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Grenzenlos Winter 2020

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kann.“ Eine Freiheit, zu der auch gehört, dass

man einem anderen ordentlich die Meinung

sagt, ihn „ausrichtet“. Ein Fosenachtselement,

das nicht nur im Werdenfelser Land

zur narrischen Zeit gehört: Auch an Main und

Rhein gehört die Kritik an der Obrigkeit zum

Karneval.

Wenn die Maschkera umziehen

Ihren wichtigsten Auftritt haben die Maskierten

beim „Gungln“. Dabei ziehen kleine

Gruppen mit Gesang und Tanz durch den Ort

und seine Gasthäuser, was noch bei Tageslicht

anfängt und sich bis tief in die Nacht

hinzieht. In Grainau findet das immer an

dem Donnerstag statt, der der Faschingswoche

vorausgeht. „Dann treffen sich die einzelnen

Gruppen, ziehen ihre Kostüme und

Larven an und machen sich auf den Weg“,

erläutert Korbinian Riesch den Ablauf. Er ist

Vorsitzender im Fosenachtsverein und selbst

als „Maschkera“, also Träger dieser Masken,

unterwegs. Die wichtigsten Kostüme sind

dabei ähnlich wie an anderen Orten im Werdenfelser

Land. Näheres dazu gibt es auf

den Seiten 40 und 41.

Daher kennt er auch die anstrengendste

Rolle unter den diversen Gestalten, die typisch

für die Grainauer Fosenacht ist: die

Schellenrührer. Schwere Kuhglocken, oft

aus altem Familienbesitz, haben sie umgeschnallt,

knapp oberhalb der Hüfte tragen

sie diese auf dem Rücken und versuchen mit

möglichst geschickten Bewegungen – dem

„Rühren“ – sie kräftig und rhythmisch zum

Läuten zu bringen. „Eine Kunst, die man im

Laufe der Zeit und mit großer Anstrengung

erlernt“, meint Riesch. Die längste Strecke

für die Schellenrührer, bei denen es eine

Obergrainauer und eine Untergrainauer Abteilung

gibt, zieht sich zwei Kilometer hin,

ein Weg von einer guten halben Stunde.

„Das muss man im Kreuz und in den Beinen

haben.“ Weshalb diese Aufgabe noch überwiegend

– Genaues weiß man ja nicht wegen

der Larve – von Männern übernommen

wird. Was die ursprünglich strengen Regeln

angeht, gibt man sich im Zugspitzdorf entspannt.

„Die Tradition sagt eigentlich, dass

nur gebürtige Grainauer am ,Gungln‘ teilnehmen

dürfen“, sagt Riesch. „Aber das

sehen wir inzwischen locker. Und natürlich

sind bei uns auch Frauen dabei.“

Der Fosenachtsverein, der in der Faschingszeit

die Termine koordiniert, hält

sich beim „Gungln“ selbst im Hintergrund.

„Da sind die einzelnen Gruppen, die sich

gut kennen, völlig eigenständig“, bekräftigt

Riesch. Allerdings trägt der Verein seinen Teil

dazu bei, dass auch alle anderen ihren Spaß

haben, zum Beispiel, indem er Veranstaltungen

für Kinder auf die Beine stellt. Auch

Simon Buchwieser sorgt dafür, dass die alten

Traditionen in den kommenden Generationen

weiterleben: „In meiner Schnitzwerkstatt

habe ich Plätze für meine Enkel eingerichtet.

Die sind schon aufmerksam dabei …“

Ulrich Pfaffenberger

English Summary

They are the centrepiece of the Grainau

carnival tradition: masks carved from

wood. Some of them are well over

100 years old and have been handed

down through generations. Their facial

expressions are as unique as the people

who hide behind them. And each one

is a hand-carved specimen. Part of the

custom is not recognising the person

behind the mask when their head is also

wrapped in a cloth and covered by a hat,

but the real trick is to open the mask to

allow the wearer to take a sip of beer

without anyone knowing who they are.

And while hidden from view, everyone

can vent their opinions without fear of

being identified. It’s a carnival tradition,

and not only in the Werdenfelser Land:

criticising authority is also a hearty

tradition in the Rhine-Main region.

Mask-wearers have their most important

appearance at the “Gungln”: small

groups sing and dance through the town

and its inns, starting during daylight

and continuing deep into the night. In

Grainau this takes place on the Thursday

that precedes the carnival week.

The traditional costumes are similar to

other places in the Werdenfelser Land.

Characteristic of the Grainau carnival is

the figure of the bellringer, who carries

heavy cow bells on his back. It’s an art

that can only be learned in the course of

time and with great effort. The carnival

is organized by the local association, and

there are also events for children.

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