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LERNEN MIT ZUKUNFT Juni 2020

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- information - diskussion - innovation - motivation -<br />

Das Österreichische Impuls-Magazin | <strong>Juni</strong> <strong>2020</strong><br />

Tierversuche? NEIN DANKE??<br />

Die Meinungs-Kehrtwende<br />

Im Grenzbereich des Möglichen<br />

Als Einhand-Segler um die Welt<br />

BESUCHEN SIE UNS:<br />

www.facebook.com/lernen.mit.zukunft<br />

Corona & Kommunikation<br />

Neue Kanäle


inhalt & impressum<br />

inhalt & übersicht<br />

Lernen in Coronazeiten<br />

Volksschulprojekt/in Rumänien<br />

Ernährungssicherheit<br />

Neue künstliche Blutgefäße<br />

Neues Thema, neue Reihe<br />

HSP in Krisenzeiten<br />

Corona & Kommunikation<br />

Die Blumengärten Hirschstetten<br />

Ein Gefühl oder ein Ort?<br />

Lernen mit Zukunft / für die Zukunft<br />

Immer wieder Belehrungen<br />

Entdecken der Verbundenheit<br />

Achtung, Fake News<br />

Tierversuche? NEIN DANKE??<br />

Prof. Abakus<br />

Wer die Saat hat, hat das Glück<br />

Der Schlüssel zur sozialen Welt<br />

Ein Kriegskind erzählt<br />

Im Grenzbereich des Möglichen<br />

04<br />

05<br />

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30<br />

KOMM ZUR<br />

VIDEO-INFO-<br />

VERANSTALTUNG<br />

ANMELDUNG:<br />

www.improve.or.at/<br />

lsb_lehrgang.html<br />

2 | JUNI <strong>2020</strong>


editorial & information<br />

impressum<br />

Medieninhaber, Herausgeber<br />

& Verleger <strong>LERNEN</strong> <strong>MIT</strong><br />

<strong>ZUKUNFT</strong>, 1220 Wien,<br />

Mühlwasserpromenade 23/ Haus<br />

13, e-mail: office@LmZukunft.<br />

at, Herausgeber/Grafik: Karl H.<br />

Schrittwieser, Redaktion (Bild/<br />

Text): Birgit Menke,<br />

Titelseite - Foto: © B.Schmidt|<br />

pixabay.com<br />

Blattlinie:<br />

Mit unserer Themenvielfalt laden<br />

wir Erwachsene ein, sich für die<br />

Entwicklung unserer Lebenswelt<br />

und für künftige Generationen<br />

einzusetzen.<br />

Dazu geben wir Informationen,<br />

Gedankenimpulse und<br />

Anregungen.<br />

Die AutorInnen übernehmen<br />

selbst die Verantwortung für den<br />

Inhalt ihrer Artikel.<br />

Bequem von zu Hause:<br />

Webinare<br />

DAS GESPRÄCH LEBT NICHT VON DER <strong>MIT</strong>TEILUNG, SONDERN VON DER<br />

TEILNAHME (Ernst Reinhardt)<br />

Als Pensionist mit einer fixen monatlichen Pension und als<br />

dankbarer Besitzer eines Gartens war für mich die Zeit<br />

der Ausgangsbeschränkung, im Gegensatz zu vielen<br />

anderen Betroffenen, keine allzu große Herausforderung.<br />

Ich habe Zeit für Dinge verwendet, mit denen ich mich<br />

schon lange beschäftigen wollte.<br />

Und dazu gehörten auch die Suche nach einer Webinar-Plattform<br />

und mein Interesse an den Bildungsangeboten in Form von<br />

Webinaren.<br />

Ich habe mir mehrere angesehen und es waren interessante<br />

Video-Vorträge dabei. Einige waren sogar außerordentlich informativ,<br />

bei anderen konnte ich meine Konzentration nicht lange<br />

aufrecht halten. Ein Webinar durchzuführen ist eine schwierige<br />

Aufgabe und bedarf intensiver Übung, um die Teilnehmenden<br />

nicht zu langweilen.<br />

Wichtig sind Planung und Struktur im Ablauf. Entscheidend ist<br />

auch, die Teilnehmer zu animieren und einzubeziehen und letztendlich<br />

sollte die Konzentration auf dem Wesentlichen liegen. Das<br />

sind kurze verständliche Aussagen.<br />

Was mich überhaupt nicht angesprochen hat, ist die Tatsache,<br />

dass ich mich zur Teilnahme bei einigen Plattformen registrieren<br />

und eine Applikation installieren sollte. Nicht wissend, wo der<br />

Server steht und wer ihn verwaltet. Davon habe ich Abstand<br />

genommen.<br />

Mir sind die browserbasierenden Video-Räume sympathisch. Ich<br />

erhalte einen Link und steige ohne eine Applikation zu installieren<br />

in den Video-Raum zur Diskussion ein.<br />

Was mir aber noch lieber ist, ist der persönliche Kontakt zu anderen<br />

Menschen. Denn Stimme und die Sprache der Augen kommen<br />

mir im direkten Kontakt viel authentischer vor.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen der <strong>Juni</strong>-Ausgabe<br />

Karl H. Schrittwieser<br />

Obmann und Herausgeber<br />

<strong>LERNEN</strong> <strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong><br />

Foto © Clker-Free-Vector-Images|pixabay.com<br />

3 | JUNI <strong>2020</strong>


information & lernen<br />

Kreativität ist gefragt:<br />

Lernen in Coronazeiten<br />

WAS LEHRT UNS DIESE ZEIT FÜR ZUKÜNFTIGE<br />

LERNSTRATEGIEN?<br />

DI Roswitha Wurm<br />

Dipl. Lerndidaktikerin<br />

Lese- und Rechtschreibtrainerin,<br />

Kinderbuchautorin<br />

Interaktive Lesungen<br />

an Schulen buchbar unter:<br />

www.lesenmitkindern.at<br />

Foto: © Gerd Altmann | pixabay.com<br />

4 | JUNI <strong>2020</strong><br />

Corona – hat unser Leben auf den<br />

Kopf gestellt. Ganz besonders für<br />

Schüler, Lehrer und speziell auch für<br />

Eltern:<br />

Denn geschlossene Schulen bedeuten keinesfalls<br />

Ferien, vielmehr findet der Unterricht<br />

zuhause statt. Digitaler Unterricht ist<br />

das Ideal, doch in der Praxis funktioniert das<br />

längst nicht überall.<br />

LERNHINDERNISSE<br />

Die Hindernisse sind vielfältig: Nicht alle<br />

Kinder haben Zugang zu digitalen Endgeräten<br />

und dem Internet, viele Lehrer sind mit<br />

der Unterrichtsvorbereitung und digitaler<br />

Vernetzung überfordert – von Eltern, die<br />

selbst im Homeoffice arbeiten müssen, ganz<br />

zu schweigen. Kinder, die von Zuhause<br />

wenig bis keine Unterstützung bekommen,<br />

bleiben in diesen Zeiten meist auf<br />

der Strecke. Das gilt besonders für die<br />

jüngeren.<br />

<strong>ZUKUNFT</strong>SWEISENDE LERNTIPPS<br />

Als Lerntrainerin (speziell für SchülerInnen<br />

mit Teilleistungsschwächen) haben mir das<br />

Online-Training und das Präsenztraining<br />

einige interessante Informationen geliefert.<br />

Auch schon sehr junge Kinder können gut<br />

mit Online Training umgehen. Sie lernen in<br />

den Onlinestunden konzentrierter und effektiver,<br />

ermüden aber rascher. Das heißt,<br />

wir können in kürzeren Einheiten mehr<br />

schaffen. Auch für mich als Lerntrainerin<br />

und auch für die Lehrer ist der Onlineunterricht<br />

aufwändiger in der Vorbereitung, da<br />

Arbeitsblätter vorab per Mail versandt oder<br />

hochgeladen werden müssen.<br />

Die SchülerInnen ersparen sich Zeit durch<br />

den entfallenden Anfahrtsweg, können<br />

länger ausruhen/ausschlafen und wirken<br />

entspannter und aufnahmebereiter.<br />

SELBST SIND DIE SCHÜLER<br />

Grundsätzlich erfordern Online-Unterricht und<br />

Home-Schooling auch mehr Eigeninitiative<br />

von den SchülerInnen. Stoffgebiete müssen<br />

selbst erarbeitet oder vertieft werden. Dies ist<br />

ein Schritt weg von einem Konsumverhalten<br />

beim Lernen hin zu dem, was Lernen eigentlich<br />

bedeutet: Das Aneignen von Wissen und<br />

Fähigkeiten zum eigenen Gebrauch. Gerade<br />

für ältere SchülerInnen ist dies eine wichtige<br />

und gute Erfahrung in dieser herausfordernden<br />

Zeit.<br />

ERNÄHRUNG UND BEWEGUNG<br />

Homeschooler tendieren dazu sich zu wenig<br />

zu bewegen. Andererseits werden ohnehin<br />

viele Kinder mit dem Auto zur Schule und<br />

wieder zurückgefahren und bewegen sich<br />

auch während eines normalen Schuljahres<br />

zu wenig. Zuhause können Eltern besser<br />

auf gesunde und ausgewogene Ernährung<br />

achten. Für ein erfolgreiches Lernen sind<br />

sowohl Bewegung als auch die Versorgung<br />

mit ausreichend Nährstoffen unerlässlich. Das<br />

darf auch in Zukunft beachtet werden.<br />

PÄDAGOGE SEIN<br />

Ursprünglich waren paidagogos (griech.)<br />

Männer, die Schüler aus reichem Haus in die<br />

Schule – zum Lernen - und wieder zurückbegleiteten.<br />

Genau das sollte unsere Hauptaufgabe<br />

als Lehrer und Eltern in dieser schwierigen<br />

Zeit auch sein: Kindern Grundlagen<br />

zu vermitteln und dann als unterstützende<br />

Begleiter beim Lernen, die den Kindern helfen<br />

so manches selbst zu tun. Diesen tiefen Sinn<br />

des erfolgreichen Lernens dürfen wir mitnehmen<br />

in Zeiten, in denen unser Schulalltag<br />

hoffentlich wieder annähernd so sein wird<br />

wie vor „Corona“.


information & entwicklung<br />

In Rumänien:<br />

Volkschulprojekt<br />

CHRISTIAN ESTERMANN IM INTERVIEW<br />

Worin besteht deine eigene<br />

Motivation genau<br />

hier in Ploiești ein<br />

solches Bildungsprojekt<br />

aufzuziehen?<br />

Ich lebe seit 14 Jahren in Rumänien<br />

und habe eines gelernt: Für viele Siebenjährige<br />

ist die Schulkarriere vorbei,<br />

bevor sie beginnt.<br />

Aus CONCORDIAs langjähriger Arbeit<br />

mit Familien aus den Armenvierteln<br />

wissen wir: Es braucht keine Sonderschule<br />

für sozial benachteiligte Kinder,<br />

die sie noch weiter ausgrenzt, sondern<br />

eine Schule, in der diese gleichberechtigt<br />

unterstützt werden und eine<br />

konkrete Chance bekommen. Im<br />

Frühjahr 2019 haben wir begonnen,<br />

eine rumänisch-österreichische Schule<br />

zu bauen, die wir im Herbst mit einer<br />

Pilotklasse eröffnen wollen. In Ploiești,<br />

einer Stadt im Süden des Landes, besteht<br />

dafür konkreter Bedarf.<br />

Es ist unsere Mission, uns um die<br />

verwundbarsten Menschen der Gesellschaft<br />

zu kümmern und sie auf<br />

dem Weg in ein eigenständiges Leben<br />

zu unterstützen. Ein offenes, für alle<br />

Kinder und deren Bedürfnisse ausgerichtetes<br />

Bildungsangebot zu schaffen<br />

ist gerade im Volksschulalter immens<br />

wichtig, um die Nachteile der Kinder<br />

auszugleichen und Vorteile aktiv zu<br />

schaffen.<br />

Kulturelle Unterschiede im Bildungssystem:<br />

Wo siehst du die<br />

größten Herausforderungen unterschiedliche<br />

Herangehensweisen<br />

ans Unterrichten zu vereinen?<br />

Die Rahmenbedingungen und gesetzlichen<br />

Vorgaben ändern sich in Rumä-<br />

nien schnell und es ist wichtig, dass wir im<br />

Team flexibel bleiben, um darauf schnell<br />

reagieren zu können. Für neue Lehrerinnen<br />

und Lehrer – aus Rumänien oder<br />

Österreich – ist eine strukturierte Einführungsphase<br />

wichtig. Team-Teaching hilft<br />

den Lehrkräften, ihre unterschiedlichen<br />

Stärken in der pädagogischen Praxis einzubringen.<br />

Im Moment suchen wir noch österreichische<br />

Partnerschulen, die Know-How mit uns<br />

teilen und uns mit pädagogischem Material<br />

unterstützen.<br />

Schule soll ein Ort sozialer Inklusion<br />

sein. Wie willst du das sicherstellen?<br />

Ein wichtiger Baustein dafür ist sicher die<br />

ganztägige Betreuung und Förderung an<br />

unserer Schule: Sozial benachteiligte Kinder<br />

geraten oft ins Hintertreffen, weil sie von<br />

keiner Förderung am Nachmittag profitieren<br />

können. Aber selbst wenn die Eltern Bildung<br />

als Chance für ihre Kinder sehen, so ist es<br />

Christian Estermann<br />

CONCORDIA<br />

Leiter des EduCampus in<br />

Rumänien<br />

Christian Estermann<br />

war 3 Jahre Lektor am King’s<br />

College London (2003-06),<br />

dann Bildungsbeauftragter des<br />

Österreichischen Bildungsministeriums<br />

für Rumänien (2006-<br />

2014).<br />

Seit 2015 ist er im Auftrag des<br />

BMBWF Leiter des Edu-Campus<br />

CONCORDIA in Ploiești, auf<br />

dem sich auch die neue Volksschule<br />

befindet.<br />

trotzdem für sie im täglichen Leben oft unmöglich, sich um die Kinder zu kümmern,<br />

weil ein normaler Lebensstandard nicht finanziert werden kann oder die<br />

Familien groß sind und nicht viel Zeit für jedes Kind bleibt.<br />

Herausforderung wird auch die soziale Durchmischung außerhalb des Klassenzimmers.<br />

