28zOOm“First I f*ck himthan I f*ck you!”Ein Blick in die Vergangenheit mit Michael Fuchs-GamböckEin Blick in die Vergangenheit mit Ivo MannheimPlayboy, Bravo, Cosmopolitan, Musikexpress, Wiener, ...Der Friedberger Michael Fuchs-Gamböck hat in seinerlangen Journalistenlaufbahn inzwischen rund 7.000Interviews geführt. Und er hatte sie alle: Stars wie DavidBowie, Keith Richards, Prince, Madonna, Amy Winehouse oderLemmy Kilmister. Auch als 1987 die Lokalradios in Augsburggeboren wurden, war er an der Front. Heute lebt der 55-Jährige mitseiner peruanischen Frau am Ammersee. Wir haben ihn getroffen.Von Walter Sianosfoto: Markus Krapf
zOOm29Michael, wo fangen wir denn bei dir an?In St. Stephan.St. Stephan?Oder warte! Mitte der Achtziger hatte ich meine erste Performance inAugsburg. Im Fabrikschloss spielten mehrere Bands, der Laden war voll undich sollte zwischendrin eine Lesung abhalten. Aber ich stand da auf völligverlorenem Posten. Das Publikum wollte Musik und keine Gedichte undhat mich schon nach den ersten Zeilen ausgebuht. Ich hatte vor Nervositätziemlich getankt, bin an den Bühnenrand getreten, habe meine Hose heruntergelassenund erst mal allen mein Ding präsentiert.Ups ... Mit welchem Resultat?Die Situation ist völlig gekippt! Die Leute fanden das plötzlich cool undhaben mich gefeiert (lacht). Okay, jetzt aber St. Stephan: Ich bin Friedbergerund meine erste wirkliche Berührung mit Augsburg hatte ich auf diesemaltehrwürdigen Gymnasium. Später bin ich dann auf einer Wirtschaftsschulegelandet, bis mich das Studium unter anderem ins italienische Perugia verschlagenhat. Dort habe ich die Mutter meiner ersten Tochter kennengelernt.Sie war Japanerin und ich wollte sie heiraten, ich bin deshalb sogar nachTokio geflogen. Doch ihre Eltern waren im diplomatischen Dienst und ichwar ihnen anscheinend nicht gut genug. So hat sich das leider zerschlagenund ich habe den Rückzug angetreten.Und bist wieder in Augsburg gelandet.Genau. Ich habe bereits als Jugendlicher mit dem Schreiben angefangenund 1985 bekam ich den Literaturnachwuchspreis des Theaterfestivals München.Einige Zeit später ist der Augsburger Verleger Walter Kurt Schilffahrtauf mich aufmerksam geworden und hat mich kontaktet. 1987 kam geradedas Privatradio in Augsburg ins Rollen. Er bot mir ein Staffelvolontariat an,also eine Ausbildung in seinem Magazin und beim neugegründeten SenderRadio Kö und später bei Radio Skyline. Ich war damals nachweislich dererste Auszubildende in dieser Form in Bayern.Die privaten Radiosender Tele 1 (heute rt1) und Kö gingen gleichzeitigan den Start, Skyline und Fantasy ein Jahr später.Nach meiner Ausbildung, da war ich 24, wollten sie mich bei Skylinezum Redaktionsleiter befördern, aber ich wollte weg aus Augsburg undhabe im Januar 1989 eine Stelle bei Radio Gardasee angetreten. Allerdingshabe ich den Job nur drei Monate gemacht, weil ich die Frau meines Lebens,eine Münchnerin, getroffen habe. Ich war total verknallt, habe ihr nach fünfTagen einen Heiratsantrag gemacht und zu meiner Überraschung hat sieangenommen. Mein Chef in Italien war natürlich stinksauer, aber was willstdu machen, Amore ist eben Amore. So bin ich dann nach München gezogenund habe mir erst einmal einen neuen Job gesucht.War das der Eintritt in die große Welt des Journalismus?Ich wollte damals unbedingt zum Zeitgeistmagazin „Wiener”. Also binich mit meiner Mappe einfach ins Verlagshaus Bauer spaziert und habe michvorgestellt. Wiener, Playboy, Cosmopolitan und Bravo, die waren damalsquasi alle unter einem Dach.Und hat´s geklappt