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36 / MUSEUM WERDENFELS
Ohne Anstieg zum Gipfelkreuz
Wer an Urlaub in Garmisch-Partenkirchen denkt, der hat Wintersport und Wandern
im Kopf. Doch hier gibt es auch kulturell einiges zu entdecken. Einen guten Überblick
über die Bräuche und Traditionen bietet das Museum Werdenfels.
Ein Selfie mit dem Gipfelkreuz der
Zugspitze, wäre das nicht ein super
Foto fürs Erinnerungsalbum? Doch
der Aufstieg ist weit und selbst wer
die Abkürzung per Seilbahn nimmt, muss
am Ende noch ein Schneefeld auf dem Weg
zum Kreuz überqueren. Dazu kommen die
vielen abenteuerhungrigen Gleichgesinnten,
die für den geplanten Schnappschuss
brav in einer Reihe anstehen.
Archiviert statt restauriert
Wer sich die Strapazen ersparen und einen
ungefährlicheren Weg zum Selbstporträt
nebst Wahrzeichen wählen möchte, der findet
die Lösung in Garmisch-Partenkirchen:
Denn im dortigen Museum Werdenfels gibt
es einen eigenen Raum rund um das Thema
Zugspitze. Dominiert wird die Ausstellung
vom originalen Gipfelkreuz. Das wurde 1851
in 28 Einzelteilen auf den Gipfel gebracht
und nach gut 100 Jahren zum Restaurieren
wieder ins Tal geschafft. Über die Jahre
entstanden aber gravierende Schäden, von
Blitzeinschlägen bis zum Ziel für Schießübungen
amerikanischer Soldaten machte
das vergoldete Kreuz einiges mit. Statt einer
Generalüberholung wurde ein neues Kreuz
auf den Gipfel gebracht, das alte wartet nun
im Tal neben anderen historischen Gegenständen
auf wissenshungrige Entdecker.
Die Räumlichkeiten des Museums sind
dabei noch ganz neu: „Im Sommer 2019
haben wir den Umbau eingeweiht. Seitdem
stehen uns über 100 Quadratmeter Ausstellungsraum
zur Verfügung. Außerdem ist der
Großteil des Museums nun rollstuhlgerecht
ausgebaut. Sogar mobile Rampen haben wir
bereitstehen“, berichtet der Museumsleiter
Josef Kümmerle. Ein besonderes Highlight
ist für ihn seit dem Umbau der Ausblick auf
die Zugspitze: „Ganz oben führt ein Steg zum
Fenster im Giebel. Von dort aus hat man den
perfekten Blick auf den Gipfel“, schwärmt er.
Außerdem haben er und seine Mitarbeiter
die durch die COVID-19-Pandemie entstandene
Zwangspause genutzt: Es wurden
Videos gedreht, die einen virtuellen Rundgang
über die Website ermöglichen. „Aber
auf jede Kleinigkeit können wir bei so einem
Dreh natürlich nicht eingehen“, erklärt Kümmerle,
„da müssen die Gäste schon persönlich
durch die Räume schlendern.“
Denn im Museum Werdenfels laden eine
Vielzahl an kuriosen Gegenständen zum
Staunen ein. Insgesamt sind es 21 Räume, in
denen Exponate aus dem ganzen Werdenfelser
Landkreis präsentiert werden.
Zeitreise: von der Vorgeschichte
in die Gegenwart
So auch die Ausstellungsstücke der momentanen
Sonderausstellung „Vom Steinbeil zur
Auster Muschel“. Gezeigt werden hier vorund
frühgeschichtliche Funde, wie zum Beispiel
eine 2,13 Meter lange Rippe: Sie wurde
in der Loisach gefunden und ursprünglich
für Treibholz gehalten, tatsächlich gehörte
sie aber zu einem Wollhaarmammut. Die
Austern, die der Ausstellung ihren Namen
geben, zeugen vom wohlhabenden Leben in
der Region: Sie wurden bei der Burg Werdenfels
gefunden und geben Auskunft über die
Essgewohnheiten der einstigen Bewohner.
Einige Räume des Museums konzentrieren
sich auf das Leben der Vorfahren in
dieser bergigen Region: In der originalen
Bauernstube wird der ländliche Alltag hier
oben deutlich, nebenan zeugt die Trachtenund
Schmucksammlung von Traditionen
und Brauchtum. Andere Zimmer wie das
bürgerliche Schlafzimmer oder die Austragsstube
zeigen traditionelle Möbel im Laufe
der Jahrhunderte. Ein ganzer Raum widmet
sich dem besonderen Faschingsfest hier: Im
Fasnachtsraum gibt es Kostüme und Masken
zu bestaunen. Nicht zu kurz kommen außerdem
religiöse Volkskunst der Gegend und
regionale Künstler. Einer der Räume zeigt
zum Beispiel Werke von Ignaz Günther, dem
bedeutendsten Bildhauer des bayerischen
Rokoko.
Traditionelle Krippen und
ein Blick in die Hölle
Diese heimischen Maler und Handwerker
finden sich auch in einem anderen Raum
wieder: Im Museum Werdenfels gibt es eine
außerordentliche Sammlung an Weihnachtskrippen.
„Drei von unseren Krippen sind
größer als zwei Quadratmeter. Besonders
außergewöhnlich ist die, die wir 2016 in
Auftrag gegeben haben“, erzählt Kümmerle.
„Anders als bei den üblichen Krippen steht
das Jesuskind im Vordergrund. Über ihm
schwebt der Stern von Bethlehem: Auf seinen
Strahlen sind alle Weltreligionen abgebildet.
Damit erzielt die Krippe eine ganz
moderne Aussage: Jesus ist für die ganze
Welt gekommen. Das verdeutlichen auch die
vielen Hirten und Hirtinnen verschiedener
Kulturen und Herkunft. Sogar die Unterwelt
hat der Künstler dargestellt“, schwärmt Kümmerle,
„Also wenn’s mal in’d Hölle schauen
wollen, kommen’s rein zu uns.“
Linda Filser
Kontakt
Museum Werdenfels
Ludwigstraße 47
82467 Garmisch-Partenkirchen
+49 8821 751710
museum-werdenfels.de