Neue Szene Augsburg 2020-11
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung
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Martina Wild, Augsburgs Referentin für Bildung und Migration, steht vor einer der schwierigsten politischen
Herausforderungen. Zustand und Ausstattung von Schulen, mehr Kita-Plätze, Mangel an pädagogischen
Fachkräften, Digitalisierung oder Ganztag, das sind nur einige der Aufgaben, die es für die Grünen-Politikerin
zu bewältigen gilt. Das Thema Bildung wird schon traditionell von einem großen öffentlichen Interesse
begleitet, jetzt fällt zusätzlich der lange Schatten von Corona darauf. Wir haben dennoch eine optimistische
Martina Wild getroffen. Von Markus Krapf
FFrau Wild, wie verliefen ihre ersten Monate
als Referentin für Bildung und Migration? Sie
sind ja auch unsere 2. Bürgermeisterin.
Mein Start war wegen der Vielfalt an Aufgaben
als Bürgermeisterin und Referentin für
Bildung und Migration sehr abwechslungsreich
und arbeitsintensiv. Aufgrund von Corona waren
natürlich insbesondere die Bereiche Schule und
Kita die zentrale Herausforderung. Ich habe
jedoch ein hochengagiertes, kompetentes und
sehr flexibles Referatsteam vorgefunden und wir
konnten auch schon einiges gemeinsam auf den
Weg bringen. Zu Beginn einer sechsjährigen
Periode ist es zunächst am wichtigsten, Strukturen
für die Zukunft zu schaffen und Aufgabenbereiche
und Ziele klar zu formulieren. Bildung hat
Priorität für diese Stadtregierung – dazu gehören
für mich Chancengleichheit beim Zugang zu den
Bildungsangeboten, eine weitere Verbesserung der
Betreuungsangebote, gut ausgestatte Bildungsorte
sowie selbstverständlich die Fortführung der
Sanierung unserer Schulen. Dies sind daher die
Eckpunkte meiner Arbeit.
Einer ihrer ersten Maßnahmen war die Neuorganisation
des Kita-Bereichs.
Das ist richtig. Für die Bereiche Kindergarten,
Krippe und Schulkindbetreuung gibt es seit
August ein eigenständiges Amt für Kindertagesbetreuung
unter der Leitung von Eva Hermanns.
Wir haben das Amt innerhalb von drei Monaten
neu aufgestellt und dort die Bereiche, die zuvor in
verschieden Referaten und Amtsbereichen verortet
waren, nach dem Vorbild anderer Kommunen
zusammengeführt. In bin überzeugt, dass wir in
Zukunft effektivere Strukturen, einen besseren
Überblick und auch eine gut strukturierte Zusammenarbeit
mit anderen, nicht städtischen Trägern
haben werden. Für den Dialog mit den freien
Trägern werden wir einen Trägerbeirat installieren.
Wie aufwendig ist es, so ein neues Amt in nur
drei Monaten zu installieren?
Wir haben versucht, in vielen Gesprächen
und Diskussionen einen guten Übergang zu
gestalten. Dazu gehört der Dialog mit den
Mitarbeiter*innen, deren Ausstattung, die finanziellen
Rahmenbedingungen, aber eben auch
Gespräche mit den freien Trägern. Im August
konnten wir nun mit der konkreten Arbeit in den
neuen Strukturen beginnen.
Die Nachfrage nach Kita-Plätzen ist nach wie
vor groß. Wo sehen sie hier die dringendsten
Aufgaben?
Wir haben nach wie vor einen wachsenden
Bedarf an Betreuungsplätzen. Obwohl freie Träger
und die Stadt Augsburg das Platzangebot in den
letzten Jahren gemeinsam deutlich ausgebaut
haben, fehlen uns aktuell sogar über 900 Plätze.
Man sieht also, dass es nicht nur einen großen
Bedarf, sondern auch einen riesigen Zuspruch für
eine gute Kinderbetreuung in unserer Stadt gibt.
Wir arbeiten jetzt mit Hochdruck daran, weitere
Plätze zu schaffen, um der gestiegenen Nachfrage
gerecht werden zu können.
Betreuungsplätze für die Kinder sind das eine,
die Rekrutierung von Personal das andere.
Dem kann ich nur zustimmen. Gebäude allein
genügen nicht, entscheidend ist natürlich auch
die Versorgung mit qualifizierten pädagogischen
Mitarbeiter*innen. Deswegen wurde im September
die städtische Fachakademie für Sozialpädagogik
zur Ausbildung für Erzieher*innen
im Gebäude der städtischen Berufsschule in der
Maximilianstraße eröffnet. Es ist einfach nötig,
dass auch die Stadt neben Diakonie und Maria
Stern ein eigenes Ausbildungsangebot macht. Wir
haben immerhin 860 Mitarbeitende im Kita-
Bereich bei der Stadt Augsburg. Und der Bedarf an
Fachpersonal wird zukünftig sicher noch größer
werden. An dieser Stelle auch gerne ein kleiner
Werbeblogg für alle Leser*innen für diesen intensiven
aber auch tollen Beruf!
Warum war eigentlich das Bildungsreferat
trotz seiner schwierigen Aufgabenstellung ihr
Wunschreferat?
Ich komme ja genau aus diesem thematischen
Bereich, der neben Klimaschutz und
Gleichberechtigung in den letzten 16 Jahren mein
absoluter Schwerpunkt als Stadträtin war. Ich bin
in den Bildungsausschüssen im bayerischen und
deutschen Städtetag, kenne die Diskussionen der
Kommunen um Ganztag, Digitalisierung und
Schulbau sehr gut und habe dadurch auch viele
gute und auf Augsburg übertragbare Beispiele und
Modelle gesehen. Beim bayerischen Bildungsausschuss
bin ich nun auch Vorsitzende. Für mich
war also immer klar, dass es, wenn ich Referentin
werden würde, entweder Klimaschutz oder eben
Bildung und Migration sein würden. Und obwohl
mein Referat tatsächlich eine riesige Herausforderung
ist, gehe ich dies ambitioniert und mit einer
großen Begeisterung an. Ich stecke nicht den Kopf
in den Sand, sondern will gestalten - für die Kinder,
Jugendlichen und Familien in unserer Stadt und
für Teilhabe und Chancengerechtigkeit eintreten.
„Wir bräuchten eigentlich
über eine Milliarde,
um alles wieder fit zu
bekommen.“
Täuscht eigentlich der Eindruck, dass die
Regierungskoalition mit der CSU, aber auch
ihre ganz persönliche Zusammenarbeit mit
Eva Weber bisher von großer Harmonie
geprägt ist?
Überhaupt nicht. Man sieht nach dem ersten
halben Jahr, dass eine Regierung aus CSU und
Grünen in Augsburg sehr wohl möglich ist.
Schon beim Aushandeln des Koalitionsvertrags
ging es erst einmal ausschließlich um Inhalte und
Strukturen, nicht um Personen. Wir treffen uns
alle 14 Tage im Koalitionsausschuss und haben
einfach einen sehr kurzen Draht. Das gilt für Eva
Weber und mich, aber auch für die Fraktionsspitzen.
Wir sprechen auf Augenhöhe über Inhalte,
um am Ende den für Augsburg besten Konsens zu
erzielen.