mit dem Wiener?Ich bin zuerst bei der Bravo gelandet und die haben mich gleich inskalte Wasser geworfen. Ein Job war es mal, Depeche Mode zu interviewen.Aber es sollte nicht nur beim Gespräch bleiben, ich sollte zusätzlich nochheimlich in ihren Privatsachen schnüffeln, während sie zum Beispiel auf derToilette waren. Aber weil ich ja Journalist und kein Detektiv bin, wurde mirdas schnell alles zu blöd. Es dauerte trotzdem nicht lange, bis ich dann dochnoch beim Wiener gelandet bin.Die Neunziger, die goldenen Zeiten im Verlagswesen.Absolut, der Wiener hatte damals eine monatliche Auflage von 300.000Exemplaren. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Eines Tagesklingelte mein Telefon und der Chefredakteur vom Wiener war dran. Siehaben mich erst einmal mit einigen Reportagen beauftragt und das wardas Startsignal. Kurz darauf wurde ich zum Ressortleiter Musik und Kulturbefördert. Mit 25!Erzähl doch mal von diesen „golden Zeiten”.Geld spielte zu dieser Zeit keine Rolle. Ich bin nach Los Angeles geflogenund habe eine Reportage über die besten Striptease-Clubs gemacht.Kurze Zeit später musste ich nach Tokio, weil Madonna in einem Interviewerzählt hat, dass dort gerade eine architektonische Wunderstadt erschaffenwird. Ich weiß gar nicht, wie oft ich den Satz „Gamböck, schnapp dir einenFotografen. Morgen geht’s nach A oder B...” gehört habe. Wir sind immererster Klasse geflogen, haben in den besten Hotels gewohnt, Spesen spieltenkeinerlei Rolle. Und dann ging es mit den Musikinterviews los.Du hast in deinem Leben viele Bücher veröffentlicht. Eines davon heißt„Ich hatte sie alle – Tee mit Madonna, Cognac mit Ron Wood”. Du hastunter anderem David Bowie, Amy Winehouse, Pink Floyd, Iggy Pop,Lou Reed oder Lemmy von Motörhead interviewt.Nach fünf Jahren und Hunderten von Interviews mit vielen Stars habeich 1994 beim Wiener gekündigt und mich selbständig gemacht.“Gamböck, schnapp dir einenfotografen. Morgen geht’s nach tokio!”Was war der Grund?Das liebe Geld. Als freier Journalist habe ich ungefähr das Doppelte verdient.Alleine für meine monatliche Kolumne bei der „Freundin”, die ich an einem Taggeschrieben habe, gab es 1.000 Mark. Meine Kunden damals waren Musikexpress,Playboy, Cosmopolitan, Focus, Marie Claire und einige Tageszeitungen.Und du hast auch einige Jahre für die Neue Szene geschrieben.Genau (lacht). Das ging doch über einige Jahre mit euch.Wenn man so viele Stars interviewt hat, was ist dir besonders in Erinnerunggeblieben?Ein echtes Highlight war mein Interview mit Nick Cave. Er ist ein sehrangenehmer Mensch, mit dem man wunderbar philosophieren kann. Under ist ein unglaublich intelligenter Typ, mit einem großen Geschichtswissen.Cool war auch mein Date mit Keith Richards in Kanada. Ich hatte eigentlichnur eine halbe Stunde Zeit. Keith kam mit einem Eimer Wodka-Lemon an.„Weißt du, Wodka ist besser für den Magen als Bourbon”. Ich hatte in meinerJacke ein paar Minipullen Underberg deponiert und hab ihm einen zumProbieren gereicht. Er war begeistert und wir plauderten und plauderten, bisdie Dame von der Plattenfirma ankam und energisch auf ihre Uhr deutete.Wie hat Keith reagiert?Er hat sie gemustert und dann nur ganz cool „First I fuck him and after Ifuck you” gegrunzt (lacht). Tom Waits war auch lustig. Er hat eine Geschichtenach der anderen rausgehauen. Aber er widersprach sich in seinen Erzählungenständig und ich war ganz verwirrt. Irgendwann hat er lachend gemeint:“Du glaubst doch nicht den ganzen Scheiß, den ich dir erzähle, oder?” Das istdie Art von Humor, die ich mag.