Schüler aus armen Familien wohnen abgelegen und haben kaum<br />

Chance auf Austausch. Wir werden an der Volksschule neben der Förderung<br />

und Betreuung am Nachmittag auch Workshops für Schüler und Eltern anbieten,<br />

die nicht bei uns sind.<br />

5 | JUNI <strong>2020</strong>


information & entwicklung<br />

In Zeiten des Klimawandels:<br />

Ernährungssicherheit<br />

VERÄNDERUNG DURCH KLEINBAUERN*INNEN IN SÜDASIEN<br />

Denise Wilfinger, MA<br />

Internationale Programme<br />

Auslandshilfe<br />

Caritas Österreich<br />

www.caritas.at<br />

Fotos © Archiv Caritas<br />

6 | JUNI <strong>2020</strong><br />

Im Jahr 2018 litten weltweit über<br />

820 Millionen Menschen an<br />

Hunger. Das ist eine von neun<br />

Personen. (FSIN, FAO, <strong>2020</strong>).<br />

Darunter auch viele Kinder und<br />

Babys. Sie kommen mit niedrigem<br />

Geburtsgewicht zur Welt oder haben<br />

als Kleinkinder nicht genug zu essen,<br />

um sich optimal entwickeln zu können.<br />

Das Programm SAFBIN kämpft<br />

gegen den globalen Hunger.<br />

SAFBIN unterstützt 4.300 Haushalte<br />

und somit über 21.000 Personen<br />

in Bangladesch, Indien, Nepal und<br />

Pakistan in knapp 100 Dörfern dabei,<br />

ihre Lebensgrundlage trotz Klimawandel<br />

zu sichern. Denn durch Temperatur-<br />

und Niederschlagsschwankungen,<br />

sowie der Verfügbarkeit von<br />

Wasser, wird die landwirtschaftliche<br />

Produktion beeinflusst.<br />

SAFBIN steht für "Strenghtening<br />

Adaptive Farming and Biodiversity<br />

Network“ und ist ein länderübergreifendes<br />

Regionalprogramm welches<br />

die Ernährungssicherheit von Kleinbäuerinnen<br />

und Kleinbauern in Südasien<br />

verbessern will. Das Programm<br />

trägt dazu bei, die nachhaltigen<br />

Entwicklungsziele der Vereinten Nationen<br />

- vor allem SDG 2 „Zero Hunger“-<br />

zu erreichen. KleinbäuerInnen<br />

sind dabei die wichtigste Zielgruppe<br />

und tragen auch aktiv zur Lösung<br />

des Hunger-Problems bei. Denn die<br />

Zukunft der Landwirtschaft mit den<br />

vorhandenen Klimaveränderungen,<br />

sowie die Erreichung diverser<br />

Klimaziele liegt in den Händen von<br />

KleinbäuerInnnen.<br />

Innerhalb des Programms gibt es Partnerschaften<br />

mit Forschungsinstitutionen und Behörden<br />

und so werden Kleinbauern und -bäuerinnen zu<br />

ForscherInnen, die mit einfachsten Mitteln, zB.<br />

durch eine höhere Artenvielfalt, oder zeitliche<br />

Verschiebung der Aussaat, Wiederbelebung<br />

resistenter lokaler Sorten und geringem Ressourcenverbrauch<br />

(z. B. durch den Verzicht auf<br />

chemische Pestizide) die Ernte sichern können.<br />

Durch diese Expertise, sind sie gleichzeitig besser<br />

gegen die Folgen des Klimawandels geschützt.<br />

Ein weiteres Ziel ist die Förderung der Vermarkung,<br />

denn der Verkauf der nachhaltig produzierten<br />

Lebensmittel sichert zusätzliches Einkommen<br />

für KleinbäuerInnen und ihre Familien.<br />

Einzigartig dabei sind auch die Zusammenarbeit<br />

und der Wissensaustausch über die Grenzen von<br />

vier Ländern hinweg.<br />

Wie sich das auf die Lebensgrundlage und<br />

Ernährungssicherheit vieler Menschen auswirkt,<br />

möchten wir am Beispiel einer indischen KleinbäuerInnen<br />

Frauengruppe näherbringen. Aber<br />

lassen wir sie selbst erzählen: “We are a group<br />

with 15 members. Before SAFBIN came here, we<br />

used to do agriculture, but we did not use to do<br />

research on these crops. Rather than doing plenty<br />

of farming without doing research, now we<br />

focus on growing the variety which is suitable to<br />

the soil. Another thing we learned is off-season<br />

farming. A third thing is that we started saving<br />

money, by fundraising among ourselves. By<br />

collecting the fund, now we managed to gather<br />

around NPR 250,000 to 300,000. On the 6th of<br />

every month we have a meeting.”<br />

Nähere Informationen zum SAFBIN Regionalprogramm<br />

in Südasien unter:<br />

https://www.caritas.at/auslandshilfe/schwerpunkte/hunger/safbin-staerkung-von-kleinbaeuerinnen-in-suedasien/<br />

und www.safbin.org


information & innovation<br />

Innovation aus Österreich:<br />

Neue künstliche Blutgefäße<br />

BISHER GAB ES KAUM PASSENDE MATERIALIEN<br />

Dipl.-Ing. Alexander Ristic<br />

Journalist<br />

Foto © Ryan Stekken | pixabay.com<br />

8 | JUNI <strong>2020</strong><br />

Verschlossene Blutgefäße können<br />

rasch gefährlich werden. Oft ist<br />

es notwendig, ein Blutgefäß zu<br />

ersetzen – entweder durch ein<br />

körpereigenes Blutgefäß oder aber durch<br />

künstlich hergestellte Gefäßprothesen.<br />

Die TU Wien und die Medizinische<br />

Universität Wien entwickeln gemeinsam<br />

künstliche Blutgefäße aus einem speziellen<br />

Elastomer-Material, das ausgezeichnete<br />

mechanische Eigenschaften<br />

hat. Diese künstlichen Blutgefäße<br />

werden im Laufe der Zeit durch körpereigenes<br />

Material ersetzt. Am Ende dieses<br />

Umbauprozesses entsteht wieder ein<br />

natürliches, vollständig funktionsfähiges<br />

Blutgefäß.<br />

ÜBERLEBEN DURCH KÜNSTLICHE<br />

BLUTGEFÄSSE<br />

Zu den häufigsten Todesursachen in<br />

Industrienationen gehören arteriosklerotische<br />

Gefäßerkrankungen.<br />

Eine Bypass-Operation ist<br />

dann oft die einzige Lösung.<br />

Normalerweise entnimmt<br />

man dafür Blutgefäße des<br />

Patienten und setzt sie statt<br />

des geschädigten Blutgefäßes<br />

ein.<br />

Dank dieser Entwicklung<br />

sollen in Zukunft auch<br />

künstlich hergestellte<br />

Gefäße vermehrt<br />

zum Einsatz kommen.<br />

Entscheidend dabei ist,<br />

ein passendes Material<br />

zu finden. Die künstlichen<br />

Materialien, die man bisher verwendete,<br />

vertragen sich nicht optimal mit<br />

dem körpereigenen Gewebe. Es kann dann<br />

leicht zu einem Verschluss des Blutgefäßes<br />

kommen, besonders wenn der Durchmesser<br />

gering ist.<br />

An der TU Wien wurden daher neue Polymere<br />

entwickelt. „Es handelt sich um<br />

sogenannte thermoplastische Polyurethane“,<br />

erklärt Prof. Robert Liska vom Institut für<br />

angewandte Synthesechemie der TU Wien.<br />

EIN DÜNNER POLYMER-FADEN, ZUR<br />

RÖHRE GESPONNEN<br />

Zur Herstellung der Gefäßprothesen werden<br />

Polymerlösungen in einem elektrischen Feld<br />

zu sehr feinen Fäden gesponnen und auf<br />

eine Spule aufgewickelt. „Die Wand dieser<br />

künstlichen Blutgefäße ist natürlichen<br />

Blutgefäßen sehr ähnlich“, sagt Prof. Heinz<br />

Schima von der Medizinischen Universität<br />

Wien. Das Polymer-Gewebe ist leicht porös,<br />

daher sickert zunächst etwas Blut hindurch<br />

und reichert die Wand mit Wachstumsfaktoren<br />

an.<br />

Im Tierexperiment war die neue Methode<br />

bereits sehr erfolgreich. Es waren weder<br />

Aneurysmen noch Thrombosen oder Entzündungen<br />

festzustellen. Körpereigene Zellen<br />

hatten die Gefäßprothese besiedelt und<br />

das künstliche Konstrukt zu körpereigenem<br />

Gewebe umgewandelt. Das Nachwachsen<br />

körpereigenen Gewebes verläuft sogar<br />

schneller als man erwartet hatte.<br />

Bis die künstlichen Blutgefäße bei Menschen<br />

eingesetzt werden können, sind noch weitere<br />

präklinische Versuche notwendig. Doch<br />

aufgrund der bisherigen Ergebnisse ist das<br />

Forscherteam sehr zuversichtlich, dass sich<br />

die neue Methode in einigen Jahren auch<br />

beim Einsatz im Menschen bewähren wird.


