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THEATER KULTUR JOKER 3
The Show must go on
Herbert Fritsch inszeniert die Kammeroper „Mr. Emmet Takes a Walk“ am Theater Freiburg
Am Ende tigern sie alle über
die Bühne. Die Oper ist vorbei,
der Protagonist hat sich
das Leben genommen, aber im
Orchestergraben gibt es wie
im Musical noch eine Zugabe.
Und die vier Solisten kreisen
mit den Hüften und schwingen
die Arme. Auch Dirigent Ektoras
Tartanis legt im Freiburger
Theater zum Schlussapplaus
ein Tänzchen hin. Schließlich
wird Regisseur Herbert Fritsch
aus der Unterbühne hochgefahren,
der mit den Schultern
rollt und gemeinsam mit dem
strahlenden Ensemble groovt.
The Show must go on!
Dass der in den letzten Jahren
sehr gefragte, preisgekrönte
Regisseur an einem
mittelgroßen Haus wie Freiburg
eine Inszenierung vorlegt,
hat mit den durch die Coronapandemie
frei gewordenen
Kapazitäten, aber auch mit der
langen, freundschaftlichen
Verbindung zu Intendant Peter
Carp zu tun. Dieser hatte
ihm am Theater Luzern seine
erste Inszenierung überhaupt
ermöglicht. In Carps Oberhausener
Intendanz entstanden
weitere Arbeiten, bevor Fritsch
von den großen Häusern in Zürich,
Berlin und Hamburg eingeladen
wurde. Bis Ende des
Jahres hat das Theater Freiburg
einen neuen, coronakonformen
Spielplan vorgelegt, Sängerin und zwei Sänger.
braucht auf der Bühne nur eine
der kürzere Stücke mit kleiner Auch das Orchester ist kammermusikalisch
besetzt. Der
Besetzung, die ohne Pause gespielt
werden, auf die Bühne Spaziergang, den Mr. Emmet
bringt. Peter Maxwell Davies’ unternimmt, führt ihn in einen
letzte, gut einstündige Oper Park, in ein Hotelzimmer, auf
„Mr. Emmet Takes A Walk“ einen Berg und in ein Varieté.
aus dem Jahr 2000 mit einem Die Grenzen zwischen Realität
und 10:02 Traum Seite sind 1 fließend. Libretto Anz Kulturjoker20.qxp_Layout von David Pountney 1 07.10.20 Er
mode und geschenke
Staufen
Auf dem Graben 36
Samantha Gaul, Michael Borth und Alexander Kiechle
mode mit niveau
Freiburg Schusterstraße 27
Staufen Hauptstraße 37
begegnet seiner verstorbenen
Mutter und dem Klavierlehrer
seiner Kindheit. Es ist auch ein
Spaziergang ins Innere – in
seine Ängste und seine Selbstzweifel.
Als er über die Hitze
im Hotelzimmer klagt, klärt
ihn der Klempner auf, dass es
nicht an der Heizung läge, sondern
dass die Hitze von innen
käme.
In Freiburg trägt Mr. Emmet
einen braunen Anzug und einen
Seitenscheitel (Kostüme:
Victoria Behr). Er hält sich
fest an seiner verschlissenen
Aktentasche und wirkt zu Beginn
übertrieben gut gelaunt.
Mit seinem leichtgängigen,
dennoch tragfähigen Bariton
macht Michael Borth aus Mr.
Emmet einen nicht unsympathischen
Zeitgenossen, der
vor einem Klavier kniet und
verzückt ein paar Töne klimpert.
Die Oper startet mit
Schleifgeräuschen. Ka (Samantha
Gaul) und Mr. Todd
(Alexander Kiechle) schrubben
die Bühne. Sie sprechen
von einem Zug und viel Blut,
das sie entfernen müssen. Die
swingende, kleinteilige Musik,
die vom Philharmonischen
Orchester Freiburg unter ihrem
1. Kapellmeister Ektoras
Foto: Laura Nicke
Tartanis fein modelliert aus
dem Orchestergraben tönt, bildet
einen hübschen Kontrast
dazu. Samantha Gaul brilliert
als Putzfrau und Showgirl,
als madonnenähnliche Mutter
und Grande Dame mit quecksilbrigem
Sopran und großer
Präsenz. Alexander Kiechle
(Mr. Todd, Sicherheitsbeamter,
1. Dezember 2020 | 19:00 Uhr
Kellner, Klavierlehrer, Gabor)
ist darstellerisch ähnlich wandelbar.
Nur in der Tiefe wird
sein Bass etwas zu dünn.
Herbert Fritsch versucht erst
gar nicht, der offenen, rätselhaften,
von einer Episode zur
nächsten springenden Geschichte
eine Richtung zu geben.
Zarte Verbindungslinien
entstehen durch die Variation
der Kostüme oder die vom
Orchester delikat gestalteten
Zwischenspiele. Fritsch betont
den theatralischen Augenblick.
Den Brüchen der Vorlage fügt
er weitere hinzu, die er genüsslich
zelebrieren lässt. Die
Auftritte von Hartmut Stanke
als Mr. E., der absurde To-
Do-Listen („Die Katze sterilisieren“,
„Zur Maniküre gehen“,
„Meinen dämlichen Hut
tragen“) rezitiert, sind schön
absurde Einschübe. Dass sich
dieser Mr. Emmet am Ende vor
einen Zug werfen wird, kündigt
sich nicht an. Die wenigen
Spannungsverschärfungen wie
die vom Band eingespielten
gehetzten Schritte oder die
scharfen Blechattacken haben
szenisch keine Folgen. Fritsch
bleibt bei dem revuehaften
Grundton, der manches Mal
zu selbstverliebt daherkommt.
Am Ende kreischt der Zug –
und Mr. Emmet hält sich die
Augen zu. Dieser Spaziergang
endet tödlich. Warum? Das erfährt
man in Freiburg nicht.
Weitere Vorstellungen:
14./15. Nov., 18./31. Dez. 2020,
6. Jan. 2021. www.theater.freiburg.de
Georg Rudiger
Bald alles kalt und dunkel hier?
Streitgespräch über die Machbarkeit der Energiewende
Live-Stream aus dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE)
Es gibt Tage ohne Wind und Sonne. Wo kommt dann der Strom her,
wenn einmal alle Atom- und Kohlekraftwerke abgeschaltet sind?
Prof. Hans-Martin Henning (Fraunhofer ISE) und Prof. Friedrich
Wagner (Max-Planck- Institut, Schwerpunkt Kernfusion) streiten
über die Machbarkeit der Energiewende.
Anmeldung zu der Veranstaltung: www.freiburger-diskurse.de