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syndicom magazin Nr. 19

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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<strong>syndicom</strong><br />

<strong>Nr</strong>. <strong>19</strong> Oktober–November 2020<br />

<strong>magazin</strong><br />

Auslagerung:<br />

Die Werkbank<br />

ist zu lang!


Anzeige<br />

Pestizide versprüht.<br />

Lunge verätzt.<br />

Agrokonzern haftet.<br />

JA!<br />

am 29. November<br />

Konzernverantwortung<br />

Nichts als recht und gerecht. konzern-initiative.ch


Inhalt<br />

4 Teamporträt<br />

5 Kurz und bündig<br />

6 Die andere Seite<br />

7 Gastautor<br />

8 Dossier: Auslagerung<br />

16 Arbeitswelt<br />

22 Konzernverantwortung<br />

24 Kein Missbrauch, kein<br />

Dumping im Praktikum<br />

25 Recht so!<br />

26 Freizeit<br />

27 1000 Worte<br />

28 Bisch im Bild<br />

30 Aus dem Leben von ...<br />

31 Kreuzworträtsel<br />

32 Inter-aktiv<br />

Liebe Leserinnen und Leser<br />

Ich kann mich gut an meinen ersten Arbeitstag<br />

bei <strong>syndicom</strong> vor fünf Jahren erinnern. Am Freitag,<br />

6. November 2015, um 4 Uhr früh hatten<br />

rund zwanzig Post-Angestellte im Paketzentrum<br />

Cadenazzo eine Protestaktion gegen die Auslagerung<br />

des Paketversands organisiert. Mit uns<br />

dabei war auch der frühere Sektorleiter, Daniel<br />

Münger. Es gab eine schweizweite Protestwelle,<br />

von Härkingen über Biel bis Genf. Unsere Forderung:<br />

30 Prozent der Transporte sollten postintern<br />

und nicht durch Subunternehmen erbracht<br />

werden, deren Arbeitsbedingungen zu<br />

Prekarisierung und Dumping führen. Seither hat<br />

sich die Auslagerungspolitik in allen Branchen<br />

(sogar in den Medien, wie Eva Hirschi auf S. 10<br />

erklärt) und fast überall in Europa ausgebreitet.<br />

Das zeigt unser Dossier zum Thema. Vor fünf<br />

Jahren wehrte sich <strong>syndicom</strong> an der Seite der<br />

Arbeitnehmenden mit dem Slogan «Stopp Auslagerung»<br />

gegen dieses Phänomen. Es wurde<br />

viel unternommen, um den Trend umzukehren:<br />

Für Crowdworking-Plattformen wurde ein Verhaltenskodex<br />

vereinbart. Die Subunternehmen<br />

von Swisscom müssen sich an allgemeinverbindliche<br />

GAV halten (siehe S. 11). Wir kämpfen<br />

gegen Lohndumping bei Paketdiensten (siehe<br />

S. 20). Aber das reicht nicht. Um dem Auslagerungstrend<br />

entgegenzuwirken, braucht es<br />

einen politischen Willen und die Unterstützung<br />

durch die Öffentlichkeit. Und wenn nötig die<br />

geschlossene Solidarität der Arbeitnehmer*innen<br />

– wie der zwanzig Leute, die eines Morgens<br />

vor fünf Jahren den gelben LKWs die Zufahrt<br />

zum Paketzentrum Cadenazzo versperrten.<br />

4<br />

8<br />

24<br />

Giovanni Valerio, Redaktor <strong>syndicom</strong>


4<br />

Teamporträt<br />

Unser Ziel: Die Mitglieder stärken, sei es<br />

individuell oder kollektiv<br />

Myriam Rohrer (53)<br />

Arbeitet seit 8 Jahren bei <strong>syndicom</strong>.<br />

Sie betreut die Mitglieder in Italienisch<br />

und Deutsch. In ihrer Familie war Politik<br />

immer sehr präsent. Sie schätzt den<br />

Rückhalt im Team und ihr ist es wichtig,<br />

dass der Humor bei der Arbeit nie<br />

verloren geht.<br />

Baris Yildiz (29)<br />

Arbeitet seit 5 Jahren bei <strong>syndicom</strong>.<br />

Er betreut die Mitglieder in Deutsch.<br />

Er half als Kind seiner Mutter, wenn sie<br />

bei einer Gewerkschaft putzte. Ihm gefallen<br />

der Abwechslungsreichtum der<br />

Arbeit und die Überschneidungen zum<br />

Arbeitsrecht. Dort bildet er sich auch<br />

weiter.<br />

Annemarie Knobel (56)<br />

Arbeitet seit 15 Jahren bei <strong>syndicom</strong>.<br />

Zuerst im Regionalsekretariat Bern,<br />

heute im Zentralsekretariat. Sie betreut<br />

die Mitglieder in Französisch und<br />

Deutsch. Für sie ist es wichtig, dass<br />

sie mit <strong>syndicom</strong> etwas bewegen kann.<br />

Text: Christian Capacoel<br />

Bild: <strong>syndicom</strong><br />

«Wir leben tagtäglich<br />

den Solidaritäts-<br />

Gedanken»<br />

Unser Weg zu <strong>syndicom</strong> war unterschiedlich.<br />

Einmal war es ein glücklicher<br />

Zufall, vermittelt durch eine<br />

Bekanntschaft. Ein andermal wurde<br />

aus einer Mutterschaftsvertretung<br />

eine dauerhafte Lösung. Aber auch<br />

die Neugier auf eine politische Arbeit<br />

führte zur Anstellung in der Mitgliederadministration<br />

bei <strong>syndicom</strong>.<br />

Heute vereint uns die Gewissheit,<br />

dass wir eine sinnerfüllte Tätigkeit<br />

ausüben, indem wir uns tagtäglich<br />

im direkten Kontakt mit unseren<br />

Mitgliedern für eine grössere Sache<br />

einsetzen. Das ist der entscheidende<br />

Unterschied zur Arbeit in einem<br />

privat wirtschaftlich geführten Unternehmen.<br />

Es ist der Solidaritätsgedanke,<br />

den wir leben. Sei es auf der<br />

individuellen Ebene, wenn wir auf<br />

die Bedürfnisse unserer Mitglieder<br />

eingehen können, immer mit dem<br />

Ziel, sie zu unterstützen, oder auf der<br />

kollektiven Ebene, wenn wir mithelfen,<br />

kollektive Aktionen zum Erfolg<br />

zu führen. Wir sind die zentrale<br />

Drehscheibe zwischen den Mitgliedern<br />

und den internen Stellen bei<br />

<strong>syndicom</strong>.<br />

Um unsere Funktion kompetent<br />

und effizient auszuführen, sind wir<br />

auf optimalen Informationsfluss innerhalb<br />

der Organisation angewiesen.<br />

Wir müssen ja auf die Fragen<br />

der Mitglieder aus allen Branchen<br />

und Interessengruppen antworten<br />

können. Natürlich gibt es auch unangenehme<br />

Seiten der Arbeit. Für viele<br />

von uns ist das Mahnwesen eine ungeliebte<br />

Tätigkeit. Es braucht viel<br />

Fingerspitzengefühl im Umgang mit<br />

säumigen Mitgliedern. Zum Glück<br />

können wir mit vergleichsweise<br />

grosser Kulanz auf die jeweilige Situation<br />

des Mitglieds eingehen. Auch<br />

das ein grosser Unterschied zur Privatwirtschaft,<br />

wo oftmals der Profitgedanke<br />

an erster Stelle kommt.<br />

Stolz sind wir auf die Modernisierungen,<br />

die wir in den letzten Jahren<br />

einführen konnten. So sind wir heute<br />

für unsere Mitglieder in allen drei<br />

Sprachen besser erreichbar. Sei es telefonisch<br />

oder auf anderen Kanälen.<br />

Unter den Gewerkschaften macht<br />

uns unser Mitgliederportal my.<strong>syndicom</strong>.ch<br />

einzigartig, wo uns die Mitglieder<br />

jederzeit erreichen und vieles<br />

selbständig erledigen können. Egal<br />

wo sie sind und wann sie Zeit haben.


Kurz und<br />

bündig<br />

Steuerbescheinigung online \ Pöstler sprechen mit Älteren an der<br />

Haustür \ Wir unterstützen das E-ID-Referendum \ Entlassungen<br />

bei der SRG angekündigt \ Weg frei für die neue ÜL \ Blick.ch<br />

schafft Stellen in der Romandie<br />

5<br />

Steuerbescheinigung<br />

Der steuerliche Abzug des Gewerkschaftsbeitrags<br />

ist kantonal verschieden<br />

geregelt. Darum stellt <strong>syndicom</strong><br />

die Zustellung der Steuerbescheinigung<br />

per Briefpost an die <strong>syndicom</strong>-Mitglieder<br />

ein. Jeweils ab Januar steht die<br />

Steuerbescheinigung des Vorjahres auf<br />

my.<strong>syndicom</strong>.ch zum Download bereit.<br />

Registrieren kannst du dich einfach auf<br />

unserem Portal, my.<strong>syndicom</strong>.ch. Ebenfalls<br />

kann die Bescheinigung telefonisch<br />

unter 058 817 18 18 oder per Mail an<br />

info@<strong>syndicom</strong>.ch bestellt werden.<br />

Fürsorge im Alter<br />

durch Pöstler*innen<br />

Die Post sucht nach neuen Ertragsmöglichkeiten<br />

bei den Pöstler*innen. Neu<br />

experimentiert sie in Zusammenarbeit<br />

mit dem Roten Kreuz mit einem «Besuchsservice»<br />

für ältere Mitmenschen.<br />

Für rund 40 Franken pro Monat können<br />

sie einen Besuch pro Woche bestellen.<br />

Bei höherer Frequenz kostet es entsprechend<br />

mehr. Dafür bekommen sie die<br />

Post persönlich an die Haustür und die<br />

Bot*innen nehmen sich kurz Zeit für ein<br />

Gespräch. Die Angehörigen erhalten eine<br />

Bestätigung per E-Mail. Die Pöstler*innen<br />

können auch weitere Dienstleistungen<br />

des Roten Kreuzes vermitteln.<br />

<strong>syndicom</strong> unterstützt<br />

E-ID-Referendum<br />

Der Bundesrat und das Parlament wollen<br />

einen Systemwechsel: Private Unternehmen<br />

sollen in Zukunft den digitalen<br />

Schweizer Pass (E-ID) ausstellen und<br />

sensible private Daten verwalten können.<br />

Eine repräsentative Umfrage zeigt,<br />

dass 87 % der Bevölkerung den digitalen<br />

Pass vom Staat beziehen wollen.<br />

Gerade beim Datenschutz fehlt das Vertrauen<br />

in private Unternehmen. Statt<br />

dem Wunsch der Bevölkerung Rechnung<br />

zu tragen, würden Bund und Parlament<br />

mit dem Gesetz über elektronische<br />

Identifizierungsdienste (BGEID) eine<br />

staatlichen Kernaufgabe auslagern und<br />

privatisieren. Dagegen werden wir ankämpfen.<br />

Infos: e-id-referendum.ch<br />

Entlassungen bei SRG<br />

SRG hat den x-ten Sparplan angekündigt:<br />

Bis 2024 sollen in allen Landesteilen<br />

50 Millionen Franken eingespart<br />

und etwa 250 Vollzeitstellen abgebaut<br />

werden (rund 100 bei SRF, 74 bei RSR,<br />

49 bei RSI, 20 in der Generaldirektion<br />

und 10 bei RTR). Grund seien die rückläufigen<br />

Werbeeinnahmen infolge des<br />

Lockdowns. Nach dem deutlichen Ergebnis<br />

der «No Billag»-Abstimmung<br />

fordert <strong>syndicom</strong> die SRG auf, ihre Verantwortung<br />

wahrzunehmen. Die Grundversorgung<br />

mit Informationen, ein<br />

Grundpfeiler der Demokratie, muss unabhängig<br />

vom Werbemarkt garantiert<br />

werden. Bei den angekündigten Kürzungen<br />

muss die Suche nach alternativen<br />

Sparmassnahmen Vorrang haben.<br />

ÜL muss rasch in Kraft treten<br />

Mit seinem Angriff auf die neue Überbrückungsleistung<br />

ist ein SVP-nahes<br />

Komitee gescheitert. Eine gute Nachricht,<br />

denn diese Leistung wird dringend<br />

benötigt. Nachdem das Parlament<br />

die ÜL im Schnellzugtempo beschlossen<br />

hat, muss sie nun auf Anfang 2021<br />

in Kraft treten. Für ältere Menschen,<br />

die im schwierigen Kontext der Corona-<br />

Krise arbeitslos werden, muss wenigstens<br />

ein rechtlicher Anspruch gesichert<br />

werden.<br />

Blick.ch expandiert in die<br />

Romandie<br />

Das Portal, das bis Sommer 2021 in<br />

Lausanne lanciert werden soll, wird<br />

viele Inhalte von der deutschsprachigen<br />

Schwester übernehmen. Die Redaktor*innen<br />

sollen sich nach Aussagen<br />

von Ringier auf die Recherche<br />

eigener Geschichten in der Romandie<br />

konzentrieren können. <strong>syndicom</strong> begrüsst<br />

die Expansion, weil so in der<br />

Medienbranche, die durch Re struk turie<br />

rung und Personalabbau geprägt ist,<br />

20 Stellen geschaffen werden.<br />

Agenda<br />

November<br />

Ab 2.<br />

Konzernverantwortung!<br />

Wer sich über die Konzernverantwortungs-Initiative<br />

informieren und sich<br />

gleichzeitig ein Bild machen will, was<br />

die Initiant*innen in Zukunft verhindern<br />

wollen, kann eine der laufenden<br />

Infoveranstaltungen besuchen. Meist<br />

wird dazu ein Film gezeigt, der die Verfehlungen<br />

der multinationalen Konzerne<br />

dokumentiert. Orte und Daten:<br />

konzern-initiative.ch/veranstaltungen<br />

7.<br />

Branchenkonferenz Presse<br />

Die Branchenkonferenz Presse und<br />

elektronische Medien findet statt am 7.<br />

November ab 10 Uhr in Olten, Hotel<br />

Arte. Anmeldung auf my.<strong>syndicom</strong>.ch,<br />

Info: medien@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Dezember<br />

2.<br />

PK-Netz-Tagung<br />

Die Jahrestagung des PK-Netz, der<br />

BVG-Plattform der Arbeitnehmenden,<br />

be leuchtet die möglichen Auswirkungen<br />

der Covid-Krise auf die 2. Säule.<br />

Was bedeuten die Schwankungen auf<br />

den Finanzmärkten für die Pensionskassen?<br />

Mit Serge Gaillard (EFV), Pierre-Yves<br />

Maillard (SGB) und Valentin<br />

Vogt (SAV). Anmeldung:<br />

pk-netz.ch/pk-netz-tagung-2020<br />

3./4.<br />

Seminar: Gewerkschaftlicher<br />

Aufbruch weltweit<br />

Das Seminar für Vertrauensleute und<br />

andere Aktive in Biel vermittelt neue<br />

Ideen aus gewerkschaftlichen Aktionen<br />

in anderen Ländern. Anhand von Filmen<br />

und Erfahrungsberichten werden Kampagnen<br />

vorgestellt, die neue Mittel<br />

ausprobieren. Wie funktionieren sie?<br />

Was können wir daraus lernen?<br />

Infos und Anmeldung:<br />

Movendo.ch<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/agenda


6 Die andere<br />

Miriam Walther<br />

Seite<br />

ist Geschäftsführerin des digitalen Magazins Republik.<br />

Zuvor war sie Regisseurin, Produktionsleiterin und Fellow an<br />

der Zürcher Hochschule der Künste. 2015 erhielt sie die<br />

kulturelle Auszeichnung im Bereich Theater der Stadt Zürich.<br />

1<br />

Unsere drängendste Frage zuerst:<br />

Warum hat die Republik keinen<br />

Gesamtarbeitsvertrag?<br />

Noch nicht. Die Genossenschaft, die<br />

die Republik herausgibt, ist Mitglied<br />

des Verbands Medien mit Zukunft. Er<br />

tritt für faire Arbeitsbedingungen ein<br />

und arbeitet auf einen GAV für konzernunabhängige<br />

Medienhäuser hin.<br />

Die Republik hat seit dem Start einen<br />

Nettoeinheitslohn von Fr. 7750 bei<br />

100 %, 5 Wochen Urlaub, Lohnfortzahlung<br />

bei Krankheit, Mutterschaft<br />

und Militärdienst, 2 Wochen Vaterschaftsurlaub<br />

und freiwillige Kinderzulagen.<br />

2<br />

Wirkt sich die Genossenschaftsform<br />

auf die tägliche Arbeit aus?<br />

Ja. Dass wir Mitglieder haben, die<br />

mehr als Leserinnen sind, wirkt tief<br />

hinein in unser Selbstverständnis<br />

und unsere Unternehmenskultur.<br />

Konkret verpflichtet sie uns zu Transparenz,<br />

Dialog und Mitbestimmung.<br />

Die Mitglieder stimmen über unsere<br />

Finanzen ab, aktuell über eine Statutenrevision,<br />

oder entscheiden über<br />

die Besetzung des Vorstandes. Und<br />

wir stehen täglich mit ihnen im Austausch,<br />

und entwickeln die Republik<br />

gemeinsam weiter.<br />

3<br />

Von anfangs 8 auf heute rund 40 Macher*innen.<br />

Wie geht die Geschäftsführerin<br />

mit dem Wachstum um?<br />

Ein rasantes Wachstum stellt eine<br />

grosse organisatorische Herausforderung<br />

dar und benötigt Fingerspitzengefühl,<br />

Empathie und Geduld. Alle<br />

sind stets gefordert, sich einer sich<br />

kontinuierlich verändernden Organisation<br />

anzupassen. Zur Klärung: Sehr<br />

schnell gewachsen sind wir vor allem<br />

im ersten Geschäftsjahr. Vom Gründungsteam<br />

zu einem funktionierenden<br />

journalistischen Unternehmen.<br />

4<br />

Von aussen bekommt man den Eindruck,<br />

bei der Republik arbeiten alle<br />

mit Herzblut. Wie behält man den<br />

Geist des Aufbruches bei?<br />

Danke! Wir tun das, indem wir uns<br />

immer wieder vor Augen führen, wie<br />

wichtig unabhängiger und qualitativ<br />

hochstehender Journalismus für eine<br />

funktionierende Demokratie ist.<br />

Text: Christian Capacoel<br />

Bild: Republik, Laurent Burst<br />

5<br />

Was sind die nächsten Ziele der<br />

Republik?<br />

Unser Ziel ist jeden Tag das gleiche:<br />

Möglichst viele Menschen mit überzeugendem<br />

und brauchbarem Journalismus<br />

zu begeistern. Einer, der die<br />

Köpfe klarer, das Handeln mutiger,<br />

die Entscheidungen klüger macht.<br />

Und der das Gemeinsame stärkt: die<br />

Freiheit, den Rechtsstaat, die Demokratie.<br />

6<br />

Die Löhne der Medienschaffenden<br />

stagnieren seit 14 Jahren. Was sagt<br />

das über den Wert des Journalismus?<br />

Das viel drängendere Problem ist<br />

doch, dass die Medienbranche sich in<br />

einem existenziellen Strukturwandel<br />

befindet. Dass konstant Stellen verschwinden,<br />

es immer weniger journalistischenNachwuchs<br />

gibt und wir als<br />

Gesellschaft noch keine zukunftsweisende<br />

Lösung gefunden haben, wie<br />

wir dem so demokratie relevanten<br />

Journalismus den Wert geben, den<br />

er verdient.


