten Standort, Energie<br />
und Versorgung punktet der zukünftige<br />
Bestandteil der Wiener Skyline. Das<br />
zeigt sich bei der von Zechner und Zechner<br />
gestalteten Fassade, die wechselweise<br />
Einschnitte hat und so für eine natürliche<br />
Belichtung des Stiegenhauses<br />
sorgt. Die unterste Ebene wird zusätzlich<br />
als Hochgarten für die Gebäudebegrünung<br />
genutzt. Die Fertigstellung soll<br />
noch dieses Jahr erfolgen.<br />
Ein Dreiviertel Jahrhundert Familienunternehmen<br />
Fronius feiert 75-jähriges Bestehen<br />
Als Einmannbetrieb von Günther Fronius<br />
gegründet, entwickelte sich das oberösterreichische<br />
Unternehmen zu einem internationalen<br />
Player in den Bereichen<br />
Schweißtechnik, Photovoltaik und Batterieladetechnik.<br />
In den ersten Jahren des Unternehmens<br />
beschäftigte man sich mit<br />
Batterie- und Schweißtechnik, ehe in den<br />
90er Jahren, auch auf die damals neue Solartechnologie,<br />
gesetzt wurde. Seit 1980<br />
konzentriert sich das Unternehmen ganz<br />
auf die Solartechnolgie. Heute hat Fronius<br />
International weltweit mehr als 5.400 Mitarbeiter<br />
und verfügt über Standorte in<br />
Wels, Thalheim, Steinhaus und Sattledt.<br />
Der Firmensitz befindet sich im oberösterreichischen<br />
Pettenbach. Der Exportanteil<br />
mit 93 Prozent wird mit 34 internationalen<br />
Fronius Gesellschaften und Vertriebspartnern/Repräsentanten<br />
in mehr als 60 Ländern<br />
erreicht. Mit innovativen Produkten<br />
und Dienstleistungen sowie 1.264 erteilten<br />
Patenten ist Fronius einer der Innovationsführer<br />
am Weltmarkt.<br />
14 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Unternehmen & Märkte<br />
Siemens & Nato setzen Zusammenarbeit fort<br />
Höchste Priorität: Cyber-Sicherheit<br />
Siemens Smart Infrastructure und das<br />
Nato Cooperative Cyber Defence Centre of<br />
Excellence (CCDCOE) haben eine Vereinbarung<br />
unterzeichnet, um die Zusammenarbeit<br />
im Bereich der Cybersicherheit für kritische<br />
Infrastrukturen fortzusetzen. Mit der<br />
neuen Vereinbarung intensivieren die beiden<br />
Parteien ihre bestehende Zusammenarbeit<br />
im Bereich Cybersicherheitstrainings<br />
für Stromnetze. Durch das Training mit der<br />
Netzleittechnik Spectrum Power gewinnt<br />
Siemens wertvolle Erkenntnisse über mögliche<br />
Angriffspunkte. Gleichzeitig kann das<br />
Unternehmen neue, sicherheitsrelevante<br />
Funktionen oder Protokolle für seine Produkte<br />
und Lösungen umfassend testen. Mit<br />
der Integration von mehr erneuerbaren und<br />
dezentralen Energiequellen hat sich in den<br />
vergangenen Jahren die Art und Weise, wie<br />
Stromnetze betrieben werden, grundlegend<br />
verändert. Deutlich zugenommen hat der<br />
Bedarf an Netzoptimierung, der Interaktion<br />
zwischen den Prosumern und die Anzahl<br />
neuer Marktteilnehmer. Da der Einsatz von<br />
Informations- und Kommunikationstechnologie<br />
in Übertragungs- und Verteilnetze<br />
zunimmt, führt die wachsende Zahl an Verknüpfungen<br />
zu mehr potentiellen Angriffspunkten<br />
in digitalen Stromnetzen. Folglich<br />
hat die Cybersicherheit für Betreiber von<br />
Stromnetzen und Regierungsbehörden<br />
höchste Priorität. Robert Klaffus, CEO von<br />
Siemens Digital Grid: „Stromnetze und alles,<br />
was mit ihnen verbunden ist, bilden das<br />
Rückgrat moderner Gesellschaften. Sie sind<br />
daher attraktive Ziele für Hacker. Die Erkenntnisse<br />
und Erfahrungen aus der Übung<br />
Locked Shields sind für die Sicherung und<br />
den Schutz von Stromnetzen von entscheidender<br />
Bedeutung.“<br />
Großauftrag für MABA<br />
ÖBB verlängert<br />
In Österreich erhielt die Kirchdorfer<br />
Concrete Solutions vor fünf Jahren als erster<br />
Anbieter die Zulassung für die Errichtung<br />
von Holzbeton-Lärmschutzwänden<br />
für Zuggeschwindigkeiten bis zu 250<br />
Stundenkilometer. Nun wurde der Rahmenvertrag,<br />
nach der erfolgreichen Umsetzung<br />
von Referenzprojekten verlängert.<br />
Seit Jahrzehnten zählt der<br />
österreichische Fertigteilhersteller zu den<br />
Lieferanten der ÖBB. Jetzt erhält auch das<br />
Thema Lärmschutz immer größere Bedeutung.<br />
Insbesondere die Kombination<br />
aus Betonfertigteilen und Phonobloc<br />
Holzbeton-Paneelen steht im Fokus zahlreicher<br />
Bahninfrastruktur-Projekte. Dank<br />
speziellen Produktionsprozessen des Unternehmens<br />
MABA haben die Kirchdorfer<br />
Lärmschutzinstallationen eine Lebensdauer<br />
von bis zu 50 Jahren.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
15
Unternehmen & Projekte<br />
Gira Mini Server X1<br />
Power-Boost<br />
Einen kräftigen Leistungsschub verpasste<br />
Smart-Home-Spezialist Gira seinem<br />
kompakten KNX Server. Auch der<br />
Funktionsumfang wurde mit dem letzten<br />
Update erheblich erweitert. Eine<br />
neue IFTTT-Schnittstelle, ermöglicht die<br />
durchgängige Sprachsteuerung und<br />
kann auf einen Leistungsumfang von<br />
625 Funktionen und 2.500 Gruppenadress-Datenpunkte<br />
erweitert werden. Zudem<br />
hat der Gira Mini-Server X1 jetzt die<br />
offizielle „Works with Sonos“-Zertifizierung.<br />
So lässt sich der Server nahtlos in<br />
das Sonos Home Sound System integrieren.<br />
Die Bedienung des Gira X1 erfolgt<br />
via Smartphone, Tablet, Computer oder<br />
Gira G1. Programmiert und projektiert<br />
wird über den Gira Projekt Assistenten<br />
(GPA), was die Inbetriebnahme nicht nur<br />
vereinfacht, sondern auch beschleunigt.<br />
Erhältlich sind die kostenpflichtigen Pakete<br />
über den Gira AppShop.<br />
Sclable und Contakt schließen Digitalisierungslücke am Bau<br />
Baueffizienzplattform Made in Austria<br />
Gemeinsam mit Contakt, einem Unternehmen<br />
der Umdasch Group Ventures, hat<br />
sich Sclable der Herausforderung der Digitalisierung<br />
auf der Baustelle angenommen.<br />
Mittels Echtzeitdatenerfassung lassen<br />
sich Abläufe auf der Baustelle erheblich<br />
verbessern. Nun hat das digitale Produkt,<br />
das seit vergangenem Jahr auf einigen Baustellen<br />
bereits zum Einsatz kommt, den<br />
German Innovation Award gewoonen. Es<br />
werden aber nicht nur Daten gesammelt,<br />
sondern auch die Planungs- und Koordinationsprozesse<br />
am Bau unter Einsatz der sogenannten<br />
Lean Construction Methode erfasst.<br />
Ein wichtiger Bestandteil der<br />
Software ist dabei das Building Information<br />
Modeling. Der digitale Zwilling schafft<br />
mehr Transparenz im gesamten Baustellenablauf<br />
und Optimierungsmöglichkeiten<br />
können besser identifiziert werden. Eine<br />
zusätzliche Innovation ist die Platzierung<br />
von Sensoren an den Schalungen.<br />
Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig<br />
Horst Reiner und Dario Travaš freuen sich über den Real Estate<br />
Brand Award für ATP architekten ingenieure, auch wenn der Award<br />
heuer per Post zugestellt werden musste. ATP belegt im Top-Ranking<br />
den ersten Platz.<br />
Georg Blümel, verantwortlich für<br />
den Vertriebsbereich, ist neuer<br />
Geschäftsführer für die<br />
Unternehmensgruppe Synthesa.<br />
News Ticker<br />
Baustart: OMV und Österreich haben mit dem Bau der größten Flächen-Photovoltaikanlage in Österreich auf einer Gesamtfläche<br />
von 13,3 Hektar begonnen. Fristverlängerung: Die Einreichfrist für den Staatspreis Architektur wurde aufgrund der aktuellen<br />
Corona-Situation bis zum 18. September 2020 verlängert.<br />
Fotos: Zumtobel, CONTAKT, Baumit, Gira, ATP, Synthesa, proHolz / Bruno Klomfar, Velux, Wolf<br />
16 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Technik & Wissen<br />
Zumtobel mit Gewinn<br />
Schwarze Zahlen<br />
Nach zwei Verlustjahren kann der börsennotierte<br />
Leuchtenhersteller Zumtobel wieder<br />
schwarze Zahlen schreiben. Das Jahresergebnis<br />
für das Geschäftsjahr 2019/2020 verbesserte<br />
sich um 30 Millionen Euro auf plus 14,5 Millionen<br />
Euro. Auch die Mitarbeiterzahl ist im vergangenen<br />
Geschäftsjahr von 5.878 auf 6.040<br />
gestiegen. Aufgrund der Coronakrise ist der<br />
Umsatz gesunken. So war die globale Lieferkette<br />
während des Lockdowns unterbrochen. Kurzarbeit<br />
habe Zumtobel in Österreich, Deutschland,<br />
England und Frankreich angemeldet. In Frankreich<br />
musste ein Werk aufgrund von Corona geschlossen<br />
werden, andere Werke konnten aber,<br />
dank strenger Maßnahmen, weiterhin geöffnet<br />
bleiben. Ein Ausblick für das kommende Geschäftsjahr<br />
wurde nicht gegeben, die Strategie<br />
werde jedoch fortgesetzt.<br />
Die Finalisten stehen fest<br />
Baumit Life Challenge 2021<br />
Mit allein fünf Nominierungen im<br />
Wettbewerb um die europäische Fassade<br />
des Jahres 2021 kann Österreich<br />
mit Fug und Recht als Nominierungs-<br />
Kaiser bezeichnet werden. Nominiert<br />
ist in der Kategorie Wohnbau die<br />
GreenCity in Graz. Der Seeparkcampus<br />
West in Wien wurde in der Kategorie<br />
Nicht-Wohnbau nominiert. Die<br />
Secession wurde für das große Finale<br />
in der Kategorie historische Renovierung<br />
nominiert. Weitere Nominierungen<br />
sind die Grüne Fassade in<br />
Salzburg für ihre thermische Sanierung<br />
und Winery Müller in Klöch,<br />
Steiermark in der Kategorie Fassadenstruktur.<br />
Die Baumit Life Challenge<br />
wurde 2014 erstmals europaweit<br />
ausgeschrieben, um die unzähligen<br />
Möglichkeiten, die sich bei der Gestaltung<br />
von Fassadenoberflächen<br />
und -strukturen bieten, zu präsentieren.<br />
Die Finalisten werden von einer<br />
internationalen Architektenjury in<br />
sechs Kategorien ausgewählt. Die<br />
Preise werden im Rahmen eines Gala-<br />
Events übergeben. Aufgrund der CO-<br />
VID-19-Krise und der bekannten Sicherheitsbestimmungen<br />
wurde die<br />
finale Preisverleihung der Sieger-Projekte<br />
in Valencia von Mai 2020 auf<br />
April 2021 verschoben.<br />
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17<br />
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Unternehmen & Projekte<br />
Markt sinkt<br />
Fertighausquote<br />
Laut einer aktuellen Studie der Interconnection<br />
Consulting wird der Fertighausmarkt<br />
zurückgehen. Das bedeutet jedoch<br />
keinen Rückgang der europaweiten<br />
Fertighausquote. Diese soll 2020 von 12,1<br />
auf 13 Prozent steigen. In Westeuropa<br />
steigt der Anteil von 15,3 auf 16,6 Prozent<br />
an. Auch in Osteuropa wird die Fertighausquote<br />
marginal ansteigen. Eine negative<br />
Entwicklung zeigt sich hingegen 2020<br />
in Italien und Russland. Das Land mit dem<br />
größten Fertighausanteil ist Schweden mit<br />
81,3 Prozent. Auch in Österreich wird in<br />
diesem Jahr ein Wachstum von 4,8 Prozent<br />
erwartet. So ist der europäische Fertighausmarkt<br />
vor allem von Einfamilienhäusern<br />
geprägt. Spitzenreiter ist Kroatien:<br />
95,5 Prozent beträgt hier die Einfamilienhausquote<br />
bei Fertighäusern. In Österreich<br />
liegt diese zum Vergleich bei 84,5<br />
Prozent und in Deutschland bei 88,4 Prozent.<br />
Im Allgemeinen entwickeln sich die<br />
ausbaufertigen und schlüsselfertigen<br />
Häuser besser als bodenbelagsfertige. In<br />
Österreich ist laut Studie ein Anstieg der<br />
Massivbauweise zu erwarten wenn auch<br />
nur leicht.<br />
Modular Skylights Glasdachsystem mit hoher Designqualität<br />
Red Dot Award für Velux<br />
Die neuste Produktvariante der Velux<br />
Modular Skylights erhielt kürzlich aufgrund<br />
herausragender Designqualität den<br />
Red Dot Award. Die stufenweise Lichtband-<br />
Lösung sorgt für Tageslicht und Frischluft<br />
im Gebäude und verbessert so die Lebensqualität.<br />
Mit der Stufenstruktur werden<br />
mehrere Reihen von Lichtbändern miteinander<br />
verbunden, um ein großes Glasdach<br />
zu schaffen. Sie zeichnet sich durch ein<br />
schlankes Design mit einer einheitlichen<br />
und eleganten Struktur aus. „Wir haben die<br />
Velux Stufen-Lichtband-Lösung entwickelt,<br />
um unseren Kunden eine Produktvariante<br />
für große Glasflächen mit maximalem Tageslichteintrag<br />
zu bieten. Damit haben wir<br />
unsere Produktpalette erweitert. Das Montagesystem<br />
ermöglicht eine engere Platzierung<br />
der Module, die Eindeckrahmen sorgen<br />
für eine wasserdichte Lösung“, erklärt<br />
Erik Kjærgaard, Global R&D Director von<br />
Velux Commercial.<br />
127 Wettbewerbsbeiträge<br />
Student Trophy<br />
Seit 2016 verleiht proHolz Austria im<br />
Zweijahrestakt die Student Trophy. In diesem<br />
Jahr wurde die Auszeichnung erstmals international<br />
ausgeschrieben. 127 Beiträge aus<br />
sieben Ländern wurden eingereicht. Unter<br />
dem Titel Light up! werden in Kooperation<br />
mit der Stadt Wien Aufstockungen mit Holz<br />
auf bestehende Wiener Wohnbauten gesucht.<br />
Ziel der Trophy ist es, möglichst viele<br />
Studierende zur konkreten, praktischen<br />
Auseinandersetzung mit dem Baustoff Holz<br />
und dem modernen Holzbau anzuregen. Der<br />
Löwenanteil der Einreichungen kommt neben<br />
Österreich (43) aus Deutschland (41), gefolgt<br />
von Italien (14) und Slowenien (14). Der<br />
Rest verteilt sich auf Russland (6), Kroatien<br />
(5) und die Slowakei (4). Die Preisträger werden<br />
am 13. Oktober 2020 gekürt.<br />
18 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Technik & Wissen<br />
HNP Architects gewinnt Wettbewerb für TwentyOne<br />
Architekturwettbewerb für Central Hub<br />
Bereits Ende April rief Bondi Consult einen<br />
privaten, einstufigen und begrenzten<br />
Wettbewerb ins Leben. Im Mittelpunkt dabei<br />
stand der Central Hub, einer von insgesamt<br />
sechs Hubs des Projekts TwentyOne in der<br />
Siemensstraße in Wien Floridsdorf. Eingereicht<br />
wurde unter anderem Lageplan,<br />
Grundrisse der Geschoße, Bericht mit Berücksichtigung<br />
von ökologischen und energietechnischen<br />
Parametern, Flächen- und<br />
Kubaturberechnung sowie die Kostenschätzung<br />
und das Modell. Überzeugen konnten<br />
am Ende Planung und Modell der Architekten<br />
von HNP Architects. Modernes Design<br />
kombiniert mit effektiver Technologie waren<br />
ausschlaggebend dafür, dass Heinz Neumann,<br />
Florian Rode und Oliver Oszwald den<br />
Planungsauftrag erhielten. Die Baugenehmigung<br />
steht noch aus.<br />
Anton Bondi de Antoni: „Ich bin von der<br />
Kreativität der Teilnehmer positiv überrascht<br />
– die Entscheidung ist uns, der Jury,<br />
sehr schwer gefallen. Entscheidend schlussendlich<br />
war aber die Flexibilität und die<br />
Nachhaltigkeit.“ Der Projektstandort des<br />
TwentyOne befindet sich in der Siemensstraße<br />
87-89, im 21. Wiener Gemeindebezirk<br />
und ist eine der letzten, großen zusammenhängenden<br />
Gewerbeflächen Wiens. Die Liegenschaften<br />
– mit einer nach Teilabverkäufen<br />
verbliebenen Grundstücksfläche von ca.<br />
50.000 Quadratmeter – wurden ursprünglich<br />
in sechs Bauplätze unterteilt. Dementsprechend<br />
besteht das Projekt TwentyOne<br />
aus sechs Hubs: Innovation-, Service-, Central-,<br />
Student-, Office- und Hotel Hub. Der<br />
Service Hub wurde von Bondi Consult bereits<br />
verwertet.<br />
Dienstleistungsportfolio erweitert<br />
Beteiligung<br />
Adomo, Tochterunternehmen der Soravia,<br />
erweitert mit einer Beteiligung von 30<br />
Prozent an der Universal Gebäudereinigung<br />
sein Dienstleistungsportfolio im Bereich<br />
Property- und Facility-Management.<br />
Die Gebäudereinigung ist einer der größten<br />
Dienstleister Tirols. Das Familienunternehmen<br />
mit Sitz in Innsbruck beschäftigt<br />
rund 380 Mitarbeiter und konnte im vergangenen<br />
Jahr einen Umsatz von 14,2 Millionen<br />
Euro erwirtschaften. Ziel ist es nun,<br />
eine 360-Grad-Dienstleistung rund um die<br />
Immobilie zu ermöglichen und neben der<br />
Reinigung und Hausverwaltung auch auf<br />
das Thema Sicherheit und Immobilienvermarktung<br />
zu setzen. Adomo erwirtschaftete<br />
2019 einen Jahresumsatz von 50 Millionen<br />
Euro und beschäftigt derzeit über 1.100<br />
Mitarbeiter.<br />
Erweiterung der CKL evo Serie von Wolf<br />
Neue Leistungsgrößen<br />
Höhere Luftleistungen im montagefreundlichen<br />
Design. Die überarbeitete CKL-Serie<br />
von Wolf punktet mit erweiterter Funktionalität.<br />
Ab sofort sind die Modelle der neuen Gerätegeneration<br />
mit hocheffizienten EC-Ventilatoren<br />
in den Leistungsgrößen 1400, 2400 und<br />
3300 Kubikmeter pro Stunde verfügbar. Im<br />
Vergleich zur bisherigen Produktlinie, haben<br />
die Geräte bis zu zehn Prozent höhere Luftleistungen<br />
bei gleichen beziehungsweise sogar<br />
verkleinerten Geräteabmessungen. Eine doppelte<br />
Filterstufe und ein Taschenfiltermodul<br />
gewährleisten die Einhaltung höchster Hygieneanforderungen.<br />
www.cerhahempel.com<br />
CERHA HEMPEL ist eine der führenden Rechtsanwaltskanzleien Österreichs mit<br />
integrierter Praxis in Mittel- und Osteuropa. Seit fast 100 Jahren steht der Anspruch<br />
höchster Qualität im Mittelpunkt unserer Beratung.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
19
Unternehmen & Projekte<br />
Architektur und Design leisten einen wichtigen Beitrag<br />
Baulicher Infektionsschutz<br />
Neue Fußgängerbrücke<br />
Flughafen Wien<br />
Ab sofort verbindet eine neue Fußgängerbrücke<br />
am Flughafen Wien das Areal<br />
des Office Park 4 mit dem Parkhaus 3 und<br />
dem Terminal 1 sowie den öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln CAT und S-Bahn. Rund<br />
145 Tonnen schwer bietet die Fußgängerbrücke<br />
mit circa 180 Quadratmetern Fläche<br />
einen Blickfang, der als Werbefläche<br />
noch mehr ins Auge sticht. Gestaltet<br />
wurde die Fußgängerbrücke vom Büro<br />
HNP Architects.<br />
Welche Bakterien leben auf Oberflächen<br />
in Patientenzimmern? Kann eine angepasste<br />
Raumplanung Infektionen in Kliniken<br />
verhindern? Mit diesen Fragen beschäftigen<br />
sich Architekten, Mediziner und Molekularbiologen<br />
der Technischen Universität<br />
Braunschweig im Rahmen des Projekts<br />
Karmin. Das Forschungsteam entwickelte<br />
gemeinsam mit 18 Industriepartnern einen<br />
Prototyp des infektionspräventiven Patientenzimmers,<br />
welches künftig in Würzburg<br />
und auf dem Gelände der Charité Berlin zu<br />
besichtigen sein wird. Zum Einsatz kommen<br />
hier Materialien, die sich leicht reinigen<br />
lassen, eine Raumgestaltung mit seperatem<br />
Badezimmer und die Neugestaltung<br />
hygienerelevanter Artikel spielt beim Prototypen<br />
des Projekts Karmin eine Rolle.<br />
Zum Einsatz kommen dabei Produkte von<br />
FSB in rostfreiem Edelstahl. Diese Produkte<br />
werden aus Chrom-Nickel-Stahl gefertigt<br />
und weisen einen Anteil von 18 Prozent<br />
Chrom und acht Prozent Nickel auf. Eine<br />
Zusatzlegierung macht das Material sehr<br />
korrisionsbeständig und unempfindlich<br />
gegen Kratz- und Stoßspuren.<br />
Rosenberg im Parlament<br />
Parade-Referenz<br />
Der neue Lieferant für die Lüftungsgeräte<br />
im Parlament heißt Rosenberg. Mit<br />
mehr als einer Million schlägt dieser<br />
Auftrag zu Buche. Der deutsche Hersteller<br />
Rosenberg übernimmt im Zuge des<br />
Auftrags auch den Einbau der Lüftungsgeräte<br />
und somit einen Teil der Haftung.<br />
Der Zuschlag für die Errichtung der Heizungs-,<br />
Kälte-, Lüftungs- und Sanitäranlagen<br />
sowie der Mess- und Regeltechnikanlagen<br />
im gesamten Gebäude ging 2018<br />
an die Bietergemeinschaft Bacon, Stolz<br />
und Hofstätter. Trox, das Unternehmen,<br />
das ursprünglich mit der Ausstattung<br />
des Parlaments beauftragt war, bleibt mit<br />
der Lieferung von Komponenten im Parlament<br />
vertreten. Für Rosenberg ist der<br />
neue Parlamentssitz eine Parade-Referenz,<br />
die es ermöglicht, den heimischen<br />
Markt aufzumischen. Zuletzt hat das<br />
Unternehmen bei Boehringer in Wien<br />
Meidling aufgezeigt. 1981 gegründet,<br />
beschäftgit Rosenberg heute rund 1.400<br />
Mit arbeiter und betreibt 14 Produktionsstandorte<br />
auf vier Kontinenten. Zu den<br />
Referenzprojekten in Österreich zählen<br />
unter anderem das Tech Gate Vienna.<br />
Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig<br />
Christian Buchbauer ist ab<br />
sofort neuer Vaillant-<br />
Marketingchef und Mitglied der<br />
Geschäftsleitung.<br />
Yasmin Objoikovits hat mit Juli<br />
die Leitung der Abteilung<br />
Baumanagement bei EHL<br />
übernommen.<br />
TGA- und BIM-Experte Thilo<br />
Eckert ist neu an Board<br />
des Vorstands von<br />
ATP architekten ingenieure.<br />
News Ticker<br />
Übernahme: Die Actual Fenster Gruppe hat kürzlich Kosmos Sonnenschutz übernommen. Über die Übernahmesumme wurde<br />
Stillschweigen vereinbart. Porr-BIM-Experten: Um die Studierenden fit für die Praxis zu machen, holt sich die FH Burgenland<br />
zwei BIM Manager der Porr als Lektoren. Das Duo Oliver Philips und Alexander Diebalek lehrt bereits seit einem Jahr an der FH.<br />
Fotos: Daniel LibeskindLuxigon, IIKE Tom Bauer 2020, Christian Richters, Goddard Littlefair & Brisengroup, Vaillant,, EHL, ATP/Becker,<br />
20 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Gebäude Ausrüstung Management<br />
| BA12-20G |<br />
Einfach konfigurierbar:<br />
TwinCAT 3 Lighting<br />
Solution für DALI 2<br />
Occitaine Tower in Toulouse<br />
Wolkenkratzerprojekt<br />
Im zukünftigen Grand Matabiau Business Center in<br />
Toulouse soll bis 2022 ein 150 Meter hoher begrünter<br />
Wolkenkratzer entstehen. Auf vierzig Stockwerken<br />
verteilt sich hier eine Fläche von 30.000 Quadratmetern.<br />
Neben 11.000 Quadratmetern Bürofläche entstehen<br />
im Tower auch 120 Wohneinheiten. Auch ein Hilton<br />
Hotel und eine Panorama-Restaurant-Bar wird<br />
nach Fertigstellung den Tower beziehen. Rund 2.000<br />
Quadratmeter umfassen die Geschäftsflächen im Erdgeschoß<br />
des Towers. Hier wird die SNCF einziehen,<br />
Frankreichs staatliche Eisenbahngesellschaft. Für die<br />
Gestaltung des Occitaine Towers ist kein geringerer<br />
verantwortlich als Star-Architekt Daniel Libeskind. Als<br />
Studio Libeskinds Partner vor Ort agiert der französische<br />
Architekt Francis Cardete. Die Glasfassade besticht<br />
mit Terrassen pro Etage. Das Besondere an der<br />
Fassade ist aber vor allem ein Pflanzenband, das sich<br />
um die Fassade wickelt. Die Schleife soll eine üppig bewachsene<br />
Wasserstraße des Canal du Midi repräsentieren,<br />
welche sich durch Toulouse zieht. Der Canal du<br />
Midi zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Auch die<br />
Plattform sowie einzelne Freiflächen des Turms sollen<br />
begrünt werden. Landschaftsarchitekt Nicolas Gilsoul<br />
hat das Design der vertikalen Gärten des Occitanie<br />
Towers übernommen. Entwickelt wird der Tower von<br />
der Compagnie de Phalsbourg, einem der Hauptakteure<br />
des gewerblichen Immobilienmarkts in Frankreich.<br />
www.beckhoff.at/lighting-solution<br />
Mit TwinCAT 3 Lighting Solution stellt Beckhoff eine Lichtlösung vor, die<br />
vom Engineering bis zur Wartung auf die Vereinfachung aller Arbeitsschritte<br />
setzt. Alle typischen Lichtregelungen sind integriert, die Anzahl der DALI-<br />
Linien ist unbegrenzt. TwinCAT 3 Lighting Solution ist auch für Betreiber<br />
leicht über Excel konfigurierbar und zugleich voll HTML- und webfähig,<br />
dezentral skalierbar sowie direkt über Panel bedienbar. Schnelle Funktionsänderungen,<br />
Adressierungen und Erweiterungen sind direkt im Betrieb<br />
möglich, ebenso wie von DALI-Linien unabhängige Gruppierungen.<br />
Direkt vom Panel aus bedienbar: TwinCAT 3<br />
Lighting Solution vereinfacht die Umsetzung<br />
individueller Lichtlösungen.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
21
Unternehmen & Projekte<br />
Lernhilfe<br />
Smartes Licht<br />
Bedüfnisorientiertes Licht gewinnt auch<br />
an Schulen immer mehr an Bedeutung.<br />
Spaß und Lernen spielen hier neben der<br />
Digitalisierung eine zunehmende Rolle.<br />
Aus diesem Grund bringt Zumtobel nun<br />
ein bedürfnisorientiertes Licht für Schulen<br />
auf den Markt. So erhalten neue Lernkonzepte<br />
und digitales Equipment dank<br />
innovativer LED-Lichtlösungen ein effizientes<br />
Umfeld. Die Investition in eine LED-<br />
Beleuchtung wird nicht nur mit besserem<br />
Licht, sondern auch mit geringen Wartungs-<br />
und Energiekosten belohnt. Bei der<br />
Sanierung der Volksschule Herrenried in<br />
Hohenems entschied man sich im Neubautrakt<br />
und Sanierungsbau für die<br />
Leuchtenfamilie Mirel von Zumtobel. Diese<br />
Lampen können gegenüber traditionellen<br />
mit 4 x 18 Leuchtstofflampen den Energieverbrauch<br />
um mehr als 60 Prozent<br />
senken. In Kombination mit Steuerung<br />
und Sensorik kann noch mehr Energie gespart<br />
werden. Die Technische Lehranstalt<br />
TGM Wien setzt bereits auf eine flächige<br />
LED-Deckenleuchte mit hellem Deckenbild.<br />
Die Beleuchtung passt sich dem Tageslichteinfall<br />
automatisch an.<br />
Paracelsus Bad und Kurhaus in Salzburg erhält Zertifikat<br />
klimaaktiv Gold Standard<br />
Als erstes Hallenbad in Österreich wurde<br />
das Paracelsus Bad und Kurhaus in Salzburg<br />
einer umfassenden Nachhaltigkeitsanalyse<br />
unterzogen und erreichte mit 909 Punkten<br />
klimaaktiv Gold Standard. Neben modernster<br />
Bädertechnik ist das Energiekonzept auf<br />
erneuerbare Energien ausgerichtet. Eine<br />
Wärmepumpenanlage nutzt gebäudeinterne<br />
Abwärmen als Wärmequellen. Das Wärmeabgabesystem<br />
ist primär auf Niedertemperatur<br />
ausgelegt und wird aus der<br />
Tieftemperaturschiene des Kältemaschinenprozesses<br />
bedient. Spitzenlasten werden<br />
über die Salzburger Fernwärme bereitgestellt.<br />
Auch die jeweils circa 1.500 Quadratmeter<br />
steinopor EPS plus Grund- und Gefälle-Dämmplatten<br />
von Steinbacher leisten am<br />
genutzten Warmdach einen wesentlichen<br />
Beitrag. Aufgrund der enthaltenen Infrarotreflektoren<br />
dämmt es um 25 Prozent besser<br />
als das herkömmliche weiße EPS und als die<br />
meisten herkömmlichen Dämmstoffe.<br />
Upgrade für Arbeitslicht<br />
Human Centric Lighting<br />
Esylux präsentiert ein Upgrade der Esylux<br />
Light Control. Eine der Neuerungen ist eine<br />
sogenannte Schwarmfunktion, die für mehr<br />
Komfort in Großraumbüros sorgt. Diese verhindert<br />
in teilweise besetzten Großraumbüros<br />
das Entstehen von isolierten Lichtinseln.<br />
Ermöglicht wird das durch die Kommunikation<br />
miteinander vernetzter Systemgruppen,<br />
die in ihren Raumzonen mithilfe integrierter<br />
Präsenzmelder autark das Licht regeln. Sind<br />
die Arbeitsplätze innerhalb einer Zone unbesetzt,<br />
wird die Beleuchtung dort nicht automatisch<br />
ausgeschaltet, sondern auf ein Orientierungslicht<br />
heruntergedimmt. Erst<br />
wenn der Letzte das Büro verlassen hat,<br />
schaltet das System sämtliche Leuchten ab.<br />
Vernetzen lassen sich die Lösungen via Plugand-play.<br />
22 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Gebäude Ausrüstung Management<br />
Mit und ohne Wärmerückgewinnung<br />
Varianten der Wohnraumlüftung<br />
Je nach Bauprojekt unterscheiden sich die<br />
Ansprüche an eine kontrollierte Wohnraumablüftung.<br />
Das x-well-Sortiment von<br />
Kermi ermöglicht verschiedene Lösungen<br />
für unterschiedliche Anforderungen und architektonische<br />
Voraussetzungen. Geht es<br />
um maximale Effizienz und höchsten Komfort,<br />
eignen sich die zentralen x-well Lösungen<br />
besonders. Dank integrierter Feuchtesensoren<br />
tauschen sie die Luft bedarfsgerecht<br />
aus, temperieren die einströmende Zuluft<br />
mit hoher Wärmerückgewinnung und arbeiten<br />
äußerst leise. Die Kompaktlüftungsgeräte<br />
der x-well-F-Serie, F130 und F150¬,<br />
sind mit einer Tiefe von 20 Zentimetern besonders<br />
flach. Die optionale senkrechte oder<br />
waagrechte Montage macht die Geräte flexibel<br />
einsetzbar. Dezentrale Lüftungsgeräte<br />
kommen hingegen zum Einsatz, wenn es<br />
sich um ein Bau- oder Renovierungsprojekt<br />
handelt, bei dem ein geringer Planungsaufwand<br />
und ein schneller Einbau im Fokus stehen.<br />
Die Pendellüfter x-well-D12 von Kermi<br />
vereinen Be- und Entlüftung in einem Gerät<br />
und werden direkt in der Außenwand der zu<br />
versorgenden Räume installiert – ganz ohne<br />
Verlegung einer Luftleitung. Die Errichtung<br />
erfolgt im Neubau durch spezielle Montagesteine;<br />
bei der Renovierung durch Kernbohrung.<br />
Oft ist jedoch bei großen Immobilienprojekten<br />
eine kostengünstige Variante<br />
gefragt. Diese Lösung ist ein System aus<br />
Kleinraumlüftern und Luftdurchlässen ohne<br />
Wärmerückgewinnung. Während die x-<br />
well-Außenwandluftdurchlässe für eine Zuluftnachströmung<br />
ohne Ventilatoren<br />
sorgen, entlüften x-well-A12 oder x-well-A20<br />
Bäder, WCs und Küchen.<br />
Sanitäre Installationsboxen<br />
Wachstum<br />
Der Markt für sanitäre Installationsboxen<br />
in Österreich wächst. Dank dieser lassen<br />
sich die Montagezeiten von Waschtischen,<br />
Badewannen, Duschen und vielen<br />
anderen sanitären Facilities deutlich verkürzen.<br />
Auch im vergangenen Jahr ist die<br />
Nachfrage gestiegen. Laut aktuellem<br />
Branchenradar „Sanitäre Installationsboxen<br />
in Österreich 2020“ erhöhten sich im<br />
Jahr 2019 die Herstellererlöse um zwanzig<br />
Prozent auf knapp 2,9 Millionen Euro. Insgesamt<br />
wurden allein in Österreich rund<br />
80.000 Einheiten installiert. Das Potenzial<br />
liegt aber beim Fünffachen und ist somit<br />
noch lange nicht ausgeschöpft. Die Installationsquote<br />
im Neubau lag im Jahr 2019<br />
in Mehrfamilienhäusern bei 26 Prozent,<br />
im produktrelevanten Nicht-Wohnbau bei<br />
16 Prozent und in Eigenheimen sogar nur<br />
bei neun Prozent.<br />
Fünf-Sterne-Luxushotel Mandarin Oriental<br />
HNP revitalisiert altes Handelsgericht<br />
Das ehemalige Handelsgericht im ersten<br />
Wiener Gemeindebezirk wurde 2016 von der<br />
Schweizerischen Brisen Group erworben.<br />
Sofort wurde mit der Projektplanung begonnen<br />
und 2018 starteten die ersten Bauarbeiten,<br />
so HNP architects. Die Eröffnung des<br />
Luxushotels in der Riemerstraße ist für 2023<br />
geplant. Insgesamt entstehen hier 151 Gästezimmer.<br />
Im ausgebauten Dachbereich sowie<br />
dem obersten Regelgeschoß werden außerdem<br />
zusätzlich 17 Luxusapartments auf einer<br />
Fläche von zirka 3.500 Quadratmetern<br />
geschaffen. Flexibel nutzbare Bankett- und<br />
Konferenzräumlichkeiten runden das Angebot<br />
rund um das revitalisierte Objekt ab. Als<br />
Erholungsmöglichkeit ist außerdem ein großes<br />
Spa mit Schwimmbad und Fitnesscenter<br />
vorgesehen. Das Wiener Architekturbüro ist<br />
bereits in der anspruchsvollen Aufgabe der<br />
Revitalisierung von denkmalgeschützten<br />
Gebäuden geübt. Mit dem Haus am Schottentor<br />
wird derzeit von HNP architects ein<br />
weiteres Objekt im ersten Bezirk umgestaltet.<br />
Fernüberwachung<br />
Smarte Ventile<br />
Das selbstoptimierende Ventil Intelligent<br />
Valve von Siemens Smart Infrastructure<br />
ist durch eine Vielzahl an neuen<br />
Funktionen und Anwendungen für Heizgruppen,<br />
Lüftungs- und Klimaanlagen<br />
noch breiter einsatzfähig geworden. Das<br />
Gerät kontrolliert den Durchfluss, misst<br />
Temperatur sowie Leistung und passt die<br />
Ventileinstellungen automatisch an den<br />
Wärmetauscher an. Anhand der Cloud-<br />
Anbindung und nun erstmals direkter<br />
Einbindung in den Building Operator, der<br />
Cloud-Applikation von Siemens zur<br />
Fernüberwachung von Gebäuden, können<br />
Kontrollarbeiten sowie direkte Anpassungen<br />
der Einstellwerte des intelligenten<br />
Ventils von jedem Ort zu jeder Zeit<br />
durchgeführt werden. Neue Features erweitern<br />
die Aufgabenbereiche des Ventils.<br />
Datensätze können in die Siemens-<br />
App ABT go und anschließend mithilfe<br />
von WLAN auf jedes Ventil geladen werden.<br />
Anhand der smarten Eigenschaften<br />
ermöglicht das intelligente Ventil einen<br />
Zugriff aus der Ferne. Dies erfolgt über<br />
BACnet-IP.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
23
Rubrik Unternehmen & Projekte<br />
Einmal volltanken bitte!<br />
Betontankstellen<br />
Möglichst flexibel und zeitsparend soll<br />
sie sein: die neue Betontankstelle von<br />
Liebherr. Die modifzierbare Betonabgabe,<br />
bei der man manuell die gewünschte Mischung<br />
aus verschiedenen Beton- und Estrichsorten<br />
einstellen kann, wird mittels<br />
QR-Code vom Smartphone aus gesteuert.<br />
Nach zwei bis drei Minuten Dauer wird die<br />
gewünschte Mischung abgegeben. Das<br />
Angebot soll Privatkunden sowie Großabnehmer<br />
mit Fahrmischer gleichfalls ansprechen.<br />
So sind schon Abgaben in Kleinmengen<br />
ab 0,15 Kubikmeter möglich.<br />
Kundenfreundliche Öffnungszeiten und<br />
die hohe Automatisierung sollen helfen,<br />
die Anlage auch ohne großen Mehraufwand<br />
zu betreiben. Durch die geringe<br />
Stellfläche von unter 100 Quadratmeter<br />
werden die langwierigen Genehmigungsverfahren<br />
vermieden.<br />
Photovoltaik für Businessanlage<br />
Strom vom Dach<br />
Mit 20.000 Quadratmetern ensteht in<br />
Brunn am Gebirge die größte gemeinschaftliche<br />
Photovoltaikanlage. In Zusammenarbeit<br />
der Wien Energie, HanseMerkur<br />
und 10hoch4 im Rahmen der Initiative<br />
„Tausendundein Dach“ ensteht das Projekt<br />
direkt auf dem Dach des Businessparks.<br />
Für die 150 ansässigen Unternehmen<br />
enstehen keine zusätzlichen<br />
Fixkosten oder bürokratischer Aufwand,<br />
während sie mit insgesamt 1,2 Megawatt<br />
Leistung versorgt werden.<br />
Die Anlage soll mit Frühjahr 2021 in Betrieb<br />
gehen und pro Jahr 400 Tonnen<br />
CO2 einsparen. Das wären dann etwa die<br />
Hälfte des jährlichen Bedarfs des Campus<br />
21.<br />
Sensoren an Betonschalungen liefern Daten<br />
Echtzeitdaten aus der Wand<br />
Eine Lösung für häufige logistische Probleme<br />
auf Baustellen liefert das Unternehmen<br />
Sclable in Zusammenarbeit mit Contact<br />
und Line Metrics. Das Kundenprojekt<br />
„Contakt“ soll helfen, Vorgänge auf Baustellen<br />
zu optimieren und ineffiziente Abläufe<br />
zu verhindern. Damit gewannen die<br />
deutschen Unternehmer, deren Software<br />
bereits seit 2019 zum Einsatz kommt, den<br />
German Innovation Award in der Kategorie<br />
Connectivity. Das Besondere an Contakt<br />
ist, dass es mittels Sensoren in der<br />
Betonschalung nicht nur Daten in Echtzeit<br />
sammelt, sondern auch bei Planungs- und<br />
Koordinationsprozessen am Bau hilft. Das<br />
Programm erkennt mittels Sensorik an<br />
den Schalungen der Betonwände Bewegung,<br />
Neigung und Höhe und hilft so ein<br />
sen sorisches Bild der Abläufe detailiert zu<br />
erfassen.<br />
Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig<br />
Mit einem neuen Führungsteam,<br />
bestehend aus<br />
Vertriebsleiter Jochen<br />
Reinders, Standortleiter<br />
Heiko Hansen und<br />
Geschäftsführer Winfried<br />
Traub setzt der Systemanbieter<br />
für Tageslicht-<br />
und Rauchabzugslösungen<br />
in Flachdächern Essertec<br />
auf Zukunftskurs.<br />
News Ticker<br />
IG Lebenszyklus Bau: Am 10. Oktober soll unter dem Motto Strategien für den Green Deal der zehnte Kongress der IG Lebenszyklus<br />
Bau stattfinden. Betonfertigteil-Pionier: Das in der vierten Generation geführte Familienunternehmen Trepka feiert<br />
100-jähriges Jubiläum und blickt mit 250 Mitarbeitern zuversichtlich in die Zukunft.<br />
Fotos: CONTAKT, Platio Solar Pavement, Essertec, nora systems, Cobiax, AGC Interpane,<br />
24 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Materialien & Maschinen<br />
Platio Solar Pavement liefert Solarstrom<br />
Strom aus dem Boden<br />
Die Frage nach erneuerbaren Energien beschäftigt besonders<br />
in der Stromgewinnung immer mehr Unternehmen. So<br />
auch ein Team aus Ungarn. Platio, ein Unternehmen, das<br />
2015 gegründet von einem Designer und Landschaftsarchitekt<br />
sowie einem Chemiker und Maschinenbauingeineur gegründet<br />
wurde, schlossen sich zusammen und entwickelten<br />
„Platio Solar Pavement“. Es handelt sich dabei um eine Art<br />
begehbare PV-Anlage. Die Solarplatten sind universell einsetzbar<br />
und können am Boden, an Gebäudefassaden oder auf<br />
Dächern gleichermaßen montiert werden. Aus recyclten,<br />
bruchfestem Glas und leistungsstarken Solarzellen bestehend,<br />
soll die Entwicklung ermöglichen, große Infrastruktur<br />
wie Einkaufszentren oder Parkgaragen vor Ort mit dem nötigen<br />
Strom zu versorgen. Geeignet sind die PV-Platten aber<br />
auch für große öffentliche Plätze, die weiterhin normal begehbar<br />
sein sollten. Das Budapester Technologieunternehmen<br />
ist bereits in 16 Ländern präsent. Zu den Schlüsselmärkten<br />
zählen unter anderem Deutschland und Spanien.<br />
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Bauprojekt in Wolfurt<br />
Holz oder Massivbau<br />
Wie unterscheiden sich Baudauer, Baustellenlogisitk,<br />
Lärm- und Staubentwicklung oder auch die Energieeffizienz<br />
zwischen Holz- und Massivbauweise? Valide Antworten auf<br />
diese Fragen generierte nun Generalunternehmer Rhomberg<br />
Bau, indem er in Wolfurt erstmals zwei weitgehend identische<br />
Häuser errichten ließ - eines in Holz und eines in Massivbauweise.<br />
Das Ergebnis: Holzbau kann mit einem großen Potenzial<br />
aufwarten, aber auch am klassischen Bau lassen sich<br />
Zeit und Kosten sparen. Geht es um die Baukosten, so konnte<br />
die Massivbauweise im Vergleich jedoch besser abschneiden.<br />
Schon bei der Kalkulation für zweigeschoßige Gebäude ergab<br />
sich eine Teuerung von 0,6 Prozent vom Holzbau mit entsprechender<br />
Fassade. Die Holzhybridbauweise punktet hingegen<br />
mit der Bauzeit. So kann mit einer bis zu 60 Prozent schnelleren<br />
Bauweise gerechnet werden.<br />
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Unternehmen & Projekte<br />
Rockwool-Dämmplatte<br />
Klebefläche<br />
Seit Jahrzehnten bietet Rockwool für die<br />
Ausführung einer nicht brennbaren Flachdachdämmung<br />
bewährte Dämmplatten<br />
für unterschiedliche Anforderungen an<br />
Wärmeschutz und Druckbelastbarkeit an.<br />
Ab sofort ist auch die neue Bitrock-Platte<br />
mit planeben geschliffener Oberfläche lieferbar.<br />
Sie fungiert zu 100 Prozent als Klebefläche<br />
und ist ein optimaler Haftverbund<br />
für direkt aufgeschweißte<br />
Abdichtungen. Die Verarbeitung ist dabei<br />
so einfach, dass Fehler weitgehend ausgeschlossen<br />
sind. Schon während des<br />
Schweißvorganges kann durch Zurückrollen<br />
der Bahn deren Haftung auf der<br />
Dämmstoffoberfläche optisch kontrolliert<br />
werden. Zeigt sich die Unterseite nahezu<br />
flächig mit Steinwolleflocken bedeckt, so<br />
ist der optimale Haftverbund erreicht.<br />
Nicht zuletzt, weil schon diese einfache<br />
optische Kontrolle genügt, bietet die Bitrock<br />
ein ausgezeichnetes Kosten-Nutzen-<br />
Verhältnis. Sie ist hochbelastbar und somit<br />
auch für die Anwendung bei Dächern<br />
mit PV-Anlagen bestens geeignet. Zusätzlich<br />
punktet die Dämmplatte mit einem<br />
optimalen Haftverbund.<br />
Kautschukböden zur Infektionskontrolle<br />
Verlässlich und krisenerprobt<br />
Gerade in Gebäuden des Gesundheitswesens<br />
ist vor dem Hintergrund der Corona-<br />
Pandemie die Umgebungssicherheit verstärkt<br />
in den Fokus gerückt. Hier spielt auch<br />
der Boden eine entscheidende Rolle. Denn<br />
aufgrund seiner großen Oberfläche bietet er<br />
Potenzial für die Anhaftung von Viren und<br />
Bakterien. Bei der Herstellung einer infektionssicheren<br />
Umgebung leisten nora-Kautschuk-Beläge<br />
von Interface im Gesundheitswesen<br />
bereits seit Jahrzehnten ihren<br />
Beitrag. So ist es die dichte und geschlossene<br />
Oberfläche der Böden, die für eine sichere<br />
Infektionskontrolle sorgt. Die Kautschuk-<br />
Beläge lassen sich einfach reinigen sowie<br />
vollständig desinfizieren und sind somit beständig<br />
gegen Flächendesinfektionsmittel.<br />
Erst vor kurzem kamen die in Deutschland<br />
produzierten Böden für die Klinik Huoshenshan,<br />
die kürzlich in Wuhan in Rekordzeit für<br />
die Behandlung von COVID-19-Patienten gebaut<br />
wurde, wieder zum Einsatz.<br />
Beton einsparen<br />
Nachhaltig Bauen<br />
Klimaschutz im Bauwesen? Die Hohlkörperelemente<br />
von Cobiax ermöglichen es, die<br />
Beton- und Bewehrungsstahlmenge beim<br />
Bau eines Gebäudes massiv zu reduzieren.<br />
So lassen sich in einem Gebäude bei Verwendung<br />
der Elemente pro Geschoßdecke bis zu<br />
35 Prozent Beton und 20 Prozent Bewehrungsmaterial<br />
einsparen. Aber nicht nur der<br />
Einsatz der Elemente hilft CO2 zu sparen,<br />
auch die Hohlkörperelemente von Cobiax<br />
bestehen zu 100 Prozent aus Recyclingkunststoff.<br />
Geliefert werden sie als Halbschalen,<br />
die erst auf der Baustelle zusammen gesetzt<br />
werden. So lässt sich eine große Menge mit<br />
nur einer Lieferung transportieren. Die<br />
Hohlkörperelemente können jedoch logischerweise<br />
nur an statisch unbedenklichen<br />
Gebäudeteilen zum Einsatz kommen.<br />
26 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Materialien & Maschinen<br />
Finnisches Landmark für Stora Enso in Helsinki<br />
Neues Headquarter aus Holz<br />
Stora Enso, ein weltweit tätiger Konzern<br />
für erneuerbare Materialien bezieht ein neues<br />
Headquarter in Helsinki, Finnland - komplett<br />
aus Holz gebaut. Eigentümer des Gebäudes<br />
ist die finnische Pensionsversicherung<br />
Varma. Die Gestaltung des Gebäudes<br />
konnte das Architekturbüro Anttinen Oiva<br />
Arkkitehdit Oy im Zuge eines Wettbewerbes<br />
für sich entscheiden. Ziel war es, den Anforderungen<br />
an das urbane Umfeld bezüglich<br />
Skyline, Funktion und Ästhetik sowie auch<br />
den technischen und ökonomischen Anforderungen<br />
gerecht zu werden. Sechs Architekturbüros<br />
aus Finnland, Skandinavien<br />
und Japan waren eingeladen, einen Entwurf<br />
einzureichen. Gewonnen hat am Ende das<br />
Siegerprojekt Spring. Die Jury überzeugt hat<br />
nicht nur das ausbalancierte Design des Entwurfs,<br />
sondern auch dessen Blockstruktur,<br />
die sich nahtlos in die Struktur der umliegenden<br />
Gebäude entlang der Meeresküste<br />
einfügt. Neben dem Gewinnerprojekt wurden<br />
zwei weitere Projekte für ihre Arbeit honoriert:<br />
die Entwürfe Beacon von White arkitekter<br />
AB sowie Rantametsä von<br />
PES-Arkkitehdit Oy. Alle Entwürfe wurden<br />
auf Basis des Office Concept by Stora Enso,<br />
einem Baukonzept, das Architekten, Ingenieuren<br />
und Bauträgern den Entwurf neuer<br />
Bürogebäude aus Holz erleichtert, designt<br />
und daher mit den von Stora Enso hergestellten<br />
veredelten Massivholzelementen geplant.<br />
Das Gebäude in Katajanokka in Helsinki<br />
strebt CO2-Neutralität an. So soll das<br />
Gebäude eine CO2-Menge speichern, die<br />
den jährlichen Emissionen von über 3.300<br />
Privatfahrzeugen entspricht. Die Fertigstellgung<br />
des Gebäudes soll 2023 erfolgen.<br />
Produktpalette erweitert<br />
Komfortlüftung<br />
Siblik erweitert seine Maico Produktpalette<br />
um ein weiteres Produkt: die WS<br />
75 Powerbox. Das intelligente Lüftungsgerät<br />
arbeitet leise und ist zudem dank<br />
eines Gehäuses aus schall- und wärmedämmendem<br />
EPP-Kunststoff besonders<br />
hygienisch. Die WS 75 Powerbox eignet<br />
sich sowohl für die Decken- als auch die<br />
Wandmontage. Sie kann Unterputz oder<br />
Aufputz installiert werden. Vier manuelle<br />
Lüftungsstufen lassen sich bequem per<br />
App steuern. Die Geräte verfügen über<br />
ein integriertes WLAN-Modul und sind<br />
somit mobil per App von zu Hause aus<br />
oder unterwegs bedienbar. Sie können<br />
über Tablet und PC die Nutzerverwaltung<br />
angepasst sowie die Lüftungsgeräte bequem<br />
eingestellt und angesteuert werden.<br />
Letztere lässt sich per KNX-Modul<br />
integrieren.<br />
Stromerzeugung über die Gebäudehülle dank AGC Interpane<br />
SunEwat-Reihe in neuem Design<br />
Verborgen hinter Beschichtungen und<br />
Lackierungen können die Zellen aus der SunEwat-Reihe<br />
problemlos in moderne Architektur<br />
integriert werden und ermöglichen<br />
es, Strom über die Gebäudehülle zu erzeugen.<br />
Die sechs neuen Produkte von Interpane<br />
sind das Ergebnis einer Kooperation mit<br />
den auf solare Lösungen spezialisierten Unternehmen<br />
Physee Technologies, Sonnenstromfabrik<br />
SolTech und Solar Visuals. Alle<br />
Modelle erfüllen die Anforderungen für<br />
Niedrigstenergiehäuser und sind zudem<br />
auch noch günstiger als herkömmliche Produkte<br />
- so amortisiert sich die Installation<br />
schneller. Für Fenster und Fassaden sind vor<br />
allem die Produkte Vision Square, Vision<br />
