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Neue Szene Augsburg 2020-11

Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung

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„eines meiner wichtigsten

Ziele in dieser amtszeit ist

es, die Chancengleichheit

zu verbessern.“

Schon vor ihrem Amtsantritt hatte Corona

Einzug in die Kitas und Schulen gehalten.

Wie empfanden sie diese Situation eigentlich

persönlich?

Ich bin mit meiner Familie direkt aus dem

terminintensiven Kommunalwahlkampf in die

Lock down- Situation mit Lernen zu Hause und

„Kein Kindergarten“ gerutscht. Da waren dann

meine drei Kinder zuhause, mein Mann und ich

im Homeoffce, - also das komplette Gegenteil

zur Wahlkampfzeit. Es war schon eine besondere

Zeit. Ich erinnere mich noch an den Moment, als

meine jüngste Tochter bei einer Videokonferenz

meines Mannes ein paar französischen Kollegen

vor dem Laptop erklärt hat, dass sich der Papa

gerade einen Kaffee holt (lacht).

Wie waren ihre Erfahrungen mit der Performance

der Erzieher*innen und Lehrer*innen

beim Lernen Zuhause 2.0 und der folgenden

schrittweisen Öffnung der Bildungseinrichtungen?

Egal ob in Schulen oder in Kitas – alle

pädagogischen Fachkräfte leisten einen hohen

Einsatz und sind bemüht, in diesen schwierigen

Zeiten, die Kinder und Jugendlichen bestmöglich

zu betreuen und zu bilden. Ich kann nur allen

pädagogischen Fachkräften Dank dafür zollen, was

sie geleistet haben und auch immer noch leisten.

Denn es gab ja nicht nur das Lernen Zuhause 2.0,

das ja eine völlig neue Herausforderung war und

ist, sondern auch eine adäquate Notbetreuung

für viele Kinder vor Ort. Und in den Sommerferien

mussten die Voraussetzungen geschaffen,

Konzepte und Pläne erarbeitet werden, um im

September gut in den Kita- und Schulalltag mit

allen Kindern und Jugendlichen zu starten. Wie

gesagt, ich kann nur meinen Hut ziehen.

Dennoch herrschen gerade in den maroden

Schulen in der Stadt kaum zumutbare bauliche

Verhältnisse. Die To-do-Liste ist lang, in

wie weit ist mit den bestehenden finanziellen

Mitteln eine deutliche Verbesserung überhaupt

möglich?

Ich hatte im letzten halben Jahr sehr viele

Antrittsbesuche, egal ob bei den staatlichen Stellen

oder in Schulen. Ich war insbesondere bei den

großen Baustellen wie FOS/BOS/RWS, wo wir

mindestens 88,5 Millionen Euro investieren werden.

Ich kenne die Realität in den Schulen ja auch

aus meinen letzten 16 Jahren in der Stadtpolitik.

Daher ist mir bewusst, wie groß und kostenintensiv

die Herausforderung ist. Bereits in diesen

letzten 16 Jahren wurde zur Schulsanierung viel

Geld in die Hand genommen. Dieser Weg muss

konsequent fortgesetzt werden. Wir bräuchten

eigentlich über eine Milliarde, um alles wieder fit

zu bekommen. In den anstehenden Haushaltsberatungen

wird deutlich zu sehen sein, dass Schule

und Bildung für diese Stadtregierung eine hohe

Priorität haben und auch in den nächsten Jahren

adäquate Mittel dafür zur Verfügung gestellt

werden.

Es gibt Mittel für digitale Ausstattungsprogramme,

die Bund und Freistaat bereits aufgelegt

haben. Konnte Augsburg davon auch

schon profitieren?