information & kommunikation<br />

Der Kommunikator - Teil 1:<br />

Neues Thema, neue Reihe<br />

DIE KOLUMNE FÜR ALLE, DIE ETWAS ZU SAGEN HABEN<br />

Im Grunde ist es fast schon eine Verpflichtung,<br />

einen Text über Kommunikation<br />

mit dem bekanntesten Zitat<br />

von Paul Watzlawik zu beginnen.<br />

Ich mache das nicht. Über das erste und<br />

die restlichen vier, der fünf Axiome des<br />

berühmten Kommunikationswissenschaftlers<br />

und Psychologen möchte ich<br />

erst in einer späteren Ausgabe meiner<br />

neuen Kolumnenserie „Der Kommunikator“<br />

schreiben.<br />

Nach etlichen Artikeln über den „emotionalen<br />

Mensch“ ist es Zeit für etwas<br />

Neues. Auch ich habe mich weiterentwickelt<br />

und bin über die Emotion bei<br />

der Kommunikation gelandet – einem<br />

unglaublich großen und spannenden<br />

Forschungsfeld. Nach mehreren Jahren<br />

als Journalist bin ich schließlich in der<br />

Unternehmenskommunikation angekommen.<br />

In diesem Bereich ist wertvoll sich<br />

intensiv mit der Art und Weise auseinanderzusetzen,<br />

wie Menschen miteinander<br />

interagieren und kommunizieren. Ich<br />

sage: Die Kommunikation ist der Leim,<br />

der unsere Gesellschaft zusammenhält.<br />

ES GIBT VIEL ZU SAGEN<br />

Dieser Text soll der erste Teil einer<br />

längeren Serie von Kolumnen werden, in<br />

denen ich mich den unterschiedlichsten<br />

Themenfeldern auf diesem Gebiet annähern<br />

möchte. Ich habe vor mich dem<br />

Phänomen der Massenkommunikation<br />

mit all seinen psychologischen Auswirkungen<br />

zu widmen, der digitalen Kommunikation,<br />

der klassischen Pressearbeit<br />

und Public Relations. Natürlich darf auch<br />

der Blick auf die persönliche Interaktion<br />

nicht zu kurz kommen.<br />

DIE DARSTELLUNGSFORM<br />

Bevor ich mich in der kommenden<br />

Ausgabe einer Grunddefinition von<br />

Kommunikation widme, möchte ich meine<br />

Herangehensweise kurz umreißen. Wie<br />

bereits erwähnt schreibe ich „Kolumnen“.<br />

Der Begriff leitet sich aus dem Lateinischen<br />

ab (columna) und lässt sich mit Stütze oder<br />

auch Säule übersetzen. Auch der Spaltensatz<br />

beim Buchdruck wird als Kolumne bezeichnet.<br />

Der Spaltensatz sollte schon früh<br />

die Lesbarkeit des Textes fördern, was sich<br />

zum Großteil sogar in den digitalen Formen<br />

wie Webseiten oder Blogs durchgesetzt hat.<br />

ICH GEBE MEINEN SENF DAZU<br />

Nicht übersehen sollte man<br />

allerdings: Kolumnisten schreiben<br />

meinungsbildende Texte,<br />

die meist unredigiert veröffentlicht<br />

werden. Auch wenn ich<br />

wissenschaftliche Forschungen<br />

als Grundlage meiner Kolumnen<br />

heranziehen werde, so sind es<br />

meine Erfahrungen, meine Meinungen,<br />

kurz mein „Senf“, der Sie<br />

im besten Fall unterhält, informiert<br />

und zum Nachdenken anregt.<br />

HISTORISCHES<br />

Die Kolumne selbst fand erst recht spät<br />

Einzug in die deutschsprachige Zeitungslandschaft,<br />

wobei als Vorbild Blätter aus<br />

den USA dienten. Dort galten berühmte<br />

Kolumnisten wie Walter Lippmann (siehe<br />

Buchtipp), James Reston oder C.L. Sulzberger<br />

als wichtige Institutionen der Meinungsbildung.<br />

Sie haben Fragen, Wünsche,<br />

Anregungen oder gar Beschwerden?<br />

Dann schreiben<br />

Sie mir, ich versuche alle<br />

Anfragen möglichst zeitnah zu<br />

beantworten.<br />

tipp<br />

Mag. Markus Neumeyer<br />

Theater-,Film- und<br />

Medienpädagoge<br />

dipl. Lern/Freizeit &<br />

Vitalcoach<br />

www.buchteufel.at<br />

Gelenkte Demokratie. Der<br />

Klassiker zur Meinungsmanipulation.<br />

Walter Lippmann gilt als<br />

einer der einflussreichsten<br />

Propagandisten<br />

des Neoliberalismus<br />

und einer gelenkten<br />

Demokratie, der dem<br />

marktradikalen Denken<br />

zum Siegeszug verhalf.<br />

Lippmanns 1922<br />

erschienenes Buch „Public<br />

Opinion“ gilt als<br />

ein Klassiker in Sachen<br />

Manipulation und Beeinflussung<br />

der öffentlichen<br />

Meinung. Von<br />

ihm wurde der Begriff „Kalter<br />

Krieg“ geprägt und in den<br />

allgemeinen Sprachgebrauch<br />

gebracht. Weil die Durchschnittsbürger<br />

in einer Demokratie<br />

damit überfordert sind,<br />

komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge<br />

zu durchschauen,<br />

entwickelte er das Konzept<br />

einer gelenkten Demokratie,<br />

um die Meinung der Masse mit<br />

Hilfe manipulativer Techniken<br />

zu steuern. Seine Methoden der<br />

Meinungsbeeinflussung sind<br />

heute aktueller denn je.<br />

9 | JUNI <strong>2020</strong>


information & bildung<br />

Hochsensitivität:<br />

HSP in Krisenzeiten<br />

RESSOURCEN MOBILISIEREN, SELBSTFÜRSORGE PFLEGEN<br />

Mag. a Sabine Knoll<br />

Freie Autorin und Trainerin<br />

Gründerin und Obfrau des<br />

„hochsensitiv.netzwerk<br />

von hsp für hsp“<br />

Leiterin des WIFI-Lehrgangs<br />

„Experte/Expertin<br />

für HSP (Hochsensitive/<br />

Hochsensible Personen)“<br />

am WIFI Wien<br />

www.sohreya.net<br />

www.hochsensitiv.net<br />

10 | JUNI <strong>2020</strong><br />

Und plötzlich war alles anders.<br />

Corona hat die Welt auf den<br />

Kopf gestellt. Was die einen<br />

mit einem insgeheimen Seufzer<br />

der Erleichterung als lange ersehnte<br />

Entschleunigung und verordnete Auszeit<br />

empfanden, wurde für andere zur Zerreißprobe.<br />

Zwischen Herausforderungen<br />

wie Verdienstentgang und Existenzangst<br />

oder beim täglichen Jongleursakt von<br />

Home Office und Home Schooling lagen<br />

bei HSP (Hochsensitiven Personen) mit<br />

Kindern etliche Wochen die Nerven blank.<br />

Dazu kam bei vielen das Bangen um die<br />

Gesundheit ihrer Lieben.<br />

Die erlebten Realitäten waren und sind so grundverschieden<br />

wie die hochsensitiven Leben jedes und jeder<br />

Einzelnen. Die schnellere Reizüberflutung, die auch<br />

schon bisher im Alltag für HSP der Knackpunkt war,<br />

kann sich in Zeiten von Angst und Stress noch einmal<br />

zuspitzen. Dann ist es besonders wichtig, auf seine<br />

täglichen Momente des Innehaltens zu achten und – sei<br />

es nur auf der Toilette für wenige Minuten – seinen<br />

Gefühlen liebevolle Aufmerksamkeit zu schenken.<br />

Eine Meditation zum Erden, Himmeln und Zentrieren im<br />

Herzen unterstützt dabei, gut im Körper und mit dem<br />

Bauchgefühl verbunden, angebunden und offen für Eingebungen<br />

sowie mit der inneren Stimme, der Intuition<br />

in Kontakt zu sein. Dadurch gelingt es leichter, einen<br />

kühlen Kopf zu bewahren, wenn es darauf ankommt,<br />

und nicht in Stressmuster abzurutschen.<br />

Während Ausnahmezuständen<br />

ist es sehr anzuraten, die<br />

Selbstfürsorge auf keinen Fall<br />

zu vernachlässigen. Sei es durch<br />

Energiearbeit, Yoga, Qi Gong oder<br />

Waldspaziergänge, Ausflüge ans<br />

Wasser und Sonnetanken … jeder<br />

und jede kennt den persönlichen<br />

Seelenbalsam, der das Innerste<br />

nährt. Bei allem Dasein für andere<br />

sollten gerade HSP nicht auf sich<br />

selbst vergessen. Regelmäßiges<br />

Entstressen verhindert, dass nach<br />

einer Dauerphase unter Hochdruck<br />

und Stresshormonen das Immunsystem<br />

schlapp macht. Da heißt es<br />

gerade in Zeiten wie diesen ganz<br />

besonders bewusst gegensteuern.<br />

HSP können zwar in kritischen Situationen<br />

Ressourcen mobilisieren,<br />

die ihnen viele gar nicht zutrauen<br />

würden und mit besonderer Klarheit<br />

sowie Besonnenheit agieren.<br />

Manchmal wird ihnen jedoch erst<br />

im Nachhinein die volle Tragweite<br />

des Erlebten bewusst und spürbar.<br />

Bei besonderer Dünnhäutigkeit<br />

hilft zuweilen Nachrichtenfasten.<br />

Nicht zu viele Medien und Internetnachrichten<br />

zu verfolgen, hilft,<br />

in der Ruhe zu bleiben, statt sich<br />

dem Feld der Angst hinzugeben.<br />

Die Balance zwischen Informiertheit und<br />

gesundem Abstand ist dabei ganz wesentlich.<br />

Zum Glück haben HSP ein sehr starkes<br />

inneres Sensorium und intuitives Wissen, auf<br />

das sie immer wieder zurückgreifen können.<br />

Wenn sie sich selbst erlauben, ihm zu vertrauen.<br />

Wann, wenn nicht jetzt, ist die Zeit, sich<br />

dafür zu entscheiden?<br />

Foto: © DarkWorkX | pixabay.com


information & nachhaltigkeit<br />

Neue Kanäle:<br />

Corona & Kommunikation<br />

AUCH WENN MAN NUR ZUM FENSTER RAUSSCHAUT, SIEHT MAN DIE WELT<br />

(Wilhelm Raabe)<br />

Für mich waren, neben der unglaublichen<br />

Tragik dieser Pandemie, die<br />

letzten Wochen als Kommunikationstrainer<br />

sehr spannend. Durch<br />

diesen externen Schock haben sich<br />

nämlich unsere Sprachgewohnheiten<br />

mehrmals verändert.<br />

Zuerst waren viele wie gelähmt und<br />

konnten kaum kommunizieren, dann<br />

schlug alles ins Gegenteil um. Viele<br />

meldeten sich telefonisch bei mir und<br />

hielten überlange Monologe,<br />

da ihr Mitteilungsbedürfnis<br />

verständlicherweise sehr<br />

aufgestaut war.<br />

Es gab nur wenige Dialoge.<br />

Schließlich begannen auch<br />

die Videokonferenzen zu<br />

boomen, da den Menschen<br />

die Stimme alleine zu wenig war.<br />

Jede noch so große technische Hürde<br />

wurde plötzlich mühelos genommen,<br />

nur um seinen Gesprächspartner<br />

auch wieder einmal sehen zu können.<br />

Viele aus meinem Bekanntenkreis<br />

fehlte auch die Kommunikation über das<br />

Tasten. Jemanden, der einem sehr vertraut ist,<br />

nicht umarmen zu dürfen, war ein massives<br />

Problem. Viele Menschen nutzten diese Gelegenheit<br />

aber auch dazu, manche Kommunikationspartner<br />

nicht mehr zu kontaktieren.<br />

Sie beobachteten, wen sie in dieser speziellen<br />

Zeit überhaupt sprechen wollten, oder nicht.<br />

Auch Partner waren dazu gezwungen sich<br />

miteinander auseinanderzusetzen.<br />

Viele überlebten diese Pandemie partnerschaftlich<br />

nicht, andere entdeckten<br />

ihren Partner neu und sind seither<br />

frisch verliebt. So schlimm diese<br />

Krise auch für viele sein mag, so hat<br />

sie doch unsere Kommunikation<br />

nachhaltig verändert.<br />

Und das nicht unbedingt zum Nachteil<br />

…<br />