Gastautor<br />

«Externalisierung» oder die Auslagerung<br />

von Staatsaufgaben ist nichts anderes,<br />

als dass eine öffentliche Einrichtung ihre Aufgabe,<br />

eine Leistung für die Bürger*innen zu erbringen,<br />

an ein Privatunternehmen überträgt.<br />

Davon hat man in den letzten Jahren umfassend<br />

Gebrauch gemacht. Der Nahverkehr, Reinigungsdienste<br />

für Ämter und Spitäler, Fahrzeugprüfung,<br />

die Bewachung von Gefängnissen und<br />

viele andere Tätigkeiten wurden abgegeben.<br />

Nur ein Beispiel von vielen: Die Post-Agenturen,<br />

die bereits die Post-Ämter ersetzen, haben eine<br />

Filiale in Ho-Chi-Minh-Stadt (ehem. Saigon,<br />

Vietnam) beauftragt, unleserliche, schwer zustellbare<br />

Adressen auf Paketen zu entziffern.<br />

Die Übertragung von Aufsichtsaufgaben ist<br />

ebenfalls Teil dieser Politik. Hat ein Bürger eine<br />

Streitigkeit mit einer Krankenkasse, entscheidet<br />

nicht das Gericht, ob der strittige Betrag fällig<br />

ist. Es sind die Krankenkassen selbst, die vom<br />

Bundesrat einen diesbezüglichen Auftrag erhalten<br />

haben. Die Kassen spielen nun eine Doppelrolle<br />

als Richter und Partei, eine juristische und<br />

demokratische Absurdität.<br />

Aufgaben an Private abzugeben, mag ja attraktiv<br />

erscheinen. Bund, Kantone oder Gemeinden<br />

könnten sich auf die wichtigsten Aufgaben<br />

konzentrieren. In Wirklichkeit beschädigt Auslagerung<br />

die demokratische Kontrolle: sie wird<br />

kompliziert, bürokratisch und ineffizient. Auslagerung<br />

ist eine Quelle von Ungleichheit und<br />

Ungerechtigkeit. Auch die Qualität der Dienstleistungen<br />

für die Bürger ist nicht gewährleistet.<br />

Dieses System bringt weder für die Bürgerin<br />

noch für das Personal irgendeinen Vorteil.<br />

Angesichts der Unzufriedenheit und der Beschwerden<br />

von Bürger*innen haben viele Kantone<br />

und Gemeinden einiges von dem, was sie<br />

zuvor ausgelagert hatten, wiederhergestellt.<br />

Wie viele Behörden müssen demnächst noch<br />

zurückrudern, um den Bürgern wieder näher zu<br />

kommen?<br />

Nur scheinbar ein<br />

faszinierendes Modell<br />

Graziano Pestoni hat einen Master in<br />

Wirtschaftswissenschaften der Universität<br />

Lausanne, ist ehemaliger Leiter<br />

der Gewerkschaft der öffentlichen<br />

Dienste (VPOD) im Tessin und ehemaliges<br />

Mitglied des Grossen Rates. Heute<br />

ist er Vorsitzender des Gewerkschaftsbunds<br />

Tessin und Moesa sowie Sekretär<br />

der Tessiner Associazione per le difesa<br />

del servizio pubblico.<br />

Graziano ist Ehrenvorsitzender von<br />

Europ Agora, einem Forum von Gewerkschaftern<br />

des öffentlichen Dienstes aus<br />

verschiedenen europäischen Ländern.<br />

Er ist Verfasser zahlreicher Publikationen<br />

über den Service public, besonders<br />

«Privatisierungen: Monopol des<br />

Marktes und seine Auswirkungen»<br />

(deutsche Ausgabe 2020), eine kritische<br />

Analyse der Ereignisse in der Schweiz<br />

und in der Welt, und, herausgegeben<br />

von <strong>syndicom</strong>, «Die Privatisierung<br />

der Schweizerischen Post: Ursprung,<br />

Gründe, Konsequenzen» (2018).<br />

7


Dossier<br />

Freischaffende statt Festangestellte im Journalismus<br />

Von der Auslagerung zur Allgemeinverbindlichkeit im Netzbau<br />

Subunternehmen bei PostAuto<br />

Kurze Geschichte der Externalisierung<br />

Auslagerung<br />

in den<br />

<strong>syndicom</strong>-<br />

Branchen


9


10 Dossier<br />

Unternehmen in die<br />

Verantwortung ziehen<br />

Auslagerungen stellen uns Gewerkschaften<br />

vor besondere Herausforderungen. Natürlich<br />

sind wir dagegen. Zu verhindern sind sie nur<br />

schwerlich. Oftmals müssen wir uns darauf<br />

beschränken, sozialverträgliche Abfederungs-<br />

Massnahmen zu verhandeln, um die negativen<br />

Konsequenzen zu minimieren. Das bedeutet<br />

aber nicht, dass wir uns damit begnügen.<br />

Text: Christian Capacoel<br />

Illustration: Die Illunauten<br />

Externalisierung, Outsourcing oder Auslagerung: Diese<br />

Begriffe bezeichnen in der Ökonomie die Abgabe von Unternehmensaufgaben<br />

und -strukturen an externe Dienstleister.<br />

Es ist eine spezielle Form des Fremdbezugs einer<br />

bisher intern erbrachten Leistung, wobei Verträge die<br />

Dauer und den Gegenstand der Leistung fixieren.<br />

Auslagerungen sind klar zu unterscheiden von Partnerschaften<br />

oder Kooperationen und folgen somit auch<br />

nicht der «Win-win-Logik». Auch wenn es von den Unternehmen<br />

oft so propagiert wird. So behauptete 2011 der<br />

damalige CEO von DHL Freight Frankreich/Schweiz öffentlich,<br />

dass bei Outsourcing in der Logistik der<br />

Win-win-Gedanke im Vordergrund stehe. Das mag vielleicht<br />

für die involvierten Unternehmen gelten, die sich<br />

von der Arbeitsteilung Gewinne versprechen. Für die betroffenen<br />

Mitarbeitenden gilt das in der Regel nicht.<br />

«Win-win» gilt nur für das Unternehmen, für die<br />

Angestellten nicht<br />

Denn eine Hauptmotivation von Auslagerung sind Kosteneinsparungen.<br />

Daher drohen den ausgelagerten Mitarbeitenden<br />

Arbeitsplatzverlust, schlechtere Arbeitsbedingungen<br />

oder ganz einfach ungewollte Veränderungen, die<br />

sich auf die Lebensqualität auswirken. Wenn zum Beispiel<br />

der Arbeitsweg plötzlich viel länger wird oder man<br />

aus seinem gut funktionierenden Team gerissen wird.<br />

Schutz durch branchenweite Verträge<br />

Für uns als Gewerkschaft haben Auslagerungen eine weitere,<br />

gefährliche Dimension. Wenn durch Auslagerung<br />

Gesamtarbeitsverträge (GAV) umgangen werden, werden<br />

gesicherte Arbeitsbedingungen untergraben. Deshalb ist<br />

es für <strong>syndicom</strong> wichtig, Branchenverträge anzustreben –<br />

wie ein solcher in der grafischen Industrie schon lange<br />

existiert. Erfolgreich waren wir damit auch in der Netzinfrastruktur<br />

und bei den Call- und Contactcentern, wo wir<br />

heute über allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge<br />

verfügen.<br />

Aber es liegt in dieser Hinsicht noch viel Arbeit vor uns.<br />

Sei es bei den Kurieren, wo wir die Allgemeinverbindlichkeit<br />

anstreben (siehe Seite 17), oder bei den Zustellern, wo<br />

ab 2021 ein vertragsloser Zustand droht (siehe Seite 20).<br />

Aber auch bei den Postautounternehmen, den Subunternehmen<br />

von PostAuto, streben wir einen GAV an (siehe<br />

Seite 11).<br />

Mit Gesamtarbeitsverträgen für gesamte Branchen<br />

können wir nicht nur die Mitarbeitenden besser schützen<br />

und negative Folgen von Auslagerungen eindämmen. Mit<br />

Branchenverträgen tragen wir zu einem gesünderen Wettbewerb<br />

bei, der über die Angebotsqualität funktioniert<br />

und weniger auf dem Buckel der Mitarbeitenden ausgetragen<br />

wird. Zusätzlich versetzen uns Branchenverträge in<br />

eine bessere Position gegenüber den Arbeitgebern.<br />

Doch auch Branchen-GAV haben ihre Grenzen: Sie wirken<br />

nicht im Ausland. So können sich internationale Konzerne<br />

ihrer Verantwortung entziehen. Deshalb unterstützen<br />

wir die Konzernverantwortungs-Initiative, welche auf<br />

internationaler Ebene einen Schritt in die richtige Richtung<br />

darstellt.<br />

Schweizer Medien aus dem Ausland?<br />

Im September hat CH Media ein Sparprogramm von 30 Millionen<br />

Franken angekündigt, im August hat die TX Group bekannt gegeben,<br />

bei ihren Bezahlzeitungen 70 Millionen Franken sparen zu<br />

wollen, die NZZ-Mediengruppe wiederum hat im Juni verlauten<br />

lassen, die Kosten unternehmensweit um rund 13 Millionen<br />

Franken zu senken.<br />

Bei Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin <strong>syndicom</strong> und<br />

Leiterin Sektor Medien, klingeln die Alarmglocken: «Wir machen<br />

uns Sorgen um die Zukunft der Schweizer Medien.» Die Befürchtung:<br />

Es könnten Massenentlassungen folgen und vermehrt<br />

Produktionsschritte ins Ausland ausgelagert werden.<br />

Bereits für viel Furore gesorgt hatte 2017 der Beschluss der<br />

NZZ-Mediengruppe, einen Teil des Korrektorats nach Bosnien-<br />

Herzegowina auszulagern, an die deutsche Firma tool-e-byte.<br />

Diese hat auch Schwestergesellschaften in Spanien, Indien und<br />

Südamerika und bietet von dort Korrektorat und andere Dienstleistungen,<br />

etwa im Bereich von Textproduktion, Social Media<br />

oder Kundenbetreuung, an. Steht der Verlagsbranche eine ähnliche<br />

Entwicklung bevor, wie man sie aus dem Dienstleistungsoder<br />

Informatiksektor kennt, wo in den vergangenen Jahrzehnten<br />

immer mehr Jobs in Billiglohnländer ausgelagert wurden?<br />

Stephanie Vonarburg kritisiert diese Tendenz scharf: «Damit<br />

wird das Spardiktat auf dem Rücken der Schweizer Arbeitnehmenden<br />

ausgetragen, weil ihre Lebenskosten höher sind als<br />

im Ausland.» Es gibt weitere Beispiele: Die Bildredaktion von<br />

Das Magazin befindet sich in Deutschland, das Service- und<br />

Engineering-Center der TX in Serbien. Der Standort wurde dieses<br />

Jahr sogar ausgebaut.<br />

Auch eine andere Art von Externalisierung lässt sich hierzulande<br />

beobachten: Einige Medien greifen immer mehr auf selbständige<br />

Medienschaffende zurück, ob im Journalismus oder in<br />

der Fotografie. Dies sei nicht per se schlecht, sagt Stephanie<br />

Vonarburg: «Freelancer decken zum Teil Themen ab, für die es<br />

keine Spezialist*innen in der Redaktion gibt, oder sie springen<br />

zeitlich flexibel ein, wenn auf den Redaktionen niemand zur<br />

Verfügung steht.»<br />

Dafür brauche es aber anständige Vertragsverhältnisse und<br />

Honorare. Die von <strong>syndicom</strong> mit dem SGB, dem SSM und mehreren<br />

andern Medienverbänden lancierte Lohnstudie 2020 zeigt<br />

jedoch: Das Gegenteil ist der Fall. Das Bruttomonatseinkommen<br />

ist seit Jahren auf dem Sinkflug und die Hälfte der Freischaffenden<br />

ist auf Zusatzverdienste ausserhalb des Journalismus<br />

angewiesen. «Diese Quersubventionierung ist gefährlich», sagt<br />

Stephanie Vonarburg, «journalistische Arbeit darf nicht zum<br />

Luxus werden!»<br />

Eva Hirschi


PostAuto: Gleichstellung der<br />

Subunternehmen angestrebt<br />

Text: Sheila Winkler<br />

Bei PostAuto kann man streng genommen nicht von Auslagerungen<br />

sprechen. Das System mit den sogenannten<br />

Postautounter nehmen (PU), die im Auftrag von PostAuto<br />

über die Hälfte der Postautolinien mit eigenen Fahrzeugen<br />

und eigenem Personal betreiben, ist historisch gewachsen.<br />

Als PostAuto ihr Angebot in der ersten Hälfte<br />

des 20. Jahrhunderts immer mehr ausweitete, arbeitete<br />

sie von Anfang an mit externen Partnern zusammen.<br />

Warum das kaum jemand weiss? Von aussen ist der<br />

Unterschied nur schwer ersichtlich. Sowohl die Busse als<br />

auch das Fahrpersonal fahren im «Postautokleid». Nur<br />

eine diskrete Beschriftung, meist am Heck des Busses,<br />

weist auf den Namen des Subunternehmens hin.<br />

Dennoch kämpfen wir auch hier mit den üblichen<br />

Problemen von Subunternehmen. So gilt für das PU-Fahrpersonal<br />

der PostAuto-GAV nicht. Seit 2016 gilt zumindest<br />

ein verbessertes Reglement. Damit ist das PU-Personal<br />

deutlich besser gestellt, aber eben nicht gleichgestellt.<br />

Hinzu kommt, dass das Reglement nicht alle Chauffeur*innen<br />

erfasst. Über 1000 Stunden löhner*innen mit<br />

teils hohen Pensen und sogenannte Transportpartner<br />

sind weder durch den GAV noch das PU-Reglement geschützt.<br />

Die Gleichstellung aller Fahrer*innen, die ein Postauto<br />

steuern, ist ein Ziel bei der Erneuerung des PostAuto-<br />

GAV. Gleiche Arbeit muss gleich bezahlt werden und verdient<br />

den gleichen Schutz. Deshalb streben wir einen<br />

Gesamtarbeitsvertrag mit BUS CH, dem Verband der<br />

Postautounternehmen, an.<br />

Swisscom: Von der Auslagerung zur<br />

Allgemeinverbindlichkeit<br />

Die Auslagerung oder «verlängerte Werkbank» ist nicht nur im<br />

verarbeitenden Gewerbe ein Begriff, sondern auch in der Telekommunikations-<br />

