12.11.2020 Aufrufe

Grenzenlos Winter 2020

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

38 / FOSENACHT & LARVENSCHNITZER

Die wahre Kunst der Fosenacht

Hinter den Larven und Kostümen der Grainauer Fosenacht stecken

uralte Traditionen und aufwendige Schnitzarbeit.

Sie ist ein kostbares Stück Handwerkskunst

und das Kernstück der

Grainauer Fosenacht: die Larve,

eine aus Holz geschnitzte Maske.

Manche von ihnen sind weit über 100 Jahre

alt, wurden innerhalb der Familie von Generation

zu Generation weitervererbt. Ihr

Mienenspiel, ihre Grimassen, ihr Ausdruck

sind so individuell wie die Menschen, die

sich hinter ihnen verbergen. Und jede ist ein

handgeschnitztes Unikat.

Manch einer hat eine ganze Reihe von

ihnen im Schrank zu Hause, um nach Stimmung

und Bedarf daraus auszuwählen.

Denn, so erklärt der Larvenschnitzer Simon

Buchwieser, es gehöre zu den Eigenarten

der Fosenachtsbräuche, dass nicht erkannt

wird, wer sich hinter der Gesichtsbedeckung

versteckt, wenn der Kopf auch noch mit einem

Tuch oder einer Windel umwickelt und

von einem Hut bedeckt ist.

„Die größte Kunst“, berichtet er schmunzelnd,

„besteht tatsächlich darin, beim Bier

im Wirtshaus die Larve so zu lüften, dass

man richtig trinken kann, aber keiner erkennt,

wer das ist.“

Mit zwölf Jahren hat der Grainauer angefangen

zu schnitzen, „wie der Michel aus

Lönneberga“, lacht er. „Wir hatten auch einen

Schuppen zum Absperren von innen und außen.“

Seit den 1970er-Jahren hat er sich auf

die traditionsreichen Larven spezialisiert. Zunächst

als Freizeitbeschäftigung neben dem

Beruf, nun, im Ruhestand, als Leidenschaft

das ganze Jahr über: „Im Laufe der Zeit wird

das zur Sucht“, sagt der 67-Jährige.

Jedes Stück ein Unikat

Das Faszinierende daran ist für ihn, dass es

unmöglich ist, zweimal genau die gleiche

Larve zu schaffen, selbst wenn man das

wollte. „Das Holz ist natürlich gewachsen,

da gibt es immer wieder Unterschiede, was

man daraus macht.“

Am aufwendigsten, so berichtet er, ist

die Innenseite. „Die Nase muss passen. Die

Mundpartie muss möglichst dünn ausfallen

und braucht ausreichend Resonanzraum,

damit die Stimme noch verständlich ist“,

macht er die Feinheiten seiner Arbeit deutlich.

Vom Äußeren her seien es dann „Gesichtslandschaften“,

die er gestaltet. Die

Inspiration dafür holt er sich im Alltag, beim

Spaziergang durch den Ort oder beim Besuch

im Wirtshaus: „Die Ideen nehmen kein

Ende“, so seine Erkenntnis über die Jahre.

Wobei aufs Schnitzen noch das Bemalen,

das „Fassen“, der Larven folgt. Mit Techniken

und Material, wie sie sonst bei Kirchenmalern

üblich sind, entstehen die lebendigen

und markanten Gesichter. Womit und wie

Buchwieser bei seiner aufwendigen Arbeit

genau vorgeht, bleibt sein Geheimnis, nur

die Zutaten „Champagnerkreide, Kaseinfarben

und Knochenleim“ sind zu erfahren.

Warum der Aufwand für die Erkennbarkeit

der Stimme, wo doch die Musik und

der Lärm der „Schellenrührer“ das tonangebende

Element der Fosenacht sind? Das

sei aber nur ein Teil des Brauchtums, erklärt

Buchwieser. „Die Masken sind auch dazu

da, dass man darunter seine Freiheit leben

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!