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Die neue Macht der Moral

Wie vielfältig ist unsere Gesellschaft? Und wie halten wir es mit Ansichten, die uns nicht passen? Und wie steht es um das Verhältnis von Marken und Moral? Moral ist eine der wenigen Dinge, die jeder nur für sich selbst entwickeln kann. Zugleich ist Moral etwas, was wir vor allen Menschen, quer durch alle Kulturkreise erwarten. Galt früher der Grundsatz: Alle Menschen sind gleich, so betonen wir heute das Recht auf Anders-sein und den Schutz fragmentierter Lebensentwürfe. Das sorgt regelmäßig für Streit. Medien und Marketing tragen dabei erheblich zur Polarisierung bei: Extreme Positionen sind einfach oft spannender und damit berichtenswerter. In der aktuellen Ausgabe des UmweltDialog-Magazins beleuchten wir auf 80 Seiten zahlreiche Aspekte rund um die Frage, warum gerade heute von uns Moral und Glaubwürdigkeit eingefordert wird.

Wie vielfältig ist unsere Gesellschaft? Und wie halten wir es mit Ansichten, die uns nicht passen? Und wie steht es um das Verhältnis von Marken und Moral? Moral ist eine der wenigen Dinge, die jeder nur für sich selbst entwickeln kann. Zugleich ist Moral etwas, was wir vor allen Menschen, quer durch alle Kulturkreise erwarten. Galt früher der Grundsatz: Alle Menschen sind gleich, so betonen wir heute das Recht auf Anders-sein und den Schutz fragmentierter Lebensentwürfe. Das sorgt regelmäßig für Streit. Medien und Marketing tragen dabei erheblich zur Polarisierung bei: Extreme Positionen sind einfach oft spannender und damit berichtenswerter. In der aktuellen Ausgabe des UmweltDialog-Magazins beleuchten wir auf 80 Seiten zahlreiche Aspekte rund um die Frage, warum gerade heute von uns Moral und Glaubwürdigkeit eingefordert wird.

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<strong>Moral</strong>„die Kundenbedürfnisse, erwirtschaften<br />