Corona hat uns in den vergangenen Monaten

noch deutlicher gemacht, wo wir noch Aufholbedarf

haben. In Augsburg gibt es 30 Schulen, die

noch gar keinen Glasfaseranschluss haben. An

Grund- und Mittelschulen entstehen zudem sogenannte

digitale Klassenzimmer. Als Voraussetzung

für die Digitalisierung brauchen die Schulen aber

erst einmal eine Inhouse-Vernetzung, für die wir

12,5 Millionen Euro an Fördermitteln für 30 Schulen

bekommen. Hieran arbeiten wir aktuell mit

Hochdruck. Außerdem können wir nun ca. 3.000

digitale Endgeräte an den Schulen verteilen. Ein

wichtiger Baustein für das Lernen Zuhause 2.0.

Zu ihrem umfangreichen Referatsbereich, zu

dem bisher Schulen, städtische Kindergärten,

die Stadtbücherei, die Sing- und Musikschule

und die VHS gehörten, sind mit ihrem

Amtsantritt Kitas in freier Trägerschaft und

das Büro für gesellschaftliche Integration neu

dazugekommen. Finden sie bei so viel Bildung

überhaupt die Zeit für das Thema Migration?

Diese Zeit werde ich mir immer nehmen. Die

vielfältigen Teilbereiche der Bildung sind nicht

nur inhaltlich untrennbar miteinander verbunden,

sondern passen auch gut mit dem Bereich Migration

zusammen. Eines meiner wichtigsten Ziele

in dieser Amtszeit ist es, die Chancengleichheit zu

verbessern – dies gilt für den Zugang zu unseren

vielfältigen Bildungsangeboten ebenso wie die

gesellschaftliche Teilhabe aller Bürgerinnen und

Bürger. Dafür wollen wir uns mit allen Initiativen

und Einrichtungen noch enger vernetzen, die

dieses Ziel mit uns teilen. Beispielsweise hatten wir

zuletzt Gespräche mit Initiativen, welche aus der

Black Lives Matter“ Bewegung entstanden sind,

die sich mit großem Engagement gegen Rassismus

und Diskriminierung einsetzen. Es ist mir wichtig,

als die für Migration verantwortliche Bürgermeisterin

mit diesen Initiativen in den Dialog zu gehen

und sie zu unterstützen

In Augsburg wird es bald eine Antidiskriminierungsstelle

geben.

Die Forderung nach dieser Stelle gab es

schon in der vergangenen Periode. Nun wird sie

tatsächlich an den Start gehen. Zuvor findet aber

noch ein Dialog mit verschiedenen Initiativen

und Akteuren, die sich schon lange oder auch erst

jetzt aktuell mit dem Thema Diskriminierung

beschäftigen statt. Es werden also auch Menschen

miteinbezogen, die Diskriminierung am eigenen

Leib erlebt haben, denn nur so kann die Ausgestaltung

dieser Antidiskriminierungsstelle in unseren

Augen zielführend umgesetzt werden.

Zuletzt ist das Wahlkreisbüro ihres Landtagsabgeordneten

Bozoglu mit Steinen beworfen

worden, auch ihre Kollegin Lisa Mc Queen

von „Die Partei“ war im September Opfer

eines Schmäh-Post des Augsburger AfD-Chefs

Steffen Müller in den Sozialen Medien. Wie

gehen Sie damit um?

Dazu kamen innerhalb von nur einer Woche

noch heftige, anonyme Anfeindungen sowohl

gegenüber unserem Fraktionsmitglied Serdar Akin

als auch gegenüber der Vorsitzenden des Integrationsbeirats

Didem Laçin Karabulut. Gerade auch

nach Gesprächen mit dem Islamforum und der

Black Lives Matter-Bewegung nehme ich leider

deutlich wahr, dass die Angst um sich greift - auch

bei Jüdinnen und Juden oder Sinti und Roma.

Es gibt also dringenden Handlungsbedarf, wenn

sich solche Vorfälle jetzt auch in der Friedensstadt

Augsburg häufen. Solidarität mit den Betroffenen

ist selbstverständlich, aber nicht ausreichend. Die

Antidiskriminierungsstelle und die Fachstelle für

Demokratie werden hier sicherlich in Zukunft

wichtige und wertvolle Koordinierungsaufgaben

übernehmen, damit Augsburg Friedensstadt und

ein lebenswerter Ort für alle bleibt.

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