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Die neue Macht der Moral

Wie vielfältig ist unsere Gesellschaft? Und wie halten wir es mit Ansichten, die uns nicht passen? Und wie steht es um das Verhältnis von Marken und Moral? Moral ist eine der wenigen Dinge, die jeder nur für sich selbst entwickeln kann. Zugleich ist Moral etwas, was wir vor allen Menschen, quer durch alle Kulturkreise erwarten. Galt früher der Grundsatz: Alle Menschen sind gleich, so betonen wir heute das Recht auf Anders-sein und den Schutz fragmentierter Lebensentwürfe. Das sorgt regelmäßig für Streit. Medien und Marketing tragen dabei erheblich zur Polarisierung bei: Extreme Positionen sind einfach oft spannender und damit berichtenswerter. In der aktuellen Ausgabe des UmweltDialog-Magazins beleuchten wir auf 80 Seiten zahlreiche Aspekte rund um die Frage, warum gerade heute von uns Moral und Glaubwürdigkeit eingefordert wird.

Wie vielfältig ist unsere Gesellschaft? Und wie halten wir es mit Ansichten, die uns nicht passen? Und wie steht es um das Verhältnis von Marken und Moral? Moral ist eine der wenigen Dinge, die jeder nur für sich selbst entwickeln kann. Zugleich ist Moral etwas, was wir vor allen Menschen, quer durch alle Kulturkreise erwarten. Galt früher der Grundsatz: Alle Menschen sind gleich, so betonen wir heute das Recht auf Anders-sein und den Schutz fragmentierter Lebensentwürfe. Das sorgt regelmäßig für Streit. Medien und Marketing tragen dabei erheblich zur Polarisierung bei: Extreme Positionen sind einfach oft spannender und damit berichtenswerter. In der aktuellen Ausgabe des UmweltDialog-Magazins beleuchten wir auf 80 Seiten zahlreiche Aspekte rund um die Frage, warum gerade heute von uns Moral und Glaubwürdigkeit eingefordert wird.

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<strong>Moral</strong><br />

Abgewürgte Diskussion<br />

Oliver Berger, Teilhaber bei <strong>der</strong> Rekrutierungsfirma<br />

Witena, betont, es sei<br />

nicht immer gut für eine Firma, Diversität<br />

in allen Aspekten auszuschöpfen.<br />

„Wenn Mitarbeiter nicht mehr sagen<br />

können, was sie denken, stoppt das auch<br />

die Innovation, den Dialog und die Kreativität“,<br />

so sagt Berger. Werde jede kritische<br />

Diskussion abgewürgt, würden sich<br />

die Mitarbeiter im Plenum zu gewissen<br />

Themen nicht mehr äußern. Das heiße<br />

aber nicht, dass sie darüber untereinan<strong>der</strong><br />

nicht mehr reden. Der Team-Konflikt<br />

sei programmiert. „Bei einer Fußballmannschaft<br />

würde ich ausdrücklich von<br />

nach Geschlecht durchmischten Teams<br />

abraten“, sagt Berger. Das könne auch<br />

in <strong>der</strong> Wirtschaft gelten, etwa wenn<br />

Teams geschlechterspezifische Produkte<br />

entwickeln, testen o<strong>der</strong> vermarkten<br />

wie Kosmetika für die Frau o<strong>der</strong> wie<br />

beim Barber-Shop für den Mann. Aber:<br />

Homogene Teams funktionierten nur<br />

dann, wenn sie die Kundschaft spiegelten,<br />

betont Berger. Sobald breitere Kundengruppen<br />

angepeilt würden, müsse<br />

sich eine Firma diverser aufstellen. Das<br />

bestätigt auch die Führungskraft <strong>der</strong><br />

Bank: „Unsere Mitarbeiter müssen unsere<br />

Kunden abbilden. Und diese sind<br />

äußerst divers.“<br />

Und hier findet sich letztlich das Killerargument<br />

für alle Kritik an <strong>der</strong> Diversität:<br />

Eine Firma sollte so vielfältig sein,<br />

wie es ihr Kundenstamm ist. Ist also zum<br />

Beispiel das Management <strong>der</strong> Versicherung<br />

zufrieden mit den Ergebnissen des<br />

homogenen Verkaufsteams, muss nichts<br />

geän<strong>der</strong>t werden. Sollen aber weitere<br />

Kundengruppen angesprochen werden,<br />

sollte in letzter Konsequenz auch das<br />

Team vielfältiger sein. Vielleicht freuen<br />

sich die jungen Verkäufer über ein <strong>neue</strong>s<br />

Teammitglied. Reagieren sie feindselig,<br />

sind kreative Lösungen gefragt.<br />

Denn Vorurteilen ist nicht einfach mit<br />

Anordnungen von <strong>der</strong> Chefetage beizukommen.<br />

Gegen Diskriminierung hilft<br />

letztlich nur eines: Leistung. Wird diese<br />

erbracht, kommt <strong>der</strong> gegenseitige Respekt,<br />

und die Diskriminierung schwindet.<br />

Anstrengende Vielfalt<br />

<strong>Die</strong> Führung ist auf allen Stufen gefor<strong>der</strong>t.<br />

Und sie muss zusätzlich transparent<br />

machen, warum eine Stelle mit einem<br />

Auslän<strong>der</strong> und keinem Schweizer<br />

o<strong>der</strong> mit einer jüngeren statt einer erfahrenen<br />

Person besetzt worden ist.<br />

Betroffene müssen sich aber auch selbst<br />

wehren. In jener Bank, wo die Teamkollegen<br />

dauernd verletzende Sprüche<br />

fallen ließen, hätte sich die Frau aktiv<br />

in ein an<strong>der</strong>es Team versetzen lassen<br />

können.<br />

Vielfalt ist natürlich anstrengend. Sitzt<br />

neu eine Person mit am Tisch, die über<br />

einen an<strong>der</strong>en Hintergrund verfügt als<br />

die Kollegen, wird verschieden und oft<br />

länger diskutiert als vorher. Das bestätigen<br />

Verwaltungsräte, und dies dürfte<br />

sich eins zu eins auf jedes Team übertragen<br />

lassen. Wenn aber Unternehmen<br />

konsequent ein tolerantes Arbeitsumfeld<br />

bieten, haben sie Vorteile bei <strong>der</strong> Rekrutierung,<br />

und die Mitarbeiter bleiben<br />

dem Unternehmen länger treu. f<br />

Ausgabe 14 | November 2020 | Umweltdialog.de<br />

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