neue bücher - DGG
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Im Normungsbereich der Natursteine i. w.<br />
S. waren in der Vergangenheit durchaus<br />
Fachleute aus den Geowissenschaften tätig<br />
gewesen, wobei die Beteiligung an den verschiedenen<br />
Normen höchst unterschiedlich<br />
war. So waren z. B. bei der Erstbearbeitung<br />
der Schiefer-Norm (Dachschiefer) 1932<br />
maßgeblich eine Reihe von Geologen beteiligt.<br />
Die Dachschiefer-Normung umfaßte<br />
zunächst nur Prüfverfahren, darunter aber<br />
auch die gesteinskundliche Analyse mit einer<br />
Probennahme (durch einen Fachmann)<br />
im Vorkommen bzw. innerhalb der Gewinnungsstätte.<br />
Die europäische Normung<br />
führt nun diese deutsche Tradition mit Normungs-Delegationen<br />
zusammen, die sich<br />
eine geologische oder gesteinskundliche<br />
Beurteilung von z. B. Dachschiefern überhaupt<br />
nicht vorstellen können und dies in<br />
der Vergangenheit in ihren nationalen Normen<br />
auch überhaupt nicht vorgesehen hatten.<br />
Statt der Normung von Prüfverfahren<br />
ohne Ausweitung auf Anforderungen, gab<br />
man dort Prüfverfahren vor, die je nach<br />
Testergebnis zu einer ganz starren Klassifikation<br />
führten, wobei z. B. beim Dachschiefer<br />
meist nur ein Prüfverfahren (z. B. in<br />
Frankreich zur Biegefestigkeit, in Groß-britannien<br />
zur Säurebeständigkeit) den maßgeblichen<br />
Anteil an dieser Beurteilung und<br />
Klassifizierung hatte.<br />
Ähnlich wie beim Beispiel Schiefer ist die<br />
Situation auch in anderen Normen aus dem<br />
Bereich Naturstein.<br />
Geowissenschaften und Materialprüfung<br />
Die europäische Normendiskussion wird<br />
auch oft durch formale Fragen und die strikten<br />
Ansichten von seiten der Materialprüfung<br />
bestimmt: Die Prüfverfahren sollen einfach<br />
und einleuchtend sein und möglichst<br />
nicht beschreibend. Dies führt in der Regel<br />
zu einer direkten Nachstellung oder Nachahmung<br />
von vereinfachten Umwelteinflüssen<br />
im Zeitraffer-Effekt, indem man sich<br />
meist nur auf eine Belastungsart/Testmethode<br />
beschränkt. Da die Testergebnisse in<br />
einer überschaubaren Zeit zur Verfügung<br />
stehen müssen, versucht man sich mit höheren<br />
Belastungskonzentrationen in kürze-<br />
A US DER W IRTSCHAFT 33<br />
rer Zeit zu behelfen. Beide Punkte sind aber<br />
in der Natur unrealistisch. Unterschiedliche<br />
mechanische, thermische und chemische<br />
Belastungen treten zusammen auf und addieren<br />
sich. Auch reagiert ein Naturprodukt<br />
z. B. auf höhere Säurekonzentrationen anders<br />
als auf niedrige. Dabei braucht man z.<br />
B. nur auf <strong>neue</strong>ste Forschungsergebnisse<br />
zur biologischen Verwitterung von Bauprodukten<br />
zurückgreifen, die es nur bei einer<br />
realistischen Säurebelastungen gibt, bei<br />
Laborkonzentrationen natürlich nicht mehr.<br />
Bei der Materialprüfung ist es im Regelfall<br />
auch gar nicht so wichtig, daß die Zeitraffer-<br />
Tests die Umweltbelastungen wirklich nachstellen,<br />
sondern die grundlegende Frage ist<br />
die Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit.<br />
Diese Sicht führt leicht zu dem grundlegenden<br />
Fehlschluß, daß gleiche Testergebnisse<br />
auch auf ein gleichartiges Material<br />
bzw. eine gleichartige Materialqualität hinweist.<br />
So etwas mag ja noch bei stark veredelten<br />
Gesteinskörnungen (Zuschlägen) irgendwo<br />
nachvollziehbar sein, die mit sehr viel technischem<br />
Aufwand aufbereitet wurden. Bei<br />
einem Naturwerkstein oder dem Schiefer für<br />
Dach und Wand, einem Endprodukt eines<br />
geologischen Prozesses, der dann nur noch<br />
durch den Menschen per Hand bearbeitet<br />
wird, ist das natürlich nicht der Fall.<br />
So sagen ähnliche Werte in den genormten<br />
Prüfverfahren noch lange nicht aus, daß es<br />
sich um das gleiche Gestein handelt. Oder<br />
anders ausgedrückt, es ist durchaus vorstellbar,<br />
daß ein ungeschiefertes Sedimentgestein<br />
durchaus gute mechanische, physikalische<br />
Prüfergebnisse z. B. nach der<br />
Schiefernorm zeigt, ohne daß es wirklich<br />
Schiefer ist. Eine solide petrographische<br />
Untersuchung ist somit eigentlich Voraussetzung,<br />
eine Norm bei einem Naturstein<br />
anzuwenden, denn nur so kann der Geltungsbereich<br />
der entsprechenden Norm<br />
überhaupt in der Praxis erkannt werden.<br />
Die Logik der Materialprüfung stößt auch in<br />
einem anderen Bereich an ihre Grenzen.<br />
Viele Tests im Natursteinbereich i. w. S.<br />
sind Zerstörungsprüfungen. Das heißt, ein