und der IT-Branche schon lange Wirklichkeit.<br />

Swisscom hat so den Bau der Netzinfrastruktur zuerst an das<br />

Tochterunternehmen Cablex ausgelagert und später auch an<br />

weitere Unternehmen Aufträge vergeben. Zuletzt wurde die<br />

ganze Service-Sparte von Swisscom in Cablex integriert. Auch<br />

bei den Contact-und-Callcenter-Dienstleistungen hat Swisscom<br />

Auftragsvolumen an andere Unter nehmen übertragen.<br />

Höherwertige Dienstleistungen verbleiben bei Swisscom.<br />

Wir waren als Gewerkschaft bei diesen Auslagerungen in<br />

der Mitwirkung beteiligt. So konnten wir erreichen, dass Cablex<br />

dank eigenem Firmen-Gesamtarbeitsvertrag die besten Arbeitsbedingungen<br />

in der Netzinfrastruktur-Branche erhielt. Wir verhandelten<br />

zwar auch einen umfassenden Sozialplan.<br />

Gleichzeitig schlugen wir aber eine Branchen-Strategie ein,<br />

mit der wir die Arbeitswelt neu gestaltet haben: mit den eigenständigen<br />

Service- Branchen Netzinfrastruktur sowie Contactund<br />

Callcenter.<br />

Das Versprechen, das wir den Betroffenen gegeben hatten,<br />

konnten wir einlösen: Wir haben einerseits die Firmen-Gesamtarbeitsverträge<br />

laufend weiterentwickelt. Andererseits konnten<br />

wir Branchen-Gesamtarbeitsverträge für die Netzinfrastruktur<br />

und die Callcenter unterzeichnen. Der Bundesrat hat diese für<br />

allgemeinverbindlich erklärt. Damit gibt es in beiden Branchen<br />

Mindestlöhne und minimale Arbeitsstandards. Dies reduziert<br />

auch den Druck auf die Bedingungen der Mitarbeitenden bei<br />

Cablex und Swisscom.<br />

Nun wird nicht nur an Unternehmen in der Schweiz ausgelagert,<br />

sondern auch ins Ausland – zum Beispiel in der IT.<br />

Schweizer Unternehmen müssen ihre Verantwortung für die<br />

Arbeitsbedingungen und die Menschenrechte über die ganze<br />

Wertschöpfungskette und deshalb auch für die «verlängerte<br />

Werkbank» wahrnehmen und darüber Rechenschaft ablegen.<br />

Ein wichtiger Schritt dazu ist die Konzernverantwortungs -<br />

Initiative.<br />

Daniel Hügli


12<br />

Dossier<br />

Die letzte Meile soll kürzer werden:<br />

Auslagerung in der Logistik<br />

Der Paketmarkt boomt, immer mehr Dinge<br />

werden uns von Zusteller*innen nach Hause<br />

gebracht. Uns Kund*innen beschert das ein<br />

bequemes Leben: Nach der Online-Bestellung<br />

klingelt innert kürzester Zeit ein freundlicher<br />

Fahrer an der Tür und bringt uns, fast ohne<br />

Liefer kosten, das Päckli. Doch hinter dem<br />

Lächeln verbirgt sich ein Arbeitstag voller<br />

Stress und zu einem tiefen Lohn.<br />

Text: Urs Zbinden<br />

Bild: Die Illunauten<br />

Die Öffnung des Postmarktes Ende der <strong>19</strong>90er-Jahre hat<br />

auch die Konkurrenz durch private Anbieter wie DHL oder<br />

DPD erhöht und führt zu einem permanenten Preisdruck.<br />

Die Zusteller*innen befinden sich ganz am Ende der sogenannten<br />

«Supply Chain» (Lieferkette), sie bedienen die<br />

«letzte Meile» vom Warenlager zum Kunden. In unserer<br />

Warenwirtschaft spielt die «Supply Chain» eine zentrale<br />

Rolle. Auf dem Markt setzt sich nicht nur durch, wer günstiger<br />

produziert. Vielmehr muss auch die Ware möglichst<br />

schnell bei der Kundschaft sein. Das erfordert eine ständige<br />

Optimierung der Lieferkette.<br />

Im Unterschied zum Container-Transport lässt sich<br />

aber in der «letzten Meile» durch technologische Innovationen<br />

kaum sparen. Drohnen sind ein hübsches Spielzeug,<br />

können aber (noch) nicht regelmässig Zalando-Pakete<br />

liefern. Deshalb muss bei den Arbeiter*innen gespart<br />

werden, deren Lohn einen Grossteil der Kosten ausmacht.<br />

Beim Personal der letzten Meile landet der<br />

gesamte Kostendruck<br />

Auslagerung ist ein beliebtes Modell, um Kosten zu senken.<br />

Wenn dann gleich mehrere Subunternehmen um<br />

Aufträge konkurrieren, wird es für die Auftraggeber noch<br />

günstiger. In der Branche KEP (Kurier-, Express-, Paketdienste)<br />

& Mail treffen wir das in den grös seren Unternehmen<br />

fast durchgehend an: Bei DHL sind an einzelnen<br />

Standorten fast zwei Drittel der Zusteller*innen bei Subunternehmen<br />

angestellt. DPD hat gar keine eigenen Zusteller*innen.<br />

Diese Angestellten sind das letzte Glied der<br />

Lieferkette und sie tragen den Kostendruck. Im Unterschied<br />

zu Festangestellten fahren die Zusteller*innen eines<br />

Subunternehmens Touren mit oft wesentlich mehr<br />

Stopps. Ein kleiner Fehler kann zu einem Abzug am sowieso<br />

tiefen Lohn führen. Der Arbeitstag beginnt frühmorgens<br />

und endet spät, wenn alle Pakete ausgeliefert sind.<br />

Häufig ist ein Teil des Tages nicht bezahlt, und Pausen<br />

werden fast keine gemacht. Wird die Situation der Subunternehmen<br />

einmal von einem Medium wie dem Kassensturz<br />

aufgegriffen, reichen die auslagernden Betriebe die<br />

Verantwortung an die Subunternehmen weiter.<br />

Diese Verhältnisse werden von Gewerkschaften weltweit<br />

aufgegriffen. Ein Blick über die Grenze zeigt, dass in<br />

Deutschland ein Gesetz zur Haftung von Subunternehmern<br />

erlassen wurde. <strong>syndicom</strong> wollte in eine ähnliche<br />

Richtung gehen und mit einer Subunternehmer-Haftung<br />

im GAV die Situation verbessern. Dass es Regulierungen<br />

braucht, zeigt auch Italien, wo eine gewerkschaftliche Bewegung<br />

von Zusteller*innen mit Blockaden und Kampfmassnahmen<br />

seit 2010 erfolgreich für die Verbesserung<br />

der Arbeitsbedingungen kämpft.<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/branchen/logistik/kepmail