Stripe und SmartSkin gedacht. Diese Produkte<br />
erhalten weitgehend die Lichtdurchlässigkeit<br />
und Funktionalität der Verglasung<br />
bei gleichzeitiger Energieerzeugung. So ist<br />
SmartSkin beispielsweise eine dynamische<br />
Innovation für Fassaden, die Photovoltaik<br />
mit lernfähigen Sensoren und intelligentem<br />
Gebäudemanagement kombiniert.<br />
Hält Sturmgewehren stand<br />
Holz-Alu-Fenster<br />
Erst im Dezember vergangenen Jahres<br />
hat i+R Fensterbau ein durchschusshemmendes<br />
Fenster der Widerstandsklasse<br />
FB 4 NS auf den Markt gebracht. Nun<br />
konnte die Sicherheitsstufe des Holz-<br />
Alu-Fensters erhöht werden. Bei der Prüfung<br />
wurde das Fenster an den kritischen<br />
Stellen an Rahmen und Glas mit einem<br />
Sturmgewehr aus zehn Metern Entfernung<br />
beschossen und hielt stand. Nach<br />
31 Schüssen waren auf der Außenseite<br />
zwar Krater zu erkennen, auf der Innenseite<br />
aber keine Schäden sichtbar. Das<br />
entspricht laut Zertifikat des Beschussamts<br />
Ulm einer Sicherheitsstufe sechs<br />
von sieben. Das durchschusshemmende<br />
Fenster ist dreifach verglast und erfüllt<br />
dank minimalem Wärmeverlust den Passivhausstandard.<br />
Für die Produktion des<br />
Holz-Alu-Fensters kam massive Eiche<br />
zum Einsatz, weshalb das Sicherheitsfenster<br />
auch ästhetischen Anforderungen<br />
entspricht und sowohl in denkmalgeschützten<br />
Gebäuden als auch in Altbauten<br />
und Villen sowie in öffentlichen Gebäuden<br />
verbaut werden kann.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
27
Rubrik Unternehmen & Projekte<br />
Silver Living baut in Kindberg<br />
Für Jung und Alt<br />
Invester entwickelt in der Leberstraße in Wien Simmering<br />
Spatenstich für Wohnbauprojekt<br />
Ende Juni erfolgte auf dem Grundstück<br />
der Leberstraße 26 der Spatenstich für 57<br />
freifinanzierte Mietwohnungen. Die Consulting<br />
Company Immobilien zeichnet sich<br />
für die Projektentwicklung verantwortlich<br />
und hat derzeit über 500 Wohnungen in<br />
Bau oder in Entwicklung. Das gesamte Asset<br />
Management sowie die Verwertung<br />
wird von Invester United Benefits übernommen.<br />
Das Generalunternehmen Hazet<br />
realisiert das Wohnbauprojekt, wobei roh/<br />
Architekten das Konzept verantworten.<br />
Neben den Mietwohnungen entstehen 24<br />
PKW-Stellplätze in einer hauseigenen Tiefgarage.<br />
Die Wohneinheiten haben eine<br />
Größe zwischen 30 und 60 Quadratmetern,<br />
die mit hoher Qualität und einem<br />
leistbaren Mietniveau punkten. Aufgrund<br />
der guten Anbindung an den öffentlichen<br />
und den Individualverkehr setzt man bei<br />
der Zielgruppe vorrangig auf Pendler aus<br />
dem Umland und Studenten.<br />
Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig<br />
Die VÖZ, genau genommen Sebastian Spaun und Rudolf Zrost,<br />
sind sich sicher, dass Österreich das Klimaziel der europäischen<br />
Zementindustrie erreichen und bis 2050 klimaneutral sein wird.<br />
Möglich machen soll das unter anderem die Bauteilaktivierung.<br />
Johannes Möller, übernimmt<br />
künftig die Leitung der Light +<br />
Building und löst damit Maria<br />
Hasselmann ab.<br />
Der Marktführer im Wohnbau für Seniorenwohnanlagen<br />
Silver Living realisiert<br />
im steirischen Kindberg ein neues<br />
Generationenwohnprojekt. Hier entstehen<br />
insgesamt 13 betreute Wohneinheiten<br />
für Senioren sowie eine Kindergrippe.<br />
Die Größe der Wohnungen bewegt<br />
sich zwischen 40 und 56 Quadratmetern.<br />
Neben einem Gemeinschaftsraum sowie<br />
einer Gemeinschaftsterrasse wird die<br />
Wohnanlage auch über einen kleinen<br />
Garten verfügen. Besonders im Vordergrund<br />
stehen hier die gemeinsamen Aktivitäten,<br />
die beide Generationen zusammen<br />
bringen sollen. Exklusiver<br />
Vertriebspartner im Bereich der Bauherrenmodelle<br />
ist die ÖKO Wohnbau. Die<br />
Fertigstellung des Gesamtobjektes ist für<br />
<strong>Sommer</strong> 2021 geplant, die Kinderkrippe<br />
soll ihren Betrieb bereits im Herbst 2020<br />
aufnehmen.<br />
ZWI der Universität Graz<br />
Gleichenfeier<br />
Vor über einem Jahr feierte das Zentrum<br />
für Wissens- und Innovationstransfer,<br />
das die ZWI, ein Tochterunternehmen<br />
der Universität Graz, am<br />
Standort Schubertstraße 6a errichtet,<br />
Gleichenfeier. Beauftragt ist die Bundesimmobiliengesellschaft.<br />
Bis Anfang<br />
2021 entsteht auf 3.000 Quadratmetern<br />
Nutzfläche mit fünf Stockwerken unter<br />
anderem Platz für Start-ups. Finanziert<br />
wird das Zwölf-Millionen-Euro-Projekt<br />
mit Unterstützung durch Fördermittel<br />
des Landes Steiermark und des Europäischen<br />
Fonds für Regionale Entwicklung.<br />
arge leb idris architektur + architektin<br />
Iris Reiter konnten sich im<br />
Wettbewerb durchsetzen.<br />
News Ticker<br />
Fertigstellung: Ende Juni konnte das Wohnbauinvestment City Suits Graz der IFA fertiggestellt werden. Mit einem Gesamtinvestitionsvolumen<br />
von 22 Millionen Euro entstanden hier 100 Neubauwohnungen und vier Geschäftslokale. Tiefbaukosten:<br />
Laut Berechnungen von Statistik Austria verzeichneten im Juni 2020 die Baukosten für alle Tiefbausparten einen Rückgang.<br />
Fotos: Sabine Klimpt, pos Architekten, Hatec/Peneder, Certov, Winkler + Ruck Architekten, Asfinag, VÖZ/APA-Fotoservice/Rastegar, Messe Frankfurt Exhibition GmbH/Pietro Sutera<br />
28 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Hoch & Tiefbau<br />
Bildungscampus Rappachgasse<br />
Ein Schiff im Auwald<br />
Im 11. Wiener Gemeindebezirk soll bis 2023 ein neuer Bildungscampus<br />
für rund 825 Kinder im Alter von bis zu zehn<br />
Jahren entstehen. Das Grundstück befindet sich an der Siedlungskante<br />
im Bereich der ehemaligen Donauauen - entlang<br />
der Rappachgasse zog sich früher ein Donauarm. Der Campus<br />
wird von der Haidstraße erschlossen. Den ersten Platz im offenen,<br />
zweistufigen Realisierungswettbewerb im Oberschwellenbereich<br />
konnte sich das Architekturbüro pos Architekten<br />
sichern. „Jedes unserer Gebäude ist so entworfen, dass<br />
wir es selbst nutzen, oder selbst darin wohnen wollen“, so der<br />
Leitsatz des Wiener Architekturbüros. So liegt der dreigeschossige<br />
flache Baukörper wie ein Schiff im ehemaligen Auwald.<br />
Breite begrünte Landebrücken verbinden es mit der<br />
bewaldeten Uferzone. Auf den Landungsbrücken befinden<br />
sich Spielbereiche, die vom ersten Obergeschoss aus zugänglich<br />
sind. Geplant ist das Gebäude als Niedrigst-Energie-<br />
Haus. Die notwendige Energie liefert dabei nicht nur die<br />
Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, sondern auch das Grundwasser<br />
und das Erdreich.<br />
Hochschule Luzern mit neuem Studiengang<br />
Digitale Kompetenzen<br />
Als erste Universität im deutschsprachigen Raum bietet die<br />
Hochschule Luzern den neuen Studiengang „Digital Construction“<br />
an. Absolventen des interdisziplinären Studiengangs erwerben<br />
sowohl ein digitales als auch ein fachliches Kompetenzprofil<br />
und besetzen nach dem Abschluss die Schnittstellen<br />
zwischen den klassischen Gestaltungs- und Ingenieurberufen<br />
im Bauwesen. Dadurch ergeben sich vielfältige Berufsfelder in<br />
allen Branchen des Bauwesens. Mit Beginn des Herbstsemeters<br />
können Studierende am Department Technik und Architektur<br />
in sieben Semestern Vollzeitstudium die Abschlüsse<br />
Bachelor of Science und Bachelor of Arts erwerben.<br />
Der Hochschule ist es gelungen, Mark Baldwin und Markus<br />
Weber als Co-Studiengangleiter für den neuen Studiengang<br />
zu gewinnen. Beide sind Koryphäen im digitalen Planen, Bauen<br />
und Betreiben.<br />
Die neue KONE DX-Klasse:<br />
Intelligente Aufzüge für<br />
digitale Gebäude<br />
Erleben Sie die weltweit erste Aufzugsreihe mit<br />
serienmäßig eingebauter digitaler Konnektivität<br />
und sicheren, offenen Schnittstellen. Die KONE<br />
DX-Aufzüge lassen sich mit allen denkbaren<br />
Geräten und Anwendungen einfach und umstandslos<br />
verbinden. Dazu zählen beispielsweise Lieferroboter<br />
in Hotels und Pflegeeinrichtungen, Sprachassistenten,<br />
Navigationssysteme und ganze<br />
gebäudetechnische Systeme. Auch elektrische<br />
Türen und Tore können mit der DX-Klasse<br />
kommunizieren.<br />
Treten Sie ein in eine neue Ära unter:<br />
www.kone.at/neubau/aufzuege<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
29
Unternehmen & Projekte<br />
Nachhaltige Stadtentwicklung und Gebäudebegrünung<br />
Baustart für Wiener Stadtoase<br />
Zwischen Schönbrunn und Westbahnhof<br />
entsteht in der Äußeren Mariahilferstraße<br />
ein Neubau mit 50 Wohnungen. Die<br />
Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen verfügen<br />
über eine Wohnfläche von 45 bis 135<br />
Quadratmeter und private Freiflächen von<br />
sechs bis acht Quadratmetern. Alle Einheiten<br />
sind barrierefrei zugänglich. Die Kühlung<br />
der Räume erfolgt mittels Betonkernaktivierung<br />
in den Regelgeschoßen sowie<br />
mit dezentralen Klima-Splitgeräte in den<br />
Dachgeschoßen. Eine Tiefgarage mit 46<br />
Stellplätzen und Fahrradabstellräume mit<br />
136 Stellplätzen bieten ausreichend Platz.<br />
Der Name der Wiener Stadtoase ist Programm:<br />
nachhaltige Stadtentwicklung mit<br />
Gebäudebegrünung inklusive Gemeinschafts-<br />
und Außenflächen stehen bei dem<br />
Wohnbauprojekt von Avoris im Fokus. Begrünte<br />
Flächen im Innenhof sowie auf den<br />
Dächern und an der Fassade sorgen vor allem<br />
an heißen <strong>Sommer</strong>tagen für ein angenehmes<br />
Mikroklima. Zusätzlich stehen ein<br />
Jugendspielraum sowie ein Kleinkinderspielplatz<br />
zur gemeinschaftlichen Nutzung<br />
zur Verfügung. Einlargerungsräume<br />
und weitere Storage-Flächen können angemietet<br />
werden. Im Erdgeschoß entsteht eine<br />
durchgängige Geschäftszone, die die<br />
Nahversorgung in unmittelbarer Nähe garantiert.<br />
Raumhohe Fenster sorgen hier für<br />
ausreichend Tageslicht. Ein breiter, erhöhter<br />
Gehsteig vor den Geschäften sorgt für<br />
ausreichen Distanz zur Straße. Gestaltet<br />
wird der Neubau vom Architekturbüro<br />
t-hoch-n.<br />
Tunnel-Einfahrtsbereich<br />
LED-Licht<br />
Obwohl die LED-Technologie der Asfinag<br />
bereits in etlichen Tunneln im Einsatz<br />
ist, war das Umrüsten der Einfahrtsbeleuchtung<br />
auf LED mit einigen Hürden<br />
verbunden. Große Sanierungen mit<br />
enormen Aufwand waren unumgänglich.<br />
Jetzt konnte mit einer Neuerung unter<br />
der Federführung von Betriebstechnik-Regionalleiter<br />
Thomas Nessel in den<br />
vergangenen Wochen die Einfahrtsbeleuchtung<br />
des 230 Meter langen Farchern<br />
Tunnels auf der A 2 Südautobahn<br />
erfolgreich umgebaut werden. Denn je<br />
heller es im Freien ist, umso mehr Licht<br />
benötigt man aus Sicherheitsgründen<br />
bei den Tunneleinfahrten. Die nächsten<br />
Tunnel, die auf LED umgerüstet werden<br />
sollen, stehen auch bereits fest: Auf der A<br />
10 Tauernautobahn sind das die Tunnel<br />
Wolfsberg, Ofenauer, Hiefler, Brentenberg,<br />
Zetzenberg, auf der A 12 Inntalautobahn<br />
der Tunnel Landeck, auf der A 9 in<br />
Oberösterreich der Tunnel Lainberg und<br />
auf der S 35 Brucker Schnellstraße in der<br />
Steiermark der Tunnel Kirchdorf.<br />
Neues Kompetenzzentrum für Hatec<br />
Peneder baut in Klagenfurt<br />
Ein neues Kapitel öffnet sich für das Familienunternehmen<br />
Hatec mit dem Spatenstich<br />
am sechsten Juli. Rund zwei Millionen<br />
Euro werden in den Standort am Südrand<br />
von Klagenfurt investiert. Das zweistöckige<br />
Kompetenzzentrum mit 920 Quadratmetern<br />
Nutzfläche wird mit modernen Büros,<br />
Simulations-Studios und einem Roboter-<br />
Labor ausgestattet. Für die Planung und<br />
Baurealisierung ist der ober-österreichische<br />
Generalunternehmer Peneder verantwortlich.<br />
Mit der Fertigstellung soll dank Open-<br />
Space-Büro größtmögliche Flexibilität in<br />
der Zusammenarbeit entstehen. Besprechungsinseln<br />
und Begegnungszonen schaffen<br />
Raum für informelle Meetings. Zusätzlich<br />
kann der Raum bei Bedarf in zwei<br />
Einheiten geteilt werden. Möglichkeiten zur<br />
Entspannung bieten der begrünte Außenbereich,<br />
eine Küche mit Aufenthaltsraum und<br />
Tischfußball sowie eine Sauna. Zusätzliche<br />
Erweiterungsmöglichkeiten sind bereits<br />
eingeplant, um für zukünftiges Wachstum<br />
gerüstet zu sein.<br />
30 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Hoch & Tiefbau<br />
Abschluss des Vergabeverfahrens das Wien Museum<br />
IGO-Gruppe baut am Karlsplatz<br />
Bereits Anfang Juli wurde die Bietergemeinschaft bestehend aus Porr, Ortner und Elin<br />
mit den Bau-Generalunternehmerleistungen für das Wien Museum Neu am Karlsplatz beauftragt.<br />
Rund 108 Millionen Euro werden investiert. Finanziert werden Sanierung und<br />
Erweiterung des städtischen Museums aus den Mitteln der Stadt. Nach dem Entwurf der<br />
Architekten Certov, Winkler + Ruck wird der denkmalgeschützte Haerdtl-Bau, der bereits<br />
seit Februar 2019 für den Umbau geschlossen ist, saniert. Über dem Gebäude schwebend<br />
entsteht hier voraussichtlich bis Herbst 2023 ein zweigeschossiger Neubau. Damit steht<br />
dem Museum in Zukunft mit einer Nettonutzfläche von 12.000 Quadratmetern eine fast<br />
verdoppelte Fläche zur Verfügung. Auch der Eingangsbereich wird mit einem großzügigen<br />
Pavillon und einer öffentlich zugänglichen Terrasse neu gestaltet. Mit der Baustelleneinrichtung<br />
und den ersten baulichen Maßnahmen wird bereits im Juli begonnen. Nach<br />
einer veranschlagten Bauzeit von drei Jahren rechnet der Bauherr mit einer Eröffnung des<br />
neuen Wien Museums im Herbst 2023.<br />
Baukostenindex Mai 2020<br />
Kostenrückgang<br />
Sinkende Baukosten verzeichneten im<br />
Vorjahresvergleich alle Bausparten des<br />
Tiefbaus im Mai 2020. Der Index für den<br />
Straßenbau erreichte 106,3 Punkte und<br />
lag damit um 3,2 Prozent unter dem Wert<br />
von Mai 2019 (-0,3 Prozent im Vergleich zu<br />
April 2020). Der Brückenbau hielt bei<br />
107,8 Indexpunkten, die Kosten fielen somit<br />
um 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat,<br />
stiegen aber um 0,4 Prozent<br />
zum Vormonat. Die Kosten für den Siedlungswasserbau<br />
(108,3 Punkte) sanken um<br />
0,6 Prozent gegenüber Mai 2019 und stiegen<br />
im Vergleich zu April 2020 um 0,5<br />
Prozent. Diese Entwicklung ist auf die<br />
neuen Kollektivvertragsabschlüsse einiger<br />
baurelevanter Branchen zurückzuführen.<br />
Parallel zu 2019 sind die Lohnkosten<br />
für die Gesamtbaukosten sowie die Baumeisterarbeiten<br />
um jeweils 2,3 Prozent gestiegen.<br />
Allerdings werden die höheren<br />
Lohnkosten durch den Rückgang der Kosten<br />
einiger Warengruppen im Gesamtergebnis<br />
abgeschwächt.<br />
Geplante Fertigstellung bis Ende September<br />
Schwimmende Gärten<br />
Vor Jahren angekündigt, erfolgte kürzlich der Baustart für die schwimmenden Gärten<br />
am Donaukanal. Die neue Freizeitoase soll im Bereich der Kaiserbadschleuse entstehen.<br />
Im Zuge der Realisierung wird die historische Wehranlage im Bereich der U-Bahn Station<br />
Schottenring mit Überplattungen umgestaltet. Hier soll eine neue Verbindung zwischen<br />
der Donakanal-Promenade und der bisher nicht benutzbaren Konstruktion geschaffen<br />
werden. In Zukunft werden dann 1.484 Quadratmeter Nutzfläche kostenlos zur Verfügung<br />
stehen. Strenge Sicherheitsauflagen und der Denkmalschutz der Schleuse gelten als besondere<br />
Herausforderungen der Umgestaltung. Angekündigt wurden Holzdecks, Pflanztröge<br />
mit Stauden- und Gräserbepflanzungen und Sitz- und Liegemöglichkeiten am Wasser.<br />
Die Begrünung soll an Hitzetagen auch zur Abkühlung der Umgebung beitragen. „Da<br />
gerade in diesem Abschnitt des Donaukanals kaum Grün-, sondern viele Betonflächen das<br />
Bild prägen, sollen nun bewusst neue Grün- und damit attraktive Aufenthaltsräume geschaffen<br />
werden“, so Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ). Gestartet wird zunächst mit der<br />
Baustelleneinrichtung, dann wird es zu Abbrucharbeiten am Vorkai und auf der Schleuse<br />
für Brückenlager kommen. 3,5 Millionen Euro Baukosten umfasst das Projekt für die Chill-<br />
Area am Donaukanal. Die Wehr Kaiserbad war bis 1945 in Betrieb. Am Ende des Weltkrieges<br />
wurde die Wehranlage zerstört. Teile der Kammerschleuse sowie die Schleuseninsel<br />
bestehen bis heute und werden nun im Zuge des Projekts „Schwimmende Gärten“ für alle<br />
begehbar und nutzbar gemacht. Die geplante Fertigstellung des Projekts soll Ende September<br />
erfolgen.<br />
28-Millionen-Schulprojekt<br />
Großumbau<br />
Die Bundesimmobiliengesellschaft<br />
(BIG), saniert und erweitert um rund 28<br />
Millionen Euro das Konrad Lorenz Gymnasium<br />
in der Gärtnergasse 5-7 in Gänserndorf.<br />
Mit der Planung beauftragt wurde das<br />
Architektenbüro Franz und Sue. Der Neubau<br />
mit zentraler, stockwerkübergreifender<br />
Aula soll als Begegnungsraum und Bindeglied<br />
fungieren. Im Zuge der Bauarbeiten<br />
werden die bestehenden Klassentrakte sowie<br />
das Bibliotheksgebäude abgebrochen.<br />
Nach Fertigstellung verfügt die Schule über<br />
mehrere Außenanlagen. Im Eingangsbereich<br />
verbindet ein Vorplatz mit Sitzelementen,<br />
Pergola und Mikrospielflächen<br />
das Gymnasium mit dem angrenzenden<br />
Regionalbad. Die Bepflanzung mit verschiedenen<br />
Baumarten sorgt für zusätzliche<br />
Begrünung. Die Fertigstellung soll im<br />
Frühjahr 2022 erfolgen.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
31
Rubrik Unternehmen & Projekte<br />
Rigips Window Planline<br />
Mehr Licht im Innenbereich<br />
Tageslicht in Innenräumen sorgt nicht nur für ein gutes Arbeitsklima,<br />
sondern hilft auch bei der raschen Genesung von Patienten. So wurde<br />
beispielsweise bei der Gestaltung des Hauses C der Uniklinik St. Pölten<br />
Wert auf großzügige Glasflächen an der Fassade und im<br />
Innenbereich gelegt. Hier kam die Rigips Window Planline zum Einsatz.<br />
Die Vorteile: absolute Flächenbündigkeit mit den tragenden Gipskarton-Ständerwänden,<br />
unsichtbaren Rahmen und Verschraubungen<br />
und eine daraus resultierende filigrane Optik. Die Fixverglasung ist<br />
hermetisch versiegelt, sodass sich kein Staub oder andere Verunreinigungen<br />
an den Randflächen absetzen kann. Das ist der Hauptgrund,<br />
weshalb die Rigips Window Planline explizit in vielen Ausschreibungen<br />
von Krankenhäusern, Labors, Gesundheitseinrichtungen und im hochwertigen<br />
Bürobau gefordert wird.<br />
Baustellensicherheit<br />
Messtechnik<br />
Für die Sicherheit auf der Baustelle im<br />
Parlament sorgt das in Bad Vöslau ansässige<br />
Startup DocTec von Johannes Schabauer.<br />
Das Startup entwickelt Sensoren für die<br />
Baustellenüberwachung, die präzise<br />
Messdaten, ausgeklügelte Auswertungen<br />
sowie verlässliche Alarmierungen in Echtzeit<br />
garantieren. Nach erfolgreicher<br />
Marktpositionierung im Jahr 2018, liegt<br />
nun der Fokus auf der Intergration von<br />
speziellem Know-how.<br />
BMD Softwarelösungen<br />
Mehr Effizienz am Bau<br />
„Ressourcen-Verschwendung am Bau muss nicht sein“, lautet<br />
das Credo des BMD Bausoftwareexperten Gerhard Poschinger.<br />
Kein Wunder also, dass die Softwarelösungen von BMD<br />
nicht nur Zeit, sondern auch Kosten sparen. Die Software erfasst<br />
sämtliche Daten von der Baustellenorganisation bis hin<br />
zur Nachkalkulation der Baustelle. So verfügen die Nutzer<br />
über einen einheitlichen Wissenstand und behalten den Überblick.<br />
Mit dieser BMD Baustellen-Stammdatenlage können<br />
bereits den Dokumenten Aufgaben oder Termine zugeordnet<br />
werden werden, damit ein elektronischer Baustellenakt entsteht.<br />
Hier werden sämtliche Dokumente wie Angebote, Aufträge,<br />
Lieferscheine oder Mahnungen vollautomatisch der Baustelle<br />
bezehungsweise dem Kunden zugeordnet. Angefangen von<br />
E-Mails, Fotos, aber auch CAD-Entwürfen, bis hin zu gescannten<br />
Dokumenten, kann alles im BMD Dokumentenmanagement<br />
einfach archiviert werden. Eine weitere Option ist die Überleitung<br />
aus der Ausschreibungssoftware „Auer-Success“ in das Angebotswesen.<br />
Nach erfolgter Beauftragung des Bauvorhabens<br />
lassen sich Projektpläne mit einzelnen Bauphasen und Meilensteinen<br />
definieren. Auch die Baustellenzeiterfassung lässt sich<br />
bequem in der BDM Cloud speichern. Die Mitarbeiter selbst können<br />
ihre Arbeitszeiten via App aufzeichnen. Die Verwaltung der<br />
Geräte lässt sich mittels BMD Verleih organisieren. Die Ausgabe<br />
der Geräte kann mittels eigenen Ausgabescheinen oder mit Material-Lieferscheinen<br />
erfolgen. Die Belastung der Baustellen mit<br />
den Verleihkosten wird automatisch durchgeführt und kann jederzeit<br />
in der Baustellennachkalkulation ausgewertet werden.<br />
Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig<br />
Seit Mai 2020 hat der Ziegelhersteller<br />
Wienerberger mit Michael<br />
Harry einen neuen Vertriebsleiter<br />
für den Bereich DACH.<br />
Milan Zahradnik freut sich über<br />
die Beteiligung seines PropTechs<br />
Proster am Pi Labs Accelerator<br />
Program.<br />
Eine berührungslose Check-In-<br />
Lösung für Besucher bietet<br />
Proxyclick-CEO Gregory<br />
Blondeau.<br />
News Ticker<br />
Intelligente Fußbodenheizung: Der Smart Climate Comfort Floor von Dimplex ermöglicht eine schnelle und einfache<br />
Montage. Right-to-plug-Regelung: Bisher mussten alle Bewohner dem Einbau der E-Ladestation in der hauseigenen<br />
Garage zustimmen. Diese Einstimmigkeit soll nun ab Herbst fallen. Ein Entwurf für eine Gesetzesänderung wird vorbereitet.<br />
Fotos: untermStrich, Bosch, Delta, Frauenhofer IGD, Rigips/Kelemen, Trimmel Wall Architektur, Wienerberger Österreich GmbH, Propster,<br />
32 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Praxis & Lösungen<br />
Digital Data Environment<br />
Datenpool-App von Delta<br />
Mit dem Datenpool wird nicht nur eine<br />
innovative Software angeboten, sondern<br />
zusätzlich auch das Projektmanagement<br />
Know-how aus mehr als 40 Jahren erfolgreicher<br />
Projektabwicklung der DELTA<br />
Gruppe. Ab sofort steht der Datenpool den<br />
Benutzern auch als praktische App zur Verfügung<br />
und kann jederzeit und überall –<br />
egal ob auf der Baustelle oder im Büro –<br />
ganz einfach auf dem Smartphone abgerufen<br />
werden: alle Projektdaten inklusive.<br />
Die Datenpool App kann vom App Store für<br />
die Betriebssysteme iOS und Android heruntergeladen<br />
werden. Mit der neuen App<br />
wird es möglich, über das Smartphone direkt<br />
auf Datenpool-Projekte zuzugreifen<br />
und Informationen abzurufen. Dem Nutzer<br />
wird es außerdem ermöglicht, schnell und<br />
einfach alle benötigten Dokumente zu finden.<br />
Die App verfügt über Funktionen wie<br />
die Freigabe von Workflows, das Versenden<br />
und Empfangen von Nachrichten.<br />
Zählerstand selbst ablesen<br />
Online-Tool<br />
Aufgrund der COVID-19-Pandemie<br />
änderte die österreichische Bundesregierung<br />
im April 2020 zahlreiche gesetzliche<br />
Rahmenbedingungen wie etwa<br />
das Heizkostenabrechnungsgsetz.<br />
Ziel war es, Verbrauchsdatenablesungen<br />
durch externes Fachpersonal kurzfristig<br />
zu beschränken, damit die Ansteckungsgefahr<br />
der Bewohner sowie<br />
des Ablesepersonals minimiert wird.<br />
Um die Kunden optimal dabei zu unterstützen,<br />
entwickelte das PropTech Symvaro<br />
in kürzester Zeit ein eigenes Online-Portal.<br />
Darin konnten alle Techem<br />
Kunden ihre Werte der Wärme- und<br />
Kältezähler, Warm- und Kaltwasserzähler<br />
sowie Heizkostenverteiler zur Abrechnungserstellung<br />
online bekannt<br />
geben. Die Zusammenarbeit mit Symvaro<br />
erklärt Bernd Markt, Head of Sales<br />
& Marketing der Techem Messtechnik<br />
folgendermaßen: „Wir kannten ihr<br />
Leistungs portfolio und waren uns sicher,<br />
nach einer gemeinsamen Weiterentwicklung<br />
die Lösungen am Markt<br />
einsetzen zu können.“<br />
Frauenhofer IGD entwickelt Software<br />
Vernetzte Sensoren<br />
Das Frauenhofer-Institut für Graphische Datenverabreitung (IGD) hat eine<br />
Software entwickelt, die im Bereich Smart Living weg von Einzellösungen<br />
hin zu einem vernetzten System geht. Verschiedene Sensoren werden miteinander<br />
vernetzt und können so Situationen im häuslichen Umfeld erkennen<br />
und entsprechende Aktionen durchführen. Diese Innovation kann vor<br />
allem in Pflegeeinrichtungen Personal entlasten und Leben retten, aber<br />
auch in Privatwohnungen können die Smart-Living-Technologien problemlos<br />
eingesetzt werden. So erkennt der Controller uCORE mit der Software<br />
uLive über die angeschlossenen<br />
Sensoren verschiedene<br />
vordefinierte Situationen<br />
und löst festgelegte<br />
Aktionen individualisiert<br />
aus. Das System kann jederzeit<br />
optimal auf die individuellen<br />
Bedürfnisse<br />
seines Nutzers angepasst<br />
sowie nachgerüstet werden.<br />
Update für untermStrich x3<br />
Organisationstool<br />
Schon vor Corona stand untermStrich für gute<br />
Handhabung in Home-Office-Situationen. Das aktuelle<br />
Update untermStrich X3 beinhaltet neben einer<br />
Vielzahl von Tools und technischen Neuerungen,<br />
User-Interface Überarbeitung sowie besagte Erleichterungen<br />
für das tagtägliche Arbeitsleben. Eine der<br />
wichtigsten neuen Eigenschaften ist die Möglichkeit,<br />
Honorarnoten flexibel in der Datenbank zu verschieben<br />
und sogar anzugleichen.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
33
Unternehmen & Projekte<br />
Viessmann macht‘s möglich<br />
Die Heizung per Sprachbefehl steuern<br />
Ab sofort lässt sich in wenigen Schritten<br />
Viessmann Alexa Skill aktivieren, um es mit<br />
den gleichnamigen Heizsystemen per<br />
Sprachbefehl via Alexa zu steuern. So kann<br />
anschließend nicht nur die Heizkreis- und<br />
Raumtemperatur angepasst werden, auch<br />
die Außentemperatur lässt sich problemlos<br />
abfragen. Im Amazon-Skill-Store stehen<br />
zum Start gleich zwei kostenlose Services<br />
zur Verfügung: Viessmann Basic und Viessmann<br />
Costum. Viessmann Basic ist der<br />
Alexa-Standard-Skill. Dieser besteht aus<br />
vorgegebenen Befehlen für Heiz- und Klimasysteme,<br />
mit dem sich beispielsweise die<br />
Soll- und Ist-Temperaturen abfragen lassen.<br />
Zusätzlich können sich Temperaturen einfach<br />
einstellen lassen. Der Alexa-Skill Viessmann<br />
Coustum geht einen Schritt weiter: er<br />
ist benutzerdefiniert. So bietet er die gleichen<br />
Funktionen wie der Alexa-Standard-<br />
Skill, darüber hinaus sind weitere individuelle<br />
Sprachbefehle und Variationen in der<br />
Reihenfolge der Wörter innerhalb des<br />
Sprachbefehls möglich. Dieser Skill wird<br />
weiterentwickelt und um Funktionen für Lösungen<br />
des gesamten Viessmann Portfolios<br />
erweitert. Nutzer eines Viessmann Heiz- und<br />
Batterienspeichersystems können somit<br />
Temperaturen steuern und den Autarkiegrad<br />
abfragen.<br />
1917 gegründet wandelt sich Viessmann<br />
kontinuierlich vom Heiztechnikhersteller<br />
zum Lösungsanbieter für den kompletten<br />
Lebensraum und integriert auf Basis der Energiequellen<br />
Produkte und Systeme über<br />
Plattformen und digitale Services.<br />
Sanierung im Wohnbau<br />
Kluger Schutz<br />
Vor allem in den heißen <strong>Sommer</strong>monaten<br />
haben die Bewohner mit hohen<br />
Temperaturen in den eigenen vier Wänden<br />
zu kämpfen. Die Lösung ist für viele<br />
die Anschaffung eines Klimageräts. Diese<br />
belasten jedoch die Umwelt, weshalb<br />
es wichtig ist, bereits bei geplanten Sanierungsarbeiten<br />
entsprechende Maßnahmen<br />
zu setzen. Markisen, Rolläden und<br />
Raffstore sind hier die ökologisch sinnvollste<br />
und gesündeste Wahl. So kann ein<br />
effektiver außenliegender Sonnenschutz<br />
die Temperatur von Innenräumen um<br />
rund zehn Grad kühler halten als im Vergleich<br />
ein Raum mit unbeschatteten<br />
Fesntern. Effektiv ist der Sonnenschutz<br />
dann, wenn er 85 Prozent der Sonneneinstrahlung<br />
vom dahinterliegenden Raum<br />
abhält. Zehn bis 15 Prozent Lichteintrag<br />
sind bei direkter Sonne völlig ausreichend,<br />
um Räume zu belichten. Die Beschattungssysteme,<br />
die vor allem tagsüber<br />
zum Einsatz kommen, lassen sich<br />
heutzutage leicht per Smartphone oder<br />
Tablet regulieren.<br />
Wachstum durch Innovation und Kooperation<br />
Bosch bringt Akku-Allianz<br />
Allein im vergangenen Jahr konnte<br />
Bosch Power Tools seinen Umsatz um drei<br />
Prozent auf 4,8 Milliarden Euro steigern.<br />
Das Unternehmen bringt innerhalb eines<br />
Jahres bis zu 100 Innovationen auf den<br />
Markt. Nun geht Bosch Power Tools einen<br />
weiteren Schritt und öffnet sich gegenüber<br />
anderen Herstellern bezüglich der Verwendung<br />
von Akkus und Ladegeräten. Künftig<br />
können mit ein und demselben 18 Volt-Akku<br />
sowohl Elektrowerkzeuge, Gartengeräte<br />
und Haushaltsgeräte von Bosch als auch<br />
Produkte der Marken Gardena, Emmaljunga,<br />
Gloria, Wagner und Rapid betrieben<br />
werden. So sparen Verwender beim Kauf<br />
von Produkten der Allianz künftig nicht<br />
nur Geld, sondern auch Platz und Zeit.<br />
Bosch selbst baut das Akku-Segment bis<br />
2022 um 100 Geräte aus und bringt damit<br />
mehr Akku-Geräte als jemals zuvor innerhalb<br />
von zwei Jahren auf den Markt. Der<br />
Anteil kabelloser Elektrowerkzeuge wird<br />
innerhalb der nächsten drei Jahre von 60<br />
auf 80 Prozent steigen.<br />
34 BauTecFokus
Kurz & Bündig > Praxis & Lösungen<br />
Traumhafter Ausblick für Alt- und Neubauwohnungen<br />
Innovative Fenster-Schiebelemente<br />
Perfekte Fensterlösungen im Alt- und<br />
Neubau sind dank innovativer Schiebeelemente<br />
von Hacksteiner-Metall aus Faistenau<br />
bei Salzburg möglich. Gleich sechs<br />
AXAAR-Elemente wurden in eine Wiener<br />
Altbauwohnung in der Nähe des Schloss<br />
Schönbrunn eingebaut. Das größte Schiebeelement<br />
ist 5,4 Meter breit und 2,4 Meter<br />
hoch. Die Einbauneigung beträgt 45 Grad.<br />
Die Fensterflügel sind mit einem Motorantrieb<br />
ausgestattet und auch die Beschattung<br />
außen und die Verdunklungsrollos innen<br />
funktionieren per Knopfdruck. Die Innovation<br />
von Hacksteiner-Metall kommt immer<br />
öfter bei Dachgeschoßausbauten zum Einsatz,<br />
da die Systeme großflächig in geneigte<br />
Wände oder Dachflächen eingesetzt werden<br />
können. Besonders beliebt sind die Anfertigungen<br />
in historischen Altstädten. So werden<br />
die AXAAR-Elemente individuell angefertigt<br />
und beziehen bei der Produktion<br />
Wärme schutz, Schallschutz, Luftdurchlässigkeit,<br />
Windwiderstand sowie Schlagregen<br />
dichtheit mit ein. Stadardmäßig werden<br />
hoch isolierende Gläser eingebaut.<br />
Zudem werden Zugluft, Kondensat und Kältestrahlung<br />
in Kombination mit den wärmegedämmten<br />
Rahmen optimiert. Für noch<br />
mehr Lebensqualität sorgt der hohe Lichteinfall<br />
durch die Schiebeelemente. Mit<br />
AXAAR hat Hacksteiner-Metall ein wärmegedämmtes<br />
Schiebesystem entwickelt, das<br />
weltweit gefragt ist. So haben die AXAAR-<br />
Systeme außerdem auch eine Zertifizierung<br />
für den Einbau im amerikanischen, britischen<br />
und asiatischen Raum. Seit 2006<br />
führt Wilhelm Rinnerthaler als Geschäftsführer<br />
das Unternehmen.<br />
Hohe Effizienz<br />
Abgasnutzung<br />
Die neuen Dampf-Luftbefeuchter von<br />
Condair erleichtert nicht nur die Installation,<br />
sondern bedürfen auch geringer Investitionskosten.<br />
Bei den mit Erdgas beheizten<br />
Dampf-Luftbefeuchtern der<br />
Baureihe GS von Condair dürfen bei der<br />
Dampferzeugung entstehenden Abgase<br />
der Gebäudeabluft zugegeben und ins<br />
Freie abgeführt werden. Dadurch entfällt,<br />
wie bislang gefordert, die Abführung<br />
der Brenngase über einen separaten<br />
Schornstein. Gleichzeitig kann die darin<br />
enthaltene Wärme zurückgewonnen und<br />
zur Beheizung verwendet werden.<br />
Gleichzeitig lassen sich mit dem Dampf-<br />
Luftbefeuchter der Serie Condair GS aktuelle<br />
und historische Betriebsdaten sowie<br />
Störungs- und Wartungsmeldungen<br />
anzeigen und weiterleiten.<br />
GARANTIERT ZUKUNFTSORIENTIERT.<br />
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<strong>Sommer</strong> 2020 35<br />
Ing. Manuela Foltyn, Kalkulantin
Rubrik<br />
Aufsteiger<br />
Absteiger<br />
Zwanzig Jahre<br />
internationale Erfahrung<br />
Branchenprofi. Mike Bucher übernimmt als Vorstandsvorsitzender die Gesamtverantwortung der<br />
internationalen Schöck Gruppe und legt seinen Fokus auf die strategische Ausrichtung, den nationalen und<br />
internationalen Vertrieb sowie das Marketing.<br />
1 1999<br />
Mike Bucher steigt in die Baustoffbranche<br />
ein und zeichnet sieben Jahre lang als Export<br />
Leiter für die Creaton verantwortlich. Der diplomierte<br />
Betriebswirt hatte zuvor das Studium<br />
Medien- und Kommunikationswirtschaft an<br />
der dualen Hochschule Baden-Württemberg<br />
abgeschlossen, diesem folgte ein Master in<br />
Wirtschaftsrecht an der HFH Hamburger Fern-<br />
Hochschule.<br />
4 2018<br />
Im Jänner 2018 übernimmt Bucher die Geschäftsführung<br />
von Wienerberger Ziegelindustrie.<br />
Freiberuflich ist er als Beirat der MD-<br />
Holding tätig.<br />
5<br />
2 2006<br />
Mit dem Sprung zu Geze gelingt der Wechsel<br />
in die Architekturbranche. Bucher übernimmt<br />
für vier Jahre die Geschäftsführung.<br />
4<br />
MIKE BUCHER<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
Schöck Gruppe.<br />
2<br />
3<br />
1<br />
3 2010<br />
Bucher bleibt der Architekturbranche treu<br />
und avanciert zum Geschäftsführer von Prefa<br />
Aluminiumprodukte. Acht Jahre lenkt er das<br />
Unternehmen zum Erfolg.<br />
5 2020<br />
Bucher übernimmt als CEO die Gesamtverantwortung<br />
der internationalen Schöck Gruppe,<br />
diese erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr<br />
2019 einen Umsatz von 202 Millionen Euro<br />
und überschritt die 1.000 Mitarbeiter-Grenze.<br />
36 BauTecFokus
Projekt<br />
imFokus<br />
Fotos: SHoP/BVN Architects<br />
2025<br />
Der weltweit höchste Turm in Holz-Hybridbauweise<br />
soll nahe dem Hauptbahnhof in<br />
Sydney errichtet werden. Auftraggeber ist<br />
dabei das Softwareunternehmen Atlassian,<br />
das mit seinem neuen Headquarter ein Statement<br />
setzen will. Der Baubeginn ist mit 2021<br />
geplant, fertig soll der Hybrid 2025 sein.<br />
25.000<br />
Das Gebäude soll dem Viertel,<br />
in dem es gebaut wird, neuen<br />
Schwung verleihen. Rund<br />
25.000 neue Arbeitsplätze<br />
werden dort geschaffen, um<br />
die Attraktivität des Standorts<br />
zu erhöhen.<br />
4.000<br />
Die derzeit 4.000<br />
Mitarbeiter von Atlassian<br />
finden im neuen Headquarter<br />
ideale Arbeitsbedingungen<br />
vor, 2.500<br />
Arbeitsplätze sollen<br />
zusätzlich geschaffen<br />
werden.<br />
40<br />
Die 40 Holz-Geschosse des<br />
Turms sollen von einem Stahlskelett<br />
getragen und mit einer<br />
Stahl-Glas-Fassade versehen<br />
werden. Die Höhe wird um<br />
die rund 180 Meter betragen.<br />
Im Hybrid wird auf natürliche<br />
Ventilation gesetzt. Großzügig<br />
bepflanzte Terrassen sowie<br />
Selbstbeschattungselemente<br />
und Solarpaneele in der Fassade<br />
produzieren nachhaltige Energie<br />
direkt vor Ort.<br />
100<br />
Großen Wert legt Atlassian auf<br />
die Energieeffizienz des Hybriden.<br />
Für den Betrieb sollen 100 Prozent<br />
erneuerbare Energien genutzt<br />
werden, eine Netto-Nullemission<br />
wird angestrebt.<br />
50<br />
Geplant ist ein um 50 Prozent geringerer Energieverbrauch<br />
gegenüber herkömmlichen Gebäuden dieser Größe. Verglichen<br />
mit konventionellen Bauweisen soll die Errichtung in Hybridbauweise<br />
eine CO 2<br />
-Einsparung von rund 50 Prozent ermöglichen.<br />
2<br />
Zwei Büros wurden für die<br />
Planung des ambitionierten<br />
Vorhabens engagiert.<br />
Mit dem in New York<br />
ansässigen Architektenteam<br />
SHoP und dem<br />
australischen Architekturbüro<br />
BVN wurden zwei innovative<br />
Weltmarktführer<br />
zusammengespannt, um<br />
die Vision von Atlassian<br />
umzusetzen.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
37
Rubrik<br />
Top Deal<br />
600 Millionen Euro-<br />
Streit beigelegt<br />
Kölner Stadtarchiv-Einsturz. Nach elf Jahren kommt es zwischen der Arbeitsgemeinschaft aus Bilfinger,<br />
Wayss & Freytag Ingenieurbau und Strabag-Tochter Ed. Züblin und der Stadt Köln zu einer außergerichtlichen<br />
Einigung. Die großen Verlierer sind die Versicherer.<br />
M<br />
it dem Vergleich schließt sich<br />
der Akt um das Projekt Nord-<br />
Süd-Stadtbahn Köln und<br />
damit um eine der größten<br />
Baukatastrophen der deutschen Nachkriegsgeschichte.<br />
Das Archivgebäude in der Kölner<br />
Südstadt war am frühen Nachmittag des 3.<br />
März 2009 bei U-Bahnbauarbeiten in eine<br />
riesige unterirdische Baugrube gestürzt und<br />
hatte zwei Nachbarhäuser mit in die Tiefe gerissen.<br />
In einem dieser Häuser kamen zwei<br />
junge Männer ums Leben, insgesamt 30 Regalkilometer<br />
Archivgut wurden verschüttet. Mit<br />
der Zahlung von insgesamt 600 Millionen Euro<br />
seitens der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) werden<br />
alle Forderungen der Stadt Köln und der Kölner<br />
Verkehrs-Betriebe abgegolten. Im Rahmen der<br />
Vergleichsvereinbarung wurde die ARGE zur<br />
Sanierung, sowie zur erweiterten Rohbaufertigstellung<br />
des Gleiswechselbauwerks, inklusive<br />
des integrierten Hohlraums für eine spätere<br />
Gedenkstätte, auf eigene Kosten verpflichtet.<br />
Versicherer zahlen<br />
„Angesichts der überaus komplexen Thematik<br />
der Schadensursache, die alle Beteiligten<br />
nun bereits seit mehr als 11 Jahren beschäftigt<br />
und wohl auch noch weitere 10-15 Jahre beschäftigt<br />
hätte, und nach intensiver Abwägung<br />
aller Optionen, halten wir die erzielte<br />
Einigung für sinnvoll – nicht nur für alle<br />
Projektbeteiligten, sondern auch für unsere<br />
Anteilseigner,“ erklärt Thomas Birtel, Vorstandsvorsitzender<br />
der Strabag. „Es ist an<br />
der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen und<br />
sich auf die anstehenden Herausforderungen<br />
in diesen schwierigen Zeiten zu konzentrieren.<br />
Dennoch bleibt der 3. März 2009 ein<br />
zutiefst tragischer Tag, den wir nie vergessen<br />
werden.“ Auf den Strabag-Konzern entfallen<br />
anteilsgemäß 200 Millionen Euro der<br />
Vergleichssumme. Aufgrund der Versicherungsdeckung<br />
sowie entsprechender Risikovorsorge<br />
bleibt die Ergebnisschätzung des<br />
börsenotierten Konzerns für das Geschäftsjahr<br />
2020 von der Einigung unberührt. Auch<br />
Bilfinger gibt an, dass die auf das Unternehmen<br />
entfallenden Zahlungen in Höhe von<br />
200 Millionen Euro vollständig durch die<br />
Versicherer abgedeckt werden. Insgesamt<br />
hatte die Stadt Köln eine Schadenssumme<br />
von 1,3 Milliarden Euro veranschlagt. Im<br />
Jahr 2009 erhielt die Stadt von der Provinzial<br />
Rheinland 61,5 Millionen Euro an Versicherungsleistung.<br />
Schonung von Zeit und Ressourcen<br />
Durch die Einigung kann ein weiterer langjähriger<br />
Rechtsstreit über die Schadensursache<br />
und -höhe mit Bindung von materiellen<br />
und personellen Ressourcen vermieden<br />
werden. In den zurückliegenden elf Jahren<br />
haben sich die Untersuchungen zur Einsturzursache<br />
fast ausschließlich auf eine<br />
Fehlstelle in der Schlitzwand konzentriert.<br />
Ursprünglich waren für die Erforschung dieses<br />
Szenarios nur zwei Jahre vorgesehen. Die<br />
anderen relevanten Verdachtsstellen waren<br />
für eine zweifelsfreie Ursachenforschung<br />
bisher nicht tiefgehend genug untersucht<br />
worden. Daher gilt bei diesem technisch<br />
höchst komplexen Thema für die ARGE nach<br />
wie vor, dass die Ursache nicht abschließend<br />
geklärt ist.<br />
Stillstand beenden<br />
Auch um weitere Verzögerungen zu vermeiden,<br />
hat die ARGE trotz der nicht vollständigen<br />
Aufklärung der Schadensursache einer<br />
Beendigung der Erkundungen zugestimmt.<br />
Dies nicht zuletzt, um auf diesem Wege einen<br />
Beitrag zum Stadtfrieden zu leisten und<br />
den Stillstand am Waidmarkt zu beenden.<br />
Damit sind nun die Voraussetzungen für<br />
die Sanierung und Fertigstellung des Gleiswechselbauwerks<br />
sowie die Vollendung der<br />
U-Bahnlinie geschaffen und den Bewohnern<br />
Kölns kann in absehbarer Zeit eine durchgängige<br />
U-Bahnlinie zur Verfügung gestellt<br />
werden.<br />
38 BauTecFokus
Green Deal:<br />
Fluch oder Segen<br />
10. Kongress der IG Lebenszyklus Bau. Strategien für eine nachhaltige Stadt-, Raum- und<br />
Gebäudeentwicklung in Österreich und in der Europäischen Union.<br />
F<br />
ür die Bau- und Immobilienwirtschaft<br />
steht 2020 im Zeichen von Klimawandel<br />
und den Folgen der Corona-<br />
Pandemie. Während vor allem die<br />
Auswirkungen der Corona-Pandemie für viele<br />
Branchenmitglieder und Bauherren eine gigantische<br />
Herausforderung darstellen, eröffnen<br />
New-Work-Modelle verstärkt ein notwendiges<br />
digitales und integrales Arbeiten. Dieses neue<br />
Arbeiten fördert ein interdisziplinäres Denken,<br />
Planen und Umsetzen sowie eine neue Transparenz<br />
auf die nachhaltige Gebäude-, Raum- und<br />
Stadtplanung.<br />
Intensiver Austausch<br />
Der 10. Kongress der IG Lebenszyklus Bau<br />
am 20. Oktober 2020 dient dem intensiven<br />
Austausch zwischen nationaler und internationaler<br />
Politik, Bauherren und Vertretern der<br />
Bau- und Immobilienbranche und greift die<br />
Themen rund um Mobilität, Vernetzung und<br />
Verknappung als wesentliche Faktoren im<br />
Hinblick auf den europäischen Green Deal auf.<br />
Die IG Lebenszyklus Bau nimmt im Arbeits-<br />
programm sowie mit dem Kongress 2020 die<br />
gesellschaftliche Verantwortung der Bau- und<br />
Immobilienbranche beim Klimaschutz wahr:<br />
Die Arbeitsgruppen des Vereins, zu denen führende<br />
Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft,<br />
Forschung und Politik zählen, erörtern, diskutieren<br />
und entwickeln Problemstellungen und<br />
innovative Strategien und Lösungsansätze.<br />
Innovationsschübe nach Corona<br />
Wie eröffnen New-Work-Modelle neue Perspektiven<br />
für Klimaschutz und Digitalisierung?<br />
Was sind die Grundlagen einer zukunftsfähigen<br />
Gesellschaft? Klimaschutz und New<br />
Economy? Ein Widerspruch? Wie tragen<br />
Gebäude zum nachhaltigen Klimaschutz bei?<br />
Der europäische Green Deal und seine Rahmenbedingungen:<br />
Fluch oder Segen? Wie<br />
planen, bauen, finanzieren und betreiben wir<br />
bis 2040? Nachhaltig durch Verzicht oder<br />
nachhaltig durch technologische Innovation?<br />
Mit diesen Fragen beschäftigen sich am 20.<br />
Oktober im Rahmen des 10. Kongresses der<br />
IG Lebenszyklus Bau rund 20 hochkarätige<br />
Speaker in Keynotevorträgen, Diskussionen<br />
und Arbeitsergebnispräsentationen, darunter<br />
ein hochrangiger Vertreter der Europäischen<br />
Kommission, der frühere weltweite Kampagnendirektor<br />
von Greenpeace, Wolfgang<br />
Pekny, Jürgen Schneider (Sektionschef im<br />
Bundesministerium für Klimaschutz), Roland<br />
Bechmann (Vorstandsmitglied der Werner<br />
Sobek AG), Christoph M. Achammer (ATP architekten<br />
ingenieure), Klaus Reisinger (iC consulenten),<br />
Brigitte Karigl (Umweltbundesamt),<br />
Tim Schabert (KPMG), Walter Hammertinger<br />
(Value One), Berthold Lindner (Heid & Partner<br />
Rechtsanwälte), Erich Thewanger (KPMG),<br />
Wolfgang Kradischnig (DELTA), Karl Friedl<br />
(M.O.O.CON), u.v.m …<br />
Der Kongress richtet sich an innovative Bauherren,<br />
Projektentwickler und Stadtplaner<br />
und weitere Vertreter der Bau- und Immobilienbranche.<br />
Der Termin verspricht intensives<br />
Networking mit rund 200 Teilnehmern, Zukunftstrends<br />
und topaktuelle Branchennews.<br />
www.ig-lebenszyklus.at/kongress2020<br />
Foto: Leo Hagen/IG Lebenszyklus Bau: Kongress der IG Lebenszyklus Bau<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
39
Rubrik<br />
Problemlöser<br />
ImFokus<br />
Harri<br />
Majala<br />
Firmengründer<br />
GBuilder<br />
1. DAS PROBLEM<br />
In der Verkaufs- und Bemusterungsphase müssen<br />
sich Kunden oft basierend auf nichtssagenden<br />
Beispielbildern oder eindimensionalen Grundrissen<br />
für Material- und Ausstattungsoptionen entscheiden.<br />
Für Projektentwickler und Ausführende fallen dabei<br />
mühsame Material- und Mengenkalkulationen, die<br />
Erstellung von Raumbüchern und Verträgen, sowie<br />
zeitintensive Abstimmungsprozesse an.<br />