Felix Kurmayer<br />

Schauspieler, Studiosprecher<br />

und Kommunikationstrainer<br />

www.felix-kurmayer.at<br />

www.kurmayermedientraining.com/<br />

Foto © Merio | pixbay.com<br />

11 | JUNI <strong>2020</strong>


information & freizeit<br />

Botanische Weltreise:<br />

Die Blumengärten Hirschstetten<br />

DAS ERHOLUNGSGEBIET FÜR GROSS UND KLEIN IM 22. BEZIRK IN WIEN<br />

Tina Čakara<br />

Studentin<br />

Junge Autorin<br />

Foto: Fotostudio primephoto<br />

Ich streife durch Weinstöcke. In der<br />

Ferne kräht ein Hahn. Vor mir sehe<br />

ich gemütlich Ziegen grasen. Hennen<br />

picken auf der Erde herum. Der Bambus<br />

wirft lange Schatten. Schildkröten<br />

gleiten lautlos ins Wasser und tauchen<br />

unter. Ein Frosch quakt. Lavendelsträucher<br />

strömen intensiven Duft aus. Tulpen<br />

tanzen im Wind. Die Eule erwidert<br />

meinen Blick.<br />

Wo ich mich befinde? In Wien. Genauer<br />

gesagt: in den Blumengärten<br />

Hirschstetten.<br />

ES GIBT NICHTS, WAS ES NICHT GIBT<br />

Die Blumengärten Hirschstetten sind<br />

ein Erholungspark mit verschiedenen<br />

Themenbereichen: liebevoll eingerichtete<br />

Gärten mit Pflanzen aus England, Mexiko,<br />

China, Indien, der Provence, dem<br />

Mittelmeerraum und vielen weiteren Orten<br />

der Welt. Auch ein Irrgarten, ein Urzeitgarten<br />

und ein typisches Weinviertler<br />

Bauernhaus stehen den Besuchern und<br />

Besucherinnen kostenlos zur Verfügung.<br />

Eine botanische Weltreise, die einen an<br />

die entlegensten Orte führt, ohne dafür<br />

in ein Flugzeug steigen zu müssen.<br />

WAS BEWEGT SICH DENN DA?<br />

Neben Blumen, Bäumen und Sträuchern<br />

leben in den Blumengärten<br />

Hirschstetten auch eine Vielzahl an<br />

Tieren: Ziegen und Schafe, Kaninchen,<br />

Hühner, Eulen, Störche, Schildkröten,<br />

Frösche, Zwergmäuse, Insekten und<br />

Bienen und die flinken Ziesel, die sich<br />

auf dem gesamten Gelände ausgebreitet<br />

haben und einem immer wieder über<br />

den Weg huschen. Besonders für Kinder<br />

ist das ein unvergessliches Erlebnis, das<br />

Spaß macht und sie die Welt der Pflanzen<br />

und Tiere hautnah erleben lässt.<br />

FÜR JEDEN IST ETWAS DABEI<br />

Zwischen den einzelnen Themengärten<br />

und Tierbereichen kann man sich auf<br />

zahlreichen Bänken, Liegestühlen und<br />

Schaukelstühlen ausruhen und den<br />

Kindern dabei zusehen, wie sie sich auf<br />

den zwei Spielplätzen austoben. Breite<br />

Wiesen laden zum Picknicken und Sonnenbaden<br />

ein. Ein Teich mit Brücke und<br />

quakenden Enten rundet diese grüne<br />

Oase ab und lässt einen vergessen, dass<br />

man sich eigentlich in einer Großstadt<br />

befindet.<br />

Foto © Tina Cakara<br />

12 | JUNI <strong>2020</strong>


information & heimat<br />

Heimat:<br />

Ein Gefühl oder ein Ort?<br />

HEIMAT IST DER DUFT UNSERER ERINNERUNGEN<br />

(Anke Maggauer-Kirsche)<br />

75 Jahre Zweite Österreichische<br />

Republik! - Bei diesem Jubiläum<br />

bin ich über den Begriff „Heimat“<br />

gestolpert. Gestolpert, weil<br />

er ansonsten eher am Rande meines<br />

biografischen Weges liegt, und bis jetzt<br />

nicht sonderlich von mir beachtet wurde.<br />

Durch die Feierlichkeiten bekam er,<br />

der da so auf seinem Platz lag, immer<br />

da, nie wirklich versetzt und verloren,<br />

Aufmerksamkeit. Ich bin in Österreich<br />

geboren, und dieses Land nenne ich<br />

meine Heimat. In meiner Biografie ist es<br />

der geografische Ausganspunkt, aber<br />

nicht nur das, sogar ein Teil meiner<br />

Identität. Es ist nicht unwesentlich wie<br />

und wo man die erste Zeit seines Lebens<br />

verbringt. Beides hat Einfluss auf unser<br />

späteres Leben, denn es macht einen<br />

wesentlichen Teil unserer Biografie aus.<br />

Wo und wie habe ich die erste Zeit<br />

meines Lebens verbracht? Welche<br />

Umgebung habe ich erlebt, welche<br />

Menschen, Sprachen, Gewohnheiten und<br />

Rituale umgaben mich? Was davon war<br />

prägend, und konnte ich dort Heimat<br />

finden?<br />

Heimat eine weit gefasste Begrifflichkeit.<br />

Heimat - ausgehend von einigen vom<br />

Gartenzaun begrenzten Quadratmetern,<br />

bis hin zu einem ganzen Kontinent.<br />

Und schließlich Heimat als größte, und<br />

gleichzeitig kleinste mögliche Ausdehnung:<br />

Der Heimat, die da ist, wo ich bin.<br />

Die Heimat, die jeder mit sich trägt, ist<br />

wahrscheinlich die erste Umgebung,<br />

die einen geprägt und die zu unserem<br />

„Gewordensein“ beigetragen hat. Aus<br />

der heraus wir unsere Identität ein Stück<br />

weit begründen, die manchmal ein leichtes<br />

und manchmal ein schweres Gebäck auf unserer<br />

Reise darstellt. Die verleugnet, mit Stolz<br />

getragen, verflucht, geliebt, schmerzvoll, verloren<br />

geglaubt und neu gefunden sein kann.<br />

Die wir aber immer mit uns tragen.<br />

Diese Art der Heimat ist der Ort, die Umgebung,<br />

das Land, in dem wir die ersten Jahre<br />

unseres Lebens verbracht haben. Der Ort, der<br />

das erste Band mit einem geknüpft hat. Ein<br />

Band, dessen Fäden aus den Menschen, der<br />

Sprache, der Landschaft, den Gerüchen, den<br />

Speisen, den Religionen, der Art zu leben,<br />

den Haltungen und Einstelllungen und der<br />

Art zu lieben besteht. Jedes weitere Band<br />

wird an dieses Erste angeknüpft.<br />

Mein erstes Band habe ich vor fast 50 Jahren<br />

mit Österreich geknüpft, in einer Siedlung<br />

mit ehemals Heimatlosen, aus dem<br />

Krieg geflohenen. Ausnahmslos alle<br />

Familien, die dort wohnten, hatten<br />

in erster oder zweiter Generation<br />

ihren primären Heimatort verloren.<br />

Ich war umgeben von sämtlichen<br />

Sprachen, Deutsch mit starken Akzenten,<br />

verschiedenen Gerüchen, Speisen,<br />

gegenseitigen Vorurteilen, Vertrauen,<br />

Misstrauen und Arten zu leben. Nur<br />

eines hatten fast alle gemeinsam –<br />

Österreich war nicht das Land ihrer<br />

Geburt, und fast alle waren damit<br />

beschäftigt ihr Band mit diesem Land<br />

zu verknüpfen. Dieses Land hat sie geprägt<br />

und wurde ihnen zur Heimat. Heimat<br />

und Identität, verwoben mit individuellen<br />

Fäden zu einem Band, das anderen ähneln<br />

kann, aber immer einzigartig bleibt, und ein<br />

Teil seiner Biografie ausmacht.<br />

Roswitha Maderthaner<br />

Kindergartenleiterin<br />

Montessoriepädagogin<br />

Akademische Trainerin<br />

Dipl.Biografiearbeiterin<br />

zur Zeit Studium der<br />

Elementarpädagogik<br />

Foto © Christian Dorn | pixabay.com<br />

13 | JUNI <strong>2020</strong>


information & gesellschaft<br />

Lernen von Corona:<br />

Lernen mit Zukunft / für die Zukunft<br />

SOLLEN ES „NUR“ DIE MASKIERTEN ELEFANTEN SEIN, DIE WIR AUS DER<br />

KRISE <strong>MIT</strong>NEHMEN?<br />

Patricia Weiner<br />

Coaching & Beratung<br />

www.nah-am-leben.at<br />

Foto © Dzoko Stach | pixabay.com<br />

14 | JUNI <strong>2020</strong><br />

Ziel sei es in die alte Normalität<br />

zurück zu kehren und das so<br />

schnell als irgendwie möglich –<br />

so der kollektive Ruf da draußen.<br />

Aber was war das eigentlich diese alte<br />

Normalität? Und was ist neu an der<br />

jetzigen neuen Realität, in der wir leben?<br />

Unser derzeitiges Leben, ist begleitet<br />

und geleitet durch dieses nicht angreifbare,<br />

plötzlich auftretende und uns<br />

alle in eine Ausnahmesituation versetzende<br />

Corona-Virus. Und dieses bringt<br />

so einiges Neues, nie Gedachtes oder<br />

Erwartetes mit sich. Da gibt es plötzlich<br />

Masken vor unseren Gesichtern und<br />

Elefanten zwischen uns. Und sonst?<br />

Corona und die damit einhergehenden<br />

nationalen Maßnahmen haben das Land<br />

in einen Krisen-Modus versetzt und damit<br />

uns alle mit. Für viele Menschen war<br />

diese Ausnahmesituation auch Auslöser<br />

für eine persönliche Krise. Existenzielle<br />

Ängste, Einsamkeit und kaum ertragbare<br />

Lebensumstände haben viele Menschen<br />

in einen persönlichen Krisen-Modus verfrachtet,<br />

dessen Auswirkungen teilweise<br />

erst jetzt richtig ans Tageslicht gelangen.<br />

Vielen Menschen geht es schlecht und<br />

sie kämpfen mit ihrer persönlichen Krise,<br />

während rund um sie schön langsam<br />

alles wieder zum Leben erwacht und in<br />

den „alten Modus“ zurückkehrt. Aber<br />

ist das wirklich das was wir wollen? Soll<br />

nach Corona vor Corona sein? Sollen es<br />

„nur“ die maskierten Elefanten sein, die<br />

wir aus der Krise mitnehmen?<br />

Wir haben uns DAS gewünscht. Die „alte<br />

Normalität“, den alten Modus und doch<br />

ging es jetzt vielen von uns zu schnell.<br />

Viele Menschen in meinem beruflichen<br />

und privaten Umfeld kämpfen gerade<br />

mit dem Wiedereinstieg in das alte<br />

Normale. Schauen etwas wehmütig<br />

zurück auf die absolute Ausnahme.<br />

So angsteinflößend, beunruhigend,<br />

anstrengend, existenzbedrohend diese<br />

Ausnahmesituation auch war, hatte sie<br />

doch auch ihre gute Seite.<br />

Was war durch die Ausnahmesituation<br />

möglich? Für welche Tätigkeiten hatte<br />

ich plötzlich Zeit, die sonst hintenangestellt<br />

werden? Welche Dinge, Situationen,<br />

Rituale habe ich auch genossen?<br />

Was war möglich, weil die Zeit stillzustehen<br />

schien? Welche Projekte habe ich<br />

umgesetzt? Welche positiven Entwicklungen<br />

nahm das Familienleben? Was<br />

hat mir eigentlich gar nicht gefehlt? Und<br />

was doch? Welche Gewohnheiten konnte<br />

ich nicht verfolgen und welche neuen<br />

haben sich etabliert? Welche positiven<br />

Folgen hatten meine Handlungen in<br />

dieser Zeit für mein Umfeld und meine<br />

Umwelt?<br />

Kurz: Welche Veränderungen hat diese<br />

Situation gebracht, die sich als positiv<br />

für mich und unsere Welt erwiesen<br />

haben?<br />

Was können wir als Gesellschaft und<br />

was kann jede und jeder einzelne von<br />

uns aus der Krise mitnehmen? Was<br />

können wir lernen und verändern um<br />

aus der Welt von morgen eine bessere<br />

als gestern zu machen?<br />

Die Frage, die bleibt ist: Gewinnt der<br />

altbekannte Schweinehund das Rennen?<br />

Oder trauen wir uns einen maskierten<br />

Elefanten zu reiten?