Dossier<br />

Was die Wertschöpfung mit der<br />

Wertabschöpfung zu tun hat<br />

13<br />

Der Buchautor und Wirtschaftsjournalist<br />

Werner Vontobel schreibt für das <strong>syndicom</strong>-<br />

Magazin eine persönliche «Kurze Geschichte<br />

der Externalisierung».<br />

Text: Werner Vontobel<br />

Bilder: Die Illunauten<br />

Als ich in den frühen <strong>19</strong>70er-Jahren an der Werdstrasse 21<br />

beim TagesAnzeiger anfing, wusste ich, dass alle, die in<br />

diesem Gebäude arbeiteten – Journalistinnen, Metteure,<br />

Drucker, Kantinenpersonal usw. beim Tagi angestellt und<br />

bei derselben Pensionskasse versichert waren. Recherchiert<br />

habe ich das zwar nicht, aber man konnte einfach<br />

davon ausgehen. Das war damals so.<br />

Und weil der Tagi mit dem Stellenanzeiger viel Geld<br />

verdiente, waren wir alle sehr produktiv, was sich irgendwie<br />

auch im Lohn niederschlug. Das galt auch für die Verträger,<br />

mit denen ich nach dem Spätdienst manchmal<br />

noch ein Wort wechselte. Auch sie waren produktiv. Ohne<br />

ihren Einsatz hätte niemand unsere Texte gelesen, von<br />

den Inseraten ganz zu schweigen.<br />

Nachdem ich Ende der <strong>19</strong>80er zu Ringier bzw. zu Cash<br />

wechselte, war schon die Sache mit dem Shareholder-<br />

Value über uns hinweggefegt. Deshalb «wusste» man, dass<br />

ein Unternehmen dann am produktivsten ist, wenn es<br />

sich auf seine Kernkompetenz beschränkt. Alles andere –<br />

die Kantine, der Gebäudeunterhalt, der Vertrieb – gehört<br />

«externalisiert», muss in die Hände von Spezialisten gelegt<br />

werden.<br />

Damals lernte ich auch die ersten Opfer der Externalisierung<br />

persönlich kennen: Antonio und seine Frau putzten<br />

abends unsere Redaktionsräume an der Badener strasse.<br />

Und wenn die Nonna nicht da war, brachten sie<br />

manchmal ihre kleine Tochter mit und wir halfen beim<br />

Hüten. So kam man ins Gespräch. Die zwei beiden waren<br />

zwar nicht bei Ringier auf der Lohnliste, gehörten aber irgendwie<br />

dazu und hatten einen einigermassen anständigen<br />

Lohn.<br />

Als der Vermieter, die KPMG, ein grosses Reinigungsinstitut<br />

engagierte, das Stundenlöhne deutlich unter 20<br />

Franken zahlte, baten ein Kollege und ich die zuständigen<br />

Herren zu einer Aussprache. Wir fanden es nicht in Ordnung,<br />

dass wir – geschweige denn die noch besser bezahlten<br />

Treuhänder und Rechnungsprüfer – die Löhne von<br />

Leuten drückten, die eh schon drei- bis fünfmal weniger<br />

verdienten als wir. Doch Antonio war nicht zu retten. Fortan<br />

machten gesichtslose, ständig wechselnde uniformierte<br />

Gestalten unsere Schreibtische sauber.<br />

Viel später war ich mit einem Key-Account-Manager<br />

bei einem der Marktführer im Facility-Management befreundet.<br />

Nennen wir ihn Peter M. Sein Job bestand im<br />

Wesentlichen darin, mit Grosskunden neue Verträge auszuhandeln<br />

oder alte zu verlängern. In die Enge getrieben,<br />

focht er oft mit denselben Argumenten wie ich Jahre zuvor:<br />

«Ihr könnt doch nicht die Löhne von Leuten drücken,<br />

die ohnehin sehr viel weniger verdienen als ihr.» Wenn es<br />

darum ging, einen Vertrag nicht zu verlängern, wies er sie<br />

auf die praktischen Konsequenzen hin. «Ihr habt auch<br />

eine Verantwortung gegenüber den Leuten, die euren<br />

Dreck wegputzen oder eure Heizung unterhalten. Wir<br />

können zwar einige anderswo beschäftigen, aber das bedeutet:<br />

Neuer Arbeitsweg, neue Arbeitszeiten, wahrscheinlich<br />

ein kürzeres Pensum, weniger Lohn ...»<br />

Doch, ab und zu hätten diese Argumente gestochen,<br />

sagt mein Freund, meistens aber nicht. Der Grund dafür<br />

sei der: Früher hatte der Leiter der Produktion nebenbei<br />

auch noch die Leute eingestellt, die das Gebäude in Schuss<br />

hielten. Mit der Mode der Externalisierung sind in allen<br />

grösseren Unternehmen die Kompetenzen der Einkaufsabteilungen<br />

ausgeweitet worden. Die kaufen nun<br />

nicht mehr nur Material und Maschinen ein, sondern<br />

auch (die outgesourcten) Dienstleistungen. Die Leistung<br />

dieser Beschaffungsspezialisten wird daran gemessen,<br />

wie viel Geld sie durch harte Verhandlungen einsparen.<br />

Das bewirkt auch, dass solche Verträge immer nur wenige<br />

oder gar nur ein Jahr lang in Kraft sind. Dann wird neu<br />

ausgeschrieben, werden die Kriterien der Ausschreibung<br />

verfeinert, das Kostensenkungsziel verschärft und so weiter.<br />

Wer nicht öfter mal die Lieferanten wechselt, macht<br />

sich verdächtig oder gar überflüssig.<br />

Andererseits kann – um bei diesen Beispiel zu bleiben<br />

– ein auf Gebäudeunterhalt spezialisiertes Unternehmen<br />

viel mehr Know-how entwickeln, die Mitarbeiter weiterbilden,<br />

ihnen eine Karrierechance eröffnen, was bei einer<br />

internen Hauswartung kaum möglich ist. «Unser» Antonio<br />

und seine Frau könnten somit vermutlich in einem externalisierten,<br />

sprich spezialisierten Betrieb deutlich effizienter<br />

arbeiten. Im konkreten Fall hätten sie dort aber<br />

trotz der höheren Produktivität deutlich weniger verdient.<br />

Damals lernte ich<br />

die ersten Opfer der<br />

Externalisierung<br />

persönlich kennen:<br />

Antonio und seine Frau


14<br />

Dossier<br />

«Als Anhängsel von Ringier war Antonio Teil der Wertschöpfung<br />

eines Medienbetriebs. Bei der Festsetzung<br />

seines Lohns spielte das mit. Nachher nicht mehr.»<br />

Für die weltweiten<br />

Multis gehört<br />

Externalisierung<br />

zur DNA.<br />

Wie passt das zusammen? Als Anhängsel von Ringier war<br />

Antonio Teil der Wertschöpfungskette eines lukrativen<br />

Medienbetriebs. Bei der Festsetzung seines Lohns spielte<br />

diese Betrachtungsweise irgendwie mit. Wird dieselbe Tätigkeit<br />

jedoch ausgelagert, wird der Lohn durch den Bieterwettbewerb<br />

der Reinigungsfirmen bestimmt. Antonios<br />

Wertschöpfung ist zwar grösser, doch seine Wertabschöpfung<br />

wird nun durch das tiefste Angebot der Konkurrenz<br />

bestimmt. Entsprechend können die übrigen Glieder der<br />

Kette mehr Wert für sich abschöpfen.<br />

Damit dies nicht zu einem ruinösen Wettbewerb führt,<br />

braucht es nicht nur arbeitsrechtliche Minima, sondern<br />

auch branchenspezifische, sozialpartnerschaftliche Lösungen:<br />

Mindestlöhne, Ausbildungsvereinbarungen usw.<br />

Solche Arrangements sind, wie ich von Peter M. gelernt<br />

habe, auch im Interesse der Branchenleader. Sie wollen<br />

nicht, dass ihr Markt verludert. Sie müssen langfristig planen<br />

und wollen geordnete Verhältnisse und eine stabile<br />

Belegschaft. Da sei es natürlich hilfreich, wenn man die<br />

Verhandlungspartner auf den Gesamtarbeitsvertrag und<br />

auf die geltenden Mindestlöhne hinweisen könne. Zudem<br />

wissen die Branchenleader dank ihren Kontakten mit der<br />

Presse, dass ein fehlbarer Grosser die besseren Schlagzeilen<br />

liefert als irgendein Kleinunternehmer.<br />

Für die weltweit aufgestellten Multis hingegen sind<br />

Mindestlöhne nur ein Grund, sich einen noch günstigeren<br />

Standort zu suchen – oder damit zu drohen. Für sie gehört<br />

die Externalisierung zur DNA. Ihre CEOs sind keine<br />

Unternehmer im alten Sinn. Vielmehr sind sie eine Art<br />

Transmissionsriemen zwischen der Realwirtschaft und<br />

den Finanz märkten, in deren Auftrag sie ein «Portfolio»<br />

von lukra tiven Tätigkeiten verwalten. Der Kauf und Verkauf<br />

von Unternehmen und die Optimierung der Standorte<br />

für Produktion, Forschung, Vertrieb, Verwaltung und<br />

Profit bzw. Gewinnsteuer ist ihr Kerngeschäft und wird<br />

vom Kapital markt laufend beobachtet und mit Kurssprüngen<br />

belohnt oder bestraft.<br />

Dieser Zwang, den kapriziösen Kapitalmärkten zu gefallen,<br />

ist nicht nur volks-, sondern auch betriebswirtschaftlich<br />

schädlich. Die Verlagerung von Standorten<br />

dient nicht mehr dem Zweck der optimalen Produktion.<br />

Vielmehr geht es um Sozialarbitrage: Man produziert<br />

dort, wo die Löhne am tiefsten und die Gewerkschaften<br />

schwach sind. Das ist in der Regel mit einem technologischen<br />

Rückschritt verbunden. Man organisiert die Arbeit<br />

plakativ formuliert so, dass man eine qualifizierte und<br />

entsprechend teure Arbeitsstunde mit drei Stunden einer<br />

jederzeit ersetzbaren «Wegwerfarbeitskraft» ersetzen<br />

kann. Das bedeutet monotone, von Aufsehern streng kontrollierte<br />

Arbeit: Arbeit, die kaputt macht, für Produkte,<br />

die oft niemand wirklich braucht.<br />

Doch was die Multis durch externalisierende Ausbeutung<br />

gewinnen, verdampft oft in den teuren Wasserköpfen.<br />

Das ist die Chance für die intelligent, sprich intern,<br />

produzierende Konkurrenz, ihre Stärke auszuspielen.<br />

Die Webseite des Autors:<br />

werner-vontobel.ch<br />

Illustrationen<br />

Für diese Nummer haben wir uns entschieden, von unserem<br />

Konzept der «Fotostrecken» abzuweichen. Sowohl die ausgelagerten<br />

als auch die verbliebenen Mitarbeitenden auf<br />

ein Bild zu bringen, ist naturgemäss schwierig. Stattdessen<br />

sollten gezeichnete Illustrationen das Thema ergänzen, um<br />

mehr Aussagekraft zu erreichen.<br />

Die beauftragten Illunauten, das sind Barbara Seiler und Annina<br />

Burkhard, haben ganz ihrem Stil folgend die ausgelagerten<br />

Personen als «grünen Faden» durch die ganze Strecke<br />

gezogen. Mehr von den Illunauten: illunauten.ch/portfolio<br />

Annina Burkhard und Barbara Seiler sind nicht nur passionierte<br />

Illustratorinnen mit Abschluss und beruflichem Hintergrund<br />

im grafischen Bereich. Sie engagieren sich auch für<br />

faire Bezahlung von freischaffenden Illustrator*innen. Dafür<br />

haben sie sich mit anderen Kolleg*innen zu einem Kollektiv<br />

formiert und sich <strong>syndicom</strong> angeschlossen. Am 13. November<br />

findet die Gründungsveranstaltung statt.<br />

Mehr unter <strong>syndicom</strong>.ch/illustration


Kaufen und gekauft werden 2018<br />

Die Unternehmen lagern nicht nur aus. Sie kaufen, übernehmen, fusionieren,<br />

gründen Spin-offs oder veräussern Anteile. Davon sind die Arbeitnehmenden<br />

betroffen, wenn sie von einem Tag auf den anderen zu einer anderen Firma<br />

gehören oder Restrukturierungen erleiden müssen. Wie sehen die Geldflüsse<br />

dazu aus? Ist die Schweiz eher Käufer oder wird sie «ausverkauft»? Machen<br />

wir uns ein Bild.<br />

ISL<br />

20<br />

465<br />

29<br />

SWE<br />

3 491<br />

248 GBR<br />

1 571<br />

11 NLD<br />

121<br />

81<br />

DNK<br />

6 572<br />

10<br />

POL<br />

17<br />

RUS<br />

1 551<br />

32<br />

LUX<br />

DEU<br />

1 232<br />

27<br />

SVK<br />

7 461<br />

FRA<br />

LIE<br />

32<br />

9<br />

HRV<br />

ESP<br />

176<br />

3 808<br />

11<br />

ITA<br />

4 822<br />

Die europäische Perspektive<br />

Wo kaufen und übernehmen Schweizer Unternehmen?<br />

Und wohin werden sie verkauft oder<br />

fusioniert?<br />

Bieter sind Schweizer Unternehmen<br />

Schweizer Unternehmen sind Ziele<br />

Werte in Millionen US-Dollar. Die Zahlen beziehen<br />

sich auf die grössten grenzüberschreitenden<br />

Geschäfte und erheben keinen Anspruch auf<br />

Vollständigkeit.<br />

Quelle: KPMG’s Clarity on Mergers & Acquisitions 20<strong>19</strong><br />

Die weltweite Perspektive<br />

Wo kaufen und übernehmen Schweizer Unternehmen? Und wohin<br />

werden sie verkauft oder fusioniert? Werte in Millionen US-Dollar.<br />

Branchen<br />

In welcher Branche wird fleissig fusioniert oder werden Unternehmen<br />

zugekauft? Gemessen an der Anzahl Transaktionen.<br />

Bieter sind Schweizer Unternehmen<br />

Schweizer Unternehmen sind Ziele<br />

22% Andere Branchen<br />

18% Industrie<br />

Asien<br />

3 606<br />

12 538<br />

Mittlerer Osten<br />

Südamerika<br />

Nordamerika<br />

115<br />

2 564<br />

564<br />

0<br />

11 451<br />

27 523<br />

4% Energie<br />

5% Rohstoffe<br />

4% Chemie<br />

12% Finanzdienstleistungen<br />

12%<br />

Konsumgüter<br />

9% Pharma &<br />

Life Sciences<br />

14% Technologie, Medien &<br />

Telekommunikation<br />

Quelle: KPMG’s Clarity on Mergers & Acquisitions 20<strong>19</strong> Quelle: KPMG’s Clarity on Mergers & Acquisitions 20<strong>19</strong>


16<br />

Eine bessere<br />

Arbeitswelt<br />

Warum immer dieses Versteckspiel?<br />

Keine Information der Öffentlichkeit. Kein Einbezug von<br />

<strong>syndicom</strong>. Die Post hielt es nicht für nötig. Sie startete im<br />

September einen Test mit möglicherweise weitreichenden<br />

Folgen für den postalischen Service public.<br />

Mitte August erhielten die Bewohner*innen von Bassecourt<br />

(JU) und Aesch (BL) brieflich die Aufforderung, die<br />

Post von morgen mitzugestalten. Sie sollten die Wochentage<br />

angeben, an denen sie Post erhalten wollen.<br />

Angepriesen wurde der neue, schmalere Service mit folgenden<br />

Vorteilen: Es könnten unnötige Wege zum Postfach<br />

gespart, die Anwesenheitstage zu Hause besser geplant<br />

und verpasste Briefsendungen vermieden werden.<br />

Auf Anfrage bestreitet die Post, dass hinter dem Test<br />

Abbau- und oder Sparabsichten stünden. Die Post macht<br />

sich damit unglaubwürdig. Sie täte besser daran, transparent<br />

zu kommunizieren und die Sozialpartner frühzeitig<br />

einzubeziehen. Alles andere führt nur zu mehr Widerstand.<br />

Eine Zustellung an allen Wochentagen bleibt Teil des<br />

Service public.<br />

Christian Capacoel<br />

Klar und deutlich wie ein Briefkasten: <br />

so sollte die Post kommunizieren.<br />

(© <strong>syndicom</strong>)<br />

Der RTS-Beitrag zum Test mit dem Namen «Post à la carte»:<br />

Bit.ly/2SIvNXZ<br />

Massenentlassung<br />

bei DXC Technology:<br />

im Fokus Leute ab 54!<br />

Giorgio Pardini, Leiter Sektor ICT<br />

Der IT-Dienstleister DXC Technology<br />

beschäftigt in der Schweiz rund 600<br />

Angestellte; weltweit sind es 160 000.<br />

Der rückläufige Umsatz im ersten<br />

Quartal 2020 hatte den Beschluss zur<br />

Folge, dass die Kosteneinsparungen<br />

zum grossen Teil das Personal zu tragen<br />

hat. Weltweit werden 4500 Stellen<br />

gestrichen. In der Schweiz sind 116<br />

Mitarbeitende betroffen.<br />

Die Umsetzung der Massenentlassung<br />

ist skandalös: Der Abbau ist gezielt<br />

auf ältere Mitarbeitende ausgerichtet!<br />

In erster Linie Personen ab 54<br />

sind betroffen, trotz Protesten seitens<br />

der Personalvertretung.<br />

Mit der Ernennung eines neuen<br />

Geschäftsführers von DXC Technology<br />

Switzerland erklärte das Unternehmen<br />

im Februar 20<strong>19</strong> wörtlich, DXC<br />

gehöre zu den «besten Corporate Citizens<br />

weltweit». Wenn ein Personalabbau<br />

nur auf ältere Mitarbeitende abzielt,<br />

ist es zynisch, sich öffentlich als<br />

«guter Bürger» präsentieren zu wollen.<br />

DXC betreibt offensichtlich Etikettenschwindel!<br />

DXC müsste in Zukunft von öffentlichen<br />

IT-Aufträgen ausgeschlossen<br />

werden. Zudem sollten bundesnahe<br />

Betriebe und verantwortungsvolle Unternehmen<br />

überprüfen, ob sie mit solchen<br />

Partnern weiterhin zusammenarbeiten<br />

wollen.<br />

Geschäftspraktiken wie diejenige<br />

von DXC Technology schaden dem Ruf<br />

der ICT-Branche und gehen zu Lasten<br />

der Steuerzahler*innen. Denn Statistiken<br />

vom Bund belegen seit Jahren,<br />

dass Erwerbslose ab dem 45. Altersjahr<br />

mit rund 40 % die grösste Gruppe<br />

sind, die von der Aussteuerung aus der<br />

Arbeitslosenkasse betroffen ist. Nach<br />

der Aussteuerung führt der Weg zur<br />

Sozialhilfe. Es erstaunt nicht, dass auf<br />

politischer Ebene der Ruf nach besserem<br />

Kündigungsschutz für ältere Mitarbeitende<br />

immer lauter wird.


«Uber Eats wird sich erst an Schweizer Gesetze halten, wenn sich<br />

die Schweizer Behörden ebenfalls dafür interessieren.» Matthias Loosli<br />

17<br />

Rechtsstaat setzt sich durch –<br />

leider nur in Genf und Waadt<br />

Endlich Schluss mit der Scheinselbständigkeit bei Uber Eats in<br />

Genf. Das «Business-Modell» hat sein verdientes Ende gefunden,<br />

die Angestellten werden angestellt. Die anderen Kantone<br />

müssen nachziehen.<br />

Der Kanton Genf hat vor über einem<br />

Jahr die ersten rechtlichen Schritte<br />

gegen das Uber-Geschäftsmodell der<br />

Scheinselbständigkeit eingeleitet. In<br />

diesen Wochen haben nun 500<br />

Uber-Eats-Kuriere und -Kurierinnen<br />

in Genf einen Arbeitsvertrag erhalten.<br />

Genf hat gezeigt, dass die Kantone in<br />

der Lage und damit auch in der Pflicht<br />

sind, Gesetze durchzusetzen. Leider<br />

kommt ausser dem Kanton Waadt<br />

weiter kein anderer Kanton seiner Verpflichtung<br />

nach, die Arbeitsgesetze<br />

durchzusetzen.<br />

Gar nicht neu:<br />

Uber nutzt uralten Schwindel<br />

Dabei ist es völlig trivial: Die Scheinselbständigkeit<br />

ist ein Klassiker in der<br />

Umgehung unserer Arbeitsgesetze.<br />

Auch wenn unsere Gesetze teilweise<br />

mit der Digitalisierung nicht Schritt<br />

halten: Das hier hat nichts mit Digitalisierung<br />

oder Plattform-Arbeit zu tun.<br />

Uber scheiterte nicht deshalb, weil unser<br />

Arbeitsgesetz veraltet wäre, wie behauptet<br />

wurde. Vielmehr scheitern sie<br />

an unseren Gesetzen zum Arbeitnehmendenschutz.<br />

Und sie scheitern an<br />

den gesetz lichen Verpflichtungen der<br />

Sozialversicherungen. Der Umstand,<br />

dass Uber in vielen Teilen der Welt<br />

sein Geschäftsmodell durchsetzen<br />

kann, bedeutet nicht, es in der Schweiz<br />

akzeptieren zu müssen.<br />

«Inka»-Firma stellt die<br />

Scheinselbständigen an<br />

Das hat nun auch der Weltkonzern<br />

eingesehen. Uber stellt das Modell der<br />

Zusammenarbeit mit scheinselbständigen<br />

Kurier*innen in Genf ein. Künftig<br />

wird eine andere Firma die Plattform<br />

Uber nutzen – mit eigenen Kurier*innen.<br />

Diese Firma namens<br />

Chaskis (der Name ist abgeleitet von<br />

Melde läufern bei den Inkas) wird die<br />

Kurier*innen regulär beschäftigen.<br />

Dabei ist klar: Mit dem Erbringen<br />

dieser Dienstleistungen wird die Firma<br />

Chaskis meldepflichtig gemäss<br />

dem Postgesetz. Das Postgesetz verlangt<br />

von meldepflichtigen Firmen,<br />

dass sie GAV-Verhandlungen mit einer<br />

Gewerkschaft führen, die in der<br />

Postdienstbranche repräsentativ ist.<br />

<strong>syndicom</strong> ist die Gewerkschaft der<br />

Kurier*innen und hat bereits mit<br />

17 Kurierfirmen einen Gesamtarbeitsvertrag<br />

abgeschlossen. Zum einen via<br />

den Branchen-GAV mit dem Arbeitgeberverband<br />

Swiss Messenger Logistics<br />

(SML), zum anderen mit der Post-<br />

Tochter Notime AG.<br />

<strong>syndicom</strong> fordert von der Firma<br />

Chaskis, GAV-Verhandlungen aufzunehmen.<br />

Oder sie treten dem Arbeitgeberverband<br />

SML bei und schliessen<br />

sich dem «GAV Velokurier und urbane<br />

Kurierdienstleistungen» an. «Der<br />

Staat hat in Genf seine Pflicht getan.<br />

Jetzt ist die Gewerkschaft <strong>syndicom</strong><br />

gefordert», meint David Roth, Zentralsekretär<br />

Logistik bei <strong>syndicom</strong>.<br />

Der Wettbewerb muss über Qualität<br />

gehen, nicht über Tieflöhne<br />

Uber Eats – als global operierendes<br />

Unternehmen – wird sich erst dann an<br />

Schweizer Gesetze halten, wenn sich<br />

die Schweizer Behörden auch für deren<br />

Durchsetzung interessieren.<br />

<strong>syndicom</strong> hat bereits vor drei Jahren<br />

gewarnt, dass es nicht mehr lange<br />

geht, bis die Multis in die Schweiz<br />

drängen. Das hat sich nun bestätigt:<br />

In der Essensauslieferung wurden innert<br />

Kürze viele Schweizer Anbieter<br />

verdrängt. Selbst die Post-eigene Firma<br />

Notime konnte sich nicht mehr<br />

dagegen stemmen. In einem Markt<br />

mit knappen Margen und internationalen<br />

Firmen mit Risikokapital im<br />

Rücken ist das nicht verwunderlich.<br />

Der GAV braucht jetzt die<br />

Allgemeinverbindlichkeit<br />

Umso drängender wird die Allgemeinverbindlicherklärung<br />

des GAV Velokurier<br />

und urbane Kurierdienstleistungen.<br />

Unabhängig davon, ob ein Kebab<br />

oder ein Burger geliefert wird, und<br />

egal, ob ein lokaler Kurier, Uber Eats<br />

oder Eat.ch die Ware liefert – entscheidend<br />

ist: Der Wettbewerb muss über<br />

die Qualität der Dienstleistung und<br />

nicht über die Arbeitsbedingungen<br />

stattfinden.<br />

Unter diesen Rahmenbedingungen<br />

werden auch die lokal sehr stark<br />

verankerten Velokurierfirmen ihre<br />

Nische finden. Viele Restaurants werden<br />

es vorziehen, ihre regionale Produktion<br />

mit einem regional verankerten<br />

Kurier auszuliefern, während internationale<br />

Fastfoodketten auch auf<br />

Kurier-Multis setzen werden. <strong>syndicom</strong><br />

ist seit Jahren engagiert, diese<br />

Entwicklung zu antizipieren und ein<br />

vielfältiges Angebot von Arbeitsplätzen<br />

mit anständigen Arbeitsbedingungen<br />

zu erhalten.<br />

Matthias Loosli<br />

Artikel zum Thema auf <strong>syndicom</strong>.ch:<br />

Bit.ly/3iCs1Kc<br />

Ein GAV für alle Foodkuriere? Genf hat nun einen wegweisenden Entscheid getroffen. (© <strong>syndicom</strong>)


18<br />

Arbeitswelt<br />

«Auch die Absicherung durch einen Gesamtarbeitsvertrag<br />

gehört in die Gesetzesvorlage.» Stephanie Vonarburg<br />

Medienförderung ist ein<br />

Gesamtpaket<br />

Eine hauchdünne Kommissions-Mehrheit wollte noch Ende<br />

August die Medienförderung aufsplitten und das Thema<br />

Onlinemedien vertagen. Jetzt muss die Kommission sie wieder<br />

integrieren. Es gibt keine Zukunft ohne die Onlinemedien.<br />

<strong>syndicom</strong> begrüsst den Entscheid des<br />

Nationalrats, der das Massnahmenpaket<br />

zur Förderung der Medien in<br />

der September-Session wieder zu -<br />

sam menführt. Eine äusserst knappe<br />

Mehr heit der zuständigen Kommission<br />

wollte Ende August die Vorlage<br />

noch aufsplitten und so die Onlinemedien-Förderung<br />

auf die lange Bank<br />

schieben. Der Antrag der grünen Genfer<br />

Nationalrätin Isabelle Pasquier-<br />

Eichen berger fand aber eine schlussendlich<br />

klare Mehrheit: Jetzt muss die<br />

Kommission im Auftrag des Nationalrats<br />

nochmals über die Bücher und<br />

das Paket wieder zusammenbringen.<br />

Die Onlinemedien tragen zur Medienvielfalt genauso<br />

bei wie die gedruckte Presse. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