© GBuilder<br />
2. DIE LÖSUNG<br />
Die finnische Software GBuilder verwandelt CAD-<br />
Dateien in interaktive 3D-Modelle in hoher Auflösung<br />
und ermöglicht den Kunden das digitale und<br />
interaktive Besichtigen, Bemustern und Möblieren im<br />
exakten 3D-Modell. In Echtzeit können das Aussehen<br />
sowie die Kosten von verschiedenen Material- und<br />
Ausstattungsoptionen verglichen und unterschiedliche<br />
Möblierungen ausprobiert werden. Das System<br />
funktioniert auf jedem gängigen Gerät mit Internetverbindung.<br />
Wohnungen und Häuser können<br />
so samt Ausstattungsangebot in hoher Detailtreue<br />
und unabhängig vom Baufortschritt präsentiert<br />
werden. Sonderwünsche werden sofort vom System<br />
transparent angegeben und kalkuliert, der für Projektentwickler<br />
oft sehr individuelle Freigabeprozess<br />
mit verschiedenen Partnern und Ausführenden wird<br />
vom Tool unterstützt. Zusätzlich können auch Mängel<br />
mit dem GBuilder verwaltet werden. Durch die<br />
Automatisierung von Datenverwaltung und Abläufen<br />
werden signifikant Kosten und Zeit gespart, Fehler<br />
vermieden und der Gewinn bei Ausstattungs- und<br />
Materialauswahl gesteigert.<br />
2020<br />
DIE ZAHL<br />
GBuilder wurde vom<br />
Bauunternehmer Harri<br />
Majala 2012 in Finnland<br />
entwickelt. Mit dem<br />
Einsatz bei großen skandinavischen<br />
Projektenwicklern<br />
wie Skanska,<br />
Bonava und YIT wagt<br />
sich das Unternehmen<br />
in weitere Märkte vor<br />
und möchte in England,<br />
Tschechien und der<br />
Slowakei Marktanteile<br />
gewinnen. 2020 gehen<br />
erste Projekte in Österreich<br />
und Deutschland<br />
an den Start.<br />
40 BauTecFokus
Advertorial<br />
Hotel- und<br />
Freizeitimmobilien<br />
„Buy to Let“-Modelle aus steuerlicher Sicht.<br />
G<br />
emeinden möchten sogenannte<br />
„kalte“ Betten vermeiden. Immobilieninvestoren<br />
wünschen<br />
sich höhere Renditen als mit der<br />
klassischen Vorsorgewohnung. Buy to Let-<br />
Modelle können im besten Fall beide Erwartungen<br />
erfüllen. In diesem Modell erwirbt der<br />
Anleger eine Freizeitimmobilie und überlässt<br />
diese im Anschluss an einen Betreiber, welcher<br />
die kurzfristigen Vermietungen an Touristen<br />
übernimmt. Aus steuerlicher Sicht ist vor allem<br />
auf die Erzielung einer ausreichenden Rendite<br />
zur Gewährleistung des Vorsteuerabzuges zu<br />
achten. Da sich der Mietzins für den Eigentümer<br />
am erwirtschafteten Umsatz bemisst, hängt<br />
der Erfolg dieses Modells insbesondere von der<br />
Auslastung ab.<br />
destens 20 Jahre erfolgt und innerhalb eines<br />
Zeitraumes von 20 Jahren ab Beginn der Vermietung<br />
bzw 23 Jahren ab dem erstmaligen<br />
Anfallen von Aufwendungen ein Gesamtüberschuss<br />
erwartet wird. Andernfalls würde<br />
ein steuerlich unbeachtliches sogenanntes<br />
Liebhabereiprojekt vorliegen.<br />
Natascha Stornig-Wisek,<br />
Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin<br />
bei LeitnerLeitner Wien.<br />
Fotos: prescott09, Matthias Nemmert , studiohorak<br />
Bei Erwerb der Eigentumswohnung fallen<br />
aus steuerlicher Sicht die üblichen Nebenkosten<br />
wie 3,5 % Grunderwerbsteuer und<br />
1,1 % Eintragungsgebühr an. Die Übertragung<br />
von Immobilien ist grundsätzlich von<br />
der Umsatzsteuer befreit. In der Regel wird<br />
für Immobilien im Rahmen des Buy to Let-<br />
Modells seitens des Errichters aber freiwillig<br />
zur Umsatzsteuerpflicht optiert. Dies ist<br />
möglich und sinnvoll, sofern seitens des Käufers<br />
eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug<br />
besteht. Voraussetzung dafür ist, dass eine<br />
umsatzsteuerpflichtige Vermietung für min-<br />
LeitnerLeitner<br />
Wirtschaftsprüfer Steuerberater<br />
Zum Nachweis, dass ein ausreichender Gesamtüberschuss<br />
erzielt wird, empfiehlt sich<br />
die Erstellung einer realistischen Prognoserechnung.<br />
Zeichnet sich später ab, dass aus<br />
der Vermietung kein Gesamtüberschuss erwirtschaftet<br />
werden kann, muss die Vorsteuer<br />
zurückgezahlt werden. Vor diesem Hintergrund<br />
sind iZm dem Buy to Let-Modell insbesondere<br />
die Lage der Eigentumswohnung<br />
und die Wahl eines erfolgreichen Betreibers<br />
ausschlaggebend. Andernfalls werden sich<br />
die vermeintlich hohen Renditen des Buy to<br />
Let-Modells, welche vom Umsatz abhängig<br />
Am Heumarkt 7<br />
A-1030 Wien<br />
Tel: +43 /1/718 98 90<br />
Fax: + 43 /1/718 98 90 - 804<br />
E-Mail: wien.office@leitnerleitner.com<br />
Helene Breit,<br />
Steuerberaterin<br />
bei LeitnerLeitner Wien.<br />
sind, nicht einstellen und es droht der Verlust<br />
des Vorsteuerabzugs. Auch wenn die umsatzsteuerpflichtige<br />
Vermietung der Wohnung<br />
vor Ablauf von 20 Jahren beendet wird, um<br />
etwa die Wohnung ausschließlich selbst zu<br />
nutzen (sofern dies rechtlich zulässig ist),<br />
kommt es zu einer aliquoten Rückzahlung der<br />
geltend gemachten Vorsteuern.<br />
Für ausländische Investoren gilt, dass diese<br />
mit den Einkünften aus Vermietung und<br />
Verpachtung in Österreich der beschränkten<br />
Steuerpflicht unterliegen. Gewinne aus einer<br />
Veräußerung der Immobilie unterliegen in<br />
Österreich einer 30 %igen Flat Tax (Immo-<br />
ESt) unabhängig von Behaltefristen. •<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
41
Positionen & Meinungen<br />
54<br />
44<br />
KONSEQUENT EFFIZIENT<br />
Im Coverinterview<br />
erzählt Drees &<br />
<strong>Sommer</strong>-Geschäftsführer<br />
Georg<br />
Stadhofer über den<br />
Green Deal, Energieeffizenz<br />
und Contracting.<br />
Und<br />
warum an BIM<br />
keiner vorbeikommt.<br />
EINE GRENZNAHE BAU-<br />
ERFAHRUNG<br />
Geschäftsführer Stefan Graf hat das<br />
Waldviertler Unternehmen Leyrer + Graf<br />
erfolgreich durch die Coronazeit gesteuert<br />
und dabei viel gelernt. In Zu Tisch mit ...<br />
erzählt er, was es bedeutet, ein regionaler<br />
Big Player zu sein.<br />
60<br />
SO HART TRAF ES DIE BAU-<br />
WIRTSCHAFT<br />
Österreichs führende Baumanager blicken auf<br />
die harte Zeit während der COVID-19-Pandemie<br />
zurück, beantworten Fragen hinsichtlich<br />
der Auswirkungen auf das zweite Halbjahr<br />
und wagen einen Ausblick auf 2021.<br />
42 BauTecFokus
LEBENSWELTEN<br />
LINZ-PUNKT<br />
Business- und Wohnviertel, Linz<br />
Foto: Dietmar Tollerian<br />
www.kaufmann.at<br />
Architektur<br />
Generalplanung<br />
Projektsteuerung<br />
Bauleitung<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
43<br />
Projektmanagement
Positionen & Meinungen<br />
Konsequent<br />
effizient<br />
Energiewende. Der frischgebackene IFMA Austria-Präsident<br />
Georg Stadlhofer ist überzeugt: „Der Green Deal und der Umstieg<br />
hin zu einer energieeffizienteren und klimaneutralen Wirtschaft wird<br />
bestimmt viel Geld kosten - ist aber ein Gebot der Stunde.“<br />
Das Gespräch führten: Lisa Grüner und Michael Neubauer<br />
Herzlichen Glückwunsch zur Wahl zum<br />
IFMA Austria-Präsidenten. Spannende<br />
Zeiten. Wie stark hat die COVID-19-Pandemie<br />
die Branche getroffen?<br />
Georg Stadlhofer: Vielen herzlichen Dank! Ich<br />
freue mich schon sehr auf diese spannende<br />
Aufgabe! Facility Management als Sammelbranche<br />
steht in Österreich ja immerhin für<br />
mehr als 200.000 Beschäftigte und einen<br />
Gesamtumsatz von rund 18 Milliarden<br />
Euro. Mit unseren Leistungen erreichen<br />
wir über 2,5 Millionen Kunden und tragen<br />
damit entscheidend zu einem produktiven,<br />
gesunden Arbeitsumfeld in Österreich bei.<br />
Neben diesem klaren Blick auf den Menschen<br />
im Arbeitsprozess, wird der Beitrag des<br />
Immobilien- und Facility Managements zum<br />
Klimaschutz eines meiner zentralen Anliegen<br />
sein. Schließlich verursacht der Betrieb<br />
von Gebäuden rund 30 Prozent aller CO2-<br />
Emissionen!<br />
Und zu COVID-19: Die Krise hat uns natürlich<br />
alle stark gefordert! Die damit zusammenhängenden<br />
Herausforderungen waren und<br />
sind enorm! Oberste Priorität war es dabei<br />
immer, ein sicheres Arbeitsumfeld für alle<br />
Mitarbeiter zu gewährleisten, gleichzeitig<br />
musste der Betrieb von Büroanwesenheit auf<br />
Home-Office und Online umgestellt werden.<br />
Gebäude wurden runtergefahren, Services<br />
angepasst und schließlich wieder sukzessive<br />
hochgefahren. Vor allem unsere Kollegen, die<br />
im Bereich der kritischen Infrastruktur tätig<br />
waren, haben hier großartige Arbeit geleistet!<br />
Wird Facility Management in Zukunft<br />
eine größere Bedeutung zukommen?<br />
Fotos: Michael Hetzmannseder<br />
44 BauTecFokus
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
45
Positionen & Meinungen<br />
„Der europäische<br />
Green Deal ist<br />
ein zentrales<br />
Anliegen der<br />
Europäischen<br />
Kommission.“<br />
Der Gebäudebetrieb wird mit Sicherheit<br />
an Bedeutung gewinnen. Allein vor dem<br />
Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im<br />
Bereich Klimaschutz und Energieeffizienz.<br />
Der europäische Green Deal ist ein zentrales<br />
Anliegen der Europäischen Kommission und<br />
enthält schon sehr konkrete Zielvorstellungen<br />
und Vorgaben – beispielweise Klimaneutralität<br />
bis 2050. Eine wichtige Maßnahme<br />
dafür ist, die jetzige Sanierungsquote von<br />
ungefähr einem Prozent auf drei Prozent<br />
zu heben. Das heißt, nicht nur der Gebäudebetrieb,<br />
aber auch der Gebäudebestand<br />
an sich, für den wir in der Betriebsphase<br />
verantwortlich zeichnen, wird stärker in den<br />
Fokus rücken. Ein energieeffizienter Betrieb<br />
und eine entsprechende Optimierung des<br />
Gebäudebestandes sowie ein schonender<br />
Umgang mit den darin befindlichen Ressourcen<br />
wird mit Sicherheit wichtiger werden.<br />
Ist dies angesichts der leeren Kassen auch<br />
realistisch?<br />
Eine berechtigte Frage. Der Green Deal und<br />
der Umstieg hin zu einer energieeffizienteren<br />
und klimaneutralen Wirtschaft wird<br />
bestimmt viel Geld kosten. Da ist die aktuelle<br />
ökonomische Entwicklung mit Sicherheit<br />
eine zusätzliche, große Herausforderung.<br />
Gleichzeitig bieten sich dadurch jede Menge<br />
Chancen. Auch die aktuellen politischen<br />
Signale zeigen deutlich, dass es gerade für<br />
Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung<br />
Unterstützung geben wird.<br />
Darüber hinaus arbeiten schon heute viele<br />
unserer Mitglieder intensiv an Lösungen<br />
und Ansätzen, um ihre Immobilienbestände<br />
energieeffizienter zu gestalten.<br />
Apropos Effizienz: Ein wichtiger Stellhebel<br />
für die Effizienz im Facility Management sind<br />
die Flächen. Jeder Quadratmeter, der nicht<br />
geplant, gebaut und betrieben werden muss,<br />
schont Ressourcen und Budgets. Um die<br />
Nutzung von Flächen entsprechend effizient<br />
zu gestalten, war das Thema Mobiles Arbeiten<br />
immer schon ein wichtiger Baustein, der<br />
nun durch COVID-19 plötzlich unglaublich<br />
an Bedeutung und Brisanz gewonnen hat.<br />
Auch jene Unternehmen, die bisher diesem<br />
Wunsch der Mitarbeiter eher skeptisch<br />
gegenüber standen, haben in den letzten Monaten<br />
gesehen, dass das Arbeiten zu Hause<br />
funktioniert und die Kollegen, oft unter<br />
großem persönlichem Einsatz, ihre Aufgaben<br />
weiter bravourös erfüllt haben. Zudem hatten<br />
jene Unternehmen, deren Kultur, Systeme<br />
und Prozesse bereits davor Home-Office ermöglichten<br />
und unterstützten, einen Vorteil<br />
im Lockdown. Aus diesem Grund fiel einigen<br />
der Umstieg bedeutend leichter.<br />
Wir sind schon gespannt auf die langfristigen<br />
Auswirkungen dieser Entwicklung<br />
und werden die Diskussion dazu auch mit<br />
einer eigenen Plattform innerhalb der IFMA<br />
Austria, dem Forum Arbeitswelten, breiter<br />
aufstellen und aktiv führen.<br />
Noch einmal kurz zurück zur Energieeffizienz.<br />
Stehen wir vor einem Revival des<br />
Contracting?<br />
46 BauTecFokus
Ich glaube, ja. Auch vor dem Hintergrund<br />
der zuvor angesprochenen leeren Kassen.<br />
Contracting bedeutet ja für den Investor<br />
oder Bauherren, dass seine Anfangsinvestition<br />
geringer ist, da er die Herstellung der<br />
Energieerzeugung und des -betriebs nicht<br />
selbst zahlen muss, sondern dem Contracting-Geber<br />
über die Energiekosten ersetzt.<br />
Im Falle eines Investors können diese dann<br />
sogar über die Betriebskosten an den Mieter<br />
weitergegeben werden.<br />
Contracting ist immer dann hoch im Kurs,<br />
wenn die Energiekosten hoch sind. Ist damit<br />
zu rechnen, dass die Energiekosten<br />
steigen?<br />
Keine leichte Frage. Sicher ist, dass die Kosten<br />
für den Ausstieg aus fossilen Energieträgern,<br />
oder anders formuliert, die Kosten für die<br />
durch Energieverbrauch entstehenden<br />
Klimaschäden in nicht allzu ferner Zukunft<br />
eingepreist werden müssen. Im Gegenzug wird<br />
alles, was klimaneutral ist, begünstigt werden.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
47
Positionen & Meinungen<br />
Welche Rolle wird die fortschreitende Digitalisierung<br />
dabei spielen?<br />
Die Digitalisierung ist neben dem Klimaschutz<br />
das bestimmende Thema in der<br />
Branche. Und das zu Recht! Zwar sind<br />
Gebäude auch bisher nicht ohne Daten und<br />
IT-Systemen wie CAFM (Computer Aided<br />
Facility Management) oder BMS (Building<br />
Management System) vernünftig zu betreiben<br />
gewesen. Durch die Möglichkeiten der<br />
Sensorik, die Vernetzung von Gebäudedaten<br />
und der zunehmenden Intelligenz von<br />
„Dem Smart<br />
Readiness<br />
Indicator (SRI)<br />
gehört die<br />
Zukunft. “<br />
Wenn Sie das<br />
Radio im Auto<br />
aufdrehen,<br />
was läuft?<br />
Spotify<br />
Welches Buch liegt<br />
auf Ihrem Nachttisch?<br />
Eine kurze Geschichte<br />
der Menschheit von<br />
Yuval Noah<br />
Harari<br />
Wenn Sie zehn<br />
Millionen Euro<br />
im Lotto gewinnen<br />
würden, was<br />
machen Sie damit?<br />
Spenden<br />
Systemen und Gebäudetechnik werden uns<br />
jedoch künftig noch ganz andere Möglichkeiten<br />
in der Planung, im Bauen, Betreiben und<br />
in der Nutzung von Gebäuden zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Ein einfaches Beispiel aus dem Gebäudebetrieb:<br />
Um den Energieverbrauch<br />
eines Gebäudes zu optimieren, müssen die<br />
Energiesysteme richtig eingeregelt werden<br />
und dürfen zudem nur so viel Energie<br />
bereitstellen wie tatsächlich benötigt wird.<br />
Ein Raum, der nicht genutzt wird, muss<br />
klarerweise nicht geheizt, gekühlt, belichtet<br />
oder belüftet werden. Dabei helfen uns<br />
Daten aus der Gebäudetechnik und über die<br />
aktuelle Auslastung des Gebäudes sowie<br />
Informationen zu Energieverbrauch und<br />
beispielsweise Wetterentwicklung. Durch<br />
die Verknüpfung dieser Daten und einer<br />
intelligenten Gebäudeautomation lässt sich<br />
der Energieverbrauch um bis zu 20 Prozent<br />
reduzieren.<br />
In den nächsten<br />
zehn Jahren möchte<br />
ich unbedingt…<br />
Gesund bleiben<br />
Ihr Lieblingshobby?<br />
Skitouren gehen<br />
solange es<br />
noch geht<br />
Genau darauf zielt auch der sogenannte<br />
Smart Readiness Indicator (SRI) ab. Dieser<br />
Indikator sagt aus, ob eine Immobilie smart<br />
genug ist, energieeffizient betrieben werden<br />
zu können. Dies erfordert eben ein Mindest-<br />
48 BauTecFokus
WORDRAP MIT GEORG STADLHOFER<br />
Mit welcher Person<br />
(lebend oder bereits<br />
verstorben) würden Sie<br />
gerne einen Abend<br />
verbringen?<br />
Peter F. Drucker<br />
Womit haben Sie ihr<br />
erstes Geld verdient?<br />
Unkraut jäten und Studentenpartys<br />
organisieren<br />
Morgen- oder<br />
Abendmensch?<br />
Weder noch, aber<br />
eher noch<br />
Morgenmensch<br />
Nehmen Sie<br />
gerne Risiko?<br />
Ja, aber nicht<br />
ohne Plan B<br />
Meinen Kaffee trinke<br />
ich am liebsten…<br />
Häufig, stark und<br />
schwarz<br />
Ihr größtes<br />
Laster ist…<br />
Zucker<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
49
Positionen & Meinungen<br />
maß an Digitalisierung. Neben dem Energieausweis<br />
wird auch der SRI in naher Zukunft<br />
gesetzlich verpflichtend sein und damit<br />
einen wichtigen Baustein zur Erreichung der<br />
Energieeffizienz darstellen.<br />
FM-Manager beklagen, dass sie bei der<br />
Planung viel zu spät hinzugezogen werden.<br />
„Wir müssen früher in die Planung<br />
hinein“, heißt der Schlachtruf. Sind das<br />
berechtigte Klagen?<br />
Natürlich ist es entscheidend, die Anforderungen<br />
und Bedürfnisse der Gebäudenutzung<br />
und des Gebäudebetriebs möglichst<br />
frühzeitig im Planungsprozess zu berücksichtigen.<br />
Es braucht also einen viel engeren<br />
Schulterschluss zwischen Betrieb und<br />
Planung. Die Herausforderung dabei ist, dass<br />
Objektplaner und Objektbetreiber, bildlich<br />
gesprochen aus unterschiedlichen Ländern<br />
stammen. Und es gibt nur wenige Fachleute,<br />
die die Sprache beider Länder beherrschen<br />
und somit vermitteln können. Aber auch<br />
hier bietet die Digitalisierung, mittels der<br />
Planungsmethodik Building Information Modelling<br />
(BIM), enormes Effizienzsteigerungspotential.<br />
Bereits bevor das erste Element<br />
modelliert wird, muss definiert sein, welche<br />
Informationen für den Betrieb notwendig<br />
sind und wie diese generiert und im Modell<br />
abgespeichert werden können.<br />
FM sollte also früher mit einem Pflichtenheft<br />
dabei sein?<br />
Nicht sollte, sondern muss. Diese im<br />
BIM-Prozess erforderlichen Auftraggeber-<br />
Informationsanforderungen müssen<br />
natürlich maßgeblich auch durch das<br />
Facility Management gestaltet werden.<br />
Natürlich gibt es gerade dabei noch Lernund<br />
Entwicklungsbedarf, auch im Facility<br />
Management. Als FMA/IFMA Austria haben<br />
wir uns aus diesem Grund gemeinsam mit<br />
dem AIT (Austrian Institute of Technology),<br />
dem VZI (Verband der Ziviltechniker und<br />
Ingenieure), der Smart Construction Austria<br />
sowie der IG Lebenszyklus Bau erfolgreich<br />
um das FFG-Förderprojekt Innovationslabor<br />
– Digitales Planen, Bauen und Betreiben<br />
beworben, um in den nächsten fünf Jahren<br />
mithilfe digitaler Methoden und Best<br />
Practices die Vernetzung zwischen den<br />
heimischen Planern, Bauunternehmen<br />
„BIM ist die<br />
Planungsmethodik<br />
der<br />
Zukunft.“<br />
und Betreibern zu forcieren, Sprachbarrieren<br />
abzubauen und somit die aktuellen<br />
Schnittstellenverluste zu verringern und<br />
Innovation(en) über den Lebenszyklus zu<br />
ermöglichen.<br />
Die Arbeitsbereiche des Innovationslabors<br />
reichen dabei von der Schaffung digitaler<br />
Infrastruktur über Innovationsbegleitung<br />
von Open-BIM-Pilotprojekten und Forschungs-<br />
und Entwicklungsvorhaben bis zu<br />
zielgerichteten Weiterbildungsmaßnahmen<br />
und Know-how-Transfer sowie Beratung von<br />
geplanten Förderprojekten.<br />
Somit sind alle Lebenszyklusphasen eines<br />
Gebäudes vertreten. Das Interessante dabei<br />
ist, dass die Leistungen des Innovationslabors<br />
allen österreichischen Akteuren offen stehen.<br />
Die Kritik an BIM ist häufig, dass dadurch<br />
die Kleinen unter die Räder kommen, weil<br />
viel zu teuer?<br />
BIM ist die Planungsmethodik der Zukunft,<br />
daran führt kein Weg vorbei. Ich kenne<br />
niemanden, der einmal mit BIM geplant hat<br />
dann sagt: Nein, ich will es wieder anders<br />
machen. Aber ja, jede Veränderung und Weiterentwicklung<br />
ist mit Aufwand verbunden<br />
und erfordert auch in diesem Fall Anfangsinvestitionen.<br />
Dass es sich lohnt, zeigt auch die<br />
internationale Erfahrung.<br />
50 BauTecFokus
... der Weg ist aber noch weit...<br />
Es ist sicher noch ein weiter Weg, aber ich<br />
bin sehr guter Dinge, dass wir mit dem<br />
Innovationslabor einen guten Beitrag für<br />
die Professionalisierung der gesamten<br />
Branche, über den Lebenszyklus hinweg,<br />
leisten können. Ich glaube tatsächlich, dass<br />
der Betrieb von Gebäuden und Infrastruktur<br />
hier der Schlüssel ist. Wenn wir es schaffen,<br />
die Anforderungen des Gebäudebetriebs<br />
klar und für die Planung verständlich zu<br />
formulieren, können und werden diese von<br />
den Planern auch berücksichtigt. An dieser<br />
Definitionskompetenz müssen wir aus dem<br />
Betrieb heraus sicher noch arbeiten. Genau<br />
diese Lücken wollen wir schließen.<br />
Factbox<br />
DREES & SOMMER<br />
Drees & <strong>Sommer</strong> begleitet private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit<br />
50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital.<br />
Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche<br />
Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte<br />
Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen die 3.700 Mitarbeiter an<br />
weltweit 43 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen<br />
erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie<br />
zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & <strong>Sommer</strong><br />
the blue way. Drees & <strong>Sommer</strong> Österreich ist mit dem Monitoring und der Begleitung<br />
der Entwicklung sowie dem Facility Management von einem der Investoren beim<br />
Bau des TrIIIple in 1030 Wien beauftragt.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
51
Positionen & Meinungen<br />
„In unserem<br />
Incubator-<br />
Programm<br />
CREATORS<br />
vernetzen<br />
wir Start-ups,<br />
Corporates und<br />
kreative Köpfe .“<br />
Factbox<br />
FMA & IFMA AUSTRIA<br />
... mit Digitalisierung – wobei wir wieder<br />
bei einem Kernthema angelangt sind.<br />
Die Immobilienwirtschaft wird durch die<br />
Digitalisierung transformiert. Auch in meinem<br />
beruflichen Alltag als Geschäftsführer<br />
von Drees & <strong>Sommer</strong> Österreich beschäftigt<br />
mich das Thema sehr intensiv. Als Innovationsführer<br />
in der Branche arbeiten wir mit<br />
zahlreichen Partnern an unterschiedlichen<br />
Initiativen zur Digitalisierung von Gebäuden<br />
selbst und für und in Gebäuden notwendigen<br />
Prozessen.<br />
In unserem Incubator-Programm CREATORS<br />
vernetzen wir Start-ups, Corporates und<br />
kreative Köpfe miteinander, um Lösungen zu<br />
erproben, aber auch um jungen Menschen<br />
und ihren innovativen Ansätzen die Möglichkeit<br />
zu geben, sich auszuprobieren.<br />
IFMA Austria ist die seit 1998 bestehende österreichische Niederlassung des weltweiten<br />
personenbezogenen FM-Netzwerkes der International Facility Management<br />
Association (IFMA) mit Sitz in Houston (USA). IFMA International wurde 1980 gegründet<br />
und ist in 78 Ländern aktiv tätig.<br />
Die 1995 gegründete Non-Profit-Organisation Facility Management Austria (FMA)<br />
versteht sich als das österreichische unternehmensbezogene Netzwerk für Facility<br />
Management. Mitglieder sind namhafte national und international tätige Unternehmen<br />
und Organisationen, Verbände und Ausbildungsinstitutionen sowie Personen,<br />
die sich in einer FM-Aus- und Weiterbildung befinden.<br />
Ein weiteres Beispiel ist der von Drees &<br />
<strong>Sommer</strong> kürzlich gelaunchte Real Estate<br />
Service Monitor: res-monitor.com. Hier<br />
finden Auftraggeber, Immobilieneigentümer<br />
oder Investoren erstmals an zentraler Stelle<br />
Dienstleister aus Asset-, Property- oder<br />
Facility Management, passgenau nach<br />
benötigter Leistung, Assetklasse und Region.<br />
Das Feedback aus dem Markt ist wirklich ermutigend<br />
und wir denken schon über weitere<br />
Ausbauschritte und Funktionen nach, wie<br />
beispielsweise die Abwicklung des gesamten<br />
Beschaffungsprozesses.<br />
Wie kommt man zu FM? Warum studiert<br />
man Facility Management?<br />
Eine gute Frage – immerhin ist Facility<br />
Management keine sehr sichtbare Branche.<br />
Facility Management ist eine spannende<br />
Querschnittsmaterie mit Aspekten der<br />
Bau- und Gebäudetechnik, Wirtschaft,<br />
Soziologie und Managementlehre. Auf jeden<br />
Fall sollte man aber ein Interesse für Immobilien<br />
mitbringen und gerne mit Menschen<br />
arbeiten. Der Mensch im Arbeitsprozess steht<br />
schließlich im Mittelpunkt der Bemühungen<br />
des Facility Managers und damit sind wir<br />
durch und durch Dienstleister.<br />
Als gebürtiger Niederösterreicher haben<br />
Sie in Tirol studiert. Gab es kein passendes<br />
Studium in Ostösterreich?<br />
Einerseits hat mich das Curriculum angesprochen<br />
– eine Kombination aus Technik<br />
und Wirtschaft - und da gab es 1999 tatsächlich<br />
noch kein vergleichbares Studium in<br />
Ostösterreich. Andererseits wollte ich mit 19<br />
natürlich gerne raus in die Welt – und Kufstein<br />
im schönen Tirol war zumindest schon<br />
mal weiter weg als Wien. Nach Abschluss<br />
des Studiums habe ich beim Pharmakonzern<br />
Novartis begonnen und war dort aus dem<br />
damaligen Division-Headquarter in Wien erst<br />
lokal, dann europaweit für Facility Management-Sourcing<br />
verantwortlich. Über diese<br />
Schiene bin ich dann in die Beratung gekommen<br />
und war dann viele Jahre in Rumänien<br />
und Deutschland tätig. 2015 habe ich mich<br />
mit meinem Geschäftspartner Peter Prischl<br />
entschieden, unser damaliges Unternehmen<br />
in die Drees & <strong>Sommer</strong> Gruppe einzubringen.<br />
Mit einher ging für mich damit die Möglichkeit,<br />
nach vielen Jahren im Ausland wieder in<br />
Österreich zu arbeiten. Diese Chance habe ich<br />
sehr gerne ergriffen.<br />
Wenn Sie Österreich und Deutschland mit<br />
Blick auf FM vergleichen. Gibt es große<br />
Unterschiede, wenn ja welche?<br />
Ich glaube, wir haben in Österreich noch sehr,<br />
sehr viel Potenzial, gemeinsam diese Branche<br />
weiterzuentwickeln und professioneller zu<br />
machen. Dabei können wir natürlich viel von<br />
anderen Märkten und Ländern lernen, ob das<br />
52 BauTecFokus
nun Deutschland oder der angelsächsische<br />
Raum ist. Ich denke da an Vertragsstrukturen<br />
im FM, internationale Standardisierungsund<br />
Steuerungs-Modelle oder eben den<br />
Einsatz von IT.<br />
Gerade der internationale Bezug macht mir,<br />
in der Rolle als Präsident der IFMA Austria,<br />
besonders große Freude. Wir blicken über die<br />
Grenzen hinaus, betrachten Best Practices<br />
und versuchen, diese für Österreich gewinnbringend<br />
zu übersetzen.<br />
Der diesjährige FM-Day ist dem Virus zum<br />
Opfer gefallen?<br />
Ja, leider mussten wir den FM-Day 2020<br />
absagen. Über die letzten Jahre haben wir mit<br />
dieser Veranstaltung eine tolle Marke und<br />
einen großartigen Ort der Begegnung für<br />
die Branche aufgebaut - das ist wirklich der<br />
beachtenswerten Arbeit meiner Vorgänger<br />
zu verdanken! In den letzten Jahren war der<br />
Event immer restlos ausverkauft, über dreihundert<br />
Teilnehmer, zahlreiche spannende<br />
Vorträge, Präsentationen und Diskussionen.<br />
Leider ist das derzeit nicht machbar und mit<br />
einem digitalen Event wären wir unseren<br />
selbstgesteckten Zielen und Ambitionen<br />
nicht gerecht geworden. Aber: Wir haben<br />
uns bereits die ersten Keynote-Speaker für<br />
das nächste Jahr gesichert. Für Spannung,<br />
Unterhaltung und Überraschungen ist am 15.<br />
September 2021 jedenfalls gesorgt. <br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
53
Zu<br />
Tisch<br />
mit …<br />
Stefan<br />
Graf<br />
Gedanken zu einem Menü verfasst<br />
54 BauTecFokus
Da komm´ ich her,<br />
da g´hör ich hin<br />
Erfolgsfaktor Regionalität. Stefan Graf ist dem Waldviertel verbunden,<br />
privat und beruflich. Eine grenznahe Erfolgsgeschichte.<br />
Das Gespräch führte: Lisa Grüner<br />
D<br />
er Weg nach Gmünd führt vorbei<br />
an bunten Wiesen, sanften Hügeln<br />
und üppigen Feldern. Zwei Stunden<br />
fahren wir teils über die Autobahn,<br />
teils auf der Bundesstraße Richtung<br />
tschechische Grenze. „Ob wir einen Pass brauchen?“,<br />
frage ich den Fotografen mit einem Augenzwinkern<br />
und er lacht. „Was weiß man schon in<br />
Zeiten wie diesen“, antwortet er. Der Grund für<br />
unsere Fahrt in den Norden Niederösterreichs<br />
ist ein Interview: Stefan Grafs Terminkalender<br />
ist minutiös durchgetaktet, den einzigen Timeslot,<br />
den wir ergattern konnten, ist ein Mittagstermin<br />
in Gmünd. Und da sind wir nun, im<br />
Hotelrestaurant des Sole-Felsen-Bads. Warum<br />
hier? Die Antwort liegt auf der Hand, das Hotel<br />
wurde von der Leyrer + Graf Baugesellschaft<br />
errichtet und wie stolz das Unternehmen auf das<br />
Projekt ist, zeigt sich durch die Verbundenheit.<br />
Stefan Graf begrüßt unsere Kellnerin namentlich,<br />
sie sind per du, für die Bestellung braucht er<br />
keine Speisekarte, er kennt sie auswendig.<br />
Er nimmt eine klare Rindssuppe mit Grießnockerl<br />
und einen Backhendlsalat, mich lacht<br />
das Beef Tartare mit Grissini, Wachtelei und<br />
Parmesanchip an und um etwas aus der Region<br />
zu bestellen, entscheide ich mich für das Waldviertler<br />
Bio-Karpfenfilet mit Pastinakencreme<br />
und Polenta. Der Firmensitz des Unternehmens<br />
ist historisch bedingt in Gmünd, doch<br />
das Marktgebiet erstreckt sich überwiegend<br />
auf Ostösterreich, das Unternehmen ist sehr<br />
regional aufgestellt. Graf wurde zwar in Wien<br />
geboren, ist aber hier aufgewachsen. „Das<br />
Waldviertel wird unterschätzt, es tut sich mehr<br />
als die landläufige Meinung ist. Vor allem sind<br />
es die soliden sozialen Netzwerke, die Schönheit<br />
der Natur und die hohe Lebensqualität, die<br />
es hier lebenswert machen.“<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
55
Dafür hat er oft lange Wegstrecken in Kauf<br />
genommen. Nach dem Studium in Wien war<br />
Graf in einem Ingenieurbüro tätig und ist jeden<br />
Tag nach Wien gependelt. Ob es das wert war,<br />
jeden Tag vier Stunden mit dem Zug zu fahren,<br />
will ich wissen. „Es ist eine höchstpersönliche<br />
Entscheidung und ja, das war es wert, denn<br />
ich wollte meine Söhne jeden Tag vor dem<br />
Schlafengehen sehen.“ Und so fuhr er morgens<br />
um halb sechs weg, war von acht bis vier Uhr<br />
nachmittags im Büro und abends um sieben<br />
wieder zuhause. „Ich habe im Zug gearbeitet<br />
und während der Fahrten viel weitergebracht.“<br />
Orchestriertes Wachstum<br />
Irgendwann wechselte Graf vom<br />
Ingenieurwesen dann doch in<br />
die Bauwirtschaft und damit ins<br />
Familienunternehmen. Das war<br />
2010, vor wenigen Tagen hat er<br />
sein zehnjähriges Firmenjubiläum<br />
gefeiert, seit sieben Jahren<br />
ist er in der Geschäftsführung von<br />
Leyrer + Graf in der Nachfolge seines<br />
Vaters Franz Graf. Ich bitte ihn um einen<br />
kurzen Rückblick. „In diesen zehn<br />
Jahren hat sich in der Geschäftsleitung<br />
von Leyrer + Graf, vor allem dadurch, dass<br />
ich meinem Vater nachgefolgt bin, enorm viel<br />
getan. Die ersten drei Jahre waren meine Einarbeitungsphase.<br />
Es war notwendig, mir die<br />
Zeit zu nehmen, um alles kennenzulernen, die<br />
Abläufe zu verstehen und mir zu überlegen,<br />
wie ich es machen würde. Es war ein sanfter<br />
Einstieg mit vielen interessanten Gesprächen.<br />
Die nächsten drei Jahre waren geprägt von<br />
konkreten Vorbereitungen, wobei die Einführung<br />
des ERP-Systems die Krönung war.<br />
In den darauffolgenden vier Jahren haben wir<br />
unsere Pläne und Ideen in die Tat umgesetzt.<br />
Das bedeutete eine starke Transformation für<br />
das Unternehmen und auch für die Mitarbeiter.<br />
Es war nicht selbstverständlich, dass sie<br />
den Weg mitgehen. Wenn es einen Wechsel<br />
an der Unternehmensspitze gibt, dann<br />
verändern sich die Dinge. Vor allem, wenn<br />
der Sohn eine andere Herangehensweise<br />
hat als sein Vater. Mir waren Neuerungen<br />
in den organisatorischen<br />
Abläufen wichtig und die<br />
Weiterentwicklung der<br />
kulturellen Belange. Mein<br />
Vater hat eine großartige<br />
Basis geschaffen, auf die<br />
ich aufbauen konnte. An mir war es dann, die<br />
Weichen neu zu stellen.“ Das Wachstum des<br />
Unternehmens spricht für sich. Gemessen am<br />
Umsatz hat es sich von 2013 bis 2019 mehr als<br />
verdoppelt und ist von 195 auf über 400 Millionen<br />
Euro gewachsen. „Natürlich hat sich das<br />
auf den Personalstand ausgewirkt und dieses<br />
Wachstum zu orchestrieren, ist eine große Herausforderung.<br />
Ein Unternehmen erfolgreich<br />
zu führen, bedeutet auf einer Gesamtklaviatur<br />
zu spielen. Das ist oft eine Gradwanderung, das<br />
richtige Gespür zu haben, schnell zu reagieren<br />
und aufzufangen und wieder ins Gleichgewicht<br />
zu bringen, wenn etwas ins Schwanken<br />
kommt. Das ist die unternehmerische Kunst.<br />
Allerdings sieht man immer erst im Rückblick,<br />
ob man richtig gehandelt hat.<br />
Pandemie und Krisenmodus<br />
Die Weinkarte kommt. Sie ist stark reduziert<br />
und foliert. Die Zeit der COVID-19-Pandemie<br />
scheint weit weg zu sein, doch die Weinkarte<br />
erinnert daran. Die Einigung auf einen Wein<br />
fällt leicht, es wird ein Gemischter Satz vom<br />
Weingut Wieninger in Stammersdorf. Auf<br />
die Frage, wer bei Graf zuhause koche, folgt<br />
prompt die Antwort: „Ich sehr selten, da mir die<br />
56 BauTecFokus
Zeit hierfür fehlt. Jedoch grille<br />
ich leidenschaftlich gerne,<br />
doch es muss unbedingt<br />
mein Holzkohlegrill sein.“ Ich<br />
erkundige mich, wie er die CO-<br />
VID-19-Pandemie erlebt hat. „Sehr<br />
spannend und herausfordernd, die<br />
Unsicherheit der ersten Wochen war sehr<br />
„Ein<br />
Unternehmen<br />
erfolgreich zu<br />
führen, bedeutet<br />
auf einer<br />
Gesamtklaviatur<br />
zu spielen.“<br />
anstrengend. Doch genau diese Unsicherheit<br />
macht eine Krise aus, sonst wäre es ja keine. Es<br />
war nicht klar, ob wir die Baustellen aufrechterhalten<br />
dürfen beziehungsweise sollen oder<br />
nicht. Es gab keine klaren Weisungen, wie zum<br />
Beispiel in der Gastronomie. Diese hatte ein<br />
Öffnungsverbot. Wir haben sehr rasch in einen<br />
Krisenmodus gefunden und die Regierung<br />
hat schnell klar gemacht, dass die Bauwirtschaft<br />
weitermachen soll. Von unseren rund<br />
2.400 Mitarbeitern haben wir um die 800 für<br />
drei Monate für Kurzarbeit angemeldet. Wir<br />
konnten diese aber für die meisten bereits im<br />
April wieder beenden und für das gesamte<br />
Unternehmen dann Ende Mai. Anfangs warf<br />
das viele Fragen auf: Brauchen wir Kurzarbeit<br />
und wenn ja, für wie lang? Wie sind die Abrechnungsmodalitäten?<br />
Der großen Verunsicherung<br />
der Mitarbeiter begegneten wir mit<br />
Kommunikation, wobei es schwierig war, aus<br />
der Fülle der sich schnell ändernden Informationen<br />
die richtigen herauszufiltern. Mit der<br />
Herausgabe der Handlungsanleitung der Sozialpartner<br />
trat eine große Erleichterung ein,<br />
sie brachte die ersehnte Klarheit und natürlich<br />
die nächste Herausforderung: alles auf den<br />
Baustellen umzusetzen und vor allem Masken<br />
zu organisieren. Wir hatten im Gegensatz zu<br />
anderen Branchen aber Glück,<br />
die Bauwirtschaft konnte sich<br />
sehr schnell stabilisieren, nach<br />
Ostern ging es auf hohem Niveau<br />
wieder weiter.“<br />
Die Branche lässt vermuten, dass Leyrer +<br />
Graf viele ausländische Arbeiter beschäftigt<br />
und diese während des Lockdowns festsaßen.<br />
Doch dem ist nicht so. „Wir haben sehr viele<br />
einheimische Mitarbeiter, deswegen war<br />
dieses Problem für uns vernachlässigbar. Nur<br />
etwa 50 sind nicht über die Grenze gekommen.<br />
Schwierig war, dass Tschechien, Polen<br />
und Österreich jeweils andere Regelungen<br />
für die Ein- und Ausreise hatten, das ergab<br />
spannende Konstellationen.“ Stolz schwingt<br />
in Grafs Stimme mit, wenn er berichtet, dass<br />
sehr viele seiner Mitarbeiter aus dem Waldviertel<br />
kommen. Die Entwicklung der Region<br />
liegt ihm am Herzen und darin sieht er auch<br />
seine große Verantwortung als Unternehmer,<br />
nämlich gesamtwirtschaftlich zu denken. Die<br />
Wertschöpfung und das Bruttoregionalprodukt<br />
sind wichtige Indikatoren für Graf. War<br />
Regionalität auch ein Vorteil während der<br />
Pandemie? Bestimmt. „Bei der Supply Chain<br />
gab es punktuell da und dort einen Engpass,<br />
bekannterweise war die Beschaffung von<br />
Masken schwierig. Die Arbeitsleistung blieb<br />
überraschend stabil und es musste keine Produktion<br />
aufgrund von mangelndem Baumaterial<br />
heruntergefahren werden. „Beim Grenzverkehr<br />
mit Materialtransporten gab es keine<br />
nennenswerten Schwierigkeiten“, bestätigt<br />
Graf. „Andere Bauunternehmen in Österreich<br />
hatten mehr Probleme, vor allem, weil diese<br />
größtenteils ausländische Arbeiter beschäftigen<br />
und diese nicht über die Grenze kamen.“<br />
Zwischen Erleichterung und Belastung<br />
So erfreulich der 8-Punkte-Plan der Sozialpartner<br />
war, um die Arbeit auf den Baustellen<br />
fortführen zu können, so schwierig war die<br />
Einhaltung der Gesundheitsvorschriften für<br />
die Mitarbeiter. Am Bau ist es nicht immer<br />
einfach, den Ein-Meter-Abstand einzuhalten,<br />
da man oft gemeinsam anpacken muss.<br />
Anfangs war auch die Verunsicherung groß,<br />
wann welcher Schutz getragen werden muss,<br />
wann brauche ich einen Mund-Nasen-Schutz,<br />
wann kommt eine FFP1- oder FFP2-Maske zum<br />
Einsatz? Dazu kommt, je höher der Schutz der<br />
Maske, desto dichter das Gewebe, umso weniger<br />
Sauerstoff kommt durch und das führt<br />
Factbox<br />
STEFAN GRAF<br />
Geschäftsführender Gesellschafter (CEO) bei<br />
Leyrer + Graf Baugesellschaft<br />
Er hat an der Technischen Universität Wien<br />
Bauingenieurwesen studiert und 2004 die<br />
Ziviltechnikerprüfung Bauingenieurwesen abgelegt.<br />
In den Folgejahren hat Graf das Advanced<br />
Management Program an der Hochschule<br />
St. Gallen in der Schweiz erfolgreich absolviert.<br />
2012 hat Graf die Baumeisterprüfung gemacht<br />
und seit 2013 ist er geschäftsführender Gesellschafter<br />
der Leyrer + Graf Baugesellschaft.<br />
LEYRER + GRAF<br />
BAUGESELLSCHAFT<br />
Die Unternehmensgruppe Leyrer + Graf<br />
zählt mit durchschnittlich 2.200 Mitarbeitern<br />
an mittlerweile 17 Standorten und einem<br />
Umsatz von rund 410 Millionen Euro zu den<br />
führenden Bauunternehmen Österreichs.<br />
Das vielseitige Leistungsspektrum erstreckt<br />
sich von Hoch- und Tiefbau über Elektrotechnik<br />
bis zu Holztechnik. Dabei werden<br />
Projekte jeder Größenordnung realisiert –<br />
auch als General- und Totalunter nehmer.<br />
Das Familien unternehmen mit Firmensitz im<br />
niederösterreichischen Gmünd wurde 1926<br />
von Anton Leyrer gegründet und befindet<br />
sich seit 1964 im Besitz und unter der Führung<br />
der Familie Graf.<br />
auch zu einer weiteren Belastung bei ohnehin<br />
schon körperlicher Anstrengung. „Logistisch<br />
bestand die Herausforderung darin, einerseits<br />
jedem Mitarbeiter ein eigenes Zimmer zur<br />
Verfügung stellen zu müssen, andererseits<br />
vor geschlossenen Hotels zu stehen. Doch die<br />
Krise hat viel Kreativität hervorgebracht, so<br />
wurde die Initiative openhotels.at aus dem<br />
Boden gestampft, die einen Überblick über verfügbare<br />
Hotelzimmer bietet. Viele Mitarbeiter<br />
sind zwar aus der Region, aber die Baustellen<br />
befinden sich überwiegend in den Zentralräumen,<br />
was bedeutet, dass Unterkünfte benötigt<br />
werden.“<br />
Dieser Zusatzaufwand steigert auch die<br />
Kosten. Meine Frage, ob diese vertraglich<br />
abgesichert sind, verneint Graf. „Nein, nicht<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
57
wirklich, weil die COVID-19-Pandemie eine<br />
völlige neue Situation ist. Natürlich nimmt<br />
die Vertragsgestaltung auf höhere Gewalt etc.<br />
Rücksicht, aber ist COVID-19 höhere Gewalt?<br />
Das kann man nur mit Kommunikation lösen:<br />
Es kam sehr schnell zu Gesprächen zwischen<br />
den Auftraggebern und den Baufirmen und<br />
es wurden Überlegungen angestellt, wie man<br />
mit den Risiken umgeht, wie Methodiken der<br />
Zu Tisch mit …<br />
„Wir hatten<br />
Glück, die<br />
Bauwirtschaft<br />
konnte sich<br />
schnell<br />
stabilisieren.“<br />
Nachverrechnung aussehen könnten et cetera.<br />
Hilfreich war der rasch entwickelte Leitfaden<br />
der Österreichischen Bautechnikvereinigung,<br />
der vor allem für die öffentliche Hand als Auftraggeber<br />
herangezogen werden konnte und<br />
damit auch beispielgebend für den privaten<br />
Auftraggeber war. Dadurch klärte sich vieles<br />
und es konnte sich ein faires Verhältnis entwickeln.<br />
So kam es auch zu keinen Pönalezahlungen<br />
und coronabedingten Verzögerungen.<br />
Hinsichtlich Fristvollstreckung gibt es genaue<br />
gesetzliche Regelungen, wobei sich die Verzögerungen<br />
in Grenzen halten.“<br />
„Was geht einem als Unternehmer durch den<br />
Kopf, wenn man ganz am Anfang der Pandemie<br />
in der Zeitung über die Vorkommnisse<br />
in Ischgl liest?“, frage ich meinen Interviewpartner.<br />
„Ich habe Ischgl beobachtet und wie<br />
eine Gemeinde nach der anderen abgeriegelt<br />
wurde. Da war es für mich nur eine Frage der<br />
Zeit, wann das Virus Ostösterreich erreicht. Einerseits<br />
war es faszinierend, zu sehen, was alles<br />
möglich ist, andererseits war da die Sorge, wie<br />
geht’s denen dort in der Region? Was kommt<br />
auf uns zu, wie muss ich mich vorbereiten als<br />
Unternehmer und als Privatperson? Gefürchtet<br />
habe ich mich nicht, ich war gespannt, was<br />
kommt. Natürlich stellt man sich als Unternehmer<br />
die Frage, wie man selbst mit so einer Situation<br />
umgehen würde, sind die Vorhaltungen<br />
und Vorwürfe gerechtfertigt? Hinterher ist<br />
man immer gescheiter.“<br />
Die Lehre aus der Krise<br />
Unser Essen wird serviert und ich stelle noch<br />
schnell die Frage, was Graf aus der Krise für<br />
sich und das Unternehmen mitgenommen<br />
hat. „Ich habe viel gelernt über den Informationsfluss,<br />
über Befindlichkeiten, Emotionen,<br />
wie sich eine Information über verschiedene<br />
Stellen durch den Stille-Post-Effekt verändern<br />
kann, aber auch über mich selbst, wie ich in<br />
so einer Ausnahmesituation reagiere und wie<br />
ich ein Unternehmen in völlig neue Bahnen<br />
führe. Trotz aller Schwierigkeiten war es spannend<br />
und erfreulich, zu sehen, dass wir als<br />
Unternehmen stark aufgestellt sind, dass die<br />
Mitarbeiter hinter dem Unternehmen stehen<br />
und bereit sind, über sich hinauszuwachsen.<br />
Der Zusammenhalt war für mich eine große<br />
Bestätigung. Ich habe auch viele Erkenntnisse<br />
über Unternehmensführung gewonnen. Wir<br />
haben viele Informationssysteme aufgebaut<br />
und analysieren jetzt, was gut gegangen ist,<br />
was weniger zielführend war und wo wir<br />
nachbessern müssen. Wir haben uns vor der<br />
COVID-19-Pandemie viele Gedanken zu den<br />
Themen Flexibilisierung, Gleitzeit, Telearbeit<br />
und deren Vor- und Nachteile gemacht. Jetzt<br />
haben wir einen riesigen Feldversuch hinter<br />
uns, den wir uns so nicht getraut hätten. Die<br />
Mitarbeiter waren zuhause und damit waren<br />
plötzlich Gleitzeit und 100 Prozent Telearbeit<br />
der Status quo. Dass letzten Endes alles so reibungslos<br />
funktioniert hat, sowohl technisch<br />
als auch bei der Einstellung der Mitarbeiter, hat<br />
mich ermutigt, diese Themen schneller anzugehen<br />
und umzusetzen. Persönlich nehme ich<br />
noch etwas mehr Selbstvertrauen im Bereich<br />
Unternehmensführung mit. In der Phase der<br />
Transformation eines Unternehmens ist nicht<br />
alles toll und wenn man mit einer neuen Idee<br />
kommt, bricht nicht jeder sofort in Jubel aus. In<br />
Phasen des berühmten Change Managements<br />
habe ich angefangen, sehr stark zu reflektieren,<br />
vor allem wenn es Widerstände gibt. Hier<br />
muss man der Ursache auf den Grund gehen.<br />
Kommt die Gegenwehr, weil ich die Leute aus<br />
der Komfortzone hole oder handelt es sich<br />
wirklich um eine schlechte Idee, das sind die<br />
zwei Pole und die Wahrheit liegt oft irgendwo<br />
dazwischen. Die Zahlen zeigen, dass wir in den<br />
letzten Jahren offenbar einiges richtig gemacht<br />
haben. Und dann kommt die Krise und wir<br />
brauchen plötzlich wieder neue Strukturen,<br />
die uns helfen, uns zu organisieren. Gut, dass<br />
da die Basis im Bereich Digitalisierung, Verwendung<br />
von Videokonferenz-Tools und die<br />
Führungsstrukturen bereits etabliert waren.<br />
Aber es hätte auch anders laufen können, eine<br />
solche Krise kann einem Unternehmen in einem<br />
starken Wachstum den Boden unter den<br />
Füßen wegziehen. Uns hat es gestärkt.“<br />
Ein Blick in die Zukunft<br />
