WU_Magazin_03_2020
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COVERSTORY<br />
„Die Verantwortung in der Entwicklung<br />
von Algorithmen wird in der Ausbildung<br />
zu selten thematisiert.“<br />
Verena Dorner<br />
Verena Dorner ist Professorin<br />
am <strong>WU</strong> Department für<br />
Informationsverarbeitung und<br />
Prozessmanagement.<br />
„In der Masse beeinflussen<br />
KonsumentInnen die Wirtschaft sehr wohl,<br />
das einzelne Individuum eher nicht, denn<br />
es hat nicht die nötige Marktmacht.“<br />
Verena Dorner<br />
Daten analysieren und daraus Handlungsempfehlungen<br />
ableiten. Dorner beschreibt die grundsätzliche<br />
Frage, wie frei KonsumentInnen in ihrem Konsumverhalten<br />
überhaupt noch sind, mit einem Beispiel: „Die<br />
soziale Norm, insbesondere in den USA, dass ein<br />
Verlobungsring ein Diamantenring sein soll, hat sich<br />
tatsächlich aus einer Marketingaktion von De Beers<br />
aus den 1930er-Jahren entwickelt. KonsumentInnen<br />
passen ihre Entscheidungen und ihr Verhalten also an<br />
die Informationen an, die ihnen zur Verfügung gestellt<br />
werden.“ Für Dorner ist entscheidend, wie einfach<br />
diese zu bekommen und zu verarbeiten sind.<br />
Können andererseits KonsumentInnen mit ihren<br />
Kaufentscheidungen die Wirtschaft weiterentwickeln?<br />
Dorner unterscheidet zwischen dem einzelnen<br />
Individuum und der Masse: „In der Masse beeinflussen<br />
KonsumentInnen die Wirtschaft sehr wohl,<br />
das einzelne Individuum eher nicht, denn es hat nicht<br />
die nötige Marktmacht. Wenn jedoch eine größere<br />
Gruppe KonsumentInnen ihr Verhalten ändert, zum<br />
Beispiel, weil sie weniger Fleisch essen oder weniger<br />
Plastik verbrauchen wollen, dann reagiert die Wirtschaft<br />
mit einer Änderung ihres Angebots.“ Von sich<br />
aus übernehmen Unternehmen nur wenig Verantwortung<br />
bezüglich der Beeinflussung des KäuferInnen-Verhaltens.<br />
Firmen lassen sich in diesem Bereich<br />
nur schwer in die Karten schauen. Dorner ortet hier<br />
einen Nachholbedarf: „Die Verantwortung in der<br />
Entwicklung der Algorithmen wird in der Ausbildung<br />
von MitarbeiterInnen zu selten thematisiert.“ Daher<br />
gebe es auch wenig Bewusstsein dafür. Dorner: „Wird<br />
ein Algorithmus mit dem Ziel der Umsatzerhöhung<br />
entwickelt, wird anschließend evaluiert, ob dieses<br />
Ziel erreicht wurde.“ Was der Algorithmus aber langfristig<br />
aus den Menschen macht, das wird nicht überprüft.<br />
l<br />
FOTOS: NATHAN MURRELL<br />
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