Die ganze Branche hat appelliert<br />

Insgesamt 10 Organisationen der Medienbranche<br />

hatten am 7. September<br />

in einem gemeinsamen Aufruf an<br />

die Nationalrät*innen appelliert, den<br />

knappen Entscheid der vorberatenden<br />

Kommission rückgängig zu machen.<br />

Ziel: den abgespaltenen Teil der<br />

Förderung einheimischer Onlinemedien<br />

wieder ins Gesamtpaket integrieren.<br />

Die breite Abstützung des Appells,<br />

für den sich auch <strong>syndicom</strong> eingesetzt<br />

hat, ist wegweisend. Von den<br />

Unternehmensvertretungen in Print,<br />

Radio, TV und Online (besonders dem<br />

Westschweizer Verband Médias Suisses<br />

und dem Verband Medien mit Zukunft)<br />

zu den Mediengewerkschaften<br />

hat die gesamte Branche unterzeichnet.<br />

Nur der Deutsch schweizer Verlegerverband<br />

war nicht dabei. Immerhin<br />

hat er sich kurz vor der Debatte im<br />

Nationalrat durchgerungen, ebenfalls<br />

die Zusammenführung der drei Teile<br />

zu fordern.<br />

Ein Paket aus drei Teilen<br />

Zum Förderpaket gehören die folgenden<br />

drei Teile: die substanzielle Aufstockung<br />

der indirekten Presseförderung<br />

für die Zustellung von Zeitungen<br />

und Zeitschriften per Post und per<br />

Frühzustellung, zweitens die Unterstützung<br />

der gemeinwirtschaftlichen<br />

Anliegen: Nachrichtenagentur, journalistische<br />

Aus- und Weiterbildung,<br />

ethische Selbstregulierung (Presserat)<br />

und gemeinsame IT-Projekte der<br />

Branche. Und dazu gehört eben drittens<br />

die Onlinemedien-Förderung im<br />

Umfang von mindestens 30 Millionen<br />

Franken. Nur so wird es ein zukunftsgerichtetes<br />

Gesamtpaket, das nicht<br />

einzelne Bereiche und grosse Unternehmen<br />

einseitig bevorteilt, sondern<br />

auch junge Medien einbezieht.<br />

Bedenklich ist, dass die Vorlage<br />

nun wohl mindestens ein halbes Jahr<br />

Verzögerung erfährt. Die erneute Behandlung<br />

in der Kommission bietet<br />

aber gleichzeitig die Möglichkeit,<br />

das Anliegen der Medienschaffenden<br />

nach einer Absicherung ihrer Arbeitsbedingungen<br />

in einem Gesamtarbeitsvertrag<br />

als Bedingung für den Empfang<br />

von Subventionen in die Vorlage<br />

aufzunehmen.<br />

Die kürzlich publizierte Studie<br />

über die Löhne und Arbeitsbedingungen<br />

in den Medien belegt, dass die<br />

Arbeitsbedingungen der Medienschaffenden<br />

dort wesentlich besser,<br />

und die Lohndiskrepanzen zwischen<br />

den Geschlechtern und Mediengattungen<br />

dort geringer sind, wo es einen<br />

GAV gibt.<br />

Eine sinnvolle Medienförderung<br />

zum Erhalt der Medien- und Meinungsvielfalt<br />

fokussiert auf die Qualität<br />

des Journalismus, die auf Dauer<br />

nur mit guten Arbeitsbedingungen gewährleistet<br />

werden kann.<br />

Stephanie Vonarburg<br />

Zum Thema auf <strong>syndicom</strong>.ch:<br />

Bit.ly/2IoLQs3<br />

Die Session der Frauen<br />

Patrizia Mordini, Leiterin Gleichstellung,<br />

Mitglied der Geschäftsleitung<br />

Parallel zur Herbstsession des Parlaments<br />

fand am 11./12. September die<br />

1. Feministische Sondersession in<br />

Bern statt. Gewerkschaftsfrauen disku<br />

tierten mit ca. hundert anwesenden<br />

Frauen in 20 Workshops über Kinderbetreuung,<br />

Gewalt gegen Frauen, Partizipationsformen,<br />

Migration – und<br />

über Geld. Zita Küng von der Feministischen<br />

Fakultät präsentierte drei Zahlen<br />

zum «Makroskandal, dem Betrug<br />

an Frauen», berechnet von der Ökonomin<br />

Mascha Madörin.<br />

«100 Milliarden»<br />

Die Frauen in der Schweiz haben jährlich<br />

100 Milliarden Franken weniger<br />

Einkommen als Männer! Obwohl<br />

Frauen und Männer gleich viele Stunden<br />

arbeiten.<br />

«248 Milliarden»<br />

Der monetäre Wert der unbezahlten<br />

Arbeit der Frauen beträgt jährlich<br />

248 Milliarden Franken! Mehr als alle<br />

Ausgaben, die der Bund, alle Kantone<br />

und alle Gemeinden tätigen.<br />

«1 Milliarde»<br />

Rund 1 Milliarde Stunden arbeiten<br />

Frauen jährlich unbezahlt nur für die<br />

Kinderbetreuung! Fast doppelt so<br />

lang wie alle Männer im Baugewerbe.<br />

Der Vergleich macht erst fassbar, was<br />

diese gigantischen Zahlen tatsächlich<br />

bedeuten.


«40- bis 54-Jährige gaben häufig an, aus beruflichen<br />

Gründen keine Zeit für Weiterbildung zu haben.» Riccardo Pardini<br />

<strong>19</strong><br />

#uptodate: Wie ICT-Beschäftigte<br />

in der Schweiz sich weiterbilden<br />

Eine Studie im Auftrag von <strong>syndicom</strong> ergibt, dass IT-Beschäftigte<br />

nicht mehr Weiterbildungen besuchen als andere. Die Branche<br />

tut gut daran, für strukturelle Verbesserungen zu sorgen.<br />

Berufsorientierte Weiterbildung ist<br />

wichtig in der Branche Informationsund<br />

Kommunikationstechnologie<br />

(ICT), das ist unbestritten. Angesichts<br />

steigenden Fachkräftemangels tut die<br />

ICT-Branche gut daran, in die Weiterbildung<br />

der Arbeitnehmenden zu investieren.<br />

Über die Weiterbildungspraxis<br />

von ICT-Beschäftigten in der<br />

Schweiz ist allerdings noch wenig bekannt.<br />

Im Auftrag von <strong>syndicom</strong> untersuchte<br />

die Fachhochschule Nordwestschweiz<br />

die Bedeutung der berufsorientierten<br />

Weiterbildung für die<br />

Arbeitsmarktfähigkeit der ICT-Beschäftigten.<br />

ICT-Weiterbildung liegt im Mittelfeld<br />

Rund ein Drittel aller Beschäftigten<br />

der ICT-Branche nahmen 2017 an einer<br />

Weiterbildung oder weiterbildungsähnlichen<br />

Aktivität teil – überwiegend<br />

aus beruflichen Gründen.<br />

Die Teilnahme ist im Vergleich mit anderen<br />

Branchen durchschnittlich.<br />

Daraus lässt sich nicht folgern, dass es<br />

ein geringes Interesse an Weiterbildung<br />

gäbe. Im Gegenteil: Gemäss der<br />

Online-Umfrage sind sogar 80 % der<br />

Befragten bereit, ihre Freizeit und eigene<br />

finanzielle Mittel für Weiterbildungszwecke<br />

einzusetzen.<br />

Ist die Weiterbildung im GAV geregelt, erhalten<br />

die Mitarbeitenden eher finanzielle Unterstützung.<br />

(© stock.adobe/auremar)<br />

Schritt halten, Fachwissen erweitern<br />

ICT-Beschäftigte beurteilen Weiterbildung<br />

als wichtig für den Erhalt und<br />

die Entwicklung ihrer Arbeitsmarktfähigkeit.<br />

Genutzt werden die Besuche<br />

vorwiegend, um das Fachwissen zu erweitern,<br />

zu aktualisieren oder neue arbeitsrelevante<br />

Inhalte zu erlernen. Sie<br />

dienen auch dazu, mit den organisationalen<br />

und technologischen Veränderungen<br />

am Arbeitsplatz Schritt zu halten.<br />

Damit ICT-Beschäftigte sowohl<br />

an ihrem Arbeitsplatz direkt benötigte<br />

Inhalte erlernen als auch ihre Arbeitsmarktchancen<br />

längerfristig verbessern<br />

können, ist eine Kombination<br />

von Weiterbildungen nötig.<br />

Regelungen im Arbeitsvertrag<br />

wirken positiv<br />

Aus der Umfrage geht hervor, dass von<br />

70 % der ICT-Beschäftigten Weiterbildungsteilnahmen<br />

erwartet werden,<br />

und bei 80 % der Befragten wurde der<br />

letzte Besuch vom Arbeitgeber finanziell<br />

unterstützt. Weiterbildungsregelungen<br />

in Arbeitsverträgen wirken<br />

sich positiv auf die Weiterbildungskonditionen<br />

der Beschäftigten aus. Einerseits<br />

erhalten jene mit Regelungen<br />

eher finanzielle Unterstützung für<br />

ihre Weiterbildungsaktivitäten. Andererseits<br />

haben die Befragten ohne Regelungen<br />

im Arbeitsvertrag häufiger<br />

angegeben, aus Zeitmangel im vorhergehenden<br />

Jahr keine Weiterbildung<br />

besucht zu haben.<br />

Demografische Unterschiede<br />

ICT-Beschäftigte ohne Hochschulabschluss<br />

oder höhere Berufsbildung<br />

besuchen weniger Weiterbildungen<br />

als jene mit Abschluss, obschon beide<br />

Gruppen gleiches Interesse bekunden,<br />

an Bildungsaktivitäten teilzunehmen.<br />

Die Weiterbildungsteilnahme<br />

unterscheidet sich auch nach<br />

Geschlecht: Die befragten Frauen<br />

nehmen viel weniger häufig an Weiterbildungen<br />

teil als die befragten Männer.<br />

Obschon ältere und jüngere<br />

ICT-Berufstätige ähnlich häufig Weiterbildungen<br />

besuchen, erhalten<br />

55-jährige und ältere Beschäftigte<br />

häufiger finanzielle Unterstützung<br />

von den Arbeitgebern. Die Personen<br />

zwischen 40 und 54 Jahren gaben<br />

deutlich häufiger an, keine Zeit für<br />

Weiterbildungen zu haben, weil sie<br />

beruflich zu stark eingebunden seien.<br />

Riccardo Pardini,<br />

Soziologe, Institut Sozialplanung, Organisationaler<br />

Wandel und Stadtentwicklung<br />

der Hochschule für Soziale<br />

Arbeit der FH Nordwestschweiz<br />

Die Studie «#uptodate: Arbeitsmarktfähigkeit von<br />

ICT-Beschäftigten in der Schweiz» von Riccardo<br />

Pardini, Nora Meuli und Carlo Knöpfel gibt es ab<br />

Ende Oktober im Seismo-Verlag.<br />

Massenentlassung<br />

bei der Notime AG<br />

Noch bevor die Tinte auf dem neuen<br />

Gesamtarbeitsvertrag der Notime AG<br />

trocknen konnte, sind deren Kuriere<br />

und Kurierin nen betroffen von einer<br />

Massen entlassung. Auslöser war die<br />

europaweite Fusion von Takeaway.<br />

com und Justeat, die nun die Aufträge<br />

von Eat.ch ausführen. Eat.ch war der<br />

grösste Auftraggeber von Notime im<br />

Food-Geschäft – ein Klumpenrisiko<br />

also, das nun schlimme Folgen hat für<br />

die Kurier*innen von Notime.<br />

Die Kündigungen wurden im Verlauf<br />

des Oktober ausgesprochen. Entsprechend<br />

hat der GAV, der am 1. Oktober<br />

in Kraft trat, bereits Gültigkeit.<br />

Das bedeutet: die Fahrer*innen, die<br />

im Schnitt mehr als 40 % gearbeitet<br />

haben, profitieren von den Garantien<br />

des GAV. In der Diskussion mit <strong>syndicom</strong><br />

hat Notime in Aussicht gestellt,<br />

dass einige Kurier*innen im E-Commerce<br />

weiterarbeiten können. Auch<br />

beim Übertritt zu Take away.com wird<br />

den Fahrer*innen geholfen, was für<br />

einige eine gute Option ist.<br />

Aber in den jetzt angelaufenen<br />

Sozialplanverhandlungen wird <strong>syndicom</strong><br />

weitergehende Forderungen formulieren,<br />

damit nicht die Angestellten<br />

die Konsequenzen aus dem unternehmerischen<br />

Risiko tragen müssen.<br />

<strong>syndicom</strong> wird versuchen, so rasch<br />

als möglich Kontakt mit Takeaway.<br />

com herzustellen, um eine Sozialpartnerschaft<br />

zu etablieren. Auch dieser<br />

internationale Konzern muss sich an<br />

die Gesetze in der Schweiz halten. Und<br />

das Postgesetz schreibt eine GAV-Verhandlungspflicht<br />

für diese Art von<br />

Logistikdienstleistungen vor. (mlo)<br />

Der gesamte GAV notime:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/gavnotime


20 Arbeitswelt<br />

«Der Arbeitgeberverband KEP & Mail hat eine wichtige Chance<br />

verpasst, den Gesamtarbeitsvertrag weiterzuentwickeln.»<br />

<br />

Urs Zbinden<br />

Die Zustellbranche braucht<br />

einen GAV mit <strong>syndicom</strong>!<br />

Den Zustellerinnen und Zustellern droht ein vertragsloser Zustand.<br />

Dabei gibt es wichtige Anliegen und Forderungen in der<br />

Branche, die die Arbeitgeber anerkennen müssten. <strong>syndicom</strong><br />

macht Dampf mit einer Herbstaktion in den Betrieben.<br />

Ein GAV als Schutzschild<br />

gegen die Liberalisierung<br />

Mit der Öffnung des Postmarktes für<br />

private Konkurrenzunternehmen zur<br />

Schweizer Post Ende der <strong>19</strong>90er- und<br />

in den 2000er-Jahren wurde auch der<br />

Bereich Paketzustellung liberalisiert.<br />

Damit sich die Arbeitsbedingungen<br />

durch die neu geschaffene Konkurrenzsituation<br />

nicht verschlechterten,<br />

setzte sich <strong>syndicom</strong> zum Ziel,<br />

den Postmarkt zu regulieren. Auf diesem<br />

Weg war der Abschluss des Gesamtarbeitsvertrages<br />

(GAV) in der Zustell-Branche<br />

KEP & Mail von 2016 ein<br />

wichtiger Meilenstein. Zusammen mit<br />

dem Arbeitgeberverband KEP & Mail<br />

strebte man gar eine Ausweitung des<br />

Gesamtarbeitsvertrags auf die ganze<br />

Zustellungs-Branche an, indem man<br />

ihn vom Bundesrat für allgemeinverbindlich<br />

erklären lassen wollte.<br />

Desinteresse der Arbeitgeber und<br />

Paukenschlag von <strong>syndicom</strong><br />

Ein GAV ist kein statisches Werk. Er<br />

muss sich im sozialen Dialog beständig<br />

weiterentwickeln. Diesen Dialog<br />

erachtete <strong>syndicom</strong> als ungenügend.<br />

So erfuhren wir zum Beispiel durch<br />

unsere Mitglieder, dass Subunternehmen<br />

die Arbeitsbestimmungen des<br />

GAV nicht einhielten und Dumpinglöhne<br />

bezahlten.<br />

Es war allerdings nicht möglich,<br />

solche Probleme gemeinsam mit den<br />

Arbeitgebern zu lösen, geschweige<br />

denn einzelne Punkte des GAV weiterzuentwickeln.<br />

Enttäuscht über diese<br />

Situation, kündigte <strong>syndicom</strong> vorsorglich<br />

den GAV, um die Parteien an den<br />

Verhandlungstisch zu bringen.<br />

Das waren die Forderungen der<br />

Kolleg*innen<br />

Den Mitgliedern von <strong>syndicom</strong> waren<br />

insbesondere Verbesserungen im<br />

Lohnsystem wichtig. Eine neue Segmentierung<br />

sollte die Berufe in der<br />

Branche korrekt abbilden.<br />

Mit der Einführung der neuen Kategorie<br />

«Angelernte» sollte eine Lohnerhöhung<br />

für ungelernte Arbeiter*innen<br />

nach einem Jahr auf die Tagesordnung<br />

gesetzt werden. Weitere Punkte<br />

des Forderungskatalogs waren jährliche<br />

Lohnverhandlung, höherer Mindestlohn<br />

und klare Regelungen bei<br />

der Mehrarbeit (Überstunden und<br />

Überzeit). Durch eine Überarbeitung<br />

des Geltungsbereichs wollte <strong>syndicom</strong><br />

die Errungenschaften des GAV<br />

auf eine grössere Anzahl Personen<br />

ausdehnen. Damit die Bestimmungen<br />

nicht durch Subunternehmen unterlaufen<br />

werden können, war auch eine<br />

Subunternehmerhaftung und die entsprechende<br />

Kontrolle durch sozialpartnerschaftliche<br />

Gremien ein wichtiger<br />

Verhandlungspunkt.<br />

Der Arbeitgeberverband war nicht<br />

bereit, auf diese Forderungen einzutreten<br />

und sich an den Verhandlungstisch<br />

zu setzen. Damit wurde eine<br />

wichtige Chance verpasst, den<br />

Gesamt arbeitsvertrag weiterzuentwickeln.<br />

Mit einer Flugblatt-Kampagne<br />

werden wir noch den ganzen November<br />

vor den Betrieben präsent sein<br />

und den gewerkschaftlichen Aufbau<br />

vorantreiben. Die Zustellbranche KEP<br />

& Mail braucht einen Gesamtarbeitsvertrag.<br />

Ohne <strong>syndicom</strong> kann es einen<br />

solchen Vertrag nicht geben!<br />

Urs Zbinden<br />

Ein GAV ohne <strong>syndicom</strong> würde die Angestellten der Branche schwächen. (© Fotolia)<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/branchen/logistik/kepmail<br />