Bei der Bestellung der Nachspeise frage ich<br />
nach einem Blick in die Zukunft, schließlich<br />
58 BauTecFokus
will ich sie nicht aus dem Kaffeesatz lesen.<br />
„Wir sind resilient aufgestellt, die Telearbeit<br />
ist gut vorbereitet. Generell sehe ich, dass<br />
viele Projekte in der Pipeline sind, aber jetzt<br />
nicht umgesetzt werden können, weil viele<br />
Investitionen nicht freigegeben werden. Das<br />
wird die Baubranche zu spüren bekommen.<br />
2021 rechne ich mit einem deutlichen Rückgang<br />
der Umsätze und mit Schwankungen<br />
von plusminus zehn Prozent, in gewissen<br />
Segmenten eventuell sogar mehr, weil die<br />
Kaufkraft zurückgeht. Aus heutiger Sicht wird<br />
es 2022 ein verstärktes Aufholen geben, um die<br />
Umsatzrückgänge wieder zu kompensieren. In<br />
unserem Unternehmen werden wir die Digitalisierung<br />
auf der Baustelle weiter vorantreiben,<br />
allen voran die Prozesse und Workflow, innerhalb<br />
der Baustelle, vom Büro auf die Baustelle<br />
und wieder zurück. Vernetzung ist eine schöne<br />
Herausforderung und es macht Freude, das Potential,<br />
das in der Digitalisierung schlummert,<br />
zu heben, da bekommt man Lust auf mehr. Die<br />
Möglichkeiten in diesem Bereich sind riesig,<br />
vor allem, wenn wir die Erfolge der digitalen<br />
Vermessung und den Einsatz von Drohnen bis<br />
hin zum Einsatz von BIM auf der ersten Baustelle<br />
sehen.<br />
Und die nächste Generation?<br />
Das schön dekorierte Panna Cotta<br />
Parfait mit Himbeerragout<br />
und Crunch für mich und das<br />
Erdbeermousse mit Minzpesto<br />
und Hippendekor für meinen<br />
Interviewpartner werden serviert. Es ist noch<br />
Zeit für eine private Frage, die sich in einem<br />
Familienunternehmen mit zwei Söhnen, die<br />
Wirtschaft und Technik studieren, aufdrängt:<br />
„Werden die beiden auch ins Unternehmen<br />
einsteigen?“ Dabei holt Graf etwas aus: „Ich<br />
habe Technik studiert, mein Bruder Wirtschaft<br />
und meine leider verstorbene Schwester Jus.<br />
Eine perfekte Kombination, doch das ist nie<br />
Realität geworden. Ich bin Richtung Ingenieurswesen<br />
gegangen, meinen Bruder zog es<br />
zur Philosophie. Für mich war es nicht vorhersehbar,<br />
dann doch in die Bauwirtschaft zu<br />
wechseln. Auch meinen Söhnen möchte ich<br />
die Freiheit lassen, ihr Ding zu machen und<br />
etwas von der Welt zu sehen. Mir persönlich<br />
hat es sehr gut getan, nicht sofort ins Familienunternehmen<br />
einzusteigen, sondern eigene<br />
Erfahrungen zu machen. Natürlich genieße<br />
ich es sehr, mich dank meines technischen<br />
und betriebswirtschaftlichen Verständnisses<br />
mit meinen Söhnen auf Augenhöhe unterhalten<br />
zu können. Das sieht dann so aus, dass ich<br />
mit dem Jüngeren über Mechanik und Physik<br />
spreche und mit dem Älteren über Unternehmensorganisation<br />
und Controlling.“<br />
Das heißt, die Hoffnung stirbt zuletzt. Ist es<br />
doch ein Wunsch, die eigenen Söhne<br />
in der Unternehmensnachfolge zu<br />
haben? „Jein, natürlich würde ich<br />
mich freuen, vor allem aber möchte<br />
ich, dass sie die Freiheit haben,<br />
sich für ihren Lebensweg zu<br />
Lokal<br />
DAS SAGT DER FALSTAFF<br />
Eine Hommage an den heimischen Karpfen,<br />
der von kleinen und mittelgroßen Familienbetrieben<br />
in der Region aufgezogen wird.<br />
DAS SAGT DER BAUTECFOKUS<br />
Klassische österreichische Küche mit<br />
modernen Elementen und Zutaten aus dem<br />
Waldviertel, auch optisch sehr ansprechend.<br />
Freundliches Service und schönes Ambiente.<br />
DAS GASTHAUS<br />
Hotelrestaurant Sole-Felsen-Welt<br />
Albrechtser Str. 14<br />
A-3950 Gmünd<br />
Durchgehend warme Küche<br />
Öffnungszeiten<br />
11.30 – 21.30 Uhr<br />
www.solefelsenwelt.at<br />
17<br />
PUNKTE<br />
ImmoFokus Restaurantguide<br />
Essen:<br />
Service:<br />
Weinkarte:<br />
Ambiente:<br />
entscheiden. Das ist sehr wichtig für die persönliche<br />
Entwicklung. Sollten sie einen anderen<br />
Weg finden, glücklich zu werden, ist das<br />
für mich genauso in Ordnung. Natürlich habe<br />
ich den Köder ausgeworfen und ihnen im Rahmen<br />
von Praktika bei Leyrer + Graf spannende<br />
Felder gezeigt. Es ist auch schön, dass es beide,<br />
trotz ihrer Wohnung in Wien regel mäßig<br />
nachhause ins Waldviertel zieht.“<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
59
Postionen & Meinungen<br />
Die Schatten<br />
des Lockdowns<br />
COVID-19-Pandemie. Nach dem schnellen Reagieren in der Krise lecken sich die Bauunternehmen<br />
die Wunden und sehen nach vorne. Wir haben Branchenprofis hinsichtlich der Auswirkungen auf das<br />
zweite Halbjahr, Umsatz- und Preisentwicklungen sowie veränderter Arbeitsbedingungen befragt.<br />
Zudem haben wir sie um einen Ausblick für 2021 gebeten.<br />
Autor: Lisa Grüner<br />
„Der wirtschaftliche<br />
und gesellschaftliche<br />
Veränderungsprozess<br />
macht auch vor der<br />
heilen Immobilienwelt<br />
Halt.“<br />
Caroline Palfy<br />
cetus Baudevelopment<br />
Caroline Palfy, Geschäftsführerin<br />
cetus Baudevelopment<br />
Um über das Thema „Was kommt, was bleibt?“<br />
in der Immobilienbranche zu sinnieren, bedarf<br />
es meiner Meinung nach erst einer Analyse<br />
des Status quo. Was muss ich überdenken?<br />
Was gehört nachgeschärft? Was brauche ich<br />
dringend? Worauf kann ich verzichten? Es<br />
gibt ein Danach, wo wir alle doppelt und dreifach<br />
anpacken müssen und alle ein wichtiger<br />
Indikator sind, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln.<br />
Im Bereich Wohnraum muss man<br />
sich weder als Investor, Bauherr noch Eigentümer<br />
Sorgen machen. Wohnen werden die<br />
Menschen immer irgendwo. Als Entwicklerin<br />
möchte ich vermehrt zielgruppen- und investorenspezifische<br />
Interessen und Begehren miteinander<br />
verweben. Der Schlüssel liegt in einer<br />
intelligenten, systematisierten und leistbaren<br />
Planung, damit zum Beispiel Themen wie<br />
Green Leases künftig realisierbar sind. Günter<br />
Kerbler und ich haben zudem noch weitere<br />
Projekte in Holzhybridbauweise geplant.<br />
Bei den Gewerbeimmobilien wird der Wechsel<br />
eintreten, den ich schon vor Jahren tendenziell<br />
gespürt habe und welchen wir im HoHo Wien<br />
schon umsetzen: Lebens- und Arbeitszeiten<br />
durchdringen sich genauso wie Lebens- und<br />
Arbeitsräume zunehmend. Die Arbeitswelt<br />
wird sukzessive zur Lebenszeit und ist nicht<br />
mehr als separater Teil zu betrachten. Wer<br />
bereits alles im selben Gebäude oder hinter der<br />
nächsten Straßenecke vorfindet, ist sehr mobil<br />
und leistungsfähig. Auf diese vielschichtigen<br />
Anforderungen muss man in der Projektentwicklung<br />
vermehrt eingehen. Interdisziplinär,<br />
funktional und technisch flexibel: Die Zukunft<br />
liegt im Wandel von Räumen, innen sowie<br />
außen – immer mit dem Ziel, Menschen zu inspirieren.<br />
Und wann setzen wir den Fokus auf<br />
Regionalität? Die Immobilien- sowie die Baubranche<br />
sollte sich in Folge dieser Erfahrungen<br />
weiter diversifizieren. Wir haben in Österreich<br />
jede Menge tolle Unternehmen, Traditionsfirmen<br />
und Start-ups, die bei uns produzieren,<br />
dadurch Arbeitsplätze schaffen und eine ganze<br />
Region beleben. Vielleicht wirken manche auf<br />
den ersten Blick teurer, auf lange Sicht zahlen<br />
sich die hohe Qualität der Fachkräfte und der<br />
hervorragende Servicecharakter aber aus.<br />
Wir befinden uns am Anfang eines wirtschaftlichen<br />
sowie gesellschaftlichen Veränderungsprozesses,<br />
der auch vor der heilen<br />
Immobilienwelt nicht Halt macht. Auf dem<br />
zögerlichen Weg zum Umdenken hin zu einer<br />
ressourcenschonenden Bau- und Immobilienwirtschaft<br />
hat uns die COVID-19-Pandemie<br />
voll erwischt und verdeutlicht, dass die Uhr<br />
tickt. Es darf nicht nur um Geld und noch<br />
mehr Geld gehen. Überlegen wir uns lieber,<br />
was und wie wir die Erde unseren Enkelkindern<br />
hinterlassen wollen. Günter Kerbler und<br />
ich versuchen trotz der aktuellen Bedingungen,<br />
unsere Projekte am Laufen zu halten und<br />
freuen uns schon auf die Hoteleröffnung des<br />
HoHo Wien im Herbst.<br />
Copyrights: Moni Fellner, Klaus Vyhnalek, Jana Madzigon<br />
60 BauTecFokus
„Umsatzverschiebungen<br />
wird es durch<br />
verzögerte Baugenehmigungen<br />
geben.“<br />
Wolfdieter Jarisch<br />
S+B Gruppe<br />
Wolfdieter Jarisch,<br />
Vorstand S+B Gruppe<br />
Gerade Krisenzeiten kann man dafür nützen,<br />
sich durch außergewöhnliche Leistungen<br />
hervorzutun. Wir als Familienunternehmen<br />
nehmen diese Herausforderung als Chance<br />
wahr. Kündigungen und Kurzarbeit hat es<br />
bei uns nicht gegeben. In puncto Preisentwicklung<br />
erleben wir derzeit ein ständiges Up<br />
and Down. Wir gehen aber davon aus, dass<br />
sich die Lage stabilisieren wird. Umsatzverschiebungen<br />
wird es selbstverständlich durch<br />
verschobene Baugenehmigungen, zeitweisen<br />
Baustellenstillstand und erhöhte Sicherheitsvorkehrungen<br />
geben. 2021 wird aber auch der<br />
Bau wieder in Schwung kommen. In diesem<br />
Sinne: Happy Building!<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
61
Postionen & Meinungen<br />
„Ich wünsche mir ein<br />
adaptiertes Modell der<br />
derzeitigen Kurzarbeit<br />
bis ins Jahr 2021.“<br />
Ewald Müller<br />
AluKönigStahl<br />
Ewald Müller,<br />
Vorstand AluKönigStahl<br />
Die vergangenen Monate und zuvor der<br />
Lockdown haben sich vor allem in Form von<br />
Baustopps auf Baustellen und verzögerten<br />
Abwicklungsprozessen gezeigt. In Zahlen ausgedrückt<br />
erwarten wir für das zweite Halbjahr<br />
2020 einen im niedrigen zweistelligen Prozentbereich<br />
liegenden Rückgang der Umsätze<br />
verglichen zum Vorjahr. Das trifft auf den<br />
österreichischen sowie auf den slowenischen<br />
Markt zu. Auf den Märkten Südosteuropas<br />
sind wir mit anderen Szenarien konfrontiert.<br />
Bei Ländern, die während der Pandemie einen<br />
konsequenten Weg gegangen sind, sehen<br />
wir größere Einbrüche beim Umsatz als in<br />
Ländern mit einem soften Lockdown. Für<br />
Österreich prognostizieren wir, dass der Umsatzrückgang<br />
aus diesem Jahr 2021 nicht zur<br />
Gänze aufgefangen werden kann. Auch wenn<br />
wir von einer Verbesserung der Entwicklung<br />
im kommenden Jahr ausgehen, werden wir<br />
das Vorjahresniveau nicht erreichen. Das bedeutet,<br />
Kostendruck auf vielen Ebenen mit all<br />
seinen volkswirtschaftlichen Konsequenzen.<br />
Da es in zahlreichen Phasen der Projektentwicklung<br />
und auch im Genehmigungsbereich<br />
zu Verzögerungen gekommen ist, wäre es<br />
wünschenswert, wenn ein adaptiertes Modell<br />
der derzeitigen Kurzarbeit bis weit in das Jahr<br />
2021 hineinreichen würde. So hätten Arbeitgeber<br />
mehr Flexibilität, um auf die neuen Marktanforderungen<br />
besser reagieren zu können. In<br />
puncto Preisentwicklung zeigen während der<br />
Pandemie einzelne Rohstoffe durchaus eine<br />
Entwicklung nach unten. Im Hintergrund waren<br />
aber zahlreiche Absicherungsmaßnahmen<br />
notwendig, wodurch die Effizienz der Prozesse<br />
gelitten hat. Um Lieferketten sicherzustellen<br />
und nachhaltig zu verankern, ist ein höherer<br />
Aufwand nötig. Wir gehen deshalb von einer<br />
Stagnation beziehungsweise einem leichten<br />
Anstieg der Preise aus. Die Umstellung auf<br />
Home-Office konnten wir gut managen und<br />
gleichzeitig haben wir auch das Potenzial dieses<br />
Modells für die Zukunft ausgelotet. In der<br />
Feinabstimmung bräuchte ein derartiges Konzept<br />
aber noch Anpassungen auf Arbeitnehmer-<br />
und auf Arbeitgeberseite. Die verstärkte<br />
Integration digitaler Abläufe und Strukturen<br />
in unseren Business-Alltag haben für uns neue<br />
Wege eröffnet. In den vergangenen Jahren<br />
wurden zwar bereits wichtige Strukturinvestitionen<br />
getätigt, die uns zugute gekommen sind,<br />
aber wir müssen sicher noch digitaler werden.<br />
62 BauTecFokus
„Es wird sich<br />
zeigen, ob<br />
ausreichend<br />
Liquidität bei den<br />
Unternehmen<br />
vorhanden ist.“<br />
Michael Pucher,<br />
Partner LeitnerLeitner<br />
Ich erwarte, dass das zweite Halbjahr 2020 von<br />
Unsicherheiten in vielerlei Hinsicht geprägt<br />
sein wird: Kommt eine zweite Infektionswelle?<br />
Werden Reisebeschränkungen aufrecht bleiben?<br />
Droht eine Pleitewelle im Tourismus und<br />
in der Gastronomie oder kann diese durch die<br />
gesetzten Maßnahmen der Bundesregierung<br />
abgefangen werden? Welche Formen der Zusammenarbeit<br />
setzen sich im Bürosegment<br />
mittel- und langfristig tatsächlich durch?<br />
Verliert der stationäre Handel weitere Marktanteile<br />
an Onlineanbieter oder kann dieser<br />
Trend durch ein stärkeres regionales Bewusstsein<br />
und Miteinander zumindest eingedämmt<br />
werden? Allgemein gültige Prognosen in<br />
Bezug auf Umsatzentwicklungen lassen sich<br />
meines Erachtens nur schwer treffen, zumal<br />
dies von der konkreten Assetklasse sowie der<br />
Bonitätsstärke der jeweiligen Eigentümer- und<br />
Mieterstruktur abhängig ist. Insbesondere<br />
wenn die Sonderzahlungen im vierten Quartal<br />
fällig werden, wird sich zeigen, ob ausreichend<br />
Liquidität bei den Unternehmen vorhanden<br />
ist. Die Preisentwicklung ist ebenfalls maßgeblich<br />
vom jeweiligen Immobiliensegment<br />
abhängig. Ich erwarte eine stabile Preislage bei<br />
Wohnimmobilien, sofern die Arbeitslosigkeit<br />
nicht wesentlich steigt und Mieter ihre fälligen<br />
Michael Pucher<br />
LeitnerLeitner<br />
Mieten bezahlen beziehungsweise Vermieter<br />
bestehende Finanzierungen bedienen können.<br />
Eine weitere Auswirkung der Pandemie ist,<br />
dass die kurzfristig erforderliche Verlegung<br />
des Arbeitsplatzes ins Home-Office verdeutlicht<br />
hat, wie wichtig der persönliche Kontakt,<br />
sei es physisch oder virtuell, im täglichen Ablauf<br />
ist. Die veränderten Arbeitsbedingungen<br />
haben den weiteren positiven Effekt mit sich<br />
gebracht, dass im Bereich Digitalisierung ein<br />
sehr großer Schritt in sehr kurzer Zeit gemacht<br />
werden konnte und zudem hat sich gezeigt,<br />
wie flexibel, offen und positiv unsere Mitarbeiter<br />
dieser gegenüberstehen. Lassen wir uns<br />
überraschen, welche neuen Geschäftsmodelle<br />
und Dienstleistungen im Lockdown entwickelt<br />
wurden. Wenn ähnlich wie 2008/2009<br />
Unternehmen wie WhatsApp, Uber, Airbnb<br />
sowie Bitcoins als Kryptowährung entstanden<br />
sind, freue ich mich auf eine Innovationswelle<br />
in den kommenden Monaten und Jahren. In<br />
unserer täglichen Beratung von innovativen<br />
Unternehmen lässt sich bereits eine erfreuliche<br />
Entwicklung in diese Richtung erkennen.<br />
Dennoch: Unter Berücksichtigung der oben<br />
dargestellten Unsicherheiten wage ich einen<br />
Ausblick auf 2021 nicht vor Dezember 2020.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
63
Postionen & Meinungen<br />
„Die Nachnutzung im<br />
Sinne der Recyclingfähigkeit<br />
und<br />
Kreislaufwirtschaft<br />
werden in nächster Zeit<br />
große Themen sein.“<br />
Robert Schmid<br />
Schmid Industrieholding<br />
Robert Schmid, Geschäftsführer<br />
Schmid Industrieholding<br />
Die aus meiner Sicht durchaus vernünftigen<br />
Vorsichtsmaßnahmen aufgrund von<br />
COVID-19 haben dazu geführt, dass im April<br />
kurzfristig für die Zeit von zwei Wochen<br />
fast kein Umsatz und Absatz zu verzeichnen<br />
war. Dies war jedoch sehr unterschiedlich.<br />
Grundprodukte, zum Beispiel Transportbeton,<br />
sind nahezu auf null abgesackt, während<br />
Heimwerkerprodukte, die noch im Baumarkt<br />
verfügbar waren, relativ stabil weitergelaufen<br />
sind. Das zweite Halbjahr 2020 wird sich<br />
aus unserer Sicht durch Fertigstellungen<br />
von Neubauten auszeichnen. Neue Projekte<br />
wird es wenige geben und das wird auch das<br />
große Problem im Jahr 2021. Der Wunsch, die<br />
thermische Sanierung und Sanierung allgemein<br />
zu forcieren, um einerseits Konjunktur<br />
und Arbeit zu fördern und andererseits das<br />
Klima zu schützen, ist eine sehr gute Idee der<br />
öffentlichen Hand. Es stellt sich jedoch die<br />
Frage, ob die Umsetzung schnell genug und<br />
pragmatisch im Sinne von „keep it simple“<br />
sein wird!? Mit wenig Aufwand sollte man sanieren<br />
dürfen und mit wenig Aufwand sollte<br />
man zu etwaigen Förderungen kommen. Aus<br />
meiner Sicht sind nicht irgendwelche Steueroder<br />
Finanzierungsunterstützungen sinnvoll,<br />
sondern man sollte Anreize in Form von Einmalzahlungen<br />
schaffen – im Sinne von „nur<br />
Bares ist Wahres“.<br />
Vorbei ist jedenfalls die Kurzarbeit, Kündigungen<br />
gab es meines Wissens am Bau relativ<br />
wenige beziehungsweise sind die Menschen<br />
wieder eingestellt worden und auch die ausländischen<br />
Arbeitskräfte, die wir dringend<br />
brauchen, sind wieder im Land. Auf den<br />
Baustellen gibt es ganz sicher Veränderungen<br />
aufgrund von COVID-19, die in Richtung<br />
Mehrnutzung von Verarbeitungsmaschinen,<br />
das Verwenden qualitativ hochwertigerer<br />
und schnellerer Materialien und sparsamer<br />
und effizienter Arbeitsleistung gehen werden.<br />
Unser Denken der Vergangenheit im Sinne<br />
von mehr, mehr, mehr … wird hoffentlich um<br />
den Leitspruch „mehr Klasse als Masse“ ergänzt.<br />
Qualität ist notwendig, um langfristig<br />
nutzbare Häuser zu bauen. Nicht nur die Qualität<br />
und die lange Haltbarkeit der Baustoffe,<br />
sondern am Ende auch die Nachnutzung im<br />
Sinne der Recyclingfähigkeit und Kreislaufwirtschaft<br />
werden in nächster Zeit große<br />
Themen sein. Höhere Qualität führt natürlich<br />
auch zu höheren Preisen, aber zu geringeren<br />
Mengen. Am Ende des Tages leben wir nicht<br />
von großen Mengen, sondern von guten Produkten<br />
und fairen Preisen dafür.<br />
Das Jahr 2021 wird jedenfalls sehr spannend<br />
und die Unternehmer werden sehr, sehr<br />
wachsam, aber nicht ängstlich den Markt beobachten<br />
müssen, um gegebenenfalls schnell<br />
reagieren zu können.<br />
64 BauTecFokus
„Ich sehe aufgrund<br />
neuer Chancen einer<br />
positiven Entwicklung<br />
entgegen.“<br />
Wolfgang Kradischnig<br />
Delta<br />
Wolfgang Kradischnig,<br />
Geschäftsführer Delta<br />
Gerade in der Bauwirtschaft werden wir eine<br />
Abschwächung der Aufträge erst zeitverzögert<br />
merken, weil die Krise vielen Einzelpersonen,<br />
Firmen und Institutionen viel Geld gekostet<br />
hat. Da werden doch einige überlegen, ob sie<br />
sofort, später oder gar nicht in Baumaßnahmen<br />
investieren sollten. Wichtig ist deshalb<br />
gerade jetzt, dass die Branche die Zeit nutzt<br />
und die notwendige Transformation der<br />
Wirtschaft in Hinblick auf den Klimawandel<br />
vorantreibt und neue nachhaltige Lösungen<br />
entwickelt. Mit totalen Umsatzeinbrüchen<br />
rechne ich nicht, sehr wohl aber mit einer Abschwächung<br />
des Auftragsvolumens. Generell<br />
sind die Preise noch hoch, sie werden aber im<br />
Herbst beziehungsweise Winter voraussichtlich<br />
zurückgehen. In der zweiten Jahreshälfte<br />
2020 könnte die Auslastung der Bauwirtschaft<br />
wieder auf ein normales Level ansteigen. Jene<br />
Unternehmen, die sich zukunftsorientierte<br />
Felder, wie das der Sanierung oder Revitalisierung<br />
von Altsubstanz oder Prozessverbesserungen<br />
durch Digitalisierung mit einem<br />
modernen partnerschaftlicheren Stil der Projektabwicklung,<br />
suchen, werden die Gewinner<br />
sein. Die Auswirkungen der Krise beeinflussen<br />
natürlich auch die Beschäftigungssituation.<br />
Ich vermute aber, dass diese Delle nicht allzu<br />
tief sein wird. Dadurch, dass es nicht viele Kündigungen<br />
gegeben hat und die Baustellen nicht<br />
längerfristig stillgestanden haben, gibt es hier<br />
meines Wissens im Bereich unserer Arbeitsgebiete<br />
keine großen negativen Auswirkungen.<br />
Die Abstandsregeln und der Mundschutz werden<br />
noch eine Zeit lang bleiben, aber mit steigendem<br />
Druck wegen der zusätzlichen Kosten,<br />
werden auch diese Maßnahmen schrittweise<br />
gelockert werden. Generell gehe ich davon aus,<br />
dass jene Unternehmen, die gut diversifiziert<br />
sind oder die Krise genutzt haben, um sich<br />
strategisch besser aufzustellen, erfolgreiche<br />
nächste Jahre erleben werden. Jene Unternehmen,<br />
die ein strategisches Defizit hatten oder<br />
von Kunden abhängig sind, die durch die Corona-Krise<br />
schwer getroffen wurden, werden<br />
es in Zukunft schwer haben. Zusammengefasst<br />
sehe ich jedoch aufgrund neuer Chancen einer<br />
positiven Entwicklung entgegen.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
65
Postionen & Meinungen<br />
„Die Digitalisierung<br />
wurde vom Trend zur<br />
Notwendigkeit, um<br />
Geschäftsprozesse am<br />
Laufen zu halten.“<br />
Peter Giffinger<br />
Saint-Gobain Österreich<br />
Peter Giffinger,<br />
CEO bei Saint-Gobain Österreich<br />
Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie<br />
beziehungsweise die damit einhergehenden<br />
Maßnahmen sind aus unserer Sicht weniger<br />
schlimm als befürchtet. Die Kurzarbeit konnte<br />
bei den meisten Unternehmen wieder beendet,<br />
der Baustellenbetrieb unter Einhaltung der<br />
Abstands- und Hygieneregeln weitgehend<br />
aufrechterhalten werden. Allerdings haben<br />
alle dafür notwendigen Maßnahmen in der<br />
Produktion, in der Logistik, beim Händler<br />
oder auf der Baustelle zu einem manchmal<br />
beträchtlichen Mehraufwand geführt; das<br />
betrifft durchwegs alle Prozesse entlang der<br />
Wertschöpfungskette. Es bleibt abzuwarten,<br />
wie sich dieses verzögerte Momentum in den<br />
nächsten Monaten auswirken wird. Aus Gründen<br />
des Arbeitsschutzes wird sich nach der<br />
Krise die modulare Bauweise noch schneller<br />
entwickeln. Die zunehmende Verlagerung von<br />
der Baustelle in die Vorfertigung wird auch<br />
dem Fachkräftemangel entgegenwirken, der<br />
derzeit aufgrund der geschlossenen Grenzen<br />
wieder evident ist. Saint-Gobain ist beim<br />
sogenannten seriellen Bauen ein innovativer,<br />
strategischer Partner zum Beispiel für die Fertigteil-<br />
oder Holzbauindustrie. In den letzten<br />
Wochen wurde die Digitalisierung vom Trend<br />
zur Notwendigkeit, um Geschäftsprozesse<br />
weiter am Laufen zu halten. Auch wir von<br />
Saint-Gobain konnten unsere Geschäftsprozesse<br />
und die unserer Kunden dank der Digitalisierung<br />
am Laufen halten. Dies nicht nur bei<br />
der Planung mit dem digitalen Baumanagement<br />
und systemübergreifenden BIM-Plugin,<br />
sondern auch beim täglichen Business – vom<br />
Dokumentenlauf über unsere Home-Office-<br />
Plattform bis hin zu digitalen Meetings. Wir<br />
werden in Zukunft noch stärker in den Bereich<br />
der digitalen Services investieren, aktuell liegt<br />
der Fokus im zielgruppengerechten Angebot<br />
von Webinaren. Das Jahr 2021 sehen wir vorsichtig<br />
optimistisch und wir hoffen, dass die<br />
unterschiedlichen Konjunkturmaßnahmen<br />
der österreichischen Bundesregierung – für<br />
die Bauwirtschaft die Pakete der Sanierungsund<br />
Bildungsoffensive – für die Ankurbelung<br />
der Wirtschaft sorgen.<br />
66 BauTecFokus
„Für das Jahr 2021<br />
sehen wir die<br />
Entwicklung je<br />
nach Assetklasse<br />
unterschiedlich.“<br />
„Die Sparte der Online-<br />
Vermarktung wird<br />
dank der Coronakrise<br />
weiter eine große<br />
Nachfrage erfahren.“<br />
Heinz Fletzberger<br />
SÜBA<br />
Heinz Fletzberger,<br />
Vorstand SÜBA<br />
Auf die Assetklasse Wohnen hat die COVID-<br />
19-Pandemie kaum Auswirkungen, die Nachfrage<br />
bei Wohnimmobilien ist mittlerweile<br />
wie vor Corona. Allerdings bleibt abzuwarten,<br />
wie die Banken weiter agieren. Momentan<br />
herrscht dort große Vorsicht sowohl bei Liegenschafts-<br />
und Projektfinanzierungen als<br />
auch bei der Kreditvergabe für den privaten<br />
Wohnungskauf. Im Wohnimmobilienbereich<br />
ist mit gleichbleibenden Preisen bei Wohnungseigentum<br />
und Miete zu rechnen, die<br />
Renditen bei Immobilieninvestments werden<br />
weiter sinken. Auswirkungen sehe ich sehr<br />
wohl in den Bereichen Retail, Hotellerie und<br />
Büroräumlichkeiten. Erhöhte Kosten und<br />
Umsatzverschiebungen wird es aufgrund der<br />
völligen Einstellung der Arbeit der Baubehörden<br />
geben. Ich rechne mit Verzögerungen<br />
von mindestens drei bis sechs Monaten bei<br />
Bauverhandlungen, Baubescheiden und somit<br />
auch Baustarts. In unserem Unternehmen<br />
konnten wir den Lockdown gut abfedern. Die<br />
SÜBA hat weder die Kurzarbeit in Anspruch<br />
genommen noch Mitarbeiter wegen COVID-19<br />
gekündigt. Wir waren drei Wochen im Home-<br />
Office und sind danach wieder sukzessive und<br />
abwechselnd ins Büro zurückgekehrt. Wie es<br />
weitergeht, wird sich zeigen und ist sehr wohl<br />
abhängig davon, ob eine zweite Welle kommt<br />
und wie die Regierung darauf reagiert. Kommen<br />
wir an einem erneuten Aufkeimen des<br />
Virus in Österreich vorbei, dann gehe ich von<br />
einer leicht steigenden Preisentwicklung im<br />
Sektor Wohnimmobilien aus. Gepusht wurde<br />
jedenfalls die Sparte der Online-Vermarktung<br />
(Augmented Reality). Diese wird durch Corona<br />
sicher eine noch größere Nachfrage<br />
erwarten dürfen.<br />
Michael Klement<br />
Invester<br />
Michael Klement,<br />
CEO Invester<br />
Wir vernehmen durch die COVID-19-Pandemie<br />
keine Auswirkungen auf die bestehenden<br />
Baustellen. Wichtig ist jedoch, dass sich<br />
sowohl die Bauherren als auch die Bauunternehmen<br />
an die neuen Sicherheitsvorschriften<br />
halten, um so einer Verbreitung vorzubeugen.<br />
In Bezug auf die Umsatzentwicklung kommt<br />
es durch COVID-19 zu zyklischen Verschiebungen,<br />
welche durch längere Planungszeiten<br />
verschärft werden. Glücklicherweise hatten<br />
wir bei Invester weder Kurzarbeit noch Kündigungen,<br />
im Gegenteil, wir haben unsere<br />
Mannschaft während der Krise sogar verstärkt<br />
und konnten neue Mitarbeiter hinzugewinnen.<br />
Da Invester selbst nicht ausführend auf<br />
den Baustellen tätig ist, hat sich in puncto<br />
Arbeitsbedingungen nicht viel verändert. Nur<br />
der Austausch mit der ÖBA vor Ort hat sich im<br />
Vergleich zu vorher noch weiter intensiviert.<br />
Generell konzentrieren wir uns weiterhin auf<br />
unsere Kernkompetenzen und sehen die Entwicklung<br />
im Jahr 2021 je nach Assetklasse unterschiedlich.<br />
Für unseren Tätigkeitsbereich<br />
sind wir vorsichtig optimistisch.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
67
Bauen & Technik<br />
Klimaneutral bis 2050<br />
Zementindustrie. Als Beitrag zur Umsetzung des „European Green Deal“ hat die europäische Zementindustrie<br />
eine Roadmap mit konkreten Zielen und Handlungsoptionen vorgelegt.<br />
„Ganz oben auf der<br />
Agenda stehen Ressourceneffizienz,<br />
Kreislaufwirtschaft<br />
und Digitalisierung.“<br />
Rudolf Zrost,<br />
Vereinigung der Österreichischen<br />
Zementindustrie (VÖZ)<br />
W<br />
ir wollen bis 2050 die Emissionen<br />
entlang der Wertschöpfungskette<br />
von Zement<br />
und Beton auf null reduzieren.<br />
Wir sind davon überzeugt, dass wir das<br />
schaffen“, erklärt Rudolf Zrost, Vorstandsvorsitzender<br />
der VÖZ. Bis 2030 sollen bereits 40 Prozent<br />
der CO2-Emissionen in der Wertschöpfungskette<br />
eingespart werden.<br />
Vorbild Österreich<br />
400 Millionen Euro investierte die österreichische<br />
Zementindustrie in den vergangenen<br />
zehn Jahren in den Umwelt- und Klimaschutz.<br />
Damit ist die Branche zweifacher Weltmeister:<br />
„Wir emittieren bei der Herstellung am<br />
wenigsten CO 2<br />
pro Tonne Zement. Und im<br />
weltweiten Vergleich haben wir in Österreich<br />
den Einsatz von Kohle, Öl und Gas am meisten<br />
zurückgedrängt: Mit etwa 80 Prozent<br />
Ersatzbrennstoffen führen wir das internationale<br />
Ranking mit Abstand an. Und drittens<br />
haben wir einen niedrigen Klinkeranteil von<br />
knapp 69 Prozent in unserem Zement – denn<br />
das Brennen des Zementklinkers ist ja der<br />
Prozessschritt, bei dem das CO2 anfällt“, so<br />
Rudolf Zrost.<br />
Österreich ist international ein Vorbild,<br />
bestätigt auch Sebastian Spaun, VÖZ-Geschäftsführer:<br />
„Wir haben einen weiteren<br />
bedeutenden Vorsprung, um den uns andere<br />
beneiden: Wir haben in Österreich mit den<br />
Zyklonvorwärmeöfen die neueste Technologie<br />
flächendeckend im Einsatz, mit der<br />
wir die entstehende Abwärme konsequent<br />
nutzen.“ Im aktuellen Online-Jahresbericht<br />
werden Zahlen, Daten und Fakten zur Leistung<br />
der österreichischen Zementindustrie<br />
präsentiert.<br />
Die österreichische Zementindustrie erzielte<br />
im Jahr 2019 bei einem leichten Rückgang<br />
der Produktion ein Plus im Umsatz: Die acht<br />
Zementwerke in Österreich produzierten 2019<br />
mit 5,23 Millionen Tonnen Zement um 0,2 Prozent<br />
weniger als im Vorjahr. Der Jahresumsatz<br />
erhöhte sich um 3,1 Prozent auf 445,1 Millionen<br />
Euro.<br />
Stolz sind Zrost und Spaun auf die anhaltend<br />
hohen Investitionen der Zementwerke: Die<br />
Anlageinvestitionen sind 2019 ausgehend<br />
vom hohen Vorjahrsniveau noch einmal um<br />
fast fünf Prozent gestiegen und betrugen 75,2<br />
Millionen Euro, wiederum ein historischer<br />
Höchststand. Das Investment in Klima- und<br />
Umweltschutzmaßnahmen ist mit 33,8 Mio.<br />
Euro auf anhaltend hohem Niveau. „Die österreichische<br />
Zementindustrie ist in puncto<br />
Umweltschutzmaßnahmen und niedrigste<br />
Emissionen international nach wie vor die unangefochtene<br />
Nummer 1“, so Zrost.<br />
Die absoluten CO2-Emissionen sind um<br />
2,8 Prozent zurückgegangen.<br />
Das erste Halbjahr 2020 war für die heimische<br />
Zementindustrie turbulent: Durch das Coronavirus<br />
wurden von einem Tag auf den anderen<br />
alle Baustellen – und damit auch die Zementproduktion<br />
– gestoppt. Mittlerweile zeigt<br />
sich die Branche jedoch wieder optimistisch,<br />
begonnene Projekte werden fortgeführt. „Wir<br />
freuen uns über die Investitionsbereitschaft in<br />
68 BauTecFokus
den Infrastrukturbereich, jedoch macht uns<br />
die angespannte Budgetsituation von Ländern<br />
und Gemeinden Sorge“, meint Spaun.<br />
„Ganz oben auf der Agenda stehen Ressourceneffizienz,<br />
Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung,<br />
hier kann unsere Branche viel<br />
beitragen. Unsere Produkte müssen auch so<br />
intelligent und effizient wie möglich eingesetzt<br />
werden. Heizen und Kühlen durch thermisch<br />
aktivierte Bauteile ist beispielsweise<br />
längst in der Baubranche angekommen und<br />
wird bereits im sozialen Wohnbau eingesetzt“,<br />
so Spaun. Ein Knackpunkt für die Zukunft ist<br />
die Carbonatisierung von Beton. Beton wirkt<br />
wie ein CO2-Schwamm, wenn der Baustoff der<br />
Luft ausgesetzt ist, bindet er CO2 dauerhaft<br />
ein. „Knapp ein Viertel des bei der Zementherstellung<br />
erzeugten CO2 wird im Lebenszyklus<br />
wieder eingebunden – in Summe ist das eine<br />
große CO2-Senke“, so Spaun.<br />
Rohstoff CO2<br />
Der Startschuss für den nächsten Meilenstein<br />
in puncto Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft<br />
fiel vor wenigen Tagen. Lafarge Zementwerke<br />
entschied gemeinsam mit OMV,<br />
Verbund und Borealis eine Zusammenarbeit<br />
für die Abscheidung und Nutzung von CO2.<br />
Bei dem Pilotprojekt „Carbon2ProductAustria“<br />
(C2PAT) wird CO2 aus der Zementherstellung<br />
abgeschieden und zum wertvollen<br />
Rohstoff für neue Produkte, beispielsweise<br />
hochwertige Kunststoffe. Diese können am<br />
Ende ihres Lebenszyklus wieder als Brennstoff<br />
eingesetzt werden – so wird CO2 im<br />
Stoffkreislauf genutzt! Bis 2030 will das Konsortium<br />
den jährlichen Ausstoß des Zementwerks<br />
Mannersdorf in Niederösterreich von<br />
700.000 Tonnen CO2 mithilfe von grünem<br />
Wasserstoff zu neuen Produkten verarbeiten.<br />
Diesbezüglich erweist sich die Zementindustrie<br />
erneut als Innovationstreiber.<br />
„Wir wollen bis 2050<br />
die Emissionen entlang<br />
der Wertschöpfungskette<br />
von Zement<br />
und Beton auf<br />
null reduzieren.“<br />
Sebastian Spaun,<br />
Vereinigung der Österreichischen<br />
Zementindustrie (VÖZ)<br />
Aus dem Aufzugsschacht entweicht unkontrolliert Energie –<br />
aber wieviel und was kostet Sie das genau?<br />
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<strong>Sommer</strong> 2020<br />
69
Ingrid Fitzek-Unterberger<br />
Präsidetin Salon Real Club von und für Frauen in der<br />
Immobilienwirtschaft, ist Bereichsleiterin Marketing<br />
& Kommunikation der BUWOG Group, zuständig für<br />
Österreich und Deutschland.<br />
Nachhaltigkeit im Wohnbau – jetzt erst recht<br />
Kommentar: Ingrid Fitzek-Unterberger<br />
Die hoch gepriesene<br />
Globalisierung der vergangenen<br />
Dekaden entwickelte<br />
sich 2020 zur Wurzel allen<br />
Übels: Ein Virus, das auf<br />
einem Markt in China vermeintlich<br />
seinen Ursprung<br />
hat, verbreitete sich in<br />
rasendem Tempo über den<br />
gesamten Globus — Menschen<br />
auf (Dienst-)Reisen<br />
sei Dank. Während nun<br />
viele aufgrund der von der<br />
Regierung ausgerufenen<br />
Beschränkung der Reisefreiheit<br />
auf ihren diesjährigen<br />
Urlaub mit mehr oder<br />
weniger überschaubaren<br />
Verlusten verzichten müssen<br />
und Videokonferenzen<br />
anstelle von Dienstreisen<br />
zum Usus wurden, hatte der<br />
plötzliche Stopp von Produktionen<br />
und Transporten<br />
weitreichende Folgen. Selbst Unternehmen, die sich den ausschließlich<br />
regionalen Bezug von Produkten und Materialien auf die Fahnen<br />
heften können, kamen aufgrund der Corona-Krise in wirtschaftliche<br />
Schwierigkeiten. Auch in Österreich standen für einige Wochen beinahe<br />
alle nicht systemrelevanten Betriebe still. Schlimmer traf bzw.<br />
trifft es jene, die auf Lieferungen und Arbeitskräfte aus dem Ausland<br />
angewiesen sind, wie zum Beispiel die Baubranche. Mittlerweile sind<br />
die Grenzen zu Österreichs Nachbarländern wieder so gut wie uneingeschränkt<br />
passierbar, doch der Verzug, der sich bei vielen Projekten<br />
ergab, ist so schnell nicht wieder aufzuholen. Bei Produkten bzw.<br />
Rohstoffen, die beispielsweise aus Südamerika oder Asien importiert<br />
werden, ist auch weiterhin mit Lieferschwierigkeiten zu rechnen. Und<br />
obwohl auch der Bezug von<br />
Produkten, die zur nachhaltigen<br />
Entwicklung von<br />
Immobilienprojekten benötigt<br />
werden, derzeit nicht<br />
uneingeschränkt möglich<br />
ist, wurde die Bedeutung<br />
nachhaltiger Maßnahmen<br />
insbesondere im Wohnbau<br />
noch stärker sichtbar: Ein<br />
Großteil der Österreicherinnen<br />
und Österreicher<br />
verbrachte im ersten<br />
Halbjahr 2020 so viel Zeit<br />
Zuhause wie sonst nie. Dies<br />
hatte einen gestiegenen<br />
Energieverbrauch –— u.a.<br />
bedingt durch Home Office<br />
— zur Folge, der nur durch<br />
Maßnahmen, die einer<br />
Steigerung der Energieeffizienz<br />
dienlich sind, nicht in<br />
explodierenden Energiekosten<br />
resultierte. Auch mikroklimatische<br />
Effekte, beispielsweise hervorgerufen durch die Begrünung<br />
von Fassaden, Innenhöfen und Dächern, machten sich schon vor<br />
dem <strong>Sommer</strong> bemerkbar, ebenso effizient geschnittene Grundrisse,<br />
die z.B. die Möglichkeit zum Querlüften bieten. Wurde in Wohnbauprojekten<br />
auch dem sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit Rechnung getragen,<br />
so konnten sich die Bewohnerinnen und Bewohner während<br />
der Ausgangsbeschränkungen über räumliche Abwechslung, z.B. mit<br />
Sportgeräten ausgestattete Gemeinschaftsräume, freuen. Die logische<br />
Schlussfolgerung daraus: Nachhaltigkeit im Wohnbau ist nicht nur<br />
ein Zeichen für den Klimaschutz, auch die darin wohnenden Menschen<br />
profitieren davon — insbesondere in Krisenzeiten —, weshalb<br />
Bauträger auch in Zukunft noch stärker darauf setzen sollten.<br />
70 BauTecFokus
BauMarketing<br />
Gedankensplitter zum Marketing<br />
als regelmäßige Kolumne.<br />
Mensch, mach Social Media!<br />
Vom Posting zum Social-Media-Profi<br />
Regelmäßiger Kommentar: Alexander Bosak & Philipp Kaufmann<br />
Plattformen wie Facebook, Instagram, aber auch XING und LinkedIn<br />
sind noch keine Jahrzehnte alt, sind aber dennoch nicht mehr aus unserem<br />
Alltag wegzudenken und haben einen fixen Bestandteil in unserem<br />
Leben. Jede Branche und jedes Unternehmen ist davon anders betroffen,<br />
aber keiner kommt daran vorbei. Kommunikation findet auf diesen Kanälen<br />
statt und wer wissen will, was über einen gesprochen wird, sollte<br />
die Kanäle nutzen. Dieser passive Zugang ist unserer Erfahrung nach das<br />
Mindestmaß an Engagement eines jeden Bauunternehmens. Einzige<br />
Voraussetzung für diese „Passivität“ ist es, sich einzuklinken, einen<br />
Account zu eröffnen und sich damit zu beschäftigen.<br />
Passivität ist ein Must, Aktivität ist gefragt<br />
Der erste Schritt in diese neue Welt ist vergleichbar mit einer Büroadresse<br />
in der realen Welt. Ja, es gibt Unternehmen, die auch ohne Büro,<br />
ohne Adresse existieren, aber ein seriöses Unternehmen ist erreichbar,<br />
hat einen Standort. Genauso verhält es sich in der virtuellen Welt – mit<br />
einem Unterschied: Nutzer können dort einem Unternehmen einen<br />
„Standort“ geben, auch ohne, dass dieses davon Bescheid weiß. So kann<br />
jeder User beispielsweise auf Facebook für ein Unternehmen eine Seite<br />
eröffnen. Dort können Kunden Feedback hinterlassen und sich über die<br />
Produkte des Unternehmens austauschen. Wenn der Bauunternehmer<br />
das nicht weiß, weil er nicht online ist, findet die Kommunikation trotzdem<br />
statt, nur eben ohne ihn. Daher ist es ein absolutes Must, sich zu<br />
registrieren und die Seiten selber zu launchen beziehungsweise in<br />
Anspruch zu nehmen. Als Unternehmer bin ich auf allen Plattformen<br />
berechtigt, derartige Seiten zu meinen zu machen - es ist ja auch mein<br />
Unternehmen, oftmals meine Marke.<br />
Der nächste Schritt ist, sich aktiv einzubringen. Dies beginnt mit der bewussten<br />
Entscheidung, auf welchen Plattformen man präsent sein will.<br />
An den großen, wie LinkedIn, XING oder Facebook kommt eigentlich<br />
keiner vorbei. Ob Pinterest oder TikTok auch relevant und notwendig<br />
sind, hängt von den Unternehmens- und Kommunikationszielen ab und<br />
muss individuell entschieden werden. Danach folgt der richtige Auftritt<br />
mit Logo, umfassender Information zum Unternehmen und der Umsetzung<br />
von folgenden drei Maßnahmen:<br />
1. Monitoring: Der eigene Auftritt, aber auch die Konkurrenz sind laufend<br />
zu überwachen und auf Anfragen ist schnell zu reagieren.<br />
2. Content: Der Inhalt ist regelmäßig in guter und authentischer Qualität<br />
zu erstellen – hier hilft ein gut geplanter Redaktionsplan.<br />
3. Werbung: Geld ist zu investieren. Facebook bietet Reichweite nicht<br />
gratis, diese ist mit Geld zu kaufen und dafür gilt es zu investieren.<br />
All dies ist kein Buch mit tausend Siegeln – wir helfen hier gerne und<br />
bieten kostenlose Webinare an. www.immo-timeline.at/webinare<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
71
#7<br />
BauKaufmann<br />
Regelmäßige Kolumne über Fakten<br />
und Inhalte, die verändern und prägen<br />
Brücken bauen für<br />
die Branche der Brüche<br />
Kommentar: Philipp Kaufmann<br />
Montag, 8.23 Uhr. Einmaliges geschieht: Das Telefon läutet und Geschäftsführer<br />
Hubert Allmächtig ist am Telefon. Max ist nervös und<br />
angespannt. Hat er eine Aufgabe letzte Woche nicht ordnungsgemäß<br />
erledigt, was ist am Wochenende passiert und warum kann er jetzt<br />
nicht in Ruhe seinen Morgenkaffee trinken?<br />
Allmächtig ruft normalerweise nicht selber an, oft lässt er anrufen<br />
und Termine weit im Voraus abstimmen; wobei „abstimmen“ nicht<br />
bedeutet, mitreden zu dürfen, aber dem Geschäftsführer ist es wichtig,<br />
den richtigen Eindruck zu erwecken und schlussendlich passen<br />
die von ihm beziehungsweise seiner Assistentin vorgeschlagenen<br />
Termine den Mitarbeitern immer gut in deren Zeitplan. Zumindest<br />
hat Allmächtig diese Vorstellung und tatsächlich wagt sich keiner mit<br />
eigenen Vorschlägen aus der Deckung. So werden private Termine<br />
verschoben und schnell die Geburtstagsfeier der Tochter auf einen<br />
anderen Tag verlegt, damit der abgestimmte Termin wahrgenommen<br />
werden kann.<br />
An diesem Morgen wird aber kein langfristiges Meeting vereinbart,<br />
sondern es geht um einen Spontantermin, ein sofortiges Treffen.<br />
Max steht, während Allmächtig mit ihm telefoniert, und hört aufmerksam<br />
zu, will jeden Zwischenton verstehen und heraushören,<br />
was los ist. „Kommen sie bitte zu mir. Wir<br />
müssen schnell handeln und ich brauche<br />
ihr Organisationstalent!“, so Allmächtig.<br />
Max antwortet ohne auch nur eine Sekunde<br />
nachzudenken: „Ja, verstanden. Ich bin<br />
schon auf dem Weg.“ Noch schnell das Sakko<br />
angezogen und die Krawatte gerichtet, denn<br />
er weiß, Allmächtig legt darauf besonderen<br />
Wert. Nicht nur einmal hörte er die Sätze:<br />
„Der erste Eindruck zählt.“ oder „Wer sich<br />
nicht richtig anziehen kann, kann auch nicht<br />
richtig arbeiten.“ Gelernt ist gelernt und Max<br />
versteht es außergewöhnlich gut, sich anzupassen<br />
und zu lernen.<br />
Max<br />
Max liebt seinen Job und ist Mitarbeiter bei einem<br />
österreichischen Immobilienunternehmen. Er nimmt<br />
seine Aufgaben ernst, ist bemüht und möchte alles<br />
richtig machen. Gelingt ihm das immer?<br />
Oben angekommen, war das Spontan-Meeting eine klare Sache. „Bitte<br />
bereiten Sie die Wohnung Kaltenbrunnenweg 2, Top 32 für eine behinderte<br />
Dame vor, bauen Sie um und bereiten Sie alles für den nächsten<br />
Monat vor.“ – so einfach und klar die Anweisung. Jegliche Nervosität<br />
war völlig unbegründet gewesen. Es ging um eine Vermietung, die auf<br />
Wunsch des Aufsichtsrates, von ganz oben also, besondere Leistungen<br />
erfordert und dafür kann nur, wie Max weiß, er in Frage kommen.<br />
Wenn es um besondere Aufgaben geht, ist er der Richtige und er wird<br />
Allmächtig, wie immer, nicht enttäuschen. Auf ihn kann sich die Geschäftsführung<br />
verlassen.<br />
Max legte los und baut um: Die Eingangstür wird vergrößert, alle Türen<br />
ausgetauscht, alle Schalter auf Rollstuhl-Niveau versetzt, das Bad um<br />
den Nebenraum und das bisher getrennte WC<br />
vergrößert, damit das WC und die Dusche mit<br />
einem Rollstuhl benutzbar sind. Der Sanitärraum<br />
ist jetzt keine „Wohlfühloase“ mehr, aber<br />
überaus praktisch und mit einem Notausschalter<br />
bestens ausgestattet. Max ist mit dem Umbau<br />
und sich zufrieden. Geschafft. Der Tag der<br />
Übergabe steht am Programm. Aber wider Erwarten:<br />
Großes Entsetzen, große Verwirrung<br />
und alles andere als Lob und Bewunderung für<br />
die großartige Leistung. Max versteht die Welt<br />
nicht mehr. Der Grund, die neue Mieterin ist<br />
blind und hätte gerne in einer Wohlfühloase<br />
mit getrenntem WC gewohnt.<br />
Cartoon: Jelio A. Stefanov<br />
72 BauTecFokus
Zum Autor<br />
Harald Greger ist Geschäftsführer des AFI – Aluminium-<br />
Fenster-Institut. Der 1987 gegründete Verein ist eine<br />
spartenübergreifende Kooperation österreichischer Gewerbe-,<br />
Industrie- und Handelsunternehmen.<br />
Genau betrachtet ...<br />
sind ALUFENSTER die Nummer 1<br />
Kommentar: Harald Greger<br />
Aussagen über Werkstoffe werden in erster Linie von Interessensgruppen<br />
getätigt und sind daher nach den zugrundeliegenden<br />
Prämissen zu differenzieren. Fensterwerkstoffe bilden dabei keine<br />
Ausnahme – im Gegenteil, sie waren in den letzten Jahrzehnten eher<br />
Vorreiter in Sachen Verwirrung. Um für Architekten, Bauherren und<br />
Nutzer mehr Transparenz zu schaffen, hat der Verein zur Erhebung<br />
von Informationen über Aluminiumfenster und -fassaden in den letzten<br />
Jahren eine Reihe von Studien und Analysen veranlasst.<br />
Technische Universität & Gemeinde Wien forschen<br />
Der wichtigste Kooperationspartner bei den umfangreichen Tests<br />
und Analysen war die Arbeitsgemeinschaft der Hersteller von Metall-<br />
Fenster/Türen/Tore/Fassaden der Wirtschaftskammer Österreich.<br />
Fachkundige Studienleiter waren das Institut für interdisziplinäres<br />
Bauprozessmanagement der Technischen Universität Wien, die MA39<br />
– Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungsstelle der Stadt Wien, die bau-<br />
Xund und die M.O.O.CON.<br />
Lebens-Zyklus-Künstler<br />
Wirtschaftliche und ökologische Potentiale alternativer Fensterwerkstoffe<br />