Sie wissen selbst am besten, womit<br />

Sie Ihr Wissen ergänzen wollen!<br />

Stellen Sie Ihr eigenes Ausbildungsprogramm zusammen<br />

Ausbildung für Jung und Alt<br />

• Sie lernen am Ort Ihrer Wahl.<br />

• Sie lernen mit Ihrer eigenen Geschwindigkeit<br />

• Sie wählen Ihre eigenen Lernzeiten<br />

FERNLEHRGANG mit interaktiven Elementen<br />

Ausbildung a`la carte<br />

IMPROVE-Bildung mit Zukunft<br />

Foto: © pixabay.com<br />

www.improve.or.at/a-la-carte.html<br />

23 | 7 SEPTEMBER | DEZEMBER 15 | MÄRZ 2018 2019 <strong>2020</strong>


information & erziehung<br />

Erziehung ist (k)ein Kinderspiel:<br />

Immer wieder Belehrungen!<br />

IM WIDERWILLEN IST OFT MEHR WOLLEN ALS WILLEN (Friedrich Löchner)<br />

Mag. a Maria Neuberger-<br />

Schmidt<br />

Autorin und Gründerin<br />

Verein Elternwerkstatt<br />

www.elternwerkstatt.at<br />

Foto: Ingrid Perger<br />

Elternwerkstatt<br />

Eine der wichtigsten Aufgaben<br />

für Eltern und Erziehende ist es,<br />

Kindern verständlich zu machen,<br />

welches Verhalten annehmbar<br />

ist oder nicht, damit sie im Laufe der<br />

Jahre lernen, sich in Familie, Schule und<br />

Gesellschaft zu integrieren.<br />

Diese Bemühungen, und seien sie noch<br />

so gut gemeint, stoßen aber oft auf Widerstand<br />

– vor allem, wenn sie in Form<br />

von Belehrungen ablaufen. Das bedeutet<br />

nicht, dass Ihr Kind böse ist oder dass<br />

es Sie ablehnt, sondern es liegt in der<br />

Natur der Sache, dass es zu Auseinandersetzungen<br />

kommt. Wenn Sie diese<br />

mit Verständnis, Offenheit und Humor<br />

führen, werden Sie selbst in scheinbar<br />

schwierigen Fällen gut über die Runden<br />

kommen. Dabei gilt es, einige Punkte zu<br />

beachten.<br />

SEIEN SIE <strong>MIT</strong> BELEHRUNGEN<br />

SO SPARSAM WIE<br />

MÖGLICH<br />

Kinder wehren sich gegen<br />

die „Besserwisserei“ der<br />

Eltern und Erzieher. Geht<br />

es Ihnen nicht auch so,<br />

wenn Ihnen Ihr Partner, die<br />

Schwiegermutter oder der<br />

Vorgesetzte die „fertige<br />

Lösung“ serviert,<br />

und sei sie noch<br />

so optimal? Kein<br />

Wunder, enthalten<br />

doch solche Aussagen<br />

die versteckte, meist gar<br />

nicht beabsichtigte, dafür<br />

aber umso wirksamere Botschaften wie „du<br />

verstehst nichts davon – du bist zu klein/ zu<br />

dumm – ich traue dir nicht zu, das Problem<br />

selber zu lösen– dies ist eine willkommene<br />

Gelegenheit, mein Wissen unter Beweis zu<br />

stellen, ob du darum gebeten hast, oder<br />

nicht!“ Manche Kinder haben so problematische<br />

Erfahrungen mit Belehrungen, dass sie<br />

im Umgang mit Autoritäten von Haus aus<br />

allergisch reagieren – viele Lehrer wissen ein<br />

Lied davon zu singen, aber nicht immer, wie<br />

sie mit dieser Problematik umgehen sollen.<br />

ZUHÖREN UND NACHFRAGEN<br />

Lassen Sie Ihr Kind seine eigenen Erfahrungen<br />

machen und helfen Sie ihm durch<br />

bewusstes Zuhören und Nachfragen, seine<br />

Eindrücke zu verarbeiten und Einsicht zu<br />

gewinnen. Drängen Sie Ratschläge nicht<br />

auf – dann wird es viel lieber auf Sie hören.<br />

Wenn Ihr Kind spürt, dass es ernst genommen<br />

und mit Liebe und Respekt behandelt<br />

wird, dann wird es bereit sein, Einsicht zu<br />

zeigen und gelegentlich notwendige Gebote<br />

oder Verbote (wenn auch nicht immer ohne<br />

Murren) von Ihnen akzeptieren und nicht als<br />

elterliche Willkür empfinden.<br />

Zu Ihrem Trost: wenn Ihr Kind Unmut und<br />

Widerspruch äußert, ist dies immer auch ein<br />

Zeichen des Vertrauens. Wäre es verängstigt<br />

oder eingeschüchtert, würde es dies gar<br />

nicht wagen. Außerdem wissen Sie, woran<br />

Sie sind und haben die Möglichkeit, eine<br />

konstruktive Lösung für ein eventuelles<br />

Problem zu finden.<br />

Foto: © Milu Cernochova-pixabay.com<br />

16 | JUNI <strong>2020</strong>


information & bewusstsein<br />

Solidarität in der Krise:<br />

Entdecken der Verbundenheit?<br />

JE BESSER ES DEN MENSCHEN GEHT, DESTO STÄRKER<br />

ERLEBEN WIR EINE ENTSOLIDARISIERUNG UNTER IHNEN (Regine Hildebrandt)<br />

Wenn Sie den Titel lesen<br />

„Solidarität in der Krise“ –<br />

kämen Sie dann auf die Idee,<br />

dass dieser ZWEI Bedeutungen<br />

haben könnte? Vielleicht bin ja<br />

ich „beschränkt“, ewig fokussiert auf<br />

das Gute, Wahre und Schöne – ich sah<br />

gar keine zweite Möglichkeit: Klar, die<br />

Corona-Krise hat uns alle zusammenrücken<br />

lassen, eine neue Solidarität in der<br />

Krise entstehen lassen. Was sonst?! Erst<br />

das Vorwort in dem mir zugefallenen,<br />

schmalen „Tagungsband“ zu einem<br />

Symposion im Frühjahr 2011 ließ mich<br />

aufmerken: Ah, die meinten und diskutierten<br />

damals darüber, dass und warum<br />

die Solidarität in der Krise wäre …<br />

Faszinierend, was ein zehnwöchiger<br />

„Stillstand“ & Rückzug ins Private,<br />

ausgelöst durch einen unsichtbaren<br />

Feind namens Covid 19, bewirken kann.<br />

Wir haben plötzlich wieder unsere/n<br />

Nachbarn wahrzunehmen begonnen. Mit<br />

Gesprächen, Hilfsanboten, Besorgungen,<br />

Aufmunterungen, kurz: mit solidarischem<br />

Handeln.<br />

ZUSAMMENHALTEN!<br />

Solidarität oder solidarisch (von lateinisch<br />

solidus „gediegen, echt, fest“) bezeichnet<br />

eine zumeist in einem ethischpolitischen<br />

Zusammenhang benannte<br />

Haltung der Verbundenheit mit – und<br />

Unterstützung von – Ideen, Aktivitäten<br />

und Zielen anderer. Sie drückt den<br />

Zusammenhalt zwischen gleichgesinnten<br />

oder gleichgestellten Individuen und<br />

Gruppen und den Einsatz für gemeinsame<br />

Werte aus. Der Gegenbegriff zur<br />

Solidarität ist die Konkurrenz.<br />

Corona ist eine gute Lehrerin, oder?<br />

Was DIE alles zustande gebracht hat:<br />

Von Homeschooling über vermehrte<br />

Achtsamkeit bis zum Respektabstand.<br />

Angewandte Mitmenschlichkeit! - Und<br />

wenn’s nur der „stärkende Zusammenhalt<br />

gegen den bösen Angreifer“ gewesen<br />

sein mag. Hoffentlich bleibt diese,<br />

wenn der Schrecken weg ist.<br />

„Nur eine solidarische Welt kann eine<br />

gerechte und friedvolle Welt sein.“<br />

(Richard von Weizsäcker)<br />

Dr. Manfred Greisinger<br />

Autor, Trainer<br />

Buch-Projekt-Begleiter<br />

Vortragender<br />

Selfness-Coach<br />

ICH-Marke-Pionier<br />

25 Bücher bisher –<br />

aktuell: „Heimkehr –<br />

Liebesgeschichte Leben“<br />

www.stoareich.at<br />

Foto: © Gernot Blieberger<br />

Foto: © Gerd Altmann | pixabay.com<br />

17 | JUNI <strong>2020</strong>


e<br />

r<br />

aber<br />

lig.<br />

istiker<br />

information & pädagogik<br />

SOS-Familientipps:<br />

Achtung, Fake News<br />

MEDIENKOMPETENZ IST WICHTIGER DENN JE<br />

sche<br />

war<br />

kt, aber<br />

alig.<br />

horistiker<br />

Katrin Grabner<br />

Expertin für Kinderrechte<br />

und Online-Sicherheit von<br />

Kindern und Jugendlichen<br />

SOS-Kinderdorf<br />

www.sos-kinderdorf.at/<br />

familientipps<br />

Foto:© Thorsten Behrens<br />

Foto: © Manfred Steger | pixabay.com<br />

18 | JUNI <strong>2020</strong><br />

In der aktuellen Krise wird deutlich,<br />

dass sich viele Kinder und Jugendliche<br />

schwer tun, Fake News zu<br />

erkennen. Wie können Eltern ihre<br />

Kinder im Umgang mit digitalen Medien<br />

unterstützen?<br />

In Zeiten der Unsicherheit wächst das<br />

Bedürfnis nach Information. Zur aktuellen<br />

Entwicklung des Coronavirus gibt<br />

es fast im Minutentakt neue Nachrichten<br />

– doch nicht alle davon stimmen.<br />

„Falschmeldungen und Gerüchte können<br />

besonders in Krisenzeiten zusätzliche<br />

Ängste schüren. Eltern sollten darum<br />

mit ihren Kindern besprechen, welchen<br />

Nachrichten man vertrauen kann, und<br />

wie man Fake News erkennt. Wir haben<br />

konkrete Tipps, wie Familien mit der<br />

aktuellen Nachrichtenflut gut umgehen<br />

können:<br />

#1 <strong>MIT</strong> GUTEM BEISPIEL VORAN<br />

Besprechen Sie mit Ihrem Nachwuchs,<br />

welche Medien über gesicherte Informationen<br />

berichten, und welche mit<br />

reißerischen Schlagzeilen Aufsehen<br />

erregen wollen. Gehen Sie dabei als<br />

gutes Vorbild voran und legen Sie selbst<br />

einen Medienstopp ein – zum Beispiel,<br />

indem Sie nicht laufend Ihre Social Media<br />

Kanäle checken, in denen viele – teils<br />

absurde – Infos zu Corona kursieren.<br />

Verfolgen Sie die Nachrichten gezielt ein<br />

bis zwei Mal am Tag in der Familie und<br />

besprechen Sie die Neuigkeiten mit den<br />

Kindern.<br />

#2 WEITERVERBREITUNG<br />

VERHINDERN<br />

Gerüchte leben davon, dass jemand sie<br />

verbreitet. Jeder und jede Einzelne, der<br />

eine Falschmeldung weiterleitet, trägt<br />

zur Verunsicherung anderer bei. Erklären<br />

Sie darum Ihren Kindern, wie wichtig es<br />

ist, nicht vorschnell Infos zu teilen, die<br />

einem Angst machen oder schockierend<br />

erscheinen. Motivieren Sie Ihr Kind, Nachrichten,<br />

die es beschäftigen, mit Ihnen<br />

zu besprechen. Gemeinsam können Sie<br />

dann in Ruhe herausfinden, ob an der Info<br />

tatsächlich etwas dran ist.<br />

#3 WERDEN SIE ZU FAKE NEWS<br />

DETEKTIVEN!<br />

Fake News zu erkennen, kann man üben.<br />

Um Ihre Kinder zu dem Thema zu sensibilisieren,<br />

können Sie Nachrichten gemeinsam<br />

diesen Checks unterziehen:<br />

• Lassen Sie sich nicht von einem reißerischen<br />

Titel fangen, sondern lesen Sie<br />

die ganze Geschichte. Wenn diese wenig<br />

Erklärungen liefert, könnte leicht etwas<br />

faul sein.<br />

• Kontrollieren Sie den Absender: Woher<br />

stammt die Nachricht? Webseiten oder<br />

Blogs sollten dazu ein Impressum haben<br />

(meist ganz unten). Wenn sich dort keine<br />

nachvollziehbaren Angaben finden, ist oft<br />

auch die Nachricht nicht viel wert.<br />

• Falschmeldungen erscheinen mitunter<br />

im Design bekannter Medien, um glaubwürdig<br />

zu wirken. Ein genauer Blick auf<br />

die Browser-Zeile im Internet zeigt, ob<br />

tatsächlich der vermutete Absender dahinter<br />

steckt. Oftmals unterscheidet sich die<br />

URL nur minimal vom Original – wie<br />

durch einen zusätzlichen Bindestrich<br />

oder einer anderen Endung.<br />

• Schauen Sie gemeinsam nach, ob<br />

sich die Inhalte auf anderen Medienportalen<br />

wiederfinden. Zum


information & & pädagogik forschung<br />

WIR SETZEN IMPULSE<br />

Beispiel über eine Google-Suche unter dem<br />

Karteireiter „News“. Wenn andere AutorInnen<br />

und Medien bereits zu dem Thema geschrieben<br />

haben, ist das glaubwürdiger, als wenn<br />

sich immer nur die gleiche Meldung wiederfindet.<br />

#4 DEN EIGENEN AUGEN NICHT TRAUEN<br />

Vor allem in den sozialen Medien kursieren<br />

viele teils lustige, teils irritierende Fotos zum<br />

Thema Corona. Bilder wirken oft vertrauenswürdiger<br />

als Worte – doch auch sie können<br />

gefälscht oder aus dem Zusammenhang<br />

gerissen sein. Vergewissern Sie sich mit einer<br />

„Rückwärtssuche“, ob ein Bild wirklich im<br />

richtigen Kontext verwendet wird: Speichern<br />

Sie dazu das Bild ab und laden Sie es in der<br />

Google-Bildersuche hoch. Nun werden alle<br />

Websites angezeigt, die dasselbe Bild verwenden<br />

und Sie können den Ursprung eines Bildes<br />

ermitteln.<br />

http://magazin.Lmzukunft.at<br />

#5 FAKE NEWS PROFIS FRAGEN<br />

Es gibt eigene Webseiten und Datenbanken,<br />

die sich darauf spezialisiert haben, über<br />

Gerüchte und Fake News zu berichten. Auf<br />

hoaxsearch.com oder mimikama.at sind zum<br />

Beispiel viele Falschmeldungen<br />

gesammelt.<br />

UNSER INFO-SERVICE<br />

WIR INFORMIEREN SIE 4-6 MAL IM JAHR ÜBER NEUIGKEITEN<br />

BEI "<strong>LERNEN</strong> <strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong>".<br />

