BMW-Welt München - Maurer Söhne Group

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22.12.2012 Aufrufe

R. Schidzig/St. Wagner/J. Peters/H. Päßler · BMW-Welt München: die Kundenlounge als das zentrale Element im statischen Gesamtsystem Bild 4. Rüstturmkonzept; Ablastung auf Decke über U0 ohne Durchsteifung, Rüstturmauslegung Fig. 4. Concept of bearing-towers; positioning on ground floor without reinforcing the basement zu vermeiden, übernimmt nun die Decke auf der Fischbauchebene bereits die horizontale Aussteifung und Abtragung der Windlasten. Hierdurch war es möglich, das Stahlskelett bis einschließlich Dachdecke zu komplettieren. Die Betondecken E3 und E4 konnten jedoch in diesem Bauzustand noch nicht komplett hergestellt werden. Hier wurden nur die Stahlverbundträger und Horizontalverbände montiert. Das Betongewicht hätte die Durchstanzlast der Rüsttürme auf der Decke über U0 überschritten. 3 Umlasten I – planmäßiger Systemwechsel (vertikal) Ein Systemwechsel auf die endgültigen Auflager sollte Abhilfe schaffen. Die endgültigen Auflager waren jedoch erst bei vollständig wirksamem Gesamtsystem tragfähig. Insbesondere die schrägen Auflagerfinger mußten daher unterstützt werden, um nicht abzuknicken. Hier kamen massive Stahlstützen zum Einsatz, die über ein vorher im Premiereteller einbetoniertes Zugband zusammen ein stabiles Dreieck bildeten und auf Wandscheiben in den Untergeschossen abgestützt wurden. Ebenso wurde die Scheibentragwirkung der Deckenscheiben E3 und E4 durch Stahlverbände ersetzt. Um die Verformungen aus dem Absenkprozeß des halbfertigen Systems von den Rüsttürmen klein zu halten, wurden die Verbände in Ebene E4 (Dachebene) planmäßig vorgespannt und an den Treppenhauskern mit Vorspannung angeschlossen und auch die Gelenkauflagerung der Fischbauchträger am Treppenkern in eine Einspannung überführt. 4 Stahlbau 76 (2007), Heft 1 Nun konnten der Ablastvorgang von den Rüsttürmen und der erste Systemwechsel beginnen (Bild 5). Die Rüsttürme waren bereits mit Pressenstühlen vorgerüstet. Die Ablastreihenfolge wurde so gewählt, daß keine Lastumlagerungen auf die verbleibenden Rüsttürme zu Überlastungen führten. Zuerst wurde daher der über die Auflager P5/P6 und Stütze LoS1 westlich auskragende Teil ent- Bild 6a. Pressenstühle, Umlasten Fig. 6a. Pressing sockets, alternating loads lastet. Hierbei waren die Pressen von drei Rüsttürmen gleichzeitig zu steuern. Als zweites wurden die Rüsttürme beidseitig der Achse D-D am starr unterstützten Fingerauflager P7 und der Stütze LoS2 entlastet, danach analog der östlich auskragende Teil. Durch die nun frei auskragenden Ost- und Westflügel waren die inneren Rüsttürme bereits teilentlastet. Es wurden zuerst die Türme auf der Nordseite spannungsfrei gestellt und zum Schluß die Südseite freigesetzt. Bis zu vier Pressen wurden dabei gleichzeitig und synchron bedient. Für jede Presse wurden die Kraft- und Wegmessungen mit vorher berechneten Daten abgeglichen (Bild 6). Nach erfolgreichem Systemwechsel wurden die Rüsttürme ausgebaut und das Betonieren der Decke E3 vorbereitet. Ordentliches Heizen, angewärmte Zuschlagsstoffe und die richtige Zementwahl machten das Betonieren auch bei niedrigen Temperaturen bis unter minus 10 °C möglich. Bild 5. Rüstturmkonzept – Umlasten, schrittweises Entfernen von Rüstturmgruppen Fig. 5. Concept of bearing-towers – alternating loads, incremental removal of groups of bearing-towers Bild 6b. Dimensionen des Stahlbaues in der Fischbauchebene Fig. 6b. Dimensions of the steel-structure in level „Fischbauchebene“