wurden einem harten Test unterzogen. Dabei wurden nicht – wie<br />
meist üblich – nur die Investitionskosten und die bei der Herstellung<br />
entstehenden Umweltauswirkungen betrachtet. Vielmehr flossen die<br />
gesamten finanziellen und auf die Ökobilanz bezogenen Auswirkungen<br />
unterschiedlicher Fenstermaterialien über den gesamten Gebäudelebenszyklus<br />
hinweg in die Untersuchungen ein. Diese um fassende<br />
Betrachtung führte im Gegensatz zur reinen Feststellung des Erstaufwandes<br />
zu einer gänzlich anderen Beurteilung sowohl der Kosten als<br />
auch der damit einhergehenden Auswirkungen auf die Umwelt.<br />
Alufenster sind besonders wirtschaftlich<br />
Analysiert man die Kosten, die für Fenster im Laufe eines Gebäudelebens<br />
aufgewendet werden, zeigt sich, dass Alufenster die wirtschaftlichste<br />
Variante darstellen. Ersatzinvestitionen bleiben beim Fenstermaterial<br />
weitgehend aus – daher fällt die langjährige Betrachtung<br />
positiv aus.<br />
Überraschend: Alufenster mit geringsten Umweltfolgen<br />
Die Untersuchung der ökologischen Auswirkungen erfolgte mittels<br />
Ökobilanzberechnung. Das ist das auf Gebäudeebene übliche Bewertungsverfahren.<br />
Die Ökobilanz wird immer anhand bestimmter Wirkkategorien<br />
berechnet. Die Phasen der Herstellung, der Nutzung sowie<br />
die Entsorgung werden realitätsbezogen berücksichtigt. Diese langfristige<br />
Betrachtung kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Das<br />
Aluminiumfenster weist hinsichtlich der untersuchten Kategorien<br />
die geringsten Auswirkungen auf. Das kommt vor allem daher, dass<br />
das Grundmaterial Aluminium nach einer langen Lebensdauer einem<br />
hochwertigen stofflichen Recycling zugeführt werden kann. Andere<br />
Fensterrahmenmaterialien sind zwar in der Phase der Herstellung<br />
durch einen zunächst geringeren Energiebedarf weniger umweltschädlich,<br />
letztendlich schlagen sich jedoch Faktoren wie niedrigere<br />
Gutschriften aus Materialrückgewinnung oder eine energieintensive<br />
thermische Verwertung am Ende ihres Lebensweges ungünstig in deren<br />
Ökobilanz nieder.<br />
Aluminium-Fenster-Institut veröffentlicht<br />
erfreuliche Ergebnisse<br />
Fenster- und Fassadensysteme, die die Gemeinschaftsmarke ALU-<br />
FENSTER führen, verursachen bei der Betrachtung über das gesamte<br />
Gebäudeleben im Vergleich zu anderen Fenstern weniger Kosten und<br />
belasten die Umwelt in einem geringeren Ausmaß.<br />
Studienlinks:<br />
http://www.alufenster.at/positionspapier<br />
http://www.alufenster.at/fensterstudie<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
73
IMPRESSUM<br />
Vorschau<br />
Lesen Sie in der<br />
nächsten Ausgabe:<br />
Infrastruktur: Tiefbau & Infrastruktur - Flächenheiz- &<br />
Kühlsysteme - Fuhrpark & Gerätemanagement -<br />
Großprojekte im Straßen- und Brückenbau - Zu Tisch<br />
mit … - Das große Interview mit …<br />
Medieneigentümer<br />
Real Estate Media Group GmbH<br />
Handelskai 94-96<br />
A-1200 Wien<br />
Tel. +43 1 890 18 26-100<br />
office@media-group.immo<br />
www.media-group.immo<br />
Herausgeber<br />
Mag. Michael Neubauer<br />
Chefredaktion<br />
Mag. Lisa Grüner<br />
Grafik & Layout<br />
Marianne Pratscher, Sibylle Exel-Rauth<br />
Lektorat<br />
Mag. Bettina Trauner<br />
Redaktion<br />
Amelie Miller, Ferdinand Neubauer<br />
Autoren dieser Ausgabe<br />
Andreas Altstädter, Patrick Baldia, Lisa Grüner,<br />
Amelie Miller, Ferdinand Neubauer, Michael<br />
Neubauer, sowie die Kommentatoren.<br />
ERSCHEINUNGSTERMIN: Herbst 2020<br />
Aktuell informiert auf:<br />
www.bautecfokus.at<br />
Fotos<br />
wenn nicht anders angegeben:<br />
Real Estate Media Group / Katharina Schiffl,<br />
Real Estate Media Group / Michael Hetzmannseder<br />
Druck<br />
Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H<br />
DER IMMOFOKUS WENDET SICH IM SINNE<br />
DER GLEICHSTELLUNG GLEICHERMASSEN AN<br />
FRAUEN UND MÄNNER. AUS GRÜNDEN DER<br />
ÜBERSICHTLICHKEIT UND VERSTÄNDLICHKEIT<br />
KANN ES BEI DEN BEITRÄGEN VORKOMMEN,<br />
DASS NUR DIE MASKULINE ANSPRECHFORM<br />
VERWENDET WIRD.<br />
BauTecFokus ist Mitglied bei:<br />
74 BauTecFokus
Zum Autor<br />
Frank Brün ist Managing Partner bei Phorus Management.<br />
Von 2016 bis 2019 Vorsitzender des Vorstands RICS<br />
Österreich und Mitglied der RICS Continental European<br />
Standards Board (CESB).<br />
CORONA und RICS<br />
Kommentar: Frank Brün<br />
RESILIENZ: Mit Corona wurde der Begriff auf dem Weg zum New-<br />
Normal häufiger gebraucht. Den Weg zur Erhaltung der „psychische[n]<br />
Widerstandskraft; Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne<br />
anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen“ (Duden) haben alle unterschiedlich,<br />
auf ihre eigene Art, beschritten. Ein Freund spricht mit<br />
seinen Topfpflanzen, ein anderer dreht beim Arbeiten den Fernseher<br />
auf und ich spreche gerne mit unserer Katze. Eine Herausforderung<br />
war anfangs auch die Erhaltung von persönlichen Mindeststandards.<br />
Ein Kollege wollte diskutieren, ob es in Ordnung sei, beim Arbeiten<br />
den Schlafanzug anzubehalten oder möglicherweise ein Anruf des<br />
Chefs beim Gang auf die Keramikabteilung anzunehmen. Mit der<br />
Regelmäßigkeit von Zoom- und MS-Teams Online-Calls hat sich diese<br />
Frage schließlich erledigt.<br />
HOME-OFFICE: Mit dem Lockdown gelangte das sonst oft geschmähte<br />
Home-Office zu neuer Blüte. Es heißt, Home-Office sei wie Schulpflicht<br />
– nur schlimmer. Es gibt keine Entschuldigung mehr,<br />
nicht am Rechner zu sitzen. Webinare sind das neue großartige<br />
Medium zur Akquise. Es gab sogar welche als „After-Work“ für<br />
Weinfreunde. Nach der ersten Schockstarre sorgten Online-Meetings<br />
für Abwechslung, was jedoch durch den Blick von unten auf die<br />
Kollegen in ihre weit geöffneten Nasenlöcher nicht ganz mit dem<br />
Plausch am Caféautomaten im Pausenraum zu vergleichen ist. Ein<br />
Anblick, der in Erinnerung bleibt. In Zoom schaut meistens jeder<br />
auf die anderen herab. Mit leichtem Silberblick, weil er lieber die<br />
Qualität seines eigenen Konterfeis auf dem Bildschirm kontrolliert,<br />
als in die Kamera zu schauen. In Erinnerung bleibt auch die<br />
schlechte Tonübertragung, wenn bei den schicken InEar-Kopfhörern<br />
Bluetooth hakt oder die grausame Bildqualität, wenn die<br />
Kinder zeitgleich auf Netflix streamen. Unvergesslich auch bei<br />
Zoom die schönen Panoramahintergründe der Kollegen, die das<br />
Idyll vom Häuserl in Kärnten oder an der Donau bieten sollten,<br />
wenn auch das Gegenlicht leicht blendet. Die Angeber!<br />
Webinar, Streamen oder Online-Meeting. Begriffe, die heute jeder<br />
8-jährige erklären kann. Die etwas Älteren unter uns haben dank<br />
Lockdown vielleicht einen solchen daheim, den sie fragen können. Die<br />
deutsche Sprache hätte sonst so viel zu bieten, es braucht aber nicht<br />
immer Anglizismen: zum Beispiel das Wort Assetmanagementquartalsgesprächtelefontermin,<br />
so was gibt es nur bei uns.<br />
In einem viral gegangenen Video weist ein Herr für die deutsche Gesellschaft<br />
der Psychiater darauf hin, dass man zurzeit von Anrufen<br />
überschwemmt würde und dass es in Zeiten der Quarantäne völlig<br />
normal sei, wenn man mit Wänden, Blumen oder sonstigen Gegenständen<br />
spricht. Er bittet darum, erst anzurufen, wenn sie einem antworten.<br />
Meine Katze antwortet mir schon seit Jahren, also kein Grund<br />
zur Beunruhigung<br />
ANGLIZISMEN: Mit dem Einzug der weiteren Digitalisierung<br />
mehrte sich auch der Gebrauch von Anglizismen wie Home-Office,<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
75
Im Fokus<br />
Zum Autor<br />
Hannes Gerstmann ist Sprecher des Bundesverbandes<br />
Sonnenschutztechnik Österreich. Den Bezug zur Praxis hält er<br />
durch sein Planungsbüro, das sich mit der nutzerorientierten<br />
Optimierung transparenter Flächen beschäftigt, aufrecht.<br />
Sonnenschutzbranche zeigt sich krisensicher<br />
Kommentar: Hannes Gerstmann<br />
Gute Nachrichten in schwierigen Zeiten: Der Klimawandel, aber auch<br />
das energieeffiziente Bauen mit großen, nach Süden ausgerichteten<br />
Glasflächen stimuliert den Sonnenschutzmarkt. Damit werden an die<br />
10.000 lokalen Arbeitsplätze in den Bereichen Beratung, Verkauf,<br />
Produktion und Montage gesichert und knapp eine Milliarde Wertschöpfung<br />
in der D-A-CH-Region generiert.<br />
Die Saison für die Sonnenschutzindustrie beginnt traditionell im März.<br />
Leider fiel das heuer mit dem Beginn der Corona-Krise zusammen. Eine<br />
Umfrage bei den wichtigsten Betrieben der Sonnenschutzbranche zeigt,<br />
wie man die Zeit des Lockdown überstand, welche Probleme es zu meistern<br />
galt und immer noch gilt und was man vom heurigen Geschäftsjahr<br />
erwarten kann.<br />
Das Frühjahr hatte sehr gut begonnen, aber dann kam das große<br />
Schließen und verursachte beträchtliche Unsicherheit<br />
hinsichtlich der weiteren Entwicklung<br />
des Geschäftsjahres. Über<br />
etliche Wochen sank das Auftragsvolumen<br />
deutlich, was zu erheblichen<br />
Umsatzeinbußen führte.<br />
Die Betriebe mussten unterschiedlich<br />
reagieren.<br />
Jene, die durch die Tiroler<br />
Quarantäneverordnung massiv<br />
betroffen waren, sahen sich<br />
gezwungen, die Produktion stillzulegen.<br />
Andere wiederum konnten<br />
durch Drosselung der Produktion<br />
und vorübergehende Kurzarbeit den Betrieb einigermaßen aufrechterhalten.<br />
Und es gab auch Firmen, die alle Unternehmensbereiche am<br />
Laufen halten konnten.<br />
Seit 16. April dürfen Fachhändler die Kunden wieder in ihren Schauräumen<br />
betreuen und man spürt den Nachholbedarf. Mit der Krise ist das<br />
eigene Zuhause wieder in den Fokus der Menschen gerückt; vor allem<br />
Produkte für das Leben draußen erfreuen sich großerBeliebtheit. Dazu<br />
kommt das Bewusstsein für die Klimaerwärmung und die Notwendigkeit,<br />
die Wohnung oder das Haus auf sommertauglich zu trimmen. Die<br />
Aufträge dafür liegen daher derzeit teilweise bei 100 % über denen in<br />
den Vergleichswochen des Vorjahres. Diese positive Entwicklung ist<br />
sehr erfreulich, die Umsetzung forderte die Branche jedoch enorm: Einerseits<br />
ist man am Limit der verfügbaren Kapazitäten und andererseits<br />
bereitet die Krise auch im Nachgang große logistische Probleme. Ein<br />
besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang vielen disziplinierten<br />
und verantwortungsbewussten Mitarbeitenden, die maßgeblich dazu<br />
beigetragen haben, dass trotz Krise kein Chaos ausbrach.<br />
Die Prognose für 2020 ist, wenn sich die Lage<br />
stabilisiert und nichts Unvorhersehbares<br />
geschieht, durchwegs optimistisch. Es ist<br />
nicht unwahrscheinlich, dass die Sonnenschutzbranche<br />
trotz Corona das Geschäftsjahr mit<br />
einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr abschließen wird.<br />
Nach der Finanzkrise von 2008, welche die Sonnenschutzindustrie<br />
wesentlich weniger hart traf als viele andere,<br />
schaut es derzeit so aus, als ob auch die Pandemie gut<br />
überstanden werden könnte.<br />
76 BauTecFokus
Zum Autor<br />
Yasmin Obojkovits leitet die Abteilung Baumanagement der<br />
EHL Immobilien Management und ist in dieser Funktion für<br />
die Koordination von baulichen Erhaltungsarbeiten bis hin zu<br />
Büro- und Wohnungsumbauten, verantwortlich.<br />
Die COVID-19-Pandemie fordert<br />
innovative Lösungen<br />
Kommentar: Yasmin Obojkovits<br />
Das Coronavirus mitsamt seinen wirtschaftlichen Folgen hat auch<br />
die Baubranche unerwartet vor große Herausforderungen gestellt.<br />
Unmittelbar nach dem Lockdown haben vor allem große Baufirmen<br />
mit einem österreichweit temporären Baustopp reagiert, welcher nur<br />
schrittweise und mithilfe von verschärften Schutzmaßnahmen wieder<br />
hochgefahren werden konnte. Es zeigt sich jedoch, dass die gesetzten<br />
Schritte einen beträchtlichen Einfluss auf den Bauablauf haben. So erfordern<br />
etwa die notwendigen Hygienemaßnahmen auf der Baustelle<br />
neben erschwerten Arbeitsbedingungen auch einen erhöhten Koordinationsaufwand.<br />
Die Beschränkungen an den innereuropäischen<br />
Grenzen, wodurch ein nicht unerheblicher Anteil der Arbeitskräfte<br />
nicht einreisen durfte, führten ebenfalls zu Verzögerungen beim Baufortschritt.<br />
Verschärfend kommen auch Engpässe bei Materiallieferungen<br />
aus dem globalen Markt hinzu. Generell ist eine Bewertung der<br />
monetären Auswirkungen natürlich projektspezifisch unterschiedlich,<br />
es kann jedoch von erhöhten Baustellengemeinkosten<br />
und einer möglicherweise<br />
verlängerten Bauzeit ausgegangen werden.<br />
und Immobilienbranche war und immer noch ist, so wichtig ist es, daraus<br />
positive Impulse für die Zukunft zu ziehen. Neben den Investoren<br />
und ausführenden Firmen werden auch Architekten und Konsulenten<br />
gleichermaßen vor komplexe Aufgaben gestellt. In Hinblick auf die<br />
Zukunft sollten die Erkenntnisse der Krise als Chance gesehen werden,<br />
aktuelle Themen wie etwa Digitalisierung und Green Building voranzutreiben.<br />
Es gilt, innovative Ideen und Lösungen in puncto Raumgestaltung,<br />
alternative Kommunikationswege und ressourcenschonendes,<br />
nachhaltiges Bauen zu entwickeln, um flexibel auf veränderte<br />
Lebensumstände reagieren zu können. Wir, das EHL Baumanagement,<br />
haben z.B. Vergabeverfahren und Baubesprechungen durchaus erfolgreich<br />
und effizient online abgehalten. Abgesehen von den zahlreichen<br />
Schwierigkeiten und Herausforderungen hat die COVID-19-Krise mit<br />
Sicherheit einen Umdenkprozess angestoßen, wovon die Branche auf<br />
lange Sicht profitieren kann.<br />
Projekte fristgerecht fertigstellen<br />
Unabhängig davon sind Eigentümer derzeit<br />
daran interessiert, laufende Projekte fristgerecht<br />
fertigzustellen, um abgeschlossene<br />
Verträge halten zu können Daher werden sich<br />
die Folgen der Krise in der Baubranche vermutlich<br />
erst mittel- bis langfristig zeigen. Für<br />
das dritte und vierte Quartal zeichnet sich aus<br />
jetziger Sicht Zurückhaltung bei Umbautätigkeiten<br />
ab. Viele Eigentümer beobachten den<br />
Markt und sind darauf bedacht, das Risiko so<br />
weit wie möglich zu minimieren, indem nicht<br />
dringend benötigte Investitionen vorerst „on<br />
hold“ gesetzt werden. Terminverschiebungen<br />
aufgrund verzögerter behördlicher Genehmigungsverfahren<br />
sind ebenso zu erwarten. So<br />
herausfordernd die Krise für die gesamte Bau-<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
77
Im Fokus: COVID-19<br />
86<br />
80<br />
SCHOCKSTARRE AM BAU<br />
Mitarbeiter kamen<br />
nicht mehr über die<br />
Grenzen, Baustoff-<br />
Lieferungen blieben<br />
aus, Schutzmaterial<br />
war Mangelware.<br />
Wie die Bauwirtschaft<br />
die COVID-<br />
19-Pandemie erlebte<br />
und welche<br />
Folgen sie hat. Ein<br />
Rück- und Ausblick.<br />
KURZARBEIT UND JOBVERLUST<br />
Der Stillstand auf den heimischen Baustellen sorgte für<br />
einen sofortigen personellen Kahlschlag. So gingen die<br />
Firmen mit der Situation und ihrem Personal um: Eine<br />
Story mit niederschmetterndem Ergebnis.<br />
104<br />
NACHHALTIGE BAUPROJEKTE<br />
IM PRAXISTEST<br />
Die Wohnprojekte SeeSee Tower, Smart-Wohnen<br />
im Sonnwendviertel II und MGG22 räumten jeweils<br />
Auszeichnungen ab. Doch wie ist die Wohnqualität in<br />
der Realität? Das weiß niemand besser, als die die dort<br />
wohnen. Die Ergebnisse haben überrascht.<br />
78 BauTecFokus
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<strong>Sommer</strong> 2020<br />
79<br />
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Im Fokus<br />
Schockstarre am Bau<br />
COVID-19-Pandemie. Mit dem Lockdown standen tausende Baustellen still: Mitarbeiter kamen nicht mehr<br />
über die Grenzen, Lieferungen von Baumaterial blieben aus und an Schutzmaterial mangelte es überall. Doch<br />
gebaut wird immer. Ein Rück- und Ausblick.<br />
Autor: Lisa Grüner<br />
80 BauTecFokus
D<br />
ie sich plötzlich überschlagenden<br />
Ereignisse lähmten die ganze<br />
Baubranche. Täglich änderten<br />
sich die Rahmenbedingungen für<br />
die Arbeit auf den Baustellen und so standen<br />
die Krisenstäbe der Baufirmen täglich vor neuen<br />
Entscheidungsgrundlagen und Herausforderungen.<br />
Die STRABAG schildert die Zeit des Shutdowns<br />
so: Am 18.März erfolgte die Schließung aller<br />
über 1.000 Baustellen in Österreich. Eine Evaluierung<br />
der Baustellen hatte ergeben, dass bei<br />
einer Vielzahl ein 1-Meter-Abstand zwischen<br />
Mitarbeitenden im praktischen Baubetrieb<br />
nicht, wie gesetzlich gefordert, durchgängig<br />
gewährleistet sowie die Lieferkette von Materialien<br />
und Nachunternehmen nicht mehr<br />
sichergestellt werden konnte. Damit wurden<br />
alle 11.000 Arbeiter und Angestellten in Österreich<br />
beim AMS-Frühwarnsystem angemeldet.<br />
Am 20. März konnte dies zurückgenommen<br />
und die Mitarbeiter rückwirkend mit 1. März<br />
für drei Monate zur Kurzarbeit angemeldet<br />
werden. „Mit den neuen Rahmenbedingungen<br />
zur Kurzarbeit hat die Regierung, nicht zuletzt<br />
aufgrund des öffentlichen Drucks, eine für<br />
alle akzeptable und vernünftige Lösung ausgearbeitet.<br />
Das ‚Gespenst der Kündigung aller<br />
Mitarbeitenden‘ war damit vom Tisch, und<br />
darüber bin ich sehr froh“, sagt Thomas Birtel,<br />
Vorstandsvorsitzender der STRABAG. „Wir<br />
haben Kurzarbeit zu tragbaren Bedingungen<br />
immer als die bevorzugte Lösung angesehen<br />
und diese Bedingungen wurden geschaffen.<br />
Bis dahin mussten wir das Risiko für unser Unternehmen<br />
mit seinen tausenden Arbeitsplätzen<br />
verringern“, so Birtel weiter. Am 27. März<br />
erfolgte schließlich die Wiederaufnahme der<br />
Baustellentätigkeit.<br />
Auch Swietelsky musste sofort reagieren: Mit<br />
20. März erfolgte der Beschluss, das Unternehmen<br />
zur Kurzarbeit anzumelden. Sieben<br />
Tage später konnte die Fortsetzung der Bautätigkeit<br />
unter der Voraussetzung wirksamer<br />
und einhaltbarer Schutzvorkehrungen für<br />
die Mitarbeiter angeordnet werden. Es galt<br />
alle behördlichen Auflagen im Kontext des<br />
Mitarbeiterschutzes zu erfüllen wie beispielsweise<br />
die Beschaffung von Schutzausrüstung,<br />
Abstände in den Büros, Home-Office-Vereinbarungen<br />
usw. und das bei gleichzeitiger<br />
Aufrechterhaltung aller wichtigen Prozesse<br />
im Unternehmen. „Zusätzlich gab es Herausforderungen<br />
in Bezug auf die Dokumentation<br />
von Leistungsstörungen und den Umgang mit<br />
Folgen von COVID-19 in Bauverträgen“, so Karl<br />
Weidlinger, Vorstandsvorsitzender von Swietelsky.<br />
„Dazu kam die Abklärung und Analyse<br />
kaufmännischer Risiken und rechtlicher<br />
Fragestellungen.“<br />
Mit Beginn der Coronakrise stand die PORR<br />
mit den verantwortlichen Behörden, Fachleuten<br />
und der Regierung im stetigen Austausch.<br />
„Das war schon eine Herausforderung“,<br />
erinnert sich CEO Karl-Heinz Strauss. „Die<br />
Reisebeschränkungen und auch die Schutzmaßnahmen<br />
veränderten unser Arbeiten in<br />
allen Bereichen, sowohl in den Büros als auch<br />
auf den Baustellen. So müssen unsere Mitarbeiter<br />
auf den Baustellen unter anderem auf<br />
die Einhaltung der notwendigen Abstände<br />
achten, Masken und teilweise sogar Visiere<br />
tragen.“ Gleichzeitig setzte das Unternehmen<br />
auf Maßnahmen wie Kurzarbeit, Home-Office,<br />
Urlaubsabbau und den freiwilligen Verzicht<br />
auf einen Teil der Managementgehälter.<br />
„Dank Kurzarbeit war<br />
das 'Gespenst Kündigung'<br />
aller Mitarbeiter<br />
vom Tisch.“<br />
Thomas Birtel,<br />
STRABAG<br />
„Wir waren gezwungen, Baustellen teilweise<br />
einzustellen. Das hatte auch Kurzarbeit im<br />
Betrieb zur Folge“, erzählt Hubert Wetschnig,<br />
CEO der HABAU. „Es gab aber auch Kunden,<br />
die mit Nachdruck gefordert haben, die<br />
Baustellen müssen weiterlaufen. Etwa 20<br />
Prozent der Baustellen blieben offen.“ Ende<br />
März wurde das Unternehmen wieder Schritt<br />
für Schritt mit neuen Hygiene- und Verhaltensregeln<br />
hochgefahren. Für Vasko+Partner<br />
kam es durch die Einstellung der Baustellen<br />
zu Verzögerungen bei den Bauvorhaben, die<br />
wieder eingeholt werden müssen. „Es gab<br />
Rückstände bei in Planung befindlichen Bauvorhaben,<br />
dafür konnten wir einige Planungsarbeiten<br />
von anderen Projekten vorziehen“,<br />
versuchte Günther Sammer, Geschäftsführer<br />
von Vasko+Partner einen Ausgleich, auch<br />
in puncto Beschäftigung seiner Mitarbeiter,<br />
zu erreichen. „Wir sind als Planungsbüro in<br />
der Wertschöpfungskette der Bauwirtschaft<br />
ja quasi mittendrin, das bedeutet, wenn eine<br />
Baustelle gesperrt wird, hat zum Beispiel auch<br />
unsere örtliche Bauaufsicht mit Ausnahme<br />
des geordneten Herunterfahrens keine Arbeit<br />
vor Ort.“<br />
Acht Punkte als Plan<br />
Aufgrund des großen Drucks wurde in kürzester<br />
Zeit gemeinsam mit den Sozialpartnern ein<br />
Acht-Punkte-Plan erarbeitet. Dabei ging es um<br />
zusätzliche Vorgaben für die Arbeitshygiene<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
81
Im Fokus<br />
wie etwa die Reinigung von Werkzeug und<br />
Maschinen, aber auch um organisatorische<br />
Maßnahmen zum Beispiel zeitlich gestaffeltes<br />
Umkleiden, um zusätzlichen Schutz bei<br />
Tätigkeiten, die üblicherweise mit weniger<br />
als einem Meter Abstand ausgeführt werden<br />
zu gewährleisten. Ferner wurden Regelungen<br />
für den An- oder Abtransport von Personen zu<br />
und von Baustellen sowie Einzelbelegungen<br />
für Schlafräume festgelegt sowie die Einhaltung<br />
der allgemeinen Corona-Schutzmaßnahmen,<br />
die bereits im öffentlichen Raum<br />
galten, vereinbart. „Dank dieser Sozialpartnervereinbarung<br />
konnte der Mindestabstand<br />
bei notwendigen Arbeiten auf der Baustelle<br />
unterschritten werden, sofern Mund und Nase<br />
aller beteiligten Personen geschützt waren<br />
und Angehörige von Risikogruppen nicht für<br />
solche Arbeiten eingesetzt wurden“, so Birtel.<br />
„Damit standen wir aber auch vor der Herausforderung,<br />
für jede einzelne Baustelle unserer<br />
über tausend österreichischen Baustellen zu<br />
prüfen, ob und wie die Gesundheitsvorkehrungen<br />
eingehalten werden konnten.“<br />
Nadelöhr Logistik<br />
Die Folge der Verordnungen war, dass ein regelrechter<br />
Ansturm auf die notwendige Schutzausrüstung,<br />
wie Mund-Nasen-Schutz, Atemschutzmasken<br />
der Klassen FFP1 bis FFP3 und<br />
Desinfektionsmittel sowohl für Hände als auch<br />
die Reinigung von Flächen losbrach. „Anfangs<br />
war diese Schutzausrüstung kaum erhältlich“,<br />
erklärt Wetschnig. „Dennoch mussten wir<br />
sofort alle Mitarbeiter mit Schutzausrüstung<br />
versorgen.“ Dem gegenüber stand auch die<br />
generelle Bereitstellung der personellen und<br />
materiellen Ressourcen für die Fortsetzung der<br />
Baustellen. „Es gab anfängliche Probleme mit<br />
„Die Schutzmaßnahmen<br />
veränderten<br />
unser Arbeiten in allen<br />
Bereichen.“<br />
Karl-Heinz Strauss,<br />
PORR<br />
„Sorgen bereitet uns<br />
am ehesten das regionale<br />
Geschäft in den<br />
Bundesländern.“<br />
Hubert Wetschnig,<br />
HABAU GROUP<br />
Lieferketten und der Verfügbarkeit von Personal,<br />
das zwischenzeitlich ins Ausland ‘heimgereist’<br />
war”, erzählt Weidlinger. „Dazu kamen<br />
diverse organisatorische und technische Herausforderungen<br />
im Kontext der Kurzarbeit.”<br />
Die Unterbrechung der Lieferkette durch die<br />
Schließung der Grenzen bereitete den meisten<br />
Bauunternehmen Kopfzerbrechen. „Plötzlich<br />
war es schwierig, das Baumaterial im notwendigen<br />
Ausmaß auf die Baustelle geliefert zu<br />
bekommen. Teilweise kommt das Material<br />
über die Grenze, aus der Slowakei oder aus<br />
Ungarn. Ein oft wenig bedachtes Material auf<br />
Straßenbaustellen sind etwa Geogitter, die<br />
man im Erd-/Straßenbau braucht“, so Wetschnig.<br />
Für Sammer ist die Erinnerung an die<br />
ersten Tage der Unsicherheit noch sehr frisch:<br />
„Wir erlebten bei einigen unserer Projektpartner<br />
eine gewisse Schockstarre und zunächst<br />
keine Reaktion auf Anfragen unsererseits. Bei<br />
uns intern gab es keine Panik und wir sind der<br />
Situation mit der Einberufung einer täglichen<br />
Geschäftsführer-‘Krisensitzung‘ begegnet. Es<br />
war auch für uns anfangs schwer zu beurteilen,<br />
was der Shutdown nun für die Bauwirtschaft<br />
insgesamt bedeutet – diverse Horrorszenarien<br />
wurden ja durch die Medien gepeitscht. Doch<br />
bald erkannten wir, der Bau hat Glück, die<br />
Branche funktioniert und ist vor allem gut und<br />
recht krisenresistent aufgestellt.“<br />
Lockereres Deutschland<br />
In Deutschland wurde der laufende Baubetrieb,<br />
unter Einhaltung aller Sicherheits- und<br />
Gesundheitsmaßnahmen aufrechterhalten.<br />
Daher traf es die deutsche Baubranche nicht<br />
ganz so hart wie die österreichische. „In der BU<br />
3 (international) konnten wir trotz Coronakrise<br />
den Großteil der Aktivitäten mit nur wenigen<br />
Unterbrechungen fortführen”, so Strauss.<br />
Auch die Unternehmen der HABAU-Gruppe,<br />
die zu 70 Prozent in Österreich und in Deutschland<br />
tätig sind standen vor dem Problem, dass<br />
die Schutzmaßnahmen in Österreich strenger<br />
waren, als in Deutschland.<br />
Der Preis der Krise<br />
„Für das Geschäftsjahr 2020 lässt sich eine<br />
verlässliche Einschätzung der Effekte der<br />
Coronavirus-Krise auf das Ergebnis und damit<br />
auf die angestrebte EBIT-Marge der STRABAG<br />
82 BauTecFokus
SE nach wie vor nicht abgeben“, so Birtel. Aus<br />
derzeitiger Sicht geht der Vorstand von einer<br />
um ca. 10 Prozent verringerten Leistung und<br />
einem leicht abgeschwächten Ergebnis für das<br />
Jahr 2020 aus. „Doch je längerer man in die<br />
Zukunft schaut, desto unsicherer ist es", räumt<br />
der STRABAG-Chef mit Blick auf die weitere<br />
Entwicklung der Nachfrage etwa von Kunden<br />
aus der Automobilindustrie, im Hotel- und<br />
Einkaufszentrumsbereich ein. „Da sehen wir<br />
Zurückhaltung.“ Betreffend weiterer Aufträge<br />
aus dem Infrastruktursektor ist er aber zuversichtlich<br />
und glaubt auch an den Wohnbau.<br />
„Wer Liquidität anlegen müsse, werde auch<br />
anlegen wollen. Da ist der Liquiditätsdruck<br />
auf Anlagen, sodass Rückgänge in manchen<br />
Bereichen durch Zuwächse in anderen aufgefangen<br />
werden." Bei der PORR waren erste<br />
Effekte im Rückgang von Leistung und Ergebnis<br />
im ersten Quartal sichtbar. „Aber hier gilt<br />
es zu beachten, dass das erste Quartal in der<br />
Baubranche typischerweise nur wenig Aussagekraft<br />
für das gesamte Jahr hat“, so Strauss.<br />
„Die Produktionsleistung im ersten Quartal<br />
2020 belief sich auf 942 Millionen Euro.“ Dies<br />
entspricht einem Rückgang gegenüber dem<br />
hohen Vorjahresniveau von 10,0 Prozent oder<br />
105 Millionen Euro.“ Das Ergebnis vor Steuern<br />
war saisonal- sowie coronabedingt negativ und<br />
lag bei EUR -25,5 Mio. Bei Vasko+Partner gibt<br />
man sich zuversichtlich. „Perspektivisch sieht<br />
es so aus, als ob die Umsätze stabil bleiben“, so<br />
Sammer. Die HABAU gibt sich eher bedeckt:<br />
„In den Monaten März und April kam es zu<br />
Umsatzeinbrüchen aufgrund der stillgelegten<br />
Baustellen“, sagt Wetschnig. „Weitere Veränderungen<br />
werden sich erst in den nächsten<br />
Monaten zeigen.“ Bei bestehenden Verträgen,<br />
vor allem wenn die beauftragten Leistungen<br />
vertragskonform erfüllt werden mussten und<br />
insbesondere bei ÖNORM-Verträgen war man<br />
mit sogenannten geänderten Umständen<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
83
Im Fokus<br />
der Leistungserbringung konfrontiert. Diese<br />
waren zum Zeitpunkt der Beauftragung nicht<br />
bekannt und wurden als Leistungsabweichungen,<br />
also als klassische Mehrkostenforderungen<br />
abgewickelt.<br />
Bei Swietelsky rechnet man vorerst mit eher<br />
geringen Einbußen, die durch die Leistungsunterbrechung<br />
verursacht wurden. „Auswirkungen<br />
von konjunkturellen oder anders<br />
bedingten wirtschaftlichen Schwächephasen<br />
treffen die Bauwirtschaft üblicherweise zeitverzögert“,<br />
erklärt Weidlinger. „In welchem<br />
Ausmaß dies der Fall sein wird, lässt sich noch<br />
nicht seriös beantworten.“ Risiken sieht er<br />
im Flächengeschäft mit der Kundengruppe<br />
öffentlicher Auftraggeber wie Gemeinden,<br />
aber natürlich auch bei privatwirtschaftlichen<br />
Auftraggebern. Ob sich der erhöhte<br />
Abstimmungsbedarf mit Auftraggebern und<br />
Subunternehmern, Kosten durch die Hygienebestimmungen<br />
und die Erschwernis der<br />
Materialbeschaffung für die Kunden zu Buche<br />
schlagen werden, wird sich in den nächsten<br />
Monaten zeigen. Derzeit ist die Meinung der<br />
Firmen unisono, die Preise annähernd gleich<br />
zu lassen.<br />
Veränderung der Kommunikation<br />
Es gab auch einen Bereich, der während der<br />
Covid-19-Pandemie einen ungewöhnlichen<br />
Aufschwung erfuhr: Die Kommunikation.<br />
Allen voran die digitale und mit ihr die Projektkommunikation.<br />
„Herausfordernd war aufgrund<br />
der sich täglich wechselnden Anforderungen<br />
und unklaren Vorgaben der Regierung<br />
die Kommunikation mit Auftraggebern, Behörden,<br />
Subunternehmer, Architekten – aber<br />
auch die flächendeckende interne Kommunikation“,<br />
so Wetschnig. Der überraschende<br />
Shutdown ließ auch in technischer Hinsicht<br />
nicht viel Vorbereitungszeit zu. „Anfangs<br />
standen wir vor IT-technischen Herausforderungen<br />
zur Gewährleistung stabiler Netze und<br />
der Kommunikation unter allen Umständen“,<br />
blickt Weidlinger zurück nimmt sich vor, das<br />
Thema der Digitalisierung von Bauprozessen<br />
noch stärker als bisher voranzutreiben, da<br />
der Druck für Prozessoptimierungen in der<br />
gesamten Branche und darüber hinaus steigt.<br />
Für den Generalkonsulenten Vasko+Partner<br />
ist die ganzheitliche Denkweise Teil der Unternehmensphilosophie.<br />
„Dazu zählt der Lebenszyklusansatz<br />
ebenso wie die laufende Überprüfung<br />
des Zeit- und Kostenplans, im Sinne<br />
des Bauherrens und zum positiven Gedeihen<br />
des Projekts“, erklärt Sammer. „Da wir als<br />
interdisziplinäres Planungsbüro bereits sehr<br />
früh digital dachten und arbeiteten, waren uns<br />
Tools, wie Microsoft Teams bereits vertraut.“<br />
So wurden kurzerhand alle geplanten Besprechungen,<br />
auch mit externen Projektpartnern<br />
in sogenannte Teams-Sitzungen umgelenkt.<br />
„Daraus haben wir gelernt, dass zukünftig<br />
nicht mehr jede Besprechung persönlich stattfinden<br />
muss, das haben uns Projektpartner<br />
als auch Bauherrenvertreter signalisiert“, so<br />
Sammer weiter. Für die PORR erlaubt die Krise<br />
einen Blick auf unser aller zukünftiges Leben.<br />
„Sie zeigt uns anschaulich unsere digitale Welt,<br />
eine Welt des Streamings, des Online-Handels,<br />
der Online- und Cloud-Dienstleister, der virtuellen<br />
Meeting-Räume sowie neuer Formen der<br />
Zusammenarbeit in unserer Bauindustrie“, so<br />
Strauss. „Durch den Einsatz moderner Methoden<br />
wie Building Information Modeling und<br />
LEAN Design & Construction wird sich die<br />
Bauwelt in den kommenden Jahren komplett<br />
verändern. Wer diese Entwicklung mutig angeht<br />
und die technischen Innovationen aktiv<br />
mitgestaltet, wird immer einen Schritt voraus<br />
sein.“ Die PORR sieht sich durch ihre Digitalisierungsinitiativen<br />
und die Investitionen<br />
in den Ausbau der IT als Branchenpionier in<br />
diesem Bereich.<br />
84 BauTecFokus
Copyrights: Gregor Hartl, Stanislav Kogiku, Astrid Knie, Mario Pampel<br />
„Wirtschaftliche<br />
Schwächephasen treffen<br />
die Bauwirtschaft<br />
zeitverzögert.“<br />
Karl Weidlinger,<br />
Swietelsky<br />
Was bleibt, ist Wertschätzung<br />
Jede Krise bringt letzten Endes auch etwas<br />
Gutes mit sich. „Die Bedeutung des Bausektors<br />
als lokal wertschöpfender Sektor wird<br />
wieder mehr gesehen“, ist der STRABAG-<br />
Chef optimistisch. „Auch deswegen, weil<br />
wir ein sehr personalintensiver Sektor sind,<br />
sprich es sind viele Arbeitsplätze damit verbunden.“<br />
Eine Meinung, die auch Wetschnig<br />
teilt: „Die Bauwirtschaft als wichtiger Teil<br />
der österreichischen Wirtschaft hat insbesondere<br />
in dieser Phase einen relevanten<br />
und auch positiven Beitrag geleistet und<br />
wurde auch so wahrgenommen.“ Auch wenn<br />
in den ersten vier Wochen des Lockdowns<br />
Mitarbeiter auf den laufenden Baustellen<br />
durchaus mit negativen Reaktionen von verunsicherten<br />
Anrainern konfrontiert waren.<br />
„Diese Situationen haben sich aber rasch<br />
beruhigt“, bestätigt der HABAU-Chef. Auch<br />
Vasko+Partner kann von positiven Rückmeldungen<br />
seitens der Bauherren berichten. „Es<br />
gab wertschätzende Mails und Anrufe, die<br />
wir ohne Covid-19 vermutlich nicht erhalten<br />
hätten“, so Sammer. „Ob das Coronavirus nun<br />
grundsätzlich zu mehr Wertschätzung der<br />
Planungs- bzw. Baubranche führt, das kann<br />
ich nicht sagen, auf jeden Fall hoffen wir, dass<br />
nach der Pandemie Respekt, Höflichkeit und<br />
ein wertschätzender Umgang miteinander<br />
bleibt, denn der bringt uns alle weiter und<br />
unsere Projekte dann sowieso.“ Dass gerade<br />
in Zeiten wie diesen Zusammenhalt und<br />
Kontinuität unerlässlich über alle Branchen<br />
hinweg sind, merkt Strauss noch an. „In der<br />
Krise ist die Bauwirtschaft eine Schlüsselindustrie.<br />
Da jeder in die Bauwirtschaft investierte<br />
Euro zwei bis drei Euro Investitionen<br />
in der nachgelagerten Industrie bringt, sollte<br />
die öffentliche Hand vermehrt auf Investitionen<br />
in den Bausektor setzen bzw. diese weiter<br />
ausbauen.“ Das öffentliche Gelder in Bauprojekten,<br />
vor allem im Sinne des Arbeitsmarktes<br />
und der Konjunktur dringend gebraucht<br />
werden, betont auch Weidlinger. „Die Löhne<br />
unserer Mitarbeiter steigern die regionale<br />
Wertschöpfung“, erklärt der Swietelsky-<br />
Chef. „Wir werden jedenfalls unserer Rolle<br />
für die Aufrechterhaltung der Beschäftigung<br />
mit einer großen Zahl gut bezahlter Jobs auch<br />
in Krisenzeiten gerecht.“<br />
„Teilweise kam das<br />
Material für Straßenbaustellen<br />
nicht über<br />
die Grenze.“<br />
Günther Sammer,<br />
Vasko und Partner<br />
Und wie geht es weiter?<br />
Die Swietelsky AG wird die Kurzarbeit nicht<br />
mehr verlängern und daher im Juni auslaufen<br />
lassen. „Nach wie vor suchen wir in vielen<br />
Bereichen Fachkräfte und stellen Mitarbeiter<br />
ein“, ist Weidlinger zuversichtlich. „Betriebsbedingte<br />
Kündigungen sind jedenfalls im<br />
Angestelltenbereich nicht vorgesehen.“ Die<br />
Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr<br />
sind bei Swietelsky weitgehend stabil, wenngleich<br />
die Entwicklung mit einigen zusätzlichen<br />
Risiken behaftet ist. Der weitere Verlauf<br />
wird genau zu beobachten sein. „Das mit Ende<br />
März ausgelaufene Geschäftsjahr 2019/20<br />
war ein sehr erfolgreiches mit rund drei Milliarden<br />
Euro Bauleistung, rund 11.000 Mitarbeitern<br />
im Jahresdurchschnitt sowie einer im<br />
Branchenvergleich sehr soliden Profitabilität<br />
konzernweit gesehen“, so Weidlinger weiter.<br />
Genaue Zahlen zum letzten Geschäftsjahr<br />
werden erst mit dem Geschäftsbericht<br />
veröffentlicht. Dennoch, in Bezug auf das<br />
tatsächliche Ausmaß der Corona-Krise und<br />
der wirtschaftlichen Implikationen aus dem<br />
Shutdown in vielen Ländern, besteht große<br />
Unsicherheit. „Welche Auswirkungen diese<br />
völlig neuartige Ausnahmesituation auf das<br />
Wachstum der betroffenen Volkswirtschaften<br />
und damit auf die Bautätigkeit haben<br />
wird, ist noch nicht absehbar“, so Strauss. Die<br />
Strategie der PORR bleibt unverändert und<br />
langfristig ausgerichtet. Mit dem 2019 gestarteten<br />
Transformationsprogramm PORR 2025<br />
hat das Unternehmen eine Neuausrichtung<br />
der, in den letzten Jahren stark gewachsenen,<br />
Organisation initiiert und sich substanziell<br />
für den Strukturwandel des Bausektors aufgestellt.<br />
Darüber hinaus sind die mittel- und<br />
langfristigen Fundamentaltrends in der Baubranche<br />
weiterhin intakt, wirken sich positiv<br />
auf die Baubranche aus und eröffnen der<br />
PORR auch in Zukunft weitere Wachstumschancen.<br />
Die HABAU sieht für 2020 noch<br />
kein Problem. Doch die Frage ist, wie lange<br />
es brauchen wird, bis sich die Wirtschaft<br />
wieder erholt. Industrie und Bau reagieren<br />
stark verzögert auf Krisen. „Sorgen bereitet<br />
uns am ehesten das regionale Geschäft<br />
in den einzelnen Bundesländern wie bei<br />
unserem Unternehmen Held & Francke beispielsweise“,<br />
räumt Wetschnig ein. „Wenn<br />
wir das Geld nicht dort hinbringen, wo die<br />
Gemeinden sparen wollten, dann stehen wir<br />
im Herbst 2020. Jetzt gibt es das Hilfspaket,<br />
das heißt, es wird nun in die Gemeinden hinein<br />
investiert. Natürlich freuen wir uns über<br />
Investitionen in den Infrastrukturbereich<br />
bei ÖBB und Asfinag, aber man darf nicht<br />
vergessen, dass im Baugeschäft, das gilt nicht<br />
nur für unsere Bau-Gruppe, die Investitionen<br />
in den Bundesländern wichtig sind, dass dort<br />
für die vielen kleineren Projekte – ein Gehsteig,<br />
ein Kreisverkehr, ein Kanal, was auch<br />
immer gebaut wird – Geld da ist.“ Diese Sorge<br />
wurde zwar von Seiten der Politik ein wenig<br />
entkräftet, dennoch ist die Frage, wie schnell<br />
Projekte zur Umsetzung kommen, auch, was<br />
die Genehmigungen etc. betrifft. „Hier haben<br />
wir bereits unsere Botschaften an den Präsidenten<br />
der Wirtschaftskammer Österreich<br />
Harald Mahrer übermittelt und klar positioniert“,<br />
so der HABAU-Chef. Jedenfalls geht<br />
Wetschnig im zweiten Halbjahr 2020 davon<br />
aus, im Flächengeschäft, Investitionsrückgänge<br />
in der Tourismusbranche und Industrie<br />
zu spüren zu bekommen. Im Ausblick für<br />
2021 ist alles noch ungewiss, vor allem wie<br />
hoch der Umsatzrückgang ausfallen wird.<br />
Sicher ist nur, es wird allen weh tun.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
85
Im Fokus<br />
Abgemeldet<br />
Kurzarbeit und Jobverlust. Die COVID-19-Pandemie sorgte auch<br />
in der Bauwirtschaft für einen personellen Kahlschlag. Während das<br />
Stammpersonal in die Kurzarbeit gerettet wurde, traf es die Leiharbeiter<br />
besonders hart.<br />
Autor: Lisa Grüner<br />
M<br />
it dem 16. März 2020 veränderte<br />
sich der österreichische<br />
Arbeitsmarkt schlagartig,<br />
innerhalb von 16 Tagen wurden<br />
193.829 Personen arbeitslos vorgemerkt.<br />
Doch nicht nur eine gewaltige Menge an Arbeitslosenmeldungen<br />
brach über das Arbeitmarktservice<br />
(AMS) ein. Die Zahl der Anträge von<br />
Unternehmen explodierte ab Mitte März innerhalb<br />
kurzer Zeit auf weit über 100.000.<br />
Damit lagen Anträge auf Kurzarbeit für fast jede<br />
dritte beschäftigte Person vor. Im Vergleich<br />
dazu: Im Jahr 2019 waren insgesamt rund 300<br />
Betriebe in Kurzarbeit. Mit der COVID-19-Kurzarbeit<br />
gelang es, die Entwicklung am Arbeitsmarkt<br />
zu stabilisieren, mit Ende April 2020<br />
wurden somit rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze<br />
gesichert. Dennoch stieg im Mai die Zahl der<br />
Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer im<br />
Vorjahresvergleich um 58,2 Prozent auf einen<br />
historischen Höchststand: 571.477 Personen<br />
waren arbeitslos gemeldet. Ergo waren Ende<br />
April 2020 waren 210.275 Menschen mehr ohne<br />
Job als im April letzten Jahres.<br />
Förderdschungel und die Gier<br />
Die Förderung der Kurzarbeit weckte auch<br />
die Gier mancher Unternehmer. Rund 350<br />
Finanzpolizisten kontrollierten ab Mitte April<br />
rund 2.500 Betriebe und knapp 10.000 in<br />
Kurzarbeit befindliche Personen. Dabei hagelte<br />
es über 150 Anzeigen wegen Kurzarbeit-<br />
Missbrauchs, über 1.300 Übertretungen nach<br />
dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, dem<br />
Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, dem<br />
Arbeitslosenversicherungsgesetz, dem Lohnund<br />
Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz<br />
sowie dem Arbeitszeitgesetz wurden verzeichnet.<br />
Während die einen etwas wollten, was<br />
ihnen nicht zustand, wurden anderen Steine<br />
in den Weg gelegt: Für die Bauwirtschaft galt<br />
die Regelung, dass Beschäftigte erst vier Wochen<br />
nach Tätigkeitsbeginn in die Kurzarbeit<br />
aufgenommen werden dürfen. „Dadurch blieben<br />
viele Bauunternehmen auf den Kosten der<br />
Kurzarbeit bei Wiedereinstellungen sitzen“, so<br />
Josef Muchitsch, Vorsitzender Bau-Holz beim<br />
ÖGB. „Andere haben Stammpersonal nach der<br />
Winterunterbrechung im März nicht wieder<br />
aufgenommen, weil es keine Vergütung von<br />
Kurzarbeit für diese Gruppe gegeben hat.“<br />
Rettungsschirm Kurzarbeit<br />
Dennoch war es vor allem das Kurzarbeitsmodell,<br />
das bewirkte, dass Mitarbeiter in der<br />
Beschäftigung gehalten werden konnten.<br />
„Wir haben die Kurzarbeit im März im Sinne<br />
all unserer Mitarbeiter für rund 9.400 Personen<br />
eingeführt“, erklärt Karl-Heinz Strauss,<br />
CEO der PORR, wie der vorübergehende<br />
Stillstand der Baustellen überbrückt wurde.<br />
„Es freut uns, dass wir sie nach drei Monaten<br />
mit 18. Juni auch wieder erfolgreich beenden<br />
konnten.“ Für die Leiharbeiter war der Lockdown<br />
ein harter Schlag, da sie nicht weiterbeschäftigt<br />
wurden. „Nach dem Hochfahren der<br />
Baustellen gab es kurzfristig einen Mangel an<br />
Leiharbeitern, da viele der Beschäftigten in<br />
Leiharbeitsfirmen eine ausländische Staatsbürgerschaft<br />
und sich während dieser Zeit<br />
nicht in Österreich aufgehalten haben“, so<br />
Strauss weiter. „Hier haben die restriktiven<br />
Reisebeschränkungen den Arbeitsmarkt<br />
temporär beeinflusst.“ Auch Wienerberger<br />
hat, wie so viele das Kurzarbeitsmodell der<br />
Regierung in Anspruch genommen, um damit<br />
Arbeitsplätze der eigenen Mitarbeiter<br />
abzusichern. Während die Angestellten in<br />
Verwaltung und Vertrieb ihre Jobs aus dem<br />
Home-Office erledigen konnten, wurde die<br />
Zusammenarbeit mit den Leiharbeitern<br />
unmittelbar nach dem Lockdown beendet.<br />
„Damit wurden die Mitarbeiter der Leiharbeiterfirmen<br />
ebenso für das Kurzarbeitsmodell<br />
angemeldet“, blickt Johann Marchner,<br />
Geschäftsführer von Wienerberger zurück.<br />
Bei Rhomberg Bau hingegen kam es weder zu<br />
Kündigungen noch flächendeckend zu Kurzarbeit<br />
bei der Stammbelegschaft.<br />
86 BauTecFokus
„Aufgrund der fehlenden Vorgaben und<br />
Regelungen seitens der Regierung hatten<br />
wir anfangs eine kurze Unterbrechung<br />
der Arbeitsverhältnisse von maximal zwei<br />
Wochen“, geht Jürgen Jussel, Mitglieder<br />
der Geschäftsleitung und Personalchef der<br />
Rhomberg Bau auf die Situation der Leiharbeiter<br />
ein. „Sobald wir aber Sicherheit hatten,<br />
wurden sämtliche Beschäftigungsverhältnisse<br />
umgehend wieder aufgenommen und<br />
ganz normal weitergeführt.“ Bei Implenia<br />
sah man die Situation ganz pragmatisch, man<br />
habe auf die Kurzarbeitssituation der Leiharbeiter<br />
wenig Einfluss, denn darum kümmert<br />
sich der Überlasser. Dennoch stellte auch<br />
Implenia fest, dass während des Lockdowns<br />
teilweise die Leiharbeiter auf den Baustellen<br />
fehlten, weil sie vorübergehend nicht einreisen<br />
konnten.<br />
Bredouille der Personalüberlasser<br />
Während die Bauunternehmen mit einem<br />
blauen Auge davon kamen, brach für die<br />
Leiharbeitsfirmen der Markt komplett zusammen.<br />
„Bei den Auftragnehmern wurde<br />
die Leiharbeit eingestellt“, resümiert Muchitsch.<br />
„Das Schlimme ist, dass die Leiharbeiter<br />
dann überwiegend beim AMS gelandet<br />
sind.“ Stellvertretend für die Branche führte<br />
die Maschinenring Personal und Service<br />
eGen eine repräsentative Studie durch, aus<br />
der hervor geht, dass 92 Prozent der Befragten<br />
einen deutlichen Rückgang bei überlassenen<br />
Arbeitskräften verzeichnen. Am<br />
am meisten betroffen ist hier die Industrie,<br />
dicht gefolgt von Dienstleistung und Baugewerbe.<br />
„Wir konnten eine große Verunsicherung<br />
bei den Baubetrieben beobachten“,<br />
erzählt Gertraud Weigl, Geschäftsführerin<br />
„Wir mussten im März<br />
Kurzarbeit für rund<br />
9.400 Mitarbeiter<br />
einführen.“<br />
Karl-Heinz Strauss,<br />
Porr<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
87
Im Fokus<br />
