Blickpunkt 2012 - Ruhstorf ad Rott
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Nr. 3/12 <strong>Blickpunkt</strong> <strong>Ruhstorf</strong> a. d. <strong>Rott</strong> Seite 11<br />
Markus Lindmeier<br />
Vor 100 Jahren wurde in Sulzbach das Schulgebäude errichtet.<br />
Sulzbach/Inn.<br />
Seit 100 Jahren gibt es das Schulgebäude in<br />
Sulzbach - und seit 100 Jahren wird darin<br />
auch Unterricht erteilt. Neben der Stephanuskirche<br />
ist deshalb das Schulgebäude zu einem<br />
Wahrzeichen von Sulzbach geworden.<br />
Alle Sulzbacher Bürger kennen das Schulgebäude<br />
und viele kennen es, sowohl von außen<br />
als auch von innen, denn die meisten von<br />
ihnen sind hier zur Schule gegangen. Die älteren<br />
der damaligen Schüler können noch von<br />
weiten strapaziösen Schulwegen berichten.<br />
Es gab nicht, wie heute einen Schulbus und in<br />
den Wintermonaten mussten einige von ihnen<br />
auf ihrem Weg zur Schule durch den tiefen<br />
Schnee stapfen. Auch Landwirte können sich<br />
noch an den Besuch der landwirtschaftlichen<br />
Berufsschule an den Feiertagen erinnern.<br />
Das Schulgebäude hat viele Änderungen im<br />
Schulwesen miterlebt - es wurde 1912 errichtet.<br />
Der Neuhauser Schulleiter Rektor Josef Bauernschuster<br />
teilte mit, dass das 100jährige Bestehen<br />
der Schule Sulzbach in der Projektwoche<br />
„Früher - Heute“ mit dem Schwerpunkt<br />
Schule im Oktober durchgeführt wird. Aus<br />
eben gegebenen Anlass findet dazu am 5. Oktober<br />
in der Schule Sulzbach ein gesonderter<br />
Projekttag statt.<br />
Im Kurfürstentum Bayern wurde die allgemeine<br />
Schulpflicht durch Bildungsreformer<br />
Heinrich Braun bereits 1771 verordnet. Aber<br />
erst 1802 führte Herzog Max IV mit der<br />
Schulpflichtverordnung vom 23. Dezember<br />
1802 in Bayern die allgemeine Schulpflicht<br />
ein. Es mussten alle Kinder ab dem 6. bis zum<br />
vollendeten 12. Lebensjahr die Schule besuchen.<br />
Wie Rektor Josef Bauernschuster aus historischen<br />
Unterlagen herausfand und dies in<br />
der Sulzbacher Chronik niederschrieb, ist im<br />
Jahre 1769 von einer Mesner- und Schulmeisterverpflichtung<br />
die Rede. Der Mesner was<br />
somit gleichzeitig auch der Lehrer.<br />
Bis 1919 hatte die katholische Kirche ein vom<br />
Staat geschütztes Recht auf die Schule. So<br />
wurden die ersten Lehrer von Sulzbach auch<br />
vom Kloster Vornbach eingesetzt. Neben der<br />
gewöhnlichen Gebete und der Unterstützung<br />
des Pfarrers in der Glaubensunterweisung<br />
und Sittenlehre bestand die Hauptaufgabe des<br />
Lehrers darin, den Kindern elementare Kenntnisse<br />
und Fertigkeiten in den Kulturtechniken<br />
zu vermitteln.<br />
Die ersten Lehrer in Sulzbach waren Franz<br />
Pischlöger (1769 - 1776), Thomas Hochhueber<br />
(1776 - 1781) und Ignatz Ebenher (1781).<br />
Die erste Beschreibung eines Sulzbacher<br />
Schulhauses stammt von 1809. Es stand gegenüber<br />
dem damaligen alten Pfarrhof. Die<br />
räumliche Not versuchte man zunächst mit<br />
