4 BUFOSCHWERPUnKT BUFO 4.2009 Foto: istockphoto
gOTT FInDEn In DER WELT Das Geocaching findet immer weitere Verbreitung. Was das ist? Die Bezeichnung „Geocaching“ ist eine Wortverbindung des griechischen Wortes „Geo“ (Erde) und des englischen Wortes „Cache“ (Versteck oder geheimes Lager). Versteckt werden sehr kleine wasserdichte Behälter irgendwo in kleinen Höhlen oder Ritzen im Gelände oder alten Gebäuden. In so einem Cache befinden sich meist verschiedene Tauschgegenstände und ein Logbuch, in dem die Entdeckerinnen und Entdecker ihren Erfolg dokumentieren können. Oft haben die Caches sogar einen Eigennamen, der etwas verklausuliert auf das Versteck hinweist. Veröffentlicht sind die geographischen Koordinaten eines Caches im Internet, und mit Hilfe eines GPS-Empfängers kann man sich auf die Suche nach diesem Cache machen. Von Martin Buber gibt es in den „Erzählungen der Chassidim“ folgende Geschichte: Rabbi Baruchs Enkel, der Knabe Jechiel, spielte einst mit einem andern Knaben Verstecken. Er verbarg sich gut und wartete, dass ihn sein Gefährte suche. Als er lange gewartet hatte, kam er aus dem Versteck; aber der andere war nirgends zu sehen. Nun merkte Jechiel, dass jener ihn von Anfang an nicht gesucht hatte. Darüber musste er weinen, kam weinend in die Stube seines Großvaters gelaufen und beklagte sich über den bösen Spielgenossen. Da flossen Rabbi Baruch die Augen über, und er sagte: So spricht Gott auch: Ich verberge mich, aber keiner will mich suchen. Gott finden in der Welt … Wir sind gewohnt, viel über Gott zu reden. Theologische Bücher sind voll von ihm (oder ihr?). In Predigten hören wir, wie Gott in Jesus in dieser Welt gewirkt hat. Und wir bemühen uns, diese Welt etwas mehr im Sinne Gottes zu gestalten – aber wo komme ich in Berührung mit dem Geheimnis, das Gott ist? Genau das ist die Frage, um die es der Spiritualität geht. Bei der Konzeption dieses Heftes kamen uns viele Ideen, wo Jugendliche diesem Geheimnis Gottes auf die Spur kommen könnten – mehr als wir in einem Heft unterbringen konnten. Sie reichten von sehr Naheliegendem, auf das wir als Christinnen und Christen schnell kommen, wenn es darum geht, sich auf die Suche nach Gott zu machen, bis hin zu sehr Unkonventionellem und Unorthodoxem. Und dennoch löste jeder Beitrag, der einging, noch einmal eine Überraschung Hans Thomas Pospischil <strong>KLJB</strong>-Bundesseelsorger ht.pospischil@kljb.org aus: „So habe ich mir das eigentlich nicht vorgestellt …“ Jeder Beitrag gibt nicht nur einen Blick auf das Geheimnis Gottes preis, sondern die Art und Weise, wie sich die Autorinnen und Autoren diesem Geheimnis näherten, ist bereits Teil dieses Geheimnisses. – Wie kann man das verstehen? „Aus allen Poren der Dinge“ In den Schriften des Jesuitenpaters Alfred Delp findet sich folgender Gedanke: „Innerlich habe ich viel mit dem Herrgott zu tun und zu fragen und dran zu geben. Das eine ist mir so klar und spürbar wie selten: die Welt ist Gottes so voll. Aus allen Poren der Dinge quillt er gleichsam uns entgegen. Wir aber sind oft blind. Wir bleiben in den schönen und in den bösen Stunden hängen und erleben sie nicht durch bis an den Brunnenpunkt, an dem sie aus Gott herausströmen. Das gilt (...) für alles Schöne und auch für das Elend.“ Diese Gedanken schrieb Alfred Delp nicht in einem euphorischen Moment höchster Glückseligkeit, sondern in der Haftanstalt Berlin-Plötzensee kurz vor seiner Hinrichtung 1945. Genau dies haben alle Autorinnen und Autoren auf ihre Weise gemacht: Sie haben uns in ihren Beiträgen die Koordinaten eines Versteckes angegeben, wo sie etwas von diesem Geheimnis Gottes gefunden haben. Sie haben uns aber nicht nur die Koordinaten angegeben, sondern sie haben in den Cache auch etwas Neues gelegt. Jeder Cache wird dadurch wertvoller, dass er entdeckt wird und die Finder und Finderinnen etwas von sich hineinlegen. Vielleicht kann dieses Heft zu einem GPS-Gerät werden, das uns hilft, den Verstecken Gottes in der Welt auf die Spur zu kommen. Allein in Deutschland soll es (im Oktober 2009) 900.000 aktive Caches geben. Wenn man Alfred Delp traut, reicht das für den verborgenen Gott bei Weitem nicht. Und noch einen Unterschied gibt es bei der Suche nach Gott in der Welt. Beim Geocaching gilt der Grundsatz, die Verstecke geheimzuhalten und sich bei der Suche möglichst nicht von „Muggles“ – von Personen, die das Geocaching nicht kennen – beobachten zu lassen. In Jesus von Nazareth ist Gott zwar auch unscheinbar und von vielen unbeachtet in die Welt gekommen. Aber Jesus hat aufgefordert und Lust gemacht, Gott in dieser Welt zu finden. Beim Gott-Caching gibt es keine Muggles. BUFO 4.2009 5