Copyrights: Wienerberger/Andreas Hafenscher, Rhomberg Bau, Maschinenring, PORR/Astrid Knie<br />
Maschinenring Personal und Service eGen.<br />
„In der Lockdown-Phase sind bei uns die<br />
Überlassungen am Bau gegen Null gegangen.“<br />
Dann kam in der Bauwirtschaft auch<br />
noch das Problem mit den, wegen COVID-19,<br />
nicht stattfindenden Bauverhandlungen und<br />
den dadurch blockierten Baustellen.<br />
„Die Mitarbeiter der<br />
Leiharbeiterfirmen<br />
wurden ebenso für<br />
das Kurzarbeitsmodell<br />
angemeldet.“<br />
Johann Marchner,<br />
Wienerberger<br />
„Wir hatten eine<br />
Unterbrechung der<br />
Arbeitsverhältnisse<br />
von maximal zwei<br />
Wochen.“<br />
Jürgen Jussel,<br />
Rhomberg Bau<br />
Zukunft Personalbedarf<br />
Für das heurige Jahr sieht es für die Leiharbeiter,<br />
aber auch für das Stammpersonal soweit<br />
gut aus. Die PORR hat mit 18. Juni die Kurzarbeit<br />
für die 9.400 Mitarbeiter beendet und<br />
sieht dank voller Auftragsbücher personell<br />
eine Vollauslastung. Auch bei Rhomberg Bau<br />
gibt es bei der Stamm- als auch bei der Leihbelegschaft<br />
keine Kurzarbeit mehr. Weigl<br />
weiß, dass die regionalen Baufirmen volle<br />
Auftragsbücher haben und damit Bedarf an<br />
Leiharbeitern. Dass die Unternehmen diese<br />
wieder in Anspruch nehmen werden, um<br />
Spitzen abzudecken, bestätigen alle befragten<br />
Unternehmen. Doch längerfristig gesehen,<br />
zeichnet sich kein besonders positives<br />
Bild ab.<br />
88 BauTecFokus
Ausblick auf den Arbeitsmarkt<br />
„Wichtig wäre es, die während des Lockdowns<br />
gestoppten Baubewilligungsverfahren<br />
rasch wieder zu starten, damit es im<br />
kommenden Jahr zu keinen gravierenden<br />
Schwierigkeiten kommt“, resümiert Marchner.<br />
Der Maschinenring-Chefin macht<br />
hingegen die verhaltene Auftragslage im<br />
kommunalen Bereich Sorge. Doch nicht nur<br />
ihr alleine. „Im öffentlichen Bereich müssen<br />
Bewilligungen und Auftragsvergaben rasch<br />
erfolgen und Projekte baureif gemacht werden“,<br />
so Muchitsch. „Die Gemeinden sind<br />
die wichtigsten regionalen Auftraggeber.<br />
Gerade sie mussten aber durch die Corona-<br />
Krise empfindliche Einbußen hinnehmen,<br />
wodurch sich jetzt zahlreiche regionale<br />
Projekte stark verzögern oder sich finanziell<br />
gar nicht mehr ausgehen.“ Hier sieht<br />
Muchtisch die Politik gefordert: Das von der<br />
Bundesregierung präsentierte Gemeindeinvestitionspaket<br />
greift seiner Meinung nach<br />
viel zu kurz und kann in vielen Gemeinden<br />
gar nicht genutzt werden. „Die Gemeinden<br />
brauchen vom Bund jetzt rasch einen Ersatz<br />
für entgangene Einnahmen, um wieder<br />
investieren zu können.“ Passiert das nicht,<br />
befürchtet Muchitsch einen Einbruch der<br />
Aufträge und damit des Arbeitsmarktes ab<br />
dem Herbst 2020. Fatal wäre, würde dieser<br />
Einbruch dann auch noch mit der aufgrund<br />
des Winters höheren Bauarbeitslosigkeit<br />
zusammenfallen. Dem gegenüber steht eine<br />
stete Suche nach Fachkräften. Diese sind<br />
nach wie vor sehr gefragt und haben die besten<br />
Chancen, schnell eine sichere Arbeitsstelle<br />
zu finden.<br />
Veränderung der Arbeitswelt<br />
Grundsätzlich hat die COVID-19-Pandemie<br />
den Arbeitsalltag verändert, und zwar<br />
nachhaltig. Sie hat die Digitalisierung stark<br />
vorangetrieben. Es hat sich gezeigt, wie gut<br />
Home-Office und virtuelle Meetings funktionieren<br />
können. Die Sitzungskultur wird einer<br />
genauen Prüfung unterzogen und auch<br />
die Relevanz von Dienstreisen wird immer<br />
mehr in Frage gestellt werden. Was hoffentlich<br />
bleiben wird, ist der Zusammenhalt<br />
innerhalb der Belegschaft, die auf positive<br />
Art und Weise zum Vorschein getreten ist.<br />
Ebenso, wie ein wertschätzender Umgang<br />
mit den eigenen Mitarbeitern im Ausnahmezustand,<br />
der diesen im Gedächtnis bleiben<br />
wird. <br />
„In der Lockdown-<br />
Phase sind die Überlassungen<br />
am Bau<br />
gegen Null gegangen.“<br />
Gertraud Weigl,<br />
Maschinenring<br />
„Das Schlimme ist,<br />
dass die Leiharbeiter<br />
dann überwiegend<br />
beim AMS<br />
gelandet sind.“<br />
Josef Muchitsch,<br />
ÖGB<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
89
Im Fokus<br />
Zum Autor<br />
Andreas Gobiet ist Präsident der Kammer für Architekten<br />
und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich<br />
und Burgenland, österreichischer Vertreter in der EFCA<br />
und Vorstandsmitglied in der FIDIC.<br />
Zusatzqualifikationen – essenzieller Bestandteil<br />
für das erfolgreiche Arbeiten<br />
Kommentar: Andreas Gobiet<br />
Gerade in Zeiten von Corona wird deutlich, dass auch in technischen<br />
Berufen umfangreiche Kompetenzen gefragt sind, die über den rein<br />
technischen Bereich hinausgehen. Neben neuen Datenschutz- und Gesundheitsrichtlinien<br />
werden Projektmanagement-Tools und Building<br />
Information Modeling (BIM) im Projektalltag immer präsenter. Aktuell<br />
gilt es zudem, mit dem veränderten — teils erhöhten — Kommunikationsbedarf<br />
in Zeiten von Corona umgehen zu können: Interdisziplinarität,<br />
Kreativität, soziale und kommunikative Skills sowie Managementkompetenzen<br />
müssen weiter verstärkt in den Projektalltag einfließen,<br />
um den sich wandelnden Anforderungen im digitalen Zeitalter gerecht<br />
zu werden.<br />
Mit der aktuellen Krise steigt der Bedarf an diesen Zusatzqualifikationen<br />
enorm. Es ist wichtig, hier zu betonen, dass mit der Digitalisierung<br />
auch immer eine Veränderung<br />
einhergeht, die zwingend auch<br />
die technische Ausbildung an den Fachhochschulen und Universitäten<br />
betrifft. Trotz einer fundierten technischen Ausbildung sind österreichische<br />
Architekten und Ingenieure mit unzureichenden Qualifikationen<br />
der Bewerber konfrontiert. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die im<br />
digitalen Zeitalter fuür diesen Berufszweig so wichtigen Managementfähigkeiten<br />
sowie die sozialen und kommunikativen Kompetenzen.<br />
Das rasante Fortschreiten der Digitalisierung unterschiedlichster<br />
Prozesse bringt enormes Potenzial mit sich. Frühzeitiges Erlernen umfangreicher,<br />
über den rein technischen Bereich hinausgehender Kompetenzen<br />
ist ein essenzieller Bestandteil für das erfolgreiche Arbeiten im<br />
digitalen Umfeld von Architekten und Ingenieuren von morgen.<br />
90 BauTecFokus
Zum Autor<br />
Clemens Hecht, Sprecher der ARGE Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme,<br />
Referent an der WKO; Mitinitiator des Fachverbandes<br />
Innendämmung e.V. und des Bundesverbandes<br />
Schimmelsanierung und technische Bauteiltrocknung e.V.<br />
Pandemich oder was?<br />
Kommentar: Clemens Hecht<br />
Ganz ehrlich, noch vor wenigen Wochen kannten die wenigsten von<br />
uns eine Pandemie, eine globale Epidemie. Und jetzt? Eine Pandemie<br />
hält uns in Schach, aber sie setzt uns nicht matt! Die Baubranche dürfte<br />
(Stand heute) mit einem blauen Auge davonkommen. Andere Branchen<br />
trifft es härter, von persönlichen Schicksalsschlägen einmal abgesehen.<br />
Uns, die ARGE Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme hat es zu einem<br />
äußerst ungünstigen Zeitpunkt erwischt. Die feierliche Übergabe der<br />
zehnten ETHOUSE Awards 2020 musste einen Tag vor der Veranstaltung<br />
abgesagt werden. Trotzdem gibt es Sieger: http://ethouse.waermedaemmsysteme.at/sieger/2020.<br />
An der thermischen Sanierungen führt kein Weg vorbei<br />
Im Rahmen der virtuellen Verleihung gab Mag. Nina Tomaselli, Die<br />
Grünen, Abgeordnete zum Nationalrat, Sprecherin für Finanzen, Kontrolle,<br />
Wohnen & Bauen folgendes Statement ab: „Die Wohnbaupolitik<br />
braucht eine klare Ausrichtung als Klimaschutzinstrument. An einer<br />
extremen Steigerung der thermischen Sanierungen führt aus grüner<br />
Sicht kein Weg vorbei. Kluger Klimaschutz heißt mit dem Vorhandenen<br />
gut zu haushalten. Wenn wir in die Sanierung investieren, können wir<br />
gleichzeitig die Umwelt schonen und günstigen, guten<br />
Wohnraum schaffen.“<br />
Was heißt das? Na klar: Sanieren,<br />
sanieren, sanieren!<br />
Seitens der Baustoffindustrie und<br />
ihrer Partner liegen Vorschläge<br />
vor, wie z.B. mit steuerlichen<br />
Maßnahmen Anreize geschaffen werden können, in die Sanierung zu<br />
investieren. Schwierigkeiten bereitet bisher u.a. wie die Sanierungsrate<br />
gemessen werden kann. Einig ist man sich nur in einem Punkt: Es wird<br />
zu wenig saniert. Auch eine kurzfristige Evaluierung der Sanierungsrate<br />
ist bisher nur sehr schwer möglich, es liegen in der Regel nur Zahlen<br />
für ein Jahr vor. Dazu gibt es ebenfalls einen Vorschlag. Weiters hat die<br />
Initiative Umwelt & Bauen einen „Marshall-Plan“ ausgerufen, um nach<br />
der Pandemie den Aufschwung für zukunftsfähige, klimafreundliche<br />
Gebäude zu schaffen.<br />
In dem von der Bundesregierung am 16.06.2020 beschlossenen Ministerratsvortrag<br />
„Zusammen in die Zukunft“ heißt es zum Thema Sanierungsoffensive:<br />
„Die Sanierung von Gebäuden wird durch die Verlängerung<br />
bzw. den Ausbau bestehender Förderprogramme, steuerliche<br />
Anreize bzw. Förderungen für Investitionen in thermisch-energetische<br />
Sanierung sowie den Heizkesseltausch für Gewerbliche und Private und<br />
den Abbau rechtlicher Barrieren im Wohn- und Mietrecht weiter forciert.<br />
Ein spezifischer Förderschwerpunkt wird dabei bei einkommensschwachen<br />
Haushalten liegen.“ Das aktuelle Regierungsprogramm<br />
weist in die gleiche Richtung.<br />
Man könnte meinen, dass sich alle einig sind<br />
und sich zufrieden zurücklehnen. Aber<br />
jetzt gilt es erst recht: Wir müssen<br />
vom Reden ins Tun kommen! Wir<br />
müssen dran bleiben – für eine<br />
nachhaltige Zukunft mit klimafreundlichen<br />
Gebäuden!<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
91
Im Fokus<br />
JOSEF MUCHITSCH (LI.) UND ERWIN SORAVIA<br />
2021 erwischt's uns richtig<br />
Von der Gesundheitskrise zur Baukrise. Um zu retten was, zu retten ist, fordern VÖPE und GBH gemeinsam<br />
die Beschleunigung von Baugenehmigungen von baureifen Projekten mit einem derzeitigen Gesamtvolumen von<br />
25 Milliarden Euro.<br />
N<br />
atürlich hat die COVID-19-<br />
Pandemie auch die österreichische<br />
Bürokratie gelähmt. Bescheide<br />
und Beschlüsse liegen<br />
auf Eis, Bauverhandlungen konnten nicht<br />
durchgeführt werden. Anbetracht der Rekordarbeitslosigkeit<br />
ein Desaster. „Ab Herbst wird<br />
die Krise an die ersten Türen von Baufirmen<br />
klopfen“, so Josef Muchitsch, von der Gewerkschaft<br />
Bau-Holz (GBH). „Trifft die Corona-Arbeitslosigkeit<br />
auch noch auf die Winterarbeitslosigkeit,<br />
wird der Staat das nicht mehr stemmen<br />
können.“ Deshalb soll die Konjunkturlokomotive<br />
Bau durch private Bauprojekte mit Sprit<br />
versorgt werden. Baureife Projekte mit einem<br />
Gesamtvolumen von 25 Milliarden Euro, die<br />
mangels Bescheiden und Beschlüssen auf Eis<br />
liegen, sollen schneller bewilligt werden.<br />
Baubescheide raus aus den Schubladen<br />
Erwin Soravia, Präsident der Vereinigung<br />
Österreichischer Projektentwickler (VÖPE)<br />
schlägt in die gleiche Kerbe und beruft sich<br />
auf eine Studie des Institutes für Höhere<br />
Studien: Jede investierte Million Euro sichert<br />
rund zehn Arbeitsplätze, schafft eine<br />
Wertschöpfung durch direkte und indirekte<br />
Effekte von mehr als 900.000 Euro und sorgt<br />
für eine Steuer- und Abgabenleistung von<br />
mehr als 300.000 Euro. „Dieses Geld kommt<br />
wieder direkt in Österreich an und bringt<br />
die Konjunktur insgesamt zum Laufen“, so<br />
Soravia. „Wenn nur ein Teil der privaten<br />
baureifen Projekte jetzt schneller bewilligt<br />
wird und der Rest in Etappen, wird daraus<br />
das größte Konjunkturpaket der 2. Republik.“<br />
Durch ein stärkeres Bekenntnis seitens<br />
der VÖPE zu regionalen Vergaben aller Auftragnehmer<br />
inklusive der Subunternehmen<br />
könnten dadurch rund 250.000 Arbeitsplätze<br />
in Österreich gesichert beziehungsweise geschaffen<br />
werden.<br />
Klare Forderungen an die Politik<br />
„Wir haben nur dann eine Chance, gut ins<br />
Frühjahr zu starten, wenn wir die Zeit jetzt<br />
nutzen und baureife Projekte schneller startklar<br />
machen“, so Muchitsch. „Tatsache ist,<br />
je größer die Bauprojekte, umso länger die<br />
Vorarbeiten und die Vorlaufzeiten.“<br />
Der laut Ökonomen und Wirtschaftsexperten<br />
prognostizierten negativen Entwicklung am<br />
Arbeitsmarkt kann nur mit Beschäftigung<br />
entgegengewirkt werden. Daher fordern<br />
VÖPE und GBH unter dem Titel „Bauen<br />
ohne Bröseln“ schnellere Behördenwege,<br />
verbindliche Fristen und Zeitfenster auf<br />
Behördenseite, planbare und verlässliche<br />
Timelines und digitalisierte Prozesse, die der<br />
modernen Realität entsprechen. Zusätzlich<br />
sollen alle Auftragnehmer inklusive Subunternehmen<br />
stärker an regionale Vergaben<br />
gebunden werden. „Raus aus der Krise durch<br />
Investitionen in den Arbeitsmarkt“, erklären<br />
Muchitsch und Soravia unisono. „Die politisch<br />
Verantwortlichen sind nun gefordert,<br />
die dazu notwendigen Rahmenbedingungen<br />
zu schaffen.“<br />
92 BauTecFokus
E-Baulehre<br />
Zugriffszahlen seit März versiebenfacht. Schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie rüstete das<br />
Baugewerbe bei der Digitalisierung der Baulehre auf – das trägt Lehrende und Lehrlinge nun durch die Krise.<br />
A<br />
uf Basis der bestehenden E-<br />
Learning-Angebote hat die Berufsschule<br />
für Baugewerbe für<br />
den Lockdown bereits im März<br />
2020 ein Distance-Learning konzipiert. Der<br />
Lösungsansatz: Jeden Tag ein Onlinekurs. Möglich<br />
wurde das rasche Vorgehen nur aufgrund<br />
der seit Herbst 2019 bestehenden E-Learning-<br />
Plattform.<br />
Thomas Prigl, stv. Direktor an der Berufsschule<br />
für Baugewerbe Wien: „Aktuell haben sich die<br />
Zugriffszahlen der E-Baulehre im Bundesland<br />
Wien in 14 Wochen mehr als versiebenfacht -<br />
von rund 1.100 Zertifizierungen per März auf<br />
rund 8.400 per Anfang Juli. Das digitale Lernportal<br />
gewährleistet ein schnelles und effizientes<br />
Lernen. Es holt die Jugendlichen genau<br />
dort ab, wo sie sich oft auch in ihrer Freizeit<br />
aufhalten: online, im Netz. Der Grundpfeiler<br />
ist die Verfügbarkeit, denn der Wissenserwerb<br />
erfolgt zeit- und ortsunabhängig – das ist<br />
gerade jetzt wichtig. Die mediale Wissensvermittlung<br />
mit Bildern und Filmen erhöht durch<br />
den hohen Praxisbezug zudem die Motivation<br />
der Lernenden, was wiederum zum Lernerfolg<br />
beiträgt.“<br />
Fit für die Zukunft am Bau<br />
mit der E-Baulehre<br />
Der Bauberuf hat sich in den letzten Jahren<br />
stark verändert: Digitalisierung und moderne<br />
Technologien stellen neue Anforderungen an<br />
die Fachkräfte. Mit dem Projekt Baulehre 2020<br />
wurde die Lehrlingsausbildung in Österreich<br />
in den vergangenen zwei Jahren umfassend reformiert.<br />
Die bisherigen Lehrbereiche wurden<br />
neu ausgerichtet. Außerdem wurde eine vertiefende,<br />
sogenannte Bau-Kaderlehre für zukünftige<br />
Führungskräfte am Bau geschaffen.<br />
Die Baulehre trägt heute dem zunehmenden<br />
Einsatz digitaler Geräte und Techniken am Bau<br />
Rechnung. So sind beispielsweise die digitale<br />
Vermessung und das elektronische Datenmanagement<br />
Teil der Ausbildung.<br />
Zeitgleich zur inhaltlichen Anpassung der<br />
Lehrpläne, gab es auch eine Veränderung in<br />
der Wissensvermittlung: Im Auftrag der Bundesinnung<br />
Bau wurde die digitale Lernplattform<br />
e-baulehre.at umgesetzt. Diese bietet seit<br />
Herbst 2019 Baulehrlingen ein umfassendes<br />
digitales Trainingsprogramm, das neue Lernmethoden<br />
wie Videos und Online-Trainings in<br />
die Ausbildung integriert. Die BAUAkademie<br />
Oberösterreich ist für das Gesamtkonzept und<br />
die Projektumsetzung verantwortlich. Die<br />
Berufsschule Freistadt und Wien liefern den<br />
Content.<br />
Derzeit befinden sich rund 100 Lehrlinge<br />
in Ausbildung in Wiener Unternehmen des<br />
Baugewerbes. Damit vermehrt Lehrlinge in<br />
Betriebe aufgenommen werden, wird die<br />
Lehrlingsausbildung in Wien besonders gefördert.<br />
Zu 2.000 Euro Förderung durch die<br />
Bundesinnung kommen noch einmal 3.000<br />
Euro durch die Landesinnung Bau Wien hinzu.<br />
Die Beträge werden aktuell für das vergangene<br />
erste Lehrjahr 2019/20 ausgezahlt. Für das<br />
kommende Lehrjahr sind seitens der Bundesinnung<br />
erneut 2.000 Euro beschlossen.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
93
Im Fokus: Dämmen/Thermische Sanierung<br />
Intensivpatient<br />
Gebäudesanierung<br />
Turbo zünden. Dekarbonisierung bis 2040. Die Corona-Krise hat faktisch über Nacht einen wesentlichen<br />
und auf Touren laufenden Motor der heimischen Wirtschaft – den Bausektor – ins Stottern gebracht.<br />
Autor: Andreas Altstädter<br />
D<br />
ie thermisch-energetische Sanierung<br />
bietet gerade jetzt große<br />
Chancen: Wirtschaftsbelebung<br />
durch Wohnhaussanierung bei<br />
gleichzeitiger Dekarbonisierung bis 2040. Gleich<br />
zwei jüngst präsentierte Studien untermauern<br />
die Bedeutung des Sanierungsbereiches als<br />
„Turbo“ für die Wirtschaft<br />
Raumwärme und Warmwasserbereitstellung<br />
umfassen fast 30 Prozent des gesamten Energiebedarfs<br />
in Österreich. Das ist allen Verantwortlichen<br />
klar und wird auch immer wieder<br />
in Podiumsdiskussionen und Expertengesprächen<br />
betont. Doch: Alle Ansätze zur thermischenergetischen<br />
Sanierung von Gebäuden haben<br />
bisher nicht ausreichend gegriffen.<br />
„Der Bereich Gebäudesanierung liegt seit Jahren<br />
auf der Intensivstation“, meint nicht nur<br />
Georg Bursik, F.B.I. Forschungsverband der<br />
österreichischen Baustoffindustrie. „Gerade in<br />
der jetzigen Situation braucht die Wirtschaft<br />
starke Impulse. Die Wirtschafts- und Arbeitsmarkt-belebende<br />
Wirkung von Investitionen in<br />
den Bausektor wurden in der Vergangenheit ja<br />
schon vielfach bestätigt“, unterstreicht Bursik.<br />
Die Bedeutung des Sanierungsbereiches als<br />
„Turbo“ für die Wirtschaft lässt sich an einigen<br />
Kennziffern festmachen. Jeder Quadratmeter<br />
Fassade, der thermisch-energetisch saniert<br />
wird, generiert 1 Stunde Arbeitszeit, spart Energie<br />
im Ausmaß von 10 Liter Heizöl bzw. 100<br />
kWh und spart damit pro Jahr zumindest 25 kg<br />
CO 2<br />
für den Klimaschutz. Jeder Quadratmeter<br />
Fassade bringt zudem der Staatskasse direkt<br />
20 Euro an Steuereinnahmen, indirekt zusätzliche<br />
Lohnnebenkosten und entlastet durch<br />
zusätzliche Arbeitsplätze das AMS-Budget.<br />
Umgelegt auf ein ungedämmtes Einfamilienhaus<br />
mit ca. 250 Quadratmeter Fassadenfläche<br />
zeigt sich der „Turbo“-Effekt für Klimaschutz,<br />
Arbeitsmarkt, Wirtschaft und Staatsbudget.<br />
Und wie die aktuelle Studie zur Sanierungsrate<br />
belegt, ist der Sanierungsbedarf allein bei Eigenheimen<br />
besonders hoch – auch wegen dem<br />
viel höheren Energiebedarf im Vergleich zu<br />
baugleichen Mehrgeschoßwohnungen.<br />
Komplexe Rahmenbedingungen<br />
Die Industrie braucht eine allgemein anerkannte<br />
Methode zur Berechnung der Sanierungsrate.<br />
Seit zwei Jahrzehnten beinhalten<br />
Regierungsdokumente Ziele für Sanierungs-<br />
94 BauTecFokus
aten – allerdings ohne die Sanierungsrate<br />
näher zu definieren. Dementsprechend breit<br />
streuen die bisher angewandten Formeln. Bei<br />
der Sanierungsrate wurden bislang häufig<br />
nur geförderte umfassende Sanierungen berücksichtigt,<br />
nicht aber Einzelmaßnahmen.<br />
Projektziel der Studie war daher die Findung<br />
von konsensfähigen Definitionen, basierend<br />
auf einer einfachen und nachvollziehbaren<br />
Methode. Die Sanierungsrate soll zuverlässig<br />
messbar, sektoral und regional aufschlüsselbar<br />
und mit bestehenden rechtlichen Regelungen<br />
kompatibel sein. „Die vorgeschlagene<br />
Definition für die thermisch-energetische<br />
Sanierungsrate hilft ein vollständiges Bild der<br />
Sanierungsaktivitäten in Österreich zu liefern.<br />
Auf dieser Grundlage kann die Wirkung<br />
von Maßnahmen vergleichbar und nachvoll-<br />
Neudefii nition „Sanierungsrate“<br />
Sanierungsrate =<br />
ziehbar bewertet werden“, erläutert Wolfgang<br />
Schieder, Umweltbundesamt, Team Gebäude.<br />
Geförderte Sanierungen 2009 mit<br />
All-time-high<br />
Die Wohnhaussanierung ist seit 1969 Gegenstand<br />
der Wohnbauförderung. Anfangs<br />
standen Standardanhebungen im Vordergrund,<br />
ab den 1980er Jahren kamen thermische<br />
Maßnahmen hinzu. Ab 2005 wurden<br />
mehrere Bund-Länder-Vereinbarungen zum<br />
Klimaschutz in der Wohnbauförderung geschlossen,<br />
die zu einem starken Anstieg der<br />
Inanspruchnahme dieser Schiene führten.<br />
In Folge der Globalen Finanzkrise 2008 wurden<br />
von Bund und Ländern wirtschafts- und<br />
umweltpolitisch motivierte Initiativen zur<br />
Ankurbelung thermischer Sanierungen<br />
Σ umfassende Sanierungen + Σ äquivalente Einzelmaßnahmen<br />
Gesamtbestand Wohnungen<br />
„Einzelaktionen<br />
werden uns nicht<br />
weiterbringen. Wir<br />
brauchen dringend<br />
eine Sanierungsstrategie.“<br />
Roland Hebbel,<br />
Zentralverband Industrieller<br />
Bauproduktehersteller<br />
gesetzt, die 2009 zu einem Höhepunkt mit<br />
annähernd 40.000 umfassenden Sanierungen<br />
und etwa doppelt so vielen geförderten<br />
Einzelmaßnahmen führten. Zusammen ergab<br />
das allein (ohne ungeförderte Maßnahmen)<br />
eine Sanierungsrate von 1,8 Prozent. Seither<br />
sind geförderte Sanierungen kontinuierlich<br />
rückläufig und erreichten 2018 eine Rate von<br />
nur noch 0,5 Prozent.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
95
Im Fokus: Dämmen/Thermische Sanierung<br />
„Mit einer Sanierungsrate<br />
von 2,5 bis 3<br />
Prozent können wir<br />
den Wohnungsbestand<br />
bis 2040<br />
Klima-fit machen.“<br />
Wolfgang Amann,<br />
Institut für Immobilien, Bauen<br />
und Wohnen.<br />
Factbox<br />
ZUM NACHLESEN<br />
Die beiden Studien „Zur aktuellen thermisch-energetischen<br />
Sanierungsrate in<br />
Österreich“ (IIBW/Umweltbundesamt)<br />
und „Steuerliche Maßnahmen zur Dekarbonisierung<br />
des Wohnungssektors“ (IIBW/<br />
Fuhrmann/Stingl) stehen auf www.iibw.at<br />
zum download bereit.<br />
Ungeförderte Sanierungen mit<br />
gegenläufigem Trend<br />
Die Datenauswertungen im Rahmen der Studie<br />
belegen erstmals den hohen Stellenwert<br />
ungeförderter Sanierungen. Umfassende,<br />
nicht geförderte Sanierungen hatten vor<br />
zehn Jahren zwar einen deutlich geringeren<br />
Stellenwert als geförderte, ihr Rückgang fiel<br />
aber deutlich moderater aus. Überraschungen<br />
zeigt die Entwicklung von ungeförderten<br />
Einzelsanierungsmaßnahmen. Ihre Zahl stieg<br />
von etwa 10.000 vor zehn Jahren auf zuletzt<br />
etwa 100.000 pro Jahr. Rückläufige Förderungsaktivitäten<br />
führten bei Einzelmaßnahmen<br />
also zu keinem Rückgang des Marktes,<br />
sondern zu einer Verlagerung zu „Einzelsanierungen<br />
aus dem Baumarkt“.<br />
„Es ist den verschiedenen Förderungsmodellen<br />
offenbar nur unzureichend gelungen, diese<br />
Investitionsbereitschaft „einzufangen“ und<br />
in umfassende Maßnahmen umzulenken. In<br />
eine Sanierungsrate umgerechnet, stiegen<br />
ungeförderte Sanierungen zwischen 2009 und<br />
2012 von 0,4 Prozent auf fast 1,0 Prozent und<br />
blieben seither auf etwa diesem Niveau“, so<br />
Wolfgang Amann, Geschäftsführer des IIBW<br />
– Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen.<br />
Sanierungsrate 1,4 Prozent<br />
Nach der neuen Methode, unter Berücksichtigung<br />
ungeförderter sowie (kumulierter) Einzelbauteilsanierungen,<br />
lag die Sanierungsrate<br />
für Hauptwohnsitzwohnungen 2010 bei 2,2<br />
Prozent und unter Berücksichtigung der<br />
Wohnungen ohne Hauptwohnsitz (Nebenwohnsitze,<br />
Ferienwohnungen, Leerstand) bei<br />
etwa 2,1 Prozent. 2018 wurde demgegenüber<br />
nur noch eine Sanierungsrate von 1,4 Prozent<br />
erreicht. Vor zehn Jahren dominierten<br />
umfassende Sanierungen, heute überwiegen<br />
eindeutig die Einzelmaßnahmen.<br />
Hoher Sanierungsbedarf<br />
Die Studie liefert neben einer erstmals umfassend<br />
ermittelten Sanierungsrate auch<br />
einen Einblick zum Sanierungsbedarf in den<br />
einzelnen Wohnungsbeständen: Seit 1991 ist<br />
der Wohnungsbestand um etwa 40 Prozent<br />
auf fast 4,8 Millionen Einheiten angewachsen.<br />
Besonders stark zugelegt haben Eigenheime<br />
ohne Hauptwohnsitz, gemeinnützige<br />
Mietwohnungen und Eigentumswohnungen.<br />
Etwa 1,9 Millionen Einheiten haben einen<br />
thermisch unzureichenden Standard. Besonders<br />
hoch ist der Sanierungsbedarf bei Eigenheimen,<br />
nicht nur wegen der sehr hohen Zahl,<br />
sondern auch wegen dem sehr viel höheren<br />
Energiebedarf im Vergleich zu baugleichen<br />
Geschoßwohnungen.<br />
„Durchsaniert“ und Klima-fit bis 2040<br />
Zur Erreichung einer vollständigen thermischenergetischen<br />
Ertüchtigung des Wohnungsbestands<br />
bis 2040 muss die Sanierungsrate<br />
(umfassende Sanierungen und kumulierte<br />
Einzelmaßnahmen) kurzfristig auf 2,6 Prozent<br />
und ab 2025 auf 3,2 Prozent erhöht werden.<br />
Dies sind kurzfristig etwa 120.000 umfassende<br />
Sanierungsäquivalente. „Mit einer<br />
Sanierungsrate von 2,5 bis 3 Prozent können<br />
wir den österreichischen Wohnungsbestand<br />
bis 2040 Klima-fit machen. Das ist bei entschlossenem<br />
Handeln von Politik, Wirtschaft<br />
und Bevölkerung zu schaffen“, so Amann. Um<br />
die Effizienz der Maßnahmen zur Steigerung<br />
der Sanierungsrate in Zukunft darstellen und<br />
gegebenenfalls zeitnah eine Anpassung der<br />
96 BauTecFokus
Maßnahmen vornehmen zu können, empfehlen<br />
die Autoren eine halbjährige Berichterstattung<br />
zum Sanierungsgeschehen.<br />
Österreich braucht eine<br />
Sanierungsstrategie<br />
Die Erkenntnisse aus der Studie zur Sanierungsrate<br />
haben offen gelegt, dass eine deutliche<br />
Anhebung der Sanierungsrate nur mit<br />
einem Maßnahmenbündel für die einzelnen<br />
Bestandssegmente zu erreichen sein wird. „Einzelaktionen,<br />
wie in der Vergangenheit, werden<br />
uns nicht weiterbrigen. Wir brauchen daher in<br />
Österreich dringend eine Sanierungsstrategie“,<br />
so Roland Hebbel, GDI 2050, ZIB – Zentralverband<br />
Industrieller Bauproduktehersteller.<br />
„Für eine Erholung der Bauwirtschaft und die<br />
Erreichung der Klimaziele brauchen wir eine<br />
massive Ankurbelung der thermisch-energetischen<br />
Sanierung. Das ist eine riesige Herausforderung<br />
für alle Beteiligten, vor allem<br />
für die bauausführende Wirtschaft und die<br />
öffentliche Hand – es ist aber auch die Chance.<br />
Also packen wir es an“, so Hebbel.<br />
Schwerpunkt bei steuerlichen<br />
Förderungen<br />
Nachdem die bisherigen Ansätze zur Erhöhung<br />
der Sanierungsrate nicht ausreichend<br />
fruchten, spricht sich die Bauprodukteindustrie<br />
für einen neuen Schwerpunkt bei steuerlichen<br />
Förderungen aus. Schon im Regierungsprogramm<br />
heißt es: „Das Steuersystem ist ein<br />
wirksamer Hebel, um die Dekarbonisierung<br />
voranzutreiben“ (S. 78). Das erste in der vorliegenden<br />
Studie vorgestellte Modell zielt auf<br />
Eigenheime und Eigentumswohnungen ab,<br />
das zweite auf private Mietwohnungen, also<br />
auf Bestandssegmente, bei denen die bisherigen<br />
Förderungsmodelle besonders auslassen.<br />
Die Sanierung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen<br />
soll durch die großzügige<br />
Absetzung von Sanierungskosten von der<br />
Lohn- und Einkommensteuer bzw. einer Negativsteuer<br />
im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung<br />
angekurbelt werden, die Sanierung<br />
von privaten Mietwohnungen durch eine verkürzte<br />
Absetzung von Sanierungskosten oder<br />
alternativ mit Investitionsprämien.<br />
Sanierung von Eigenheimen und<br />
Eigentumswohnungen<br />
Mit einem möglichst einfachen Modell in<br />
Anlehnung an die seit Langem in Südtirol<br />
angewandte steuerliche Sanierungsförderung<br />
können alle thermisch-energetisch relevanten<br />
Maßnahmen steuerlich abgesetzt werden. Das<br />
Rückgrat bildet ein zu 100 Prozent absetzbares<br />
Sanierungskonzept. Auf dieser Basis kann sich<br />
der Eigentümer für eine umfassende oder die<br />
Sanierung von Einzelbauteilen entscheiden.<br />
Bei einer umfassenden Sanierung sollen der<br />
Heizwärmebedarf oder die Gesamtenergieeffizienz<br />
um zumindest 60 Prozent verbessert<br />
werden. Dafür können 65 Prozent der Kosten<br />
steuerlich geltend gemacht werden. Bei Teilsanierungen<br />
müssen die jeweiligen Bauteile<br />
den thermischen Standard von Neubauten erreichen.<br />
Dafür gibt es eine steuerliche Absetzbarkeit<br />
von 40 Prozent der Kosten. Wenn sich<br />
ein Eigentümer nach der einen oder anderen<br />
Teilmaßnahmen für eine umfassende Sanierung<br />
entscheidet, erhält er nachträglich die<br />
entsprechende zusätzliche Steuergutschrift.<br />
Diese einfache Vorgangsweise scheint bestmöglich<br />
zur Realität vieler Haus- und Woh-<br />
„Der Bereich<br />
Gebäudesanierung<br />
liegt seit Jahren auf der<br />
Intensivstation.“<br />
Georg Bursik,<br />
Forschungsverband der<br />
österreichischen Baustoffindustrie<br />
nungseigentümer zu passen. Die Bereitschaft,<br />
in das eigene Haus zu investieren, ist hoch.<br />
Die meisten aber wollen nur im Ausmaß ihrer<br />
aktuellen Rücklagen investieren. Für manche,<br />
etwa viele Pensionisten, fällt es auch schwer,<br />
Bankfinanzierungen zu bekommen. Steuerliche<br />
Förderungen bevorzugen typischerweise<br />
reichere Haushalte. Dieser Effekt wird mit dem<br />
Förderungsmodell weitgehend neutralisiert,<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
97
Im Fokus: Dämmen/Thermische Sanierung<br />
indem die anerkennbaren Kosten gedeckelt<br />
sind und Niedrigverdiener alternativ eine<br />
Negativsteuer in Anspruch nehmen können.<br />
„Bei der Sanierung von Eigenheimen können<br />
wir den mit Abstand größten Hebel ansetzen.<br />
Die einkommensteuerliche Absetzung der Sanierungskosten<br />
ist ein international erfolgreich<br />
angewandtes Modell“, so Walter Stingl, Gründer<br />
der Stingl Top Audit Steuerberatung GmbH.<br />
Ankurbelung der Sanierung privater<br />
Mietwohnhäuser<br />
Ein ähnlich einfaches steuerliches Förderungsmodell<br />
wurde für die thermisch-energetische<br />
Sanierung privater Mietwohnhäuser<br />
entwickelt. Ähnlich einem in Deutschland<br />
neu eingeführten Instrument soll durch eine<br />
stark verkürzte Absetzung der Sanierungskosten<br />
innerhalb von nur fünf Jahren die<br />
Bereitschaft für Sanierungen angekurbelt<br />
werden. Für Eigentümer, die mit erhöhten<br />
Absetzbeträgen wenig anfangen können, soll<br />
alternativ eine Investitionsprämie in Höhe<br />
von 15 Prozent der Investitionskosten eingeführt<br />
werden. Denkmalgeschützte Gebäude<br />
werden zusätzlich begünstigt, indem die<br />
Liebhabereiberechnung entschärft wird. Bei<br />
gewerblich genutzten Mietflächen ist schon<br />
heute eine Sofortabsetzung möglich. Dies soll<br />
bei Mischobjekten auch auf Wohnungen ausgeweitet<br />
werden. Begleitend soll zur erleichterten<br />
Finanzierung die steuerfreie Ansparung<br />
der Mietzinsreserve ermöglicht werden.<br />
„Besten Effekte<br />
durch steuerlichen<br />
Förderungen und<br />
wohnrechtliche<br />
Anpassungen.“<br />
Karin Fuhrmann,<br />
TPA Steuerberatung<br />
Augenmaß beim thermisch und<br />
wirtschaftlich Machbaren<br />
Regelungen und Anreize müssen bei Miethäusern<br />
anders als im Wohnungseigentum angelegt<br />
sein. Umfassende thermisch-energetische<br />
Sanierungen sind unter den heutigen Rahmenbedingungen<br />
nur sehr schwer wirtschaftlich<br />
darstellbar. Andererseits ist kaum mit politischer<br />
Unterstützung für eine Begünstigung<br />
von Einzelbauteilsanierungen zu rechnen.<br />
Angesichts dessen spricht viel für die Anwendung<br />
des beim Sanierungsscheck erprobten<br />
Modells, dass förderbare Teilsanierungen<br />
eine Effizienzsteigerung um mindestens 40%<br />
erreichen müssen, nachzuweisen entweder<br />
über den Heizwärmebedarf oder die Gesamtenergieeffizienz.<br />
„Bei privaten Vermietern wird man mit steuerlichen<br />
Förderungen in Verbindung mit<br />
wohnrechtlichen Anpassungen die besten Effekte<br />
erzielen“, Karin Fuhrmann, Steuerberaterin<br />
und Partnerin bei TPA Steuerberatung.<br />
Ergänzende wohnrechtliche<br />
Maßnahmen als Turbo<br />
Die entwickelten Modelle werden zweifellos<br />
von der Branche gut aufgenommen werden.<br />
Ihre Wirksamkeit würde aber wesentlich<br />
steigen, wenn begleitende wohnrechtliche<br />
Reformen durchgeführt werden. Beim Wohnungseigentum<br />
sind die großen Brocken eine<br />
Neuregelung der Rücklage und effizientere<br />
Regelungen der Willensbildung. Im Mietrecht<br />
wäre ein besonders starker Treiber, wenn<br />
Wohnungen im Vollanwendungsbereich<br />
(Gründerzeit-Bauten) bei entsprechend hoher<br />
Qualität der Sanierung angemessen vermietet<br />
werden könnten. Für viele Maßnahmen, etwa<br />
die Umstellung von fossilen wohnungsseitigen<br />
Heizungen (Gasthermen) auf regenerative<br />
Hauszentralheizungen (Fernwärme),<br />
müssen die Duldungspflichten der Mieter<br />
reformiert werden.<br />
2 Millionen Tonnen CO 2<br />
-Reduktion<br />
in zehn Jahren<br />
Bei entsprechend konsequenter Umsetzung<br />
der dargestellten steuerlichen Förderungsmodelle<br />
ist in den jeweiligen Bestandssegmenten<br />
eine Erhöhung der Sanierungsrate um etwa<br />
einen Prozentpunkt machbar. Damit ist ein<br />
wesentlicher Beitrag zur Dekarbonisierung des<br />
Wohnungssektors darstellbar, der in 10 Jahren<br />
eine CO 2<br />
-Reduktion von 2 Millionen Tonnen<br />
bewirken würde.<br />
Turbo für die Wirtschaft und Arbeitsmarkt<br />
– Herausforderung für die Bauwirtschaft Die<br />
Wohnhaussanierung ist ein mächtiger Motor<br />
für Wirtschaftsleistung und Beschäftigung.<br />
Die dargestellten Maßnahmen versprechen<br />
einen zusätzlichen Bruttoproduktionswert<br />
von fast 2,6 Milliarden Euro pro Jahr. Von der<br />
Eigenheimsanierung profitiert insbesondere<br />
98 BauTecFokus
der ländliche und semiurbane Raum, die Miethaussanierung<br />
wirkt hingegen eher in den<br />
Städten. Es werden nicht weniger als 18.000<br />
Arbeitsplätze dauerhaft gesichert. Allerdings<br />
bedeutet die massive Forcierung der Wohnhaussanierung<br />
eine Herausforderung für die<br />
Bauwirtschaft. Bei Umsetzung des skizzierten<br />
Volumens werden jährlich 31.000 Häuser und<br />
Wohnungen umfassend thermisch saniert<br />
(inkl. Äquivalente für Einzelmaßnahmen). Im<br />
Vergleich dazu schaffte die gesamte Wohnbauförderung<br />
zuletzt nur 19.000 Sanierungen.<br />
Win-Win-Win für Umwelt,<br />
Wirtschaft und Fiskus<br />
Unter den getroffenen Annahmen bewirken<br />
die beiden Modelle zusätzliche Einnahmen aus<br />
der Lohn- und Umsatzsteuer bzw. Minderausgaben<br />
für eingesparte Arbeitslosenunterstützung<br />
und Kompensationszahlungen für nicht<br />
benötigte Emissionszertifikate von knapp<br />
790 Millionen Euro. Dem stehen steuerliche<br />
Mindereinnahmen im Ausmaß von etwa 630<br />
Millionen Euro gegenüber. Zu den fiskalisch<br />
positiven Effekten kommen noch Vermögensund<br />
Wohlfahrtseffekte für Eigentümer und Bewohner,<br />
weiterführende Umwelteffekte etwa<br />
durch reduzierte Feinstaubbelastung sowie<br />
Einsparungen bei Infrastrukturinvestitionen<br />
der Gemeinden und Effekte aus dem Zurückdrängen<br />
der Schattenwirtschaft. Zusätzlich<br />
stark positiv wirkt sich die massive Verlängerung<br />
der Nutzungsdauer der Gebäude aus.<br />
Factbox<br />
SANIERUNG VON EIGENHEIMEN UND<br />
EIGENTUMSWOHNUNGEN<br />
Es sollen alle thermisch-energetisch relevanten Maßnahmen einer Gebäudesanierung<br />
steuerlich absetzbar sein. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten:<br />
Umfassende Sanierung mit Sanierungskonzept; die Gesamtenergieeffizienz oder<br />
der Heizwärmebedarf eines Gebäudes muss um mindestens 60 Prozent verbessert<br />
werden<br />
Einzelbauteilsanierungen sind förderungswürdig, sofern die jeweiligen Bauteile den<br />
thermischen Standard von Neubauten erreichen<br />
Sanierungsausgaben werden mit 100.000 Euro gedeckelt. Die abzuschreibende<br />
Summe wird in fünf gleiche jährliche Beträge aufgeteilt und über Einkommensteuererklärung<br />
bzw. Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht.<br />
Bei umfassender Sanierung können 65 Prozent der Kosten steuerlich geltend<br />
gemacht werden, bei Einzelbauteilsanierungen 40 Prozent der Kosten (können<br />
nachträglich zu einer umfassenden Sanierung ausgeweitet werden). Niedrigverdiener<br />
können alternativ eine Negativsteuer in Anspruch nehmen.<br />
SANIERUNG PRIVATER MIETWOHNHÄUSER<br />
Voraussetzung für die Förderung ist eine Verbesserung der Gesamt-energieeffizienz<br />
oder des Heizwärmebedarfs eines Gebäudes um mindestens 40 Prozent.<br />
Stark verkürzte Absetzung in Form einer Sonderabschreibung (innerhalb von 5<br />
Jahren)<br />
Alternativ eine Investitionsprämie von 15 Prozent der Investitionskosten<br />
Für denkmalgeschützte Gebäude soll die Liebhabereiberechnung entschärft<br />
werden<br />
Mietzinsreserven: zum Ansparen der Finanzierungsbeiträge für Sanierung. Werden<br />
diese nicht für energetische Sanierung verwendet, sind sie nachzuversteuern.<br />
Sofortabsetzung Wohnungen bei Mischobjekten (analog gewerblich genutzte<br />
Mietflächen)<br />
EFFEKTE UND AUSWIRKUNGEN AUF DAS BUDGET<br />
2 Mio. t CO 2<br />
-Reduktion in 10 Jahren<br />
„Einkommensteuerliche<br />
Absetzung der<br />
Sanierungskosten<br />
ist ein international<br />
erfolgreich<br />
angewandtes Modell.“<br />
Walter Stingl,<br />
Stingl Top Audit Steuerberatung<br />
2,6 Mrd. Euro zusätzlicher Bruttoproduktionswert pro Jahr (dient der Konjunkturbelebung)<br />
18.000 Arbeitsplätze werden dauerhaft gesichert<br />
31.000 Häuser und Wohnungen werden jährlich saniert<br />
- 630 Millionen Euro steuerliche Mindereinnahmen<br />
+ 790 Millionen Euro zusätzliche Lohnsteuer und USt., Nichtausgaben Arbeitslosigkeit<br />
und Einsparung CO 2<br />
-Zertifikate<br />
+ 160 Millionen Euro Saldo für die öffentliche Hand<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
99
Branchen & Services<br />
Dominanz der<br />
Gemeinnützigen<br />
Kleinere Projekte, aber mehr Wohnfläche. Je größer die Nähe zu Wien und den regionalen<br />
Ballungsräumen, desto höher ist der Anteil der gewerblichen Bauträger.<br />
Autor: Andreas Altstädter<br />
100 BauTecFokus
I<br />
m Herbst des Vorjahres wirbelten der<br />
WKÖ-Fachverband der Immobilien- und<br />
Vermögenstreuhänder und die Exploreal<br />
mit der Studie über die Pipeline an<br />
Wohnbauprojekten in Wien gehörig Staub auf.<br />
Nun haben die beiden Kooperationspartner mit<br />
einer Untersuchung über die Wohnsituation in<br />
Niederösterreich nachgelegt. Wie bei der Premiere<br />
stand auch bei der Studie für Niederösterreich<br />
eine umfassende Auswertung anstehender<br />
Großprojekte, von denen wichtige Impulse in<br />
Hinblick auf den Wohnungsmarkt und die Bauwirtschaft<br />
ausgehen, im Fokus.<br />
Über 1.000 Projekte in<br />
Niederösterreich ausgewertet<br />
Um ein typisches Neubau-Bauträgerprojekt<br />
zu charakterisieren, wurden über 1.000 Projekte<br />
in Niederösterreich mit über 30.000<br />
Wohneinheiten ausgewertet. Rund 5.000<br />
Wohneinheiten (überwiegend Wohnungen)<br />
wurden im Detail erfasst und analysiert. „Für<br />
uns ist es nicht nur als Interessenvertreter eine<br />
interessante Abbildung der Ist-Situation, wir<br />
können damit auch unsere Kunden exakt über<br />
derzeitige Bauaktivitäten informieren“, erklärt<br />
Johannes Wild, geschäftsführender Obmann<br />
der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder<br />
Niederösterreich.<br />
Vergleich mit Wien: Projekte in NÖ kleiner,<br />
Wohneinheiten aber mit mehr Wohnfläche<br />
Wie auch in der ersten Studie wurden die in<br />
der Pipeline befindlichen Projekte auf ein „typisches<br />
Durchschnittsprojekt“ heruntergebrochen.<br />
Im Vergleich zu Wien fällt auf, dass die<br />
Projekte in Hinblick auf die Anzahl der Wohneinheiten<br />
deutlich kleiner sind, mehr Wohnfläche<br />
und PKW-Stellplätze aufweisen und die<br />
Wohnungen über einen hohen Terrassen-/<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
101
Branchen & Services<br />
DAS „GLÄSERNE“ PROJEKT – WIEN<br />
mit Loggia: 29 %<br />
mit Balkon: 50 %<br />
mit Terrasse: 35 %<br />
mit Garten: 14 %<br />
mit Freifläche: 91 %<br />
1-2 Zi-Wg: 50 %<br />
3 Zi-Wg: 35 %<br />
4+ Zi-Wg: 15 %<br />
aller Wohnungen im Angebot (n = 7.377)<br />
(Loggia/Balkon/Terrasse/Garten)<br />
aller Wohnungen im Angebot (n = 7.483)<br />
ø 0,81 PKW-Stellplätze / Wohnung<br />
arithm. Mittel geeigneter Projekte in<br />
EXPLOREAL (n = 759)<br />
ø 63 Wohnungen / Projekt<br />
arithm. Mittel geeigneter Projekte<br />
in EXPLOREAL (n = 1.570)<br />
ø 65,6 m² Wohnnutzfläche<br />
Median aller Wohneinheiten im<br />
Angebot (n = 7.481)<br />
ø Grundkostenanteil: 1.120 €/m²<br />
arithm. Mittel geeigneter Projekte<br />
in EXPLOREAL (n = 948)<br />
ø 9,1 m² Freiflächen<br />
(Loggia/Balkon/Terrasse)<br />
Median aller Wohneinheiten<br />
im Angebot (n = 7.483)<br />
„Anzahl der Wohnungen<br />
mit vier oder mehr<br />
Zimmern doppelt so<br />
hoch als in Wien.“<br />
Michael Pisecky,<br />
Fachgruppenobmann<br />
der Immobilien- und<br />
Vermögenstreuhänder Wien<br />
Gartenanteil verfügen. Durchschnittlich umfasst<br />
jedes Bauprojekt 25 Wohnungen, diese<br />
haben im Median 76,5 Quadratmeter Wohnnutzfläche,<br />
11,7 Prozent Freifläche (Loggia/<br />
Balkon/Terrasse) und 1,62 PKW-Stellplätze,<br />
rund doppelt so viele wie in Wien (0,81 PKW-<br />
Stellplätze/Wohnung).<br />
„In Wien sind ca. 50 Prozent der neu gebauten<br />
Einheiten 1- oder 2-Zimmerwohnungen und<br />
lediglich 15 Prozent haben vier Zimmer und<br />
mehr. In Niederösterreich ist die Anzahl der<br />
großen Wohnungen – mit vier oder mehr Zimmern<br />
– doppelt so hoch“, analysiert Michael Pisecky,<br />
Fachgruppenobmann der Immobilienund<br />
Vermögenstreuhänder Wien. Dies sei<br />
vor allem dem hohen Prozentsatz an Ein- und<br />
Zweipersonenhaushalten in Wien geschuldet,<br />
aber auch dem höheren Quadratmeterpreis,<br />
weshalb die Wohnungen kleiner sind, um<br />
leistbar zu bleiben. Erwartungsgemäß ist der<br />
Anteil an Eigennutzern, die für die Familie die<br />
Wohnung im Eigentum erwerben, in Niederösterreich<br />
höher als in Wien. Ähnlich hoch zeigt<br />
sich der prozentuelle Anteil der Wohneinheiten<br />
mit Freiflächen in beiden Bundesländern:<br />
97 Prozent sind es in Niederösterreich, immerhin<br />
91 Prozent in der Großstadt Wien.<br />
In NÖ dominieren gemeinnützige Bauträger<br />
mit rund 64 Prozent der Wohnbauten<br />
Bei den Aktivitäten der gewerblichen und gemeinnützigen<br />
Bauträger gibt es einen auffälligen<br />
Unterschied zwischen den beiden Bundesländern.<br />
Alexander Bosak, Mitbegründer und<br />
Geschäftsführer der Exploreal: „Während in<br />
Wien die gewerblichen Bauträger dominieren,<br />
sind es in Niederösterreich die gemeinnützigen.<br />
In Niederösterreich errichten die gemeinnützigen<br />
Bauträger 64 Prozent der Wohnbau-<br />
102 BauTecFokus
DAS „GLÄSERNE“ PROJEKT – NIEDERÖSTERREICH<br />
mit Loggia: 19 %<br />
mit Balkon: 41 %<br />
mit Terrasse: 48 %<br />
mit Garten: 36 %<br />
mit Freifläche: 97 %<br />
1-2 Zi-Wg: 32 %<br />
3 Zi-Wg: 37 %<br />
4+ Zi-Wg: 31 %<br />
aller Wohnungen im Angebot (n = 5.242)<br />
(Loggia/Balkon/Terrasse/Garten)<br />
aller Wohnungen im Angebot (n = 5.356)<br />
ø 1,62 PKW-Stellplätze / Wohneinheit<br />
arithm. Mittel geeigneter Projekte in<br />
EXPLOREAL (n = 1.037)<br />
ø 25 Wohneinheiten / Projekt<br />
arithm. Mittel geeigneter Projekte<br />
in EXPLOREAL (n = 1.218)<br />
Wohnungen: 85 %<br />
ø 76,5 m² Wohnnutzfläche<br />
Median aller Wohneinheiten im<br />
Angebot (n = 5.367)<br />
Reihenhaus/Doppelhaus: 13 %<br />
Einfamilienhaus(-grundstück): 2 %<br />
ø 11,7 m² Freiflächen<br />
(Loggia/Balkon/Terrasse)<br />
Median aller Wohneinheiten<br />
im Angebot (n = 5.365)<br />
aller Wohneinheiten in EXPLOREAL (n = 30.840)<br />
ten, die freifinanzierten Projekte betragen 36<br />
Prozent. In der Bundeshauptstadt werden nur<br />
33 Prozent der Wohnbauprojekte von gemeinnützigen<br />
Bauträgern gebaut, die gewerblichen<br />
Wohnbauträger zeichnen für rund zwei Drittel<br />
der neuen Wohneinheiten verantwortlich. Je<br />