RECHTZEITIG INFORMIEREN WIR ÜBER DEN<br />

ERSCHEINIGUNGSTERMIN ERSCHEINUNGSTERMIN DES DES IMPULS-MAGAZINS.<br />

TRAGEN SIE SICH IN DIE VERTEILERLISTE UNSERES INFO-<br />

NEWSLETTER-SERVICES EIN - UND SIE WERDEN<br />

INFORMIERT<br />

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ANMELDUNG:<br />

http://magazin.Lmzukunft.at/anmeldung.html<br />

19 | JUNI <strong>2020</strong>


information & wissenschaft<br />

Die Meinungs-Kehrtwende:<br />

Tierversuche? NEIN DANKE???<br />

WIE SCHNELL SICH DOCH DER WIND DER ÖFFENTLICHEN MEINUNG DREHT<br />

Thomas Kolbe<br />

Fachwissenschaftler<br />

für Versuchstierkunde,<br />

Ao. Prof. für die<br />

Service-Plattform<br />

Biomodels Austria<br />

Veterinärmedizinische<br />

Universität Wien<br />

Foto: © Alexandra Koch | pixabay.com<br />

20 | JUNI <strong>2020</strong><br />

Sehr viele Menschen weltweit<br />

machen momentan eine extrem<br />

schwierige Zeit durch. Durch diese<br />

außergewöhnlichen Bedingungen<br />

ist es vermutlich zu erklären, dass<br />

sich die Meinung der Öffentlichkeit zu<br />

Themen wie Impfungen, Forschung und<br />

Tierversuchen um 180 Grad gedreht hat,<br />

wenn man nach den Schlagzeilen der<br />

Presse geht: Noch bis vor wenigen Monaten<br />

wurde der Sinn von Masernimpfungen<br />

diskutiert. Jahrzehntelang haben<br />

viele von der Herdenimmunität profitiert.<br />

Bis fast alle nach dem Motto ›sollen die<br />

anderen sich impfen lassen und ich bin<br />

dann geschützt‹ gehandelt haben. Mit<br />

zunehmenden Krankheitsausbrüchen in<br />

den letzten Jahren. Dabei ist das keine<br />

harmlose Kinderkrankheit, sondern kann<br />

bei Kindern zu ernsthaften Komplikationen<br />

mit dauerhaften Gesundheitsschäden<br />

führen. Und wehe, wenn sich ein<br />

Erwachsener diese Krankheit zuzieht.<br />

Bei Männern ist häufig Unfruchtbarkeit<br />

die Folge, aber auch andere<br />

schwere Schäden können zurückbleiben.<br />

Gegen die jährlich auftretende<br />

Influenza haben sich nur noch 8%<br />

der österreichischen Bevölkerung<br />

impfen lassen. Obwohl 83% den<br />

Nutzen von Impfungen anerkennen.<br />

Dabei kam Influenza nun<br />

wirklich nicht unerwartet. Jetzt trifft<br />

uns ein neuer Virus mit voller Wucht<br />

und alle können es nicht erwarten, dass<br />

ein Impfstoff zur Verfügung steht. Am<br />

besten gleich morgen. Dabei wird jetzt<br />

im Frühjahr z.B. schon mit der Massenproduktion<br />

des Influenza-Impfstoffes für<br />

den nächsten Herbst begonnen. Wenn es<br />

also einen wirksamen Corona-Impfstoff<br />

geben sollte, wird allein die Massenproduktion<br />

ein halbes Jahr dauern. Einen<br />

Impfstoff zu entwickeln, der eine gute<br />

und möglichst langanhaltende Immunreaktion<br />

hervorruft und dabei keine unerwünschten<br />

Nebenwirkungen hat, wird<br />

viele Monate dauern. Die Bildung von<br />

Antikörpern als gewünschtes Ergebnis<br />

einer Impfung dauert mindestens zwei<br />

Wochen. Erst dann weiß man über den<br />

Erfolg oder Misserfolg eines einzigen<br />

Versuchsdurchganges an Testpersonen<br />

Bescheid. Vor 60 Jahren kamen bei<br />

der voreiligen Anwendung eines Polio-<br />

Impfstoffes viele Kinder zu Schaden. So<br />

etwas soll sich keinesfalls wiederholen.<br />

Wenn also vielleicht nächstes Jahr ein<br />

Impfstoff in ausreichender Menge zur<br />

Verfügung steht, lassen sich hoffentlich<br />

mehr als nur 8% der Bevölkerung<br />

impfen. Und in den Jahren danach. Zum<br />

Glück werden 79% der Impfstoffe in<br />

Europa produziert. Dieser Industriezweig<br />

ist noch nicht aus Europa abgewandert.<br />

Das ist endlich einmal ein Vorteil der<br />

Europäer.<br />

Auch der Wert von Forschung allgemein<br />

wird nun anscheinend wieder mehr<br />

geschätzt. Es gibt viele Berichte über die<br />

Arbeit der Forscher. Dabei haben wir die<br />

ganzen Jahre nur Glück gehabt, dass<br />

bisher alle anderen gefährlichen Erreger<br />

außerhalb Europas geblieben sind, wie<br />

z.B. der Hendra-Virus 1994 in Australien,<br />

der Nipah-Virus 1998 in Malaysia, Sars<br />

2002 und Mers 2012 in Asien, Ebola<br />

2014 in Afrika und Zika-Virus 2015 in<br />

Südamerika. Hoffentlich wird die Forschung<br />

wieder besser finanziert, damit<br />

nicht weiterhin hoffnungsvolle junge<br />

Talente in das Ausland abwandern und<br />

wir solchen Krankheitserregern hilflos


information & wissenschaft<br />

gegenüber stehen und nur darauf hoffen<br />

können, dass rasch irgendwo anders ein<br />

Heilmittel entwickelt wird.<br />

Während die Meinung in einigen<br />

europäischen Ländern zuletzt dahin<br />

tendierte, Tierversuche möglichst rigoros<br />

abzuschaffen, dämmert jetzt in der Krise<br />

die Erkenntnis, dass man Forschung<br />

über das Immunsystem nicht komplett<br />

mit Zellkulturen bestreiten kann. Dazu<br />

braucht es auch lebende Organismen.<br />

Heiß begehrt sind aktuell Labormäuse<br />

mit einer gentechnischen Veränderung<br />

des ACE2-Rezeptors. Der bildet nämlich<br />

die Eintrittspforte für den Corona-Virus.<br />

Mit Hilfe dieser Mäuse kann man Details<br />

der Infektion studieren und Gegenmaßnahmen<br />

erproben. Leider gibt es nur<br />

kleine Zuchtkolonien dieser Mäuse bei<br />

einer Firma in Singapur und einem Labor<br />

in den USA. Selbst so fortpflanzungsfreudige<br />

Tiere wie Mäuse können sich nicht<br />

so schnell vermehren, wie sie Forscher<br />

aus aller Welt gerne in ihren Labors hätten.<br />

Es bleibt zu hoffen, dass auch nach<br />

Bewältigung dieser Krise das Verständnis<br />

für die Bedeutung von Forschung und<br />

deren breite Unterstützung von Seiten<br />

der Öffentlichkeit erhalten bleibt.<br />

LINKS:<br />

Influenza – errechnete Durchimpfungsrate<br />

Gesamtbevölkerung<br />

Österreich 2004-2019 laut<br />

ÖVIH;<br />

https://www.profil.at/wissenschaft/pseudomedizin-warumaerzte-unsinn-5544216<br />

https://www.aerztezeitung.at/archiv/oeaez-2015/<br />

oeaez-22-25112015/impfungen-impfskepsis-impfgegner-univ-prof-ursula-wiedermann-schmidt.html<br />

Bleiben Sie gesund und nutzen Sie dann<br />

hoffentlich bald die Möglichkeit einer<br />

Corona-Impfung.<br />

Foto: © Abhilash Jacob | pixabay.com<br />

21 | JUNI <strong>2020</strong>


information & bewusstsein<br />

Professor Abakus:<br />

Shutdown und „Zurück zur Natur“<br />

Das Thema Klimawandel wurde kurzfristig von Covid 19 abgelöst und<br />

viele haben die Zeit genutzt, Wohnung, Keller und Garage aufzuräumen.<br />

Einige besonders schlaue Füchse haben dann die Chance ergriffen, ihren<br />

Müll im Wald zu entsorgen. Herzlichen Glückwunsch und Servus an Müll<br />

und Unrat an diesem friedlichen Ort. Leere Dosen, Zigarettenkippen und Plastikverpackungen,<br />

Autoreifen, vollgestopfte Müllsäcke und Einweg-Mundschutzmasken,<br />

Kühlschränke und ausrangierte Bügelbretter, Gartenstühle und Griller, nur um einige<br />

aufzuzählen.<br />

Foto: © Mykola Velychko - Fotolia.com<br />

Diese Menschen hatten letztendlich auch keine andere Wahl, denn die Mistplätze waren<br />

Corona bedingt geschlossen. Und das überdehnt eindeutig die Nerven. Sich den Müll aufzuheben,<br />

unter Umständen noch im eigenen Keller und auf die Öffnung eines Mistplatzes<br />

zu warten, ist eine Zumutung. – Warten? Was glauben Sie eigentlich, wer ich bin? Und sollen<br />

sich doch andere für eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten einsetzen. Künftige<br />

Generationen? Mülltrennung? Die Natur? Ist mir doch wurscht. --<br />

Seit Millionen Jahren schützen die Wälder unser Klima. Und sie bieten vielen Lebewesen<br />

Schutz und Nahrung. Wald verbinde ich mit Geheimnis und Zauber und magische Anziehungskraft.<br />

Die Liebe zur Natur verbindet meine Familie. In den letzten Wochen sind wir<br />

in die Welt der Bäume, der Tiere und der inspirierenden Geschichten eingetaucht. Ich mag<br />

den Geruch des Waldes, das Holz und die unergründlichen Augen, die uns aus allen Richtungen<br />

beobachten. Die mystischen Geschichten über Elfen, Feen und Kobolde. Das Licht,<br />

das auf dem Waldboden tanzt, das Konzert der Frösche und die Spiegelungen im Wasser.<br />

Den weichen Boden, das Seufzen und Flüstern der Bäume.<br />

Wenn ich zu entscheiden hätte, müssten Natur und Wälder auf der ganzen Welt geschützt<br />

werden. Und zwar jetzt, sofort. Gegen Zerstörung und Ausbeutung durch den Menschen.<br />

Aber mich fragt ja keiner, wie immer.<br />

Ghostwriter: Birgit Menke<br />

Foto: © Annalise Batista | pixabay.com<br />

22 | JUNI <strong>2020</strong>


Symbolfoto © Daniel Gollner, Caritas Kärnten<br />

Freude am Lernen<br />

mit einer gesunden<br />

Jause!<br />

Schenken Sie eine gesunde Jause<br />

Die Lerncafés der Caritas sind ein kostenloses Angebot für SchülerInnen. Österreichweit<br />

gibt es 54 Lerncafés in denen vergangenes Jahr rund 2.100 Kinder auf<br />

dem Weg zu einem positiven Schulabschluss unterstützt wurden. Mit Ihrer Spende<br />

finanzieren Sie diesen Kindern eine gesunde Jause. Durch die Jause wird den<br />

Kindern auch das Thema gesunde Ernährung mit auf den Weg gegeben.<br />

schenkenmitsinn.at<br />

Die Welt für<br />

20 €<br />

besser machen


information & nachhaltigkeit<br />

Food 4 future – Teil 4:<br />

Wer die Saat hat, hat das Glück<br />

RADIESCHEN, BLATTSALATE, FRISCHE KRÄUTER UND MONATSERDBEEREN<br />

ERNTEN<br />

Mag. a Julia<br />

Geißler-Katzmann/<br />

selbstständige<br />

Ernährungswissenschafterin<br />

& Kinesiologin nach Dr. med.<br />

Klinghardt<br />

www.julika.at<br />

Vorträge und Workshops<br />

Nähere Informationen unter<br />

www.julika.at<br />

Vom Sammeln zum Anbau<br />

Saat- und Pflanzgut ist die<br />

Grundlage unserer Nahrung und<br />

der menschlichen Entwicklungsgeschichte.<br />

So wurde aus der Jäger- und<br />

Sammlergesellschaft die Garten- und<br />

Ackerbaukultur (vor ca. 12.000-10.000<br />

Jahren) geschaffen. Die Menschen<br />

wurden aufgrund des Ackerbaus und des<br />

Wissens rund um die Saatgutvermehrung<br />

sesshaft und haben begonnen Vieh zu<br />

halten. Der ewige Kreislauf der Natur und<br />

DIE Basis für ein gut funktionierendes Ökosystem wurde geschaffen.<br />

Von rund 3.000 Nahrungspflanzen sind circa 250 Kulturarten<br />

bekannt. Doch nur 20 Kulturarten tragen zu 90% der menschlichen<br />

Ernährung bei. Nur drei kultivierte Arten und das sind Weizen, Reis<br />

und Mais machen bis zu 50% der globalen Ernährung aus!<br />

In den letzten hundert Jahren hat ein dramatischer Verlust an<br />

Kulturarten und -sorten stattgefunden. So spricht die FAO (Food<br />

and Agriculture Organisation) von 75% der ehemals vorhandenen<br />

landwirtschaftlichen Vielfalt, die seit 1900 verloren gegangen ist.<br />

EINFALT BIRGT GEFAHREN<br />

Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass ein Mangel an Vielfalt<br />

verheerende Folgen nach sich ziehen kann. Denkt man an die<br />

Hungerkatastrophe in Irland (um 1845), die durch die unaufhaltsame<br />

Kartoffelseuche ausgelöst wurde. So starben rund 2 Millionen Iren.<br />

Die Ursache war vor allem die, dass die damaligen, irischen Kartoffelsorten<br />