einem Erweiterungsbau im Jahre 1825 zu beheben.<br />
Die Notwendigkeit eines Neubaus war<br />
zwar schon 1824 von der Schulgemeinde anerkannt<br />
worden, aber weder die Schulgemeinde<br />
noch die Kirche sahen sich imstande, die<br />
sie treffenden Baukosten zu übernehmen. Im<br />
Herbst 1827 kam es dann zum Neubau eines<br />
Schulhauses. Das alte Schulgebäude wurde<br />
abgetragen, das neue an gleicher Stelle gebaut.<br />
Die Finanzierung wurde gesichert, da<br />
die Kirche Sulzbach 700 Gulden als unverzinsliches<br />
Darlehen von anderen kirchlichen<br />
Stiftungen erhielt und die Regierung Zuschüs-<br />
se an die Schulgemeinde leistete.<br />
Aber auch die Bevölkerung beteiligte sich,<br />
wie aus einem Brief des Landgerichtes Griesbach<br />
an die kgl. Regierung hervorgeht. Das<br />
Landgericht „Kennt keine Schulgemeinde,<br />
welche der guten Sache so große Opfer gebracht<br />
hat, wie jene von Sulzbach“ heißt es<br />
darin.<br />
Vor 100 Jahren wurde das Schulhaus in<br />
Sulzbach errichtet - und seit 100 Jahren<br />
wird darin auch Unterricht erteilt. Es steht<br />
gegenüber der Stephanuskirche und ist<br />
ebenso wie das Gotteshaus ein Wahrzeichen<br />
von Sulzbach. Viele der Sulzbacher<br />
Bürger gingen hier auch zur Schule. Vor<br />
Jahren wurde die Schule im Zuge von Renovierungsarbeiten<br />
auch mit einem farbenfrohen<br />
Anstrich mit Sonne, Regenbogen,<br />
Wolken, Bäume einem Maler und der Aufschrift<br />
„Schule“ versehen.<br />
Im neuen Schulhaus standen im 1. Stock des<br />
Gebäudes zwei Schulzimmer mit je 55 qm zur<br />
Verfügung. Wie aus der Chronik hervorgeht,<br />
wurden hier 1834 169 Werktagsschüler und<br />
137 Feiertagsschüler unterrichtet. In jeder der<br />
Klassen wurden somit zwischen 70 und 90<br />
Schüler unterrichtet.<br />
Der Zahn der Zeit nagte zusehends an diesem<br />
Schulhaus. Es wurden zwar immer wieder<br />
Ausbesserungsarbeiten vorgenommen, aber<br />
das Gebäude befand sich in einem schlechten<br />
Zustand, wie aus den Unterlagen zu ersehen<br />
ist. Die Distriktschulinspektion hielt es<br />
deshalb schon 1895 für angebracht, dass ein<br />
neues Schulhaus mit größeren Klassenräumen<br />
geschaffen werden soll. Nach langem Hin und<br />
Her unter den Gemeinden des Schulverbandes<br />
bestand die Regierung auf einem Neubau.<br />
Als Bauplatz wählte man den Bindergarten<br />
des Gastwirts Sanl<strong>ad</strong>erer, der diesen gegen<br />
Schuldienstgründe tauschte. Im Rahmen der<br />
Baumaßnahmen wurde auch das alte Schulhaus<br />
umgebaut und im 1. Stock die von der<br />
Regierung geforderten Lehrerwohnungen errichtet.<br />
Am 13. Mai 1912 wurden die Arbeiten<br />
für den Schulhausneubau vergeben und<br />
schon Anfang Oktober konnten die Klassenräume<br />
bezogen werden. Das neue Schulhaus<br />
hatte zwei Klassenräume von je 74 qm.<br />
Mit dem Schuljahr 1939/1940 begann in Sulzbach<br />
die achtjährige Volksschulpflicht, die<br />
mit dem Reichsschulgesetz vom 6. Juli 1938<br />
eingeführt wurde. Da infolge des Kriegsdienstes<br />