größer die Nähe zu Wien und den regionalen<br />
Ballungsräumen, desto höher ist der Anteil der<br />
gewerblichen Bauträger. „Ein überproportional<br />
großer Anteil der gewerblichen Bauträger<br />
ist – im Verhältnis zur Gesamtverteilung – daher<br />
in den Bezirken Mödling, St. Pölten/Stadt,<br />
Korneuburg, Tulln, Baden und Krems festzustellen“,<br />
ergänzt Exploreal-Mitbegründer<br />
Matthias Grosse.<br />
Die größte Bautätigkeit in Niederösterreich<br />
findet prinzipiell in den – an Wien verkehrstechnisch<br />
gut angebundenen – Städten statt.<br />
Die meisten Projekte sind seit April 2019 im<br />
Industrieviertel (172 Projekte) und Mostviertel<br />
(135 Projekte) in die Vermarktung gekommen.<br />
Regionale Schlusslichter waren das Weinviertel<br />
mit 92 Projekten und das Waldviertel mit 50<br />
Projekten.<br />
More to come<br />
„Aufgrund der großen Resonanz – über die<br />
Immobilienwirtschaft hinaus – werden wir in<br />
den kommenden Monaten die Studie auf alle<br />
österreichischen Bundesländer ausweiten, um<br />
die jeweilige Wohnbausituation zu erheben<br />
und zu analysieren“, kündigt Gerald Gollenz,<br />
stellvertretender Fachverbandsobmann der<br />
Immobilien- und Vermögenstreuhänder,<br />
anlässlich der Präsentation weitere Studien<br />
an. Denn die einzelnen Bundesländer zeigen<br />
eigene Charakteristika bei der Verteilung und<br />
Umsetzung der Wohnprojekte, wie auch die<br />
Studie für Niederösterreich bestätigt.<br />
„In NÖ zeichnen wir für<br />
rund zwei Drittel der<br />
neuen Wohneinheiten<br />
verantwortlich.“<br />
Alexander Bosak,<br />
Exploreal<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
103
Bauen & Technik<br />
104 BauTecFokus
Gut gebaut?<br />
Nachhaltigte Bauprojekte im Praxistest. SeeSee Tower, Smart-<br />
Wohnen im Sonnwendviertel II und MGG22: Ein Zertifikat macht noch<br />
keine Wohnqualität – warum sich ein Wohnbauprojekt erst in der Praxis<br />
beweist und was die Bewohner dazu sagen.<br />
Autor: Amelie Miller<br />
Fotos: Stephan Huger, Norbert Mayr<br />
I<br />
n gleichmäßigem Tempo rattert die<br />
U-Bahn über das Gleis. Der Blick aus<br />
dem Fenster verrät, hier wird gebaut.<br />
Stolz ragen Kräne in die Luft. Hinter<br />
türkisblauem Wasser steht ein Rohbau nach<br />
dem anderen. Die Sonne kennt kein Erbarmen.<br />
Schweißgeruch steigt einem in die Nase. „Endstation.<br />
Bitte alle aussteigen.“ Seestadt prangt<br />
in weißen Lettern auf violettem Hintergrund.<br />
Die Menschen, die hier aussteigen, scheinen<br />
alle in eine Richtung zu strömen. Am Bauzaun<br />
entlang hebt man nur widerwillig den Kopf, um<br />
die Fassade des weltweit zweithöchsten Holzhochhauses<br />
zu mustern. Von ihrer Last gekrümmt<br />
biegt eine Blondine mit wippendem Pferdeschwanz<br />
nach links in die Janis-Joplin-Promenade ein.<br />
Ganz ohne dicken Benz schleppt sie zwei Gummibäume<br />
in einer blitzblauen Ikea-Tasche in<br />
die Wohnung. Vorbei an Betonmischern zur<br />
Linken und spielenden Kindern zur Rechten ist<br />
das Ziel erreicht.<br />
Der SeeSee Tower –<br />
High Class mit Panorama?<br />
Errichtet in Massivbauweise, genau genommen<br />
besteht er aus Stahlbeton, zumindest die<br />
tragenden Elemente – der SeeSee Tower. Unschwer<br />
zu erkennen: ein Wohnbauprojekt der<br />
BUWOG. 105 freifinanzierte Mietwohnungen<br />
und 40 PKW-Stellplätze verteilen sich hier<br />
vertikal auf einer Grundstücksfläche von 1.745<br />
Quadratmetern. Mit dem Einzug der Bewohner<br />
im August vergangenen Jahres reiht sich<br />
das Gebäude in das Ensemble der BUWOG-<br />
Projekte SeeSee Home und SeeSee Living ein.<br />
Errichtet wurde der Tower als Niedrigenergiegebäude.<br />
Geheizt wird mit Fernwärme. Qualitäten,<br />
die dem SeeSee Tower im Februar 2019<br />
bereits eine ÖGNB-Auszeichnung mit 800<br />
von 1.000 Punkten einbrachte. Allerdings<br />
kein klimaaktiv-Zertifikat. „In der Seestadt<br />
Aspern werden alle Gebäude an den Qualitätskriterien<br />
der ÖGNB gemessen, die allermeisten<br />
davon entsprechen auch den Anforderungen<br />
von klimaaktiv. Freiraumqualität<br />
und soziale Einrichtungen, klimaschonende<br />
Fernwärme, Energieeffizienz bei den Gebäuden<br />
und eine sehr gute Anbindung an den<br />
öffentlichen Verkehr gelten weltweit als eines<br />
der Vorzeigemodelle für den Städtebau der<br />
Zukunft,“ betonte Robert Lechner, Vorsitzender<br />
der ÖGNB, bei der Verleihung. Tatsächlich<br />
ist der SeeSee Tower nicht nur wenige Gehminuten<br />
von der U-Bahn-Station entfernt,<br />
sondern verfügt auch über eine sogenannte<br />
„Urban Loggia“, einen „Indoor Playground“<br />
sowie Allgemeinflächen, die den Bewohnern<br />
zur Verfügung stehen. Von außen sieht der<br />
Tower nicht gerade wie ein gewöhnliches<br />
Wohnhaus aus. Ab dem zweiten Obergeschoß<br />
wirkt es, als wäre ein Loch in der Fassade. Hier<br />
befindet sich ein Kinderspielplatz. Durch das<br />
Abweichen von der Baulinie sollen Fallwinde<br />
im Fußgängerbereich vermieden werden.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
105
Bauen & Technik<br />
Zudem soll die abgestufte Höhe Licht und<br />
Schatten in der Umgebung optimieren, so<br />
der planerische Ansatz des Architekturbüros<br />
Podsedensek ZT. Durch die angrenzenden<br />
Gebäude entsteht vor dem Hauseingang des<br />
Towers eine Art Innenhof. Endlich Schatten.<br />
Ein leichter Westwind bringt frische Luft.<br />
Zweckmäßigkeit und hohe Identifikation<br />
Direkt vor dem Hauseingang des Towers sitzt<br />
auf einer circa zwei Quadratmeter großen Sitzfläche<br />
aus Holz ein Mann mittleren Alters mit<br />
schütterem Haar und tätschelt den Kopf eines<br />
Bernhardiners. Ob er hier wohnt? „Nein“, sagt<br />
er, aber er würde gerne, schließlich lebt seine<br />
Tochter nur zwei Häuser weiter. Er warte gerade<br />
auf die Maklerin. Gründe, in die Seestadt<br />
zu ziehen, gibt es auch abseits der Verwandtschaft<br />
genug: Raus aus der Stadt, den See vor<br />
der Tür – davon hat auch der Hund was. Der<br />
Tower an sich ist kein Grund. Hauptsache in<br />
der Seestadt. Einen Termin zur Besichtigung<br />
zu bekommen, war nicht schwer, allerdings<br />
ist das nicht die erste Wohnung, die er sich in<br />
der Seestadt anschaut. Ob es bisher am Hund<br />
lag? Man weiß es nicht.<br />
„Ich habe lange nach einer passenden Wohnung<br />
in der Seestadt gesucht. Eines Tages<br />
waren dann ein Dutzend Wohnungen im<br />
SeeSee Tower online. Die Besichtigung wurde<br />
von einem Immobilienmakler organisiert. In-<br />
nerhalb von ein paar Tagen habe ich den Mietvertrag<br />
unterschrieben. Provision musste ich<br />
keine zahlen“, berichtet eine junge Frau, die<br />
vor Kurzem mit ihrem Freund eingezogen ist.<br />
Was ihr besonders am SeeSee Tower gefalle?<br />
Der Name. „SeeSee Tower, das klingt schon<br />
sehr anziehend. Der Eingangsbereich erinnert<br />
auf den ersten Blick eher an eine Hotellobby<br />
oder an ein Business Center.“ Und in der Tat<br />
kann von einer hohen Identifikation der<br />
Bewohner der Seestadt mit selbiger und der<br />
eigenen Wohnung gesprochen werden. Wer<br />
in der Seestadt wohnt, ist ein Pionier. Das<br />
Gefühl, Teil von etwas Neuem zu sein und<br />
dieses auch noch mitgestalten zu können,<br />
entspricht laut Stadtforschung dem Gefühl<br />
des „Placemaking“. Die Soziologen Christoph<br />
Reinprecht und Cornelia Dlabaja erforschen<br />
seit 2015 im Rahmen der Studie „Besiedelungsmonitoring<br />
Seestadt Aspern“ die Wechselwirkung<br />
zwischen den Bewohnern und<br />
dem Planungsteam des neuen Stadtteils Seestadt<br />
Aspern. Dabei untersuchen sie auch den<br />
Belebungsprozess des neuen Sozialraums.<br />
Demnach ist der Prozess der Besiedelung eng<br />
mit Identitätsbildung verbunden. Ortsbindung<br />
entsteht über Aneignungsprozesse, so<br />
die Studie. Nach außen kommuniziert wird<br />
das vor allem über soziale Medien, denn die<br />
Bewohner der Seestadt sind vor allem eins –<br />
jung. „Personen mit mittleren Einkommen,<br />
einem eher höheren Bildungsgrad und ein<br />
„Die Bewohner übernehmen<br />
keine Eigenverantwortung.“<br />
durchschnittlicher Migrationsanteil mit überdurchschnittlich<br />
vielen Menschen mit Herkunft<br />
aus alter und neuer EU – in der Seestadt<br />
wohnen vor allem relativ junge Menschen,<br />
mit und ohne Kinder“, erklärt Reinprecht.<br />
Bei den Bewohnern punktet der SeeSee Tower<br />
also mit seiner Lage am Wasser und direkter<br />
U-Bahn-Nähe, der bloßen Tatsache, dass er<br />
sich in der Seestadt befindet, den Gemeinschaftsräumen<br />
sowie dem Spielplatz. „Die<br />
Heizkosten sind aber schon etwas höher als in<br />
106 BauTecFokus
unserer vorherigen Wohnung“, sagt ein junger<br />
Familienvater, der das sommerliche Wetter<br />
nutzt, um mit Frau und Kindern im See<br />
zu baden. „Die Temperatur lässt sich nur bis<br />
22 Grad regulieren. Im Winter könnte es also<br />
durchaus etwas wärmer sein.“ Was ihn jedoch<br />
am meisten stört, ist die Parkplatzsituation.<br />
„Die Parkplätze bei uns in der Garage sind zu<br />
teuer und auch drum herum ist es schwierig,<br />
einen Parkplatz zu finden. Der meiste Verkehr<br />
in der Seestadt entsteht dann, wenn die Leute<br />
ihr Auto umparken müssen“, lacht er. Ob<br />
das ein Grund wäre, die Seestadt wieder zu<br />
verlassen? „Ja“, antwortet der Papa in Badehose<br />
nach einer kurzen Pause. Der Soziologe<br />
Christoph Reinprecht erklärt diesen Unmut<br />
wie folgt: „Bei vielen Menschen spielt das<br />
eigene Auto eine große Rolle, die Seestadt ist<br />
jedoch auch aufgrund der bereits im Vorfeld<br />
gebauten U-Bahn-Linie auf die Integration<br />
alternativer Transportmittel konzipiert. Das<br />
führe schnell zur Frustration bei Menschen,<br />
die auf das Auto als primäres Verkehrsmittel<br />
zurückgreifen; sei es, weil sie auf ihrem<br />
täglichen Weg zur Arbeit darauf angewiesen<br />
sind, wegen der Kinder oder aus Gründen der<br />
Freizeitgestaltung.“<br />
Die Gemeinschaftsräume nutzt die junge Familie<br />
gerne und regelmäßig, die Sauberkeit<br />
würde aber zu wünschen übrig lassen. Auch<br />
die Grünflächen rund um den See würden von<br />
Müll nicht verschont werden. „Die Bewohner<br />
übernehmen keine Eigenverantwortung“, kritisiert<br />
die Mutter, die sich gerade sorgfältig mit<br />
Sonnencreme einschmiert. „Oft wird Sperrmüll<br />
einfach nur abgestellt. Es kommt häufig<br />
vor, dass die Leute ihren Müll dort liegen lassen,<br />
wo sie gerade stehen. Da liegt dann schon<br />
mal eine Maske im Stiegenhaus.“ Immerhin<br />
auf das Reinigungspersonal sei Verlass, das<br />
einmal pro Woche dafür sorgt, dass das Stiegenhaus<br />
und die Müllräume sauber sind.<br />
Die Nachbarn kenne man großteils nicht. Das<br />
Interesse daran scheint aber auch nicht sonderlich<br />
groß zu sein, zumal keinerlei Initiativen<br />
für ein nachbarschaftliches Miteinander<br />
existieren. „Das kann gerne so bleiben“, sagt<br />
ein junger Mann, der, seiner Kleidung nach<br />
zu urteilen, gerade von der Arbeit kommt. Ob<br />
er sich sicher fühle in der Seestadt? „Absolut,<br />
aber ich mache ja auch Kampfsport. Security<br />
Personal am See? Sei ihm nie aufgefallen,<br />
bräuchte es auch nicht, seiner Meinung nach.<br />
Der Nachtbus ist jedoch schlecht organisiert“,<br />
findet er. „Immer wieder muss man anrufen,<br />
weil man nie genau weiß, wann er wie fährt.“<br />
Wenn es nach ihm ginge, könnte das gastronomische<br />
Angebot etwas größer sein, aber<br />
ihm sei schon klar, dass die Infrastruktur noch<br />
im Wachsen ist. Auch der Baustellenlärm sei<br />
manchmal störend, aber „das hat man ja vorher<br />
gewusst“, sagt er achselzuckend.<br />
Szenenwechsel<br />
Mit der Schnellbahn geht es nach Favoriten.<br />
Den falschen Ausgang genommen, überquert<br />
man zuerst gefühlt zehn Ampeln, um auf die<br />
andere Straßenseite zu gelangen. Die Luft<br />
flirrt und der Geruch von Teer steigt einem<br />
in die Nase. Hier herrscht reges Treiben.<br />
Taxler lehnen lässig an ihren Autos und tauschen<br />
sich darüber aus, wie die Regierung<br />
„in den Oasch geht“. Hier gehen Menschen<br />
Factbox<br />
SEESTADT ASPERN<br />
Das Areal der Seestadt Aspern am Rande<br />
des 22. Wiener Gemeindebezirks ist 240<br />
Hektar groß und damit nicht nur Wiens<br />
größtes Stadtentwicklungsprojekt, sondern<br />
auch eines der umfassendsten in Europa.<br />
2010 wurde mit dem Bau der Wohnhäuser<br />
begonnen. 8.316 Personen leben<br />
aktuell dort. Bis 2028 sollen es 20.000<br />
sein. Das Gesamtinvestitionsvolumen<br />
beläuft sich auf rund fünf Milliarden Euro.<br />
Der namensgebende See in der Mitte des<br />
Areals macht fünf Hektar aus.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
107
Bauen & Technik<br />
ein und aus – der Hauptbahnhof. Vorbei an<br />
Neubauten und uniformierten Bankern trifft<br />
man direkt auf die D-Linie. Alles andere als<br />
gemütlich strebt sie ihrem Ziel entgegen – der<br />
Endstation Absberggasse. Ein Novum. Bis<br />
Herbst 2020 wird auch die Linie O verlängert,<br />
sie fährt dann ins Nordbahnhofviertel. Die<br />
Wiener Linien und die Stadt Wien investieren<br />
insgesamt 70 Millionen Euro in den Ausbau<br />
und in die Beschleunigung des Straßenbahnund<br />
Busnetzes. Hinter den Straßenbahngleisen<br />
ragen auch hier in der Ferne mehrere<br />
Rohbauten in die Luft. Stolz recken die Kräne<br />
ihre Hälse nach vorne. Vor dem schwarzen<br />
Himmel zeichnet sich ihre gelbe Farbe besonders<br />
deutlich ab.<br />
Smart-Wohnen im Sonnwendviertel II<br />
Zweimal nach rechts um die Ecke gebogen,<br />
ist man auch schon in der Alfred-Adler-<br />
Straße. Vorbei an großen Glasfronten, die<br />
der Aufschrift nach ein angesagtes Cafè-<br />
Bistro-Coworking-Space beherbergen, steht<br />
man auch schon davor: der Bauplatz B.04.<br />
Heimbau errichtete hier ab 2016 mit einer<br />
förderbaren Nutzfläche von circa 11.900 Quadratmetern<br />
insgesamt 116 Smart-Wohnungen<br />
und 32 geförderte Wohnungen. Mit dem<br />
neuen Wohnbauprogramm der Stadt Wien<br />
wurde erstmals die Planung von Smart-Wohnungen<br />
im Zuge eines Bauträgerwettbewerbs<br />
verpflichtend vorgesehen. Erschwinglicher<br />
Wohnraum für Jungfamilien, Paare, Alleinerzieher,<br />
Senioren und Singles wurde hier geschaffen.<br />
Dank kompakter Bauweise soll der<br />
Energieverbrauch gering sein und das trotz<br />
nieriger Baupreise. Das Raumklima im Inneren<br />
der Wohnung wird über eine kontrollierte<br />
Wohnraumlüftung gesteuert.<br />
Die architektonische Gestaltung des Wohnbauprojekts<br />
konnten Geiswinkler und<br />
Geiswinkler in einem Wettbewerb für sich<br />
entscheiden. Laut deren Webseite wurden bei<br />
der Umsetzung des Projekts „vertraute städtebauliche<br />
Prinzipien der straßenbegleitenden<br />
Bebauung weitergeführt“. Großstädtisch<br />
und linear ist die Gebäudestruktur. Bunte<br />
Balkone wechseln sich an der Außenfassade<br />
ab. Ein vorgesetzter Stahlbetonskelettfilter<br />
vereint die öffentliche mit der privaten Zone.<br />
So sollen vorgelagerte Balkonzonen private<br />
Freiräume schaffen. Zutritt zu den Spielund<br />
Grünanlagen haben nur die Bewohner.<br />
Horizontal werden die Wohnungen durch<br />
offene Laubengänge erreicht. Die Idee hinter<br />
diesen war, nicht nur Durchgänge, sondern<br />
gleichzeitig informelle Begegnungszonen zu<br />
schaffen. Alle Wohnungen seien von zwei<br />
Seiten belichtet und hätten trotz äußerster<br />
Flächensuffizienz einen wohnungsbezogenen<br />
Außenraum. Nominiert wurde das Wohnbauprojekt<br />
2017 bereits zweimal, einmal für den<br />
Staatspreis Architektur & Nachhaltigkeit und<br />
einmal für den ZV-Bauherrenpreis.<br />
Straßenlärm & Co<br />
Vorbei an einer kleinen Pizzeria, die sich im<br />
Erdgeschoss des Gebäudes befindet, steht<br />
man auch schon im Inneren. Die wenigen<br />
Sitzgelegenheiten im Innenhof sind besetzt.<br />
Primär ältere Menschen halten sich hier auf.<br />
Es scheint das ausgelagerte Wartezimmer<br />
des Allgemeinmediziners schräg gegenüber<br />
zu sein. Nach vorn gebeugt sitzt ein Mann<br />
Ende 70 im Schatten. Anlehnen kann er sich<br />
nicht. Mit der linken Hand stützt er sich auf<br />
seinen Gehstock, während er mit der rechten<br />
seinen Befund umklammert. Ja, er wohnt<br />
hier. „Eh schon länger. Der Straßenlärm wird<br />
immer mehr und die Nachbarn san a Gsindl.<br />
Da wird von Balkon zu Balkon geschrien und<br />
die Hausverwaltungen unternehmen nichts.“<br />
Er wohnt im ersten Stock und hat daher keinen<br />
Balkon, den Lärm höre er trotzdem. Außerdem<br />
würde der vorgelagerte Balkon der<br />
Wohnung über ihm dafür sorgen, dass er kein<br />
Tageslicht hat. Da ist es doch eine schöne Abwechslung,<br />
beim wöchentlichen Arztbesuch<br />
wenigstens ein bisschen Tageslicht abzubekommen,<br />
bemerkt er schnippisch und zieht<br />
dabei den linken Mundwinkel nach oben.<br />
Und in der Tat, in beiden Stiegenhäusern<br />
hängt jeweils ein Aushang von Heimbau mit<br />
der Information: „Es gibt Beschwerden der<br />
Bewohner, dass es immer wieder zu Lärmbelästigung<br />
– vor allem auf den Balkonen und<br />
Terrassen in den späten Abend- und Nachtstunden<br />
– kommt und sich diese dadurch in<br />
ihrer Wohnqualität beeinträchtigt fühlen.“<br />
Es sei, abgesehen von der Hausordnung im<br />
Interesse aller Bewohner, „gegenseitige Rücksichtnahme<br />
auszuüben“, um eine gut funktionierende<br />
Hausgemeinschaft zu gewährleisten,<br />
heißt es weiter. Ja, die Lärmbelästigung<br />
durch die Nachbarn habe in letzter Zeit etwas<br />
zugenommen, was sicher daran liegt, dass<br />
aufgrund des Lockdowns viele zu Hause sind,<br />
erzählt eine junge Frau, die gerade mit ihrer<br />
mannshohen Deutschen Dogge aus dem Lift<br />
kommt, um mit dem Hund Gassi zu gehen.<br />
Trotzdem genießt sie es, dass ihre Wohnung<br />
einen Balkon hat. „Es ist meine erste Wohnung<br />
in Wien mit Balkon. Allerdings fühle<br />
ich mich schon manchmal etwas beobachtet<br />
von den Nachbarn, wenn ich draußen im Liegestuhl<br />
liege, um mich sonnen zu lassen. Zum<br />
108 BauTecFokus
Glück sind es nur zwei ältere Damen“, lacht<br />
sie. Ein Grund, hierher zu ziehen, war aber<br />
nicht allein der Balkon, sondern vor allem die<br />
niedrige Miete in Kombination mit der guten<br />
Verkehrsanbindung.<br />
Zugluft umgibt einen, steht man vor den aneinandergereihten<br />
schwarzen Postfächern.<br />
Für ein wenig Farbe im dunklen Stiegenhaus<br />
sorgen vier gelbe Post-Abholstationen. Ein<br />
Blick nach rechts gibt die Sicht auf eine kleine,<br />
begrünte Fläche im Innenhof frei – der Spielplatz.<br />
Zwei Schaukeln, ein Sandkasten. „Meine<br />
Tochter spielt gerne hier“, erzählt eine Mutter,<br />
während ihr fünfjähriges Kind fröhlich die<br />
Beine auf der Schaukel in die Luft wirft. In den<br />
eigenen vier Wänden bereite ihr aber die kontrollierte<br />
Wohnraumlüftung Probleme. „Leider<br />
haben wir mit einer hohen Luftfeuchtigkeit<br />
zu kämpfen, da wir viele Pflanzen in der Wohnung<br />
haben. Im Badezimmer gibt es Probleme<br />
mit der Abluft“ Immerhin müsse sie im Winter<br />
nicht heizen, weil es in der Wohnung immer<br />
dieselbe Temperatur habe. Hohe Stromkosten<br />
seien ihr deshalb noch nicht aufgefallen,<br />
allerdings müsse einmal pro Monat der Filter<br />
gereinigt werden, was laut Hausverwaltung<br />
aber völlig normal sei. Will sie sich mit den<br />
Nachbarn austauschen, sind es primär die<br />
anderen Mütter, die sie am Spielplatz trifft.<br />
„Man kennt, grüßt sich und tauscht sich kurz<br />
aus. Besonders innig ist das Verhältnis aber<br />
nicht. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass<br />
das Interesse daran besonders groß wäre.“<br />
Gemeinsame nachbarschaftliche Aktivitäten<br />
seien ihr, abseits vom Mietertreffen, nicht bekannt.<br />
Sie selbst habe aber auch noch nie an<br />
einem teilgenommen. Laut einer Studie des<br />
Marktforschungsinstituts Innofact im September<br />
2019 kennt jeder zehnte der Befragten<br />
seine Nachbarn nicht. Bei den 18- bis 29-Jährigen<br />
ist es jeder Fünfte. Insgesamt finden das 14<br />
Prozent der Österreicher auch wünschenswert.<br />
Ein guter Nachbar zeichnet sich ihrer Meinung<br />
nach vor allem dadurch aus, dass er sie in Ruhe<br />
lässt. Bei Männern ist dieser Wunsch laut einer<br />
Online-Umfrage mit 16 Prozent deutlich ausgeprägter<br />
als bei Frauen (11 Prozent).<br />
„Man kennt, grüßt sich und<br />
tauscht sich kurz aus. Besonders<br />
innig ist das Verhältnis mit den<br />
Nachbarn aber nicht.“<br />
Leistbares Wohnen und günstige Mieten sind<br />
für die Bewohner also die Hauptgründe, in die<br />
Alfred-Adler-Straße 12 zu ziehen. Lärm, sei es<br />
von den Nachbarn oder von der Straße, wird<br />
als störend empfunden. Während der eine die<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
109
Bauen & Technik<br />
Factbox<br />
SONNWENDVIERTEL<br />
Auf dem Areal des ehemaligen Südbahnhofs<br />
ist in den vergangenen Jahren ein<br />
völlig neuer Stadtteil entstanden: das<br />
Sonnwendviertel. Mit dem Neubau des<br />
Wiener Hauptbahnhofs erfolgte auch der<br />
Startschuss für die Neugestaltung des<br />
Areals. Auf insgesamt 59 Hektar entstehen<br />
im zehnten Wiener Gemeindebezirk<br />
neben Kindergärten und einem Bildungscampus<br />
2021 insgesamt 20.000 neue<br />
Arbeitsplätze und rund 5.000 Wohnungen.<br />
Der Helmut-Zilk-Park gilt mit seiner acht<br />
Hektar großen Grünfläche als Herzstück<br />
des Viertels.<br />
Infrastruktur im Sonnwendviertel perfekt findet,<br />
weil „alles, was man zum Leben braucht“,<br />
in der Nähe ist, beschwert sich der andere, dass<br />
es außer einem Interspar keine „nennenswerten<br />
Geschäfte“ gebe. „Parkplätze sind Mangelware.<br />
Der Autoverkehr wurde ausgesperrt,<br />
ohne die Öffis anzubinden. Nach 21 Uhr fährt<br />
hier gar nichts mehr“, beschwert sich ein Mann<br />
mit Dreitagebart, der müde die Stahlbetontreppen<br />
hinunterschleicht. Er arbeite im Schichtdienst,<br />
weshalb ihm die schlechte Anbindung<br />
besonders „auf den Geist“ geht. Kaum zu<br />
glauben – am Hauptbahnhof! Einmal in Rage<br />
geredet, holt er zum Rundumschlag aus: „Die<br />
Architektur? Eine Katastrophe. Unser Gebäude<br />
ist das Vorzeigebeispiel und wurde in vielen<br />
Zeitschriften als dieses angepriesen. Generell<br />
gibt es bei uns aber viele Probleme. Vor allem<br />
bei starkem Regen, da regnet es in die Aufzüge,<br />
weshalb diese dann ausfallen. Durch die<br />
offenen Gänge regnet es in Richtung Garage,<br />
dort sammelt sich das Wasser und fängt an<br />
zu stinken. Das Haus ist schön, aber scheinbar<br />
katastrophal gebaut.“ Ob er überlege, wieder<br />
wegzuziehen? „Nein. Es war schwer, in dieser<br />
Lage überhaupt eine Wohnung zu bekommen.<br />
Ohne Bekannte von der Mama würde ich immer<br />
noch zu Hause wohnen“, grinst er und<br />
zieht von dannen.<br />
Urbaner Dschungel<br />
Statt gemütlich einen weißen Spritzer an der<br />
Alten Donau zu genießen, steht ein Grüppchen<br />
betagter Herrschaften beisammen und scharrt<br />
mit den Hufen. Und das an einem Sonntag<br />
um 17 Uhr bei gefühlten 35 Grad. Der Grund?<br />
Eine Führung mit dem Architektenteam – Sophie<br />
und Peter Thalbauer, Norbert Thaler und<br />
Ursina Thaler-Brunner, Alfred Charamza und<br />
Norbert Mayr, dem Initiator des Wohnbauprojekts<br />
MGG 22 . Raus aus der U-Bahn in Stadlau<br />
überquert man eine vielbefahrene Straße und<br />
hat gleich das Gefühl, am Land zu sein. Auf einer<br />
Pferdekoppel grast ein Haflinger im Schatten.<br />
Blickt er allerdings auf das Haus gegenüber,<br />
ist Schluss mit Natur. Das graue Gitter,<br />
das über die ganze Fassade reicht, erweckt den<br />
Eindruck, dass die Bewohner hier einsitzen.<br />
Was aussieht wie ein Gefängnis, ist allerdings<br />
ein Genossenschaftsbau des Österreichischen<br />
Siedlungswerk (ÖSW). Angeblich wäre am<br />
Ende kein Geld mehr da gewesen, munkelt<br />
man. Dass es auch anders geht, beweist das<br />
MGG 22 gleich daneben.<br />
Schlichte Betondominanz<br />
Sieben Baukörper auf drei Bauplätzen, gestaltet<br />
von drei Architekturbüros. Man würde<br />
vermuten, jeder Baukörper sieht anders aus.<br />
Mitnichten. Einzig das erste Gebäude scheint<br />
mit seiner rosa Fassade aus der Reihe zu<br />
tanzen. Sonst findet sich nichts Trennendes.<br />
Keine Zäune grenzen die Baukörper voneinander<br />
ab. Im Gegenteil, Gassen und kleine<br />
Plätze verbinden die einzelnen Häuser. „Ziel<br />
war es, ein grundstückübergreifendes städtebauliches<br />
Konzept umzusetzen“, erklärt<br />
Peter Thalbauer. Mit der linken Hand deutet<br />
er auf eine schmale Gasse: „Diese entsteht<br />
durch die Bebauung und führt einen weiter<br />
auf einen Platz. Das sind Gegebenheiten, wie<br />
wir sie auch in der Stadt kennen.“ Alle sieben<br />
Gebäude eint auch ihre puristische und minimalistische<br />
Bauweise mit Flachdach. Dass<br />
Beton hier der dominierende Baustoff ist, ist<br />
ganz einfach erklärt. „Geheizt und gekühlt<br />
wird im MGG 22 mit thermischer Bauteilaktivierung.<br />
Das ist die erste geförderte Bauteilaktivierung<br />
in ganz Österreich“, berichtet der<br />
Architekturhistoriker und Publizist Norbert<br />
Mayr stolz. Leistbares Wohnen würde also<br />
durch niedrige Energiekosten geschaffen.<br />
„Für eine 70 bis 80 Quadratmeter große Wohnung<br />
sollte die Jahresrechnung für Heizung,<br />
Kühlung und Warmwasser unter 300 Euro<br />
betragen. Dieses Projekt wird keinesfalls ein<br />
Einzelfall bleiben“, bemerkte Johann Gruber,<br />
Obmann vom Bauträger Neues Leben bei<br />
einem Baustellenbesuch. Doch das Tolle am<br />
Wohnbauprojekt im 22. Wiener Gemeindebezirk<br />
sind nicht allein die Architektur und das<br />
Energiekonzept, sondern vor allem die Natur.<br />
„Die essbare Stadt“ zeichnet sich dadurch<br />
aus, dass sämtliche Grünstreifen vor den<br />
Häusern mit den verschiedensten Kräutern<br />
bepflanzt sind. Auch Obstbäume und Sträucher<br />
laden die Bewohner zum Naschen ein.<br />
Zusätzlich können die Bewohner am angrenzenden<br />
Wald- und Wiesengürtel dem eigens<br />
gegründeten Gartenverein beitreten und ein<br />
eigenes Beet mieten und bepflanzen. Auch<br />
ein Mitspracherecht wird den Bewohnern eingeräumt,<br />
etwa bei der Gestaltung des Mehrzweckraums<br />
und des Waschsalons mit Nachbarschaftsbibliothek.<br />
Unterstützt werden sie<br />
dabei vom Team der wohnbund:consult. Das<br />
Projekt wurde mit mehreren Auszeichnungen<br />
110 BauTecFokus
elohnt. So erhielt das MGG 22 2019 neben dem<br />
ÖGUT-Umweltpreis auch den GBB-Award.<br />
Stadtgemüse in der Auslage<br />
„Da ist man ja gleich beim Mühlwasser“,<br />
schwärmt eine bereits ergraute ältere Dame<br />
mit Fächer. Langsam bewegt sich der Besichtigungstrupp<br />
vorwärts und wird dabei neugierig<br />
beäugt. Während die einen freundlich von<br />
den Dächern winken, hat man den Eindruck,<br />
dass andere Fremde bewusst ignorieren.<br />
Vorbei an ebenerdigen Terrassengelangt man<br />
in einen Innenhof. Bunte Stühle stehen hier<br />
gruppiert – auf Sand. „Warum kein Gras?“,<br />
fragt einer aus der Gruppe. Dafür habe man<br />
sich ganz bewusst entschieden, schließlich<br />
handelt es sich um eine Nutzfläche. Natürlich<br />
sei das am Anfang etwas staubig gewesen,<br />
hätte sich aber dann doch sehr schnell beruhigt,<br />
versichert einer der Architekten. „Die<br />
Kinder spielen hier ständig“, erzählt eine<br />
junge Mutter, die in einem der Häuser wohnt.<br />
Neben dem Versprechen, dass es auch einen<br />
Jugendspielplatz gibt, war vor allem der Blick<br />
ins Grüne und die gute Anbindung einer der<br />
Gründe, hier einzuziehen. Die Wohnung zu<br />
bekommen, war aber alles andere als einfach.<br />
„Wir haben über ein Jahr gesucht und<br />
haben uns bei mehreren Genossenschaften<br />
angemeldet und dann ging es plötzlich sehr<br />
schnell. Generell würde ich aber sagen, dass<br />
es schwer ist, eine Genossenschaftswohnung<br />
zu bekommen.“<br />
In einem kleinen aufblasbaren Minipool liegt<br />
ein Mann in schwarzen Shorts. „Die angepriesene<br />
offene Bauweise ist zum Wohnen echt<br />
unangenehm. Bei mir kann jeder direkt ins<br />
Wohnzimmer schauen und sieht, ob ich zu<br />
Hause bin oder nicht. Vor allem am Abend,<br />
wenn ich das Licht anmache, fühle ich mich<br />
wie in der Auslage”, zeigt er sich wenig begeistert.<br />
Ob er auch schon überlege, seine<br />
Terrasse, wie der ein oder andere Nachbar,<br />
mit aufgestellten Europaletten vom Rest abzugrenzen?<br />
„Nein“, er habe sich schon daran<br />
gewöhnt. Ihn störe viel mehr, dass man aufgrund<br />
der Bauweise auch keine Privatsphäre<br />
im Inneren der Wohnung hat. Warum die<br />
ganze Anlage nicht umzäunt ist, könne er<br />
auch nicht verstehen. „Da geht es weniger um<br />
die Privatsphäre als um das Sicherheitsgefühl.<br />
Es kann wirklich jeder, auch Leute, die gar<br />
nicht in dieser Anlage wohnen, bis auf unsere<br />
Terrasse spazieren”, zeigt er sich erregt.<br />
„Ja, das mit der fehlenden Privatsphäre dank<br />
offener Bauweise ist so eine Sache“, klinkt sich<br />
nun der Nachbar von schräg gegenüber ins<br />
Gespräch ein, der gerade seine Pflanzen gießt.<br />
„Das ist eine Frage der Einstellung. Sicher, es<br />
könnte privater sein, aber das wusste man ja<br />
vorher.” Zudem habe er ein gutes Verhältnis<br />
mit einigen Nachbarn, was sicher auch daran<br />
liegt, dass er dem Gartenverein „Stadtgemüse22”<br />
beigetreten ist. „Eine tolle Sache zum<br />
Garteln und Kontakte knüpfen. Die Idee mit<br />
der essbaren Stadt ist witzig, aber bei den meisten<br />
Kräutern und Gewächsen weiß keiner, was<br />
es ist. Das hat man halt einfach gepflanzt ohne<br />
jede Beschilderung”, schmunzelt er. Womit er<br />
allerdings so gar nicht zufrieden sei, das ist die<br />
Heizung. „Das ist ein nicht enden wollender<br />
Kostenschock. Da habe ich ja umgerechnet<br />
in meiner 90-Quadratmeter-Altbauwohnung<br />
vorher weniger gezahlt. Für Kühlung und Heizung<br />
hieß es beim Einzug 25 Cent pro Quadratmeter.<br />
Das wären auf 70 Quadratmeter circa<br />
18 Euro. Derzeit zahlen wir 67.” Hinzu kommt,<br />
dass vor ein paar Wochen erst eine Betriebskostennachverrechnung<br />
ins Haus flatterte.<br />
„40 Euro müssen wir pro Monat nachzahlen.<br />
Das sind acht Prozent der Gesamtmiete! Das<br />
müssen Sie sich einmal vorstellen“, zeigt er<br />
sich empört. Nicht nur die Kosten seien höher<br />
als propagiert, im Winter sei die Heizung immer<br />
wieder ausgefallen, selten hätte er die im<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
111
Bauen & Technik<br />
Vertrag angegebene Temperatur erreicht. „Die<br />
Reaktion der Hausverwaltung war da schon<br />
sehr schleppend. Im März hat man dann festgestellt,<br />
dass die Vorlauftemperatur zu niedrig<br />
ist.” Von seinen Nachbarn weiß er, die hohen<br />
Kosten überraschen auch diese. „Immerhin<br />
funktioniert die Kühlung im <strong>Sommer</strong>.“<br />
Angekommen am Gemeinschaftsbeet „Stadtgemüse22”<br />
wird schnell klar, wer hier eine<br />
Wohnung hat, hat das große Los gezogen: Ein<br />
herrlicher Blick in die Natur. Hier pflegt der<br />
Gartenverein seine Beete. Pflanzen kann aber<br />
nur, wer zahlt. Dazu bereit sind offensichtlich<br />
viele, denn alle Beete sind vermietet, nächstes<br />
Jahr sollen noch welche dazukommen.<br />
Am Grill steht ein Familienvater. Wovon er<br />
am meisten enttäuscht sei? „Als wir eingezogen<br />
sind, hat man uns versprochen, dass es<br />
einen Jugendspielplatz geben wird. Und was<br />
ist? Nix.” Auf der Wiese stehen heute etwas<br />
verloren zwei Tore. Das sei aber nicht der<br />
Gipfel: „Ja, die meisten Nachbarn sind nett.<br />
Klar, Leute, die deppert sind und nicht grüßen<br />
können, hat man überall. Die Müllräume<br />
bieten ein großes Konfliktpotenzial, weil es<br />
manche einfach nicht schaffen, ihr Zeug richtig<br />
zu entsorgen.” Zum Essen komme jetzt<br />
dann Besuch – mit dem Auto. „Eine absolute<br />
Katastrophe”, sagt er. „Es wird immer munter<br />
weiter gebaut, aber die Anzahl der Parkplätze<br />
wächst nicht mit. Es gibt jetzt schon zu wenig<br />
Parkplätze. Wenn man beim Grünstreifen<br />
parkt, kassiert man sofort einen Strafzettel.”<br />
Außerdem sei die hauseigene Parkgarage<br />
völlig überteuert.<br />
Das MGG 22 überzeugt die Bewohner also<br />
tendenziell weniger mit Parkmöglichkeiten<br />
und der viel gepriesenen Betonteilaktivierung.<br />
Auch die offene Bauweise scheint für<br />
mehrere ein heikles Thema zu sein, weil die<br />
Privatsphäre nicht gewahrt sei. Überzeugen<br />
kann das Wohnbauprojekt aber definitiv mit<br />
der guten Anbindung, der Lage in der Natur<br />
und nicht zuletzt einem nachbarschaftlichen<br />
Miteinander. Und das muss man den Architekten<br />
wohl lassen, Identifikation gelingt<br />
hier nicht über die besonders individuelle<br />
Fassade, sondern über die Bauweise und die<br />
Bewohner, die sich auf die nachbarschaftlichen<br />
Angebote einlassen.<br />
So sieht die Praxis aus<br />
Alle drei Wohnbauprojekte eint nicht nur,<br />
dass sie teilweise über geförderten Wohnraum<br />
verfügen, sondern auch, dass sie vergangenes<br />
Jahr bezugsfertig wurden. Was den Bewohnern<br />
im SeeSee Tower, im Sonnwendviertel II<br />
und im MGG22 gleichermaßen gefällt, ist vor<br />
allem die gute Anbindung an die U-Bahn und<br />
die Schnellbahn. Für Unmut sorgen hingegen<br />
bei vielen die Verunreinigung der Müllräume,<br />
mangelnde Mülltrennfähigkeiten sowie die<br />
Parkplatzsituation an allen drei Standorten.<br />
Bei den Gemeinschaftsräumen sind es die Bewohner<br />
selbst, die diese nicht sauber halten.<br />
Auf die Parkplatzsituation hat man jedoch<br />
„Die Heizung<br />
ist ein nicht<br />
enden wollender<br />
Kostenschock.<br />
Von wegen<br />
25 Cent pro<br />
Quadratmeter.“<br />
112 BauTecFokus
wenig Einfluss: Die Stellplätze in den hauseigenen<br />
Garagen seien nicht nur zu wenig in<br />
Relation zu den Wohnungen, sondern auch<br />
völlig überteuert. Unzufriedenheit herrscht<br />
wegen langer Parkplatzsuche, notwendigem<br />
Umparken und darüber, dass auch Besucher,<br />
die mit dem Auto kommen, vor Strafzetteln<br />
nicht sicher seien.<br />
Wer in den SeeSee Tower zieht, schätzt nicht<br />
nur den direkten Blick auf den See, sondern<br />
vor allem den hohen Identifikationswert des<br />
Stadtentwicklungsgebiets in der Seestadt.<br />
Für den einen klingt schon der Name SeeSee<br />
Tower besonders, während es für den anderen<br />
ein Highlight ist, Teil von etwas völlig Neuem<br />
zu sein: die Stadt in der Stadt. Blickt man ins<br />
Sonnwendviertel II, ist es hier die Leistbarkeit<br />
und weniger die Identifikation mit der Umgebung,<br />
die die Bewohner anlockt. Einzig die<br />
Architektur versucht sich hier mit bunten Balkonen<br />
von der grauen Betonmasse abzuheben<br />
und so den Bewohnern das Gefühl zu geben,<br />
Teil von etwas Besonderem zu sein. Im MGG 22<br />
sind es vorzugsweise junge Familien, die Ruhe<br />
in der Natur suchen. Eine hohe Identifikation<br />
scheint den Leuten hier nicht wichtig zu sein.<br />
Dennoch trägt die häufig kritisierte offene<br />
Bauweisedazu bei, dass die nachbarschaftlichen<br />
Kontakte hier am ausgeprägtesten zu<br />
sein scheinen.<br />
Eine Vielzahl an Aktivitäten, sei es der<br />
Gartenverein oder die Arbeit durch die<br />
wohnbau:consult, aber auch WhatsApp- und<br />
Facebook-Gruppen sorgen dafür, dass man<br />
seine Nachbarn im MGG 22 kennt. Sowohl im<br />
SeeSee Tower als auch im Smart-Wohnen Sonnewendviertel<br />
II findet der Austausch lediglich<br />
digital statt. Hier gibt es jeweils eine Facebook-<br />
Gruppe, persönlich kenne man seine Nachbarn<br />
aber kaum bis gar nicht. Nachbarschaftliche<br />
Initiativen, um sich besser kennenzulernen<br />
und auszutauschen gibt es laut Angaben der<br />
Bewohner nicht, das sei aber auch nicht unbedingt<br />
erwünscht. Der Bewohner im Sonnwendviertel<br />
II und im SeeSee Tower kennt<br />
seine Nachbarn großteils nicht und will daran<br />
auch nichts ändern. Das mag vielleicht auch<br />
daran liegen, dass hier, anders als im MGG 22 ,<br />
viele Menschen auf engem Raum leben. Störfaktor<br />
im Sonnwendviertel II sei nicht nur der<br />
Straßenlärm , sondern vor allem jener, der<br />
durch die Nachbarn verursacht werde.<br />
Die ein oder andere Schwierigkeit mit der<br />
Heizung beziehungsweise mit dem Raumklima<br />
gibt es an allen drei Standorten. Während<br />
die Bewohner im SeeSee Tower im Winter<br />
oftmals Probleme haben, die Temperatur<br />
den eigenen Bedürfnissen entsprechend zu<br />
regulieren, haben manche im Sonnwendviertel<br />
II gerade im <strong>Sommer</strong> mit zu hoher<br />
Luftfeuchtigkeit zu kämpfen. Nicht nur das<br />
ein oder andere Problem, sondern auch wesentlich<br />
höhere Kosten verursache die Betonteilaktivierung<br />
im MGG 22 . Die laufenden<br />
Kosten liegen deutlich über dem ursprünglich<br />
angepriesenen Preis von 0,25 Euro pro<br />
Quadratmeter und auch die Betriebskostennachverrechnung<br />
sorgt für Ärger.<br />
Der Praxistest hat gezeigt, Zertifikate werden<br />
meist verliehen, bevor überhaupt jemand<br />
ein Projekt bewohnt. Gefördert und unterstützt<br />
werden bevorzugt Projekte, die gut<br />
für das Klima sind. Kein schlechter Ansatz,<br />
allerdings sind Theorie und Praxis eben doch<br />
zwei Paar Schuhe.<br />
Factbox<br />
MGG 22<br />
Ursprünglich ein Marchfelder Bauerndorf,<br />
entstand in Stadlau auf einer Nutzfläche<br />
von 11.100 Quadratmetern das MGG 22 . 30<br />
Erdsonden wurden hier durch die PORR<br />
bis in eine Tiefe von 150 Metern verbaut.<br />
Allein 14.500 Kubikmeter Beton kamen<br />
auf der Baustelle zum Einsatz. Die Landschaftsplanung<br />
des Projekts verantwortet<br />
Rajek Barosch. Vielfach als Game Changer<br />
im Bereich der Energieversorgung gepriesen,<br />
ist das MGG 22 der erste mehrgeschoßige<br />
soziale Wohnbau mit Bauteilaktivierung<br />
Wiens.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
113
Branchen & Services<br />
Events & Awards<br />
116<br />
ILLMITZER GESPRÄCHE<br />
15.-17. OKTOBER 2020<br />
"Helfende Hände<br />
und finanzielle<br />
Mittel sind gefragt,<br />
um gemeinsam<br />
definierte Ziele zu<br />
erreichen", so<br />
Thomas Malloth.<br />
Die Anmeldung für<br />
die Veranstaltung<br />
ist bereits offen.<br />
120<br />
ETHOUSE AWARD VERGEBEN<br />
Der Preis würdigt zum zehnten Mal Sanierungen, die das<br />
Thema Energieeffizienz ganzheitlich umsetzen und dabei<br />
architektonisch Impulse setzen. Insgesamt gibt es vier<br />
ausgezeichnete Sanierungen und neun Sieger.<br />
130<br />
BUCHTIPPS<br />
Georg Reinberg ist ein Pionier des ökologischen Bauens<br />
und der Solararchitektur und will mit seinem Buch Architektur<br />
für eine solare Zukunft aufzeigen, wie wichtig die<br />
Nutzerzufriedenheit ist. Die Entwicklung des Digitalen in<br />
der Architektur beleuchten die Autoren Teresa Fankhänel<br />
und Andres Lepik in Die Architekturmasche.<br />
114 BauTecFokus
erstebank.at<br />
Sie haben den<br />
Plan fürs Bauen.<br />
Wir haben den Plan<br />
fürs Finanzieren.<br />
Vom Ankauf oder der Errichtung bis zur Sanierung und Verwaltung –<br />
unsere SpezialistInnen unterstützen Sie in jeder Phase Ihres Immobilien-<br />
Projekts. Wir helfen, Ihre Pläne effizient umzusetzen, damit Sie Ihre<br />
Ziele rasch erreichen.<br />
Mag. Roman Eisenmagen<br />
Leiter Gewerblicher Wohnbau<br />
Tel 05 0100 - 11376<br />
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Leiterin Projektfinanzierungen Wohnbau<br />
Tel 05 0100 - 13284<br />
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<strong>Sommer</strong> 2019<br />
115
Illmitzer Gespräche<br />
DIE LACKE STIRBT<br />
Wir haben keine Zeit mehr. Wir haben uns als Gruppe zusammengeschlossen, um interdisziplinär,<br />
unabhängig, klar und deutlich und auf hohem Niveau, sachlich, kritisch und im Diskurs reflektiert über die<br />
WAHRE NACHHALTIGKEIT zu sprechen. Wir laden Sie ein, an diesem Dialog teilzunehmen, egal, woher Sie<br />
kommen, egal, was Sie in Ihrem Leben tun und wohin Sie wollen.<br />
Autor: Thomas Malloth<br />
I<br />
ch sitze am Schreibtisch und schaue<br />
hinaus auf den Schrändlsee, diese alte<br />
– leider längst vergangene – Lacke. Heute<br />
ist sie „nur“ noch Wiese, denn schon in<br />
den 1950er Jahren wurde ihre wasserdichte Schicht<br />
durchbrochen, das Oberflächenwasser hält sich<br />
nicht mehr, das Entlastungsgerinne der nahegelegenen<br />
Kläranlage hat der Lacke den letzten<br />
Rest gegeben. FreundInnen aus Illmitz erzählten<br />
mir, wie sie damals über den Schrändlsee mit<br />
den Schlittschuhen gelaufen sind, dann kurz<br />
die Schuhe aus- und umgezogen haben, um<br />
gleich drüben am Kirchsee weiter zu laufen.<br />
Heute stirbt die Lacke ein zweites Mal: Während<br />
vor fünf Jahren aus der Wiese noch mindestens<br />
20 Strohballen gewonnen werden konnten, sind<br />
es – ob der ständigen Dürre – in den letzten<br />
Jahren oft weniger als zehn, manchmal gar<br />
keiner.<br />
Während ich so hinausblicke, befinde ich mich<br />
in selbst auferlegter Quarantäne. COVID-19<br />
Illmitzer<br />
Gespräche<br />
Gemeinsam mit Abstand!<br />
15. - 17. Oktober 2020<br />
Die Lacke stirbt<br />
Überlebt die Region<br />
den Klimawandel?<br />
Kreislaufwirtschaft<br />
Das vo lkommen<br />
wiederverwertbare Haus<br />
Wissen in Theorie und Praxis<br />
Less is More<br />
Wie viel CO 2 braucht das<br />
Gebaute?<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
92<br />
hat uns fest im Griff, ich sorge mich um meine<br />
schon etwas ältere Mutter, die alleine im 4.<br />
Bezirk lebt und nur durch uns versorgt werden<br />
kann. Durch meine Lehrtätigkeit hatte<br />
ich in den vergangenen Tagen und Wochen<br />
eine Vielzahl von sozialen Kontakten, die ich<br />
nunmehr annähernd auf 0 reduziert habe. Der<br />
helle Sonnenschein draußen über der pannonischen<br />
Tiefebene – unmittelbar nach dem<br />
letzten Abbruch der Kalkalpen – irritiert mich<br />
etwas und ich werde trotzdem am späteren<br />
Nachmittag hinaus laufen gehen, vielleicht ein<br />
wenig in der Werkstatt arbeiten, Obstbäume<br />
schneiden, alleine hinausfahren, um die Reben<br />
zurück zu schneiden. Ich habe das auch gestern<br />
gemacht und auf den Feldern niemanden<br />
getroffen. Im Englischunterricht haben wir<br />
das Buch „On the beach“ von Nevil Shute gelesen,<br />
ich konnte es halb auswendig, weil ich<br />
glaubte, es zur Matura zu bekommen. Es war<br />
dann doch der „Gatsby“ im Vergleich zur „Importance<br />
of being earnest“. Shute beschreibt<br />
eine Welt nach dem großen Atomkrieg. Seine<br />
Charaktere sind eine kleine Gruppe, die dem<br />
Strahlentod entgegengeht. Einige von ihnen –<br />
zB Moira Davidson – „tries to flee reality while<br />
racing“, sie flüchtet sich in halsbrecherische<br />
Autorennen – ob sie dabei stirbt, weiß ich nicht<br />
mehr. Ich weiß aber, dass etwa das „Schwarze<br />
Kameel“ gestern knall voll gewesen sein soll.<br />
Nichts gegen das „Schwarze Kameel“, vielleicht<br />
ist es ja der gesellschaftliche Österreich-<br />
Ring dieser Tage.<br />
Ich habe keine wissenschaftliche Evidenz über<br />
die Frage, warum das alles so ist, wie es ist,<br />
ich kann nur beobachten, probieren, Schlüsse<br />
ziehen. Es sind MEINE Schlüsse, weil es ja auch<br />
MEINE Welt ist, die ich sehe, eine objektive<br />
andere Welt kann ich nicht sehen, denn es<br />
gibt eben nur DEINE oder MEINE Welt. Das<br />
Einzige, was wir tatsächlich erreichen können,<br />
ist eine ähnliche Sicht der Dinge, die im Informationsaustausch<br />
entsteht, in DEINEM und in<br />
MEINEM Kopf.<br />
Wir müssen dem Klimawandel<br />
entgegentreten<br />
BLUEPRINT und die Redaktion dieses fabelhaften<br />
Magazins haben es sich zur Aufgabe gemacht,<br />
vor allem dem Klimawandel entgegen<br />
zu treten, einer Entwicklung, die sich irgendwo<br />
da oben abspielt, da oben zwischen den Wolken,<br />
da oben in einer hell erleuchteten Welt, die<br />
in einem Maße zerbrechlich ist, wie wir es uns<br />
angesichts ihrer Masse – gemessen an unserer<br />
eigenen Größe – nicht vorstellen können. Sie<br />
kurvt durch ein nicht allzu bedeutendes Sonnensystem,<br />
das in einem Teil des Universums<br />
existiert, das recht jung ist. Ich musste jetzt kurz<br />
aufstehen, weil mich fröstelt. Eugene Cernan,<br />
der Kommandant der Apollo 17 Mission, sagte<br />
nach seiner Rückkehr vom Mond im Jahre 1972:<br />
„Wir brachen auf, um den Mond zu erkunden,<br />
aber tatsächlich entdeckten wir die Erde.“<br />
Er sah einen einzigartigen Planeten, perfekt<br />