Jugend wird immer<br />

politischer!<br />

Das kürzlich von der Credit Suisse veröffentlichte<br />

Jugendbarometer fühlt<br />

der Jugend auf den Zahn. 16- bis<br />

25-Jährige wurden vom Forschungsinstitut<br />

GFS Bern befragt, was ihre<br />

grössten Sorgen seien. Hauptsorge ist<br />

die Altersvorsorge: 47 Prozent aller<br />

Befragten geben diese als wichtigstes<br />

Problem des Landes an.<br />

An zweiter Stelle beschäftigt die<br />

Jugend die Corona-Krise und ihre Folgen,<br />

mit dem Thema Arbeitslosigkeit<br />

auf dem vierten Rang eng verknüpft.<br />

Platz drei wird ebenfalls nicht erstaunen,<br />

da aktuell sehr spürbar. Denken<br />

wir an die Besetzung des Bundesplatzes<br />

durch mehrere hundert Jugendliche<br />

– ja: der Klimaschutz. 54 Prozent<br />

der Jugendlichen gaben an, sich für<br />

die Umwelt einzusetzen, 2014 waren<br />

es 35 Prozent.<br />

Die Bereitschaft, sich aktiv einzusetzen,<br />

stieg auch beim Rassismus<br />

(Rang 5) und der Gleichstellung von<br />

Frauen und Männern (Rang 6) deutlich<br />

an. Stichworte sind Black Lives<br />

Matter und Frauen*streik.<br />

Das sind klare Signale, die ernst zu<br />

nehmen sind: Gestalten wir die Zukunft<br />

mit der Jugend!<br />

Patrizia Mordini,<br />

Leiterin Gleichstellung<br />

Die Studienergebnisse online bei der CS:<br />

Bit.ly/2IcdzMw


«Die TX Group hat allein im Frühjahr 11,5 Mio Kurzarbeitergeld<br />

bezogen und profitiert von der Medienförderung.» Melina Schröter<br />

21<br />

Tamedia: 70 Millionen<br />

einsparen – ohne Plan<br />

Erstmals kündet TX Group an, die Sozialpartner<br />

einbeziehen zu wollen. Aber warum ist schon<br />

vor der Konsultation von «Sozialplan» die Rede?<br />

Hier ist einiges merkwürdig.<br />

2018 restrukturierte Tamedia ohne Einbezug des Personals.<br />

Ein Streik war die Folge. <br />

(© <strong>syndicom</strong>)<br />

Die Ankündigung Ende August war<br />

eine kalte Dusche für die Tamedia-Redaktionen:<br />

Die TX Group will bei ihren<br />

Bezahlmedien (TagesAnzeiger, Berner<br />

Zeitung, 24 Heures, Tribune de Genève,<br />

Matin Dimanche u. a.) 70 Millionen<br />

einsparen. Diese einschneidenden<br />

Massnahmen – minus 15 Prozent innert<br />

drei Jahren – will das Zürcher Verlagshaus<br />

umsetzen, obwohl seine Redaktionen<br />

immer noch in Kurzarbeit<br />

sind. Und obwohl laut derselben Mitteilung<br />

die Zugriffe auf die digitalen<br />

Plattformen seiner Titel seit Jahresbeginn<br />

um 50 % zugenommen haben.<br />

Nur sparen, sparen, sparen<br />

Dass die TX Group das Personal und<br />

die Sozialpartner, darunter <strong>syndicom</strong>,<br />

in die Ausgestaltung der konkreten<br />

Massnahmen einbeziehen will, liegt<br />

vielleicht daran, dass sie nach der Eskalation<br />

des kollektiven Konflikts bei<br />

der Einstellung von Le Matin nicht erneut<br />

scheitern will. Bisher sei abgesehen<br />

von den 70 Millionen nichts geplant.<br />

Nicht bekannt ist zum Beispiel,<br />

wie viele Angestellte der Verleger entlassen<br />

will. Der räumt aber ein, dass<br />

die Einsparungen nicht allein durch<br />

natürliche Fluktuation erreicht werden<br />

können. Das sind freiwillige Abgänge,<br />

die nicht ersetzt werden und<br />

die Redaktionen im Übrigen schon seit<br />

Jahren unter Druck setzen – ein weiterer<br />

Stellenabbau also in einer bereits<br />

ausgebluteten Medienlandschaft.<br />

Kein Plan?<br />

Zwar lässt sich in diesem angekündigten<br />

Einbezug der Redaktionen und<br />

Sozial partner in die kommenden Diskussionen<br />

ansatzweise der Wille zu einem<br />

sozialen Dialog erkennen, doch<br />

darf dieser kein frommer Wunsch<br />

bleiben. Und auch kein Marketing-Argument<br />

zur Aufbesserung des Image<br />

der TX Group, aber ohne echten Verhandlungswillen.<br />

Dass von einem Sozialplan<br />

die Rede ist, obwohl die Konsultation<br />

zur Suche nach Alternativen<br />

zu den Entlassungen noch nicht einmal<br />

begonnen hat, lässt nichts Gutes<br />

erwarten. Wenn die TX Group, wie sie<br />

behauptet, keinen genauen Plan für<br />

diese Einsparungen von 70 Millionen<br />

hat, muss sie einer echten Diskussion<br />

mit ihren Redaktionen und Sozialpartnern<br />

zustimmen, um die sozialen<br />

Auswirkungen dieser erneuten Budgetkürzung<br />

möglichst zu begrenzen.<br />

Entlassungen trotz Medienförderung<br />

und 11 Mio Kurzarbeitergeld<br />

Als grösste Mediengewerkschaft ist<br />

<strong>syndicom</strong> bereit, an der Seite der Redaktionen<br />

eine echte Konsultation mit<br />

Tamedia durchzuführen. Sie erinnert<br />

auch daran, dass die TX Group, die von<br />

Mitte März bis Ende Juni Kurzarbeitsentschädigung<br />

in Höhe von 11,5 Millionen<br />

bezogen hat, heute immer noch<br />

Kurzarbeit in Anspruch nimmt und<br />

dass die Zeitungen des Konzerns öffentliche<br />

Gelder im Rahmen der Medienförderung<br />

erhalten. Diese Finanzhilfe<br />

hat den Erhalt der Medienvielfalt<br />

und die Sicherung der Arbeitsplätze<br />

zum Ziel. Im Übrigen zeigt die Covid-<strong>19</strong>-Krise<br />

wieder, dass der Journalismus<br />

für Demokratie und Öffentlichkeit<br />

von wesentlicher Bedeutung ist.<br />

Die TX Group muss ihre verlegerische<br />

Verantwortung gegenüber ihren Leserinnen<br />

und Lesern und ihre soziale<br />

Verantwortung wahrnehmen und Alternativen<br />

zu den Entlassungen suchen.<br />

Sollten diese trotz allem unabwendbar<br />

sein, muss sie den zu Entlassenden<br />

einen grosszügigen Sozialplan<br />

anbieten.<br />

Melina Schröter<br />

Zum Thema auf <strong>syndicom</strong>.ch:<br />

Bit.ly/3nWqVNx<br />

«Powercoins»<br />

statt Ideen<br />

Es klingt erst wie eine Spielerei: Nach<br />

einer Sitzung überweise ich der Kollegin,<br />

die eine gute Idee hatte, ein paar<br />

«Powercoins». Oder einer Person, die<br />

ein neues Produkt lancierte, das im<br />

Verkauf gut angelaufen ist. Powercoins<br />

– so heisst bei PostFinance die<br />

virtuelle Währung für positive Feedbacks.<br />

Habe ich einige Power coins zusammen,<br />

kann ich mir einen «Power-<br />

You» kaufen. Das kann ein Kaffee oder<br />

ein E-Book sein. Klingt lustig – solange<br />

es alle lustig haben.<br />

Aber sobald eine Reorganisation<br />

ansteht, ist es vorbei mit der Lustigkeit.<br />

Gebe ich meinem Chef einen<br />

Coin, weil er gerade gute Arbeit leistet,<br />

oder wirkt das schleimig? Ist es clever,<br />

ihm einen Coin zu geben, weil er vielleicht<br />

schon bald zwischen mir und<br />

meiner Kollegin entscheiden muss?<br />

PostFinance erwidert, niemand<br />

werde gezwungen mitzumachen. In<br />

der internen Kommunikation liest<br />

man aber, es sei das «Instrument des<br />

digitalen Wandels». Wer nicht mitmacht,<br />

ist offenbar nicht fit dafür.<br />

Ein Schelm, wer bestreitet, dass<br />

diese Coins dereinst als Beurteilungselement<br />

eingesetzt werden oder ein<br />

tiefer Kontostand vielleicht sogar das<br />

Weiterkommen behindert. Zwar kann<br />

man seinen Konto stand anonym halten,<br />

aber wie lange wohl, wenn ihn alle<br />

anderen veröffentlichen? Der Druck,<br />

Coins zu verteilen, die Fragezeichen,<br />

wenn man keine Coins erhält – das alles<br />

wird letztlich keine zufriede nere,<br />

sondern eine verunsicherte Belegschaft<br />

zur Folge haben.<br />

Wieder einmal konnten sich die<br />

Innovationsabteilungen austoben<br />

und die ganze Belegschaft mit einem<br />

Gag beüben. Es scheint fast, als käme<br />

es der PostFinance-Führung gerade<br />

recht, kurz von den eigenen Problemen<br />

abzulenken. Dabei braucht Post-<br />

Finance dringend Antworten, wie eine<br />

der grössten Schweizer Banken in die<br />

Zukunft geführt wird. Sonst sind die<br />

Powercoins bald das einzige Zahlungsmittel,<br />

das sie noch flüssig hat.<br />

David Roth<br />

Beitrag zum Thema auf SRF.ch<br />

Bit.ly/30TkC3p


22 Politik<br />

Die Covid-Krise zeigt, dass<br />

es Gerechtigkeit braucht<br />

Am 29. November stimmen<br />

wir ab über die Konzernverantwortungs-Initiative.<br />

Sie fordert, dass Konzerne<br />

mit Sitz in der Schweiz<br />

in allen Ländern, in denen<br />

sie tätig sind, die Menschenrechte<br />

und die Umwelt respektieren.<br />

Alt-Ständerat<br />

Dick Marty, Co-Präsident<br />

des Initiativ komitees, erklärt,<br />

weshalb dies in Zeiten<br />

der Pandemie wichtiger ist<br />

denn je.<br />

Text: Giovanni Valerio<br />

Bild: Francesco Girardi<br />

Was will die Initiative?<br />

Sie fordert etwas Einfaches, aber<br />

Grundlegendes: Die Umsetzung<br />

eines wesentlichen Grundsatzes in<br />

jeder zivilisierten Gesellschaft,<br />

nämlich dass jeder für sein Handeln<br />

verantwortlich ist. Auch die multinationalen<br />

Konzerne, die oft in sehr<br />

fragilen Ländern tätig sind, wo der<br />

Staat inexistent und/oder korrupt<br />

ist.<br />

Das ist eines der Paradoxe der<br />

heutigen globalisierten Wirtschaft:<br />

Die rohstoffreichsten Länder sind<br />

häufig auch die ärmsten Länder,<br />

verwüstet durch Gewalt und von<br />

Auto kraten regiert. Kongo zum Beispiel<br />

ist bezogen auf Bodenschätze –<br />

etwa das Tantal-Erz Coltan und<br />

Kobalt, ohne die kein PC oder Handy<br />

funktionieren würde – eines der<br />

reichsten Länder der Welt. Dennoch<br />

leben die Menschen dort in Elend<br />

und Gewalt.<br />

Das Problem liegt darin, dass<br />

die Wirtschaft keine Grenzen mehr<br />

kennt, sie hat sich globalisiert, während<br />

das Recht weiterhin innerhalb<br />

der Landesgrenzen gemacht wird.<br />

Die Multis haben heute eine enorme<br />

Macht, die weit grösser ist als jene<br />

der meisten Staaten. Jedes Jahr tötet<br />

der Tabak in der Schweiz 9500 Menschen,<br />

weit mehr als Covid-<strong>19</strong>!<br />

Unter dem Druck von Philip Morris<br />

wehrte das Parlament aber alle Versuche<br />

ab, ein Werbeverbot – kein<br />

Verkaufsverbot! – einzuführen. Wir<br />

können uns also denken, wie viel<br />

Einfluss und Macht diese Konzerne<br />

in anderen Ländern haben, in Afrika<br />

oder Lateinamerika.<br />

Worüber werden wir also<br />

abstimmen?<br />

Wir haben eine Empfehlung der<br />

UNO und des Ministerkomitees des<br />

Europarates, in dem die Schweiz<br />

ebenfalls Mitglied ist, aus dem Jahr<br />

2016 wieder aufgenommen: Die<br />

Staaten sollen Gesetze erlassen,<br />

damit Konzerne mit Sitz in ihrem<br />

Land, die in fragilen Ländern tätig<br />

sind, wegen Menschenrechtsverletzungen<br />

und Verstössen gegen internationale<br />

Umweltstandards zur Rechenschaft<br />

gezogen werden können.<br />

Leider gibt es zahlreiche Beispiele<br />

für solche Rechtsverletzungen:<br />

Glencore hat Flüsse verseucht<br />

und damit Tausenden Menschen,<br />

die von der Fischerei lebten, die<br />

Existenzgrundlage entzogen. Syngenta<br />

exportiert krebserregende<br />

Pestizide, die in der Schweiz und in<br />

Europa verboten sind. Schweizer<br />

Raffinerien beziehen Gold aus<br />

Minen, in denen Kinder arbeiten ...<br />

Kann man vor solchen Tatsachen<br />

wirklich die Augen verschliessen,<br />

wenn auch der Ruf unseres Landes<br />

auf dem Spiel steht?<br />

Wenn Leute einwenden, bei allen<br />

Problemen im Zusammenhang mit<br />

der Covid-<strong>19</strong>-Krise sei jetzt der falsche<br />

Zeitpunkt, um sich mit diesem<br />

Thema zu befassen: Was sagst du?<br />

Nein, es ist der richtige Moment.<br />

Covid zeigt auf dramatische Weise<br />

die Ungerechtigkeiten auf, selbst<br />

inner halb unseres Landes, und es<br />

sind die Schwächsten, die am meisten<br />

betroffen sind. Dasselbe auf<br />

internatio naler Ebene.<br />

Diese Ungleichgewichte schüren<br />

nur das Misstrauen gegenüber<br />

Institutionen, Krisen und Gewalt<br />

und beschleunigen die Migration.<br />

Zum ersten Mal steht die ganze Welt<br />

gleichzeitig derselben Gefahr gegenüber.<br />

Das zeigt deutlich, dass wir in<br />

einer Welt leben, in welcher der<br />

Flügelschlag eines Schmetterlings<br />

«Ich wette,<br />

dass kein Konzern<br />

die Schweiz<br />

verlassen wird.»<br />

Dick Marty<br />

in einer Entfernung von Tausenden<br />

von Kilometern Auswirkungen haben<br />

kann. Ich möchte an einen Satz<br />

von Martin Luther King erinnern:<br />

«Ungerechtigkeit an einem Ort bedroht<br />

die Gerechtigkeit an jedem<br />

anderen.»<br />

Würde mehr Gerechtigkeit<br />

herr schen, könnte in armen, aber<br />

rohstoffreichen Ländern die Migration<br />

verringert werden, denn Menschen<br />

verlassen ihr Land niemals<br />

leichten Herzens. Und es gäbe mehr<br />

Frieden und Wohlfahrt. Das ist auch<br />

im Interesse der Wirtschaft und der<br />

Arbeitnehmenden.<br />

Die Arbeiterinnen und Arbeiter und<br />

die Natur in fernen Ländern – das<br />

sind Fragen, die scheinbar wenig<br />

mit der Schweiz zu tun haben: Weshalb<br />

also unsere Gesetze ändern?<br />

Zunächst einmal sitzen in der<br />

Schweiz im Verhältnis zur Bevölkerungszahl<br />

weltweit am meisten<br />

Konzerne. Dann hat unser Land in<br />

seiner Verfassung ethische Werte<br />

verankert, nach denen wir handeln<br />

müssen. Was in Kongo geschieht,<br />

ist für uns direkt von Interesse. Das<br />

ist nicht Altruismus.<br />

Es erinnert mich an die 70er-<br />

Jahre, als täglich Milliarden von Lire


«Die Logistik ist ein Knotenpunkt im Welthandel und ermöglicht internationale Lieferketten.<br />

Die Logistikbranche trägt damit eine Verantwortung für die Arbeitsbedingungen weltweit.»<br />

