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faktorUNI Wintersemester 2020/21

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„Wir überraschen uns auch<br />

immer wieder selbst.“<br />

Thius Vogel<br />

Ihr Ziel ist es, das Publikum nicht einfach nur<br />

zum Lachen zu bringen, sondern in kurzen Szenen<br />

oder auch abendfüllenden improvisierten Stücken<br />

Geschichten aus dem Leben zu erzählen. „Langsam<br />

können wir auch endlich wieder live spielen“,<br />

sagt Bea glücklich. „Klar, es ist schon etwas anderes,<br />

vor 60 statt vor 220 Leuten aufzutreten.<br />

Aber so fühlen sich alle sicher, und wir können der<br />

aktuellen Situation gerecht werden.“ Ihre Stammbühne<br />

im Göttinger Kellerclub Nörgelbuff steht<br />

den Improsantlern aktuell noch nicht wieder zur<br />

Ver fügung, aber mit dem Theater im OP, dem Universitätstheater<br />

der Universität Göttingen, und der<br />

musa hat die Gruppe zumindest kurzzeitig zwei<br />

tolle Alternativen gefunden.<br />

Das Besondere dabei: Beim Improtheater entsteht<br />

alles aus dem Moment heraus. Jede Probe,<br />

jede Show ist immer eine Premiere. Das bedeutet<br />

jedoch nicht, dass sich die Schauspieler nicht vorbereiten.<br />

„Wir bauen quasi den Rahmen, einen<br />

groben Fahrplan, was wir machen wollen – das<br />

Bild darin entsteht aber erst am Abend der Show<br />

selbst“, erklärt Musiker Lukas Liebich. Und genau<br />

das gehe nur durch viel Üben, Reflexion und Austausch<br />

– wie die heutige Probe zeigt.<br />

Es ist die letzte vor der Show am nächsten<br />

Sonntag in der musa, und am ‚Rahmen‘ muss noch<br />

gefeilt werden. Da kommt Bea eine Idee. „Das<br />

könnte zum Beispiel so aussehen ...“ Die Promotionsstudentin<br />

greift nach einem schwarzen Stoffbeutel<br />

und hält ihn sich vor den Körper. Laut erzählt<br />

sie, welche Assoziationen ihr durch den Kopf<br />

gehen. Der Stoffbeutel könne eine Schürze sein<br />

oder – sie setzt ihn sich auf den Kopf – eine Perücke<br />

mit langen Zöpfen. Alle lachen. Die Erzählerin<br />

Lotte Kaletsch soll anschließend aus diesen Inspirationen<br />

das Setting der Szene vervollständigen<br />

und den Ort und die in der Handlung vorkommenden<br />

Personen möglichst detailliert beschreiben. Da<br />

tauchen natürlich zunächst mal ein paar Fragen<br />

auf – doch die Improsantler sind im Improvisieren<br />

geübt und sprudeln nur so vor kreativen Einfällen.<br />

Und so entsteht aus einer herkömmlichen Trinkflasche<br />

die Idee einer Stadtvilla mit klimaneutralem<br />

Marmorboden und aus einem Fahrradrücklicht die<br />

Inspiration für einen kleinen Hundewelpen, der<br />

adoptiert werden möchte …<br />

Es sei immer wieder erstaunlich, in welche<br />

Richtungen sich Szenen plötzlich entwickeln.<br />

„Aber genau davon lebt das Impro“, erklärt<br />

Schauspieler Thius Vogel. „Wir überraschen uns<br />

auch immer wieder selbst.“ Improtheater bestehe<br />

schluss endlich daraus, dass die Mitspieler gut aufeinander<br />

achten und alles in sich greift, erklärt<br />

Bea weiter: „Es ist eben vor allem eine Sache der<br />

Übung.“ Und so dauert die Probe noch bis spät in<br />

die Nacht.<br />

Sechs Tage später. Die musa bietet einen seltsamen<br />

Anblick mit den wenigen Stühlen, die in<br />

dem großen Raum verteilt sind. Trotzdem ist jeder<br />

Platz besetzt und das Publikum in erwartungsvoller<br />

Anspannung. Für viele ist es das erste Mal seit<br />

Corona, dass sie wieder eine Theatervorstellung<br />

besuchen. „Es ist uns aktuell auch ein großes Anliegen,<br />

die Kulturszene wieder etwas zu beleben“,<br />

sagt Bea, und so legt sich die Improgruppe auf der<br />

Bühne heute noch extra ins Zeug und bringt das<br />

Publikum mit den aberwitzigen Handlungen immer<br />

wieder zum Lachen.<br />

Gerade ist die erste Hälfte der Show vorbei. Viele<br />

Gäste nutzen die Pause, um draußen kurz frische<br />

Luft zu schnappen oder für neue Getränke zu sorgen.<br />

Alle sind ausgelassen und begeistert und reden<br />

angeregt über ihre Lieblingsszenen. Auch die Improsantler<br />

nutzen die Auszeit für eine kurze Verschnaufpause.<br />

„Während des Shutdowns lagen wir<br />

übrigens keineswegs auf der faulen Haut“, erzählt<br />

Gruppenleiterin Bea. „Vielmehr haben wir die Zeit<br />

genutzt und zum Beispiel den Podcast ‚Krönchen –<br />

der royale Talk von Improsant‘ gestartet, in dem<br />

wir unsere Hörer in die Welt der Royals entführen.“<br />

Die Truppe habe fleißig weiter via Internet geprobt,<br />

ihre Improskills beim ,Improfest Online‘ vertieft<br />

und sich mit anderen Improbegeisterten ausgetauscht.<br />

Auch ein Hörspiel-Projekt soll demnächst<br />

noch veröffentlicht werden.<br />

28 Uni 2_<strong>2020</strong>

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