platziert, perfekt temperiert, sodass Wasser in<br />
flüssiger Form vorhanden ist.<br />
Wir müssen die Dinge in die<br />
Hand nehmen<br />
Wir leben, wie es der Evolutionsbiologe Matthias<br />
Glaubrecht in seinem überaus empfehlenswerten<br />
Buch „Das Ende der Evolution“<br />
(ISBN 978-3-570-10241-1) beschreibt, auf und<br />
in einem kosmischen Glücks- und ungeheuren<br />
Zufall. Ich hoffe, dass ich mit diesen Zeilen keinesfalls<br />
eine Freundin oder einen Freund, die<br />
116 BauTecFokus
an einen oder mehrere Götter glauben, brüskiere.<br />
Das liegt mir weit fern. Jetzt aber liegt es<br />
an uns, die Dinge in die Hand zu nehmen und<br />
kräftig, unerschrocken, deutlich, ausdrücklich<br />
und ohne falsche Höflichkeit in die andere –<br />
in die gute – Richtung zu bewegen. Ich bin<br />
überzeugt, dass wir das schaffen und schließe<br />
keinen WENN-Satz an.<br />
Illmitzer Gespräche<br />
Gemeinsam mit Abstand!<br />
15. - 17. Oktober 2020<br />
Das GUTE gibt es<br />
Bevor ich das Ruder zum Guten herumschwenke<br />
– denn das GUTE gibt es, wir sind<br />
evolutionär betrachtet NETT, denn wären wir<br />
das nicht, es gäbe uns nicht mehr – noch ein<br />
paar Gedanken über den Klimawandel hinaus.<br />
Wenn ich dann hinüber in den Obstgarten<br />
gehe, dann kann ich die Stämme der alten und<br />
der von mir neu gepflanzten Bäume berühren.<br />
Der eine oder andere junge Baum ist von den<br />
Rehen „verfegt“ oder auch angenagt. Wird es<br />
das in 20 oder 30 Jahren noch geben oder wird<br />
die Art Rehwild ausgestorben sein, weil wir ihren<br />
Lebensraum so stark eingeschränkt haben,<br />
dass sie keinen Platz mehr hat? Werden wir die<br />
letzten Exemplare der Spezies auf der Straße<br />
zwischen Gols und Illmitz totfahren? Keine<br />
Sorge – im Tiergarten können wir den stolzen<br />
Rehbock weiter betrachten, sein Geweih müssen<br />
wir nur ein wenig stutzen, damit er sich<br />
selbst oder andere nicht verletzt.<br />
Zurück: Von Nordwesten kommen jetzt ein<br />
paar Wolken, es ist nicht mehr so hell wie<br />
vorher, unser Hund Nanni, die Deutschlanghaarhündin,<br />
sitzt auf der Wiese, am Horizont<br />
stehen Pferde, es ist der 14.3.2020 und<br />
die Bäume blühen – hoffentlich treibt der<br />
Wein nicht zu früh, damit er nicht einem<br />
späten Frost zum Opfer fällt.<br />
Auch 2020 wird es die ILLMITZER GESPRÄ-<br />
CHE geben, das wollte ich an sich als Erstes<br />
schreiben, dann sind mir aber Gedanken und<br />
Tastatur entglitten. Die ILLMITZER GESPRÄ-<br />
CHE werden vom 15. bis zum 17.10.2020 stattfinden,<br />
das vorläufige Programm findet ihr in<br />
auf der nächsten Doppelseite des BauTecFokus.<br />
Danke lieber Michael Neubauer dafür,<br />
dass du uns so viel Raum und Unterstützung<br />
gibst. Wir haben auch schon unsere Schreiben<br />
an die Sponsoren des Vorjahres versandt<br />
und hoffen auch in schwierigen Zeiten - wie<br />
diesen - auf Unterstützung. Wir brauchen<br />
jede helfende Hand und wir brauchen finanzielle<br />
Mittel, um unsere gemeinsam definierten<br />
Ziele zu erreichen:<br />
• Zivilgesellschaft und Wissenschaft zu<br />
einem fruchtbaren Miteinander zusammen<br />
zu bringen<br />
• Die Nachhaltigkeit im Alltag zu propagieren<br />
• Regionen – wie den Seewinkel – zu unterstützen,<br />
um zu einem Labor der Nachhaltigkeit<br />
zu werden.<br />
Schwerpunkt auf Politik, Bildung und<br />
soziale Nachhaltigkeit,<br />
2020 legen wir einen Schwerpunkt auf Politik,<br />
Bildung und soziale Nachhaltigkeit, wobei<br />
aber auch Landwirtschaft, Klimaforschung<br />
und Best Practice Beispiele nicht zu kurz<br />
kommen werden. Von Kromp-Kolb über die<br />
zuständigen Ministerinnen, den Landeshauptmann<br />
des Burgenlandes bis zum Bildungsexperten<br />
Glattauer und zu Pepi Umathum, dem<br />
Bio-Weinurgestein, spannt sich unser Bogen.<br />
Wir werden den Empfehlungen des letzten<br />
Jahres folgen und das Programm weniger<br />
dicht gestalten, obwohl uns Herz und Hirn<br />
übergehen.<br />
Die Anmeldung ist OFFEN – bitte<br />
gehe einfach auf www.illmitzergespraeche.at.<br />
Solltest Du uns als Unternehmen<br />
oder persönlich unterstützen wollen,<br />
dann haben wir interessante Sponsorenpakete,<br />
ruf mich einfach an, die Redaktion kennt die<br />
Erreichbarkeiten des Organisationsteams.<br />
Mein Blick schwenkt wieder hinaus, die Sonne<br />
hinter den Wolken macht den Himmel weiß,<br />
leichter Wind kommt auf, das ist gut, denn er<br />
treibt die Blüten weiter. Ich muss noch darüber<br />
nachdenken, ob wir schon etwas erreicht<br />
haben?<br />
Ich denke ja: Wir füllen diese Seiten, wir<br />
publizieren wöchentlich(!) in der BVZ, das<br />
Bundesministerium für Nachhaltigkeit zieht<br />
in Erwägung, Bildungsexperten anlässlich<br />
der ILLMITZER GESPRÄCHE zu entsenden,<br />
um neue Bildungszugänge zu diskutieren,<br />
wir dürfen den Landeshauptmann von unserem<br />
Tun überzeugen, mit dem Präsident der<br />
Wirtschaftskammer Burgenland sind wir eng<br />
abgestimmt, er möchte mit den burgenländischen<br />
UnternehmerInnen einen beispielhaften<br />
Weg definieren, ich werde noch darüber<br />
berichten. Mit Hannes Ehrenfeldner, dem Chef<br />
des Nationalparks Neusiedlersee, wollen wir<br />
gemeinsam „Nationalpark neu denken“. In der<br />
Österreichischen Immobilienzeitung dürfen<br />
wir regelmäßig berichten, die Interessensvertretung<br />
der ImmobilientreuhänderInnen in<br />
der WK Österreich und Wien unterstützen uns<br />
und wir werden angefragt, was denn wir dazu<br />
sagen würden, dass …<br />
Ich schreibe und meine Finger gleiten über die<br />
weiße Tastatur – jemand hat gemeint die Zeit<br />
würde stillstehen. Plötzlich habe ICH Zeit, ich<br />
muss und kann auch gar nicht irgendwo hinfahren,<br />
gar hinfliegen. Wir sitzen als Familie<br />
zusammen und diskutieren über die Frage, ob<br />
wir heute Abend eine Runde Tarock spielen.<br />
Ich ertappe mich dabei die Bäume, Sträucher,<br />
Rosen und natürlich die Weinstöcke etwas genauer<br />
anzusehen, etwas bedächtiger und aufmerksamer<br />
zu schneiden, jeden Trieb besonders<br />
zu schätzen. Auf einmal geht Reduktion<br />
und Zurückhaltung, auch in meinem Leben.<br />
Ich denke an das Gute im Schlechten. <br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
117
Illmitzer Gespräche<br />
Illmitzer Gespräche 2020<br />
15. – 17. Oktober<br />
Das Programm<br />
DONNERSTAG, 15. 10.<br />
14.00 UHR<br />
Begrüßung und Eröffnung<br />
BM Elisabeth Köstinger (angefragt)<br />
Prof. Mag. Thomas Malloth FRICS<br />
14.45 UHR<br />
Nachhaltig wirtschaften im Burgenland<br />
WKO BGL Präsident Ing. Peter Nemeth<br />
15.30 UHR<br />
Klimawandel – die Wahrheit<br />
Em. o. Univ. Prof. Dr.in Helga Kromp-Kolb<br />
im Anschluss Diskussion<br />
16.30 UHR<br />
Wirtschaftsrechtliche Rahmen der<br />
Nachhaltigkeit<br />
Univ Prof. Dr.in Verena Mader<br />
im Anschluss Diskussion<br />
17.15 UHR<br />
tun statt reden<br />
René Fischer Global 2000<br />
im Anschluss Diskussion<br />
Pause<br />
19.30 UHR<br />
Abendempfang<br />
Landgasthof Karlo<br />
geselliges Besammensein und Vorstellung<br />
der Medienkooperationen, chillige Musik<br />
von Monsieur Lotha<br />
FREITAG, 16. 10.<br />
Das Weltbild der Nachhaltigkeit<br />
08.00 UHR<br />
Yoga der Weg<br />
Mag. a Petra Herzog<br />
Treffpunkt: Nationalparkhotel<br />
09.30 UHR<br />
Es kann alles anders werden<br />
BM Leonore Gewessler, BA<br />
10.15 UHR<br />
Kann Politik nachhaltig sein?<br />
Günther Ogris, MA<br />
im Anschluss Diskussion<br />
11.00 UHR<br />
Ethische Aspekte der Nachhaltigkeit<br />
Podiumsdiskussion<br />
Mag. Anton Faber<br />
Dipl. Soz. Kenan Güngör<br />
KommR Mag. Michael Gehbauer<br />
Präsident Gerhard Weissgrab<br />
im Anschluss Diskussion<br />
Mittagspause<br />
13.30 UHR<br />
Nationalspark neu gedacht<br />
DI Johannes Ehrenfeldner<br />
im Anschluss Diskussion<br />
14.15 UHR<br />
Bildung Menschenbilder Vorbilder<br />
Keynote zum erweiterten Verständnis<br />
von Bildung in unserer Gesellschaft (N.N.)<br />
14.45 UHR<br />
Paradies und Lackensterben<br />
Führung durch den Nationalpark<br />
mit den Nationalparkrangern<br />
118 BauTecFokus
ILLMITZER<br />
GESPRÄCHE 2020<br />
Parallelworkshop:<br />
FORUM Umweltbildung<br />
Wie kann eine erweiterte Bildungsvision<br />
lebendig werden?<br />
Parallelvortrag<br />
„So sieht die Pflanze ihren Gärnter“<br />
Dr. Wilfried Hartl, Pepi Umathum,<br />
im Anschluss Diskussion<br />
16.30 UHR<br />
Masterthesen zur Nachhaltigkeit<br />
Young Scientists, Kooperation mit der<br />
FH für Immobilienwirtschaft Wien<br />
im Anschluss Diskussion<br />
17.15 UHR<br />
Ein bisschen Schule<br />
humorvolle Lesung von Bestsellerautor<br />
Nikolaus (Niki) Glattauer<br />
Nationalpark-Kino<br />
18.30 UHR<br />
Paradies und Lackensterben<br />
Regina Petrik mit Grußbotschaft von<br />
Bundeskanzler Sebastian Kurz<br />
Kooperation mit dem Gymnasium<br />
Neusiedl und der<br />
Volks- und Mittelschule Illmitz<br />
20.00 UHR<br />
Empfang in der Pusztascheune<br />
geselliges Beisammensein in rustikalem<br />
Ambiente<br />
21.00 UHR<br />
Boogie Nights<br />
Der weltbeste Boogie-Pianist Christoph<br />
Steinbach and Friends<br />
SAMSTAG, 17. 10.<br />
08.00 UHR<br />
Lauf durch die Lacken<br />
Prof. Mag. Thomas Malloth FRICS<br />
Dr. Franz Gschiegl<br />
Treffpunkt: Hauptplatz<br />
Bartholomäusquelle<br />
10.00 UHR<br />
Experiment Burgenland<br />
LH Mag. Hans Peter Doskozi<br />
im Anschluss Diskussion<br />
10.30 UHR<br />
Bürgermeister vor den Vorhang<br />
LA DIin Elisabeth Blanik, BM von Lienz<br />
„Prozesse zur Stärkung des Zentrums“<br />
Ing. Hans Peter Bock, BM von Fließ<br />
„Baulandpolitik und<br />
Betriebsansiedelung“<br />
DI (FH) Rainer Handlfinger<br />
BM von Ober-Grafendorf<br />
„Ernährungssouveränität und<br />
Bodenschutz“<br />
Alfred Reinisch, BM von Tattendorf<br />
„Nationalpark Garten Gemeinde“<br />
im Anschluss Diskussion<br />
11.45 UHR<br />
Was kümmerts mich?<br />
Michael Niavarani (angefragt)<br />
im Anschluss Diskussion<br />
12.45 UHR<br />
Wende oder Ende?<br />
DI Dr. Harald Frey<br />
ENDE DES FORUMS<br />
Ausklang<br />
Ab 15.00 UHR<br />
besteht die Möglichkeit, etwas mehr über<br />
den Weinbau im Seewinkel zu erfahren.<br />
Namhafte WinzerInnen führen durch ihre<br />
Weingärten und Weinkeller und werde<br />
Ihnen bei dem ein oder anderen Glas Wein die<br />
Besonderheiten des Seewinkels, das<br />
Terroir und die Vinifikation näher bringen.<br />
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<strong>Sommer</strong> 2020<br />
119
ImFokus: Dämmen/Thermische Sanierung<br />
Vier Sanierungsprojekte<br />
mit ETHOUSE Award<br />
ausgezeichnet<br />
ETHOUSE Award. Der Preis für energieeffizientes Sanieren der ARGE Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme.<br />
120 BauTecFokus
D<br />
ie ARGE Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme<br />
(QG WDS)<br />
verlieh gestern den ETHOUSE<br />
Award 2020. Der Preis würdigt<br />
zum zehnten Mal Sanierungen, die das Thema<br />
Energieeffizienz ganzheitlich umsetzen und<br />
dabei auch architektonisch Impulse setzen. In<br />
den Kategorien „Privater Wohnbau“, „Wohnbau“<br />
und „Öffentliche Bauten“ wurden vier Siegerprojekte<br />
ausgezeichnet. Die Auszeichnung geht<br />
sowohl an Architekten als auch an WDVSverarbeitende<br />
Betriebe und war abermals mit<br />
einem Preisgeld dotiert. Aufgrund der aktuellen<br />
Situation von Indoor-Veranstaltungen ab<br />
100 Personen abzusehen, fand die Preisverleihung<br />
nicht wie geplant im designforum Wien<br />
statt, sondern virtuell.<br />
Die Jury hat getagt, die nominierten Projekte<br />
sind bekannt, die Preisträger stehen fest: vier<br />
ausgezeichnete Sanierungen und neun Sieger.<br />
Die ARGE Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme<br />
(QG WDS) zeichnete neben den Einreichern<br />
wie Planer, Architekten, Wohnbaugesellschaften,<br />
auch die verarbeitenden Betriebe<br />
aus. Besonderes Gewicht kam bei der Bewertung<br />
den Aspekten Energieeffizienz und der<br />
Zugang der Gestaltung zu. Dr. Clemens Hecht,<br />
Sprecher der QG WDS, freut besonders: „Wir<br />
als QG streben nach einer energieeffizienten<br />
Zukunft und alle ausgezeichneten Projekte<br />
zeigen, wie Energieeffizienz geht.“<br />
Aufgrund der aktuellen Situation von Indoor-<br />
Veranstaltungen ab 100 Personen abzusehen,<br />
fand die Preisverleihung nicht wie geplant<br />
im designforum Wien statt, sondern virtuell.<br />
Das bereits in Produktion befundene<br />
bio-vegetarische Buffet des Cateringservice<br />
Gaumenfreundinnen wurde caritativen Einrichtungen<br />
gespendet.<br />
Im Rahmen der Verleihung sagt Mag. Nina<br />
Tomaselli, Die Grünen, Abgeordnete zum Nationalrat,<br />
Sprecherin für Finanzen, Kontrolle,<br />
Wohnen & Bauen: „Die Wohnbaupolitik<br />
braucht eine klare Ausrichtung als Klimaschutzinstrument.<br />
An einer extremen Steigerung<br />
der thermischen Sanierungen führt<br />
aus grüner Sicht kein Weg vorbei. Kluger<br />
Klimaschutz heißt mit dem Vorhandenen gut<br />
zu haushalten. Wenn wir in die Sanierung investieren,<br />
können wir gleichzeitig die Umwelt<br />
schonen und günstigen, guten Wohnraum<br />
schaffen.“<br />
Dr. Katharina Rogenhofer, Mitinitiatorin der<br />
Friday-for-Future-Demonstrationen in Wien<br />
und Sprecherin des Klimavolksbegehrens,<br />
fasst ihren geplanten Vortrag "Sind wir noch<br />
zu retten? Wie wir die Klimawende schaffen<br />
können." wie folgt zusammen: „Das Regierungsprogramm<br />
legt zwar Ziele fest, jetzt<br />
geht es aber darum vom Handeln ins Tun zu<br />
kommen. Wenn eine Sanierungsrate von<br />
drei Prozent ernst gemeint ist, dann müssen<br />
wir jetzt damit in die Gänge kommen, um die<br />
Energiewende zu vollziehen. Die Lösungen<br />
dazu liegen auf dem Tisch.“<br />
„Müssen in<br />
die Gänge<br />
kommen, um die<br />
Energiewende zu<br />
vollziehen“<br />
Gewinner Privater Wohnbau<br />
Der Preis in der Kategorie „Privater Wohnbau“<br />
ging an das 2-Familienhaus von Ularchitektur<br />
und dem Fassadenbauer Mate & Darko OG.<br />
Die Sanierung dieses Mehrgenerationenhauses<br />
in der Tiroler Ortschaft Rum wurde als ein<br />
mustergültiges Beispiel der Nachverdichtung<br />
im privaten Wohnbau ausgezeichnet. Unter<br />
Beibehaltung des ursprünglichen Grundrisses<br />
wurde die Nutzfläche von 169,6 m2<br />
(ohne Keller) auf 319,73 m2 erweitert. „Die<br />
flexible Nutzung zweier Ebenen verdeutlicht<br />
die Auseinandersetzung der Planer mit dem<br />
Thema Raum“, so die Jury. Der Altbau aus den<br />
1990ern und die Zubauten erhielten eine neue<br />
thermisch hochwertige Hülle und wird mittels<br />
Luft- Wasserwärmepumpe beheizt. So konnte<br />
der Heizwärmebedarf von 122,9 kWh/m2a auf<br />
47,7 kWh/m2a im Erdgeschoß bzw. 34,5 kWh/<br />
m2a im Dachgeschoß reduziert werden, was<br />
einer Verbesserung von 61,2 % (Erdgeschoß)<br />
und 71,9 % (Dachgeschoß) gleichkommt.<br />
Arch. Dl Norbert Buchauer und sein Team<br />
konnten die ETHOUSE-Jury ein zweites Mal<br />
überzeugen.<br />
Zwei Gewinner in der Kategorie Wohnbau<br />
Der Goethehof saniert durch die GSD Gesellschaft<br />
für Stadt- und Dorferneuerunq<br />
m.b.H. gemeinsam mit der ARGE Leyrer+Graf<br />
Baugesellschaft m.b.H., Sareno Obiektisolierunq<br />
GmbH & Co KG. Die Sanierung der<br />
Wohnhausanlage aus der Zwischenkriegszeit<br />
in Wien Donaustadt zeigt auf, dass Denkmalschutz<br />
und umfangreiche Sanierungsmaßnahmen<br />
Hand in Hand gehen können. Im<br />
Zuge der Sanierung wurden zahlreiche Fassadenkunstwerke<br />
restauriert, im Dachgeschoss<br />
128 neue Wohnungen geschaffen und an das<br />
Fernwärmenetz angeschlossen. Der Heizwärmebedarf<br />
wurde von 167,77 kWh/m2a auf<br />
44,77 kWh/m2a reduziert, was eine 73,3-prozentige<br />
Verbesserung ergibt. „Der Rückbau<br />
von befestigten Flächen, die Nachverdichtung<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
121
ImFokus: Dämmen/Thermische Sanierung<br />
„Der ETHOUSE<br />
Award ist<br />
ein wichtiger<br />
Impuls und eine<br />
Motivation für<br />
Bauherren, auch<br />
bei Projekten<br />
ein besonderes<br />
Augenmerk auf<br />
Energieeffizienz<br />
und damit auf<br />
den Klimaschutz<br />
zu legen. “<br />
und die Barrierefreiheit machen die Wohnanlage<br />
fit für die Zukunft“, die Jury verweist<br />
auf die umfassend gesteigerte Wohnqualität<br />
nach der Sanierung. Projektverantwortlicher<br />
der GSD Arch. Werner Rebernig nimmt den<br />
ETHOUSE Award mit Freude zum dritten Mal<br />
entgegen: „Viele Menschen waren an diesem<br />
Projekt beteiligt. Nun bekommen sie mit dem<br />
Preis eine Anerkennung für die Herausforderung,<br />
Wärmeschutzziele im Denkmalschutz<br />
zu erreichen. Wir haben das mit viel Knowhow<br />
geschafft und dafür mit guten Firmen<br />
zusammengearbeitet.“<br />
Eine weitere Auszeichnung in der Kategorie<br />
„Wohnbau“ bekommt das Projekt Mariahilferstraße<br />
182 von trimmel wall architekten<br />
zt qmbh gemeinsam mit dem Vearbeiter<br />
Levrer+Graf Baugesellschaft. Das stadtbildprägende<br />
Gründerzeit-Eckwohnhaus an der äußeren<br />
Mariahilfer Straße in Wien wurde nach<br />
einer Gasexplosion im April 2014 wiederaufgebaut<br />
und auf einem hohen energietechnischen<br />
Standard saniert. Der städtebauliche Identitätserhalt<br />
im Zuge der Sanierung wird von der Jury<br />
hervorgehoben. Durch die Sanierungsmaßnahmen<br />
weisen die Altbauwohnungen sowie<br />
der Dachgeschossausbau Passivhausstandard<br />
auf. Der Heizwärmebedarf verbesserte sich um<br />
78,4 Prozent, von 119,53 kWh/m2a vor Sanierung<br />
auf 25,79 kWh/m2a. Das Architektenteam<br />
Isabella Wall und Günther Trimmel freuen sich,<br />
die Jury mit ihrem Sanierungskonzept überzeugt<br />
zu haben: „Die Verleihung des ETHOUSE-<br />
Awards 2020 ist für uns eine Bestätigung unserer<br />
ökologischen Ambitionen im Bereich der<br />
Sanierung von Gründerzeithäusern.“<br />
Gewinner Kategorie Öffentliche Bauten<br />
In der Kategorie „Öffentliche Bauten“ siegte<br />
das Projekt „Haus Penzing“ von Karl und<br />
Bremhorst Architekten ZT GmbH und dem<br />
WDVS-verarbeitenden Betrieb Dl Wilhelm<br />
Sedlak GmbH. Das im Jahr 1971 errichtete<br />
Seniorenwohnhaus in Wien Penzing wurde<br />
umfassend generalsaniert und hat die Jury<br />
in seiner gesamten Architektur überzeugt.<br />
„Der reduzierte Heizwärmebedarf nach der<br />
Sanierung ist vorbildlich für die Nutzungsart<br />
des Gebäudes.“ Der Heizwärmebedarf wurde<br />
von 160 kWh/m2a auf 22,93 kWh/m2a reduziert<br />
- eine Verbesserung um 85,67 %. Im Zuge<br />
der Sanierung wurde der Passivhausstandard<br />
umgesetzt sowie eine optische und qualitative<br />
Aufwertung der Fassade und der Innenräume.<br />
Die Projektverantwortlichen Arch. Dl Christoph<br />
Karl und Arch. Dl David Schineri freuen<br />
sich über die Auszeichnung: „Energieeffizientes<br />
Bauen ist in unserem Büro seit Jahren<br />
eine Selbstverständlichkeit, die wir bereits<br />
ab der Wettbewerbsphase berücksichtigen.<br />
Der ETHOUSE Award ist aus unserer Sicht<br />
ein wichtiger Impuls und eine Motivation für<br />
verantwortungsvolle Bauherren, auch bei<br />
zukünftigen Projekten ein besonderes Augenmerk<br />
auf Energieeffizienz und damit auf<br />
den Klimaschutz zu legen. Die Auszeichnung<br />
ist eine besondere Anerkennung für unsere<br />
Arbeit und unser Team. Sehr viel persönlicher<br />
Einsatz, Herzblut und reichlich Fachwissen<br />
waren bei diesem Projekt notwendig.“ Die<br />
beiden Architekten danken so auch Dl Paul<br />
Track von RWT Plus ZT, verantwortlich für die<br />
Bauphysik, und der KWI Engineers GmbH für<br />
die Gebäudetechnik.<br />
122 BauTecFokus
Siegerprojekte<br />
ETHOUSE Award 2020<br />
ÜBERSICHT<br />
PREISTRÄGER<br />
KATEGORIE<br />
„PRIVATER WOHNBAU“<br />
KATEGORIE<br />
„WOHNBAU“<br />
KATEGORIE<br />
„ÖFFENTLICHE BAUTEN“<br />
2-Familienhaus,<br />
Friedhofsweg 22, 6063 Rum<br />
Architektur: Architekturbüro U1architektur<br />
Verarbeitung: Mate & Darko OG<br />
Mariahilferstraße 182, 1150 Wien<br />
Architektur: trimmel wall architekten zt gmbh<br />
Verarbeitung: Leyrer + Graf Baugesellschaft<br />
m.b.H.<br />
Haus Penzing<br />
Dreyhausenstraße 29, 1140 Wien<br />
Architektur: Karl und Bremhorst<br />
Architekten ZT GmbH<br />
Verarbeitung: Dl Wilhelm Sedlak GmbH<br />
Goethehof in Wien<br />
Schüttaustraße 1-39, 1220 Wien<br />
Architektur: GSD Gesellschaft für Stadtund<br />
Dorferneuerung Ges.m.b.H.<br />
Verarbeitung: ARGE Leyrer+Graf<br />
Baugesellschaft m.b.H.,<br />
Sareno Objektisolierung GmbH & Co KG<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
123
KATEGORIE<br />
„PRIVATER WOHNBAU“<br />
2-FAMILIENHAUS,<br />
FRIEDHOFWEG 22, 6063 RUM<br />
Architektur: U1architektur<br />
Architekt: Dl Norbert Buchauer<br />
Verarbeitung: Mate & Darko OG<br />
Eckdaten WDVS: EPS-F 16 cm<br />
Baujahr: 1990er<br />
Projektdauer Sanierung: 2016 bis 2017<br />
Nutzfläche: 319,73 m 2 (vor der Sanierung<br />
ohne Keller: 169,6 m 2 )<br />
Energiekennzahl: Erdgeschoß: 47,7 kWh/m 2 a,<br />
Dachgeschoß: 34,5 kWh/m 2 a (122,9 kWh/m 2 a<br />
vor Sanierung)<br />
Verbesserung in %: Erdgeschoß: 61,2,<br />
Dachgeschoß: 71,9<br />
Aus der Begründung der Jury<br />
„Dieses Projekt ist ein mustergültiges Beispiel<br />
der Nachverdichtung im privaten Wohnbau<br />
unter Beibehaltung des ursprünglichen<br />
Grundrisses. Die flexible Nutzung zweier<br />
Ebenen verdeutlicht die Auseinandersetzung<br />
der Planer mit dem Thema Raum.“<br />
Kurzbeschreibung des Projekts<br />
Bei der Sanierung dieses Mehrgenerationenhauses<br />
in der Tiroler Ortschaft Rum spielte die<br />
Nachverdichtung eine große Rolle. Das Dach<br />
wurde entfernt und das Gesamtgebäude um<br />
ein volles Geschoß aufgestockt. Die beiden<br />
Bestandsebenen wurden erweitert: jeweils um<br />
eine Raumachse in Massivbauweise und eine<br />
Vorgesetzte, thermisch getrennte Terrasse.<br />
Dabei sind die beiden Ebenen als je eine<br />
Wohnung oder als zwei kleinere Einheiten<br />
zu nutzen. Die großzügigen Verglasungen<br />
werden u.a. durch das auskragende Vordach<br />
vor Überhitzung geschützt. Altbau und<br />
Zubauten wurden gemeinsam wärmebrückenfrei<br />
in einen neuen thermischen Mantel<br />
eingebettet. Das Gesamtgebäude wird mittels<br />
Luft-Wasserwärmepumpe beheizt.<br />
124 BauTecFokus
KATEGORIE „WOHNBAU“<br />
GÖTHEHOF,<br />
SCHÜTTAUSTRASSE 1-39, 1220 WIEN<br />
Bauträger: GSD Gesellschaft für Stadt-<br />
und Dorferneuerung m.b.H.<br />
Architektur: Arch. Dl Martin Kiener,<br />
Arch. Dl Werner Rebernig<br />
Projektverantwortlicher:<br />
Arch. Dl Werner Rebernig<br />
Verarbeitung: ^ARGE Leyrer+Graf<br />
Baugesellschaft m.b.H.,<br />
Sareno Objektisolierung GmbH & Co KG<br />
Eckdaten WDVS: EPS-F 3 und 5 cm,<br />
Mineralwolle 3, 5 und 8 cm<br />
Baujahr: 1928/30<br />
Projektdauer Sanierung: Herbst 2014<br />
bis Mitte 2019<br />
Nutzfläche: 35.700 m 2 (664 Wohnunge<br />
im Bestand)<br />
Energiekennzahl: 44,77 kWh/m 2 a<br />
(167,77 kWh/m 2 a vor Sanierung)<br />
Verbesserung in %: 73,3<br />
Aus der Begründung der Jury<br />
„Hier wird klar aufgezeigt, dass Denkmalschutz<br />
und umfangreiche Sanierungsmaßnahmen<br />
Hand in Hand gehen können. Der Rückbau<br />
von befestigten Flächen, die Nachverdichtung<br />
und die Barrierefreiheit machen die Wohnanlage<br />
fit für die Zukunft.“<br />
Kurzbeschreibung des Projekts<br />
Die denkmalgeschützte Wohnhausanlage aus<br />
der Zwischenkriegszeit in Wien Donaustadt<br />
wurde über mehrere Jahre saniert. Im Zuge<br />
der Sanierung wurden zahlreiche Fassadenkunstwerke<br />
restauriert, im Dachgeschoss 128<br />
neue Wohnungen geschaffen und an das Fernwärmenetz<br />
angeschlossen. Das ehemalige<br />
Tröpferlbad erhielt als Wohngemeinschaft für<br />
Betreutes Wohnen eine neue Nutzung. Zur<br />
verbesserten Wohnqualität nach der Sanierung<br />
tragen gegenüber dem Bestand u. a. bei:<br />
Der nachträgliche Tiefgaragenbau, er ermöglicht<br />
Grünfläche statt Parkfläche im Mittelhof,<br />
Freiflächen in den Wohnungen - vor allem im<br />
Dachgeschoss -, Aufzugsanlagen sowie barrierefreie<br />
Erschließung des gesamten Areals.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
125
ImFokus: Dämmen/Thermische Sanierung<br />
KATEGORIE „WOHNBAU“<br />
MARIAHILFERSTRASSE 182, 1150 WIEN<br />
Architektur: trimmel wall architekten zt gmbh<br />
Projektverantwortliche:<br />
Arch. Dl Günther Trimmel, Arch. Dl Isabella Wall<br />
Verarbeitung: Leyrer+Graf<br />
Baugesellschaft m.b.H.<br />
Eckdaten WDVS: Hanfdämmung 20 cm<br />
Baujahr: 19. Jahrhundert<br />
Projektdauer Sanierung:<br />
Mai 2014 bis März 2018<br />
Nutzfläche: Altbau: 1.600 m 2<br />
Dachgeschoss: 760 m 2 , Lokale: 230 m 2<br />
Energiekennzahl: 25,79 kWh/m 2 a<br />
(119,53 kWh/m 2 a vor Sanierung)<br />
Verbesserung in %: 78,4<br />
Aus der Begründung der Jury<br />
„Es ist besonders, wenn ein stark beschädigtes<br />
Gebäude nicht abgerissen, sondern wieder<br />
aufgebaut wird. Bemerkenswert ist zudem der<br />
städtebauliche Identitätserhalt im Zuge der<br />
Sanierung.“<br />
Kurzbeschreibung des Projekts<br />
Das stadtbildprägende Gründerzeit-Eckwohnhaus<br />
an der äußeren MariahilferStraße in<br />
Wien wurde nach einer Gasexplosion im April<br />
2014 wiederaufgebaut und auf einem hohen<br />
energietechnischen Standard saniert. Die<br />
Altbauwohnungen mit offenen, zeitgemäßen<br />
Wohnungsgrundrissen und der Dachgeschossausbau<br />
erfüllen Passivhausstandard. Im begrünten<br />
Innenhof konnten für rund ein Drittel<br />
der Altbauwohnungen Freiräume geschaffen<br />
werden; die Belichtungssituation im Innenhof<br />
wurde durch bauliche Maßnahmen verbessert<br />
und eine Aufzugsanlage gewährleistet die<br />
barrierefreie Erschließung aller Wohnungen.<br />
Die neu aufgebauten Außenwände und die<br />
Innenhoffassaden wurden mit einem nachwachsenden<br />
Rohstoff gedämmt. Die erhalten<br />
gebliebene, gegliederte Straßenfassade<br />
wurde mit einem hochwärmedämmenden<br />
Putz ausgeführt. Die Erdgeschoßzone wurde<br />
neugestaltet und garantiert eine nachhaltige<br />
Geschäftslokalvermietung.<br />
126 BauTecFokus
KATEGORIE<br />
„ÖFFENTLICHE BAUTEN“<br />
HAUS PENZING,<br />
DREYHAUSENSTRASSE 29, 1140 WIEN<br />
Architektur: Karl und Bremhorst<br />
Architekten ZT GmbH<br />
Projektverantwortliche: Arch. Dl Christoph Karl,<br />
Arch. Dl David Schineri, Ingrid Pulkert<br />
(Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser)<br />
Verarbeitung: Dl Wilhelm Sedlak GmbH<br />
Eckdaten WDVS: Steinwolle 24 cm<br />
Baujahr: 1971<br />
Projektdauer Sanierung:<br />
Juni 2016 bis Februar 2019<br />
Nutzfläche: 17.128 m 2<br />
Energiekennzahl: 22,93 kWh/m 2 a<br />
(160 kWh/m 2 a vor Sanierung)<br />
Verbesserung in %: 85,67<br />
Aus der Begründung der Jury<br />
„Das Seniorenwohnhaus hat in seiner gesamten<br />
Architektur überzeugt. Der reduzierte<br />
Heizwärmebedarf nach der Sanierung ist<br />
vorbildlich für die Nutzungsart des Gebäudes.“<br />
Kurzbeschreibung des Projekts<br />
Das im Jahr 1971 errichtete Seniorenwohnhaus<br />
in Wien Penzing wurde umfassend<br />
generalsaniert. Im Mittelpunkt des Planungskonzeptes<br />
lag die optische und qualitative<br />
Aufwertung der Fassade und der Innenräume<br />
wie auch die Umsetzung des Passivhausstandards.<br />
So wurde mit einer hellen Fassade<br />
und diversen Zubauten das heterogene<br />
Erscheinungsbild des Bestandes beruhigt.<br />
Lichtdurchflutete Räume und großzügige<br />
Gemeinschaftsloggien und Terrassen sorgen<br />
nach der Sanierung für eine hohe Wohnqualität.<br />
Sowohl die Haustechnik als auch die<br />
komplette Innen- und Außenausstattung<br />
entsprechen nach der Sanierung zeitgemäßen<br />
Standards.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
127
ImFokus: Dämmen/Thermische Sanierung<br />
Energieeffiziente Zukunft<br />
Eine Frage der Finanzierbarkeit. „Förderprogramme, wenn sie<br />
nachhaltig sind und zur Bewusstseinsbildung beitragen, wirken langfristig,<br />
sie erzeugen Nachfrage und lösen zusätzliche private Investitionen aus“, ist<br />
Clemens Hecht, Sprecher der ARGE Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme<br />
(QG WDS) überzeugt..<br />
„Gebäude<br />
benötigen circa<br />
40 Prozent<br />
der Energie<br />
in der EU.“<br />
2008 wurde der ETHOUSE Award<br />
erstmals vergeben. Was hat die ARGE QG<br />
WDS bewogen, einen Preis für energieeffiziente<br />
Sanierungen auszuloben?<br />
Clemens Hecht: Dazu gab es viele Gründe<br />
und im Verlauf der zehn Awards haben sich<br />
diese nicht nur bestätigt. Der ETHOUSE<br />
Award ist eine der drei Säulen, auf denen<br />
das Tun der QG basiert. Die beiden anderen<br />
sind die Verarbeitungsrichtlinie (VAR) als<br />
Grundlage für Planung wie Verarbeitung und<br />
der zertifizierte WDVS-Fachverarbeiter als<br />
Umsetzer der VAR. Der ETHOUSE Award gilt<br />
als Zeichen, dass planerische und Ausführungsqualität<br />
zu attraktiven Objekten führen.<br />
Diese als Impulse wollten wir in die Öffentlichkeit<br />
bringen. Am Wettbewerbshimmel<br />
betrachtet, füllte der ETHOUSE Award eine<br />
Lücke, nämlich ein Preis, der ausschließlich<br />
Sanierungen würdigt. Mit den Siegerprojekten<br />
wird gezeigt, was mit WDVS möglich<br />
ist - gestalterisch und bei der Einsparung von<br />
Heizenergie. Da der Gebäudebestand eine<br />
enorme Ressource zur C0 2<br />
-Reduktion ist, gilt<br />
es aufgrund der Klimaerwärmung, sich darauf<br />
stärker zu konzentrieren.<br />
Die Initiierung des Awards liegt zwischen<br />
dem Kyoto-Protokoll aus 1997 und dem<br />
Pariser Abkommen von 2015. Das Thema<br />
Erderwärmung hat im vergangenen Jahr<br />
definitiv alle Branchen, ökologische und<br />
politische Diskurse erfasst. Klimaschutz ist<br />
Mainstream.<br />
Welchen Beitrag kann WDVS dazu leisten?<br />
Ganz klar: einen wesentlichen! Betrachten<br />
wir mit der Renovate Europe- Kampagne<br />
(Anm.: eine europäische Plattform, die sich<br />
zum Ziel gesetzt hat, den Energieverbrauch<br />
von Gebäuden bis 2050 um 80 Prozent zu<br />
senken) den größeren Rahmen: Neun von<br />
zehn Häuser in der EU werden 2050 weiterhin<br />
vorhanden und genutzt sein. Gebäude sind zu<br />
36 Prozent für den CO 2<br />
- Ausstoß in der EU verantwortlich<br />
und benötigen circa 40 Prozent<br />
der Energie in der EU. Schon heute leisten<br />
Gebäude mit minimalem Energieverbrauch<br />
durch Vollwärmeschutz einen wesentlichen<br />
Beitrag zur CO 2<br />
-Reduktion.<br />
Nachhaltigkeit entwickelt sich vom<br />
Konsumtrend zum Wirtschaftsfaktor.<br />
Wie schlägt sich dieser Wandel am<br />
WDVS-Markt nieder? Entwickelt sich<br />
WDVS mit?<br />
Ja! Wir sind nicht mehr an jedem Punkt groß<br />
entwicklungsfähig, aber es gibt noch reichlich<br />
Entwicklungspotenziale und Herausforderungen.<br />
Physikalisch sind wir z. B. bei der<br />
128 BauTecFokus
Clemens Hecht<br />
Seit 2012 Sprecher der ARGE Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme<br />
und Referent an der WKO Österreich; 2009 bis 2012 Leiter der Abteilung<br />
Bautechnik, Baustoffprüfung und Bauschadenanalyse der TVFA - TU<br />
Wien GmbH; bis 2009 Mitarbeiter der TU Wien - Institut für Hochbau &<br />
Technologie, Zentrum für Bauphysik & Bauakustik; freier Mitarbeiter als<br />
wissenschaftlicher Berater für verschiedene Firmen; 2001 Doktorat an der<br />
TU Wien; Schwerpunkt: nachträgliche Mauerwerksinjektion und Ersatz von<br />
Sanierputzen mittels Platten aus Calciumsilikat; seit 2012 im Vorstand der<br />
European Association of ETICS (EAE); seit 2004 Mitarbeit im österreichischen<br />
Normungsinstitut; seit 1998 Mitglied der WTA, Schriftleitung für die<br />
WTA-Merkblätter und WTA-reviewed in der Zeitschrift BAUSUBSTANZ, seit<br />
03/2009 im Vorstand der WTA; Mitinitiator des Fachverbandes Innendämmung<br />
e.V. und des Bundesverbandes Schimmelsanierung und technische<br />
Bauteiltrocknung e.V.<br />
Entwicklung niedrigerer, also noch geringerer<br />
Wärmeleitfähigkeiten für die Dämmstoffe<br />
quasi am Ende. Aber wer kann schon eine<br />
Innovation ausschließen? Zudem ändert sich<br />
der Blick auf die Dämmstoffe selbst, einem<br />
wesentlichen Bestandteil des WDVS. Nicht<br />
nur neue Materialien werden diskutiert, sondern<br />
auch alt bewährte zeigen bei objektiver<br />
Betrachtung ihre nachhaltige Qualität.<br />
Potenzial gibt es jedenfalls in der Kreislaufwirtschaft.<br />
Rückbau und Wiederverwendung<br />
kommen immer mehr in den Fokus. Wirtschaftlich<br />
relevant sind auch die Vorfertigung<br />
von Systemen, der Fachkräftemangel und die<br />
Qualifizierung der Verarbeiter. Sicher werden<br />
sich die Berufsbilder verändern. In Summe<br />
schaue ich optimistisch in die Zukunft, wir<br />
werden viele Aufgaben zu lösen haben.<br />
Um dem steigenden Umwelt- und Verantwortungsbewusstsein<br />
der Menschen<br />
nachzukommen: Thermische Sanierung<br />
ist auch eine Frage der Finanzierbarkeit.<br />
Welche Aufgabe kommt der Politik zu?<br />
Bewusstseinsbildung! Die Politik muss<br />
vor allem dafür sorgen, dass thermische<br />
Sanierungen ein positives Standing haben.<br />
Thermische Sanierung darf und kann künftig<br />
nicht hinterfragt werden, die Potenziale für<br />
das Klima und unser direktes Wohlbefinden<br />
sind bekannt. Zudem notwendig ist ein verantwortungsvoller<br />
Umgang mit den finanziellen<br />
Möglichkeiten, also den Steuergeldern.<br />
Was heißt das? Förderprogramme, wenn sie<br />
nachhaltig sind und zur Bewusstseinsbildung<br />
beitragen, wirken langfristig, sie erzeugen<br />
Nachfrage und lösen zusätzliche private<br />
Investitionen aus.<br />
Damit der Hausbestand seinen Beitrag<br />
für eine energieeffiziente Zukunft leisten<br />
kann: Welche Hebel müssen für das Erreichen<br />
der Sanierungsrate bewegt werden?<br />
Ein Aspekt, auf den wir als QG derzeit besonders<br />
setzen, sind steuerliche Maßnahmen.<br />
Gemeinsam mit anderen interessierten<br />
Gruppen haben wir eine Studie „Steuerliche<br />
Maßnahmen zur Dekarbonisierung des<br />
Wohnungssektors“ beim IIBW (Institut für<br />
Immobilien, Bauen und Wohnen) beauftragt,<br />
die demnächst der Öffentlichkeit vorgestellt<br />
wird. Die bisherigen Ansätze zur Erhöhung<br />
der Sanierungsrate haben nicht ausreichend<br />
gegriffen. Nach dem Klimaschutzbericht 2019<br />
des Umweltbundesamtes trägt der Gebäudesektor<br />
wesentlich zu den gesamten österreichischen<br />
CCV-Emissionen bei. Die Sanierungsrate<br />
ist derzeit so niedrig wie seit zehn Jahren nicht<br />
mehr, nämlich unter 1,4 Prozent. Für die Erreichung<br />
der Klimaziele muss die Sanierungsrate<br />
langfristig auf 2,5 Prozent angehoben werden.<br />
WDVS heute und morgen: Wie fit ist das<br />
Produkt?<br />
Das Produkt ist zukunftsfit! Wichtig ist zu<br />
bedenken, dass wir in der baupraktischen<br />
Realität Systeme beurteilen, die ca. vierzig<br />
Jahre alt sind. Ältere vergleichbare Systeme<br />
gibt es einfach noch nicht. Eine im Endstadium<br />
befindliche Studie zur Beurteilung der<br />
Dauerhaftigkeit ausgeführter Projekte der<br />
MA 39 belegt, dass entsprechende Systeme<br />
existieren und weiter bestehen werden. Das<br />
heißt, dass qualitativ geplant und verarbeitete<br />
Systeme bei einer regelmäßigen Pflege und<br />
Wartung eine Lebensdauer über die bisher<br />
bekannte hinaus haben.<br />
<strong>Sommer</strong> 2020<br />
129
Rubrik<br />
Buchtipps<br />
EDITOR´S<br />
CHOICE:<br />
Lesenswert!<br />
248 Seiten<br />
ISBN 978-3-0356-2155-6<br />
Birkhäuser | 2020<br />
€ 39,95<br />
Teresa Fankhänel, Andres Lepik<br />
Die Architekturmaschine<br />
Der Computer ist im heutigen Alltag in Architekturbüros essentiell geworden. Bits und Bytes haben längst wichtige<br />
Aufgaben im Entwurf und in der Präsentation von Architektur übernommen. Das Werk, das im Rahmen einer gleichnamigen<br />
Ausstellung im Architekturmuseum der TUM in der Pinakothek der Moderne in München (14.10.2020–<br />
10.01.2021) erscheint, beleuchtet erstmalig die Entwicklung des Digitalen in der Architektur. Von den Anfängen in<br />
den 1950er-Jahren bis heute erzählt es diese spannende Geschichte in vier Kapiteln und präsentiert den Computer<br />
als Zeichenmaschine, Entwurfswerkzeug, Medium des Geschichtenerzählens und interaktive Kommunikationsplattform.<br />
Wie sehr hat der Computer die Architektur verändert? Lassen Sie sich überraschen.<br />
Christine Weinzierl<br />
Umsatzsteuer in der<br />
Bauwirtschaft<br />
368 Seiten<br />
ISBN: 9783707342284<br />
Linde Verlag<br />
€ 68,00<br />
Die Geschäftsfälle in der Bauwirtschaft folgen in der<br />
Umsatzsteuer in weiten Bereichen speziellen und sehr<br />
komplexen Regelungen. Diese in der Praxis zu überblicken<br />
und richtig anzuwenden, kann eine große Herausforderung<br />
darstellen. Das Fachbuch „Umsatzsteuer in der Bauwirtschaft“ beleuchtet<br />
unter anderem die Abgrenzung von Lieferungen, Montagelieferungen und Dienstleistungen<br />
bei der Erbringung von Bauleistungen und den Übergang der Steuerschuld in<br />
der Bauwirtschaft. Sonderbestimmungen nach der Schrott-UStV und UStBBKV sowie<br />
das Thema Rechnungen über Bauleistungen werden auch behandelt. Vorsteuerabzug<br />
aus Rechnungen über Bauleistungen und gemischte Nutzung der Grundstücke sind<br />
weitere Themen dieses Buches. Bestimmungen zu Bauherrenmodell und Arbeitsgemeinschaft<br />
können auch hier nachgelesen werden. Ein praktisches Nachschlagewerk<br />
für alle mit umsatzsteuerlichen Fragestellungen befassten Praktiker im Bereich der<br />
Bauwirtschaft sowie für Steuerberater, Rechtsanwälte und Unternehmer.<br />
Christoph Wiesinger<br />
Kollektivverträge der<br />
Bauwirtschaft<br />
492 Seiten<br />
ISBN: 9783707338881<br />
Linde Verlag<br />
€72,00<br />
Das Arbeitsrecht in der Bauwirtschaft hat den Ruf<br />
besonders kompliziert und umfangreich zu sein. Das<br />
„Bauarbeitsrecht“ unterscheidet sich vom Arbeitsrecht anderer Branchen in vielen<br />
Punkten. Der vorliegende Kommentar soll bei der Erforschung dieser Materie<br />
hilfreich sein. Es werden jene Punkte besonders ausführlich gewürdigt, die in der<br />
Praxis häufig Fragen aufwerfen.<br />
Das Werk bietet dem Einsteiger in die Materie eine Darstellung der Verbindung<br />
von Gesetzesrecht und Kollektivvertragsrecht und zeigt auf, wie das Zusammenspiel<br />
beider funktioniert. Es enthält für den Praktiker zahlreiche Mustervereinbarungen,<br />
die speziell für die Bauwirtschaft erstellt wurden und nicht nur die<br />
Besonderheiten des Kollektivvertrags, sondern auch der arbeitsrechtlichen Sondergesetze,<br />
insbesondere das BUAG, berücksichtigen.<br />
304 Seiten<br />
Birkhäuser | 2020<br />
ISBN-10: 3035622140<br />
€ 49,95<br />
Georg W. Reinberg<br />
Architektur für eine solare Zukunft<br />
Reinberg ist ein Pionier des ökologischen Bauens und der Solararchitektur. Bereits vor Gründung seines Büros 1985 war er an einigen<br />
Forschungsprojekten zum Thema Architektur und Ökologie beteiligt. Alle Bauten profitieren vom Know-how des forschenden Architekten.<br />
Sie kennzeichnet eine immanent eingeplante Nachhaltigkeit, die auf genaue Weise auch die Bedürfnisse der Nutzer und Bewohner<br />
berücksichtigt: Zahlreiche Wohngebäude, Sanierungen, öffentliche und Firmengebäude realisierte er zur höchsten Nutzerzufriedenheit.<br />
Preise und Lehrtätigkeiten im In- und Ausland bezeugen seinen Erfolg. Durch seinen integrativen Entwurfsansatz ist so eine<br />
spezifische Architektursprache entstanden, die sich in seinen Bauten widerspiegelt.<br />
130 BauTecFokus
PPP und Kooperationsmodelle —<br />
Wege zur lebenszyklusorientierten<br />
Immobilie<br />
Public Private Partnerships (PPP) sind verrufen —<br />
das ist paradox, zumal viele realisierte Projekte<br />
Erfolgsgeschichten sind<br />
Auch in Österreich sind bereits einige Projekte<br />
als Kooperationen zwischen der öffentlichen<br />
Hand und der Privatwirtschaft umgesetzt<br />
worden. Erfolgreiche Beispiele dafür sind die<br />
Neubauprojekte aus dem Bildungseinrichtungen-Neubauprogramm<br />
(BIENE) der Stadt Wien,<br />
das insgesamt 21 Bildungseinrichtungen (davon<br />
18 Bildungscampus-Standorte) als PPP beinhaltet.<br />
Jene Standorte, die bereits in Betrieb sind,<br />
zeichnen sich durch hohe Nutzerzufriedenheit<br />
aus und bestätigen den Ansatz der Auftraggeberin,<br />
Leistungen, die nicht in ihrem Kernaufgabenbereich<br />
liegen oder bei denen die<br />
vorhandenen Managementkapazitäten in quantitativer<br />
Hinsicht nicht ausreichen, einem Spezialisten<br />
zu überlassen. Auf diese Weise können<br />
durch Effizienzgewinne Kosten gespart werden.<br />
Aus rechtlicher Sicht lassen sich PPP- und<br />
Kooperationsmodelle im mittleren Spektrum<br />
zwischen der Privatisierung von Einzelaufgaben<br />
(Outsourcing bzw. Contracting-out) und einer<br />
materiellen Privatisierung, d. h. der Überlassung<br />
ganzer Aufgaben- bzw. Geschäftsbereiche,<br />
einordnen. Die nachhaltige, langfristige<br />
Zusammenarbeit zwischen interdisziplinären<br />
Partnern kann in vielerlei Hinsicht wirtschaftlich<br />
sinnvoll sein. Nicht zuletzt spielt der Lebenszyklusansatz<br />
bei Zusammenschlüssen in<br />
Kooperationsmodellen eine wichtige Rolle.<br />
Die Lebenszyklusorientierung bei Bauprojekten<br />
bedeutet eine phasenübergreifende Optimierung<br />
von Planung, Bau und Betrieb. Besonders<br />
in Zeiten des Klimawandels ist die Fokussierung<br />
auf langfristigen Erhalt und Ressourcenschonung<br />
unumgänglich. Auch rückt die Erkenntnis,<br />
dass die Betriebsphase der größte Kostentreiber<br />
ist, immer mehr in das Bewusstsein der<br />
Bauherren. Gebäude verursachen zudem auch<br />
nicht quantifizierbare Umweltkosten, die Teil<br />
der Klimadebatte sein sollten und es zukünftig<br />
wohl auch sein werden, da fast ein Drittel aller<br />
CO 2<br />
-Emissionen und etwa die Hälfte des Energieverbrauches<br />
auf den Immobiliensektor zurückzuführen<br />
sind.<br />
Bei PPP-Modellen ist die Aufgabe des wertschöpfungsstufenübergreifenden<br />
Managements<br />
grundsätzlich dem privaten Partner zugeordnet.<br />
Die öffentliche Hand vergibt einen phasenübergreifenden<br />
Dienstleistungsauftrag mit<br />
üblichen Laufzeiten zwischen 20 und 30 Jahren<br />
auf Basis einer outputspezifischen Leistungsbeschreibung.<br />
Dieser Ansatz schafft für den privaten<br />
Partner Anreize, bereits in der Planungsbzw.<br />
Bauphase Investitionen zu tätigen, die zu<br />
einer Minimierung der Lebenszykluskosten<br />
führen können und es ihm über die Vertragslaufzeit<br />
erleichtern, das Gebäude effizient in<br />
dem definierten Soll-Zustand zu halten, an den<br />
seine Vergütung gebunden ist. Die Qualitätssteigerung<br />
bei PPP-Projekten lässt sich auch<br />
darauf zurückführen, dass die übliche Gewährleistungsfrist<br />
für Mängel des Bauunternehmens<br />
nicht zutrifft. Projektrisiken werden im Kooperationsmodell<br />
jeweils dem Partner zugewiesen,<br />
der sie am besten beherrschen kann. Somit<br />
entsteht für den privaten Partner, der nach den<br />
Regelungen des ESVG (Europäisches System<br />
Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung) auch<br />
wirtschaftlicher Eigentümer ist, ein wesentlich<br />
höherer Anreiz, nachhaltig und wartungsarm<br />
zu bauen.<br />
Im allgemeinen Verständnis steht PPP für verschiedene<br />
Varianten der Kooperation zwischen<br />
Privatunternehmen und der öffentlichen Hand,<br />
denen ein langfristiger Vertrag zugrunde liegt.<br />
Dieser wird für verschiedene Kombinationen<br />
aus Service-, Bau- und Finanzierungsleistungen<br />
geschlossen und mit Mitteln aus dem öffentlichen<br />
Budget abgegolten. Grundsätzlich wird<br />
zwischen institutionellen und vertraglichen<br />
PPP unterschieden.<br />
Im Unterschied zum Outsourcing oder Contracting-out<br />
wird beim PPP durch die öffentliche<br />
Hand nicht nur die reine Ausführungsleistung<br />
bestellt, sondern es werden Aufgaben mit<br />
einem Partner geteilt sowie Know-how und<br />
Ressourcen langfristig und kooperativ in die<br />
Leistungserbringungen eingebunden. Dieser<br />
Lebenszyklusansatz kann zu Qualitätssteigerungen<br />
führen und bietet für beide Vertragspartner<br />
Chancen und Lösungen für viele<br />
Herausforderungen im öffentlichen Bereich.<br />
Quellen:<br />
• Röber M. (2018): Public Private Partnerships (PPP), in:<br />
Voigt R. (Hrsg.): Handbuch Staat, Springer VS, Wiesbaden<br />
• Beckers, Wagemann, Klatt (2013): Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />
bei PPP-Vorhaben: Herausforderungen und<br />
Lösungsoptionen, in: Reichard/Schröter (Hrsg.): Zur Organisation<br />
öffentlicher Aufgaben: Effizienz, Effektivität<br />
und Legitimität, Verlag Barbara Budrich<br />
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