Raphael Hengartner, PostLogistics, Frauenfeld, <strong>syndicom</strong>-Mitglied (Bild: KVI)<br />

und Millionen von französischen<br />

Francs und D-Mark auf Banken in<br />

der Schweiz flossen. Es gab eine<br />

richtige Geldtransfer-Industrie.<br />

Eine Gruppe junger Staatsanwälte,<br />

zu denen auch ich gehörte, machte<br />

darauf aufmerksam, dass diese Mittel<br />

möglicherweise aus rechtswidrigen<br />

Geschäften stammten. Die Gelder<br />

kamen nicht nur von ehrlichen<br />

Bürgerinnen und Bürgern, sondern<br />

auch aus kriminellen Quellen. Aus<br />

unserer Sicht mussten dringend Bestimmungen<br />

verabschiedet werden,<br />

um die Herkunft dieser riesigen<br />

anony men Summen ermitteln zu<br />

können. Damals wurden wir beschuldigt,<br />

Feinde des Finanzplatzes<br />

Schweiz zu sein. 25 Jahre später hat<br />

das Parlament das Geldwäschereigesetz<br />

einstimmig verabschiedet.<br />

Wie viele Skandale, die der<br />

Schweiz einen grossen Schaden zugefügt<br />

haben, hätten vermieden<br />

werden können! Damals wie heute<br />

waren der Bundesrat und die Parlamentsmehrheit<br />

der Auffassung,<br />

dass es Sache der Unternehmen sei,<br />

sich gegenseitig zu regulieren. Die<br />

Banken führten also eine Vereinbarung<br />

über die Standesregeln zur<br />

Sorgfaltspflicht ein, die aber nicht<br />

funktioniert hat. Schliesslich<br />

brauchte es ein Geldwäschereigesetz.<br />

Trotz dieser katastrophalen<br />

Erfahrung schlagen Bundesrat und<br />

Parlament heute immer noch eine<br />

Selbstregulierung für die Konzerne<br />

vor. Absurd!<br />

«Ungerechtigkeit<br />

an einem Ort bedroht<br />

die Gerechtigkeit<br />

an jedem<br />

anderen.»<br />

Martin Luther King<br />

Natürlich halten sich die meisten<br />

Unternehmen an die Regeln.<br />

Das Problem sind die übrigen, die<br />

Minderheit, die nur die Profitmaximierung<br />

anstreben. Sie schaden<br />

dem Image der Schweiz und dem<br />

Wirtschaftsstandort erheblich –<br />

mehr, als dass sie sich Konkurrenzvorteile<br />

gegenüber Unternehmen,<br />

die sich korrekt verhalten, verschaffen.<br />

Besteht nicht die Gefahr, dass die<br />

Multis die Schweiz verlassen und<br />

Arbeits plätze verloren gehen?<br />

Ich wette, dass bei einer Annahme<br />

der Initiative kein einziger Konzern<br />

die Schweiz verlassen wird. So wie<br />

kein Multi Frankreich verlassen hat,<br />

wo seit 20<strong>19</strong> ein Gesetz in Kraft ist.<br />

Für die multinationalen Konzerne<br />

zählen weit wichtigere Aspekte:<br />

neben der Steuerregelung auch<br />

eine leistungsfähige Logistik, die<br />

Lebensqualität, die Rechtssicherheit,<br />

gute Schulen ...<br />

Vielmehr werden sich die Konzerne<br />

fragen, welche Risiken mit<br />

ihrer Tätigkeit verbunden sind:<br />

Unter nehme ich alles Nötige, um zu<br />

verhindern, dass in meinen Minen<br />

Kinder arbeiten? Gibt es Filter, um<br />

die Flüsse nicht mehr zu verschmutzen?<br />

Und sie werden feststellen, wie<br />

es viele bereits getan haben, dass<br />

die Achtung der Menschenrechte<br />

und der Umwelt auch wichtige<br />

Faktoren für das Marketing und die<br />

Anerkennung durch den Markt sein<br />

können.<br />

Ein wichtiger Link für die kommende Zeit:<br />

gewerkschaften-fuer-kvi.ch


24<br />

Generation Praktikum:<br />

Stopp dem Missbrauch<br />

Immer mehr junge Arbeitnehmende<br />

werden mit Praktikumsverträgen<br />

angestellt.<br />

Manchmal macht das Sinn.<br />

Viel zu oft führt es aber zu<br />

Ausbeutung und Missbrauch.<br />

Weil der Bund sich weigert,<br />

etwas zu machen, nehmen<br />

wir jetzt die Kantone in die<br />

Pflicht.<br />

Text: Dominik Fitze<br />

Bild: Unia<br />

Sanja (25) hat die Fachhochschule<br />

vor zwei Jahren mit einem Bachelor<br />

in Grafikdesign beendet. Seither<br />

sucht sie eine feste Stelle, ihr Arbeitgeber<br />

bietet ihr aber immer neue<br />

Praktikumsverträge an. Thomas (17)<br />

möchte gerne Kleinkindbetreuer<br />

werden. Mögliche Lehrbetriebe verlangen,<br />

dass er zuerst ein Praktikum<br />

macht. Dies hat er absolviert – für<br />

900 Franken im Monat. Eine Lehrstelle<br />

fand er trotzdem nicht.<br />

Die Namen Sanja und Thomas<br />

sind fiktiv. Die Probleme aber nicht.<br />

Wie ihnen geht es immer mehr jungen<br />

Leuten. Ständig arbeiten in der<br />

Schweiz etwa 50 000 Praktikant*innen.<br />

Etwa 10 % der Berufstätigen<br />

unter 25 machen ein Praktikum.<br />

Eigentlich sollten Praktika ja<br />

im Rahmen einer Ausbildung stattfinden.<br />

Besonders stossend sind<br />

Vorlehrpraktika, also Situationen<br />

wie die von Thomas. Gerade in der<br />

Kita-Branche sind diese leider alltäglich,<br />

wo unterbezahlte Praktikant*innen<br />

oftmals die Arbeit von<br />

ausgebildeten Fachkräften übernehmen<br />

sollen.<br />

Schweizweit gibt es keine Regulierungen.<br />

Der Bundesrat lehnt es<br />

ab, welche zu schaffen. Vollzug und<br />

Ahndung sei Aufgabe der Kantone,<br />

heisst es. Von den meisten Kantonen<br />

war bisher noch nichts Derartiges<br />

zu hören. In Genf ahndet mittlerweile<br />

die Arbeitsmarktaufsicht<br />

unbezahlte Praktika. In Bern dürfen<br />

Vorlehrpraktika in Kitas nur noch<br />

6 Monate dauern; danach gilt ein<br />

Die Gewerkschaftsjugend setzt sich gegen Ausbeutung bei der Ausbildung ein.<br />