alle hochgradig verwandt waren und daher in ihrer genetischen<br />

Einfachheit nicht resistent gegenüber der Pflanzenseuche.<br />

SORTENVIELFALT ERHALTEN – JETZT!<br />

Eine genetische Vielfalt bringt stabilere Systeme, bessere Anpassung<br />

an Klimaschwankungen und Bodenbeschaffenheit und sie ist resistenter<br />

gegen Krankheiten.<br />

Nicht zuletzt ist es mir aus ernährungsphysiologischer Sicht wichtig,<br />

dass auch eine Vielfalt an Inhaltsstoffe eine positive Auswirkung auf<br />

unsere Zell-Gesundheit hat. Zudem werden<br />

viele Formen, Farben und unterschiedliche<br />

Geschmäcker auf den Teller gezaubert,<br />

was die Lust auf gutes, frisches und selbst<br />

zubereitetes Essen steigert und einfach Spaß<br />

macht!<br />

BIODIVERSITÄT IST DEMOKRATIE<br />

Vandana Shiva (indische Wissenschafterin<br />

und Trägerin des „alternativen Nobelpreises“)<br />

spricht davon, dass die Vielfalt Demokratie<br />

und Frieden stiftet. Sie nennt das<br />

Beispiel, wie Indiens Wissenschafter*innen<br />

in der Natur ihr Lernfeld finden. In den Wald<br />

geht man um zu lernen und zwar: das Recht<br />

auf Gleichberechtigung. Dort findet man<br />

große Bäume, sowie kleine Kräuter und jeder<br />

hat seine Daseinsberechtigung, egal ob<br />

die Unterschiede in Größe, Form und Farbe<br />

vorhanden sind. Alle haben das gleiche<br />

Recht zu existieren. Und wenn man durch<br />

diese Artenvielfalt Demokratie erfährt und<br />

lernt, dann schafft man die Bedingungen<br />

und die Grundlage für Frieden!<br />

Dieser Vergleich hat mich sehr berührt,<br />

wenn wir es schaffen das unseren Kindern<br />

auf den Weg mitzugeben, dann haben wir<br />

viel erreicht!<br />

DIE <strong>ZUKUNFT</strong> DES ESSENS IS(S)T VIEL-<br />

FÄLTIG<br />

Lassen wir uns alte Sorten wieder schmecken,<br />

holen wir uns eine Vielfalt an Pflanzen<br />

in unsere Gärten, auf unsere Balkone und in<br />

unsere Küchen.<br />

Wie mundet ein „Malabarspinat“, wie<br />

schmeckt die „Ochsenherz-Tomate“?<br />

Bringen wir eine Vielfalt an Geschmack auf<br />

unseren Gaumen zurück!<br />

Denn je bunter unser Teller ist, desto mehr<br />

Nährstoffe erhält unser Körper.<br />

24 | JUNI <strong>2020</strong>


information & nachhaltigkeit<br />

Saatgut kann man ganz einfach online bestellen,<br />

aber es gibt auch Unternehmen, wie die niederösterreichische<br />

„Samengreisslerei“, die beispielsweise<br />

Gemüsekistl´n mit alten Sorten im Jahresabo verkaufen.<br />

Zu guter Letzt noch eine Übung, die aus der Naturpädagogik<br />

kommt und die uns das homeschooling<br />

immer wieder versüßt hat:<br />

„MEIN KLEINES STÜCK VOM GARTENGLÜCK“...<br />

Sinne und Achtsamkeit für unsere Vielfalt schärfen!<br />

Bereiten Sie ein Stück Karton (20 cm* 10 cm) vor, auf<br />

welches Sie ein breites, beidseitig klebendes Klebeband<br />

picken. Nun gehen Sie mit diesem „präparierten<br />

Karton“ in den Garten/ auf eine Wiese und versuchen<br />

Sie die vielen, verschiedenen Grüntöne festzuhalten,<br />

indem Sie sie aufkleben!<br />

WO KÖNNEN SIE SICH WEI-<br />

TER ÜBER BIODIVERSITÄT<br />

ODER SORTENRARITÄTEN<br />

INFORMIEREN?<br />

https://www.arche-noah.at/<br />

https://biologischevielfalt.at/<br />

https://www.reinsaat.at/<br />

https://samengreisslerei.<br />

at/<br />

http://www.vielfaltleben.<br />

at/<br />

Dies ist eine schöne Meditations- und Achtsamkeitsübung,<br />

die Ihnen und den Kindern gleichzeitig die<br />

Augen öffnet für die Vielfältigkeit der Farben, Formen<br />

und Gerüche! Viel Spaß dabei!<br />

Foto © Angel Glen | pixabay.com


information & integration<br />

Mehrsprachigkeitsansatz:<br />

Der Schlüssel zur sozialen Welt<br />

SPRACHENSENSIBLE GESTALTUNG DES PÄDAGOGISCHEN ALLTAGS<br />

Dr. in Karin Steiner ˇ<br />

zuständig für<br />

pädagogische Entwicklungen<br />

und Bildungskooperationen<br />

bei den<br />

Wiener Kinderfreunden<br />

Foto: Felix Zangerl<br />

26 | JUNI <strong>2020</strong><br />

LITERATUR<br />

Krumm,H.J. (2017): Mehrsprachigkeit<br />

als Ziel und als Rahmenbedingung.<br />

Vortrag im Rahmen von BIG am<br />

24.10.2017<br />

List, G. & List, G. (Hg.) (2001):<br />

Quersprachigkeit. Zum transkulturellen<br />

Registergebrauch in Laut- und<br />

Gebärdensprachen. Stauffenburg,<br />

Tübenburg.<br />

Tracy, R. (2008): Wie Kinder Sprachen<br />

lernen. Und wie wir sie dabei<br />

unterstützen können. Francke Verlag<br />

Ein bewusster Umgang mit der Ressource<br />

Sprache ist ein bildungspolitisches<br />

Ziel ersten Ranges.<br />

Denn diese hat die Aufgabe,<br />

junge Menschen zu einem Leben in einer<br />

mehrsprachigen Welt unter den Bedingungen<br />

der sprachlichen und kulturellen<br />

Vielfalt zu befähigen.<br />

„Das bedeutet zum einen, Kinder und<br />

Erwachsene, die bereits mehrsprachig<br />

sind, nicht einsprachig zu machen,<br />

sondern ihre Sprachen und sprachlichen<br />

Fähigkeiten zu nutzen und zu erweitern;<br />

und das bedeutet zum andern, auch<br />

einsprachigen Kindern früh einen Zugang<br />

zu Mehrsprachigkeit zu eröffnen.“<br />

(Krumm, 2017)<br />

Die Wiener Kinderfreunde stellen sich<br />

mit der Pilotierung eines neuen sprachensensiblen<br />

Ansatzes in ihren Piloteinrichtungen<br />

dieser Aufgabe.<br />

WIE KANN EINE POSITIVE HALTUNG<br />

GEGENÜBER DER MEHRSPRACHIG-<br />

KEIT IM KINDERGARTEN-ALLTAG<br />

KOMMUNIZIERT WERDEN?<br />

Die Antwort ist Potentiale entdecken<br />

und Ressourcen entfalten; sowohl bei<br />

den Kindern als auch beim Team. Das<br />

gesamte System des Kindergartens wird<br />

hierbei einbezogen, um Sprachressourcen<br />

optimal zu nutzen und alltagsintegrierter<br />

mehrsprachlicher Bildung<br />

institutionell einen Platz zu geben. Die<br />

Potentiale und Entwicklungen, die sich<br />

dabei zeigen, wenn Alle alle Sprachen<br />

sprechen dürfen, sind beeindruckend.<br />

Denn Kinder wollen von sich aus Sprache<br />

lernen, weil diese für sie der Schlüssel<br />

zur sozialen Welt ist.<br />

Sie brauchen Deutsch als Brückensprache für<br />

anderssprachige Kinder und lernen sie in kürzester<br />

Zeit, wenn sie dabei nicht zu sehr unter<br />

Druck gesetzt werden und sie keine Angst haben<br />

müssen, dass man ihnen ihre Sicherheitsund<br />

Selbstbewusstseinssprache verbieten oder<br />

diese durch Deutsch verdrängen will. Denn sie<br />

wollen dazugehören und anerkannt werden.<br />

Kinder übernehmen neue Sprachmodelle umso<br />

rascher, je enger sie den/die SprecherIn ins<br />

Herz geschlossen haben. (W. Maier 1988:73)<br />

Sprechen und Sprachenlernen sind somit eine<br />

soziale Angelegenheit, für jüngere Kinder in<br />

ganz besonderem Maße, wo die Dominanz der<br />

Familiensprache noch die nächsten ein/zwei<br />

Jahre vorherrscht. Es ist daher wichtig, Räume<br />

zu schaffen, in denen Kinder gerne kommunizieren<br />

in kleinen Gruppen, mit verschiedensprachigen<br />

Bezugspersonen, so dass auch zurückhaltende<br />

Kinder gefördert werden können.<br />

KINDER ALS SPRACHEXPERTINNEN…<br />

Dürfen Alle alle Sprachen sprechen, bekommen<br />

Kinder so auch die Gelegenheit, als ExpertInnen<br />

aufzutreten. Sie erleben, dass sie etwas<br />

Besonderes können, nämlich das Sprechen<br />

weiterer Sprachen. Diese Wertschätzung<br />

beeinflusst das Kind positiv in seiner Persönlichkeitsentwicklung,<br />

da Sprache ein Teil seiner<br />

Identität ist.<br />

Wichtig jedoch ist, beim einzelnen Kind<br />

zunächst zu erkennen, was es bereits kann<br />

(inkl. der weiteren Sprachen!), es individuell<br />

zu fördern und da »abzuholen«, wo es gerade<br />

steht – dies gilt für alle Bereiche, auch für die<br />

Sprachentwicklung.<br />

Nimmt man Kinder in dieser Individualität


information & integration<br />

wahr, so stellt man auch fest, dass die Kontexte der Mehrsprachigkeit<br />

verschieden sind und damit verbunden der<br />

sprachliche Input pro Sprache, der sich von Kind zu Kind<br />

sowohl in der Quantität als auch in der Qualität unterscheidet.<br />

Neben der Wertschätzung, die auch die intrinsische Motivation<br />

des Kindes, alle ihm bekannten Sprachen zu gebrauchen,<br />

erhöht, haben die sprachpädagogischen Fachkräfte<br />

insbesondere im Projekt auch auf den sprachlichen Input,<br />

das »Sprachangebot« (Tracy 2008), wert gelegt, denn dieses<br />

spielt eine entscheidende Rolle beim Sprachenlernen.<br />

Um dieses qualitativ, aber auch quantitativ zu verbessern,<br />

erhielt jede PädagogIn in ihrer Gruppe Unterstützung<br />

durch eine mehrsprachige SprachbegleiterIn. 4 Stunden<br />

täglich sorgte diese gemeinsam mit der PädagogIn dafür,<br />

dass das Sprachangebot interaktiver, vielfältiger, qualitativ<br />

hochwertiger sowie an den Interessen und Themen der<br />

Kinder orientiert stattfand. Dies sind wichtige Aspekte, um<br />

die Lernqualität, Speicherung und kognitive Leistung beim<br />

Spracherwerb zu verbessern.<br />

KINDER ALS SPRACHDETEKTIVE…<br />

Die sprachENsensibel gestaltete Bildungsarbeit und das<br />

aktive Nutzen aller Sprachpotentiale führte bei den Kindern<br />

auch dazu, dass sie als „Sprachdetektive“ (es wurde auch<br />

methodisch so angeboten) einen Einblick in das Funktionieren<br />

der verschiedenen Sprachen bekamen, indem sie<br />

die Möglichkeiten von Transfer und Interferenzen zwischen<br />

den Sprachen, die sie verwenden, auch im pädagogischen<br />

Alltag nutzen und darüber sprechen lernten. Darüber<br />

hinaus wurden produktive und rezeptive Fertigkeiten geübt<br />

mit dem Ziel, dass alle Kinder ein metalinguistisches und<br />

sprachenübergreifendes Sprachbewusstsein, Sprachlernstrategien<br />

und Sprachmanagementstrategien entwickeln,<br />

welche wichtige Kompetenzen für jegliches weitere Sprachenlernen<br />

darstellen.<br />

WAS MUSS ICH ALS PÄDAGOGIN DAZU WISSEN?<br />

Die Veränderung des sprachpädagogischen Alltags wurde<br />

durch die Fachberatung kontinuierlich begleitet und im<br />

Rahmen von Fort- und Weiterbildungen den teilnehmenden<br />

Piloteinrichtungen vermittelt. Dabei ging es um<br />

das Wissen über den mehrsprachigen Spracherwerb, linguistische<br />

Aspekte, als auch um die Frage nach geeigneten<br />

didaktischen Formaten sowie um das konkrete Einbeziehen<br />

der Erstsprache, um das sprachliche Repertoire der Kinder<br />

besser nutzbar machen zu können.<br />

sprachenansatzes ging es dem Projektträger auch um etwas<br />

Grundsätzliches, nämlich „die Mehr-und die Quersprachigkeit,<br />

das Sprachwechseln und das Sprachmischen, also die<br />

Normalität der Mehrsprachigkeit (vgl. List/ List 2001) in der<br />

Gesellschaft, in der Wirtschaft und in den Familien, auch im<br />

Bildungswesen Normalität werden zu lassen.“ Das Projekt<br />

BIG leistete hierzu einen entscheidenden Beitrag.<br />

Foto: © Archiv Wr. Kinderfreunde<br />

Foto: © WKF-C. Edinger<br />

Mit der Einführung des neuen sprachsensiblen Gesamt-<br />

27 | JUNI <strong>2020</strong>


information & erinnerung<br />

Harry Banaszak:<br />

Ein Kriegskind erzählt<br />

REICHSPOGROMNACHT 9. NOVEMBER 1938<br />

Harry Banaszak<br />

aus dem Buch<br />

"Keiner hat mich je gefragt"<br />

Zeitgut Verlag, Berlin.<br />