auch in der Landwirtschaft Arbeitskräfte<br />
fehlten, bestand aber in den Sommermonaten<br />
die Möglichkeit, Schüler des 7.<br />
Schuljahrgangs von der Schule beurlauben zu<br />
lassen, wenn sie in der Landwirtschaft aushalfen.<br />
Das Schuljahr 1944/45 nahm, wie Josef Bauernschuster<br />
aus den alten Unterlagen entnehmen<br />
konnte, keinen ordnungsgemäßen<br />
Verlauf. Wegen der Fliegerangriffe musste<br />
der Unterricht oft unterbrochen werden. Die<br />
Klassen waren übervoll, viele Flüchtlingskinder<br />
mussten aufgenommen werden. Wie<br />
aus den Aufzeichnungen hervorgeht wurde<br />
gegen Kriegsende aus dem Schulgebäude ein<br />
Lazarett.<br />
Nach den Kriegswirren gab es ab dem Schuljahr<br />
1947/48 in Sulzbach vier Lehrkräfte, das<br />
bedeutete, dass jetzt ein Lehrer zwei Klassen<br />
mit etwa 50 Schülern zu unterrichten hatte.<br />
Allerdings standen nur zwei Schulzimmer<br />
zur Verfügung. Der Unterricht musste abwechslungsweise<br />
- vormittags oder nachmittags<br />
gehalten werden. Erst 1953 folgte ein<br />
Schulhauserweiterungsbau. 1954 wurde diese<br />
Maßnahme fertiggestellt. Im Untergeschoss<br />
waren die Räume der landwirtschaftlichen<br />
Berufsschule bis zu ihrer Auflösung im Jahre<br />
1964 untergebracht. Im oberen Geschoß standen<br />
der Volksschule nun zwei weitere Klassenzimmer<br />
zur Verfügung. Ab 8. März 1954<br />
konnte in vier Klassenräumen Vollunterricht<br />
erteilt werden.<br />
Als Schulleiter waren nach den Krieg Maria<br />
Beitz (1945 - 1946), Franz Hösl (1946<br />
- 1948), Rudolf Waldeck (1933 - 1945 und<br />
1948 - 1954) Julius Matner (1954-1971)und<br />
Reinhold Eder (1971 - 1981) an der Schule<br />
in Sulzbach tätig. Rudolf Spörl wirkte als<br />
Oberlehrer von 1949 bis 1975 an der Schule<br />
in Sulzbach.<br />
1969 beschloss der Gemeinderat von Sulzbach<br />
die Eingliederung der Hauptschulklassen<br />
in die Volksschule <strong>Ruhstorf</strong>. Ab<br />
1969/1970 (mit der Einführung der neunjährigen<br />
Schulpflicht) kamen die Hauptschüler aus<br />
den Schulsprengeln Sulzbach und Neuhaus<br />
vorläufig in die Schule nach <strong>Ruhstorf</strong>.<br />
Die Grundschule Sulzbach mit den ursprünglichen<br />
Schulsprengel Sulzbach und Neuhaus<br />
blieb aber noch bis zum 1.8.1981 bestehen.<br />
Ab diesem Zeitpunkt wurde die Volksschule<br />
Sulzbach aufgelöst. Es entstand die Grundschule<br />
Neuhaus mit Schulsitz in Neuhaus.<br />
Der Sprengelbereich wurde gegenüber der<br />
Grundschule Sulzbach um das Gebiet der früheren<br />
Gemeinde Vornbach erweitert.<br />
Sulzbach hat seither keine eigenständige<br />
Schule mehr, sondern ist Schulort der Grundschule<br />
Neuhaus.<br />
Heute wird in der Schule in Sulzbach noch<br />
eine Klasse unterrichtet. Es ist die Klasse 3b<br />
mit der Klassenlehrerin Adelheid Giesemann.<br />
Auf einer Tafel neben dem Schulhauseingang<br />
begrüßt ein glücklicher Frosch mit<br />
einem Zylinder die Kinder. Weiter wird<br />
auf dieser Tafel auf das Jahr 1912 - dem<br />
Baujahr der Schule, hingewiesen.<br />
Foto Lindmeier