sie Gewinne und <strong>der</strong> Aktienkurs steigt.<br />

Eine<br />

funktionierende<br />

Markwirtschaft,<br />

eingebettet in eine<br />

Rahmenordnung,<br />

die dafür sorgt,<br />

dass Regeln<br />

eingehalten<br />

werden, sorgt aus<br />

unterschiedlichen<br />

Gründen für<br />

<strong>Moral</strong>.<br />

Bedeutet das im Umkehrschluss auch,<br />

dass Unternehmen, die sich nachhaltig<br />

positionieren und Stakehol<strong>der</strong>-orientiert<br />

sind, vor Shit Storms geschützt sind, wenn<br />

sie mal unkorrekt handeln?<br />

Ja, sofern sie glaubwürdig Corporate Social<br />

Responsibility betreiben und nachweisen,<br />

dass sie bestimmte Maßnahmen<br />

umgesetzt und Ziele erreicht haben, die<br />

eine substanzielle Verän<strong>der</strong>ung bewirken.<br />

CSR verlangt eine langfristige, proaktive<br />

Strategie, die unterschiedliche<br />

Stakehol<strong>der</strong>-Interessen einbezieht. Auf<br />

diese Weise läuft man auch nicht Gefahr,<br />

ad hoc irgendwelche kurzfristigen<br />

Maßnahmen umsetzen zu müssen, weil<br />

eine Situation aus dem Ru<strong>der</strong> gelaufen<br />

ist. Außerdem ist es wichtig, nicht nur<br />

Ökonomen, son<strong>der</strong>n beispielsweise Ethiker<br />

etc. in unternehmerische Entscheidungsprozesse<br />

miteinzubeziehen. Auf<br />

diese Weise wären manche Entscheidungen,<br />

die einen Shit Storm ausgelöst<br />

haben, gar nicht erst getroffen worden.<br />

Ich erinnere nur an eine <strong>der</strong> letzten<br />

Volkswagen-Werbungen ….<br />

Allerdings sollten sich Unternehmen<br />

davor hüten, es jedem recht machen zu<br />

wollen. Das funktioniert nicht.<br />

Zum Boykott einzelner Unternehmen o<strong>der</strong><br />

Produkte aufzurufen, ist einfach, wenn es<br />

genügend Alternativen gibt. Sind sie nicht<br />

vorhanden, werden moralische Bedenken<br />

beim Kaufen schnell beiseite gewischt.<br />

Warum messen Verbraucher hier mit zweierlei<br />

Maß?<br />

Das hat verschiedene Gründe. Neben<br />

<strong>der</strong> bereits angesprochenen Mind Behavior<br />

Gap hat das auch etwas mit Bequemlichkeit<br />

zu tun. Außerdem ist es<br />

leichter, zum Boykott aufzurufen und<br />

damit Aufmerksamkeit zu erzielen, als<br />

wirklich dauerhaft das Verhalten zu<br />

verän<strong>der</strong>n. Solche Boykottaufrufe sind<br />

immer schnell getätigt. Dabei werden<br />

selten die Hintergründe geprüft, warum<br />

ein Skandal aufgetreten ist. Aber Verbraucher<br />

„vergessen“ auch sehr schnell.<br />

Das heißt, dass sie wie<strong>der</strong> in alte Konsummuster<br />

verfallen, auch wenn sie vorher<br />

zu einem Boykott aufgerufen haben.<br />

Allerdings sind drohende, dauerhafte<br />

Reputationsschäden bei Fehlverhalten<br />

ein Warnschuss, mehr Nachhaltigkeit<br />

in Unternehmen zu schaffen. Sie tragen<br />

dazu bei, dass Unternehmen ihrer<br />

gesellschaftlichen Verantwortung über<br />

die gesetzlichen Vorgaben hinaus nachkommen.<br />

Für Sie gilt die marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung<br />

nicht nur als Garant für<br />

Freiheit und Wohlstand, son<strong>der</strong>n auch für<br />

<strong>Moral</strong>. Wieso? Was hat das eine mit dem<br />

an<strong>der</strong>en zu tun?<br />

Eine funktionierende Markwirtschaft,<br />

eingebettet in eine Rahmenordnung,<br />

die dafür sorgt, dass Regeln eingehalten<br />

werden, sorgt aus unterschiedlichen<br />

Gründen für <strong>Moral</strong>. Unternehmen etwa,<br />

die einen zu hohen Gewinn erwirtschaften,<br />

können von Nachahmern verdrängt<br />

werden, die versuchen, ebenfalls auf<br />

dem Markt mitzumischen. Der Markt<br />

trägt dazu bei, dass Ressourcen effizient<br />

genutzt werden. So hat ein Unternehmen,<br />

das aus einem Liter Öl doppelt<br />

soviel herstellen kann, auf dem Markt<br />

größere Chancen als <strong>der</strong> Betrieb, <strong>der</strong><br />

nur ein Produkt draus produziert. Wer<br />

also ressourcenschonen<strong>der</strong> wirtschaftet,<br />

ist bei einer richtigen Bepreisung<br />

von Umweltnutzung – will sagen, dass<br />

<strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> die Umwelt schädigt auch<br />

dafür bezahlt – dauerhaft erfolgreicher.<br />

Der Wettbewerb löst einen Innovationsantrieb<br />

aus, <strong>der</strong> zu besseren Produkten<br />

führt und sorgt dafür, dass je<strong>der</strong> Kunde,<br />

<strong>der</strong> den Preis bezahlt, auch die Ware erhält.<br />

Völlig diskriminierungsfrei.<br />

Dem Markt gelingt es somit viel besser,<br />

Menschen mit Gütern und <strong>Die</strong>nstleistungen<br />

zu versorgen, als es in jedem an<strong>der</strong>en<br />

– zumindest bisher bekannten –<br />

System funktioniert hat.<br />

Vorausgesetzt, dass man sich das leisten<br />

kann.<br />

18 Ausgabe 14 | November 2020 | Umweltdialog.de

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