LERNEN MIT ZUKUNFT September 2020
Impulsmagazin für Erwachsene - Lebensraum: MENSCH
Impulsmagazin für Erwachsene - Lebensraum: MENSCH
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information & erziehung<br />
Mag. a Maria Neuberger-<br />
Schmidt<br />
Autorin und Gründerin<br />
Verein Elternwerkstatt<br />
www.elternwerkstatt.at<br />
Foto: Ingrid Perger<br />
Elternwerkstatt<br />
Foto: © Clker-Free-Vector-Images | pixabay.com<br />
16 | SEPTEMBER <strong>2020</strong><br />
Erziehung ist (k)ein Kinderspiel:<br />
Dann mach‘ doch, was du willst!<br />
MANCHE JUGENDLICHE SIND MENSCHEN, DIE IHRE PUBERTIERENDEN ELTERN<br />
NUR <strong>MIT</strong> STRENGER ERZIEHUNG INS WAHRE LEBEN ENTLASSEN KÖNNEN<br />
(Christa Schyboll)<br />
Wenn die Unvernunft der<br />
Jugendlichen mit einer guten<br />
Portion Provokation und<br />
Sturheit einhergeht und sie<br />
auf keinen guten Rat mehr hören wollen,<br />
wissen Eltern oft nur noch eins darauf zu<br />
antworten: „Dann mach‘ doch, was du<br />
willst!“ Scheinbar entlässt dieser Satz in<br />
die Freiheit. In Wirklichkeit enthält er ein<br />
Ultimatum, setzt unter Druck. Jahrelange,<br />
bemühte Erziehungsarbeit endet<br />
mit einem „Götz-Zitat“ – Das war’s!<br />
Die Türen fallen zu, man hat einander<br />
nichts mehr zu sagen. Ihre Mühe bleibt<br />
unbedankt oder der Dank wird auf den<br />
Pflichtanteil reduziert.<br />
„Dann mach‘ doch, was du willst!“ Bei<br />
diesem Satz kann folgendes zwischen<br />
den Zeilen durchschwingen: Enttäuschung<br />
(Sie meinen es gut, doch man<br />
hört nicht auf<br />
Sie),<br />
gekränkte Eitelkeit<br />
(Man stellt<br />
Ihre Kompetenz<br />
in Frage), Wut<br />
(„Das tut sie/er<br />
nur, um mich zu<br />
ärgern!“), Verzweiflung<br />
(„Ich weiß mir<br />
nicht mehr anders zu<br />
helfen!“), Erpressung<br />
(„Entweder du richtest<br />
dich nach meinen<br />
Vorstellungen oder<br />
du wirst sehen, wie<br />
du zurecht kommst!“).<br />
Durch den Widerstand<br />
Ihres Kindes fühlen Sie<br />
sich persönlich abgelehnt<br />
und reagieren – verzeihen<br />
Sie! – genauso<br />
pubertär wie dieses.<br />
KLARHEIT OHNE GESICHTSVERLUST<br />
Stattdessen könnte es in etwa so lauten: „Ich<br />
sehe, dass du momentan nicht bereit bist, auf<br />
mich zu hören!“ (Sie sagen, welchen Eindruck<br />
Ihr Kind momentan auf Sie macht.) Dann<br />
senden Sie eine Ich-Botschaft ohne Machtwort,<br />
Vorwurf: „Mir ist es wichtig, dass du weißt,<br />
wie ich darüber denke... Vor allem möchte<br />
ich, dass du weißt, was du mir bedeutest und<br />
dass ich mir wünsche, dass du den richtigen<br />
Weg für dich findest.“ Wenn Sie solchermaßen<br />
loslassen, dann bleiben Sie Ihrem Kind Stütze<br />
und Orientierungshilfe und geben ihm vor allem<br />
die emotionale Sicherheit. Ins rechte Lot wird<br />
Ihr Sohn/Ihre Tochter dann aus eigener Kraft<br />
finden.<br />
Wir können unsere Kinder nicht vor allem<br />
bewahren und manchmal müssen sie anscheinend<br />
auch schlechte Erfahrungen machen, aber<br />
wir können und sollen die Türen offen halten.<br />
Wenn sie<br />
wieder-<br />
dann klein und angeschlagen<br />
kommen, ist es wichtig,<br />
dass Sie ihm die Wiedereingliederung<br />
ohne<br />
Gesichtsverlust ermöglichen.<br />
Kein belehrendes,<br />
süffisantes „Ich hab’s ja<br />
gleich gewusst!“, sondern<br />
ehrlich: „Ich freue mich,<br />
dass du wieder da bist“,<br />
„..dass du das einsiehst!“<br />
Eine ehrliche Aussprache<br />
muss in Ruhe erfolgen.<br />
Jugendliche wissen diese<br />
Haltung zu schätzen, wenn<br />
sie es auch nicht immer gleich<br />
zugeben. Aber so kann er/sie<br />
aus Fehlern lernen und Ihre<br />
Beziehung wird immer mehr<br />
zu einer tragfähigen Basis für<br />
die Zukunft.