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Neue Szene Augsburg 2020-11

Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung

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HEIMATKLÄNGE

53

Ein Trauma?

Christina: Ja, das rührt noch aus meiner

Schulzeit her. Mir wurde bereits in der Grundschule

das Mitsingen verboten. Erst durch meinen

Freund und heutigen Mann Raphael bin ich

dann zum Singen gekommen. Er ist

Singer/Songwriter und Musikpädagoge und der

Überzeugung, dass jeder Mensch singen kann.

Ich hätte in meinem Fall jede Wette dagegen gehalten,

aber Raphael hat es tatsächlich geschaff,

mich in die Gesangsspur zu bringen. Seitdem

kann ich zu meinen Liedtexten auch Melodien

hören und diese wiedergeben.

Wie habt ihr euch als Band gefunden?

Christina: Eine Freundin von mir hat immer

gesagt, dass wir eine Band gründen, wenn ich singen

kann. Als ich dann meinen ersten Songtext

mit Melodie geschrieben hatte, haben wir gleich

mal als Duo losgelegt, doch schnell gemerkt, dass

wir an unsere Grenzen stoßen, was die Instrumentierung

angeht. Und als sich bei mir in der

Arbeit eines Tages meine Kollegen Nathalie mit

ihrem Flügelhorn in Richtung Orchesterprobe

verabschiedet hat, hab ich sie daraufhin gefragt,

ob sie nicht lieber in einer Mädelsband spielen

will. Damit waren wir also schon zu dritt.

Veronika: Und so ging das step by step weiter,

bis wir schließlich komplett waren. Unser Ziel

war es von Beginn an, eine reine Female-Band zu

sein. Von uns ist keine die Rampensau, man kann

sich ausprobieren, es gibt keine falschen Eitelkeiten

und wir sind auch sehr unterstützend zueinander

(lacht).

So hätte ich euch auch eingeschätzt. Respektvoll

und basisdemokratisch.

Veronika: Absolut. Bei uns kann jedes Bandmitglied

mit ihren kreativen Ideen reingehen,

niemand wird unterdrückt und wir schreiben

und arrangieren die Songs gemeinsam.

Folk-Musiker*innen erzählen gerne Geschichten.

Wovon handeln eure?

Veronika: Bei uns dreht sich sehr viel um private

Themen, die von tatsächlich passierten Momenten

oder Situationen handeln. Es entsteht

eine gewisse Ambivalenz, denn obwohl wir uns

schon als glückliche Menschen bezeichnen würden,

schreiben wir trotzdem viele nachdenkliche,

ja sogar melancholische Lieder. Irgendwie fällt es

uns offenbar leichter, über traurige Themen zu

schreiben. Durch unseren ehrlichen Zugang können

wir mit unseren Zuhörer*innen eine authentische

Verbindung aufbauen.

Von euch existieren unglaublich viele Videos

im Netz. Ihr scheint einen sehr kreativen Output

zu haben.

Christina: Ja, das stimmt. Jede von uns hat auf

eine bestimmte Weise eine künstlerische Ader,

wir ergänzen uns da sehr gut. Und wir bewegen

uns aber auch in einem sehr kreativen Freundeskreis

mit vielen Leuten, die sich bei uns einbringen.

Ihr habt wochenlang Songs von Musikerinnen

wie Kimya Dawson, Alex The Astronaut,

Blond! oder Adrienne Lenker gecovert und

ins Netz gesetzt. Was hatte es denn damit auf

sich?

Veronika: Unser Radius wurde durch Corona

leider sehr eingeschränkt. Wir konnten eine zeitlang

gar nicht oder eben nur limitiert proben. So

sind wir auf die Idee gekommen, uns einigen Vorbildern

musikalisch anzunähern.

”I wrote you a song Mississippi Isabel

I even sent you flowers when you fell ill

You've the strength of the Greeks

You are God's masterpiece

You're every triumph, every victory

I believe in every breath you breathe.”

Immer wieder Corona ...