Harry Banaszak<br />

Keiner hat mich je gefragt<br />

Ein Kriegskind erzählt. 1931-1948<br />

160 Seiten, viele Fotos,<br />

Sammlung der Zeitzeugen (77),<br />

Zeitgut Verlag, Berlin.<br />

Broschur<br />

ISBN: 978-3-86614-239-8,<br />

Kühler Herbstwind fegte an diesem<br />

ersten November-Montag des<br />

Jahres 1938 über den Schulhof.<br />

Die Kastanien hatten ihre Blätter bereits<br />

verloren und streckten ihre kahlen Äste<br />

in den grauen Himmel. Ich fror während<br />

der großen Pause, daß mir kalte Schauer<br />

über den Rücken liefen und war froh,<br />

wieder zurück ins warme Klassenzimmer<br />

zu dürfen.<br />

Herrn Straeng kannte heute nur ein Thema:<br />

Er sprach über das Attentat in Paris.<br />

Er verdammte den feigen jüdischen Anschlag<br />

auf einen deutschen Diplomaten.<br />

Der Attentäter soll ein 17-jähriger Judenjunge,<br />

ein gewisser, Hersche Grynszpan,<br />

gewesen sein. Herr Straeng schaffte<br />

es, uns Jungen so einzuheizen, daß wir<br />

wütend wurden, daß wir diesen feigen<br />

Kerl verfluchten und über diese entsetzliche<br />

Tat entrüstet waren. Wie konnte der<br />

nur!<br />

Auch in Heises Kneipe und bei Vater im<br />

Laden wurde heiß über den Mord an dem<br />

deutschen Diplomaten Ernst vom Rath<br />

diskutiert.<br />

Unser Lehrer, der nur noch in seiner SA<br />

Uniform zur Schule kam, bearbeitete uns<br />

an den darauf folgenden Tagen in seiner<br />

eindringlichen Art zu glauben, daß alleine<br />

die Juden an allem Unglück unserer Welt<br />

schuld seien. Mit dem Rohrstock unterstrich<br />

er jedes seiner Worte. Und am<br />

Ende der Stunden waren wir Jungen fest<br />

davon überzeugt, daß das stimmte.<br />

Doch kaum zu Hause, die Schularbeiten<br />

hatte ich mit Oma B. gemacht, ging es<br />

zum Spielen rüber zu Herbert in<br />

den Kohlenkeller. Lehrer Straengs<br />

Worte waren vergessen.<br />

Bilder gucken war wichtiger. Herbert<br />

hatte zum Geburtstag eine Laterna magica<br />

bekommen. Mit dieser Zauberlaterne<br />

projizierte er bunte Märchen- und<br />

Tierbilder auf ein weißes Laken, bis die<br />

Kerze runter gebrannt war. Das war<br />

wie im Kino. Gerwin, Herbert und ich<br />

konnten uns an diesen bunten Malereien<br />

nicht satt sehen.<br />

Einmal in der Woche, immer am<br />

Mittwoch, war Oma-Tag. Auch heute,<br />

am 9. November, kam Oma B. zum<br />

Abendessen.<br />

Wenn die Laternen auf der Straße zu<br />

leuchten begannen, war in der<br />

Strelitzer Straße nichts los. Aber heute<br />

tat sich was. Eine Unmenge Lastwagen<br />

kamen von der Invalidenstraße her,<br />

brummten und schepperten gefährlich<br />

an unserem, sich unmittelbar über dem<br />

Bürgersteig befindlichem Kellerfenster<br />

vorbei.<br />

Vater hatte den letzten Kunden bedient<br />

und das Geschäft geschlossen, die Tür<br />

verriegelt. Mutter Liesbeth stellte gerade<br />

das Essen auf den Tisch. Plötzlich<br />

hörten wir von draußen eindringliches<br />

Schreien und Brüllen, so laut, daß<br />

es das Brummen der Motore übertönte.<br />

Vater, Mutter Liesbeth und Oma stellten<br />

sich an das Kellerfenster. Vater hob<br />

mich hoch, damit auch ich etwas sehen<br />

konnte.<br />

Ich sah, wie SA Männer drüben auf der<br />

28 | JUNI <strong>2020</strong>


information & erinnerung<br />

anderen Straßenseite Menschen vor sich her<br />

schubsten und sie auf die Ladeflächen der Wagen<br />

zerrten. Fensterscheiben wurden zerschlagen,<br />

Scherben klirrten auf den Bürgersteig.<br />

Möbel und Bettzeug flogen aus den Fenstern<br />

der oberen Wohnungen. Federn segelten im<br />

trüben Schein der Gaslaternen wie Schneeflocken<br />

durch die Gegend. Die großen Schaufenster<br />

der Schneiderei und des Seifenladens<br />

zerbarsten.<br />

Aus der Schneiderei kamen dunkle Gestalten,<br />

Stoffballen geschultert, und machten sich<br />

davon.<br />

„Mein Gott“, sagte Oma, „mein Gott, das<br />

sind doch auch Menschen! Mein Gott, mein<br />

Gott,“ wiederholte Oma immer wieder. Vater<br />

war kreidebleich im Gesicht, und ich zitterte<br />

vor Angst.<br />

„Hoffentlich kommen die nicht noch zu uns“,<br />

schluchzte Mutter Liesbeth.<br />

„Polen tun sie nichts“, entgegnete Vater,<br />

„außerdem sind wir deutsche Bürger.“<br />

„Aber die da drüben doch auch!“, erwiderte<br />

Oma.<br />

In dieser Nacht schlief keiner in unserer<br />

Straße. Ich erinnerte mich an die Worte des<br />

Lehrers, was er uns über die Juden gesagt<br />

hatte. War das wirklich wahr?<br />

Aber der Schneidermeister, der gerade auf<br />

die Straße getrieben und mißhandelt wurde,<br />

war zu uns Kinder immer so freundlich. Wenn<br />

Gerwin und ich zum Spielen ein Stück Strippe<br />

brauchten und zu ihm in den Laden gingen<br />

und nach einem Bindfaden fragten, guckte<br />

er ganz verschmitzt und sagte: „Nu, ihr zwei,<br />

wollt wohl wieder Pferd spielen und braucht<br />

Zaumzeug, nicht?“<br />

Wir nickten. Zum Bindfaden bekam jeder noch<br />

einen Pfefferminzbonbon. Mit einem freudigen<br />

„Danke“ flitzten wir auf die Straße und waren<br />

die glücklichsten Kinder der Welt.<br />

Auch Frau Grün aus dem Seifenladen, dessen Schaufensterscheibe<br />

gerade zu Bruch gegangen war, kannte ich, solange ich<br />

lebte. Frau Grün war immer freundlich. Bei ihr durften wir im<br />

Sommer, wenn die Sonne am späten Nachmittag noch schien,<br />

sogar auf der Treppe vor ihrem Laden sitzen. Sie verjagte uns<br />

nie wie die anderen Geschäftsleute.<br />

In den letzten großen Ferien hatte sie jedem von uns sogar<br />

einen Kreisel geschenkt, einen schönen bunten. Die<br />

Strelitzer Straße hatte bis zur Anklamer einen asphaltierten Straßenbelag.<br />

Hier konnten wir ungestört die Triesel (Kreisel) über<br />

den Asphalt peitschen. Die paar Pferdewagen, die zum Kuhstall<br />

fuhren, störten uns nicht. Den ganzen Herbst über waren wir<br />

beschäftigt, übten so lange, bis wir das Spiel beherrschten.<br />

Und das soll’n, wie Lehrer Straeng täglich behauptete, die Juden<br />

sein, die Deutschland und die Welt kaputtmachen?<br />

Unausgeschlafen machte ich mich am nächsten Morgen, auf<br />

den Weg zur Schule. Oma und Mutter Liesbeth hatten die ganze<br />

Nacht geweint.<br />

Überall auf der Straße lagen zerstörtes Mobiliar, zerrissene Kleidung<br />

und Scherben. Es sah aus, als hätten die Müllmänner alle<br />

Müllkästen auf die Bürgersteige geleert.<br />

Mit weißer Farbe waren Fassaden mit sechseckigen Sternen und<br />

Parolen gegen Juden beschmiert.<br />

Das Horst-Wessel-Lied, jeden Morgen von der Klasse zum<br />

Unterrichtsbeginn gesungen, tönte heute schwach aus dem<br />

Munde unseres Lehrers. Die erhobene Rechte zitterte, er war<br />

heiser und sah müde aus. Seine braunen Schaftstiefel waren<br />

staubig, nicht so blank geputzt wie sonst. Erst als Herr Straeng<br />

von der erfolgreichen Vergeltung erzählte, die letzte Nacht stattfand,<br />

lebte er auf und seine Augen glänzten trotz der „durchkämpften<br />

Nacht“.<br />

Weil wir so brav zugehört hatten, bekamen wir nach der zweiten<br />

Stunde frei. Wir durften nach Hause. Dafür sollten wir einen<br />

Aufsatz über die Juden schreiben. Für den Aufsatz bekam ich<br />

eine Sechs. Ich glaube, der Aufsatz war zu kurz. Oma B., bei der<br />

ich noch immer nach der Schule meine Schularbeiten machte<br />

und zu Mittag aß sagte, als ich sie fragte, was ich schreiben<br />

solle: „Schreib, Juden sind auch Menschen. Punkt.“ Und das<br />

hatte ich geschrieben.<br />

29 | JUNI <strong>2020</strong>


information & sport<br />

Als Einhand-Segler um die Welt:<br />

Im Grenzbereich des Möglichen<br />

NORBERT SEDLACEK - ÖSTERREICHS BEKANNTESTER EXTREMSEGLER<br />

Dipl.-Ing. Alexander Ristic<br />

Journalist<br />

Norbert Sedlacek stammt aus<br />

einer Wiener Familie. Nach der<br />

Schule und einer Ausbildung<br />

zum Kellner begann er eine<br />

Beamtenlaufbahn als Straßenbahnfahrer<br />

bei den Wiener Verkehrsbetrieben. Als<br />

Ausgleich zu seinem Beruf betrieb er Tae<br />

Kwon Do und war in der österreichischen<br />

Nationalmannschaft. Daneben machte er<br />

erste Erfahrungen im Segeln mit seinem<br />

Boot Oase I. Im Jahr 1996, mit 34 Jahren,<br />

kündigte Norbert Sedlacek seinen<br />

sicheren Job und wurde Extremsegler.<br />

Norbert Sedlacek hat das Segelabenteuer<br />

der Superlative bestanden: mit einem<br />

selbst gebauten, nur acht Meter langen<br />

Segelboot umrundet er als erster Österreicher<br />

einhand und in nur 23 Monaten<br />

die Welt.<br />

Der ehemalige Beamte wagte sich damit<br />

an ein Vorhaben, das bisher nur eine<br />

Handvoll Profisegler bewältigt haben:<br />

Fachliche Kompetenz und körperliche<br />

wie geistige Fähigkeiten mit Extremsituationen<br />

umzugehen sind dafür<br />

unabdingbare Voraussetzungen. Und es<br />

gelang ihm!<br />

Unter teilweise lebensbedrohlichen Umständen<br />

meisterte er alle Gefahren auf<br />

hoher See. Er überquerte den gesamten<br />

Nordatlantik und Teile des Karibischen<br />

Meeres ohne Hauptruder – dieses wurde<br />

ihm nach einer Kollision mit Treibgut am<br />

fünften Tag seiner Atlantiküberquerung<br />

abgerissen. Er segelte nonstop die Distanz<br />

von 7.000 Seemeilen in nur 65 Tagen.<br />

Im Jahr 2008 startet Norbert Sedlacek bei<br />

der härtesten Regatta der Welt, der Vendée<br />

Globe und erreicht als 11ter von 30 gestarteten<br />

Teilnehmern das Ziel. Norbert Sedlacek<br />

war nach 27.700 Seemeilen (51.000 Kilometer)<br />

und 126 Tagen, 5 Stunden, 31 Minuten,<br />

56 Sekunden allein auf See der erste<br />

deutschsprachige Skipper, welcher diese<br />

unglaubliche Zerreißprobe für Skipper und<br />

Yacht, erfolgreich beenden konnte.<br />

Sein neuester Offshore-Rekordversuch, welcher<br />

am 12. Juli <strong>2020</strong> starten wird, steht für<br />

den ersten Segelversuch unsere Erde nonstop,<br />

einhand und ohne Hilfe von außen über<br />

beide Pol-Routen und durch alle fünf Ozeane<br />

unseres Planeten zu umsegeln. Sein Ant<br />

Arctic Lab Projekt verkörpert auch ein neues<br />

und zukunftsweisendes Yachtbaukonzept<br />

aus Vulkanfasern. Alle verwendeten Werkstoffe<br />

der Yacht sind zu 100% recycelbar.<br />

In diesem einmaligen Rekordversuch wird<br />

Norbert Sedlacek mehr als 34.000 Seemeilen<br />

in etwa 7 Monaten durch die gefährlichen<br />

Gewässer unseres Planeten segeln.<br />

LITERATUREMPFEHLUNG<br />

Allein gegen den Ozean,<br />

Icelimit: Einhand nonstop um die Antarktis<br />

Im Grenzbereich des Möglichen.<br />

von Norbert Sedlacek<br />

info<br />

zum aktuellen<br />

Rekordversuch:<br />

www.ant-arctic-lab.<br />

com<br />

Foto: © Annamartha | pixelio.de<br />

30 | JUNI <strong>2020</strong>


Fotos: © Archiv Norbert Sedlacek<br />

31 | JUNI <strong>2020</strong>


Erscheinungsort Wien<br />

<strong>LERNEN</strong> <strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong>, 1220 Wien, Mühlwasserpromenade 23/Haus 13, Austria<br />

UNSER WEB-KIOSK<br />

http://magazin.Lmzukunft.at<br />

Umfangreiches Archiv bis 2010 zur Nachlese.<br />

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