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Die neue Macht der Moral

Wie vielfältig ist unsere Gesellschaft? Und wie halten wir es mit Ansichten, die uns nicht passen? Und wie steht es um das Verhältnis von Marken und Moral? Moral ist eine der wenigen Dinge, die jeder nur für sich selbst entwickeln kann. Zugleich ist Moral etwas, was wir vor allen Menschen, quer durch alle Kulturkreise erwarten. Galt früher der Grundsatz: Alle Menschen sind gleich, so betonen wir heute das Recht auf Anders-sein und den Schutz fragmentierter Lebensentwürfe. Das sorgt regelmäßig für Streit. Medien und Marketing tragen dabei erheblich zur Polarisierung bei: Extreme Positionen sind einfach oft spannender und damit berichtenswerter. In der aktuellen Ausgabe des UmweltDialog-Magazins beleuchten wir auf 80 Seiten zahlreiche Aspekte rund um die Frage, warum gerade heute von uns Moral und Glaubwürdigkeit eingefordert wird.

Wie vielfältig ist unsere Gesellschaft? Und wie halten wir es mit Ansichten, die uns nicht passen? Und wie steht es um das Verhältnis von Marken und Moral? Moral ist eine der wenigen Dinge, die jeder nur für sich selbst entwickeln kann. Zugleich ist Moral etwas, was wir vor allen Menschen, quer durch alle Kulturkreise erwarten. Galt früher der Grundsatz: Alle Menschen sind gleich, so betonen wir heute das Recht auf Anders-sein und den Schutz fragmentierter Lebensentwürfe. Das sorgt regelmäßig für Streit. Medien und Marketing tragen dabei erheblich zur Polarisierung bei: Extreme Positionen sind einfach oft spannender und damit berichtenswerter. In der aktuellen Ausgabe des UmweltDialog-Magazins beleuchten wir auf 80 Seiten zahlreiche Aspekte rund um die Frage, warum gerade heute von uns Moral und Glaubwürdigkeit eingefordert wird.

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<strong>Moral</strong><br />

<strong>Die</strong> empathische Strategin:<br />

Leonie Bremer<br />

Text: Alex Matzkewitz<br />

Fotos: Simon Heydorn<br />

„Behaltet diese lockere Art, Fragen zu<br />

stellen, unbedingt bei“, sagt Leonie Bremer<br />

(22) und lächelt, während sie sich<br />

auf dem Beifahrersitz wie<strong>der</strong> nach vorne<br />

dreht. Sie weiß, wovon sie spricht, denn<br />

als eines <strong>der</strong> bekanntesten Gesichter von<br />

„Fridays for Future Deutschland“ organisierte<br />

die junge Aktivistin im letzten<br />

Jahr nicht nur zahlreiche Klimaproteste,<br />

son<strong>der</strong>n war ebenfalls ein gefragter Gast<br />

in Polittalkshows. In TV-Formaten wie<br />

„Hart aber fair“ (ARD) mit Frank Plasberg<br />

saß sie neben dem Bundesminister<br />

für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier<br />

und debattierte konsequent über<br />

Klimaschutz, warf ihm vor, dass es die<br />

Bewegung nicht gebraucht hätte, wenn<br />

Politiker wie er klimafreundlich statt<br />

profitorientiert für die Wirtschaft arbeiten<br />

würden. Das Medienecho ließ nicht<br />

lange auf sich warten: Sie wirke kühl,<br />

unbequem und uneinsichtig. Reaktionen,<br />

die niemanden kalt lassen und sich<br />

vor allem nicht um den Inhalt drehen.<br />

„Ein Wissenschaftler, mit dem ich eng<br />

im Austausch stehe, meinte letztens zu<br />

mir, dass mich mittlerweile so schnell<br />

nichts mehr aus <strong>der</strong> Ruhe bringt. Dabei<br />

bin ich gerade für die Rationalität an mir<br />

dankbar“, resümiert Leonie. Vielleicht<br />

braucht es eben diese rationalere Seite,<br />

wenn Emotionen durch die Öffentlichkeit<br />

verstärkt werden.<br />

Heute geht es in kein TV-Studio. Wir<br />

sind unterwegs in Hamburg. Ein kühler,<br />

windiger Donnerstag. Erster Halt: Boberger<br />

Dünen. Fotoshooting, Kaffee und ein<br />

Gespräch. Welches am Ende des Tages<br />

ein ganz an<strong>der</strong>es Bild auf Leonie werfen<br />

wird.<br />

„Wenn ich eine Sache auf <strong>der</strong><br />

Welt verän<strong>der</strong>n könnte, ich würde<br />

die Prioritäten von Menschen in<br />

<strong>Macht</strong>positionen an<strong>der</strong>s setzen.“<br />

Leonies Ton wird schroffer. Dabei wirkt<br />

die Masterstudentin <strong>der</strong> er<strong>neue</strong>rbaren<br />

Energien anfangs eher introvertiert.<br />

„In großen Diskussionsrunden presche<br />

ich nie unüberlegt vor. Ich gucke, wer<br />

teilnimmt, und versuche, die jeweiligen<br />

Positionen zu verstehen. Wenn alles an<br />

Inhalten gesagt ist, ist eben alles gesagt.“<br />

Leonie ist keiner dieser Menschen, die<br />

das Rampenlicht suchen o<strong>der</strong> gar brauchen.<br />

Es geht ihr um die Botschaft. Um<br />

ihr Thema. Klimaschutz und die dazugehörigen<br />

politischen Verän<strong>der</strong>ungen,<br />

die weit über das Thema Umweltpolitik<br />

hinausgehen. Schon immer sei sie empathisch<br />

gewesen und sehr tierlieb.<br />

<strong>Die</strong> überzeugte Veganerin bemerkt bereits<br />

in ihren frühen Jahren, dass sie<br />

gesellschaftliche Verän<strong>der</strong>ungen herbeiführen<br />

wolle. Ellenbogenmentalität und<br />

vor allem <strong>der</strong> steigende Konkurrenzsowie<br />

Leistungsdruck in <strong>der</strong> Schule<br />

waren ihr zuwi<strong>der</strong>. Feiern gehen, Drogen,<br />

Alkohol – es ist bis heute nicht ihre<br />

Welt. Schminktipps o<strong>der</strong> Modetrends:<br />

Fehlanzeige. Leonie sucht Gleichgesinnte,<br />

findet diese im Rahmen <strong>der</strong> Proteste<br />

im Hambacher Forst (von den Aktivistinnen<br />

und Aktivisten „Hambi“ genannt).<br />

Von hier aus gelangt sie zu „Fridays for<br />

Future“ und engagiert sich auf bundesweiten<br />

Demonstrationen. „<strong>Die</strong> Diskussionen,<br />

das gegenseitige Skill-Sharing und<br />

<strong>der</strong> ständige Austausch mit den Leuten<br />

gefällt mir am besten. Es geht aber >><br />

Ausgabe 14 | November 2020 | Umweltdialog.de<br />

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