Bild 7. Winterbau – Maßnahmen zum Betonieren Fig. 7. Winter activities – measures for concreting Das Einbringen des Betons wurde zeitlich genau so eingetaktet, daß der beginnende Hydratationsprozeß genügend Eigenwärme entwickelte, um den frischen Beton auch während der tiefen Nachttemperaturen ausreichend warm zu halten. Die Betontemperaturen wurden über Meßsonden sowohl an der Ober- wie auch an der Unterseite ständig kontrolliert und aufgezeichnet (Bild 7). Die Decke über E4 (Dachdecke) wurde als unterstützungsfreie Filigrandecke ausgeführt. Durch die vielen vorgespannten Verbandsauskreuzungen wäre jede Zwischenunterstützung sehr aufwendig geworden. Bild 8. Fingerunterstützungen Fig. 8. Support of „finger“-bearings R. Schidzig/St. Wagner/J. Peters/H. Päßler · BMW-Welt München: die Kundenlounge als das zentrale Element im statischen Gesamtsystem 4 Umlasten II – planmäßiger Systemwechsel (horizontal) Ein weiterer Systemwechsel stand noch an, die schrägen Fingerunterstützungen an den Aufzügen P5/P6 und P7, die zum ersten Umlastprozeß blockiert wurden, mußten noch freigesetzt werden. Erst durch diesen Systemwechsel hat die Lounge ihr endgültiges Tragsystem aktiviert und konnte sich über dem Premiereteller auch horizontal frei ausdrehen. Zuerst wurde die Schrägabstützung unter dem Finger P5/P6 entlastet, danach die kritische Abstützung am Finger P7 (Bild 8). Auch hier wurden an bereits vorgerüsteten Stellen Hydraulikpressen eingesetzt und die Lastwechsel in vorher berechneten Schritten unter Beobachtung der Verformungs- und Kraftwerte durchgeführt. Bild 9. Räumliche Tragwerkstruktur Bild 9. Three-dimensional structure Nach erfolgreichem Abschluß dieses letzten Systemwechsels war das Loungetragsystem komplett umgelastet, das Regeldach konnte an den Kern Lounge angeschlossen werden und der Ausbau beginnen. Das Haupttragsystem der BMW Welt war nun komplett. 5 Detailbemessung Für eine planerische Umsetzung der vorausgegangenen Tragwerksberechnungen sind sorgfältige Detailbemessungen erforderlich. Die oft als gering geschätzte Knotenstatik hat bei der Komplexität dieser Knoten durchaus einen beachtlichen Stellenwert. Aus der räumlichen Tragwerkstruktur (Bild 9) mußten an derartigen Knoten mehrere Stäbe mit allen Varianten von Schnittgrößen und einer Vielzahl an Lastfäl- Stahlbau 76 (2007), Heft 1 5

R. Schidzig/St. Wagner/J. Peters/H. Päßler · <strong>BMW</strong>-<strong>Welt</strong> <strong>München</strong>: die Kundenlounge als das zentrale Element im statischen Gesamtsystem<br />

Bild 4. Rüstturmkonzept; Ablastung auf Decke über U0 ohne Durchsteifung,<br />

Rüstturmauslegung<br />

Fig. 4. Concept of bearing-towers; positioning on ground floor without reinforcing<br />