Mindestlohn von 3000 Franken.<br />

Zwei gute Beispiele, die nur auf<br />

Druck der Gewerkschaften erreicht<br />

werden konnten.<br />

Deshalb hat die Jugendkommission<br />

des SGB eine Vorstosswelle<br />

gestartet. In bisher 15 Kantonen<br />

wurden Interpellationen und Motionen<br />

eingereicht, die stärkere Kontrolle<br />

und nötigenfalls Ahndung von<br />

Missbrauch und Ausbeutung von<br />

Praktikant*innen verlangen. Damit<br />

wollen die jungen Gewerkschafter*innen<br />

Druck aufbauen, um<br />

missbräuchlichen Praktika endlich<br />

einen Riegel vorzuschieben. In den<br />

meisten Kantonen wird gefordert,<br />

via Arbeitsmarktaufsicht Praktika<br />

zu kontrollieren und nötigenfalls zu<br />

ahnden.<br />

Tieflöhne schleichen sich ein<br />

Im Prinzip betreffen tiefe Praktikumslöhne<br />

uns alle. Sanja reicht<br />

das Geld nicht zum Überleben. Ihre<br />

Chefin spart sehr viel Lohn ein,<br />

denn Sanja macht mittlerweile dieselbe<br />

Arbeit wie ihre fest angestellten<br />

Kolleg*innen. Schlimmstenfalls<br />

führt dies zu Druck auf die Löhne<br />

der restlichen Belegschaft – oder<br />

führt zu Situationen, wo Unternehmen<br />

fast nur noch Praktikant*innen<br />

anstellen. Solche Fälle kommen uns<br />

in vielen Branchen immer öfter zu<br />

Ohren. Nicht nur werden dort junge<br />

Menschen ausgebeutet, es erzeugt<br />

auch Preisdruck auf Konkurrenzunternehmen.<br />

Deshalb sollte eine<br />

starke Hand gegen ausbeuterische<br />

Praktika im Interesse aller liegen.<br />

Der SGB fordert schon länger,<br />

Praktika zu reglementieren und Verstösse<br />

zu ahnden. Am SGB-Kongress<br />

2018 wurde beschlossen, dass die<br />

Gewerkschaften Praktika nur noch<br />

dann akzeptieren, wenn sie in einer<br />

spezifischen Konstellation tatsächlich<br />

nötig sind. Immer dabei sein<br />

muss eine Ausbildungskomponente,<br />

also Dinge, die Praktikant*innen<br />

tatsächlich lernen. Auch fordert der<br />

SGB das Verbot von Vorlehrpraktika<br />

und die grundsätzliche Befristung<br />

auf maximal sechs Monate.<br />

Nun liegt der Ball bei den Kantonen.<br />

Sie müssen die nächsten<br />

Schritte ergreifen. Bern und Genf<br />

gingen mit gutem Beispiel voran.<br />

Der Druck der Gewerkschaften ist<br />

nötig, damit auch in anderen Kantonen<br />

konkrete Massnahmen folgen,<br />

damit junge Menschen nicht mehr<br />

in Situationen wie Thomas und Sanja<br />

landen.<br />

ig.<strong>syndicom</strong>.ch/jugend


Recht so!<br />

25<br />

Lieber Rechtsdienst<br />

Ich arbeite in einer Druckerei.<br />

Die Direktion hat uns mitgeteilt, dass wir<br />

wegen finanzieller Probleme von einer<br />

anderen Druckerei übernommen werden.<br />

Was bedeutet das?<br />

Mein Mann arbeitet als Chauffeur in<br />

einem öffentlichen Verkehrs betrieb.<br />

Es kursieren immer wieder Gerüchte über<br />

eine Konzessions änderung.<br />

Worum geht es?<br />

Antwort des <strong>syndicom</strong>-Rechtsdienstes<br />

Hier geht es um einen Betriebsübergang im Sinne von<br />

Artikel 333, 333a und 333b des Obligationenrechts (OR).<br />

Damit es sich um einen Betriebsübergang handelt, muss<br />

der Käufer dieselbe oder eine gleichartige Geschäftstätigkeit<br />

tatsächlich weiterführen oder aufnehmen. Das übertragene<br />

Unternehmen muss seine Identität, d. h. die Organisation<br />

oder den Zweck, beibehalten. Die Identität wird<br />

gewahrt, wenn Infrastruktur und Betriebsmittel sowie<br />

die Kundschaft auf den neuen Betrieb übergehen, um<br />

eine ähnliche wirtschaftliche Tätigkeit weiterzuführen.<br />

Dies ist hier der Fall.<br />

Bei einem Betriebsübergang gehen die Arbeitsverhältnisse<br />

– am Tag der Betriebsübernahme – mit allen Rechten<br />

und Pflichten auf den Käufer über, sofern der oder<br />

dieArbeitnehmende dies nicht ablehnt. Betroffen sind<br />

nur die zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden<br />

Arbeits verhältnisse.<br />

Der neue Arbeitgeber darf keine neue Probezeit vereinbaren<br />

und muss die dem Betriebsübergang vorangehenden<br />

Dienstjahre anrechnen.<br />

Werden die Arbeitsverhältnisse durch einen nicht<br />

allgemeinverbindlich erklärten (nicht obligatorischen)<br />

Gesamtarbeitsvertrag geregelt, muss sich der Käufer<br />

während mindestens einem Jahr an diesen halten, sofern<br />

der GAV immer noch gültig ist.<br />

Artikel 87 der Bundesverfassung verleiht dem Bund das<br />

Eisenbahninfrastruktur-Monopol und das Personenbeförderungs-Regal.<br />

Dies sind rechtliche Monopole.<br />

In der Praxis übt der Bund diese Tätigkeiten nicht<br />

selbst aus, sondern erteilt interessierten Unternehmen<br />

ent sprechende Konzessionen. Dies geschieht anhand<br />

einer Ausschreibung. Dabei gelten die Bestimmungen des<br />

Personenbeförderungsgesetzes und der entsprechenden<br />

Verordnung.<br />

In der Regel beträgt die Konzessionsdauer zehn Jahre.<br />

Eine längere Dauer kann gewährt werden, wenn es die<br />

Amortisationsdauer der Betriebsmittel erfordert. Auf<br />

Antrag des Transportunternehmens ist auch eine kürzere<br />

Dauer möglich. Die Konzession kann aber höchstens für<br />

25 Jahre erteilt werden.<br />

Dasselbe Verfahren gilt für die Erneuerung der<br />

Konzession, denn deren Erteilung ist keine definitive<br />

Betriebs garantie.<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/rechtso


NMB Nouveau Musée Bienne | Neues Museum Biel<br />

Faubourg du Lac 52 | Seevorstadt 52<br />

2501 Biel/Bienne<br />

Mardi – Dimanche | Dienstag – Sonntag 11:00 – 17:00<br />

www.nmbienne.ch | www.nmbiel.ch<br />

En collaboration avec<br />

In Zusammenarbeit mit<br />

Avec le soutien de<br />

Mit der Unterstützung von<br />

26 Freizeit<br />

Tipps<br />

© Neues Museum Biel<br />

© Artist Edition<br />

Révolutions au travail dès 1800<br />

Revolutionen an der Arbeit seit 1800<br />

26.9.2020 – 3.1.2021<br />

Gewerkschaft hat Zukunft –<br />

Bewegung ist jetzt!<br />

Klimajugend, Frauenstreik, soziale<br />

Proteste. Ende der 10er-Jahre bewegen<br />

sich die Menschen. Aus Angst<br />

um den Planeten, aus Sorge um die<br />

soziale Sicherheit, aus Wut über<br />

Ausbeutung und Ungerechtigkeit.<br />

Oder weil es jetzt einfach genug ist<br />

mit leeren Versprechungen von<br />

Gleichstellung und Chancengleichheit.<br />

Solidarität und soziale Gerechtigkeit<br />

sind die Grundlagen einer<br />

zukunftsfähigen Gesellschaft und<br />

Wirtschaft.<br />

Die Gewerkschaften und ihre Bildungsarbeit<br />

müssen die Zukunft<br />

aktiv mitgestalten: Wie mobilisieren<br />

wir unsere Mitglieder für ökologische<br />

Fragen? Mit welchen Themen<br />

erreichen wir die nächste Generation?<br />

Wie kämpfen wir gegen Ausbeutung<br />

in der digitalen Ökonomie?<br />

Wie vernetzen wir uns künftig mit<br />

europäischen und internationalen<br />

Bewegungen? Der Schweizerische<br />

Gewerkschaftsbund und Movendo,<br />

das Bildungsinstitut der Gewerkschaften,<br />

laden ein zu einem Tag<br />

über die Zukunft: Konferenz mit<br />

SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard,<br />

Nationalrätin Mattea Meyer, Nationalrätin<br />

Regula Rytz, Bewegungsforscherin<br />

Jasmine Lorenzini (Universität<br />

Genf) und Vera Dos Santos,<br />

Direktorin Bildung des Europäischen<br />

Gewerkschaftsinstituts.<br />

Übrigens: Auch diese Tagung ist<br />

kostenfrei für <strong>syndicom</strong>-Mitglieder.<br />

Nichtmitglieder zahlen 250 Franken.<br />

Ort und Zeit: Montag, 16. November<br />

2020, 9.00–16.30 Uhr im<br />

Hotel Ador, Bern.<br />

Movendo<br />

Anmeldung: Direktlink Bit.ly/32zjGRw<br />

oder Mail an info@movendo.ch<br />

Biel: Industriestadt und<br />

Symbol der Arbeitswelt<br />

Biel wird nicht umsonst Industriestadt<br />

genannt: Die Uhren-Metropole<br />

hat schon drei industrielle Revolutionen<br />

miterlebt. Gegenwärtig wird<br />

unsere Arbeit von der Industrie 4.0<br />

revolutioniert. Dazu gibt es die Ausstellung<br />

«Biel/Bienne 4.0» im Neuen<br />

Museum Biel (NMB).<br />

«Biel/Bienne 4.0» führt uns<br />

durch die Vergangenheit, Gegenwart<br />

und Zukunft der Arbeit und<br />

zeigt, welche Arbeitsplätze und Berufe<br />

verschwanden, welche hinzukamen<br />

und wie sich Arbeitnehmende<br />

dem Wandel anpassten. Durch<br />

die grossen technologischen Veränderungen<br />

und den Rückgang der<br />

Produktionsarbeit wird mit dem<br />

Arbeits platz auch die Position vieler<br />

Arbeitender in der Gesellschaft gefährdet.<br />

Die Ausstellung zeigt aber<br />

auch, dass Technologien eingesetzt<br />

werden können, um Arbeitsplätze<br />

aufrechtzuerhalten. Zu den ausgestellten<br />

Maschinen erklärt Florian<br />

Eitel, der Kurator für Geschichte am<br />

NMB: «Die Maschinen selbst tragen<br />

kein Wissen in sich. Man braucht<br />

immer das Wissen der Menschen,<br />

die mit diesen Maschinen gearbeitet<br />

haben.»<br />

Parallel läuft eine weitere Ausstellung,<br />

die «Hello, Robot» heisst.<br />

Darin wird die Beziehung zwischen<br />

Mensch und Maschine befragt: Sind<br />

sie Freunde oder Feinde? Beide Ausstellungen<br />

laufen auf Französisch<br />

und Deutsch und können bis am<br />

3. Januar 2021 besichtigt werden.<br />

(red.)<br />

Homepage des Neuen Museums Biel:<br />

NMBiel.ch<br />

«Rich Lands of Poor People»<br />

Karin Scheidegger versteht sich als<br />

Fotografin und Künstlerin. Als solche<br />

bekam sie 2013 in Indien die<br />

Repression von Holcim-Lafarge zu<br />

spüren. Der Konzern betreibt in der<br />

Provinz Chhattisgarh zwei Zementwerke.<br />

Auf <strong>19</strong>0 Seiten bringt Karin<br />

Scheidegger uns die Menschen näher,<br />

die von Holcim mit Absicht<br />

vergessen werden. Es sind die Menschen,<br />

die unter dem Profitstreben<br />

leiden, und die Menschen, die sich<br />

gegen den übermächtigen Zementkonzern<br />

auflehnen. Dazu gehören<br />

die Gewerk schaft PCSS und die<br />

marginali sier ten Arbeitskräfte.<br />

Die Kunst-Aktivistin versteht ihr<br />

Werk explizit als Hommage an diese<br />

Menschen, die nie die Hoffnung verlieren,<br />

auch wenn die Aussichten<br />

noch so schlecht aussehen. «Ich<br />

weiss nicht, wie effektiv unsere Gewerkschaftsarbeit<br />

ist. Aber ich bin<br />

überzeugt, dass sich früher oder<br />

später die Dinge verbessern werden.<br />

Wenn nicht für uns, dann zumindest<br />

für die Kinder unserer Kinder»,<br />

so wird ein entlassener Gewerkschaftsaktivist<br />

zitiert.<br />

Trotz der Schwere des Themas<br />

ist das Buch leicht zu geniessen. Es<br />

lebt ebenso von seiner grafischen<br />

Gestaltung und den eindrücklichen<br />

Bildern, welche die Struktur und<br />

den Fluss vorgeben. Es ist ein fotografischer<br />

Essay, der zur Auseinandersetzung<br />

einlädt. Man kann ihn<br />

häppchenweise, quer oder umgekehrt<br />

lesen beziehungsweise wirken<br />

lassen. Und je länger man das Buch<br />

betrachtet, desto mehr bekommt<br />

man ein Gefühl für die Menschen in<br />

Chhattis garh. Für ihr Schicksal und<br />

ihren Kampf, der uns alle angeht.<br />

(red.)<br />

Karin Scheidegger: Rich Lands of Poor<br />

People, Artist Edition 2020, Bestellung und<br />

Infos: karinscheidegger.ch/klick


1000 Worte<br />

Ruedi Widmer<br />

27


28 Bisch im Bild Im Spätsommer des Corona-Jahres waren wir musikalisch-filmisch tätig und<br />

haben ein bewegendes Postauto-Musikvideo produziert. Wir brachten die Post-<br />

Auto-Kampagne in die Betriebe, waren auf der Feministischen Session in Bern<br />

und feierten den Abstimmungssonntag. Das nächste Video ist unterwegs!<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5


1. Um den Chauffeuren im Kampf um den GAV PostAuto/PU 2021 Mut zu machen, haben wir ein Musikvideo produziert.<br />

Hier eine der Schlussszenen. Zu sehen auf youtube.com/<strong>syndicom</strong>CH (© <strong>syndicom</strong>)<br />

2. Der Chor Linggi Schnurre aus Bern hat die sängerische Basis zum Musikvideo «Postouto i Truure» gelegt.<br />

Danke für die solidarische Unterstützung! (© <strong>syndicom</strong>)<br />

3. Wir haben die Chauffeur*innen von PostAuto und den PU aufgefordert, ihre Unterstützung für den GAV zu zeigen.<br />

Hier Kolleg*innen aus dem Tessin. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

4. Hier Kolleg*innen aus der Deutschschweiz. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

5. Hier Kolleg*innen aus der Romandie. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

6. Mit der Ablehnung der Begrenzungsinitiative hat sich die Schweiz für den Lohnschutz ausgesprochen. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

7. Die Unterstützung für die Chauffeure beginnt bei den Kleinsten. (© Beni Schütz)<br />

8. Parallel zur Eidgenössischen Herbstsession fand im September die erste Feministische Sondersession in Bern statt. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

9. Ende August präsentieren der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die Medienverbände die Resultate der Lohnumfrage<br />

in der Branche Presse. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

10. Die IG Migration produziert ein Video gegen Rassismus. Wir werden das Resultat bald zu sehen bekommen. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

29<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10


30<br />

Aus dem<br />

Leben von ...<br />

Carole Koch:<br />

«Ich habe den schönsten Beruf der Welt»<br />

Carole Koch ist <strong>19</strong>76 in Biel geboren und<br />

wuchs im Kanton Solothurn auf, bevor<br />

sie nach Zürich zog, um Publizistik und<br />

Deutsche Literatur zu studieren.<br />

Bereits im Studium begann sie, als<br />

Journalistin zu arbeiten – ein Beruf,<br />

den sie seither beinahe ununterbrochen<br />

ausübt. Seit 2017 ist sie bei der<br />

NZZ am Sonntag Redaktorin im Ressort<br />

«Hintergrund», für das sie im März<br />

20<strong>19</strong> den Artikel «Im Netz der Klimaleugner»<br />

veröffentlichte und dafür<br />

Anfang September den Zürcher Journalistenpreis<br />

erhielt, zusammen mit<br />

ihrem Kollegen Boas Ruh. Eine solch<br />

aufwendige Recherche zeige exemplarisch,<br />

wie wichtig Hintergrundjournalismus<br />

sei für die Legitimierung der<br />

Medien als vierter Gewalt, hiess es in<br />

der Laudatio.<br />

Text: Philippe Wenger<br />

Bild: Alexander Egger<br />

«Ruhe und Freiraum:<br />

das brauche ich, um<br />

gut zu arbeiten»<br />

«Als Journalistin interessiere ich<br />

mich insbesondere für die Beziehung<br />

zwischen Mensch, Natur und<br />

Umwelt, die bekanntlich keine<br />

unproblema tische ist. Auf der Redaktion<br />

gelte ich darum bisweilen als<br />

die mit dem «Natur-Fimmel» – was<br />

natürlich kollegial gemeint ist.<br />

Eines dieser Themen hat mir nun<br />

den Zürcher Journalistenpreis beschert,<br />

was mich sehr freut. Ich habe<br />

in einer mehrmonatigen Recherche<br />

die perfiden Methoden aufgearbeitet,<br />

mit denen Klimaskeptiker und<br />

Lobbyistinnen die Klimaforschung<br />

angreifen: Etwa mit gefälschten<br />

Interviews, in denen Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftlern Dinge<br />

in den Mund gelegt werden, die sie<br />

nie gesagt haben. Begriffe wie<br />

«Klima leugner» können angebracht<br />

sein, wenn wissenschaftliche Fakten<br />

wie der Klimawandel zu Meinungen<br />

degradiert werden.<br />

Als Magazinjournalistin liess ich<br />

mich früher oft von persönlichen<br />

Erfah rungen leiten. Zum Beispiel<br />

gab es eine Zeit, in der ich von Jon<br />

Krakauers Buch «Into the Wild» fasziniert<br />

war. Er arbeitet darin die Geschichte<br />

von Christopher Mc Candless<br />

auf, der in der Wildnis von<br />

Alaska ein archaisches Leben suchte.<br />

Umso betroffener machte mich, als<br />

eine Schweizerin dem Aussteiger in<br />

die Wälder folgte und dabei ums<br />

Leben kam. Ich wusste: Das hätte<br />

auch mir passieren können. Also<br />

habe ich ihren Eltern geschrieben,<br />

ihnen geschildert, wie mich der Unfall<br />

ihrer Tochter berührt hat, und<br />

bin schliesslich mit ihrem Freund<br />

an den Fluss gewandert, in dem sie<br />

ertrunken ist – so konnte ich die<br />

Gefahr des sogenannten «McCandless-Phänomens»<br />

in einem Artikel<br />

beschreiben.<br />

Meinen Rückzugsort in der Natur<br />

habe ich mittlerweile in Ardez im<br />

Unter engadin gefunden, wo ich mit<br />

meinem Mann lebe. Dort gibt es<br />

auch genug Ruhe und Freiraum – das<br />

brauche ich, um gut arbeiten zu können.<br />

Wichtig sind natürlich auch die<br />

Arbeitsbedingungen, und da fühle<br />

ich mich privilegiert: Bei der NZZ am<br />

Sonntag ist das Umfeld kollegial.<br />

Man jagt sich nicht gegenseitig die<br />

Geschichten ab, wie ich es von anderen<br />

Redaktionen gehört habe. Man<br />

unterstützt sich und es sind Arbeitszeitmodelle<br />

wie meines möglich:<br />

Ich bin zu 80 Prozent angestellt, arbeite<br />

aber Vollzeit und nehme mir<br />

dafür immer wieder Auszeiten, um<br />

mich anderen Projekten zu widmen –<br />

etwa einem Buch über die «wildesten<br />

Orte» der Schweiz.<br />

Ich persönlich habe die Corona-<br />

Krise bis jetzt gut überstanden, es<br />

wurden leider aber auch bei uns Stellen<br />

weggespart. Der Strukturwandel<br />

in der Medienbranche macht vor niemandem<br />

halt und ich hoffe, dass ich<br />

noch lange tiefgründige Recherchen<br />

machen kann. Solange das möglich<br />

ist, habe ich den schönsten Beruf der<br />

Welt.»<br />

Der preisgekrönte Artikel:<br />

Bit.ly/2SAFgAP


Impressum<br />

Redaktion: Christian Capacoel, Giovanni Valerio<br />

Tel. 058 817 18 18, redaktion@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Freie Mitarbeit: Rieke Krüger<br />

Porträts, Zeichnungen: Katja Leudolph<br />

Fotos ohne ©Copyright-Vermerk: zVg<br />

Layout und Druck: Stämpfli AG, Wölflistrasse 1,<br />

3001 Bern<br />

Adressänderungen: <strong>syndicom</strong>, Adressverwaltung,<br />

Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern<br />

Tel. 058 817 18 18, Fax 058 817 18 17<br />

Inserate: priska.zuercher@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Abobestellung: info@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Abopreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen. Für<br />

Nichtmitglieder: Fr. 50.– (Inland), Fr. 70.– (Ausland)<br />

Verlegerin: <strong>syndicom</strong> – Gewerkschaft<br />

Medien und Kommunikation, Monbijoustr. 33,<br />

Postfach, 3001 Bern<br />

Das <strong>syndicom</strong>-Magazin erscheint sechsmal im Jahr.<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 20 erscheint am 18. Dezember 2020<br />

Redaktionsschluss: 9. November 2020.<br />

31<br />

Das <strong>syndicom</strong>-Kreuzworträtsel<br />

Es ist nicht alles Gold, was glänzt: Zu<br />

gewinnen gibt es diesmal 100 Gramm<br />

Silber in Form eines Silberbarrens, gespendet<br />

von unserer Dienstleistungspartnerin<br />

Bank Cler. Das Lösungswort<br />

wird in der nächsten Ausgabe zusammen<br />

mit dem Namen der Gewinnerin<br />

oder des Gewinners veröffentlicht.<br />

Lösungswort und Absender auf einer<br />

A6-Postkarte senden an: <strong>syndicom</strong>-<br />

Magazin, Monbijoustrasse 33, Postfach,<br />

3001 Bern. Einsendeschluss: 9.11.20<br />

Der Gewinner<br />

Die Lösung des Kreuzwort rätsels aus<br />

dem <strong>syndicom</strong>-Magazin <strong>Nr</strong>. 18 lautet:<br />

LOHNKONTROLLE.<br />

Gewonnen hat Hans-Rudolf Leuthold<br />

aus Schwarzhäusern. Die Hotelcard ist<br />

unterwegs.<br />

Wir gratulieren herzlich!<br />

Anzeige<br />

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Gemeinsam für eine Landwirtschaft,<br />

die unsere Zukunft sichert.<br />

sehen-und-handeln.ch<br />

Jetzt spenden<br />

PK 60-707707-2


32 Inter-aktiv<br />

<strong>syndicom</strong> social<br />

Facebook geht gegen<br />

QAnon vor6.10.2020<br />

QAnon ist eine antisemitische,<br />

rechtsradikale und allgemein<br />

ziemlich bizarre Verschwörungsbewegung<br />

aus den USA. Sie ist<br />

für Hassbotschaften und Falschinformationen<br />

bekannt, und überraschenderweise auch in<br />

Deutschland relativ populär. Im Kampf gegen<br />

aufwiegelnde, manipula tive und irreführende<br />

Botschaften haben Facebook und Instagram<br />

nun tausende QAnon-Seiten entfernt und im<br />

Zu sammenhang stehende Hashtags blockiert.<br />

about.fb.com<br />

Weder verrückt noch tot Am 9.11.2020<br />

Von <strong>19</strong>74 bis <strong>19</strong>79, während der argentinischen Militärdiktatur,<br />

litten über 1000 politische Gefangene in einer<br />

berüchtigten Strafanstalt nordwestlich von Buenos Aires.<br />

Einer davon war Sergio Ferrari, heute Journalist, Autor<br />

und <strong>syndicom</strong>-Miliz-Mitglied. Zusammen mit anderen<br />

ehemaligen Mitgefangenen schrieb er ein Buch über den<br />

Gefängnisalltag, welches nun auf Französisch erschienen<br />

ist. Am Montag, 9. November, 20 Uhr stellt er es vor und<br />

spricht über die Solidarität unter den Gefangenen.<br />

Seltsam passend auf dem Berner Meinen-Areal, im<br />

Sitzungszimmer 3. Stock. polit-bibliothek.ch<br />

«Generation Z», ambivalent und anspruchsvoll<br />

KMU nützen Social-Media-<br />

Potenzial nicht aus1.10.2020<br />

Trotz steigender Bedeutung von<br />

Social Media sind nur gut 1/3 aller<br />

Schweizer KMU auf mehreren Plattformen<br />

aktiv. Und immer mehr<br />

Schweizer*innen sind auf Plattformen<br />

wie Facebook, Twitter und Instagram<br />

aktiv. Am ehesten sind KMU auf Facebook<br />

vertreten, danach folgen Instagram<br />

und LinkedIn. fhgr.ch<br />

Millennials waren gestern, jetzt ist die Nachfolge­<br />

Generation «Z» dran. Eine aktuelle Studie von<br />

Pricewaterhouse Coopers. pwc.de<br />

Beschleunigte Digitalisierung im Buchhandel<br />

Der Umsatz mit Büchern ist in Deutschland 20<strong>19</strong> über<br />

das Niveau von 2018 gestiegen. Wachstumstreiber<br />

waren der Online-Handel und das steigende Interesse an<br />

elektronischen Büchern, so ein Bericht von PricewaterhouseCoopers.<br />

E-Books sind noch ein Nischenprodukt,<br />

wachsen aber fast doppelt so schnell wie die übrigen<br />

Segmente. pwc.de<br />

LinkedIn verdrängt Twitter<br />

im Business-Bereich15.10.2020<br />

In Sachen Fachartikel, Livestreams<br />

und Networking wird LinkedIn wichtiger<br />

und löst Twitter als bevorzugten Kanal für die<br />

Ansprache von Anspruchsgruppen ab. Insgesamt<br />

legen Social Media als Kommunika tionsinstrument<br />

in der B2B-Kommunikation in der Schweiz somit zu.<br />

ak-socialmedia-b2b.de<br />

Zum Geburtstag neue Features 7. 10. 20200<br />

Zehn Jahre gibt es Instagram bereits, eine Milliarde<br />

Nutzer*innen hat die Plattform und sie wächst weiter<br />

enger mit Facebook zusammen, insbesondere der<br />

interne Messaging-Dienst. Die Wachstumszahlen für<br />

das bildbasierte Netzwerk sind nicht mehr zweistellig,<br />

zeigen aber konstant nach oben.<br />

socialmediaweek.org<br />

Tinu Spoon auf Facebook zum<br />

Postauto-Video: 1.10.2020<br />

Das ist schon traurig, dass ein so grosser Konzern<br />

das Personal NUR benutzt, um Profite zu machen,<br />

sonst wirds ignoriert.<br />

Michel Guillot auf Facebook<br />

zum Postauto-Video: 1.10.2020<br />

Der Kampf lohnt sich. Mit ganzem<br />

Herzen bei Euch, den Chauffeuren<br />

von PostAuto.<br />

Video: youtube.com/<strong>syndicom</strong>CH

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