Neue Szene Augsburg 2020-11
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung
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30
zOOm
mit Lemmy Kilmister
mit Mick Jagger
Auf welches Interview hättest du
gerne verzichtet?
Man muss sagen, dass die meisten
Musiker das schon sehr professionell
abwickeln. Die Künstler selber sind okay,
nur das Management lässt dich manchmal
spüren, wer der Herr im Ring ist.
Madonna war echt zickig, aber vielleicht
hatte sie auch nur einen schlechten Tag. mit Meat Loaf
Totale Arschlöcher - und das kannst du
gerne so schreiben - waren „Fury in the Slaughterhouse”. Totale Starallüren,
aber nichts dahinter. Der große Durchbruch ist ausgeblieben.
Und deine skurrilste Begegnung?
Die hatte ich mit Prince. Eine Handvoll Journalisten und ich wurden
zu einer exklusiven Plattenpräsentation in sein berühmtes Domizil „Paisley
Park” nach Minnesota eingeladen. Es gab ein opulentes Buffet und jede
Menge Getränke, aber es geschah stundelang nichts. Plötzlich huschte so
eine kleine Person an mir vorbei. Es war Prince himself, aber er war genauso
schnell vom Radar verschwunden, wie er aufgetaucht war. Prince war ein
genialer, aber unberechenbarer Typ.
Wenn man so viele Größen wie du interviewt hat und durch die
Weltgeschichte gejettet ist, gab es da auch mal den Moment, wo du dich
selber wie ein Star gefühlt hast?
Absolut, ich habe jahrelang auf der Überholspur gelebt, Sex and Drugs
and Rock & Roll halt. Jetzt wo es verjährt ist, kann ich offen drüber sprechen,
aber ich hatte einige Jahre ein echtes Drogenproblem und einen totalen Verfolgungswahn.
Ich habe aber rechtzeitig die Notbremse gezogen und radikal
mit allem aufgehört und seitdem auch nie mehr was genommen. 1996 habe
ich die Marketing-Leiterin von Virgin Records geheiratet.
Wenn du so zurückspulst. Was würdest du heute anders machen?
Nicht viel, ich hatte durchaus ein spannendes Leben und mache seit 1987
genau das, was ich immer machen wollte, nämlich meinen Lebensunterhalt
mit dem Schreiben zu bestreiten. Ab 2001 ging es dann aber mit den großen
Verlagsketten den Bach runter. Das Internet war das big thing und ich muss
mir eingestehen, dass ich nicht die Zeichen der Zeit erkannt habe. Meine Mutter
hat damals schon immer gesagt, ich solle doch zum Fernsehen wechseln.
War das keine Option?
Doch, ich hatte Angebote von augsburg TV und auch von Bravo TV, aber
Fernsehjournalismus hat mich nie interessiert.
mit Janette Jackson
“ich habe jahrelang auf
der überholspur gelebt!”
Und nicht nur Pop-Biografien und Sachbücher.
Alles mögliche, Romane, Gedichtbände, Short Stories ...
Was macht der Mann mit dem bekannten Kürzel (mf-g) heute?
Ich schreibe und schreibe ... Ich führe im Jahr an die 200 Interviews und
bediene noch alle möglichen Magazine und Tageszeitungen. Die Medienbranche
hat sich verändert, aber mein Netzwerk funktioniert immer noch
und am Telefon bekomme ich sie fast alle. In diesen Tagen erscheint ein
Gedichtband von mir, denn Gedichte sind eine Leidenschaft von mir. In all
den Jahren haben sich bei mir viele davon angesammelt, auch von anderen
Autoren und Musikern. Die habe ich jetzt veröffentlicht. Das Buch heißt „Es
ist ein Kommen, ist ein Gehen”, es erscheint im Verlag Andreas Reiffer. Das
Vorwort dazu hat mein alter Kumpel Konstantin Wecker geschrieben. Das
andere Buch heißt „Beste Reste”, es ist ein Kochbuch.
Kochbuch?
40 Promis, wie etwa Sarah Wiener, Max Mutzke, Sarah Wagenknecht
oder Konstantin Wecker kochen mit den Resten aus
ihrem Kühlschrank. Das Buch erscheint im 3H-Verlag.
Charles Bukowski ist eines deiner Vorbilder. Ist
dein Buch „Dandys, Stricher, Gigolos und Hausfreunde“
eine kleine Hommage an den versoffenen
Literat?
Ja, definitiv. Ich stehe voll auf Bukowski und Philippe
Djian. Ich mag Bukowskis „Fuck-You”-Haltung,
sein Außenseitertum, er hat immer sein Ding ohne
Rücksicht auf Verluste durchgezogen. Aber einige seiner Weibergeschichten
fand´ ich schon auch immer wieder mal eklig.
Du hast ja auch viele Biografien geschrieben.
Mein erstes Popbuch war über Techno, das war 1990, also zur Blütezeit des
BumBumBum. Es folgten Bücher über Shakira, Justin Bieber, Amy Winehouse,
James Blunt, Lady Gaga, Jan Delay, Rammstein oder Tokio Hotel. Letzteres
wurde sogar in fünf Sprachen veröffentlicht und war mit knapp 200.000 Exemplaren
mein erfolgreichstes Projekt. Inzwischen habe ich 53 Bücher veröffentlicht.
Du lebst seit einigen Jahren ganz beschaulich am Ammersee.
Ich wohne da, wo andere Urlaub machen. Mich hat es da zufällig
hinverschlagen, aber ich fühle mich in der Provinz sehr wohl. Ich bin in fünf
Minuten zu Fuß am See und kann vor mich hinsinnieren. Und ich habe vor
vier Jahren zum dritten Mal geheiratet, eine Peruanerin. Ich habe in meinem
Leben sehr viel erlebt und vermisse nichts, mir geht’s gut.