the basement<br />

zu vermeiden, übernimmt nun die<br />

Decke auf der Fischbauchebene bereits<br />

die horizontale Aussteifung und<br />

Abtragung der Windlasten.<br />

Hierdurch war es möglich, das<br />

Stahlskelett bis einschließlich Dachdecke<br />

zu komplettieren. Die Betondecken<br />

E3 und E4 konnten jedoch in<br />

diesem Bauzustand noch nicht komplett<br />

hergestellt werden. Hier wurden<br />

nur die Stahlverbundträger und Horizontalverbände<br />

montiert. Das Betongewicht<br />

hätte die Durchstanzlast der<br />

Rüsttürme auf der Decke über U0<br />

überschritten.<br />

3 Umlasten I – planmäßiger Systemwechsel<br />

(vertikal)<br />

Ein Systemwechsel auf die endgültigen<br />

Auflager sollte Abhilfe schaffen.<br />

Die endgültigen Auflager waren<br />

jedoch erst bei vollständig wirksamem<br />

Gesamtsystem tragfähig. Insbesondere<br />

die schrägen Auflagerfinger mußten<br />

daher unterstützt werden, um nicht<br />

abzuknicken. Hier kamen massive<br />

Stahlstützen zum Einsatz, die über<br />

ein vorher im Premiereteller einbetoniertes<br />

Zugband zusammen ein stabiles<br />

Dreieck bildeten und auf Wandscheiben<br />

in den Untergeschossen abgestützt<br />

wurden.<br />

Ebenso wurde die Scheibentragwirkung<br />

der Deckenscheiben E3 und<br />

E4 durch Stahlverbände ersetzt.<br />

Um die Verformungen aus dem<br />

Absenkprozeß des halbfertigen Systems<br />

von den Rüsttürmen klein zu<br />

halten, wurden die Verbände in Ebene<br />

E4 (Dachebene) planmäßig vorgespannt<br />

und an den Treppenhauskern<br />

mit Vorspannung angeschlossen und<br />

auch die Gelenkauflagerung der Fischbauchträger<br />

am Treppenkern in eine<br />

Einspannung überführt.<br />

4<br />

Stahlbau 76 (2007), Heft 1<br />

Nun konnten der Ablastvorgang<br />

von den Rüsttürmen und der erste Systemwechsel<br />

beginnen (Bild 5).<br />

Die Rüsttürme waren bereits mit<br />

Pressenstühlen vorgerüstet. Die Ablastreihenfolge<br />

wurde so gewählt, daß<br />

keine Lastumlagerungen auf die verbleibenden<br />

Rüsttürme zu Überlastungen<br />

führten. Zuerst wurde daher der<br />

über die Auflager P5/P6 und Stütze<br />

LoS1 westlich auskragende Teil ent-<br />

Bild 6a. Pressenstühle, Umlasten<br />

Fig. 6a. Pressing sockets, alternating<br />

loads<br />

lastet. Hierbei waren die Pressen<br />

von drei Rüsttürmen gleichzeitig zu<br />

steuern.<br />

Als zweites wurden die Rüsttürme<br />

beidseitig der Achse D-D am<br />

starr unterstützten Fingerauflager P7<br />

und der Stütze LoS2 entlastet, danach<br />

analog der östlich auskragende<br />

Teil. Durch die nun frei auskragenden<br />

Ost- und Westflügel waren die inneren<br />

Rüsttürme bereits teilentlastet.<br />

Es wurden zuerst die Türme auf der<br />

Nordseite spannungsfrei gestellt und<br />

zum Schluß die Südseite freigesetzt.<br />

Bis zu vier Pressen wurden dabei<br />

gleichzeitig und synchron bedient.<br />

Für jede Presse wurden die Kraft- und<br />

Wegmessungen mit vorher berechneten<br />

Daten abgeglichen (Bild 6).<br />

Nach erfolgreichem Systemwechsel<br />

wurden die Rüsttürme ausgebaut<br />

und das Betonieren der Decke E3<br />

vorbereitet. Ordentliches Heizen, angewärmte<br />

Zuschlagsstoffe und die<br />

richtige Zementwahl machten das Betonieren<br />

auch bei niedrigen Temperaturen<br />

bis unter minus 10 °C möglich.<br />

Bild 5. Rüstturmkonzept – Umlasten, schrittweises Entfernen von Rüstturmgruppen<br />

Fig. 5. Concept of bearing-towers – alternating loads, incremental removal of<br />

groups of bearing-towers<br />

Bild 6b. Dimensionen des Stahlbaues<br />

in der Fischbauchebene<br />

Fig. 6b. Dimensions of the steel-structure<br />

in level „Fischbauchebene“

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