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Stahlreport 2020.11

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sich Frage, wie sich der Stahlbedarf<br />

in Deutschland entwickeln wird. Bisher<br />

habe die deutsche Wirtschaft sehr<br />

stahlintensiv produziert, insbesondere<br />

weil ihre Exportstruktur durch stahlhaltige<br />

Produkte wie Automobile und<br />

Maschinen geprägt ist.<br />

Der Übergang zur E-Mobilität<br />

bringe hier möglicherweise aber eine<br />

Zäsur, weil er die Kostenstruktur und<br />

die Lieferbeziehungen der Automobilindustrie<br />

ändert. Für die deutsche<br />

Stahlindustrie, die in der Vergangenheit<br />

im internationalen Vergleich gut<br />

ausgelastet war, bedeute dies, dass<br />

ein wichtiger Verwender künftig weniger<br />

nachfragen könnte, und sie deshalb<br />

auf strukturelle Überkapazitäten<br />

zusteuert.<br />

Angebotsseitig sei die Dekarbonisierung<br />

der Stahlerzeugung eine<br />

Herausforderung. Eine weitere Verringerung<br />

der CO 2 -Emissionen setze<br />

neue Produktionstechnologien voraus.<br />

Das größte Potenzial, um „grünen<br />

Stahl“ zu erzeugen, biete die Wasserstofftechnologie.<br />

Die Umstellung benötige<br />

Zeit und erhebliche Investitionen,<br />

die für die Stahlindustrie in Anbetracht<br />

der geringen Margen schwierig zu<br />

finanzieren sein dürften, stellt der<br />

RWI-Experte fest.<br />

Staatliche Hilfen sind<br />

zweischneidig<br />

Staatliche Hilfen an die Stahlindustrie<br />

sind allerdings ein zweischneidiges<br />

Schwert, so Döhrn. Einerseits sei eine<br />

Reduktion des CO 2 -Ausstosses des<br />

größten industriellen Emittenten mit<br />

Blick auf die deutschen Klimaziele<br />

bedeutsam. Außerdem sei das Risiko<br />

eines carbon leakage – also die Verlagerung<br />

von Emissionen durch Einfuhr<br />

von Stahl aus anderen Ländern,<br />

der mit hohen CO 2 -Emissionen produziert<br />

wurde – groß, würde man die<br />

deutschen Stahlhersteller mit den<br />

Anpassungskosten alleine lassen.<br />

Andererseits können staatliche Hilfen<br />

den Strukturwandel in der Industrie<br />

behindern. Denn es dürfte der Öffentlichkeit<br />

nur schwer zu vermitteln sein,<br />

dass eine Industrie staatliche Hilfen<br />

dazu verwendet, Kapazitäten und<br />

damit Beschäftigung zu verringern<br />

oder Produktionsstätten an solche<br />

Standorte zu verlagern, die den Standortanforderungen<br />

des „grünen Stahls“<br />

eher entsprechen. Die Erfahrungen<br />

aus der Vergangenheit sprechen jedenfalls<br />

dafür, dass Kapazitätskürzungen<br />

schwer umzusetzen sind. 2<br />

Der RWI-Konjunkturbericht<br />

ist kostenlos als<br />

PDF erhältlich unter<br />

bit.ly/rwistahlmarkt<br />

Aktuelle Themen<br />

des RWI unter<br />

www.rwi-essen.de<br />

Briten drohen knapp 14 Mrd. € Exportverluste<br />

Harter Brexit, teure Regenschirme<br />

Der Brexit ist längst eine unendliche Geschichte. Die Wahrscheinlichkeit eines Ausscheidens der Briten aus<br />

der Europäischen Union (EU) ohne Handelsabkommen liegt nach Einschätzungen des weltweit führenden<br />

Kreditversicherers Euler Hermes bei inzwischen 45 % – auch wenn die Experten in ihrer aktuellen Studie als<br />

wahrscheinlichstes Szenario weiterhin von einer Einigung in letzter Sekunde ausgehen.<br />

Für die Briten stehen dem<br />

Euler Hermes-Expertinnen und -<br />

Experten nach bis zu 15 % der<br />

Exporte in die EU (Volumen) und<br />

damit 13,7 Mrd. € auf dem Spiel.<br />

Zudem stünde bei einem harten Brexit<br />

2021 ein weiterer Einbruch der<br />

britischen Wirtschaft ins Haus.<br />

Die Euler Hermes Volkswirte<br />

gehen bei einem harten Ausstieg<br />

für 2021 von einer erneuten Rezession<br />

von -5 % beim Bruttoinlandsprodukt<br />

(BIP) aus sowie von einer<br />

Inflation oberhalb von 5 %, vor allem<br />

bedingt durch die mit 15 % stark<br />

steigenden Preisen von Importen<br />

sowie die starke Abwertung des britischen<br />

Pfunds gegenüber dem Euro<br />

(-10 %). Auch die Pleiten dürften in<br />

Großbritannien drastisch steigen.<br />

Auch Deutschland mit<br />

Millardeneinbußen<br />

Steigende Preise für importierte<br />

Waren bei einem Ausstieg ohne<br />

Abkommen träfen allerdings auch<br />

zahlreiche EU-Länder hart, allen<br />

voran Deutschland. „In der EU stehen<br />

insgesamt Exporte in Höhe von<br />

rund 33 Mrd. € auf dem Spiel, davon<br />

drohen mit 8,2 Mrd. € die größten<br />

Einbußen in Deutschland“, sagt Ron<br />

Van het Hof, CEO von Euler Hermes<br />

in Deutschland, Österreich und der<br />

Schweiz. Deutlich mehr Geld müssten<br />

die Briten künftig unter anderem<br />

für Schuhe, Hüte oder die auf der<br />

Ein harter Ausstieg zusätzlich zur Covid-<br />

19-Pandemie und der sowieso schon<br />

schwierigen wirtschaftlichen Lage<br />

würde vor allem Großbritannien selbst<br />

sehr hart treffen.<br />

Ana Boata, Leiterin Makroökonomie, Euler Hermes-Gruppe<br />

Insel praktisch unverzichtbaren<br />

Regenschirme auf den Tisch legen.<br />

Um rund 20 % dürften die Preise für<br />

diese und andere Waren anziehen.<br />

In Deutschland wären bei einem<br />

harten Brexit vor allem Exporte in<br />

den Bereichen Transportmittel und<br />

-ausrüstungen (2,9 Mrd. €), Maschinenbau<br />

(1,4 Mrd. €), Chemie<br />

(752 Mio. €), Kunststoffe und Gum -<br />

mi (603 Mio. EUR) sowie Metalle<br />

(540 Mio. €) gefährdet. 2<br />

Die vollständige<br />

Studie finden Sie<br />

kostenlos unter<br />

bit.ly/eulerhermesstudie<br />

<strong>Stahlreport</strong> 11|20<br />

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