Veronika: Ja, uns hat das schon ziemlich getroffen.

Viele schöne Festivals sind uns weggebrochen.

Als Augsburgerinnen hatten wir uns gerade

auf das Modular sehr gefreut. Wir sind ja nicht

nur eine Band, die miteinander Musik macht, wir

sind sehr miteinander verbunden und es steht

nicht unbedingt immer nur die Musik im Vordergrund.

Christina: Ich hatte in meinem Leben ja nur

diese eine Band und bin immer wieder verwundert,

dass sich andere Bands "nur" zum Proben

treffen und sich wenig bis gar nicht unterhalten.

Während des Lockdowns haben wir uns vormittags

auch schon mal zu einem Skype-Frühstück

verabredet - natürlich zum Reden.

Ihr habt sogar einen eigenen Fanclub, den ja

kein Unbekannter gegründet hat.

Christina: Richtig, Achim ”Sechzig” Bogdahn

vom Zündfunk. Wir haben ihn vor zwei Jahren

bei einer seiner Sendungen im ”Café Dreizehn”

kennengelernt. Wir durften ein paar Songs performen

und er war so angetan, dass er spontan einen

Fanclub gegründet hat. Den gibt es heute noch

und er kommt auch immer brav zu unseren Konzerten,

wenn wir in München spielen (lacht). Letztes

Jahr durften wir das Theatron-Festival eröffnen

und da tauchte er mit einem Blumestrauß auf!

Ihr seid ja eine sehr universell einsetzbare

Band. Vom Lagerfeuer bis hin zur Ausstellungseröffnung,

wie zuletzt bei der Schwabillu.

Von Straßenmusik bis zum

Open-Air-Festival. Gibt es auch Grenzen?

Christina: Hochzeiten! Aber es stimmt, wir

können praktisch überall spielen und ein großer

Vorteil ist, dass wir auch rein akustisch auftreten

können.

Veronika: Quasi auspacken und loslegen.

Aber es macht schon auch riesigen Spaß, auf Festivals

mit größeren Bühnen zu spielen. Allerdings

sind wir mit unseren gefühlt tausend Instrumenten

auf der Bühne der Schrecken aller Tontechniker.

Euer zweites Album erschien Ende 2019 und

trägt den schönen Titel ”I´m free, cause I´m

not scared”. Das war vor Corona. Wie frei seid

ihr heute?

Veronika: Wir fühlen uns frei, auch wenn wir

nicht mehr so uneingeschränkt agieren können.

Der Begriff Freiheit hat unserer Meinung leider

durch die Corona-Demos eine negative Konnotation

bekommen. Da wird ein Freiheitsbegriff propagiert

oder vertreten, vor dem man eigentlich

Angst haben sollte.

Seid ihr eine Band für die Ewigkeit?

Christina: Ja! Ich kann mir das sehr gut vorstellen,

das mit 80 in dieser Form auch noch zu

machen. Aber was die nähere Zukunft betriff:

Dadurch dass wir derzeit nur sehr wenig spielen

können, arbeiten wir bereits am dritten Album,

für das wir uns auch richtig Zeit lassen.

Veronika: Es ist eine neue und große Herausforderung

für uns, erstmals werden wir auch auf

deutsch singen. Wir bewegen uns auch etwas weiter

vom klassischen Folk weg und arbeiten mehr

mit poppigen Elementen. Was die Instrumentierung

betriff, sind wir auch nicht mehr ganz so

verspielt. Trotz aller Freundschaft ist auch musikalische

Veränderung ein Anspruch für uns.

BESETZUNG:

Christina Kestler: Kinderklavier, Akkordeon,

Melodika, Glockenspiel | Nathalie Weber: Flügelhorn,

Trompete, Glockenspiel | Janna Hauser:

Gesang, Percussions, Glockenspiel, Ukulele

Veronika Kleiner: Gesang, Gitarre, Ukulele,

Cello | Johanna Rohr: Bass, Saxophon | Anna

Orth: Bratsche, Geige

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